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Stadt Baltimore. Bisherige Erweiterung des Stadt gebietes. Seit dem Jahre 1816 sind dieStadtgrenzcn nicht erweitert worden, vor jener Zeit ist dieses jedoch nicht weniger als 14 Mal der Fall ge wesen und meist wurde der Anncxation die größte Schwier,gleit entgegengesetzt. DaS neue Werk des Oberst Thos. Scharf "OKro llieles ok llnlrimare" zählt sämmtliche Erwei terungen auf und hat uns sogar die Nannm der Farmen bewahrt, welche nach und nach von dem wachsenden Häusermeere übersluthet wurden. Die erste Aiisiedlung fand 1668 statt, das Gebiet von .Coles Harbor" (Baltimore) um faßte damals 510 Acker. Am 8. August 1732 wurde die Gründung von Jones' Town von der Gesetzgebung ge nehmigt und die sog. Fell'S Point hinzuge schlagen. Im Jahre 1745 fand die zweiteErweiterung der Stadtgrenzen statt und fortan hieß der Ort Baltimore Town. Schon am 11. Juli 1747 wurde die Strecke zwischen Baltimore und Fell'SPoint annektirt; am 2. Aug. 1750 wurde eine Strecke im Norden und Osten zur Stadt geschlagen. Drei Jahre später wurde die Strecke ani Lightstraßcn-Werft annektirt. Eine weitere Vergrößerung der Stadt im Osten fand 1763 statt, 1765 wurde der Stadt thcil in der Umgegend deö Hanover - Marktes annektirt. Schon 1766 mußten die Eigen thüiner dcrMar'h gezwungen werden, dieselbe aufzufüllen und zur Stadl zu schlagen. 1773 wurde die Stadt um 83 Äcker vergrößert, ebenfalls durch Zwang, 1781 wurde Fell'S Prospekt zur Stadl geschlagen. 1782 kam der Theil, welcher jetzt von Howard- und Eutaw-, German- und Lexingionstraße be grenzt wird, zur Stadt. In dcmsclbcnJahrc wurden mehrere Bauplätze an der Nord- Howard-, nahe dcr Mulbcrrnsiraße, erworben, 1799 wurde die Norlhstraßc verlängert und 1316 fand endlich die letzte Erweiterung statt. Oberst Scharf's Buch berichtet darüber: „In der Sitzung von 1816 passirle ein Gesetz, die sog. Prccinkle zu der Stadl Baltimore zu schlagen und zwar gegen den Willen von 9(10 der Bevölkerung dieser Precinkte. Durch die scs Verfahren erwarb die Stadt 17,000 Ein wohner." Wir möchten wohl fragen, ob heute die Grundbesitzer am Mounl Vernon - Square, Aackiom Square, Latayettc-Square, Franklin- Sauarc:c. noch bös darüber sind, daß da mals die Stadtgrenzen so weit ausgedehnt wurden? Sicher nicht, und die von Waver ly, Canton, Woodberry:c. werden es schon in 10 Jahren, wenn sie volle Stadtstcucru zahlen, nicht mehr bereuen. Die Anträge Nose's und Jones' auf neue Prozesse abgewiesen. Montag Vormittag trat die Oberste Stadt gerichtsbank wieder zuiammcii und erklärte, dem Fleischer Carl Rose, der der Schändung von Frl. Sarah E. James überwiesen, und dem Neger Jones, welcher der Ermordung des Farbigen Bcrry überführt worden, keine neuen Prozesse bewilligen zn können. Ein besonderes Gutachten wurde dabei nicht abge geben. Nächsten Sonnabend werden die Beiden wahrscheinlich vom Richter Gilmor ihre Ur theile empfangen. Jones wird jedenfalls zum Galgen verurtheilt werden; Betreffs Rose'S kann der Richter entweder die Todesstrafe oder 18 bis 20 Jahre Zuchthaus verhängen. No se's Anwälte wollen vorläufig keine weiteren Schritte für ihren Clienten thun, sondern erst seine Vcrnrthcilung abwarten und dann sich eventuell an den Gouverneur um Begnadi gung wenden. Sobald die Entscheidung der Obersten Stadigcrichtöbanl bekannt geworden, machte sich eine Zcitungsberichterstatterin zn einem Besuche des Negers Jones im Gefängnisse aus. Aus ihrem Mund vernahm er zuerst die Entscheidung. Mit freudiger Miene trat er an's Gitter und verbeugte sich höflich. Ber.: „Die Entscheidung ist gegen Euch ausgefallen, der Antrag auf neuen Prozeß ab . gewiesen." Jones: „Ist Dem so?" Ber.: „Was meint Ihr dazu? Habt Ihr Etwas darüber zu sagen?" Jones: „Nein: ich will warten, bis ich mit meinem Anwälte, Hrn. Ratcliffc, gesprochen. Ich glaube, Rose erhält auch keinen neuen Prozeß?" Gleichgültigkeit war Alles, was der dem Tode Geweihte an den Tag legte. Selbst die Frage nach seiner Familie konnte ihn aus seiner Lethargie nicht äusrütteln; bei Erwäh nung seines Vaters und seiner Mutter sagte er gelassen: „Ich glaube, sie werden mich nun bald besuchen." Im Verlause des weiteren Gesprächs drückte er die Hoffnung aus, man werde sich au den Gouverneur wenden, und sagte mit kaum bemerkbar zitternder Stimme: „Ich erwarte, es ist so doch am Besten!" Als er nach der Zelle sich zurückbegab, nahm er die Miene stumpfer Gleichgültigkeit an und bekundete kein Zeichen von Beängstigung oder Zerknirschung. Die Hülsswardeine des Ge fängnisses sagen, er sei in den letzten Tagen ungemein heiter gewesen. Mord im Hafen. tsn italienischer Seemann dringt einem 'tlnvcrn mit einem wicsscr schwere Wunvcn bei unv wirv von dem Angegriffenen er schaffe. Am Samstag Abend um 7 Uhr gcriethcn Filippo Antola, der erste Steuermann der italienische Barke „Maddelina S." und der Malrose Cristino Poli von der Mannschaft der italienischenßarke„Nafaele Ligure," Eapt. Eonsigliere, am Bord des ersteren Fahrzeuges in einen Streit, welcher damit endete, daß Poli erschossen wurde. Ans dem bei der Leichenschau abgehaltenen Verhöre ergibt sich Folgendes: Poll begab sich am Sonnabend Mittag an Vord der „Madelina S." und fing mit Antola Händel an. Letzterer eilte in seine Kajüte, holte eilten fünsläufigen Revolver hervor und vertrieb Poli. Am Abend wollte Antola sein Fahrzeug verlassen, als Poli plötzlich wieder an Bord kam und den altenStreit aufzuwischen suchte. Während Antola sich von dem Matrosen, der ihn ange packt hatte, los zu machen suchte, zog dieser cntjj langes Fleischermesser hervor und brachte dem Steuermanne fünf gefährliche Schnitt wunden bei. Tic erste derselben befindet sich hinter dem linken Ohr und ist zwei Zoll lang, eine zweite ebenso lange Wunde erstreckt sich unter dem linken und eine dritte 14 Zoll lange über dem rechten Auge. Tie anderen beiden Wunden haben die Nase und die Oberlippe verletzt. Anlota war Anfangs wie gelähmt, dann zog er, von Schmerzen gesotten, seinen Revolver hervor und feuerte drei Schüsse auf seinen Angreifer ab. Eine dcr Kngcln drang dem Matrosen in den Magen und blieb im Rückgrats stecken. Poli ward vom Bord des Schiffes geholt, auf einen Wagen gelegt und nach dem östli chen StationSyause gebracht, wo er zehn Mi nuten nach seiner Aulniist starb. Antola ward vom Polizisten Pfaff verhaftet und gleichfalls nach dem östlichen Stattonshause gebracht. Dr. Gately, welcher mittlerweile herbeigeru fen worden, nähte die klaffenden Schnittwun den zusammen. Die Geschworenen gaben ei nen Wahrspruch ab, welcher dahin lautete, daß Poli seinen Tod durch einen von Filippo Antola abgefeuerten Schuß fand. Antola wurde von Dr. Donavin dem Gefängnisse überwiesen, um das Verfahren der Großge schworenen abzuwarten. Ein Junge, Na mens Fortunata Mathino, wurde gleichfalls festgehalten. Mehrere während des Verhörs vernom mene Seeleute sagten aus, daß viele Matro sen der italienischen Fahrzeuge, die nach die sem Hafen kommen, der ltaüeniiche Kriegs flotte angehören; die Regierung erlaubt ihnen jedoch, auf Kauffahrteischiffen "zu fahren, wo sie übrigens nur sehr geringe Löhne erhalten. Infolge Dessen kommt es oft vor, daß diese Seeleute deiertiren. Auch Poli war ein solcher Deserteur; das Fahrzeug, zu dessen Mannschaft er gehörte, hatte Baltimore bereits vor mehreren Wochen verlassen. Hr. Peter Nelson, welcher in Nr. 38, Süd-Bondstraße, wohnt, fungirte bei dem Verhöre als Dolmetscher. Nachträglich erfahren wir, daß die Affaire sich nicht am Bord der „Maddeline 5.," son dern auf Well's Werfte am Fuße der Bond straße ereignete. Ankunft des Dampfers „Nürn berg." Montag früh 10 Uhr legte der Dampfer „Nürnberg," Capt. Jäger, an seiner Werfte auf Locus! Point an. Er verließ Bremerha fen am 15., Southampton am 17. April, passirte die Needles am 17. April 12 Uhr Mit ternacht und erreichte den Cap Henry - Leucht- i thurm am Z. Mai 10 Uhr Vormittags. Er bringt 3 Cajütenpassagiere, 736 Zwischen dcckspassagiere und 330 Tonnen Fracht. Unter den Passagieren waren 523 Erwach sene, 101 Kinder und 70 Säuglinge; 18 Er wachsene waren Bürger der Ver. Staaten. Ter Dampfer hatte eine stürmische Reise; heftige Westwinde und hohen Wellenschlag. In Southampton schifften sich in der Ca jüte Charles Bertram von Dänemark, A. M. Graves aus den Ver. Staaten und Oberst Wm. Money von der englischen Armee nebst Familie ein. Während der Reise wurde der Catherine Wrabel ein Knäbchcn geboren, und starben vier Kinder, nämlich am 21. April der fünfjährige August Barnkohl, am 26. der 3-jährige Johann Janssen, am 19. der 9 Monate alte Johann Houlis und am 1. Mai der 3 Monate alte Gustav Grabowski. Die Einwanderer, 57V an der Zahl, fuhren bereits letzte Nacht aus der „Baltimore-Ohio- Bahn" nach dem Westen weiter. Zwei Ex tra-Züge, ans 12 Waggons, 8 Passagier ud vier Bagage-Wagen bestehend, verließen den Camden- Bahnhof, nach Chicago, Ein einnati und dem Westen bestimmt. Tie Fracht umfaßt folgende Colli: von Bremen 6 Ballen Burlaps und iv ditto Säcke für I. G. Grafslin Sc Comp., 1 Kiste Hartem LI, 1 ditto Struinpswaaren und 17 ditto Mineralwasser für Gebr. Hodges, i Kiste Furniere für John King, 140 Fässer und iv Pipen Eisig für Bollmann Sc Carl, 2 Ki sten Baumwollenwaaren für Armstrong, Ca lor K Comp., Ii Fässer Wein für d,e „Bat limore Ohio-Bahn," 10 Ballen Wurzeln für A. Pogeler Sc Comp., 30 Kisten Bologna- Wurst, 1 Kiste KansinannSwaaren und 1 Kiste musikalische Instrumente für Prior Sc von Collen, 1 Kiste Proben für G. P. Steinbach, 2 Kisten Instrumente, 1 ditto optische Instru mente und 1 Kiste Effekten für A. Schuma cher Sc Comp., 3 Kisten Baumwollenmaaren ftir Gebr. Hutfter, l Kiste Medizin für Louise Brunner, 5 Kisten Manufaktur aaren für F. W. Sc E. Dammann, 960 Stücke ditto für N. N., 1 Kiste ditto für T. Kopps, i Kiste Wein für L. Rasch, 5 Kisten Bier für C. Eckel. 