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Auöla » Ä. Vor mehr als zwanzig Jahren wurde ein Brunnen im Odenwalds, der im Grasellenbacher Thale gelegen ist, mit einer Tafel versehen, auf der die bekannte Strophe des Nibelungenliedes, in der die Ermordung Siegfrieds erzählt wird, in goldenen Lettern eingelassen worden war. Hunderte sind seither zu diesem Siegfrieds brunnen gewallsahrtet. Jetzt kommt Dr. N. Müller in der „Augsb. Allg. Ztg." und weist mit plausiblen Gründen nach, daß die Mordthat Hagen's anderthalb Stunden weit davon bei dem im Hilters klinker Thale gelegenen Linnel- oder Lied brunnen begangen wurde. Nun wird man wohl die Tafel mit den goldenen Buchstaben dorthin transportiren müssen. „Stehen wir aus dem Vul cane?" sragt der Freiburger „Ehro niqueur." Dem Erdbeben, welches die Stadt Freiburg in der Schweiz am Sonn tage, den 19. September, Vormittags 11 Uhr in Schrecken versetzte, ist am Abende des 21. September, 8 Uhr weniger 10 Minuten, noch ein zweites, viel heftigeres und anhaltenderes gefolgt. Dasselbe machte sich mittelst starker doppelter, schnell auseinander folgender Oscillationen von Nord-Ost nach Süd-West in der ganzen Stadt Freiburg und wohl auf zwei Stun den in ihrem Umkreise bemerkbar. Das unterirdische Getöse war jedoch dabei, wenn auch anhaltender, weniger heftig, als am Sonntage. Mit dixsem zweiten Erdbeben sollte es aber nicht vorbei sein, 15 Uhr nach Mitternacht folgte ein drit tes, dann 3Z Uhr Morgens ein viertes und endlich am "Abende des 22. Septem ber Z 6 Uhr noch ein fünftes, von welchen das letzte das heftigste war. Bis jetzt hat man glücklicherweise nur eingestürzte Schornsteine, Mauerrisse und zerbrochenes Geschirr zu beklagen; nur ein geringes mehr aber hätte es bedurft, schreibt man von Freiburg, um das Unglück unabseh bar zu machen. Auch in der Umgebung Bern's hat man am 21. September Abends einen Erdstoß verspürt. Der Tod einer chinesi schen Prinzessin.) Wie chinesische Blätter melden, ist die erste Gattin des Prinzen Kung, Prinzessin Kanli, gestor ben. Der Prinz wird daher wahrschein lich alle seine Aemter, darunter auch das Präsidium des Tzungli-Aamen (auswär tiges Amt) niederlegen, um sich nach den Ansorderungen seines Glaubens in die Einsamkeit zurückzuziehen und dort zwöls Monate und sieben Tage um die theure Dahingeschiedene zu trauern. Prinz Kung war bis jetzt der einzige Staats mann am Pekinger Hofe, der zur Nach giebigkeit gegen Rußland rieth, um den Frieden zu erhalten. In Folge seines— wenn auch nur zeitweiligen Rücktrittes dürfte aber die Kriegspartei wieder die Oberhand erlangen und möglicherweise das Reich in einen verhängnißvollenKamps mit Rußland stürzen. Die Einberusung des preußischen Landtages wird nach bisheriger Bestim mung zum 26. d. M. erfolgen. Ter B uch d ruck ergehül fe Werner, welcher nach achtmonatlicher Untersuäiungshaft kürzlich entlassen wurde, ist jetzt aus Berlin ausgewiesen worden. Ein schlimmes Zeichen der Zeit jammern die deutschen Blätter ist die auffällige Zunahme der Eheschei - dun g s - Proze s s e, nnd zwar meist von Personen höherer Stände. Bei'm Landgerichte in Frankfurt a. M. sind zur Zeit nicht weniger, als 21 solcher Prozesse anhängig. Sehr einfach. Denn unter den „höheren Ständen" gehört eine Hei rath aus Neigung doch verhältnißmäßig zu den Seltenheiten. 