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Vierzehnter Jahrgang SZinnef o:a S laaw-ZeitMg. Drei Mal AZöcdezzüiche: Borausbezahtunj, 'vkr Jahr) $6.00 3a entließe: Borausbezahwng Theo Bander & ($$?. Bor 262, St. Paul, Mtnn. Zsitungs Geseyo ber 33er. Staaten. Wenn Abonnenten idre Zeitung nicht abbestel len, so wird angenommen, da? ftc otcfclbe fortzube halten wünschen. Kein Äbonnemcm kann rccd:«qültig abbestellt werden, ohne daß alle Nii!stände bezahlt sind. Wcnn tibonnenten lviivrlaijen, ihre Zeituttge von der 'Postoffice abjutK'icn, so sind sie dafür ver antwortlich, bis sie iy-e !?an^e Rechnung bezahlt und die Zeitung abbestellt yaben. Wenn Abonnenten ihren Wohnort ändern, ohne die Zeitungs-Office zu benachrichtigen, so ist es ihr Schaden, w?nn die Zeitung nach ihrem früheren Wohnort geschickt wird. Eine Weigerung, tie Zeitung von der Post-Of fice abzuholen ohne dieselbe dezahlt zu haben, wird als absichtlicher Betrug angesehen. Wer drei Nummern einer Zeitung annimmt, wird als Abonnent angesehen und hat für dieselbe zu bezahlen. Zeitungen sind in dem County, wo sie gedruckt werden, portofrei. Akuc Waaren! ^atbeart 8$ Co. erhalte» jetzt ihre großartigen und prachtvollen Neuseuduugcn an a Sommet Haaren llnfcr Lager von bietet das herrührte In fammilidicn fchutrßtn Fabrikaten und allen Fab nfAati'run.), tur icdcs zu haben tie pass-nde Gar Klrung, (Tr mrning). IPänber. Vtatifvlr lS)ulb«re«, Spitzen, ?oiilsyund franzö sischer ftasbine-« Bnarol«, W)firc ff Ottomanische und gewür felt wollene Stuolä. Em volle» %fijrtinitnt Tratterstoffe. (8in fd)bttce Va.ui- von Srirtdamaft, Servietten. ..Toulire' Handtüchern. fe*r billig, .^riter, ijlannclle. Decken, Tsche Äassi»ire. ©immtlidjc Baumwollen waaren zu und unter 6ngi»$ Preiien. eitrf. S». Dawson. Gathcart u. Co. No. 132, Dritte Straße, St. Paul. Herr Chas. G. F. Hofmann, deutscher Nov. A. S-mith. A. Echeffcr' Dauk- u. Wechsel- von ihusoii & Co. No. 97, Dritte Straße, et. Vau» Minnesota. Stellen Wechsel auf Skaten aus. all« Hauptplitze Europa« und der Ver. Kaufen und »erkaufen S Mld Regierungs Papiere. Passage Scheine von und.111) tropa zn den billiggen Preisen. Rehmen Depositen entgegen und zahlen Zinsen für Gelder, die auf bestimmte Zeit hinterlegt roeretn. Der teuische Partner der girm t, Herr A. Schüffcr» «rd e« sich anaeleqen sein lassen, alle LadtSlenie auf ba6 juoer kommendffe zu bedienen Allerli»ch. AücZ Schcke: Großhändler in uns Importeure von Zry Gssdg sab lotious 138 DritteStraße, Gt. Vaal. Mwn Deutsche Lederhandlung Zschetzfche n. Heyer. (Nachfolger von P. R. L. Hardenberg.) jRo. IM Dritte Strafe St Vom Mi nesot« gr«trl|fr«n Ihr Leder selbst und verkauft« tt«6#16 b.Olgtr «u «1« anderen Haa»luug.» im Staate. Dnlckarbeiten jedweder An ,nsS Mmnesow $2.50 atr Jahr, sa* allen Theilen fctr Der. Staaten. Nach Europa (Portofrei) Drei Mal wöchentliche [per JahrZ $12.30 Wöchentliche [per 3aht| 4.10 Geldsendungen et „Polt Money Order" oder in Registrirt-n Briefen föniten auf unser Risiko gemacht werden Alle Briefe beliebe man zu adresflren an Die bleiche (ßräftii. Roman a W a (Fortsetzung.) Endlich, und zwar a?s sie mit dem Rauschen ihres Kleides aufhörte, gewann ich meine Ruhe wieder ich warf einen fragenden Blick auf den gerade mir ge genüber servirenden Gar^on, der mit den Augen blinkte, als wisse er, was ich wis scn wolle, und