200 Körbe Mineralwasser für Seim Sc Schlör, I Kiste Stahlwaaren und 7 Kisten Musik - Instrumente für R. Wurlitzer Sc Comp., 1 Kiste Proben für Stellmann,' Fär ber Sc Comp., 7617 leere Säcke für N. N., 100 Säcke Chloral und 1 Packet Muster für die „Baltimorer Chrom - Fabrik," 2 Fässer Blutegel für S. C. Garcia, je i Collo für C. H. Tocl, Gebr. Hodgcs, H. Bogue Sc Sohn, Gebr. Hutzler und 2 für A. Schuma cher Sc Comp.; von Sonthampton 1 Kiste Taschentü cher für Armstrong, Cator Sc Comp., i Kiste Spitzen für Ham. Eastcr Sc Comp., l Kiste Stecknadeln für Gebr. Hodges, i Kiste Bücher sür Cnshing Sc Bailcy, 8 dirto Bücher für A. Schumacher Sc Comp., 12 ditto Felle für Drexel Sc Comp., 19 Packcte Seifemvaarc für Thoiiiseu, Lilly Sc Comp., 1 Kiste Effekten für F. W. Lawford, 1 Kiste Handelsgüter für Hartmann Sc Sohn, 2 Kisten Wolle und Cal tun für H. Bogue Sc Sohn, 5 Kisten Zinn platten für N. N., 1 Kiste und je i Paim sür Gebr. Turnbull, Mallinckrodt Sc Sohn und T. Schalleck; von Havre 1 Packet Stückgüter sür I. T. Walters Sc Comp., i ditto für A. Brown Sc Söhne, 1 ditto für Warcollier, de Mcrolla Sc Comp., 3 ditto für Gebrüder Canfield, 2 ditto sür H. Bogne Sc Sohn, 1 ditto für Armstrong, Cator Sc Comp, und 1 ditto für Joel Gutmann Sc Comp. Die „Westliche Maryländer B ahn." Am 4. d. M. ist in der Ab fahrtszeit der Züge der „Westlichen Marylän der Bahn" eine Aenderung eingetreten. -Die Catonsvillcr Pferdebahn. —Von Montag an werden die Waggons der „Catonsviller Bahn" von Morgens 6 bis Abends 9 Uhr stündlich von Baltimore absah ren. Ein Extra-Waggon wird Baltimore um 412 Uhr Abends verlassen. Bon Catonsville werden die Waggons stündlich, Morgens von 6 bis 8 Uhr Abends abfahren. Ein Ex tra-Waggon verläßt Caronsville um Hit Uhr Abends. Nach Ellicott-City fahren Waggons um 6, 7 und 10 Uhr Morgens und um 2 und 5 Uhr Nachmittags ab. Der StaalS - Geflügelzucht- Verein hielt Freitag Abend im Lokale der GebrüderSchwiun an West Prattstraße unter Hrn. I. B. Town's Vorsitze seine Jahresver sammlung ; das Protokoll führte Hr. F. A. Rommel. Kassirer Geo. Schimon berichtete Einnahmen im Betrage von 1213.50, Aus gaben in Höhe von 5209.27, mithin einen Kassenbestand von H 4.23. Hierauf schritt man zur Beamtenwahl und erwählte auf Hrn. S. H. Schlciser's Vorschlag folgende Herren: I. B. Town zum Präsidenten, Carl Becker, F. A. Rommel und I. E. Lloyd zu Vice- Präsidenten, Georg Schwinn zum Kassirer, S. H. Schleifer zum protokollirenden und Hrn. R. Grift zum colrespondireiide Sekrc tär. Hieraus nahm mau Hrn. G.Schwiun's Antrag, die nächste JahrcS-Ausstellung am 5., 6., 7. und B.Januar 1875 abzuhalten, an und instruirte das Exekntiv-Comite, der Ge sellschaft eine Prämienliste für dieselbe vorzu legen und auf die drei Journale: "Ille l'aa vier," '"lstie UvultevlliUletiii," "Vbe poultrv tVoel'l" und auf das „Jlluslrirte Gcflügei uiid Tauben-Magazin" zu abonniren. Der Verein, der einige 30 zahlende Mitglieder be sitzt, vertagte sich bis zum ersten Freitage im Juni. Die Mitglieder des „Lehrer-Vereins von Baltimore-County" versammel ten sich am Freitage in dem Gebäude der Staats-Normaischiile au der Ecke der Char les- und Franklinstraße. Dr. Samuel Kep ler führte das Präsidium. Hr. Georg Prechtcl verlas einen Aufsatz über den Schulzwang und befürwortete denselben eifrigst. Er be hauptete, daß derselbe in mehreren Ländern Europa's eine sehr günstige Wirkung hervor gebracht habe und auch hier, im Lande der Freiheit, nicht schaden, sondern im Gegentheil nur vom größten Nutzen sein könne. Mit Bezug auf das Ableben des Hrn. J.McLane, eines srühcren Lehrers und Mitgliedes des Vereins, wurde eine Reihe von Traucrbe schlüsscu gefaßt. Frl. Di. A. Jsaac verlas eine Abhandlung über die Anforderungen, welche man an jeden Lehrer zu stellen berech tigt ist. Die Abhandlung war sehr interes sant und fand eine solch' beifällige Ausnahme, daß man beschloß, dieselbe durch den Druck zu veröffentlichen. Die Versammlung schloß mit etiler Ansprache des Dr. Hardy von Ho warö-Counly. Sonnabend wurde die Sitzung fortgesetzt. Prof. N. H. Thayer, Prinzipal der östlichen höheren Töchterschule, hielt eine längere An sprache über das Thema „Unterweisung und Disziplin." Die Frage: „Sollen Textbücher mit Fragen und Antworten versehen sein?" gab Anlaß zu einer längeren Debatte, an welcher sich vorzugsweise die HH. W. F. Beiiiictt, D. A. Bohlken, Charles A. Ander sau, D. A. Foard, Thomas O'Hara und E. E. Marriott betheiligten. Die Sitzung schloß mit einer von Prof. Newell gehaltenen Rede. Einncucr Stern am Kuusthim me l. -- Unter dieser Uebcrschrift theilt das „Washingtoner Journal" Folgendes mit: „Frl. ClaraHeyeii, eine junge Dame von Bal timore, die gegenwärtig ihren musikalischen Studien am Conscrvatorium in Wien unter Leitung der berühmten Madame Marchesi ob liecft, erregt seit neuerer Zeil die allgemeine Aufmerksamkeit der Kuustwclt. Musikalische .Kritiker und die europäischen Journale spen den ihr das höchste Lob und behaupten sogar, daß Frl. Heyen an Glanz alle musikalischen lebenden Sterne übertreffen werde. Sie ist eine Tochter des Poeten Jbo T. Heyen und eine Nichte von Oberst Fried.Raine, Herans geber des „Baltimorer Correspondenten." Sie reiste im Jahre 1871 nachEuropa ab und hält sich jetzt in Wien auf. Sic begab sich bei ihrer Ankunft in Europa sofort in das Con servatorium in Stuttgart und erhielt schon nach Ablauf des ersten Jahres das erste Ver dienst-Diplom, eine Ehre, die Ausländern nur selten zn Theil wird. Sie hatte nicht weniger, als 575 Mitbewerberinnen. Hieraus stellte sich die lunge Sängerin unter die Leitung der Madame Marchesi. Obgleich Frl. Heyen den größten Theil ihrer Zeit der italienischen Oper gewidmet hat, fand sie doch noch Muße, vier Sprachen zu erlernen und sich in der Ma lerei auszubilden. Frl. Heyen ist 19 Jahre alt, hat nicht unbedeutende Reize und wird ihrem Geburtslande nächstens cmeu Besuch abstatten. Resignation. Der Ehrw. Dr. So lomon Deutsch, Rabbiner der Har-Sinai- Gemcinde an Lexingtonslraße, reichte im Laufe der verflossenen Woche dem Vorstande derselben seine Resignation ein, um die Rab ninerslelle an der ersten hebräischen Gemeinde in Hartford, Conn., anzutreten. Die An nahme der Resignation ist noch unentschieden. Dr. Deutsch gedenkt bis zum 1. Juni noch hier zu bleiben. Die Pilgerfahrt der Katholiken nach White Marsh. Die Baltimorer katholischen Gesellschaften haben Anschriften von dem Hochw. Vater Wiget in Washington erhalten, worin sie zur Theilnahme an der am 14. Mai stattfindenden Pilgerfahrt nach White Marsh, Prince George's County, ein. geladen werden. Die „Gesellschaft der Freunde junger Ka tholiken" nahm in einer Sonntag Abend in Nailic's Halle abgehaltenen Versammlung die an sie ergangene Einladung an; ebenso han delte das cousolidirte Direktorium der katho lischen Wohllhätigkeitsgejellschasten, welches gestern in demselben Lokale in Sitzung war. White-Marsh ist in einem reizenden Thäte in Prince George's County gelegen. In einem Felsen erblickt man eine Stallte der heiligen Jungfrau, zu deren Füßen ein klarer Quell aus der Felswand hervorsprudelt. Aus ei nem in der Nähe befindlichen Hügel liegt das alte katholische Missionshaus und die Kirche zum geheiligten Herzen. Ein Extra-Bahuzug nach White-Marsh wird den Camdenstraßen- Bahnhos um 8 Uhr Morgens verlassen und um 49 Uhr Abends zurückkehren. Billete für die Hin und Rückfahrt kosten H 1 .50. Freisprechung Hobday's inj Ncw-Sjork. Der Baltimorcr Mäkler Edward Hobday, der im Jahre 1872 angeb lich geschehenen Fälschung und Verausgabung zehn gefälschter Obligationen des OrtcsCorry in Pcnusytvanicn twn je HlOOO bczüchtigt, wurde Freitag in Ncw-Hork Prozessirl und freigesprochen. Die Zeugenaussagen brach ten ihn nicht mit dem Verbrechen in Ver bindung. Die Obligationen wurden wie es scheint von Hrn. Hobday gekauft und mehreren hiesigen Bankiers gezeigt, welche sie für ächt hielten. Hr. H. verkaufte sie an Hrn. Fitch, einen prominenten Bankier in New - Stork, der sie schließlich an die Person veräußerte, welche die Fälschung entdeckte. Aus dem Verhör er hellte, daß Hr. Hobday von der Fälschung nicht das Geringste wußte, da Jay Cooke Sc Comp, thatsächlich zwei Jahre lang Jnteres. seu auf die Obligationen gezahlt hatten. Die Jury sprach den Angeklagten frei, ohne ihren Platz zu verlassen. H a bcn gute Mus kcln. Abe Katz und George Faniion, zwei junge Männer, stärkten am Sonntage ihre Muskeln, indem sie Thomas Witts in einem Wagen von George Kinnier's Ställen nach Bishop's Haus am Herrinz Nun hinausfuhren. Sie legten die mehr als drei Meilen betragende Strecke in 55 Minuten zurück nd erhielten dafür als Lohn die Summe von H5O. Gräbcrschmttckungstag in Geor gia. In Augusta, Georgia, wurde am letzten Moniag der Gräberschmückungstag in feierlicher Weise begangen. Während die Mitglieder der''l-ackiek' K-iuiiill cVßsoeia tiou ot' aus dem Friedhofe beschäf tigt waren, die Gräber der gefallenen confö derirtcn Soldaten zu schmücken, wurde ihnen von Seiten des Hrn. Carroll eine Fahne über reicht, welche eine Anzahl Baltimorer Damen gestickt und nach Augusta gesandt hatten. Aus dem Leben. Ein Deutscher, Namens Johann Breul, kam Tonnerstag Mbend in Begleitung seiner Frau und zwei Kindeni nach dem nordwestlichen Stalions- Hause und suchte daselbst um ein Obdachnach. Er erzählte Capt. Lannon, daß er vor länge rer Zeit von Deutschland eingewandert sei und sich in Virginien an einen Farmer ver düngen habe, welcher ihm außer freier Kost und freiem Logis §l5 pro Monat zu zahlen versprach. Als nach Verlauf einiger Monate Brent seinen Lohn verlangte, erhielt er von dem Farmer die Antwort, daß er Nichts zu fordern habe, daß et im Gegentheil ihm fdem Farmer) noch P 2.30 schulde. Während der unglückliche Mann dem Capt. Lannon seine Geschichte erzählte, liefen ihm die Thränen über das Geficht. Der gutmüthige Capitän that Alles, was in seinen Kräften stand, um der armen Familie ihr Ungemach wemger fühlbar Zu machen. Zwei Männer und eine junge Frau.