6 - Der inNew - Nork vor einigen Wochen verhaftete Frankfurter Wechsel fälscher Hanauer entsprang bekannt lich seinem Wächter bei seiner Ankunft aus Amerika auf dem Frankfurter Bahn hose. Jetzt hat man ihn in Memel wie der dingfest gemacht. Tie Apothekerder Stadt Dres den beschlossen, mit sogenannten Spezia litäten oder Geheimmitteln, mögen sie von Apothekern oder Laien herrühren, keinerlei Handel mehr zu treiben, sowie auch jede Geschäftsverbindung mit After ärzten und Medicastern Abzubrechen. Mehrere Beamte derßerliner Geheimpolizei sollen, wie die „Säch sische Volkszeitung" berichtet, in Leipzig ihren Aufenthalt genommen haben. Es geschieht dies, wie das genannte Blatt vermuthet, zur Ueberwachung der Sozial demokratie. Eine junge Französin, welche in Berlin an einer höheren Mäd chenschnle eine Stelle bekleidete, war ein Verhältniß mit einem jungen Buchhalter eingegangen, wurde aber, als sie von ei ner langwierigen Krankheit, infolge deren ihr Gesicht entstellt, kalt behandelt. Bei einem eines Sonntags nach Schildhorn unternommenen Aussluge machten Beide in Begleitung eines Bruders des jungen Mannes eine Wassersahrt; während der selben zog die Dame plötzlich den Verlo bungsring vom Finger, gab ihn ihrem Bräutigam und stürzte sich in's Wasser, wo sie wahrscheinlich in das dort üppig wuchernde Schlingkraut geriet!); wenig stens kam ihr Körper nicht wieder an die Oberfläche. —(E i n Gruben- U ng lü ck auf der Zeche Shamrock.) Man schreibt aus Herne, d. 28. Sept.: „Abermals ist unser Bergbau-Bezirk von einem schweren Gruben - Unglücke heimgesucht worden. Auf Zeche Schamrock hatte man in einem der Flötze bereits vor einiger Zeit einen kleineren Brand bemerkt, den man indeß durch Abmauerung der betreffenden Ab theilungen zu dämpfen hoffte. Ein Ar beiter, welcher damit beschäftigt war, aus dem betreffenden Bremsberg Schienen her auszunehmen, bemerkte, daß von dem um 79 Grad geneigten Flötze glühende Koh len herunterfielen. Es wurde in Folge deffen auch dieser Bremsberg sosort ab gemauert. Ter Brand hatte aber doch weiter um sich gegriffen, als man gedacht hatte, und die Verbrennungsprodukte strömten entgegen dem normalen Wetter zuge einem anderen Flötz zu. Hier wa ren 10 Hauer angelegt. Dieselben spür ten gestern Abend vor 8 Uhr gegen Ende der Nachmittagsschicht, daß schlechte Wet ter auftraten und wollten deshalb vor Beendigung der Schicht auffahren. Da bei mußten sie aber gerade diejenige Stelle pafsiren, an welcher die Wetter am stärk sten waren, und sanden durch das Kohlen oxydgas sämmtlich ihren Tod. Außerdem wurde ein Pferdetreiber in einem anderen Flötze durch das schädliche Gas vergiftet. Zwar beförderte man denselben noch le bend zu Tage, doch gab auch er schon nach sehr kurzer Zeit den Geist aus. Einige andere Arbeiter dagegen, welche dem Zuge der Gase ausgesetzt waren, sind mit leich terem Unwohlsein davongekommen. Die Namen der elf Verunglückten sind folgende: Wilhelm Köhlhoff, geb. 1855, aus Herne, Georg Pflöckner, geb. 1864, auS Herne, Heinrich Bartels, geb. 1846, aus Herne, Anton Bertram, geb. 1843, aus Brach, Georg Murray, geb. 1863, aus Holster hausen, Karl Griebel, geb. 1838, aus Holsterhausen, Invalide, Dietrich Welp, geb. 1852, aus Herne, Heinrich Stroh meier, geb. 1859-, aus Herne, Heinrich Schmied, geb. 1852, aus Riemke, Jo hann Köhler, geb. 1839, aus Herne, Ja- kob Fries, geb. 1851, aus Holsterhausen. Seitens