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Osfsizielles Organ der deulsehen Gesellsehafts-, Vereins- und Kirehenkreise im Distriel Columbia 62. Jahrgang. No.l DEinzelnnmmer 10 Cis. —84.00 per Jahr. riginal-Bericht für das „Wasbington Fonrnah“ ; Randglossen zur Zeitgeschichte. Von Paul Gleis, Washington, D. - Es ist sonderbar. Wenn man in diesen Tagen erwachsene Deutsche, Damen und Herren trifft, die die Kriegszeiten drüben mitgemacht ha— ben, — in den letzten Monaten sind etliche herübergekommen — so ist man ganz erstaunt über ihr gutes Aussehen. Statt bleiche Gesichter und magere Körper sieht man rote, von Gesundheit strotzende Wangen und eine behöbige Leibesfülle, die man hierzulande vergebens sucht. Es müssen wohl nur die Reichen oder Leute vom Lande sein, denen es mög— lich wurde, nach Amerika herüberzu— kommen. Der Hunger hat den Er—- wachsenen und Reichen drüben of fenbar wenig geschadet. Fasten ist eine Gesundheitskur! Anders soll es um die deutschen Kinder und die Ar— men des Mittelstandes bestellt sein. Man sagt mir, daß die Kinder der Beamten und Pensionäre in Deutsch land wegen Mangels ausreichender Bezahlung der Eltern elendig zu Grunde gehen, wenn nicht weitere Hilfe aus Amerika kommt. Lassen wir uns durch flüchtige Beobachtung nicht über die wirklichen Zustände drü— ben täuschen. Unser Hilfswerk muß im kommenden Icdhre noch fortgesetzt werden. ; * * Am Ende des Jahres findet man. in den Zeitungen wieder die Sum— men zusammenqestellt, die unser Am—- erika, aus Privat- und öffentlichen Quellen, für wohltätige Zwecke aus gegeben hat. Es berührt äußerst an genehm, wenn man sich sagen darf, daß Amerika, das Land des Dollars, doch auch ein Herz hat für die Ar men, für Institute. Krankenhäuser, Waisenhäuser Schlen Kirchen und Not in Familien. In dieser Bezieh ung marschieren wir sicher obenan unter den Völkern der Erde. Wenig stens eine Billion Dollar wurde im vergangenen Jahre wieder in frei— gebiger Weise durch Geschenke wohl— wollender Menschen für gute Zwecke, für die notleidende Menschheit, ver— wendet. Auch bei uns in Washington hat die Sammlung für deutsche Kin— der der alten Heimat und für das hie sige deutsche Waisenhaus gezeigt, daß wir das Herz noch auf dem rechten Fleck haben. Bravo! *«« — Charlie Chaplin beschreibt in Ta geszeitungen augenblicklich seine Rei se durch Europa, darunter auch sei-! nen Aufenthalt in Berlin. Von den deutschen Mädchen hält er nur weni-; ge für hübsch; nur Pola Negri, die Schauspielerin, die polnischer Ab— stammung sein soll, (sonst aber deutsch ist), findet er „göttlich“. Im gübrigen hat er wenig über Deutsch land zu sagen. Er versteht kein deutsch und ist selbst in Deutschland völlig unbekannt. Er war gewohnt, überall begrüßt und umjubelt zu werden. Deutschland ist anscheinend das einzige Lond, das ihn nicht kennt. Der Komiker macht wenigstens nicht den Fehler, den so viele machen, über ein fremdes Land etwas zu sagen, oh— ne etwas davon zu verstehen. Die wirtschaftliche Depression der Gegenwart macht sich überall bemerk bar In New York und Umgegend sieht man wieder lange Reihen von Brotlosen und Scharen von Stellen— losen an Arbeitsvermittlungsstellen versammelt. Die Löhne sind herun tergegangen; die Teuerung ist im Vergleich zur Kriegszeit von 105 auf 60 Prozent gefallen. Die Leute ha— ben kein Geld mehr für die