— Der Pittsbnrger „Freiheitsftcund" von Donnerstag berichtete Folgendes: „Die beiden Baltimorer Gentlemen, welche vor einigen Tagen wegen eines Frauenzimmers, mit dem sie alle Beide verhcirathct zn sein be haupteten, Schwierigkeiten hatten, sind seit dem niil einander auf Kriegsfuße gestanden. Linn, welcher mit der Dame von Baltimore ausgcknisseii war, hatte vor Aldermann Kren tcr drei Klagen gegen McKce vorgebracht. Erstens soll diesir ein Pistol gegen ihn gezo gen und gedroht haben, ihm das Lebenslicht auszublasen; Zweitens soll McKce den Klä ger, als derselbe eben von der Trauung nach Hanse ging, vor seinem Kosthausc aufgelauert und ihm cuien schweren Schlag in'S Gesicht versetzt haben; Drittens soll McKee eine Uhr in seinem Besitze haben, welche der jetzigen Frau Linn gehört. McKee wurde gestern Nachmittag verhaftet und vor Aldermann Krcnter gebracht. Ans sein Versprechen, Linn und dessen Gemahlin in Zukunft in Ruhe lassen zn wollen, wurden jedoch die Klagen zurückgezogen, und McKee soll noch gestern Nachmittag nach Baltimore zurückgekehrt sein." Eine Frau von Hunden schreck lich zu g err chtel. Als Frau Elisabeth Minson, die Gattin des in Nr. 190, Mulber rystraßc, wohnenden HökerS Joseph G. Mm son, Freitag Vormittag gegen 10 Uhr durch ein kleines Gäßchen hinter ihrer Behausung schritt, fielen sie zwei große Hunde an, und brachten ihr, ehe ihr Beistand werven konnte, schauderhafte Verletzungen bei. Ein Herr, Namens Thomas Wharton, welcher ihre Hüft ferufc vernahm, eilte herbei; welch' schrecklicher 'Anblick bot sich ihm dar ! Hülflos lag die arme Frau am Boden, während die beiden Bestien mit ihren Fangzähnen ihr die Beine zerfleisch ten. Es gelang ihm bald, die wüthenden Thiere zu verscheuchen, worauf er die Unglück liche nach ihrer Wohnung bringen ließ. Dr. Gillis.den man nnvcrwcilt herbeirief, brannte die Wunden ans und erklärte sie, da die Ver letzte schon seit mehreren Wochen kränkelte, für möglicherweise tödtlich; er fand nicht we niger denn dreizehn verschiedene Bißwunden. Die Bestien gehören einem Schwarzen an Chatsworthstraßc. Ans Befehl des sofort die Hunde getödtet. Schreckliche Mißhandlung ei nes N e gsrk n a den. Der 15-jährige Negerbursche James Henry Woodley arbeitete auf John W. Randall's Meierei und Eisen erzgrube in Howard-Countv, 5 Meile von der Hanovcr-Weiche. Vor einigen Tagen hatte er fürchterlich auszustehen; Montag Abend, den 20. April, kamen die ebenfalls in Ran dall's Diensten stehenden Schwarzen Henry Williams und Peter Thomas zn ihm in die Küche des Hauses, hielten ihn fest und brann ten ihn mit einem heißen, zum Ofcndeckelhe ben benutzten Eisen am linken Beine und am Unterleibe. Endlich gelang es ihm, sich von den Unmenschen loszumachen und in seine Bcttkammer zu entkommen. Auch dahin ka men sie später; der Eine hielt ihn fest, indeß ihm der Andere Terpentin Spiritus auf den nackten Leib goß und die Flüssigkeit dann an zündete, sodaß der arme Junge in grausiger Weise verbrannt wurde. Bci'm Versuche, zn entfliehen, stürzte er die Treppe hinab. Anfangs dieser Woche ließ ihn sein Prinzi pal nach der Baltimorer Klinik schaffen; an beiden Beinen ist die Haut fürchterlich ver brannt, die Augen so versengt, daß er wahr scheinlich erblinden, und die Aerzte glauben, daß er auch für immer lahm gehen wird; un ter mehreren Monaten kann er das Spital nicht verlassen. Richter Benner nahm Freitag in der Klinik des Knaben Aussage, die mit Vorstehendem übereinstimmt, entgegen und sandte sie an den Staatsanwalt in Annapolis in der Mei nung, die Greuelthaten seien in Anne Arun del County verübt worden. Der Letztere wird sie jedenfalls nach Ellicott-City weiter be fördern. Sonntag wurden dieselben vom Constabler Shipley von Howard-County verhaftet und nach dem westlichen Stationshause gebracht. Sie läugneten Beide, den armen Jungen mit einer glühenden Zange gezwickt zu haben; sie hätten ihn lediglich mit Terpentin bestrichen, welches, als sie mil der Lampe zu nahe gekom men, plötzlich in Brand gerathen sei. Beide Angeklagten wurdcnMontag nach Annapolis abgeführt und dem dortigen Gefängnisse über wiesen. Woodley befindet sich noch immer im Hospitale der Washington Universität. Es ist jetzt Hoffnung vorhanden, daß er mit dem Leben davonkommen wird, doch werden wahrscheinlich noch Monate vergehen, che er im Stande ist, das Hospital zu verlassen. Ein Mörder von Somerset County. Am Freitag brachte der Sche inst von Somerset - Eonnty fünf in jenem County vcrurtheilte Sträflinge nach Balti more. Unter denselben befand sich auch Wil liam Taylor, welcher der Ermordung eines Mannes, Namens Hitch, überführt und zu 17 Jahren und 3 Monaten Zuchthausstrafe velurtheilt wurde. Taylor hat eine sehr dunkle Gesichtsfarbe und der Wardem des Zuchthauses hält ihn für einen Farbigen, ob gleich der Verurtheilte leugnet, der afrikani schen Race anzugehören. Er ist nahezu KV Jahre alt und brachte bereits früher wegen eines ähnlichen Verbrechens 8 Jahre imZucht hause zu. M örd er is ch er A n gri ff auf Sol o mon ' s Island. Zwei Männer wahrscheinlich getödle t. —Am Mitt woch Abend traten drei Männer, Namens McCready, Thomas Tongue und Caß Hook, in ein Lokal ans Solomon's Island im Pa tnxent.River. Sie fanden daselbst mehrere Neger, die zur Mannschaft eines in der Nähe gelegenen Austernbootes gehörten. Im Ber laufe des Abends gericthen sie in einen Wort wechsel mit den Negern und McCready ver setzte einem derselben einen Schlag in's Ge sicht. Der Streit wurde jedoch bald beigelegt und als die drei genannten Männer eine Stunde darauf das Lokal verließen, hatten sie das Borgefallene bereits vergessen. Wäh rend sie auf dem Heimwege an einer in tiefes Dunkel gehüllten Waldecke vorüber kamen, wurden sie Plötzlich von den Negern überfal len und wüthend hieben die Letzteren mit star ken Knütteln auf die wehrlosen Weißen ein. Schwerverwizndet stürzten Tongue und Hook nieder; McCready trug einen Armbruch da von, es gelang ihm aber zu entfliehen und mehrere in der "Nachbarschaft wohnende Leute zu alarmiren. Man suchte die Stelle auf, wo der Angriff verübt worden und fand Tongue und Hook bewußtlos aus der Erde liegen. Beide wurden nach ,hn Wohnun gen gebracht, doch haben sie solch' schwere Verletzungen empfangen, daß sie schwerlich dem Leben erhalten bleiben werden. Der Angreifer ist man bis jetzt noch nicht habhaft geworden. Ableben des Hrn. John W. Rau da l p h. Sonntag früh gegen 1 Uhr ver schied in seiner Wohnung Nr. 145, Süd- Broadway, Hr. John W. Randolph im 66. Lebensjahre. Er hinterläßt eine Tochter, die Gattin des Pastors Britton. Im März 1873 entriß ihm der Tod die Gattin, zwei Monate später eine Tochter, und in den letzten sechs Wochen gingen ihm seine Brüder James T. und Andrew I. Randolph voran. Seit zwei Wochen litt er an einer Affektion der Luft röhre, die einen tödtlichen Verlauf nahm. Zu Elkton in Cecil County, Md., am 20. Juni 1808 geboren, stammle er väterlicher und müt terlicher Seits von den Pilgrimvätern, die 1620 und 1630 in der „Mapflower" von Not tingham, England, nach Amerika auswan derten, in direkter Linie ab; die Ururahnen wurden 1646 getraut. Nachdem er seinem Vater M Jahre als Lehrer zur Seile gestan den, ward er bei dem Schiffsschreiner Wm. Deney Commis und 1834 dessen Compagnon im Holzhandel, der jetzt noch unter der Firma Gebrüder Randolph K Comp, betrieben wird. Sein Vaier und seine älteste Schwester ge hörten zu den ersten Volksschnllehrern in Bal timore. 