des königlichen Oberbergamtes ist daftir Sorge getragen worden, daß das Brandfeld vollständig abgemauert wird. Auf den Betrieb der Zeche hat der rein lo kale Brand nicht den geringsten störenden Einfluß ausgeübt; die Förderung war heute so lebhaft wie stets und Nichts ver rieth äußerlich die entsetzliche Katastrophe, welche sich vor Kurzem im Schooße der Erde abgespielt hatte." Im Sta d t-TH eater zu K iew, Rußland, kam es kürzlich zu einem so skan dalösen Auftritte, wie er wohl selten in einem Theater passirt sein mag. Eine junge Schauspielerin, Fräulein Werra Liponow, welche sich durch ihre vielfachen Extravaganzen hervorthat, mit den Stu denten der landwirthschastlichen Akademie rauchte, ritt, trank und spielte, beleidigte einen der ältesten derselben bei'm nächtli chen Gelage mit den Worten: „Verfluch ter Hundesohn!" Da die Beleidigerin ihr Wort nicht zurücknahm, wurde sie ohne Umstände aus dem Lokale geworfen, wäh rend die Studenten ihr furchtbare Rache schworen. Am genannten Tage hatte Fräulein Liponow ihr Benefiz und der Kassirer konstatirte zum Vergnügen dersel ben, daß alle theueren Plätze im Theater besetzt seien. Schön, wie der junge Mor gen betrat nach dem Aufzuge des Vorhan ges die Künstlerin die Bühne; doch was war das Reihe an Reihe saßen die Studenten der landwirthschastlichen Akademie im Parquet, große Paquete in den Händen haltend. Ein Pfeifen und Zischen erscholl, hageldicht flogen faule Gurken, Schaalen von Wassermelonen, leere Schnappsflaschen, todte Katzen und Hunde, ganze Düten voll Sounenblumcnkerne und alte Drei-Kopek stücke von Kupser auf die Bühne, beglei tet von einem Gesänge, der wohl geeignet gewesen wäre, eine Horde Indianer in die Flucht zu treiben. Bleich vor Wuth über den Schimpf, verließ die beleidigte Dame die Bühne, während die Studenten ihre Plätze aufgaben, um schleunigst das Weite zu suchen, damit der anwesende Go rcdowoy nicht ihre Namen feststelle. Die Rache war glänzend gelungen, denn Fräu lein Liponow sah sich genöthigt, am ande ren Tage nach Odessa abzureisen. Der hinkende Bote in Gestalt von 23 Relega tionen erfolgte bald darauf; doch haben dergleichen Kleinigkeiten in Rußland wei ter keine Bedeutung. InParis stiegen, wie bereits te legraphisch gemeldet, am 26. September Morgens süns Reiniger in eine Kloake am Boulevard Rochechouart. Da sie nach Ablauf einer Stunde kein Lebenszei chen von sich gaben, wurden Feuerwehr leute zur Rettung herbeigeholt. Diesel ben zögerten wegen der pestilenzialischen Ausdünstung anfangs, in die Kloake hin abzusteigen, wagten sich aber nach einigen Minuten hinein und brachten vier Leichen hervor; der fünfte Arbeiter lebte noch, aber in sehr bedenklichem Zustande. In der Stadt herrscht große Entrüstung, weil die Verwaltung trotz unaushörlicher Be schwerden nichts gethan hat, um die Paris seit sechs Monaten verpestenden Kloaken zu reinigen. AuS Paris vom 26. Sept. wird der „Wr. Allg. Ztg." geschrieben: „Ein durchtriebener Spitzbube hat aus dem Lärm, der seit Kurzem über die verpestete Lust in Paris geschlagen wird, Vortheil zu ziehen gewußt, und zwar that er das in einer wirklich originellen Art. Eine Kappe mit breiter Goldborde auf dem Kopse, eine Tasche an der Seite, so trat er in die erste beste Wohnung wohlhabender Leute, und zwar immer nur, wenn er wußte, daß die Dame des Hauses allein sei. Er komme im Auftrage