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8 lebhafte Verbindungen erhielt. Vor fünf Tagen war Victor F. von einer längeren Geschäftsreise erst wieder aus Schweden heimgekehrt, und auch Einkäufer von dort waren im Geschäft eingetroffen. Am Donnerstag, früh K Uhr, verließen beide Brüder, welche anch in der Rosenthaler- Straße Nr. 40 ihre Wohnung hatten, ohne irgend welche Verfügung zurückzu lassen, das Haus und blieben seit dieser Zeit verschwunden. Tags darauf ge gen 5 Uhr kamen zwei Männer in das F.'fche GeschäftSlokal und brachten dort hin die überraschende Mittheilung, daß die beiden Brüder Fagerström in der Jungscrnheide zwischen Spandau und Charlottenburg Selbstmorde unternom men hätten. Victor F. hatte seinem Leben durch Erschießen ein gewaltsames Ende bereitet, während sein jüngerer Bruder die selbstmörderische Absicht durch Erhängen zu erreichen gesucht hatte. Er hatte den Selbstmord indeß nicht vollen den können, denn er war, mit der Schlin ge um den Hals, von dem Baume, an welchem er sich ausgeknüpt, herabgestürzt und war, wenn auch bewußtlos, so doch noch lebend von den beiden die Mitthei lung überbringenden Männern, welche zufällig hinzugekommen waren, aufge funden worden. Dieselben erstatteten Anzeige von dem Porgange bei der näch sten Behörde, welche die Ueberführung des noch lebenden jüngeren Bruders nach dem städtischen Krankenhause in Moabit veranlaßte und die Leiche des Victor F. in Verwahrung nahm. Die beiden Brü der galten allgemein als strebsame und solide Kanfleute, und da, wie erwähnt, auch ihr Geschäft zn profperiren schien, so sind die Gründe für ihre verzweifelte That noch nicht aufgeklärt. Erkundi gungen im Moabiter Krankenhause ha ben ergeben, daß der jüngere Bruder noch lebt. Der König von Siam hat sich, wie die „Münch. Neuest. Nachr." schreiben, durch einen chinesischen Bau meister einen Glaspalast eigener Art herstellen lassen. Sämmtliche Bestand theile des Gebäudes sind aus Glasplat ten von verschiedener Farbe nnd Dicke hergestellt und diese durch luftdichten Cement mit einander verbunden. Der Palast hat nur eine Thür, die hermetisch schließt. Ist der König eingetreten, so öffnen sich auf ein gegebenes Zeichen eine Anzahl Wasserröhren im Dache und zu allen Seiten des Palastes, der in einer Vcrtiesnng steht und nun vollkommen unter Wasser gesetzt wird. Der König aber, wie es in einem Bericht heißt, sitzt trocken, kühl und von aller Welt abge schieden da und verbringt seine Zeit mit Singen, Rauchen, Essen und Trinken. Großes Aussehen erregt und viel besprochen wird in weiten Krei sen Wien's die Erklärung des Jnstiz ministerS, daß gegen Adolph Wilbrandt eine Untersuchung und Anklage wegen Verbrechens der Religionsslöruug einge leitet worden seien. Die Erklärung be zieht sich aus einen in der „NeucnFreien Presse" gebrachten Roman. Es kommt darin ein Gedicht vor, in welchem drei moderne „Naturalisten" an einer Kreu zigungSgrnppc ihre Kriiik üben und die widerwärtige Darstellung der beiden Schächer als höchsten Triumph der Kunst preisen, während ihnen die Schönheit und Hohheit des Heilandbildes wider den Strich geht, so daß sie sagen: „Wahr und wirklich sind die Schächer, den Erlöser sind wir los !" Fall? es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, wür de dieselbe vor den Geschworenen statt- finden. Der betreffende Paragraph des Strafgesetzes verhängt Kerker von einem bis zu fünf Jahren. Derselbe Wil brandt'sche Roman, betitelt „Hermann Jsinger." erschien gleichzeitig im „Berli ner Tageblatt," ohne daß der preußische Staatsanwalt in dem Gedicht eine strafwürdige Lästerung erblickte. (Der- Philosoph am Bil lard.)