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6 Ter beste Mann. Suckit in Süd nnd Norden, Wem Ihr reicht den Kranz, Wem der Ruhm geworden Eines besten Mann'S! Sucht in Lst und Westen, Wer sich so erweist, Taß man als den besten Man ihnn füglich preist ? Wer die sonn'gen Höben Und die Tiefen mißt, Meld' sich und laß sehen, Ob'S der Rechte ist! Ist's der Excellenzen Eine?— Ach, die sind Nichtig wie ihr Glänzen, Wandelbar ivie Wind. Ist'S ein kühler Tenker, Schwärm'riich ein Poet? Ist'S ein Schlachtenleiiker Leer Exeget? Einer, der im Rathe Sich der Klügste zeigt ? Ist'S ein Poteniale, Dem die Well sich neigt? Kunze, meint Ihr, sei es, Ach, was fällt Euch ein? Wie tonnt' Gott verzeih' es ! Ter der Rechte sein? ?hm ein Tenkmal richten Als dem Besten? Quatsch ! T'raus die Stadlgeschichten Steh'n als jüngster Klatsch? Nun. wenn Ihr nicht finden Könnt den Besten hier, Will ich'S Euch oerkünden : Lück, der Grenadier! Genügsame Menschen. Eine glückliche Ehe - Geschichte. Dem Kleinbauer Petersen war sein braves Weib gestorben, und da ein Lei chenbegängniß auf dem flachen Lande be kanntlich zu den hervorragendsten Ver gnügungen gehört, so war ich ebenfalls hingeeilt, um an diesem seltenen Fest Theil zu nehmen, denn so häufig, wie die Stadtleute, sterben wir Bauern selbstverständlich nicht, da die Aerzte bei uns ja gar zu zerstreut wohnen. Obgleich ich also auf einem weit ent fernt liegenden Dorfe wohnte und Pe terson mir nur sehr flüchrig bekannt war, so hatte ich dennoch meine Schecken vor spannen lasten, um seinem lieben Weibe die sogenannte letzte Ehre zu geben; denn Erstens bin ich recht vergnügungssüch tig, und Zweitens zeigt man sich doch mit seinem eleganten Gefährt gern 'mal vor den Leuten, bcfoders bei einer sol chen passenden Gelegenheit. Meine sreundnachbarschaftliche Auf merksamkeit wnrde denn auch in aller höchstem Maße anerkannt, denn ich durfte in dem Trauerzuge über den Kirchhof, der natürlich zu Fuß stattfand, dicht neben dem unglücklichen Ehegatten marschiren und wurde um diese Bevor zugung meiner werthen Person augen scheinlich beneidet, wie DaS denn ja auch erklärlich und tief in der menschlichen Natur begründet ist. Nun fällt es Einem aber bekanntlich bei derartigen Borkommnissen stets un geheuer schwer, die üblichen passenden Trostesworte zu finden, und bei mir war Diesen dem vorliegenden Falle noch um so schwieriger, als ich ja, wie bereits gesagt, den armen, nunmehr vereinsam ten Mann eigentlich so zu sagen gar nicht kannte; ich wußte eben nur, daß er Petersen hieß, als Kleinbauer unter sehr bescheidenen Verhältnissen lebte, sonst aber als ein sehr energievoller Mann be kannt war. So beschränkte ich mich denn in der Unterhaltung mit ihm aus dem Hingan ge auf die allgemein beliebten Themata von der Witterung, vom Stande der Wintersaat, von den gar zu niedrigen Kartosselpreisen. Dies schien Petersen auch überaus angenehm und wohlthuend zu berühren, denn es waren ja Themata, die er vollkommen beherrschte, und so mochte ihn mein Gespräch denn also in sichtlich erfreulicher Weife etwas von sei nem tiefen Seelenschmerz ablenken, wo für er mir augenscheinlich sehr dankbar war. Aus dem Rückwege jedoch war es deut lich bemerkbar, daß wieder eine äußerst düstere Stimmung sich seines einfachen Gemüthes bemächtigt hatte; denn die niedrigen Kartoffelpreise wollten jetzt gar nicht mehr ziehen, und selbst die ein gehende Beschreibung einer von mir selbst ersunveneu ganz neuen Art der Schweinefütterung verfehlte diesmal gänzlich ihre Wirkung. So waren wir an daS Ausgangsthor des Friedhofes gekommen, als Petersen plötzlich tief sinnend stehen blieb und, indem er verschleierten Blickes auf sein eigenes in geringer Entfernung dalie gendes kleines Gehöft hinüber deutete, in die ergreifenden Worte ausbrach: „Sehen Sie, Herr, dort waren wir oft wirklich sehr vergnügt mit einander, ich und meine Alte!" „Wo denn?" fragte ich ziemlich naiv, denn ich war, wie ich schon bemerkt ha be, in der Gegend wenig bekannt. „Eben dort bei jenem großen Dünger haufen!" entgegnete der tiefgebeugte Mann, indem er