teuren Vergnügungen. Die Schaustellung im Neẽw Yorker „Hippodrom“ ist im Vergleich zu früheren Jahren jetzt ge radezu erbärmlich. Statt Massen vorführungen giebt es jetzt nur ver hho ntache Vaudebille-· Vorstellungen. Der Besuch ist eben falls gering. Andererseits ist das New Yorker „Metropolitan“-Opern— haus tagtäglich überfüllt. Der Ge— schmack des Publikums ist in den letz ten Jahren anscheinend undefinier— bar. Alkohol ist in New York über— all zu haben. Betrunkene sieht man auch ab und zu. Und Morde gabs dort am Ende des Jahres mehr denn früher. Wer erklärt nun solche Zu— stände? : ; 3 q — — 2 : 0 A 277 ; : ; —SB 2 — 78 — - — — 1 — ; —un —— ; —— — 101/ nre — — - ; — h — —— —— ; —m. L- 01 h . —— 2 — —— 74 /2 ;— 1 ——— 1 ; — — ulB — A : 4 — — ; ñ 7 e 22 —— —— —2 n- 217 —— - — ; Jothen Blätt —— 2 ——— — — —A— —— 4 — 2 Die finanziellen und wirtschaftlich sen Aussichten für das deutsche Reich im Jahre 1922 sind sehr schlechte. In deulschen Finanzkreisen selbst hat man kein Vertrauen. Die Hauptur sache dafür, daß es in Deutschland viele Reiche neben ganz Armen und einem noch ärmeren Staatssäckel giebt, ist nicht die Valuta an sich, sondern das beständige, rasche Schwanken derselben. Dieses macht die Menschen schnell reich und arm und entzieht dem Staate die Möglichkeit gleichmäßiger, sicherer Besteuerung. Der Geldbesitz wechselt die Hände, wandert von Klasse zu Klasse, nur natürlich nie zu denen mit festem Einkommen. Am reichsten werden diejenigen, die früher hohe Schulden hatten oder jetzt Schulden eingehen können. Die Valuta setzt sie imstande, mit wenigem Geld die Schulden zu begleichen. Es ist also gerade die treu und sicher und abso— lut ehrlich arbeitende Klasse der Be— amten und Angestellten, die leidet. Der Bankmensch und Großkaufmann weiß sich den Lebensbedingungen schnell anzupassen. Der Reichtum ist aber fast nur Papierreichtum und muß sofort verwertet werden, um es zu bleiben. Daher auch die Genuß—- sucht gewisser Kreise. Man weiß ja nicht, wie es morgen schon aussehen könnte! — Die Franzosen stimmen auf der Abrüftungskonferenz nun endlich dem Grundsatz bei, daß Unterseeboote Handelsschiffe nicht angreifen dürfen. Sie fragen aber: Was sind Handels—- schiffe? Darf man sie im Kriege mit Kanonen versehen, wie man das im letzten Kriege tat? So streitet man sich noch immer über die Fragen, die doch durch den letzten Krieg längst erledigt waren. Wenn Wilson im Frühjahr 1917 plötzlich amerikcini— sche Handelsschiffe mit Kanonen aus statten ließ, nenn es also damals er laubt war, warum soll es jetzt nicht gestattet sein? Warum sollten deut sche Kriegstauchboote feindliche Han— delsschiffe nicht angreifen dürfen, wenn das Völkerrecht nichts über die Verwendung der Unterseeboote im Kriege sagte? Ebert über Demokratie. Das „Berliner Tageblatt“ besteht 50 Jahre jetzt. In der Jubiläums-! ausgabe erklärt der Präsident der dee Republik, Ebert, die neue Dernokratie Deutschlands habe alle Aussicht auf festen Bestand. Seit Jahren, schon vor dem Kriege, sei die se Demokratie in der Vorbereitung gewesen. Auch ohne Niederlage wäre eine solche durch innere Entwicklung zustande gekommen. (Ist schwer zu glauben.) Ein modernes Volk er—- trage kein anderes Regierungssystem als das der.Selbstverwaltung, der verantwortlichen Teilnahme an dem Schicksal des Staates. (Das Volk hatte früher auch teil