eben den Suppenteller ci nein alten Herrn mir vis ams sortnahm, welcher durch meine Nachbarin auch so zerstreut geworden, daß er wie eineStatue den Löffel in der Hand behielt. Ich seg nete die Gewandhnt desselben Gareons, der bald darauf auch meine Nachbarin und mich bediente, und mir dadurch Ge legenheit zur Anknüpfung einer Unterhal tung gab, welche anfangs mit vor nehmer Zurückhaltung aufnahm. Meine Nachbarin sprach ein Franzö fisch, das mir sofort einen Einblick in ihre Biographie gewährte. Sie war keine Französin, ober sie mußte in Paris gelebt haben, und höchst wahrscheinlich lag dort der Schlüssel zu dem Geheimniß, welches ibre dunklen Augen bewahrten vielleicht waren dort auch die Spuren der Wunde zu suchen, aus welcher dieses Herz geblu tet, vielleicht war dort in jenem Tohuwa bohu der Blütenstaub düser Seele ver loren gegangen, welche die gebietende, reine Stirn mit dem Flor der Büßeiin nmschleiert. Sag' mir, wo Du gelit ten, und ich sag' Dir, a Du gelitten. Ein Zipfel ihres Geheimnisses also war bereits in meiner Hand. Wenn ein Herz ruinirt wird, da fiebert die Brust und das Auge weint um sie meine bleiche Heilige hatte also Malaga's heilendes Klima ge sucht, um dem kranken Herzen zu Hilfe zu kommen. Ich wußte mithin dm Anfang und das Ende des Geheimnisses, über weiche Welt tag noch zwischen diesen beiden Ertremen! Ob Dir wohl je ein Blick in dieseWelt gewährt wird dacht' ich, als meine biet che Heilige sich erhoben und zum Salon hinaus gerauscht war. In ihrer Unter Haltung hatte sie fortwährend Zurückha! tung bcobatptet sie hatte dieselbe mit ei nem Esprit geführt, der mich entzückt ha ben würde, wenn nicht aus ibrem Herzen stets ein gewisser Moschusduft heraufge stiegen wäre, wenn es mir nicht hätte scheinen müssen, als liege in dieser reizen den Hülle Etwas im Sterben, und dieses Etwas war sicher das todtkranke Herz. Arme Heilige! Mit einer gewissen Schot, als begehe ich eine Jndiscretion, bat ich um das Fremdenbuch. Man sagte mir, es eristire ein solches nicht in der Fonda de la Ala meda, denn in Spanien führt man diese indiscreten Bücher nicht. Man wisse nur, fügte man hinzu, daß die Dame eine Giäsin aus Frankreich sei, die hier einige Monde zu verleben beabsichtige. Gelangweilt trat ich nach Sonnenun tergang auf die Alameda, um meine Abendpromenade zu machen. Eine Equi page stand vor der Thür. Ich hörte hinter mir rauschen meine bleiche Un bekannte trat heraus der Wagen erwar tet.' sie. Dem Portier seine angcstammtenRechte nehmend, trat ich an den Wagenschlag und war ihr beim Einsteigen behülflich. Ein Blick, melancholisch, aber von einem trüben Lächeln gemischt, dankte mir für meine Aufmerksamkeit, und die offene Equipage rollte die Alameda hinab, der alten maurischen Alcazaba zu. Was ich bisher so sehr herbei gesehnt, die Ankunft des Depeschenschiffes, ich fürchtete sie jetzt. Das Schiff blieb in deß aus und am nächsten Mittag saß ich abermals neben der bleichen Heilt gen. „Mein Herr, Ste sind ein Deut^ scher?" war das erste Wort, das ich heute, und zwar in einem süddeutschen Dialekt, aus ihrem Munde hörte. Diese Frage gab mir das Recht, tie fer und länger in die großen schwarzen Augen zu schauen sie aber schlug diese! ben nieder, als ihr dieser Blick vielleicht zu lang erschien. Ich war mit Recht er staunt, renn eine Landsmännin bätt ich am allerwenigsten in dieser Er scheinung gesucht. „Und Sie ei Deutsche?" ant wertete ich betroffen. „Was aber, meine Gnädige, führte Sie zu der übrigens so richtigen Vermuthung?" v?