— Man schreibt der „Franks. Zeitz." aus London : „„Herbert Spen zer bringt regelmäßig des Nachmittags einige Zeit in dem berühmten Gelehr tenklub „Athenäum" zu uud liebt es dann, seine Kunst auf dem grünen Tu che zu versuchen. Eines Tages wird ihm ein hoffnungsvoller junger Mann vorgestellt, der ihn um eiue Partie bit tet. Das Spiel beginnt; doch als der junge Mann das Queue zum zweiten Mal erdreist, spielt er so brillant, daß er das Spiel durch eine einzige lange Serie zu Ende bringt und Spencer über haupt keine Gelegenheit zu einem zwei ten Stoße läßt. Auf dem Gesicht un seres ehrwürdigen Philosophen, der dem Spiele aufmerksam folgt, ziehen sich im mer dunklere Wolken des Unmulhes zu sammen, und als der junge Mann nach dem letzten Stoße ihm sein lächelndes Antlitz zuwendet, um das Lob seiner Geschicklichkeit zu erndten, sagt der Mei ster in ernstem Tone: „Mein Herr, mäßige Geschicklichkeit in solchen Spie len ist ein Zeichen guter Erziehung; solche Meisterschaft aber, wie Sie sie zeigen, ist der Beweis einer vergeudeten Jugend." Sprach's, nahm seinen Hut und verschwand. Der junge Mann soll ihn zu keinem Spiele mehr aufgefordert haben."" Von der Herze nsgüte des verstorbenen Khedive von Egypten spricht folgender Zug. Als er erfuhr, die Frau des angesehenen Arztes Dr. Hey mann liege bedenklich krank darnieder und die tägliche Militärmusik gegenüber im Esbekieh-Garten schalle in ihr Kran kenzimmer, besaht er, die Conzerte bis zur Genesung der Dame auszusetzen. Und der Spender dieser Wohlthat war kein Christ, sondern ein Mohammeda ner, die Empfängerin eine Jüdin. Der Sprachschatz Shake speare's umfaßt, wie wir dem von Prof. Dr. Kluge (Jena) auf dem Shake speare-Tag in Weimar gehaltenen Vor trage entnehmen, über 20.000 Worte, wobei besonders hervorzuheben ist, daß diese frei von Archöismen und Provin zialismen sind. Vergleichsweise führte der Vortragende an. daß das Alte Testa ment nur 5800, die Rigveda 8000 und das Libretto einer italienischen Oper nur 700 Worte ausweisen. Eine seltsame Naturer scheinung wird gegenwärtig mit regem Interesse im Sprottauer Kreise beobachtet. Im südwestlichen Theile des Kreises geht die Sage, daß bei dem Dorfe Koberbrunn alle 35 Jahre ein großer See entsteht und allmählich wie der verschwindet. D'.e jüngere Genera tion glaubte längst nicht mehr an die Erzählung der Alten, muß sich jetzt aber durch die Thatsachen eines Besseren be lehren lassen. Das Seegebiet, gegen wärtig eng mit junger Kicfernschonung bestanden, umfaßt eine 4000 Morgen große Thalmulde. Diese Fläche, die frü her ganz trocken war, ist jetzt bereits zur Hälfte mit Wasser bedeckt. Das Wasser füllt das weite Becken mehr und mehr, der Baumwuchs ist dem Untergänge ge weiht, und wo vor kurzer Zeit noch Hirsche und Rebe lagerten, breitet sich jetzt eine weite Wasserfläche auS. Ter See wurde in alter Zeit Faudensee ge nannt. —C hinesische Feinschmecker, bei denen Ratten-, Mäuse- und Hunde braten, die für die Menge große Deli katessen sind, nur als bürgerliche Haus, mannskost gelten, verehren als besonderes Lieblingsgericht daS Milhi. Woraus eS besteht ? Aus nichts Geringerem, als aus eben geborenen, noch blinden Mäu sen. Diese werden jedem Gaste lebendig vorgesetzt. Man taucht dieselben in ein Gefäß mit Honig nnd schluckt dann die Thiere langsam herunter. Als vor we nigen Jahren der jetzige Kaiser seine Hochzeit feierte, hatte man zu den Fest mahlen nicht weniger als 50,000 junge Mäuse gefangen. In einem burgundifchenDor f e steht am unteren Rande eines gemal ten Kirchensensters : „Dies Fenster ist geliefert von den Gerichtsschreiber Jac ques Lubin, Vormund dcsJnnocenzLu bin, jedoch auf Kosten seines Mündel s." H!lmcn iftische 5. Boshaft. —Klara: „Indem dich ten Schleier siehst Du geradezu entzüc kend schön aus, Maude!" Maude: „Ach, Unsinn, der ist ja so dick, daß man von meinem Gesicht gar Nichts sieht." Klara: „Ja gerade deswegen." „Lieber Professor, ohne das Alter eigentlich als eine Krankheit zu be trachten, möchte ich Ihre Diagnoistik auf die Probe stellen: für wie alt halten Sie die Frau Ihres juristischen Colle ge B.?" „Für sechzig wenn sie spricht; sür 75 wenn sie lächelt. —" Zarte Wünsche. Schwieger mutter (in srie): „Sie wollen also keine Hochzeitsreise machen?" Schwiegersohn: „Nein, wenn Sie aber Lust zum Reisen