daran, wenn auch nicht in solchem Maße wie jetzt). Die alte Welt der dödeen sei tot, die Abrüstüngskonferenz in Washington mit dem Schrei nach Beschränkung der Rüstungen, nach internationalen Besprechungen, sei ein Zeichen der Zeit. Deutschland werde ein wichti ger Faktor sein in der historischen Entwicklung der Demokratie. Ziel der Deutschen müsse es sein, Deutsch land die alte bedeutende Stellung, die es in geistiger und wirtschaftlicherße-- ziehung besaß, zurückzuerobern. — Ebert hat ganz recht. Die alten ge ten sind vorbei. Es heißt einfach, die Vergangenheit vergessen und im Sinne der Republik mitzuarbeiten am Wiederaufbau der Größe des al— ten Deutschlands in neuer Form. — Am Sonntag fand, die diesjãh— rige Weihnachtsfeier in Deutschen Waisenhaus statt. Der Besuch war nicht so drängend als in früheren! e ibnerstüe die on den Kindern aufgeführt wurden, ge fielen ausgezeichnet und ernteten gro— ßes Lob für die Aufführenden sowie deren Supenrintendent und Matro—- ne, Herrn und Frau Preil. Lieder, von den Kleinen gesungen und von Herrn W. C. Plitt auf dem Piano begleitet, trugen viel zur Verschöne—- rung der Feier bei. Eine echt deutsch zubereitete Mahlzeit wurde von den Damenvereinen des Waisenhauses serviert. Kleine Nachrichten für Stadt und Land. —Heute, Freitag Abend, ist Hilfs vereins-Versammlung. Jedermann ist willkommen. —Admiral von Tirpitz wendet sich jetzt in einem Artikel, in den „Grenz boten“ gegen Bethmann-Hollwegs Aussagen über seinen Abschied aus dem Staatsdienst. Als Grund giebt er Intriguen in der Umgebung des Kaisers an. Man entschied gegen Fortsetzung des Unterseebootkrieges. ohne ihn zu fragen. Der Kaiser hielt es mit dem Reichskanzler. Diese Er klärung kommt etwas spät, räumt aber mit der Tatsache nicht auf, daß man sich in höchsten Kreisen über die einzuschlagende Politik uneins war. Man hatte etwasanderes erwartet. —dln New York, Ellis Island, landete vor einiger Zeit ein deutsches Mädchen, Sophie Herber, in der Ab— sicht, einen amerikanischen Soldaten, der früher in Koblenz war, zu heira ten. Es stellte sich aber hexaus, daß der Mann, Adonis L. Camlin mit Namen (muß wohl ein „Adonis“ ge-- wesen sein), Frau und zwei Kinder in Arizona hat, die er allerdings seit 1918 nicht mehr gesehen haben will. Der Soldat will sich scheiden lassen. Seine neue Licbe kann aber nicht ins Land hinein, bis der Mann seine Scheidungspapiere hat. Die Behörde läßt sie nicht zu. Sie soll nach Deutsc hland deportiert werden. Die Liebe soll blind sein. —Ein deutscher Chemiker, namens Ludwig Prückner in München, soll eine künstliche Kohle erfunden haben. Demonstrationen vor Professoren und Fachmännern haben schon statt gefunden. Die Kohle hat eine gro-- ße Heizkraft, produziert Gas wie an— dere Kohle und die Herstellung ist halk so teuer wie die Förderung der Kohle aus dem Boden, daher auch der / Markthreis entsyrechond billiger Ee wird immer schölter Franzosen nehmt euch vor deutschen Gelehrten in acht! —Endlich will man den Gedanken eines Kanals in Deutschland zwischen Rhein respektive Main und Donau zur Ausführung bringen. Es wird 20 Jahre dauern, bis das Projekt be— endet ist. · Eine Gesellschaft mit ei— nem Geldbesitze von mehr als einer Milliarde Mark hat sich dazu gebil— det.. 60 Schleusen werden für eine 430 Meilen lange Strecke notwendig sein. 400 elektrische