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Ctoke Neberschwemmung in New ork. Atbany, N..?)., 13. Juni. Pon Prattsvltte, Greene Co., wird eine große Ucberschwcinliiuiig gemeldet. Eine Menge Häuser,c. Wurden zerstört und eine Tochter des Isaak SearlS kam um'S Leben. Ein raffinirtes Gaunerstück. - Freister Diamanten-Raub. New -S)o r k, 12. Juni. Carl Ander son, ein schwedischer Capitän, welcher sich zur Ruhe gesetzt hatte, heirathete vor Kurzem eine Dame aus hiesiger Stadt, und da er unge schliffene Diamanten von bedeutendem Werthe besaß, so faßte er den Beschluß, einige dersel den zu veräußern und eine Hochzeitsreise nach Europa zu machen. Er begab sich am Mon tag, den I. Juni, von Swee's Hotel, wo er wohnte, sott, um zu einem am Broadway wohnenden Diamanten - Mäkler zu gehen. Während er im Comptoir stand, wurde er von einem Bauernfänger angeredet und er zählte demselben den Zweck seines Ksmmens. Der Bauernfänger gab daraus vor. Schreiber im Comptoir des Diamanten. Mäklers zu sein, jagte, sein Prinzipal sei ausgegangen und bat Anderson, nach einigen Stunden wieder vorzusprechen. Bei seinem zweiten Gange fand Anderson den Bauernfänger wie der vor und dies Mal in Gesellschaft cuicr ele gant gekleideten Dame und wurde von dem selben eingeladen, mit ihm die Dame nach Hause zu geleiten, sie würden dann zusammen in das Comptoir d:s Mäklers gehen. Die Dame reichte Anderson einen kleinen Kuchen, gab auch ihrem Begleiter einen nd aß selbst. Anderjon verzehrte leinen ohne Böses zu ah ned, wurde indeß bald nachher schwindelig und fast bewußtlos; dann hielt ihm das Frauenzimmer ein Tuch vor die Nase, worauf er die Besinnung vollständig verlor und zu Boden stürzte. Als er wieder zu sich kam, war er allem und im Dunkeln; bald jedoch erschienen mehrere Individuen, banden und knebelte ihn, chloroformirleii ihn zum zwei ten Male und setzten ihn in einen Wagen, wo er wieder die Besinnung verlor. Bei'm Er wachsen befand er sich in der Spruccstraßc, seiner ungeschliffenen Diamanten, diamante iicn Hemdknöpfe, seiner Uhr und sonstiger Wertsachen beraubt. Er giebt den Werth der gestohlenen Sachen auf etwa §lO,OOO an. Privat Geheimpolizisten suchen die Spur der Räuber aufzufinden. Ueber den Ozean belangt. New-Uork, 14. Juni. — Bei der ge stern erfolgten Ankunft des deutschen Dam pfers „Neckar" wurde ein junger Deutscher, welcher seinen Namen als I. Becker angab, verhaftet, weil er in dem Verdachte steht, eine Londoner Bant durch einen gefälschten Wech sel um §75,000 beschwindelt zu haben. Ausstand von Backsteinmanrertt in Ncw-Nork New - Nork, 15. Juni. —An einer An zahl von Gebäuden, welche gegenwärtig im Baue begriffen sind, haben einige Backstein maurer die Arbeil eingestellt, weil sie nicht mehr für §3j pr. Tag arbeiten wollen, son dern 4 verlangen. Ter Ausstand ist noch nicht allgemein, und Viele arbeiten noch zu den alten Raten. Die Arbeitgeber haben große Zuversicht, daß es ihnen gelingen wird, genügend Leute zu 534 zu bekommen. Eine saubere Beamten-Welt iu Süd-Sarottna. New-Uork, 15. Juni. Ein Brief aus Charleston, S -C., an die „Times" mel det: „Aus amtlichen Archiven der Anwälte der Anklagebehörde der verschiedenen Kreise Süd Carolina's erhellt, daß ein Drittel aller derjenigen Personen, welche untergeordnete Aemter inne halten, wegen