1823 ward das Volksschulsystcm hier eingeführt; 1338 gab's hier nur 8 Schulen mit 675 Schülern bei 4800Jahrcsausgaben. Vor 1838 sungirte er zwei Jahre als Schul- Commissär, dann im Stadlrathe als Vorsitzer des Schulcomite's, wirkte eifrig fürErrichtung ! der höheren Knabenschale und wurde mil I. Vansant, Roß WinanS, John King, I. I. ! Turner und James Murray zum Mitglied? eines Comite's ernannt, das die Gewässer nahe der Stadt zu untersuchen und einen Plan zur Versorgung einer Stadt mir .500,- 000 Seelen mit Wasser auszuarbeiten hatte. Hr. Randolph wurde und blieb bis 1866 Mitglied, resp. Sekretär, der WasserleitungS ! Behörde. Auch war der Verstorbene von 1858 bis ; 1867 Präsident des Collegiums zur Verwal tung des McDonogh'schenVermächtnisscs, bc ! suchte als besten alleiniger Agent 1863 und ! '65 New Orleans, und als er das ihm anver traute Amt niederlegt, übergab er dem neuen Collcginm 518,000 in Stadtwerthpapiercn - und die Besitznrkiiuden auf Grundeigenihuin, 1 das man zum Baue einer McDonogh'schen ! Anstalt um !j!43,VOV angekauft halte und, als ! man von dem Bauplane daselbst abstand, um 62,000 wieder veräußerte, i Viele Jahre bekleidete er daS Amt eines l Direktors der „Canloner Compagnie," war mehrere Jahre ihr Präsident und 27 Jahre ! Kassirer der „Fells Pointer >sparanstall," die ' seil 1863 als „Zweite Nationalbank," als de renKastirer er sungirte, bekannt ist. Im Jahre 1843 gründete er mit Anderen den „Verein zur Verbesserung der Lage der Armen," ver waltete lange Jahre besten Kassengeschäfte und blieb bis vor Kurzem als fünfjähriger Ver treter der 2. Ward ein eifriges Mitglied des. l selben. Todesfall. Hr. Edward R. Lusby ' von der bekannten Firma T. Whilridge K Comp, starb am Freitag Vormittag ans sei. nem Landfitze an der Fredcrick - Road. Er stand im 56. Lebensjahre. Tod eines sr ik Heven Bürgers von Baltimore. Hr. Samuel Jones, vor 30 Jahren ein prominenter Bürger Balti more's, starb vor einigen Tagen in New Orleans. Er war im Anfange der vierziger Jahre ein Mitglied der Firma Talbot Jones sc Comp., welche dann ihr Handlungshaus an der Liberlystraße hatte. Im Jahre 1846 siedelte Hr. Jones nach New-Orleans über. Während seines Aufenthaltes in Baltimore war er Mitglied des Stadtraths und wäh rend eines Termins sogar Mitglied der Ge setzgebung; ferner fungirte er einst in Ab wesenheit des Achtb. Louis McLane als Präsident der „Baltimore-Ohio-Bahn-Com paanie;" auch war er der erste Präsident der „Western-Bank of Baltimore" und außerdem noch bei vielen anderen öffentlichen Unter nehmungen und Institutionen betheiligt. Ableben eines einsticken Bal timorer?. Hr. Francis Deloste, vor vielen Jahren ein geachteter und allgemein bc kannter Bürger Baltimore's, starb am 29. April zu Madis'on, Indiana, >m 86. Lebens jahre. Hr. Deloste war ein geborener Fran zose, kam aber schon in früher Jugend nach Baltimore und focht während des Krieges von 1812—1814 in den Reihen des 5. Regi ments gegen die Engländer. Ableben eines betagten Arztes in Aork, Pcnns. Dr. Jakob Hay, der älteste Arzt in ?)ork, Penns., starb am Mor gen des 29. April in seiner Wohnung Nr. 151, West-Mainstraße. Am Tage vor sei nem Tode befand er sich noch ganz wohl, und als er sich Abends zu Bette legte, fühlte er kein Zeichen eines herannahenden Ablebens. Während der Nacht erwachte er, schlief aber gleich darauf wieder ein. Einige Minuten später athmete er ein paar Male schwer auf, dann hörte daS Athmen plötzlich ganz auf und am Vormittage fand man nur noch seine Leiche im Bette. Der Verstorbene stand im 72. Lebensjahre und war zur Zeit seines Todes Präsident der „Pork National-Bank." Ertrunken. Hr. Thomas C. Bean ein Baltimorer Lootsc, ertrank vor einigen Tagen bei Old Point in der Nähe derHamp ton-Roads. Wie wir vernehmen, ereignete sich der Unfall während Hr. Bean im Begriff stand, in einem Boote vom Ufer nach seinem Schiffe zurückzukehren. Baltimorer Sterbe-Tabelle. Verflossene Woche wurden 132 Personen, 70 männlichen und 62 weiblichen Geschlechts, worunter 26 Farbige und 6 Todtgeborene, beerdigt; gerade so viele, wie in der Vorwoche, resp. 3 und 19 weniger, als in der Parallel woche von 1873 und '72, aber resp. 5, 8, 12, 31, 29 und 40 mehr, als in den corrcspou direndeu Wochen von 1871, '7O, '69, 68, '67 und '66. Berichte aus dem Innern deö Staates. (Schießaffaire in Talbot - County.) Dr. G. Wilson und Hr. George W. Mow braq geriethcn am Sonntag Morgen in Ea ston, Talbot-County, in einen Streit. Der Doktor zog ein Pistol hervor und feuerte das selbe auf Mowbray ab. Da jedoch der Doktor mit seinem kleinen Finger vor die Mündung der Pistole kam, so fuhr die Kugel erst durch den Frnger und darauf in Mowbray's Schul ter. Dr. Wilson wurde verhaftet und nach dem er Bürgschaft im Betrage von P2OOO ge stellt, bis zum Beginn des Criminalverfah rcns entlassen. (Tödtlicher Unfall.) Ein kleiner sechs jähriger Knabe fand am 13. vorigen Monats ans dem Landgute seines Großvaters des Hrn. JamcS M. Maring in Prince George's Eonnty ieinen Tod, indem er neben einem Wagen herlief, welcher Plötzlich umschlug und den Knaben aus der Stelle tödtete. (Der Kohlenhandel Cumberland's.) Während der mit dem 2S. April zu Ende ge gangenen Woche wurden 60,609 Tonnen Kohlen von Cumberland versandt. (Tod des Majors Thaddens W.Ctary.) Major Thaddens W. Clary, ein Bruder des kürzlich ermordeten Redakteurs Hrn. L. L. Clary von der Cumberländer „Times," starb am letzten Sonntag Morgen im 32. Lebens jahre zu Frostburg. Der Verstorbene hinter läßt eine Frau und vier Kinder. (Aus Prmcc George's County.) Am Freitag voriger Woche entlud sich zufällig ein Pistol, welches ein junger Mann in Prince George's County in Händen hielt. Die Kugel fuhr einem Landmann, 'Namens Hargcr, in den Arm und brachte ihm eine erhebliche Wunde bei. (Eine Musikanten-Convention.) Aus Allegany-County.Md., wird uns mitgetheilt, daß die Blechmusikcorps von Cumberland und Tanphin-County, Penns., am 21. Mai zu Neuville eine Musikanten Convention ab zuhalten gedenken. Vierzehn Musikcorps, aus 175 Musikanten bestehend, werden auf der Convention vertreten sein. (Das Wetter in Allegany-County.) In Allegany-County war das Wetier wäh rend der beiden letzten Wochen sehr veränder lich. Bald schien die Sonne, bald war der Himmel mit düsteren Wolken bedeckt; an ei nem Tage war es warm, am zweiten kalt, am dritten schneite, am vierten hagelte, und am fünften regnete, schneite und hagelte es zu gleicher Zeit. In den Berg-Regionen liegt der Schnee noch sechs Zoll hoch. (Schwere Bestrafung.) Der 20-jährige Neger Charles Wcsley DiZgS, welcher ans bitterer Noth zwei Paar Driefel im Werthe von KlO stahl, wurde vor einigen Tagen im Kreisgerichte für Allegany-County zu drei Jahren Zuchthausstrafe verurtheilt. Mörder dagegen läßt man, selbst wenn ihre Schuld noch so sonnenklar nachgewiesen ist, frei und ohne Strafe ausgehen. (Ans Annapolis.) Schatzmeister Comp ton erhielt am Mittwoch einen Brief, der das Baltimorer Poststempel trug. Als er de Brief öffnete, fand er zwei Klov-Nolcn und eine K5O-Note in demselben. Das beiliegende Schreiben enthielt die Mittheilung, daß das Geld dem Staate gehöre. Es muß irgend Jemandem das Gewissen Plötzlich geschlagen haben. (Ernennung von Steuer-Taxatoren.) Der Gouverneur hat nachstehende Herren als Steuer-Taxatoren für PriiiceGeotge'sConnty ernannt: Erster Bezirk F. Saßccr, Louis W. Zenkins und Daniel R. Dyer: zweiter Bezirk I. Z. Jenkins, Thomas H. O. Osborne und Joshua T. Clark. (Die„Parkton-Maiichester-Bah.") Die Versammlung der Aktionäre der „Parkton- Manchcster-Bahn," welche am letzten Sonn abend zu Beckleysville in Baltimore-County stattfinden sollte, ward in Folge des schlechten Wetters ans Sonnabend, den 9. Mai, ver schoben. Diese Bahn, welche gegenwärtig im Bau begriffen ist, soll Parkton an der Linie der „Nördlichen Central-Bahn" mit Manche ster in Carroll County verbinden. (Ein schändliches Verbrechen.) Constab ler Samuel E. Smith verhaftete am 28. d. Mts. im zwölften Bezirke von Baltimore- i County den Neger Sweeden, welcher angeb lich an einem 10-jährigen farbigen Mädchen, Namens Elizabeth Howard, Nothzucht be gangen haben soll. Der Angeklagte wurde nach einem Verhör dem Gefängnisse in Tow sontown überwiesen, uizi das Criminalver fahren abzuwarten. ijAus Ncw-Market.) Hr. O. P. Sny der, ein bekannter Einwohner von Frederick County, starb vor einigen Tagen zu New- Martet. —(Ans Montgomery-County.) Der„Land wirthschastliche Verein von Montgomery-Co." erwählte vor einigen Tagen solaende Beam ten: EliihaJ. Hall, Präsident: Capt. Edward W. Owen, Dr. Washington Owens, Nathan S. White, Robert W. Carter, H. C. Hallo well und Augustus E. Perry, Vicepräsiden ten; N. D. Offett, I. T. De Sellum, I. T. Bcnley, W. E. Brooke und E. C. Gilpin, Exekutiv-Comite; Richard M. Williams Sekretär, H. W. Talbott Schatzmeister. (Eine neue Freimaurer-Halle.) Am 10. Juni soll in Cambridge, Dorchester-County, der Grundstein zu einer neuen Freimaurer- Halle gelegt werden. (Aus Hagertown.) Ein Mann, Na mens Nimrod Philips, stieg am letzten Mitt woch bei Martinsburg aus einen Zug der „Baltimore-Ohio-Bahn," da er aber kein Bil let bei sich hatte, wurde er genöthigt, unter wegs auszusteigen. Als er nach Martins burg zurückkehren wollte, wurde er vom Pilts burger Eilzuge eingeholl, überfahren und auf der Stelle gctödtet. (Tod eines alten Gärtners.) Hr. Kon rad Semmlcr, ein alter bekannter Gönner in Washington - County, starb am letzten Mitt woch im 79. Jahre fernes Lebens zu Hagers town. (Theatervorstellungen in Fredcrick.) Hr. JohnT. Ford, Direktor des Ford'fchcn Opern hauses in Baltimore, wird während der land wirthfchaftlichenAuSstellungin Frederick Thea tervorstellungen in dem Theater des neuen Rathhauses geben. (Auffindung eine Leichnams.) Der Leich nam des kürzlich bei Solomon's Island, Cal vert-County, ertrunkenen Negers Stewart Wright, wurde am letzten Sonntage aufge funden. (Aus Calvert-County.) Heute beginnt der Mai-Termin desKreiSgerichts für Calvert- County. Es befindet sich zur Zeit nur ein Sträfling im dortigen County-Gefängnisse. (Ans Baltimore County.) Das Land gut des verstorbenen Edmund Igelhart, 825 Acker groß, wurde dieser Tage von Hrn. Rus sei von Elysville für H 44 pro Acker gekauft. (Aus Annapolis.) Das Wohnhaus des Kaufmannes Thomas Clark in der Nähe der Gouverneurs - Brück: zu Annapolis gerieth am letzten Montag in Brand