Kraftstationen werden errichtet werden mit großer Kohlenersparniß. Die Gesamtlänge des Kanals wird 2415 Meilen sein. Schiffe in Größe von 1500 Tonnen—- gehalt werden zugelassen werden kön— nen auf der Fahrt von der Nordsee zum Schwarzen Meer. ; —Die Arbeiter in Krupp's Werken sollen sich weigern, Anteilscheine im Besitze der Werke herauszunehmen, um so Mitteilhaber und auch beim Profit berücksichtigt zu werden. So— zialdemokraten befürchteten ein Netz, das man den Atrbeitern nur gelegt hat, um sie von Stroik und Arbeits unterbrechung abzuhalten. Der wirk liche Profit würde doch den Kapitali sten zu gute kommen. 2 2 —Graf Szechenhi ist zum ungari schen Botschafter in Washington er nannt worden. Er ist mit Frau und Kindern hier, die Frau ist eine frühe— re Gladys Vanderbilt aus New York. Die Tageszeitungen brachten in die ser Woche deren Bild. —Diplomatische Beziehungen zwi— schen Deutschland und Amerika sind endgültig wieder aufgenommen worden. Als deutscher Geschäftsträ— ger ist der Generalkonsul Karl Lang in New York ausersehen. Die deut sche (neue) Flagge weht von der Botschaft an der Massachusetts Ave. und vom Konsulatsgebäude No. 11 Broadway, New York. Herr Lang und Herr Edgar Prochnik (als reichischer Geschäftsträger) sind vo—- rige Woche vom Staatssekretär Hughes und Montag vom Präsiden en Harding empfangen worden. —lmmer noch streitet man sich um den östreichischen berühmten Arzt Dr. Lorenz, -Die New Yorker Zeitungen sind noch immer voll davon. Die Zei tungen sind meist für, die Hospital— ärzte und Aerzteklubs gegen den ge lehrten wohltätigen Arzt. Man soll te den cnen, bescheidenen Mann in Ru Gc Ist der Neid vor frem-s der Tüchtigkeit so groß, daß er selbst vor Vchhtieraitslint nicht Halt magt? Freitag, den 6. Januar 1922. Feier zn Ehren des Liederkomponisten Franz Schnbert. Fräulein Anita Schade, in einem Briefe an den Sekretär des Concord Clubs, macht darauf aufmersam, daß am 31. Januar 1922 125 Jahre ver flossen sind seit der Geburt des größ—- ten deutschen Liederkomponisten Franz Schubert. Derselbe wur— de bekanntlich am 31. Fanuar 1797 in Wien geboren. Zu meiner Freu— de sehe ich, daß man sich in größeren Städten rüstet, das Andenken dieses großen Mannes zu feiern und möch— te ich Sie hiermit ersuchen, diesen. Brief bei Gelegenheit einer Ver— sammlung des Concord Klubs zu er-- Vnen oder vorzulesen. ine „Schubert-Gedächtnisfeier“ könnte vielleicht am Sonntag, den 29. Januar oder auch am Dienstag, den 31. Januar in der Concord Hal—- le stattfinden. Frau von Bayer, zu— sammen mit Frau Dt. Day, würde uns wohl die „Unvollendete Sym— phony“ zum besten geben und Herr Albert Schott brächte einige der schönsten Lieder Schuberts, „Erlkö-— nig“, „Ihr Bild“, „Das Fischermäd— chen“, „Der Wanderer“ usw. zu Ge— hör, d. h.wenn Sie ihn beizeiten da-- zu auffordern würden. Als dritte im Bunde für den Abend möchte ich noch Frau Franzeska Kaspar-Law— son als Sängerin Schubert'scher Lie der empfehlen. Wäre ich weniger be-- schäftigt, so hätte ich nur zu gern sel— ber eine solche musikalische Feier in Szene gesetzt, aber die Anregung da zu möchte ich gerne geben. Einen ge—- eigneten Redner zu finden, welcher über das Leben des Komponisten spräche, dürfte nicht schwer fallen, oder auch finden sich solche Dichter wie Dr. E Zeydel oder Prof. Paul Gleis, oder Herr Dr. C. H. Leinewe— ber