haben, fahren Sie allein nach Paris. Das würde mich mehr freuen, als wenn ich selbst dort wäre." Sie sind sich alle gleich. „Sie, wie bekommen Sie Das nur fer tig, einer jeden Dame nach der Hand schrift ihren Charakter derart in's Ohr zu fagen, daß sie jedesmal vor Scham roth wird!" „Das mache ich so: Ich erzähle einer Jeden die schlechten Eigenschasten meiner Frau, und sie fühlen sich Alle getrof fen!" Pension. —A.: „Heirathet denn der alte Mensch dieses blutjunge Ding?" B.: „Nun Beiden wird die Ver heirathung ein: große Erleichterung bringen. Er geht in die Pension und sie kommt aus derselben!" Treffende Redensart. Er ster Freund: „Nun, alter Junggesell, Du bist also immer noch ledig?" Zweiter: „Ja, ich bin so frei." Eine Bitte. Ein Herr sitzt in einem Restaurant und zählt Banknoten: „Eins, zwei, drei...." „Wenn Sie gelesen haben, bitte ich darum!" sagt ein kurzsichtiger Nachbar, der den Krösus für einen Zeitungsleser hält! Vergebliche Mühe. Alter Freund (betrachtet die Hand der Toch ter): „Was für eine wunderbar gepfleg te Hand Ihre Fräulein Tochter hat?" Mutter: „Allerdings, aber was nützt Das! Meine Hand war gar nicht ge schont und gepflegt und war doch im Al ter meiiierTochter schon längst vergeben!" Schwerer Stan d.—Statist (der zum ersten Mal statirt): Sie erlauben, mein Herr, nicht wahr, es muß doch furchtbar schwer sein, so eine Oper zu soufsliren?" Komiker: „Na, Das glaub' ich, aber Das ist noch Nichts gegen die Aufgabe des Souffleurs beim Ballet!" Macht der Musik.—A.: ..„Denk' Dir nur, in einem Conzert, in welchem „Nachtgesang" gegeben wurde, schliefen sämmtliche Zuhörer ein."" B. : „Das ist noch Har Nichts. In einer Symphonie von Beethoven, in welcher der Gewittersturm dargestellt wird, schlug zufällig der Blitz ein in daS überfüllte Haus. Da riefen die Zuhörer den furchtbaren Donnerschlag für Pau kenschlag haltend, mit einem Maie: Bravo! Bravo!" Die Gelegen'heit b e i'm S ch op fe gefaßt. —A.: „Ah, Herr Schnei der, man sieht Sie auch 'mal wieder, natürlich immer noch der Alte! ?" B.: „Wo denken Sie hin, 'ich bin jetzt gefetzt' 'n ganz anderer Mensch geworden!" A.: „So? Na, dann sagen Sie wenigstens gelegentlich Ihren Vorgän ger, daß ich immer noch auf die zehn Dollars warte, die ich ihm vor Jahr und Tag borgte!" Tem p er at nrv erstä n d n i ß. — „Aber, ich bitt' Sie, gehen Sie doch mit so einem kleinen Kind nicht auf die Stra ße ; die Temperatur ist ja so sehr kalt." „Ach, was versteht so'n junges Ding von der Temperatur?" Aus der Nat urg eschich t s - Stund e.—Lehrer : „Unter Reptilien nennen wir also solche Geschöpfe, welche auf dem Erdboden kriechen. Kannst Du mir wohl ein solches nennen, Adolph?" Adolph: „Ja, mein kleiner Bruder!" O, diese Kinder! Elschen: „Mama! Wirst Du in den Himmel kommen?" Mutter: „Ich hoffe es. mein Kind!" Elschen: „Schade, daß wir nicht bei sammen sein können, denn ich gehe in die Hölle!" Mutter (entsetzt): „Aber, Kind! Wer sagt Dir Das?" Elschen : „„Ich denke so, weil die Leh rerin mich immer „littls äevil" nennt!"" Zu r echt gew ie s e n.—Vater (zum Wirth): „Das soll französischer Cognac fein? Gar keine Idee!" Söhnchen : „Aber, Papa, wie kannst Du Das wissen. Du kannst ja doch nicht französisch !" Offenherzig. „Aber, Mann, was ist Das? Du gehst auf die Hühner jagd und bringst Eier mit. Die kannst Du doch unmöglich geschossen haben ?" „Das freilich nichl; aber in der Ge slügelhandlung war nichts Anderes mehr zu "haben." Empfehlenswertber Führer. Tourist: „Nun, sagen Sie mir ein mal, weshalb drängen Sie denn darauf, daß ich Sie für Ihre Dienste im Bor aus bezahlte?" Führer: „Ja, schaun's liier in die Abgründe hinab. Da ist mir schon manch' einer von den Reisenden —durch- gegangen !" Ganz natürliche Vermu thung. „Mama, warum bin ich ei gentlich heute geimpft worden?" „Damit Dein liebes, weißes Gesicht chen nicht 'mal durch die schwarzen Pol len entstellt wird, liebes Lieschen!" „Mama, dann bekommen die Moh renkinder wohl die weißen Pocken?"