der einen oder der anderen während ihrer Amtszeit begangenen Gesetzes Verletzung belangt worden iei, und daß eine weit größere Anzahl vor ihrer Wahl oder Ernennung der verschiedensten Verbrechen beschuldigt wurde. In Charleston-Couiity mag es in dieser Beziehung schlimmer aus sehen, als in irgend einem anderen Theile des Staates. Vom obersten bis zum untersten Staatsbeamten haben in diesem Bezirke fast alle schon auf der Anklagebank gesessen, und Viele sind überführt worden." Unter den von der „Times" angeführten Fällen befindet sich derjenige von R. H. Eoin, Congreßmann 'Rt la,-," welcher des Betruges beschuldigt, aber nicht prozcssirt wurde, weil er bei der Staats-Regieruiig in hohen Gunsten stand. Der Bürgermeister von Pstitadel pstia und das Tonntagögesetz. Philadelphia, 15. Juni. Mayor Stokcly hat die Polizei-Lieutenants auf die flagrante Verletzung der SonntagSgejetze auf merksam gemacht, welche er gestern in den Hauptstraßen der Stadl allenthalben beobach tete, und die Beamten angewiesen, streng daraus zu achten, daß künftig alle Wirthschaf ten am Sonntage geschlossen bleiben. Jeder Lieutenant soll für die Verletzungen des Ge setzes in seinem Distrikte persönlich verant wortlich gehalten werden. Vereitelter Fluchtversuch von Zuchthäuslern. Philadelphia, 15. Juni. Frank Moser aus Syracusc, N.-U., und Jakob Rcichholdt ans Lycoming-County, Penns., welche Beide dem hiesigen Znchthause auf eine Reihe von Jahren anvertraut waren, haben einen vergeblichen Fluchtversuch ge macht. Sie hatten sich von ihrer Zelle ans einen unterirdischen Gang gebildet und es be werkstelligt, in den Abzugs-Canal zu getan- , gen; ein weiteres Vordringen in den Ab ! zngs-Canal der Straße war ihnen jedoch nicht ! möglich gewesen. Diese Entdeckung führte zu einer gründli- , chen Untersuchung der übrigen Zellen, wobei ! sich herausstellte, daß auch ein Dritter, Vuckil George, sich mit Fluchtgedaiiken herumgetra gen hatte. Arge Ruhestörungen iu Pcun sylvanien. PittSbnrg, 13. Juni. Unter den bei Beaver-Falls angestellten chinesischen Arbei tern fand eine Ruhchörung statt, welche er- ! hebliches Aufsehen hervorrief. Ah Chuck, der s chinesische Superintendent, verweigerte den " Arbeitern, die herumbummelten und nicht ar beiten wollten, ihre Reis Mahlzeiten. Die Ruhestörer bewaffneten sich nunmehr mit Pi stolen und Messern und fahndeten ans Ah Ehuck, um ihn zu hängen. Dieser entfloh, verfolgt von 150 der Rauser, nach seincrWoh nung. Schnell eilte ihm die Polizei zu Hülse, welche, unterstützt von vielen Bürgern, mit Knütteln die Aufrührer zurßiihe brachten und zwölf der Rädelsführer in's Gefängniß ablie ferten. Hinrichtung in Culpcppcr, Ba. altvlütigrcit des Mörders. Culpepper, Va., 12. Juni. Der Farbige Edward Brown, -Ui-w William Jo nes, welcher den jungen Farmer William Dnkin aus hiesigem County am 20. Dezbr. 