* W A a Die Gräfin schien diese Andeutung nicht übel aufzunehmen, devn eine Dame vsn Welt macht kein Hehl aus ihren ero tischen Erlebnissen. „Ich bin bereits in den Pariser Sa lons oft inBerührung mit den pikantesten Geistern der Literatur gekommen", ant wortete sie ausweichend. „Und Keiner von ihnen hat Jagd auf dieses interessante Manuscript ge macht „Auf welches Manuscript?" „Nun, auf dasselbe, w.lches in Ihrem kranken Herzen bewahrt liegt!" „Weshalb glauben Sie, daß meinHerz krank sei?" „Weil Ihre Augen krank sind, meine Gnädige I" „Sind Sie etwa zugleich Arzt?" „Nein! Man hat mich zwar oft als Confulent zu Rathe gezogen, aber hei fett konnte ich leider niemals! Wollen Sie es nicht auch versuchen?" „Mir fehlt nichts als milde Luft und Ruhe!" „Und diese Ruhe, ist sie nur einePause oder das Ende des Romans?" Eigenthümer und Herausgeber: Theo. Sander u. Co.—O ffi e: No. 28 Minnesota-Straße, zwischen der 3. u. 4. Straße, eine Treppe boch. „Ihr Accent und Ihr Aeußeres l" antwortete sie mit jenem Lächeln, das selbst dem Traurigen eigen, wenn er Recht hat. „Es ist wahr", sagte ich ebenfalls la chend „es hat mich oft schon verdrossen, daß ch in diesem glücklichen Lande noch Niemand für einen Spanier halten wollte, wie gut ich mich auch zuweilen maskirt hatte." Die Landsmannschaft hatte zwischen mir und der bleichen Heiligen jetzt eine natürliche Annäherung herbeigeführt, welche auszubeuten mine Sache war. Ich fuhr demnach ihren Namen und zwcir den einer alten und wohlbekannten gräflichen Familie in Süd-Deutschland sie bestätigte mir, daß sie lange in Paris und im südlichen Frankreich gelebt und daß Kränklichkeit sie bestimmt habe, in Malaga ihren Aufenthalt zu nehmen. Hier war sie mit dem Schisse von Ronen be-eits vor acht Tagen angelangt sie hatte während der ersten Tage auf ihrem Zimmer gespeist, aber das Bedürsniß nach Gesellschaft hatte sie endlich doch an die 3hfel geführt. ''Acht Tage ließ das Depeschenschiff auf sich warten, diese Zeit aber genügt mir, mit der Gräfin C., der palida condesa, der bleichen Gräfin, wie sie in der Ala meda genannt wurde, auf einen ziemlich freundschaftlichen Fuß zu gerathen. „Sie sind Poet", sagte sie eines Tages zu mir. als ich auf ihrem Baleon saß, während sie sich bleicher und träumerischer als sonst, auf einem Fauteuil zurückge lehnt hatte. „Nicht Poet, gnädige Gräfin", ver besserte ich. „Allerdings habe ich auch wohl Verse gemacht und wer hätte das in seinem Leben nicht schon gethan —, aber sie sind immer sehr mittelmäßig aus gefallen." „Aber Schriftsteller sind Sie", setzte sie hinzu, während ein Lächeln um ihre schö nen Lippen spielte. „Alleroings, und leider ein deut scher, was nicht viel bedeuten will! Meine glücklichen Eollegen, die Franzo sen und Engländer, schreiben für die ganze Welt wir Deutschen nur für ei nige gcrman fche Provinzen und verschie bette angrenzende Dörfer, linsete Spra che ist zu schwer und unsere Bücher sind zu langweilig für die fremden Natio nen. „Wissen Sie, daß ich von Ihrer An fünft im Hotel bereits am ersten Tage er fahren?" fragte sie, mich mit ihren gro ßen heiligen Augen anschauend. „Der Wunsch, ckit kinem Lanosmann zu plaudern, führte mich an die Table d'Hote." „Und