und wurde von den Flammen vollständig in Asche gelegt. Der Ehrw. H.Sonthgate wird sich in Zukunft mit dem befassen; er läßt ge genwärtig ein großes Änstern-Einmach- Eta blissement in dex Staats Hauptstadt ausfüh rcn. (Ankauf eines Grundstücks.) Hr. G. W. Childs vom Miladelphier „Ledgcr" hat das Grundstück dR Hrn. Tull in Elkton, Ce cil-County, um die Summe von K5OOO ange kauft. r. 4kl"'uljl- Z. . X-wi. John Halifax, Gentteman. Aus dem Englischen von Sophia Verena. (Fortsetzung.) Ich mußte ihn daran erinnern, daß wir nicht länger Frau Todd aufhalten dürsten. Nein, gewiß nicht. Komm', Phineas! Frau Todd, ich hoffe, unsere Gegenwart belästigte nicht die junge Dame? Kein Gedanke daran, Herr Halifax. Nichts würde sie so leicht belästigen; es giebt keine freundlichere und angenehmere Dame als sie. Sie besucht mich zuweilen in der Küche, gerade wie Sie, meine Her ren, die sie mir immer willkommen sind, sagte die freundliche Frau mit einem liefen knix. Wenn Herr March schläft, dann kommt das Fräulein und bleibt ost eine halbe Stunde, wobei sie sich mir Todd und mir unterhält oder mit dem Kleinen spielt. H er, wahrscheinlich durch Nennung seines Namens veranlaßt, ein Lebenszei chen zu geben, begann der „Kleine" in seiner Wiege ein so durchdringendes Ge schrei, daß wir jungen Männer eiligst un seren Rückzug antraten. Nun ist Dein „graues Ecwand" ent deckt, John. Sie ist jung, ja aber eine Schönheit würde ich sie nicht nennen. Ich habe niemals behauptet, daß sie es wäre. Eine angenehme Persönlichkeit, von frischem, munterem Aussehen, und kräs tiger Gestalt. Ick kann ste mir jetzt wohl vorstellen wie sie mit festem, hurtigem Fuß, den Korb mit Eiern am Arme, dahin schritt, zu der allen Frau freundlich sprach und den bösen Knaben schalt. Spaße nicht über sie, Pbineas; bedenke welche schwere Zeiten sie bei ihrem kranken Vater haben mag! Da er es so ernst nahm, so ließ ich den scherzhasten Ton augenblicklich fal len. Uebrigens John, fiel Dir nicht der Name ihres Vaters aus? March, denke, wenn es wohl gar derselbe Herr March wäre, den Du vor fünf Jahren aus dem Waffer rettetest. Welch' eine romantische Verkettung der Umstände wäre das! Thorheit! erwiderte John schnell, in ei nem Tone, in dem er sonst nicht zu mir sprach. Dann kam er noch einmal zurück und sagte mir sanft und freundlich Lebe wohl. Sei vorsichtig und amüsire Dich so gut es geht, vor tiefem Abend werde ich schwerlich heimkehren. Ich sah ihn auf sein Pferd steigen und langsam über den Anger reiten, sich dann noch einmal nach dem Rosenhäuschen um wenden, ehe er hinter den dichten Kasta nienbäumen verschwand. Es war ein wohlgefälliger Anblick für das Auge, Jobn zu Pferde zu sehen, denn er war ein vortrefflicher Reiter. Als er meinen Blicken entschwunden, schaute ich zufällig zu den Fenstern der Fremden aus; eine Hand, von einer wei ßen Einfassung umschlossen, ließ die Rou leaux nieder, und es war mir angenehm, zu denken, Fräulein March könnte auch John nachgeblickt haben. In stillem Träumen und Nachdenken verbrachte ich den ganzen Tag im Wohn zimmer, obgleich zuweilen Frau Todd mich aufsuchte, meine Einsamkeit durch irgend eine freundliche Anfrage zu unterbrechen; sie behandelte mich m einer vorsorglichen, mütterlichen Weise, nicht halb so zurück haltend und ehrerbietig, w.c sie mit John umging. Die Sonne war hinter dem Nunnkly- Berge untergegangen; hint.r den vier italienischen Pappeln, von denen drei bei einander und ei,,e allein stand, war sie ge sunken. Die hohen, schlanken Bäume dienten uns als Wegweiser und ost auch als Stundenzeiger; denn wenn der erste Strahl der Morgensonne durch die Wol len brach, so vergoldete er ihre Wipfel, und gegen den flimmernden, leuchtenden Abendhimmel zeichneten sich ibre Formen scharf und deutlich bis in die Nacht hinein ab. Sie standen gerade nahe genug, daß ich bei windigen Tagen ihr leises Rau schen und Säuseln hörte, und bei stillem Wetter ragten sie ernst und ruhig zum Himmel empor, wie hohe Denksäulen. Diese vierPappeln waren mir besonders lieb, ost schienen sie eine mir verständliche Sprache zu reden, wenn es in den grünen Kronen flüsterte und ich aufmerksam lauschte. Wir schlössen unseren Freund schaftsbund, als ich an dem ersten Abend aus John's Heimkehr wartete und die ho hen, schlanken Bäume so ruhig in der stil len Nacht dastanden, und blieben Freunde immerdar. Es war schon tiefer Abend, als ich Husschläge durch die stille Gegend kom men hörte, und freudig lief ich John ent gegen. David war heute nicht er selbst, seine frische Fröhlichkeit war etwas umwölkt, er war nicht ganz, wie er sich ausdrückte: „David, der Hirtenknabe". Er schien sehr ermüdet und von Geschästssorgen be drückt zu sein. Es sind schwere Zeiten, sagte er, nach dem die Lichter angezündet und die Vor hänge geschloffen waren, und unsere aus merksame Wirthin uns eine gute Nacht gewünscht halte, hoffend, Herr Halftar habe Alles, was er bedürfe. Sie betrach tete John stets als das Haupt unserer kleinen Häuslichkeit. Es sind sehr schwere Zeiten, wiederholte dieser noch einmal mit nachdenklichem Blick. Es sckeint mir durchaus nicht recht, Deinen Vater diese Geschäftsbürve allein tragen zu lasten! Ich muß es so ein zurichten suchen, wenigstens fünf Tage in der Woche nach Norton Bury zu reiten; dann wirst Tu nur so viel allein sein. Und Du hast so wenig von dem schö nen Landleben, aus welches Du Dich so freutest, das Du so liebst. Das thut nichts, vielleicht ist es sogar besser für mich. Ich habe ein Leben voll harter Arbeit vor mir liegen, und darf mich nicht an zu viel Mußestanden gewöh nen. Doch wir wollen die freie Zeit, welche uns bleibt, auf dasßeste genießen. Hast Du Dich heute wohl und kräftig ge fühlt, Phineas? Sehr wohl. Doch was unternehmen wir morgen? Ich möchte Tir die Hochebene zeigen, die Aussicht von dort ist so herrlich, ge rade in der Mvrgensrühe. Der Blick auf die Natur, oder auf eine Menschennalur. Er lächelte, doch nur über meinen klei nen, boshaften Scherz. Ich verstehe, was Du meinst, aber ich habe wahrlich nicht an sie gedacht. Wenn ich sie auch nicht ganz vergessen habe, so dachte ich gerade jetztnicht an sie. Wir wol len einen anderen Weg einschlagen, als den wir heute gegangen, es möchte der jungen Dame unangenehm sein, wenn wir ihr wieder begegneten. Seine ernste, unbefangene Art, die Sache zu behandeln, enthielt eigentlich ei nen Vorwurf für nück. Ich ließ den Gegenstand des Gespräches fallen, der sich bald um ernstere Tinge drehte, denn Schwatzen über unsere Nachbarn. Am nächsten Morgen um sieben Uhr waren wir schon in der Ebene. Du darfst nicht so lange hier im Thau stehen, Phineas. Komm' etwas höher hinaus nach „meiner Terrasse". Ist das nicht ein schönes Panorama? Und so war es. Rund um die Hoch ebene lag ein Thal; wie ein tiefer, mäch tiger Graben zog es sich entlang, man hätte glauben können, es sei dort ein brei ter Fluß gewesen und das Strombett sei ausgetrocknet und nach Jahrhunderten in Wiesen und Wälder verwandelt worden. Gerade aus der Mitte des Uesen Thal grundes schaute eine kleine Stadt friedlich hervor; und am anderen Ufer des „einsti gen Stromes", wo sich jetzt ein liebliches Hügelland erstreckie, lagen weiße Land häuser zerstreut umher. Tiese Schluchten, in denen blaue Schat ten lagerten, gelbe, wogende Kornfelder, dunkle Waldungen, schmückten mit ihrem vsrschiedenenFalbenspiel jenes Hügelland; den höchsten Punkt bildete derNunnely- Berg, hinter dem ich gestern die Sonne in tiescm Purpur versinken sab, während jetzt der Horizont mit dem zartesten Mor genroth qesärbt war. Gefällt Dir das, Phineas? Ich liebe diese Aussicht. Ein friedliches, lachendes fruchtbares Tbal, das manche traute, eng- I.sche Heimalh birgt. Tente Tir ein Pa triarch und Herrscher in solcher Gegend zu sein, das ganze That ist Deiner Hand zu halten, und nach Deinem Willen darüber zu regieren. Du kannst kaum glauben, welch' ein natürlicher und ursprünglicher Menschenschlag hier herum wohnt, Nach kommen einer Colonie flamländischer Tuchweber; sie treiben noch daS Handwerk ihrer Vorsahren. Ties unten im Thale der Buchenwald versteckt sie uns liegt eine große Tuchfabrik, die viele, viele Arbeiter beschäftigt. Das schlägt ja ganz in Dein Fach, John, und ich sah sein Auge strahlen, wie damals, wenn er als Knabe von seinen mechanischen Erfindungen und Arbeiten mir erzählte. Was ist aus dem kleinen, kunstvollen Webestuhl geworden, den Tu einst angefertigt? Ten habe ich noch Aber Tu solltest die schöne Müble und dieTuchsabrik sehen, ich habe mir Alles genau betrachtet. Wenn nur der Besitzer etwas von seinem alten, flamländischen Starrsinn nachlassen, sich nicht so sehr gegen jede Neuerung sträu ben wollte. Ich glaube, er sowohl, wie seine Vorfahren, sind stels denselben Weg gegangen und arbeiten noch mit denselben Masrinen seit ber Königin Elisabeth Zei ten her. Dürfte man ein Paar der neuen Verbesserungen anbringen, ich meine die doch ich vergesse. Du konntest ja nie mals etwas vcn der Mechanik und dem Maschinenwesen begreifen. Versuche es noch einmal, erkläre mir das Ganze deutlich, ich will mir Mühe geben, es zu verstehen! John that sein Bestes, und ich nicht minder; und es gelang ihm wirklich, et was von der Sache in meinen dummen Kopf hineinzubringen, wo ich es ein Weilchen behielt. Viel länger bewahrte ich den Eindruck seiner energischen Rede weise, die klare, faßliche Art, einem Ande ren die Gegenstände vor Augen zu führen van