1873 ermordete, um ihn seiner Kleider und einer Baarschast von Ss—§6 zu berauben, wurde heute Nachmittag hier gehängt. Heute Vormittag um 11 Uhr wnrdc er unter einer Eskorte von 200 Mann aus dem Gesängnig zu dem etwa 14 Meile von der Stadt errich teten Galgen geführt. Um 12 Uhr bestieg der Verurtheilte festen Schrittes das Schassott .verrieth nicht die geringste innere Erregung. Drei Baptisten - Prediger, zwei Farbige und Ehrw. Baldridge, begleiteten ihn. Nachdem er iiiedergeknicel war und gebetet hatte, wur den ihm Hände und Füße gebunden. Nach dem Scheriff Pulliam ihn gefragt hatte, ob er noch irgend Etwas zn sagen habe, griff der Verurtheilte, so weit seine gefesselten Hände ihm Das erlaubten, nach dem Seil und rief ans: „Nur zu, ich bin bereit!" Der Strick wurde ihm um den Hals g-legt, die Fallthür that sich auseinander und Brown schwebte Zivis Yen Himmel und Erde. Tie Höhe des Falles betrug fünf Fuß; da aber der Strick zu dick war, so zog er ych nicht so schnell zusammen, um dem Mörder das Ge nick zu brechen, sondern er wurde im eigentli chen Sinn: des Wortes strangulirt. Die Zuckungen währten zwei Minuten ach dem Falle, und sein Herz schlug noch 10 Minuten lang. Die Dokloren Thompson und Bixby erklärten ihn nach 15 Minuten für todt, ließen ihn aber der größeren Sicherheit wegen im Ganzen 27 Minuten hängen. Beinahe 3000 Menschen, meistens Farbige, wohnten der Hinrichtung bei. Ter Mörder legte schon vor seiner Prozessirung ein Gcständniß ab und verlangte keinen Vertheidiger. Er sagte, der Ermordete sei ihm überall er schienen, und erst nach geschehenem Gesländ niß habe er sich erleichtert gefühlt. So kalt blütig, wie Brown, bestieg hier niemals ein Verbrecher den Galgen. Mehrere Zeugen der Hinrichtuno schnitten sich Stücke von dem Stricke ab, Andere be mächtigten sich seiner Schuhriemcn, und wie der Andere waren äußerst bereit, für seineHo senträger 10 Cents zu bezahlen. Oberst Mosb uns Ex-Senator B. F. Rixey. Vernon Mills, Virg., 14. Juni.— Am Donnerstage vorletzte Woche gericthen sich in Salem der bekannte Col. Mosbq und der Ex-Staatssekretär B. F. Nixey einander in die Haare. Ein politischer Wortwechsel war die Veranlassung. Stock und Peitsche wurden fleißig benutzt und nur mit Mühe konnten Umstehende die erhitzten Gegner trennen. Die Bergmanns - Uürnhe in Ohio. Columbus, Ohio, 13. Juni. Spe zial-Depeschen von Nelsonville sagen, daß Alles ruhig ist. Die Miliz-Vorposten sind aus den Minen zurückgezogen und an ihrer Statt 25 Gehülss-Scheriffe mit der Ausrecht haltung der Ordnung betraut worden. Gou verneur Allen's Privatsekretär hat einen Be fehl erlassen, welcher den Präsidenten der "Kiners' Union" ausfordert, die Mitglieder der 'Union" zu veranlassen, weder die Minen zu betreten, noch die Farbigen bei der Arbeit zu stören. Der Aufforderung wird allseitig Folge geleistet und man sieht keinen weiteren MißHelligkeiten entgegen. Schneesturm in Riichigan. Cincrnnati, 13. Juni. Eine Spe zial-Depesche meldet von den Grand-Rapids, Mich., daß es gestern früh in Manton, einer Sta ion an der „Grand-Rapids-J.,diana- Bahn," heftig schneite. Eine junge smmc tov,Uch ver- brirnnt. Nashvill e, Ten., 12. Juni. Frl. Sallic Smith, 17 Jahre alt, welche die Töch terschule ZU Ottkland, Ky., besucht, wurde gestern Abend gelegentlich einer Schulseier lichkeit tödtlich verbrannt, sie stand auf der l Tribüne in der Nähe einer Kohlenöl Lampe, ! welche cxplodirte, und in einem Augenblicke war die junge Dame in Flammen eingehüllt. Sie stürzte unter das Publikum und brachte unter den Anwesenden, welche in Angst und Bestürzung durch Thüren und Fenster in's gelangten, große Verwirrung hervor. Ihr Vater, welcher sie zu retten versuchte, erlitt erhebliche Brandwunden an den Händen. Die Aerzte