fürchten Sie nicht die Indiscre tion eines Sch'iststellers?" „Weshalb fragte sie befremdet. „Weil Sie. gnädige Gräfin, die rei zende Hülle eines Romans sind, der noch nicht gedruckt ist! antwortete ich, indem ich einen fruchtlosen Bei such machte, die weiße Hand zu küssen, welche so ver lockend auf der Seitenlehne des Fauteuils ruhte. Die Gräfin blickte mich vorwurfsvoll an ich mußte in ihr eine Saite berührt haben, die noch schmerzte. „Haben Sie noch nichts von Ihrem Schiff gehört?" fragte sie, das Gespräch abbrechend. „Sie hatten Eile, nach Af rika hinüber zu kommen." „Nicht die geringste, meine Gnädige. Wenn ich den Hügel der Alcazaba hin aufsteige, so sehe ich Afrika vor mir lie gen. DieBeduinen haben für mich alles Interesse verloren." In diesem Augenblick fuhr die Equi page der Gräfin unter den Balcon. Die spanische Duenna, welche sie in Malaga arg nommen, trat herein die Gräfin er hob sich, um spazieren zu fahren. „Morgen Abend plaudern wir weiter". -f t. «44* ii' "v v? St. Paul, Minnesota Donnerstag 27. Juni 1872. sagte sie, mir zum ersten Male ihre schöne Hand reichend. „Und wenn nun inzwischen mein litt glücksschiff eintrifft?" „So sehen wir uns ein andermal wieder!" „Hier in Malaga?" „Schwerlich", antwortete sie mit einem trüben Lächeln. „Und der „Roman?" „Er wird dann vielleicht um einige Kapitel reicher sein!" antwortete sie, mich verabschiedend. Am andern Morgen traf in der Tbat das französische Depeschenschiff ein. Da es nur alle vier Wochen einmal die Tour machte, so blieb mir nichts üdrig, als von Malaga zu scheidm. Um zwölf Uhr sollte das Schiff nach Gibraltar fahren, um elf Uhr also sandte ich der Gräfin meine Karte und ließ um die Erlanlmiß bitten, ihr zum Abschiede die Hand küssen zu dürfen. Während ich auf dem Eorridor stand und die Rückkehr der Duenna erwartete, öffnete sich die Thür leise eine klassisch schöne, weißeHand, ein blendender runder Arm streckt' sich heraus, eine heitere Stimme rief mir ein „Lebewohl aus Wie versehen!" zu, und kaum hatte ich diese Hand berührt, als sie verschwand und die Thür sich schloß. Aegerlich eilte ich die Treppe hinunter. Vor der Thür wartete bereits der Lastttä ger, der mein Gepäck ans Bollwerk tra gen sollte. Von der Straße warf ich noch einen Blick zum Fenster hinauf ich sah nichts, als die geschlossenen Vorhänge, hinter welchen sich dieselbe Hand hervor streckte, mir mit einem gestickten Taschtuch noch ttn Lebewohl zuwinkend. Das Schicksal hatte mir eine der schnö desten,Jnniguen gespielt. Vier Jahre waren seit jenem Tage ver flössen. Es war wiederum Juni, und ich befand mich in Venedig. Träumend und in der Mährchenpracht eines Abends am Quai des Dogenpala stes schwelgend, schritt ich hart am Ufer, in das dunkle Wasser schauend, entlang. Der Mond stand am tiefblauen Himmel und warf seine magischen Lichter auf die Kuppeln der Marcuskirche, auf den ge flügeltm Löwen und auf die bleichen Marmorfliesen tausende von Lichtern glänzten aus den Galerien der Piazzetta, die Arien der Bänkelsängerinnen, begleitet von der unerläß ichen Guitarre, drangen von den Kaffeehäusern des Platzes he'rü-, ber und am Wasser entlang promenirte eine Anzahl spleeniger Engländer und Engländerinnen, welche den An blick des Mondabmds very beautiful fanden. Ziemlich ermüdet von einer sechstägi^ gen ununterbrochenen Reise zu Wasser und zu Lande, suchte