bereit, Schuhert's Andenken in schönen Versen zu verherrlichen. Ich jselher würde einen Prolog mit Ver nligen sagen, falls gin solcher für die schöne Gelegenheit gedichtet wer dn würde. Ihnen, geehrter Herr Bender, im Voraus dankend, mit viel guten Wünschen zum neuen Jahre. Ihre, Anita Schade. (Anm. der Redaktion: In dieses Jahr fällt auch ein Gedächtnistag an den Komponisten Brahms. In New York hat man letzten Montag einen ganzen Abend diesem großen Deut—- schen im Carnegie-Saal gewidmet. Elly Ney aus Köln spielte am Kla—- vier einige Brahms-Lieder und Kom— positionen.) ; Erster Großer Jahresball im j Concord Klub. Der erste große Jahresball im Concord Klub findet am Montag, den 9. Jannar 1921 in dessen An—- ditorium, 314 C Straße N. W. statt. Das Komite hat alle Vorbereitungen getroffen, um den Besuchern einen echt dentschen Ball zy versprechen. — ” Arion Damenverein. Die Versammlung der Arion-Da—- men findet am Mittwoch, den 11. Januar 1921, bei Frau Willner, 1334 Siebente Straße N. W. statt. ; Verein Bayern. Der Vereinßayern hielt unter dem Vorsitz des neuerwählten Präsiden ten, Herrn Fritz Vogel, seine reguläre Sitzung ab. Nachdem die formellen Geschäfte erledigt waren, verlas Sekretär Theo. A. Leckert seinen Jahresbericht, welcher bewies, daß der Verein wäh— rend des- berflossenen Jahres in fi— nanzieller Hinsicht guten Fortschritt achte, wies aber auf die Notwendig rit hin, neue Mitglieder einzubrin gen. In seinem Bericht führte er aus, das Erfreulichste des Jahres war, daß wir während der 12 Mo— nate keine Sterbefälle zu verzeichnen hatten. Der Bericht wurde dankend angenommen. Das Bücher-Revisionskomite be— richtete die Bücher des Sekretärs und Schatzmeisters in bester Ordnung und gleichlautend befunden zu haben. Beschlossen wurde, am 6. Februar 1922 eine Spezialsitzung einzuberu— fen, um überliegende Geschäfte zu er ledigen. Einnahmen waren 123.91. 2 T. A L. —Frau Klackring, 1137 New Jer sey Avenue N. W., war schwer er krankt, und ist nunmehr auf dem We ge zu besserer Gesundheit. L Kurt Voelckner f Einer traurigen Pflicht muß sich heute unsere Zeitung entledigen, in dem sie den Tod eines der bestbekann— ten Deutschen in Washington ankün— digt, den des Herrn Kurt Voelckner. Obschon Herr Voelckner seit Februar letzten Jahres mit seiner Familie in der Stadt New York (HAmgegend) weilte und dort Ny 124 Dodd Str., Weehawken, N. J., starb, so war er doch, wie fast jeder der Leser dieser Zeilen weiß, ganz und gar ein Wash— singtoner. Hier war er seit 1898 und 1900 die Seele fast aller Bestrebun gen, die die Deutschen angingen, von der Enthüllung des Steubendenk— mals bis zum Vorsitz im (damali gen) Central-Verein, von der „Histo— rischen Gesellschaft“ zum „Germania Club“, vom Hilfsverein für die Not— leidenden der alten Heimat zum Con— cord-Klub. Der Schreiber dieser Zeilen war ei— ner der letzten Freunde, die ihm die Hand drückten. Am Freitag Abend, den 30. Dezember, erfreute er sich mit ihm und seiner Gemahlin einer Weihnachtsfeier, die der deutsche Ver— ein „Schlaraffia“ in Newark veran— staltet hatte, in welcher Herr Voelck ner in altgewohnter Weise lustige und ernste Vorträge in anscheinend guter Laune zum Besten gab. Der Verstorbene war ja mit ganzer Seele ein frohes Mitglied gemütlicher und gebildeter Gesellschaft, dem die Pfle-- ge von Kunst. Humor und Freund schaft ein