melden heute Morgen, daß sie dem Tode nahe sei. Untergang eines Schooners und Lebensverlust. Sa van nah, Geo., 13. Juni. Der Schooner „Rorer," vom Jndian-Flusse, Flo rida, nach Savannah, unterwegs, gerieth bei Saholo-Unticfen am 7. d. Mts. auf den Strand und ging innerhalb 15 Minuten zu Stücken. Capt. Droit nebst Frau und Magd, der Passagier Dr. Garficld und zwei Farbige retteten sich in eine Zotte, aber Alle, mit Aus nahme des CavitänS, k imen in Folge des Kcnterns der Jolle um's Leben. Der Capitän kehrte nach dem Wrack zurück, wo sich noch zwei andere Passagiere und die Mannschaft befanden. Ein schnell zusammengezimmertes Floß trieb die Schiffbrüchigen in die See hinaus, bis der Dampfer „Carrie" die Un glücklichen rettete und Hicher brachte. Die Ge retteten waren vier Tage ohne Nahrung ge wesen. Mord aus Eifersucht. St. Louis, Mo., 13. Juni. —ln St. Charles, Mo., wuroe der Wirth Thomas Waltz gestern von einem Telegraphisten durch geprügelt, worüber er so in Wuth gerieth, daß, als er einen Mann, Namens Scanlan, mit seiner Frau sprechen sah, er diese dnrch's Herz schoß und dann auch Scanlan zn erschie ßen versuchte, doch fehl schoß. Er sagt, daß er genügenden Gruno gehabt habe, anzuneh men, daß seine Frau ihm untreu war. Statt zur Hochzeit zuin^Kirchftof. St. Louis, 15. Juni. Am Morgen des letzten Samstag verließ Phil. Corcoran, ein Angestellter der GaS Compagnie in Kan sas-Ciry, früh Morgens seine Wohnung, um die letzten Vorbereitungen zu seiner auf den nächsten Tag anberaumten Hochzeit mit einer liingen und liebenswürdigen Dame zu machen, die er lange umworben und die ihm endlich ihr Als er unweit der Gas werke eine Straße kreuzte, begegnete ihm ein fremder Mann, der plötzlich, ohne ein Wort zu sagen, aus ihn losstürzte, ihn umschlang und ihm ein langes Messer viermal in den Unterleib stieß. Mit den Worten: „Ich bin todt," stürzte Corcoran zusammen, der Mör der aber ging ruhig seines Weges weiter, als ob Nichts vorgefallen wäre. Ter Verwundete liegt hoffnungslos darnieder, trotz der sorg samstenPflegc, die ihm von seiner verzweifeln den Frau zn Theil wird. Der Mörder heißt Martin de Lougherty. Er hat schon öfters Spuren voy Wahnsinn gezeigt, und man ist um so mehr geneigt, jeine That dem Wahn sinn zuzuschreiben, da er mit Corcoran durch aus nicht bekannt war und sich gar keine Be ziehungen zwischen den beiden Männern er mitteln lassen. Mord in Arkansas. Kampf der Polize mit dem Mörder. Little-Rock, Ark., 15. Juni. Dr. S. I. Crittendcn wurde kürzlich von einem Manne, Namens Hall, in Conwah - Coiinly erschossen. Eine vom Scheriff aufgebotene Hülssmannschaft spürte den Mörder aus, der sich seiner Gsangennahme energisch wider setzte. Bei dem sich entspinnenden Handge menge wurde Einer der Hülfsmannschaft ge tödtet und ein Anderer verwundet. Hall er gab sich erst, nachdem er verwundet worden war. Raubmord in lowa. Chicago, 15. Juni. Eine Depesche aus Des Maines, lowa, meldet: „Der Schneider John Johnson wurde am Sonn abende todt im Rinnsteine liegend gesunden. Das Gesicht war nach unten gekehrt, und der Schädel in entsetzlicher Weise zerschmettert. In der Nähe der Leiche wurde ein Convert gefunden, welches einen mit folgenden Wor ten beschriebenen Zettel enthielt: „Dies ist der siebennndzwanzigstc Mann, welchen wir er mordet