auch ich einen Platz zwischen den weit auf diePiazetta hinaus postirten Stühlen und Tischen eines Kaf feehaufes. Eins der Blumenmädchen, dieser vom Sturm mitgenommenen, kurz röckigen Schmetterlinge, schoß auf mich zu, um mir einen ihrer Sträuße aufzu drängen. Eine der jungenSängcrinnen, welche eben ihre Arie geschlossen, um in's anstoßende Kaffeehaus zu ziehen, prüfen tirte mir ihren Blechteller der Garyon brachte mir die gewünschte Granita, nach derenGenuß ich in meine „Luna" zurück zukehren beabsichtigte, um die Ruhe zu suchen. Die Gesellschaft um mich her war nur spärlich, sie bestand hauptsächlich aus einigen deutschen Familien, welche Ve nedig besucht, und deren Töchter ununter brechen von dem venetianischen Monde schwärmten. Mein Blick gerieth zufällig auf zwei weibliche Gestalt, n, welche an einerSäule der Galerie des Kaffeehauses saßen und von denen die Eine namentlich der Anzie hungspunkt der auf-und nieder spazie renden Flaneurs war. Gleichgültig gegen die Neugier dersel ben und diese scheinbar gar nicht bemer kend. hatte sie die Spitze ihres Mignon Fußes auf die Speiche eines der elenden vor ihr stehenden Strohstühle gelegt und ihre Hand spielte mit dem gelben Bande ihres Hutes. Das Licht der gerade ihr gegenüber befindlichen Gaslampe traf ihr Auge, wenn sie es aufschlug, wie sich das Feuer zweier Diamanten trifft. Mit einem Laut der Ueberraschung sprang ich auf, denn dieseDame war keine andre als die bleiche Gräfin aus Mala ga! Auch sie schien bettoffen, als ich in so brusquer Weise zu ihr trat da idr Sitz ein erhöhter war, ruhte ihr Auge fragend und zurückweisend auf mir. Plötzlich je doch fuhr ein Lächeln über ihr Antlitz, sie richtete sich aus ihrer vorgebeugten, etwas emancipitten Stellung auf. „Mein Afrikaner aus Malaga!" rief sie lachend und mir die Hand reichend. „Sagt' ich's Ihnen nicht, daß wir uns wiedersehen würden? Nehmen Sie mir und meiner Gesellschafterin, Fräulein Duboque. gegenüber Platz', setzte sie hin zu, den Stuhl zurückschiebend, auf we' ehern bisher ihr Fuß geruht, „ich habe oft an Sie gedacht Sie sollen mir viel er zählen!" Ich staunte über die Lebendigkeit ihres ganzen Wesens, in welchem nicht das G.ringste Ott jene Passivität erinnerte, in welcher ich sie damals gesehen ihr Auge blitzte, ihre Züge waren beweglich, und war auch das Antlitz fast eben so bleich noch wie damals, so verrieth es doch einen Lebensmnth, eine innere Frische, die mich über,engte, daß entweder Zeit oder Schickst Alles geheilt hatte, was damals in diesem schönen Weibe krank gewesen. Ich hielt es nicht für passend, sie gleich im ersten Mom nt unse es Wiedersehens an jene Leidenszeit zu erinnern beläst gl von der Zudringlichkeit der Flaneurs, welche die schöne Gräfin umkreisten wie die Adler ein Wild, schlug ich ihr vor, einen Siy draußen auf den Stühlen des Platzes zu n.hmen, sie jedoch zog eine Promenade vor, erhob sich mit ihrer Ge sellschasterin, einer Französin, die von un serer teufchen Unterhaltung kein Wort zu verstehen schien, legte ihren Arm in den metnigen und zog mich die Arkade hinab vint Wasser. Hier war ihre Laune so hl müthia, daß ich nur kein Gewissen iraus machte, sie zu jener Zeit und dem Stoman zurückzuführen, der jetzt jedenfalls be.ndct sein mußte. Sie schwärmte von der Mondnacht, sie stellte sich auf dem Quai unmittelbar ans Wasser, schaute in die vom Mondlicht mit einem silbernen Schleier überzogene Tiefe und lauschte dem melancholischen Plät schern des an d.