Bedürfnis, wenn nicht ei ne Religion war. Früh am Morgen, am Samstag, am letzten Tage des Jahres, schied man. Drinnen funkel te noch der Weihnachtsbaum, dem Herr Voelckner an dem Abend als letzter beim Vortrag ein ernstes, wei hevolles Gedicht gewidmet hatte. Draußen war es bitterkalt. Drei bis vier Stunden darauf war der Freund eine Leiche. Zu Hause angekommen, wurde er im Bett von plötzlichen Schmerzen u. einem folgenden Blut sturz überfallen. Er starb wenige Minuten nach Ankunft eines Arztes an „innerer Verblutung“. Der Verstorbene wurde in Brom— berg, 2. Februar 1866 geboren, kam als Kind nach Berlin, besuchte dort das Gymnasium zum Grauen Klo— ster, dann die Unibersitäten Halle und Marburg, um klassische Philolo— gie, Philosophie und Theologie zu studieren, mit der Absicht, das höhe— re Lehramt an Gymnasien als Beruf zu ergreifen. Nachdem er eine Zeit jlang als Hauslehrer in einer adeli— gen Familie gewirkt hatte, kam er 1893 nach Amerika, wo er bis 1898 in New York und Boston an der Ber— litz-Schule unterrichtete. Er heirate te 1894. Seine Silberhochzeit feierte er im Kreise der Familie 1917. Er hinterläßt seine treue Gattin, außer— dem eine verheiratete Tochter, Char— lotte (Frau Frank E. Zuber), eine andere Tochter, Virginia, im Alter von ungefähr 11, und einen Sohn von etwa 16 Jahren. 1898 kam er nach Washington zur Berlitz-Schule und 1900 zur Congreßßibliothek, wo er bis Ende 1920 angestellt und als äußerst fähiger Beamter bekannt war. Anfang 1921 siedelte er nach New York, resp. nach New Jersey über. Seine Leiche wurde am Dienstag, den 3. Januar, nachmit tags unter zahlreicher Begleitung, besonders seiner Freunde in den „Schlaraffen“ Vereinen, zur letzten Ruhe gelegt. — Seine Mutter, die viele JFahre bei ihm wohnte, ging ihm vor ungefähr 9 Monaten im Tode voraus. : Herr Voelckner war für Jahre Re— dakteur dieser Zeitung, schrieb den lustigen „Vereinsmeier“ der jüngsten Vergangenheit, half die hiesige „Schlaraffia“ gründen und war ei— ner der Leiter derselben, gehörte der Concord-Loge in Vienna, Virginia, an, wo er eine Zeitlang wohnte, be— teiligte sich in Vertretung des Abge— ordneten Bartholdt. in führender Stellung an der Enthüllungsfeier des Steubendenkmals, hielt Reden am „Deutschen Tag“ und bei vielen festlichen Gelegenheiten der hiesigen deutschen Vereine, schrieb ungählige Gedichte mit besonderem Bezüg auf die Ideale der deutschen „Schlaraf — — f Lunchroll, Vealloaf, wirkliche Delika tessen, sind zn haben bei: Vñhlers, 36 — 5 Riggs Markt. fen“gesellschaft, war unermüdlich tä tig bei Veranstaltungen, Theatern und Konzerten zum Besten der Kin der der alten Heimat, kurz er war in Washington und unter Deutschen im allgemeinen zu Hause und bekannt als Mann von größter Arbeitskraft, nie versiegendem Huntor, liebenswür— digster, aufopfernder Bereitwilligkeit zu guten Diensten, glänzender Red— nergabe, allseitigem praktischem Ta—- lent, leichter Feder und reichen Kenn ntnissen. Sein plötzlicher Tod kommt sicher den meisten seiner Freunde als eine große Ueberraschung; galt doch seine Gesundheit als eine robuste, die al len Stürmen gewachsen schien. Mö ge er ruhen in Frieden, wie seine let ten Verse und Worte, kürz vor dem Tode, beim Vertrag am Weihnachts baum lauteten: „Es will aus dem Flimmern am Tannenreis Aus dem Glänzen und Glimmern hinnieden, Ein inniger Wunsch sich regen leis: Um Frieden des Menschen, um Frie den!