habe, und lebend wird man uns nie mals fangen." Raub scheint die Ursache des Verbrechens gewesen zu sein, da Uhr und Börse des Ermordeten gestohlen waren. Gin schauderhaftes Verbrechen entdeckt. Atchijon, Kansas, 13. Juni. Vor nn gefäyr einem Jahre bezog ein Mann, Namens A. W. Fnllie, ein hölzernes Haus in der Nähe der Stadt. Er lebte dort, wie ein Ein siedler, doch sah man häufig ein junges Mäd chen im Hause. Auf Befragen erklärte er, daß seine Tochter schwachsinnig sei und bei der Annäherung von Fremden gewöhnlich in Krämpfe versalle. Nachts hörte man zuwei lcn den Angstschrei eines Frauenzimmers und man vermuthete dann, daß der Mann seine Tochter oft mißhandle. Kurzlich nun wurde ! der Marschall des Ortes auf das Hans auf j merksam gemacht, und als Fnllie vor einigen ! Tagen vcrrcis'te, ging der Marschall mit einem Gehülfen hinein, um das HauS zu durchsuchen. Das Mädchen wollte ihn abhatten, in den Keller zu gehen, doch er schob sie zurück und fand dann in dem dunklen, feuchten Raume die abgezehrte Gestalt eines Frauenzimmers, das mit einer eisernen Kette an die Wand ge fesselt worden war. Das unglückliche Weib wurde sofort befreit. Es ist die Stiefmutter des jungen Mädchens, das inzwischen ge flohen ist, und auch auf die Rückkehr Fullie's hat man bis jetzt vergebens gewartet. Riesige EiSbcrgc. auf einem siavel-Dampfer. Halifax, t 3. Juni. —Alle hier und in anderen Häsen Neu-Scholtland's eingehenden Fahrzeuge bringen Anzeige über die außer ordentlich große Anzahl von Eisbergen, de nen sie unterwegs begegneten. Der Capitän einer von Sydney, C.-8., eingetroffenen Barke sah beiEast Grcar Bank einen Eisberg, welcher 4 Meilen lang, 2 Meilen breit und 400 Fuß hoch war. Der Kabcldampser „Faraday" ladet zur Zeit 800 Tonnen Kohlen. Unter den Matro sen herrschte eine sehr gereizte Stimmung. In Forbay brachen die Leute die Vorrathskam mern auf und eine Menge Proviant wurde an's User geschleppt. Der Haupträdelssührcr wurde in Eisen gelegt und gestern in's hiesige Gefängniß abgeführt. Polizisten bewachen jetzt den Dampfer. Mord und Selbstmörder,tf Tee. Quebec, 11. Juni. Capt. Burle vom Schiff „Manilas," daö von London hier an gelommen, berichtet, daß der Matrose Andrew Gomez, ein Neger, in der Nacht des 13. Mai sein Messer einem anderen Seemanne, John Fahey, während er in der Koje lag, in den Unterleib stieß. Gomez rannte darauf auf's Deck und sprang über Bord, während Fahey noch 30 Stunden lebte und dann unter gräß lichen Schmerzen verschied. Gin heftiger Sturm iu Ganoda. Quebec, Canada, 13. Juni. Ein hef tiger Sturm, begleitet von Donner, Blitz und außerordentlichem Regensallc, fand in der Nacht des 7. d. M. zu St. Joseph de la Beance statt. In unglaublich kurzer Zeit waren alle Flüsse und Bäche hoch angeschwol len, drei Sägmühlen wurden dcmoUrt, zwei andere Mühlen bedeutend beschädigt. Eine Menge Scheunen und Häuser haben arg ge litten und der innerhalb eines Bezirks von 4 Meilen angestiftete Schaden wird ans H 30,- 000 geschätzt. Stadt Baltimore. Ankunft des Dampfers „Ohio." Der Dampfer „Ohio," Capt. P. Hesse, am von Bremen und am 30. Mai von Sonthamptoil abgefahren, erreichte -Sonnabend früh um 7 Ilkrsseine Werfte; von Bremen aus gingen folgende 177 Passagiere an Bord: Heinrich Wilms ans Chicago, Ferdinand Stöcke! aus