ü Quai schlagenden Was fers. „Sie sind kein Poet, Sie können keine Verse machen SagtettSt'e mir nicht so in Malaga?" fragte sie aufblik kend und mit einem GimischHon Melan cholie und Scherz. „So sagte ich allerdings damals Sie aber, Gräfin, sind ein Moses, der selbst dem prosaischsten Menschen eine poetische Ader öffnen könnte!" „Haben Sie selbst in dieser reizenden Mondnacht nicht wenigstens einen poetischen Gedankens" fragte sie fchel misch. „Soll ich aufrichtig sein, so gestehe ich: mir fällt diesen Augenblick nichts ein, au ßer dem höchst saden Gedanken, daß ich alle Mondnächte der Welt für die Nacht Ihrer schönen Augen opfte!" „Ja. das ist allerdings fad! Wissen Sie, was ich soeben dachte, als ich hier in das wunderblaue Wasser schaute?" „Ich gäbe allerdings 'was drum, Grä fin, wenn ich Ihre Gedanken wüßte Sie würden mir alsdann kein Räthsel geblie ben sein!' „Ich wünschte das Meerweib zu sein, um hier in den flüsfigenMondschein hinab tauchen zu können!" „Sie würden sich einen Schnupfen ho len, meine Gnädigste Bleiben Sie also im Trocknen, damit ich Ihren Arm behal ten kann I" antwortete ich, sie vom Ufer und in den Schatten des Dogenpalastes ziehen. Hier ward sie plötzlich wieder melan cholifch es war, als bedürfe sie des Mondlichts, um heiter zu fem, als fürchte ste den Schatten. Sie wünschte in ihr Hotel zurück zu kehren. Wenn sie heiter war, einem neckischen Kinde gleichend, nahm sie dasselbe imponirend ruhige We sen an, sobald ihr Ernst zurückkehrte. So wie ich sie in diesem Moment sah, fand ich die bleiche Heilige von Malaga wie ter. „Gräfin!" sagte ich, im Geiste nach jener Zeit zurückversetzt. „Ihre Idee trifft seltsamer Weise mit einem Traum zusammen, der mich von Malaga aus verfolgte. Horchen Sie nur! Unser Schiff lag noch bis zum Abend imHafen der Capitain aber gestattete mir nicht die Rückkehr in die Stadt. Ich dachte an Sie den ganzen Tag hindurch. In der Nacht traf uns in der Meerenge ein Un wetter ich suchte meine Cabine auf dem Hinterdeck des Schiffes und schlief, vom Sturm gewiegt, ein. Im Traum sah ich Sie, Gräfin, so bleich, so leidend, wie Sie mir in Malaga erschienen ich sah Sie als Meerweib unser Sch'ff in den weißen Wellen umkreisen, ich sah Sie mit dem Taschentuch winken dann plötzlich sah ich das tief gebräunte Gesicht eines jungen Mannes nebenJhnen austauchen, der Ihnen das goldene Kreuz von der Brust riß und ich erwachte. Die an der Decke 'meiner -bine hängende Lampe schaukelte müde hin und her der Lieutenant, der auf dem Hinterca stell über mir stand, kommandirte Babord ©tri bord! Die Wellen spritzten über die Verschanzung,Sie aber warm verschwun dm." Bei dieser Erzählung zittette ihr Arm -V1 *1 4? Nummer 728, fühlbar in dem meinigen ich überzeugte mich daß meineWorte scharf wie einPfeil getroffen hatten, denn mein Traum war eben nichts Am eres, als eine Andeutung dessen, was ich in der That Jahr da rauf in Paris über sie erfahr tt hatte. Vielleicht lag einige Boshrit in dieser meiner Hindeutung, da aber das, was ich aus intimerQuelle erfahren, nur sehr ab gerissen und zusammenhanglos war, so glaudte ich meine schöne Sphinr dadurch zum Reden zu bringen. Kein Wort kam über ihre Lippen ihr Arm lag so regungslos und kalt in dem meinigen, als führe ich einen Automa ten ihr Blick hing unverwandt am .