der Gesundheits-Commission, sagte er, um eine Desinfektion des Loka les vorzunehmen; nur müsse er zu diesem Behufe ein kleines Feuerchen machen. Man wies ihm einen Kamin in irgend ei nem Zimmer an, er zündete in demselben Späne, die er aus der Tasche zog, an warf ein paar Wachholderbeeren in's Feuer, und in zwei Minuten war alles zu Ende und der Luftreiniger mit ungezählten Verbeugungen zur Thüre hinaus. Hatte die Dame die Absicht, bei der Operation zugegen zu sein, so warf er unverzagt eine Prise unbekannten Herkommens in die Gluth, und Rauch, sowie ein penetranter Geruch vertrieben die unliebsame Gesell schaft. Gewöhnlich erst einige Zeit nach Entfernung dieses Abgesandten der Ge sundheits-Eommision bemerkte man den Abgang einer Uhr, eines Schmuckes oder sonst eines Werthgegenstandes. In dem Fauburg Saint - Antvine präsentirte er sich bei einer Dame, die er allein wähnte; aber ihr Bruder hörte im nächsten Zimmer den sonderbaren Auftrag der Gesundheits- Eommission, schöpfte Verdacht und stieg eine Seitentreppe hinab, um einen Sicher heitswächter zu holen. Gerade trat der Spitzbube auS dem Hausthore, als er fest genommen wurde. Er hatte richtig eine goldene Uhr mitgenommen." Der k. ungarische Gerichtshof in Steinamanger hat dieser Tage über eine Giftmischerin ein Urtheil gesprochen, deren entsetzliche Thaten in der Eriminal geschichte nicht leicht ein Beispiel haben. Nach zweitägiger Schlußverhandlung ver urtheilte der Gerichtshof von Steinaman ger die Kurpfuscherin Anna Nagy vnlzo Linkas Kati wegen bestellten Giftmordes zu lebenslangem schweren Kerker und meh rere Mitschuldige der Mörderin zu mehr jährigen Zuchthausstrafen. Die Nagy hatte sechs Gistmorde verübt; sie ermor dete zwei Ehegatten auf Aufforderung von deren ehebrecherischen Gattinnen, ferner reichte sie vier Kranken Gift, „um die Ar men von den Leiden zu befreien," wie sich das schreckliche Weib zu seiner Rechtferti gung ausdrückte; unter diesen vier ver gifteten Personen besand sich ein 7-jähri ges Kind, welches die Mörderin mit Wis sen und Willen der Mutter und Großmut ter des Kindes ermordet hatte. Mit dem einen der vergifteten Gatten unterhielt die Giftmifcherin vorher ein Liebesverhältniß, um ihm näherzukommen u. den Mord desto sicherer ausführen zu können. Die Gattin des Ermordeten unterstützte diesen Plan. Die Nagy ist 45 Jahre alt und noch immer von einnehmenden Gesichtszügen. Bei der Schlußverhandlung saß die Nagy stets mit betend gefalteten Händen da; ihre Erklärung, daß sie ein Mitglied der„Szent- Mortoner religiösen Genossenschast „zum Rosenkranz" sei, erregte großes Aufsehen. Der Staatsanwalt, welcher die Todes strafe gegen das schreckliche Weib beantragt hatte, legte gegen das Urtheil Berufung ein. Falscher Schein. Wenn jedes Menschen geheimes Weh Ihm an der Stirn' geschrieben man sah'. Wir wären oft zu Thränen bewegt Für den, der heute Neid erregt. Es finden so Viele, in deren Brust Das Herz voll Leid will weiuen, All' ihren Trost, all' ihre Lust Darin uns glücklich zu scheinen. Verkleidet. Die ziemlich häßli che Schauspielerin Z. ließ sich im Eostüme eines Landmädchens photographiren. Mit Hülse aller Kunstgriffe gab es auch in der That ein ganz schönes Bild, so daß, als die Photographie einen Aushängekasten zierte, allgemein gefragt wurde: Haben Sie schon Fräulein Z., als hübsches Mäd chen verkleidet, gesehen?