“ P.Gl.— Da waren Dentsche anch dabei. Unsere Rolle in der Nenorientiernng der Welt. Was uns hier obliegt. — Neue Richt linien für die Amerikaner deut scher Abstammung in den Verei— nigten Staaten. Der britische Minister des Aeuße— ren, Lord Curzon, hat sich vor eini-- gen Tagen in einer überaus wichti gen Rede dafür erklärt, daß Deutsch— land in die Gemeinschaft der Natio nen wieder aufgenommen und ihm nach Kräften geholfen werde, den ihm gebührenden Platz unter den Völkern der Erde einzunehmen. Er betentel uee daß Merita dabei be hilflich sein müßte, und warnte Frankreich vor weiterem Sübelah seln und einer Politik der Rachsucht und des Zerstörenwillens seinem frü— heren Feinde gegenüber. Die Rede war ein Beweis dafür, daß in der Englisch sprechenden Welt. zu der ja auch ihrer Landessprache! wegen die Vereinigten Staaten gehö ren, sich schneller, als sich erhoffen ließ, ein Umschwung der Stimmung inserer alten Heimat gegenüber voll-- zieht. Es war einmal die Vision von Amerikänern deutscher Abstammung,! daß die Zivilisation der Welt un ter Führung der germanischen Län der gestellt werde, zu denen ihres an gelsächsischen Einschlags wegen die Vereinigten Länder und Groß Brit annien gehören. Nur eine Zusam menarbeit der Völker, welche dem Fortschritt der Welt den kräftigsten und bleibendsten Antrieb gegeben ha ben, kann die vielen Fragen lösen welche die Gegenwart aufgerollt hat und die Zukunft birgt. Zur Zeit liegt das Land unserer Väter infolge des Kampfes gegen ei— ne ganze Welt in Waffen und der schweren, wirtschaftlichen, auf die Dauer nicht erträglichen Bürden des Zwangsfriedens von Versailles dar— nieder. Die deutsche Volkskraft, die durch den Krieg, der länger als vier JFahre dauerte, teilweise wenigstens erschöpft ist, und durch die Hunger— blockade, namentlich soweit die Ju— gend in Betracht ommt, schwere Schädigung erlitten hat, geht nur langsam ihrer Gesundung entgegen. Sie muß zu früherer Höhe sich wieder aufrichten, wenn Deutschland in den Stand gesetzt werden soll, seinen Platz an der Sonne zurüchtzugewinnen. Wer seine alte Heimat oder das Land einer Väter lieb hat, sollte nach be— sten Kräften dazu beitragen, das neue Deutschland auf die Füße zu stellen und ihm in einer kräftigen und gesunden Jugend die Gewähr eines vollen völkischen Wiederauf baus zu geben. An die Amerikaner deutscher Ab· stammung ist der Ruf ergangen, durch Aufbringung eines Fonds von 33,000,000 die Fortführung der Quäkerspeisung, nach sachverständli— chem ärztlichem Urteil der wirksam sten Hilfsaktion zur Wiedergesun— dung der deutschen Kinder, bis zur Ernte des nächsten Jahres zu ermög—- lichen. Die absolute Notwendigkeit eines solchen Liebeswerkes für die Heimat ist erst kürzlich durch einen Gedenkt der deutschen Kinder! Office: 710 Sechste Straße Nordwest Brief der Gattin des Präsidenten des Deutschen Reiches, Frau Ebert, an das für die Lampagne so eifrig tti gen Central Relief Committees in New York hervorgehoben und betont worden. Hervorragende Männer der ärgtlichen Wissenschaft in Deutsch land, deutsche Reichskanzler, Dr. Wirth, der deutsche Ernährungsmi nister, Dr. Hermes, Mitglieder des Reichsberbandes der deutschen Indu—- strie, Oberbürgermeister, Gemeinde— vorsteher, Lehrer und namentlich Geistliche aller Konfessionen, haben