^oden. Als wir endlich vor ihrem Ho tri standen, entzog sie mir dm Arm und lickte ch mit äußerster Kälte an, als habe sie einen ihr ganz fremden Menschen vor sich. Wann reisen Sie?" fragte sie mit tonloser Stimme. „Ich denke übermorgen. Gestatten Sie m'r, Ihnen morgen Vormittag auf zuwarten?' „Nein, ich denke Sie anderweitig zu beschäftigen. Auf Wiedersehen!" Mit diesen Worten verneigte sie sich leicht und trat ins Hotel. „Sie wollte Dich anderweitig beschäftigen!" dacht' ich am nächsten Morgen, im Fenster der Luna liegend und d'eEcke schräg gegenüber beobachtend, hin t*r welcher die Piazetta lag. „Jetzt liegst Du hier bereits eine halbe Stunde schaust ins Blaue und Deine Beschäftigung ist Langeweile! Seltsame Strafe das für eine kleine Indiskretion!" Plötzlich glaubte ich unten die Gesell schafterin ver Gräfin zu erkennen, die eben um vie Ecke bog. Richtig, sit war es! etc schritt gerade aus die „Luna" zu. Meine Spannung war groß. Ich trat ins Zimmer zurück und lauschte. Niemand kam. Endlich hörte ich Tritte, die aber unmöglich einer Kammerjungfer gehören konnten. Man pochte an meine Thür. Der Zimmerkellner trat mit einem kleinenPäck chen herein und meldete mir, dasselbe sei soeben vou einer Dame für mich ab gegeben. Meine Beschäftigung also! Ich öffnete das Packet und zog aus der sorgfältigen Papier-Umhüllung ein in schwarzen ammet gebundenes Buch her vor. „DieGräfin hat Verse gemacht!" dacht" ich bei mir. Zu meiner Verwunderung fand ich jedoch rosa darin. Ein Titel fehlte, dahingegen lag ein Octav-Briefblatt zwischen demDeckel und dem ersten Blatt, auf welchem drei Zeilen ohne Anrede und Unterschrift standen. Diese Zeilen waren von einer zierlichen, aber flüchtigen Damenhand geschrieben und lauteten: „W a und wie viel Sie bereits wissen, ist mir unbekannt, aber ich sehe wohl ein, daß Sie A wissen müssen. Hier ist der Roman des „kranken Herzens". Le sen Sie ihn aufmerksam, denn es könnte fein, daß mir fp daran gelegen wäre." Das Manuskript war sauber und von der Hand der Verfasserin selbst geschrie ben es schien oft durchgelesen zu sein, vermutlich war die Leserin aber d«e blei che Heilige selbst gewesm, denn nimmer mehr durfte ich annehmen, daß dieses Manuskript schon durch fremde Hände gegangen. Daß ich die Jndiscretion begehe, die ses Manuscript hier zu veröffentlichen, geschieht nur auf eine mir später gewor dene ausdrückliche Automation der Ver fasserin. Wie und wann ich ihr wie der begegnete, das findet der Leser am Schluß. Aus Rücksicht für ihre Familie mußte ich ihr vas Versprechen geben, die jenigen Stellen des Manuskriptes, welche so Manchen ihren Namen verrathen würden, derart zu verändern, daß dieser Name nicht in Gefahr gerathe, auch die Zeit vor oder zurück zu verlegen. „Meiner Erlebnisse", sagte sie, „habe ich mich nicht zu schämen. Wohl habe ich gefehlt, aber ich habe auch gebüßt Sie selbst waren einmal Zeuge dieser Buße. Was mein Leben an Conflikten enthält, sie sind jetzt versöhnt. Dank fei es demSchicksal und der eigenenWillens kraft, mit welcher mich die Prüfung waff nete." Daß ich, als Verfasser, so manches Romantische hinzugethan, verschweige ich nicht ich mußte es thun, um das In teresse der Geschichte zu erhöhen, die htet' mit b« ginnt. (Fortsetzung auf de» 2. Seite.) Dnlckarbeiten iettotb« Art. W r^$ /Jk vi