PittSburg, Pa., Ni tolaus Jerscheid ans Baltimore und nachste hende Einwanderer: iüjette 3 mim ich aus echta; Gertrud .Holtmann, Lüninghausen; Susanne Schärft mit Tochter, Edcr bach; Valentin Dombea, Posen; Friinz Benischek mit Familie, Schlesien; Wilhelm Wulff. Liidbecte; Franc Maurer und 3ohann irchcbner, JnnsbruU; Sophie und Peter Älingelhoser. Nosenthal; Catharine Al breU;r mit Familie, oeifcn;3gnatz Pfivner mit Fa milie, Zgnay Schemliera mit Familie, Victoria Finger in Kindern, Kosalie Dittrich, Therese Titt rich, Anton Poit, Carl Wägermeister, Francisca Tscherinch, Franz Keller mit Familie, Zosef Frost. Jols. Vurtaschcl mit Familie, Joh. NcSar mit Fa mttie, Anton Urvan, Johann Rauscher, Joh. Ro tonia Krenenak, Josef Rauochar 'mit Koupil mit Familie, Johann Fricet mit Familie, Jakob Hro mit Familie, Johann Schrämet mit Fa denderger, Marie Jung, Carl Mitwalsli und Joseph Wiesner mit Familie aus Böhmen; Lina Kreimdcrg, Vechta; Johann Urbauer mit Familie, Ungarn; Joh. Pol, Rosalie Pol und Leopoldinc Pol; Kr. Schcier, Hell, idranz Maischte, Friedland; ZojephKuniich mit Familie, Mathilde Schramm, Franz Miodet mit Familie, Albert Mo dct, Josixy Bnhl mit Familie, Joseph John mit Fa jhk, Marie und Christiane Michalzh,' Gottl./Marie und Theodor Menzel und Friedrich Adler mit Fa milie aus Schlesien; Anton TelceS mit Kam., Joh Georg Möhler mit Familie, Carl Stach mit Fa milie, Rosaiie Hecht und Carl Lieser aus Preußen; Bertha Wilhelm aus Pommern; Caroline Lywitzti Rosalie Lhivitzti mit Kind und Joh. Beruh. Lywibti aus Westpienßen. Das Wetter war sehr gitt während der Reise, und ereignete sich nichts Besonderes. Die „Ohio" bringt drei neue Offiziere, näm lich den Capitän F. Hesse, I. Offizier Hcinr. <rcngschacke und den Purscr A. Wedemeyer. Sie erreichte die Quarantäne Freitag Nacht um 10 Uhr und fuhr von da am Samstag Morgen um <! Uhr nach ihrer Werfte zn Lo cust-Point ab. Als das Schiff sich daselbst herumdrehte, so daß der Bug auswärts gerich tet war, riß einer der Stricke und nach einem nahezu unvermeidlichen Znsammenstoße mit einem Passagier-Dampfer brachte man das Schiff zur Werfte zurück, und bedurfte es der Anstrengung der ganzen Mannschaft, um einen Zusammenstoß mit einem am Pier lie genden Schleppdampfer und ein großes Un glück zu verhüten. Man bediente sich schließ lich eines Schleppdampfers, der die „Ohio" sicher an ihre Werste brachte. Der Dampfer brachte nachstehende Ladung: von Bremen 20 Fässer Genever für Prior Ä von Collen, 100 Säcke Kasse für Alexan der Brown 8 Söhne, 2 Kisten Porzellan für die „Baltimore-Ohio-Bahn," 9 Kisten Spkl waaren für Atberti, Prior Comp.,2 Kisten Strumpswaaren für Gebrüder Hooges, i Kiste Proben für G. P. Steinbach, i Kiste Mnfik- Jnstrumcnte für H. R. Eisenbrandt, 2 Kisten Musikwaaren für Prior von Eöllen, 3 Kisten KaufmaiiiiSwaareii für Meyer - Dickinso, 97l Stücke Kausmaliiiswaarcn für N. N., I Kiste Strlimpfwaaren für Gebr. Hutzlcr, 1 Kiste sttr R. May, I Kiste für A. Schumacher Comp., 1 Parcel für Joh. Heinmeter; von Bremerhaven 1 Kiste Bücher für Rogge, Spilker Comp., 4 Kisten Elfenbein für Rogge, Spilker K Comp., l Kiste Mctall waarcn für C. H. Meyer 8 Comp.; von Havre 1 Kiste KaufmannSwaaren für Ge brüder Canfield K Comp., 2 ditto für W. T. Walters s Comp., 3 ditto für Holländer 8 Prechtel, 