Zeugnis abgelegt für die Not der deutschen Jugend und diellnmöglich keit, aus eigenen Kräften dem Er—- nährungselend zu steuern. Der körperliche und damit auch der geistige Wiederaufbau der deutschen Jugend erfordert gebieterisch unsere Hilfeleistung. Wir können uns als Männer undFrauen deutschen Stam—- mes in Amerika dieser unumgängli chen Pflicht nicht entziehen. Wir müs—- sen den erforderlichen Fond für die Ernhrung der durch Entbehrungen und Mangel absolut erforderlichen Nahrungsmitteln in die allerernsteste /Gefahr gebrachte Jugend unseres al ten Vaterlandes aufbringen und da— mit das größte Hilfswerk zum erfolg— reichen Abschluß führen, welches je von fortgewanderten Söhnen und Töchtern Mutter Germania's unter nommen worden ist. Nicht allein die jenigen, deren Wiege auf deutscher Erde gestanden hat, sollten mit Auf-- gebot aller ihnen zu Gebote stehen-- den Energie das Hilfswerk fördern, sondern auch die zweite und dritte Generation deutscher Einwanderer, die Amerika mit Stolz ihr Geburts land nennen. Eine Neuorientierung der Völker der Erde wird durch die Washingto ner Konferenz, durch die Haltung der britischen Staatsmänner und durch die wahren Friedensfreunde aller Länder der Kulturwelt berbeaetirt werden Künftige Ereignisse warfen ihre Schatten voraus. Wollen wir snidt unsere Hand dazu bieten, daß das Volk, dem wir entstammen, in seiner Jugend genügend gesunder, um im Stande zu sein, voll und ganz seinen Platz in der Gemeinschaft der Nationen wieder einzunehmen und sodon Neuem einer der wertvollsten Faktoren des Fortschrittes und der Civilisation zu werden? Unsere ame rikanischen Mitbürger haben vor Niemand einen größeren Abscheu, als vor dem Drückeberger der Erfüllung einer gebieterischen Pflicht gegen über, dem Verleugner seiner Abstam— mung, dem traurigen Schelm, der seine Heimat oder das Land seiner Väter vergißt und sich weigert, ihm sin der Stunde der Not den Beistand zu leisten. der im Bereich seines Kön nens liegt. Es ist in letzter Zeit viel die Rede von einem völkischen Wiederaufbau des durch die Kriegshetze und die ausländische Propaganda in seinem völkischen Besitz so schwer geschädig ten Amerikanertum deutscherAbstam—- mung. Es wird erklärt, daß wir uns den gebührenden Platz in der Hochachtung und Wertschätzung un— serer Mitbürger anderer Abkunft wieder gewinnen müßten. Nichts würde schneller uns das gesteckte Ziel erreichen lassen, als die Aufbringung des 83,000,000 Fonds zur Fortführ— ung der Kinderspeisung in Deutsch land. Wer dazu beisteuert, hilft nicht allein den armen hungernden Kindern seiner alten Heimat son dern zugleich auch sich selbst, indem er eine Großtat erbarmender Menschen suete vollbringen hilft, die in ganz Amerika bei allen Edeldenkenden und allen warmherzigen Anderreunen ein Gefühl der Hochachtung und An— erkennung auslösen wird. Die Einsendung von Beiträgen für den Fond zur Ernährung der deutschen Kinder ist jetzt geboten Wer noch nicht sein Scherflein da-— zu beigetragen hat, der möge es jetzt tun. Beiträge sind an das D. C. Re— lief Committee zu entrichten, auch werden solche in unserer Redaktion entgegengenommen und weiterbef— dert. Um unser Quota von 8709 zu erreichen, bitten wir dringend herzlichst, Beiträge umgehend einz— senden. Danerwürste, Landjäger u. Burks echte Frankfurter, bei Buehlers, 36 —45 Riggs Market, Main 3524.