denen er selbst ein so tiefes Verständ niß hatte. Ich konnte mein Staunen nicht unterdrücken, wie er alle diese Kenntnisse sich angeeignet hatte. Das ist nicht so schwer, wenn man von Natur Hang und Neigung hat, sich zn be lehren und praktische Thatsachen zu erfas se und zubehalten; und dann kennst Du ja meine Liebhaberei für Alles, was das Maschinenwesen und neue Erfindungen auf diesem Gebiete betrifft. Ich könnte stundenlang still stehen, eine Mühle zu betrachten, besonders wenn ein großes Rad im Wasser arbeitet. Möchtest Du ein Mühlenbesitzcr fern? Ob ich es sein möchte? Ein sonniger Glanz lief über sein Gesicht, wurde jedoch bald wieder überschattet. Doch lassen wir das nutzlose Sprechen; man kann sich seinen Beruf nicht wählen, nur Wenigen wird es es zn können. Und dann nicht der Stand giebt die Bedeutung, der Mann selbst giebt sie sich. Ich bin ein Gerber, und ein kapitaler Gerber will ich werden. Ich möchte nebenbei wissen, ob Frau Todd, die so viel von „den Vorneh men" spricht, von unserem Stande und Herkommen eine Ahnung hat? Ick denke nicht, ich hoffe es nickt. O, David! laß uns wenigstens diese kurze Zeit die Lohgerberei vergessen! Denn ich haßte sie mehr als je, jetzt, nachdem ich die Stille und Lieblichkeit un seres arkadischen Lebens kennen gelernt; schon der Gedanke daran war mir uner träglich, und nicht nur um meinetwillen, sondern auch um John. Dieser machte mir darüber sanste Vorwürfe, doch unwill kürlich theilte er wohl meine Gefühle und Ansichten und sträubte sich nur dagegen, weil er sie für unrecht hielt. Wer würde ahnen, wcnnn man mich an diesem Morgen hier stehen sähe, mich an der duftigen Lust, der schonen Aussicht, den blumengeschmückten Wiesen erlabend siehst Tu den dichten Büschel blauer Blumen dort zu Deinen Füßen, Phineas? wer würde ahnen, sage ich, daß ich mich gestern mit den Lohgruben und den rohen Thierhäulcn beschäftigt habe? Hu! Ich wundere mich, daß die kleinen, blauen Glockenblumen nicht in meinen Händen verwelken so häßliche Hände überdies. Unsinn, John! sie sind nicht häßlich, sie sind g'vß, aber wohlgeformt, und wenn sie es selbst wären, was thäte es? Du hast Recht, Phineas, es thut nichts. Sie haben mir gute Dienste geleistet, meine großen kräftigen Hände, und wer den noch viel zu schassen haben, sie sind auch nickt dazu bestimmt, Blumen zu pflücken und Siräuße zu binden. Da ist noch Jemand außer Dir, der aus der Wiese Blumen sammelt. Wie groß mir die Gestalt erscheint. Sie könnte Deine Titanin sein, John Gleich Proserpinen Blumen pflückend, Sic selbst die schönste nein, nicht die schönste, denn mir scheint, sie sieht Deiner Freundin im „grauen Kleide" Verzeihung? Fräulein March sehr ähnlich. Sie ist es selbst, erwiderte John so un befangen, daß ich glaube, er hatte sie schon einige Minuten verher bemerkt. Es schwebt wirklich ein Fatum über Euerem Begegnen. Durchaus nicht. Wir haben Beide an diesen Morgen einen anderen Weg zu un serem Spaziergange gewählt, der Zusall will, daß wir wieder zusammentreffen, sagte John ernst und wie erklärend zu mir. Komm', laß uns den Abhang hin absteigen, wir dürfen eine Dame in ihrem Vergnügen durch unsere Gegenwart nicht stören! Er führte mich fort, ganz gegen meinen Willen, denn es hätte mir Freude gemacht, das frische, ernste und doch freundliche Gesicht des jungen Mädchens wiederzuse hen. Auch bemühte ich mick, meinen Gefährten zu überzeugen, daß in dem ganzen Wesen des Fräuleins eine so selbsiständige Würde gelegen, die deutlich dafür sprach, es würde ihr durchaus gleich gültig sein und sie gewiß nicht in Verle genheit setzen, ob sie aus ihrem einsamen Spaziergange zwei oder zweihundert Her ren begegne. John gab mir darin Recht, dennoch war er unerbittlich, Und da er ein „seiner Weltmann" und auf semen Geschäftsrei sen zuweilen in „gute" Gesellschaft gekom men war, so traute ich ihm zu, besser die Regeln der Etiquette zu kennen, uns fügte mich seiner Entscheidung. Doch das Geschick war gütiger als er; bei demßosenhäuscben trafen unsere Wege dennoch zusammen, und plötzlich standen wir Fräulein March gegenüber. Ich war im Recht geweien, wir uudunserErscheinen hatte auch nicht die geringste Bedeutung für sie. Tie frischen Rosen, welche auf ihren Wangen blühten, wurden nicht dunkler, noch senkte sie betroffen die Au gen; ein ruhiger, mädchenhafter Blick weilte einen Moment aus uns; und obwohl kein Erkennen und keine Begrüßung statt fand, so schien ein leises Lächeln um ihren Mund zu sagen, sie wisse wohl, wer wir wären. Sie mußte an unserer Thür vor übergehen, vor der Frau Tovd mit ihrem jüngsten Kinde stand. Der Kleine streckte ihr seine runden Arme entgegen, mit je ner allerliebsten Geberde, der, glaube ich, keine Frau widerstehen kann. Fräulein March widerstand ihr nicht, sie nahm den Knaben aus ihre Arme und ließ ihn tan zen und springen. Beide zusammen machten ein hübsches Bild aus, das rosige, lichtgelockte Kind und das braune, schlanke Mädchen. Tie Kappe ihres Mantels war von ihrem Haupte geglitten und deutlich konnte man die schöne Form des Kopfes und das reiche dunkle Haar sehen. Wie sie so stand, die hohe, anmulbige Gestalt, wie die tiefen, ausdrucksvollen Augen vor Vergnügen strahlten, und man das warme, junge Blut gleichsam durch ihre klare, bräunliche Wange dahinfließen sah, da schien es mir fast, daß ich zu hastig geurtheilt, als ich sie „keine Schönheit" genannt halte. Nach seinem Blick zu schließen, dachte John wie ich. Sie stand gerade vor unserer Ein gangsthür, doch sie war so sehr mit dem hübschen, jauchzenden Knaben beschäsitgt, daß sie unsere Gegenwart wohl ganz ver gcsien hatte, bis unsere Wirthin bemerkte: „die Herren möchten wohl vorbeigehen." Mit einer schnellen Bewegung trat die unge Dame zur Seite. An ihr vorüverschreitend, erhob John seine Augen, was mir nur natürlich er schien, denn nur wurde es schwer, einen Blick von ihr zu wenden, so lieblich war sie anzuschauen. Auch sie blickte aus, wie- der wurde das Grübchen in ihrer Wange durch ein leichtes Lächeln sichtbar: John verbeugte sich, und während sie den Gruß Höstich erwiderte, traten wir Beide in das Haus. Ich sagte ihm, ich fände, die Be kanntschast mit unseren Nachbarn sei aus eine hübsche Art begonnen. Bekanntschaft? Es war ja nichts als eine Höflichkeitssorm nicht unnatürlich zwischen Menschen, die in einem Hause wohnen. Mehr wird es nie werden! Wahrscheinlich nicht. Fast glaube ich, John war enttäuscht durch meine schnelle Zustimmung. Als er vom Fenster aus auf die kleine Gruppe schaute, welche vor unserer Thür stand schien er eine der drei Personen zu ver missen und ick möchte annehmen, daß es nicht Frau Todd ooer das Kind war. Ihr Gesicht gefällt mir jetzt viel besser, David. Dir auch? Es war eine wunderbare Thatsache, die mir nicht in dem Augenblick, doch später ausfiel, daß, obgleich ein längeres Schwei gen zwischen uns gewaltet, ehe ick diese Bemerkung machte, wir doch gleich wuß ten, von wem die Rede sei. Ein gutes nein, sogar ein edles Antlitz; obgleich ich es mit den unregel mäßigen Gesichtszügen doch nicht nein, gewiß nicht, schön nennen kann. Auch ich würde sie nie schön finden. Sie verbeugte sich mit Anstand und Grazie. Ich glaube, John, wir können lagen, daß wir zum ersten Male in unse rem Leben mit einer Dame zusammen getroffen sind. Unzweifelhaft eine Dame. Und ich meine, daß sie trotz ihrer In- j gend, sich schon in dem Kreise bewegt hat, > den man „die Gesellschaft" nennt. Das macht es nur noch glaublicher, daß ihr Vater der Herr March ist, welcher mit der Familie Bliihwood verwandt ist. Ein wunderbares Zusammentreffen. Sehr seltsam. N..ch dieser kurzenAntwort verfiel John in tiefe Schweigsamkeit. Obgleich wir an dem Morgen noch mehr als einmal von unseren Nachbarn sprachen, so war ich es gewöhnlich, welcher den Gegenstand berührte, John verhielt sich sehr still und wenig mittheiliam, Und als ich Frau Todd, welche den Frühstückslisch besorgte, einige harmlose Fragen vorlegte: Wer Herr March sei, und von wo er bergekom men? wurde ich, sobald die Wirthin das Zimmer verlassen hatte, schaaf von John getadelt, wegen meines Hanges zur „Klat scherei." Ich lachte nur herzlich, erinnerte ihn, i wie er mich früher zur Theilnahme an dem j Ergehen unserer Nachbarn aufgefordert, ! und dankte ihm, das; er mich kläglicher! Weise nicht vor, sondern nach den cinge I zogenen Erkundigungen zurechtgewiesenz bade, durch die wir erfuhren, daß Herr j March ein Mann von unabhänzigell Ein- ! kommen sei, der keine Verwandten hier in j der Nähe habe und gewöhnlich in Wales l lebe. So kann er doch nicht unser Herr March ! sein. Nein! entgegnete John, sichtlich crleich- j tert von einem ihn quälenden Gedanken Es war mir belustigend, wie er eine so ! unbedeutende Sache so ernst nahm : noch zu verschiedenen Malen mußte ich an die sem Tage über ihn lächeln über die tiefe Sympathie, welche er für unsere Nach barn zeigte, vornämlich aber über das warme Interesse, das er wie es bei einem jungen Manne nur natürlich war für ein so angenehmes Mädchen wie j Fräulein March deutlich bekundete, aber! sorgfältig zu verbergen glaubte. Ja, nur! natürlich und begreiflich, denn ich bewun derte sie selbst. Es ist mir seltsam, wenn ich an jenen denken und mir unsere heiteren, unbefan genen Scherze und Neckereien über das junge Mädchen zurückrufe. Wunderbar, ! wie das Geschick oft so still und leise in > unsere Thür geschlichen kommt, wir beach ten es kaum, oder lächeln