gleichzeitig noch ein mal mit zitterndem Arm nach derselben Richtung hinzeigte. Der Zusammenhang war mir nicht gleich klar. „Wie so denn?" fragte ich noch einmal so recht mitfühlend, denn ich begriff nicht ganz, daß man bei einem Dungerhaufen g'rade besonders vergnügt zu sein brauche. Peterson aber schaute mich tiefernsten BlickeS lange und durchdringend an. Dann äußerte der bescheidene energievol le Mann langsam und gedehnt : „Ja, sehen Sie, Herr, wenn ich meine Alte, wie DieS ja in jeder ordentlichen Wirth schaft doch vorzukommen pflegt, zuweilen 'mal prügeln mußte, dann hatte Pees in der Gewohnheit, immer um jenen Dün gerhaufen herumzulaufen, und ich wurde alsdann gezwungen, da sie flinker war, als ich, mit meinen Holzpantoffeln nach ihr zu werfen; traf ich sie nun, so freute ich mich wie ein Schneekönig. Traf ich sie aber nicht, so hatte sie ihr größtes Amüsement! Ja, ja, Herr, wir waren manchmal wirklich sehr vergnügt!" Wilhelm's Körpergebrechen. Ein strebsamer junger Deutsch-Ame rikaner, Namens Herzog von Cixcinna ti, der gegenwärtig auf deutschländischen Universitäten seine amerikanische medi zinische Ausbildung auf deutsch vervoll ständigt, hat sich d'raußen große Mühe gegeben, durch eigene Beobachtung der kaiserlichen Persönlichkeit und durch Nachforschungen bei kundigen Fachmän nern über die Körpergebrechen des deut schen Kaisers in's Klare zu kommen. Und er berichtet nun hierüber dem „Cin cinnatier VolSblatt" Folgendes: „„Als der Kaiser kürzlich bei der Wartburg in einem Jägeranzug auf der Jagd war und ich ihm und dem Großherzog von Sachsen Weimar im Walde begegnete, konnte ich bei'm hellen Sonnenschein die Mißgestaltung des lin ken Armes des Kaisers wahrnehmen. Seine linke obere Extremität ist gut um ein Drittel kürzer, als die rechte. Dieser Mangel ist des Kaisers schwache Seite, und in Deutschland darf davon nicht ge sprochen, noch geschrieben werden. Wil helm 11. verbirgt diesen Defekt auch, fast möchte man sagen, mit großer Künstler schaft, so daß eS unter gewöhnlichen Um ständen schwer, ja, unmöglich ist. ihn wahrzunehmen, und die meisten Deut schen. die den Kaiser öfters sehen, viel fach sagen, der Bericht von dem kurzen Arm fei überhaupt ganz und gar aus der Luft gegriffen. Diese Behauptung ist begreiflich, wenn man bedenkt, daß alle Oelaemälde und Photographie' von Kaiser Wilhelm 11. so genommen sind, daß es unmöglich ist, den Defekt zu se hen ; und im persönlichen Auftreten ver steht der Kaiser die Mißbildung vollstän dig zu bemänteln. Als ich ihn im Walde sah, stieg er ei nen leicht ansteigenden Pfad, an dem ich stillstand, hinan und stützte sich dabei mit der Rechten auf einen einfachen Weich selholz-GebirgSstock. Die Linke hing dabei schlaff am Körper herab. Sowie der Kaiser bemerkte, daß er fixirt wur de, warf er den Stock von der rechten Hand in den linken Arm, den er nach lässig halb über Brust und Leib legte, so daß seine Größenverhältnisse im Ver gleich mit denen deS rechten Armes nicht mehr zu controliren waren. Bei'm Vorbeischreiten grüßte der Kaiser dann militärisch. Daß die Verkürzung deS linken Ar mes bei'm Kaiser von Skrophulose oder einer noch schlimmeren, auf hereditärer Basis beruhenden Krankheit herrühre, ist eine böswillige Erfindung. Der De fekt am linken Arm, sein Zurückbleiben imWachsthum rührten von einem Miß griff her, der bei der Geburt Wilhelm'S 11. gemacht wurde. Auf Betreiben der Königin von England hatte ihre Tochter die Gattin des verstorbenen Kaisers Friedrich, bei der Geburt ihres Erstge borenen eine englische Hebamme nehmen müssen. Die Letztere hatte auf eine oder die andere Weise wie. ließ sich, nach dem der Schaden einmal angerichtet war, schwer ermitteln, dem jetzigen Kaiser Deutschland's entweder bei oder bald nach seiner Geburt eine Knochenverletzung am linken Oberarme beigebracht und zwar eine sogenannte traumatische (auf Verwundung beruhende) Epiphysislö suno. Was DaS ist. soll der Leser gleich erfahren. Der Knochen des jung en Individuums besteht aus drei von einander getrennten Theilen, dem mitt leren Stück und den beiden