darüber, es ge schieht ja Alles so einfach, so natürlich, daß wir nimmer glauben, es könne dieser ! unbedeutende Zusall der Lenker und Be- ! Herrscher unseres ganzen Lebens werden. Und so ist es dennoch meistentheils, und weil es so ist, muß es recht sein. Wir lasen an dem Morgen Romeo und Julia. Es giebt eine Zeit, eine wonnige! Zeit, obschon sie kurz ist, in welcher für jedes junge Gemüth das herrlichste aller Traueripiele, die Krone aller Dichtungen: Romeo und Julia ist. Wir befanden uns jetzt bei diesem Zeitpunkt. John las es mir ganz vor, nicht zum ersten Male, und dann da er aus meir.cn geschlossenen Augen abzunehmen schien, ich schliefe saß er mit dem Buche aus seinen Knieen und blickte durch das ossene Fensler in's Freie Es war ein warmer, unendlich stiller Sommcrtag nicht ein Lüftchen regte sich ein Tag für Ruhen und Träumen geschaffen. Zuweilen kam eine Biene summend zu den Rosen, hin und zurück flog sie, so schnell wie ein glücklicher Ge danke entschwindet. Sonst lag die tiefste Stille über der Natur, kein Windhauch säuselte in den Bäumen, auch nicht ein Blatt regte sich, kein Bogel sang, nur ab und zu drang das leise Girren der Holz- ' taube aus dem nahcnßuchenivald herüber, ! ein sansicr unendlich zärtlicher Ton, der! an die süßen, kosenden Laute erinnerte, ! mit denen eine Mutter sich über die Wiege ihres Kindes beugt, oder der mir unwitl- ! kürlich das Bild zweier treuen Liebenden ! vor Augen führte, die beieinander stehen, j in dem ersten, innigen Umfassen, Herz an Herz in tiefem, ausdrucksvollem Schwei gen, das keine Worte findet, keiner bedarf. John saß still lauschend. Worüber dachte er wohl nach? Woher kam dieses seltsame Beben um seinen Mund? Woher ! das fremdartige, wunderbare Leuchten sei- ! ner Augen, und dieser unendlich weiche, innige Blick? Er wußte nicht, daß ich ihn beobachtet, ! hatte; er glaubte, ich habe ruhig die halbe l Stunde geschlummert, die an ihm vorüber- ! gezogen wie eine kurze Minute. Mir er- ! schien sie lang, o wie lang? Während ich ! mit einer Beharrlichkeit uno Angst, die mir geradezuSchmerz verursachte, grübelte und sann, über das, was einst kommen müßte und was, wie mir ahnte, vielleicht schon gekommen wor. vilktcs Kapitel. Eine Woche war vergangen. Wir hat ten uns schon ganz inEnderly cirgewohnt. Mein armer Freund genoß freilich wenig genug von dem Landleben, da er jüns Tage in der Woche in Noiton Buiy war unv sö früh des Morgens, wenn eben die Sonne die Wipfel d r Pappeln küßle, von bannen ritt, um erst wiederzukehren, wenn schon Venus über ihren hohen Häuptern strahlte. Ich vermißte ihn schmerzlich, er aber trug die Vereitelung seiner Hoffnungen männlich und freudig, wie jedes kleine und größere Ungemach, Meine Tage vergingen in stiller Ein förmigkeit. An schönen, warmen Mor gen erstieg ich den Hügel, welcher sich hin- ter dem Garten des Rosenhäuschens er hob. Tort lag ich an einem sonnigen, vom Winde geschützten Plätzchen und schaute den Ameisen zu, die fleißig an ih ren Hügeln bauten, oder ich richtete meine Blicke aus die Gräser und die lieblichen, seltenen Blumen, welche aus dem grünen Sammcttcppiche wuchsen. Oft bot mir ein kleines Stückchen Erdboden so viel Schönheit und einen jo'chen Reichthum der Aarben, daß ich mich stundenlang mit dem Betrachten beschästigen konnte. Menschen sah ick selten. Zuweilen spielten die Dorjlindcr mit denen unserer Wirtbin, die aber weit über jenen standen und als sehr vornehm betrachtet wurden, am Fuße des Hügels, und ibr Jauchzen und Lachen drang zu mir durch die stille Lust; oder eine alte Frau kam mit ihren E.mern dorthin, um aus den Brunnen unten Wasicr zu schöpfen; es war eine Quelle, die von einer seltsamen steinernen Einfassung umgeben war, zu der dieVieh heerden osc hineilten, um ihren Durst zu stillen. Da ich beinahe den ganzen Tag in Freien war, so sah unv Hörle ich wenic von den Bewohnern des Landhauses, Ein oder zwei Mal bemerkte ich eine: Herrn und eine Tame am Rande des Ab ! Hanges entlang schleichen; aus den lang ! samcn Bewegungen schloß ich, es muss I Fräulein March und ibr kranker Vate sein Er war groß und schlank und hatte graues Haar; sonst erlaubte die Enlser nung mir nicht, seine Gesichtszüge zu cr lennen, Sie ging an der schmalen Seile des Fußsteiges, den Leitenden jorg sam sührend. Ihre bübschc, moblkleidcnde Moigenkappe mar durch ein häßliches, steifes Ding e'setzt, das, wie Jael sagte, jetzt Mode war und ein Hut genannt wurde. Weiter sah ich nichts von unseren Nach barn. Hin und wieder sprach Frau Todd von ihnen, wenn sie den Miltagstisch ord nete, aber es waren gewöhnlich nichtige, unbedeutende Kleinigkeiten, die ich erfuhr, wie: Fräulein March habe sie ersucht, die Kinder recht ruhig zuhalten; denn der Leidende wäre so schwach und reizbar. Er sei ein zu wunderlicher Herr in allen Lingen, selbst mit seiner Kleidung, denn das Fräulein müsse seine Halstücher mit eigenen Händen plätten. Und wenn nur eine Nadel bei ihrem Anzüge nicht recht gesteckt wäre, so mache er ein Leben da rüber, selche vielbeschäftigte junge Dame könne nicht immer aussehen, als käme sie eben ans einer Putzschachtel, Herr March verlange gar zu vielAnswartung, er schiene zu denken, er habe noch sein grobes Haus in Wales mit der zahlreichen Dienerschaft, seine Bcsehle und Launen zu erfüllen. Frau Todd sprach stets in einer Weise, als wenn sie es für bestimmt annähme, ich sei mit der srüheren Lebensgeschichte ihrer Einwohner oder anderer Personen, deren sie zuweilen erwähnte, bekannt, eine Angewohnheit der Leute dort in Enverly, Fremden gegenüber. Es war meistens sehr bequem, denn es ersparte viel Zuhö ren, aber in diesem einen Falle fühlte ich mich versucht, zn wünschen, ich erführe Näheres. Zuweilen war ich nahe daran Fragen zu thun; doch als ich John's An sicht darüber einholte, war er so entschie den dagegen, aus diese unerlaubte Art in sie Prioatverhältnisse Anderer zn dringen, daß ich mich schon schuldig sühkle, nur den Wunsch gebegt zu haben, und fast fürchtete mein nutzloies, träumendes Leben erwecke in mir den Hang zur Neugier, zum Schwatzen oder zu dergleichen Fehlern, die man gewöhnlich, ich weiß nicht warum, dem anderen Geschleckte zuschreibt und mit dem Namen „weibisch" belegt. Wie ich schon einmal erwähnt, waren die beiden Wohnungen vollkommen von einander getrennt, so daß Keiner von dem Anderen etwas sah oder hörte, es wäre dies nur aus dem neutralen Grunde und Boden, Frau Todd's Küche möglich ge wesen, doch wenn ich wirklich einmal wünschte, dahin zu gehen, erinnerte ich mich a John's Perbot und blieb zurück Außer den zwei Tagen, wenn John bei mir war, und mich ans sein Pferd setzte, um aus diese Weise mich über Berg und Thal und Wiesen und Felver zu führen, weile, köstliche Streifereien, von denen wir oft erst in der Dämmerung zurückka men außer diesen beiden glücklichen Tagen lebte ich sehr still und einsam, und blickte stets voller Sehnsucht nach dem Sonntage bin. Wir beschlossen, diesen Sonntag zu ei nem reckt langen, lieblichen Festlage zu machen, und begannen ihn in aller Mor gensrühe mit einem Spaziergange. John lührte mich einen neuen Weg, auf dem, wie er als Antwort auf meine Frage sagte, wir sicher waren, Fräulein March u icht zu begegnen. Machst Tu Experimente über den Ge genstand, daß Tu ihre Wege so genau bestimmen kannst? Bist Du schon wieder bei Deinen frühen Morgenpromenadcn mit ihr zusammengetroffen? Du weißt, ich habe nur die Margen stunden zum Gehen, Phineas. Wohl wahr. Tu hast wenig Vergnü gen und Erholung in Enderly. Fast wünschte ich, wieder nach Hause zu rei sen. Denke daran nicht. Ter Aufenthalt hier lhut Dir ersichtlich gut, wir dürfen lhn nicht unnütz abkürzen. Ich wußte es, die Sorge für meine Ge sundheit war immer noch sein erster Ge danke, welche anderen Gefühle sich an sei ner Seele zu regen begannen. Wir wollen bleiben, das heißt, wenn Tu hier glücklich bist, John. Vollkommen zufrieden und glücklich. Ich liebe die schnellen Ritte nach Norton Bury und noch mehr freue ich mich auf das Zurückkommen. Sobald ich mich nur Enderly nahe, verschwindet die Loh gerberei unv Alles, was dazu gehört, aus meinen Gedanken; wie ein Älp fällt es von mir, und ich erwache zu einem freien, schönen Leben. Nun, Phineas, bekenne, ist es hier nicht entzückend, die Wiesen vom Morgenlhan bedeckt, welchen die Sonnenstrahlen in Tausende von Perlen umwandelten. Wundervoll, John. Doch Tu hast mir noch nicht gesagt, ob Tu unserer Nachbarin wieder begegnet bist. ! Sie hat mich niemals bemerkt. Aber Tu hast sie gesehen, sei aufrich !tig? Warum sollte ich es nicht sein? Ja, ich habe sie gesehen, einige Male, doch nie aus eine Weise, die ihr halte störend sein können, Nun versteh: ich, warum Du die Rich tung ihrer Spaziergänge so wohl berechnen kannst. Er wurde glübend rolh. Phineas, ich hoffe, Du glaubst nicht, daß daß ich etwas thun könnte, was eine Tame belästigen oder beleidigen würde? Rem, gewiß nicht; wer wird gleich Al les von jo ernster Seite nehmen? Ich finde es nur natürlich, wenn ein junger Mann es sich einige Mühe kosten läßt, ein solches „Prachtexemplar der Natur", wie dieses rosige Mädchen, erschauen zu tonnen. Rosig? S'e ist braun, wie Du weißt, eine richtige „nußbraune Maid", sagte John mit seiner alten, srohen s!aune. Ja, ich blickte sie gern an. Ich habe manches Antlih gesehen, das schöner ist als das ihrigen, das so gut aussieht und so wohl z niemals eines gesällt Gut definirt Tennoch vermochte ich nicht zu lachen, er sprach mit solchem tiesen Ernst; und ! überdies hatte er Reckt. Ick selbst würde eine gute Strecke Weges nicht gescheut haben, um das junge Aiädchen sehen zn tonnen; weshalb sollte er nicht den An blick erwünschen und zu erlangen suchen? Aber, John, Du erzähltest mir niemals, daß Tu sie wiedergesehen. Tu fragtest ja nicht danach. Wir schwiegen: als ich endlich wieder zu sprechen begann, war es eine Fortset zung meiner lVedanken, da ich sagte: Ja, es ist nur natürlich, daß Tu sie be- wunderst, und ebenso natürlich möchte es > sein, wenn sie Still, Phineas! Rede keine Thorheiten! -Unmöglich! und er setzte seinen Fuß so I scharf und fest aus einen losen Stein, daß i ! dieser ur die Schlucht hinabrollte. Diese heftige Gebcrde, das entschiedene, j energische „Unmöglich" überraschte mich! weniger als die Schnelligkeit, mit der er meinen unausgesprochenen Gedanken er- ! griffen und zu einer weiteren Ausdehnung . . geführt hatte, als ich es selbst beabsich- i tigte. > Gewiß, John, keine Möglichkeiten oder ! Unmöglichkeiten dieser Art sind mir in den ' ! Sinn gekommen. Ich dachte nur, Tu ! ! könntest sie bewundern und Dich unruhig > s davurch fühlen, wie junge Männer thun, wenn dergleichen ihre Phantasie erfüllt und das würde mich grämen. Tann sei vollkommen beruhigt. Ich habe sie nur fünf Mal gesehen; habe nie ! ein Wort mit ihr gesprochen, man in einer ' > cheren Stellung sein? Uederdies und sein Ton wurde sehr ernst ich habe keine Zeit zu dem harmlosen Vergnügen, mich zu verlieben, deshalb sei ganz unbe sorgt um mich, Phineas. i Ich lächelte; und wir begannen eine ! Abhandlung über Lager, Gräben, .Wälle und Verschanzunzen, wozu die weite Fläche ' vor uns, welche einst ein römisches Feld lager genesen, den Anlaß gab, sprachen über die Dänen, Sachsen, Normannen und i Römer, und spannen unser gelehrtes Ge . ipräch weit aus, doch nach dieser Länge > von Zeit, die darüber verflossen, kar.i, ich i nichts Näheres davon berichten, ja, leider ' schon am nächsten Tage wußte ich nichts mebr davon > V, dics.r stille, sciedcvolleSonntag, wie ich mich seiner so wohl erinnere! Die Sonne sandte nickt einen ihrer goldige Strahlen nieder, dennoch verdunkelten sis keine trüben Wolken, aber Erde und Him mel schienen in jenen lichtgrauen, weißen Duft zusammenzufließen, der etwas so Träumendes in sich trägt. W'.r lagen aus der Wiese und hörten die Kirchengtok ken läuten, und führten dann unsere ge wöhnlichen Sonntagsgespräche, über diese und jene Welt unsere Ansichten austau schend . Im Zwielicht gingen wir in das Buchenwältchen hinler dem Hause und ruhten dort in dem weichen Grase zwischen, deu dustenden Farren, bis die Nacht ihre dunllen, wallenden Schleier über die stille Erde breitete. O, dieser lange, sriedevolls Sonntag, an dem John vom Morgen bis zum Abend an meinerSeite war, und seins ganze Zeit mir widmend, mit treuer, liebe voller Sorgsalt mich umgab dieser ge segnete, unvergeßliche Tag war der letzte, an dem David ganz ungetyeilt mein eigen, nannte, mein eigen! Es war natürlich, es war billig einb recht, es konnte nickt ausbleiben, und so bewahre mich Gott vor bitteren unge rechten Klagen. Ungefähr um zehn Uhr, nachdem wir noch einmal im Freien gewesen waren, um. zu sehen, wie großartig die weit? Fläche im Dunkel der Nacht daliege, und dann zurück in's Zimmer gingen, trat Frau Todd zn uns ein und schloß oie Thür mit einer geheimnißvollen Miene. Ihr sonst so frisches und rothes Gesicht war blaß und trug einen gewissen ängstlichen Aus druck. Herr Halifax, darf ich ein Paar Worts mit Ihnen reden? Herzlich gern. Setzen Sie sich, Frau Todv; hoffentlich ist keinem der Kinder ein. Leid's geschehen, Nein, Tank Ihnen Es betti'st das arme Fräulein March, Ich sah John's Finger sich fest um die Stuhllehne schließen, aus die er sich stützte, Ich hoffe , begann er, hielt jedoch schnell inne. Ihr Vater ist plötzlich viel kränker ge worden, und es sind zwei gute Slundeir Weges bis zum Arzt in S., und Fräulein, sagt das heißt, sie weiß garnichis von meinem Vorhaben aber ich meine, Herr Halifax, dürfte ich mir wohl die Freiheit nehmen, Sie zu bitten, meinem Mann Ihr Pferd zu borgen, um zu dem Doktor hinüberzureiten. Es wäre eine große Güte von Ihnen. Ich thue e-Z milFreuden, will res gleich haben? Todd ist noch nicht zu Hause. So wie er kommt, mag er das Pserv nehmen. Sagen Sie das dem Fräulein, ich meine, sagen Sie Ihr kein Wort. Es, ! war sehr recht von Ihnen, das Ganze ! aus diese Art einzurichten, recht und vor sorglich wie imm r. I Ihrem Hause krank zu werden, muß satt ein Vergnügen sein. Sie sind so sebr gütig und freund lich, Frau Todd. Ich danke für Ihre gute Meinung, Herr Halisar, entgegnete unsere brave Wirthin mit leuchtenden Augen. Aber ich glaube, jeder Menzel, muß Fräulein March gefällig sein. Das würden Sie selbst finden, wenn Sie die junge Dame kennten. Qhne Zweifel, erwiderte John mehu Höftich als warm, wie es mir vorkam, als er die Thür hinler Iran Tvdd schloß. In tiefen Gedanken setzte er sich nieder, durch blätterte unruhig alle Bücher, welche aus dem Tische lagen, ohne eines zu lesen, und antwortete auf alle meine Bemerkun gen über unseren kranken Nachbor und „unsere Perle von einer Wirthin" nur einsilbig. Plötzlich sprang er auf und rief: Phineas, ich denke, es ist besser, ich reite selbst. Wohin? Doktor Brown zu holen. Wenn Totd noch nicht daheim ist, wäre es nur natür lich und recht, und ich kenne den Weg. Aber die Dunkelheit d'raußen. Tbut nichts; das Pferd wird sich besser von mir, als von einem Fremden leiten lassen. Und obgleich ick achtsam gewesen ! bin und stets die drei Pferde Deines Va ters abwechselnd benutzt habe, damit kei nes durch den weiten Weg nach Norton Bury überangcstrengt wird, so ist gerade die Stute mein Liebling, und ick möchte sie keinen anderen Händen anvertrauen. Ich konnte mich eines Lächelns nichb erwehren, a>s ich ihn so viele wichtige - Gründe ansübren hörte, um eine so ein l fache, natürliche Sache zu beschönigen, und ! stimmte bei, daß er vollkommen recht ! thue. Soll ich Frau Todd hierher rufen, um. ! nähereErkundigung einzuziehen, oder wäre es nicht besser, man suchte sie in der Küche ! aus? Willst Du oder soll ich dahin ge ! hen? Doch ohne meine Antwort zu erwarten, I begab er sich nach dem, was ich den „neu tralen Grund unv Boden" nannte. Nie mand war dort. Wir blieben mehrere Minuten allein und Hörle durch die tiefe Stille ein schweres Stöhnen zu uns her unter dringe. Das muß aus dem Zimmer des Krän zen kommen, John. Ich höre es. Wie schrecklich muß es für das arme, junge Mädchen sein, das Alles allein durchzumachen. Während er sprach, schaute er in dia verkohlenden Gluthen des Feuers. En war tief bewegt, aber auf seinem Antlitz lag nur ein inniges, heiliges Mitgefühl, keine andere selbstische Empfindung mischte sich hinein. Frau Todd erschien in der Thür, wel che nach der anderen Seite des Hauses j führte, sie sprach noch mit Fräulein March, die wohl auf der Treppe stehen mußte. Wir vernahmen wieder diese klare, ent schiedene Stimme, jetzt zu einem halblau ten Flüstern gedämpft, und hörten deut lich: Nein, Frau Todd, es ist mir nicht un lieb, das; Sie es thaten, für meinen Vater ist es das Beste. Sagen Sie dem Herrn ich vergaß seinen Namen daß ich ihm sehr verpflichtet bin. Werde es ausrichten; warten Sic, da. ist der Herr selbst! Doch sie hat ihreThüre schon geschlossen. So tbat die Wirthin und wandte sich dann zu uns: Wollen Sie nicht Platz nehmen, Herr Halifax? Tas Feuer soll gleich wieder lustig brennen, Herr Fletscher. Sie sind mir stets hier witltommen, meine sungen Herren! Und Frau Todd ging geschäftig umher, wohl wissend, welch ein behaglicher, freundlicher Aufenthaltsort ihre saubere, altmodische Küche war, volnämtich zar Abendzeit, i wenn es d'raußen dunkel und kühl wurde, ! und hier innen das Feuer so hell und er ! wärmend flammte, und seine rothen und j gelben Streiflichter magisch umher leuchten i ließ. Als John ihr seine Absicht mittheilte, fand sie kaum Worte genug, ihre Freude und Dankbarkeit auszudrücken. Es war der beste, vortreffliche junge Herr, der je mals gelebt hatte. Sic würde das auch dem Fräulein sagen, wie sie es ihr schon oft erzählt. Fräulein, sagte ich zu ihr an dem er sten Tage, da Sie hierher gekommen wa ren, eine Wohnung zu suchen (sie hat oft ein kleines, ganz vertrauliches Geschwätz mit mir, weil sie so sehr einsam ist unv auch weiß, daß ich viel zu stelz bin, um zu vergessen, sie sei eine vornehme Dame und mir keine Freiheiten herausnehmen würde), ' Fräulein, sprach ich zu ihr, was Herr ' Halifax ist, weiß ich nicht, aber verlassen !S c sich auf mein Wort, er ist durch und > durch ein Gentleman. Ich war der einzigste, höchst belustigte ! Zuhörer bei dieser langen Rede, denn j John war verschwunden, um sein Pferd ! zu satteln; nachdem er dann noch einige Worte mit mir gesprochen, hörte ich ikn - aus der stillen Landstraße dahin sprengen. Er kam in einer unglaublich kurzcirZeit ! zurück, vom Arzte begleitet, von rem er sich an dem Giller verabschiedete. Seine ! Wangen glühten von rem schnellen Ritte. Als er in unser Wohnzimmer trat, Hemer te jer nur, „daß die Hervstnäckte doch ichon ! tübl würden," und setzte sich rann sckwei i gend nieder. Tic Übr in der Küche schlug ! Eins. . , . Phineas, Du solltest schon tilgst m i Voll li'gcu und schlafen. Will i Du nicht j gehe? Ich möch'.e noch ein Wen g aus-