Endstücken, welche den technischen Namen „Epiphy sis" führen. Zwischen dem Mittelstück und den beiden Endstücken befindet sich bei'm jungen Individuum eine Knorpel platte, von der das ganze Längenwachs tum des Knochens ausgeht. Wird nun ein Endstück von dem Mittelstück deS Knochens gewaltsam abgerissen ein Vorgang, den man eben eine trau matische EpiphysiSlösung nennt —so kann der betreffende Knochen an jenem Ende nicht mehr in die Länge wachsen. Gegen dieses Unglück giebt es kein Heil mittel. So ist auch Kaiser Wilhelm's linker Arm kurz geblieben, denn der neu geborene Prinz erlitt durch die Nachläs sigkeit oder Ungeschicklichkeit der engli schen Hebamme eine Verletzung der be schriebenen Art am oberen Ende des Oberarmknochens, und deshalb hat der deutsche Kaiser bis auf den heutigen Tag und bis zum Ende seiner Tage ei nen stark verkürzten linken Arm, nicht aber deshalb, wie französische Blätter so gern behaupten, weil seine Constitution durch das schlechte englische Blut ver giftet wurde. Der Defekt am Arme ist in jeder Beziehung unbedenklich, da er Wilhelm 11. in keiner Weise behindert, noch zu irgend welchen krankhasten Störungen jetzt Anlaß giebt oder später Anlaß geben könnte. Anders verhält es sich mit einem an deren Leiden des KaiferS, seinem Oh renleiden, das als ein sehr bedenkliches, als eine ewige Quelle der Gefahr für feine Gesundheit, ja für sein Leben be zeichnet werden muß. DaS Leiden besteht in einer eiterigen Mittelohr-Entzündung, einer Krankheit, welche technisch-medizinisch als Otitis weckia purulevts (der lateinische Aus druck für mittlere eiterige Ohrenentzün dung) bezeichnet mird. Diese Entzün dung. die nach einer Kinderkrankheit entstanden ist, hat bei'm deutschen Kai ser ebenso, wie sie eS bei anderen In dividuen thut Krankheiten machen eben in dieser Hinsicht keine Rang- und Standesunterschiede eine Durchlö cherung, eine sogenanntePersoration des Trommelfelles veranlaßt, durch die sich die eiterige Absonderung nach Außen er gießt. Die medizinische Kunst ist gegenüber hartnäckigen eiterigen Mittelchrkatarr hen ziemlich machtlos. Sie kann die selben in guten Fällen so beeinflussen, daß sie sast fortgesetzt in solchen Grenzen gehalten werden, daß sie keine Erschei nungen machen, also auch keinen Aus fluß veranlassen. Allein von Zeit zu Zeit tritt immer wieder ein erschwertes Stadium auf, es erfolgt Ausfluß, und es zeigt sich, daß eben der Prozeß nicht vollständig verschwunden ist, sondern ge wissermaßen nur schlummerte. S o führt daS Uebel auch häufig bei'm Kaiser an läßlich leichter Erkältungen und anderer kleiner Schädlichkeiten immer wieder zum Wiederausbruch seines OhrenleidenS; und beständig besteht die Gefahr, daß sich dasselbe von den Mittelohrräumen auf die Hirnhäute fortpflanzen und hier eine Form der Hirnhautentzündung, ei ne sogenannte Meningitis, veranlassen kann. Diese Möglichkeit ist vorhanden da die Mittelohrräume, die sogenannte Paukenhöhle, daS Antrum, in unmittel barer Verbindung mit der Schädelhöhle und mit den Hirnhäuten stehen. Ueber diese Thatsachen und die ihm bei seinem Ohrenleiden drohenden Ge fahren ist der Kaiser zweifellos genau unterrichtet, und diese Erkenntniß mag die Ursache sein, daß er häufig verdrieß lich, übel gelaunt und reizbar sein soll. Daß Menschen mit Ohrenleiden über haupt leicht reizbar sind, ist ja eine be kannte Thatsache." Debattir-Uebungen in Schulen. Jeder tüchtige Pädagogist gegen die früher so beliebte Idee, daß man geisti ge Anregung, Gewandtheit und Kennt nisse bei jungen und alten Leuten am Besten durch Uebungen im Debattiren erzielen könne. Wo die Themata dabei allgemein bekannt sein sollen, führt eine Debatte darüber nur zu hohlen Wort gefechten, die Rechthaberei und Schwatz jucht fördern. Gehen die Fragen aber über den gei stigen Horizont der Dcbattirenden, so werden außerdem daraus nicht bessere Kenntnisse, sondern falsche Ansichten und Unbildung verbreitet. Die Debattir-. Schwatz- und Redesucht im Lande ist ohnedem schon übergroß genug. WaS der Jugend und dem Alter fehlt, sind mehr gründliche Kenntnisse durch gründ-