24 ditto für Laurcnce Thomsen 8- Comp., 4 ditto für Gebr. Hodgcs 8- Comp., 1 ditto für Mad. H. Johnson; von South ampton 1 Kiste KaufmannSwaaren für Maynard, Eli 8 Rose, 1709 Kisten Blech für H. James 8- Comp., 2 Kisten Kaufmanns Waaren für Schumacher 8 Comp., 2 ditto für Gebr. Turnbull und 1 ditto für T. W. Law sord. Abfahrt des Dampfers „Leipzig." Der Dampfer „Leipzig," Capt. Hoftnann, trat Sonnabend Nachmittag Punkt 2 Uhr seine Rückfahrt vonLocust-Point über South ampton nach Bremerhaven mit Ii Cajüten- Passagieren, deren Namen wir bereits mitge theilt, und 4L Ziviichendecks-Passagieren an. Seine Ladung umfaßt folgende Güter im Ge sammtwcrthe von §109,288.57: 24 Oxhofte und 1 Pipe Kentucky'er Strips-Taback, 74 Oxhofte Nirginier, 230 Oxhofte Maryländer, 770 Oxhofte Kentucky'er, 131 Oxhofte Mary länder und Ohio'er, 10 Oxhofte Ohio'er Ta back, 01 Oxhofte Virginicr und 57 Oxhofte Kcntnckq'cr Tabacks - Rippen, 00 Kisten IM viue. 18 Stückfässcr Quercitron (gelber Fär bestofs von der Färbereiche), 200 Pipen Schweinefett, 2500 Kisten Stärke, 10 Kisten Gerberrindc, 41 Colli Gußstücke und 9229 Säcke (27,070 Scheffel) Waizcn. Die Ivo-jährige Jahresfeier der reformirlen Zionskirche zu Hagerstown nahm am 11. d. Mts. ihren Anfang und dauerte bis zum Sonntage. Die Hanptfcst rede hielt der Ehrw. I. S. Messer, die Musik stand unler der Direktion des wohlbekannten Prof. Friedrich Halm. Einer Rede des Pre digersMeffcr entnehmen wir einige interessante Thatsachen. Die Gründer der Gemeinde ka men aus Deutschland, die erste Kindtaufe, worüber schriftliche Kunde vorliegt, fand am 20. Oktober 1700 statt. Das Kind wurde Georg getaust und war ein Söhnchen von Jatob und Cath. Schneider. Die Gemeinde hatte damals noch keinen regelmäßigen Pre diger und war auf den gelegentlichen Besuch reisender Missionäre angewiesen. Der Ehrw. F. L. Henop taufte im Juli 1770 David Schenebell, später als Cot. David Schncbly bekannt, der 1872 im 102. Lebensjahre mit Tode abging. 1770 wurde der Ehrw. Jakob Weimer regclmäßigcrPredigcr der Gemeinde, aber erst am 10. Aug. 1774 wurde derGrnnd stein zur gegenwärtigen Kirche gelegt. Das Grundstück schenkte Jonathan Hager, Eigner der Ortschaft Elisabeth (später Hagerstown genannt). Wilh. Heyser baute die Kirche und der Ehrw. F. L. Henop hielt die erste Predigt in dem neuen Gotteshause. Anfangs galt die Kirche nur als „ReformirtcMrche," wurde aber später als „Deutsche Reformiere Kirche" bekannt. Nach Henop folgte der Prediger Weimer, der nach I2.jährigcr Arbeit am 12. Mai 1790 mit Tode abging und dessen Ueber reste nebenan der Kirche ruhen. Die Namen Friedrich Hnmrichhouse, Rahouser und An dere werden in Verbindung mit der ersten Geschichte der Kirche genannt. Der Ehrw. Rahouser starb am 25. September 1817, Ehrw. I. R. Reith folgte als Prediger im Januar 1819. Bis dahin wurde nur Deutsch gepredigt, aber Rcily redete auch mitunter in Englisch. Reily predigte zuletzt am 24. April 1825. Er taufte während seiner Amtszeit 829 Kinder und 103 Erwachsene, predigte bei 225 Leichenbegängnissen und die Gemeinde hatte 3407 Abeiidmahlsmitgliedcr. 50 Jahre lang hatte die Kirche keine Oesen; die ersten wur.'en 1818 und 1819 aufgestellt. 1785 wurden zwei iu Rotterdam gegossene Glocken aufgehängt und dieselben haben nunmehr be reits 89 Jahre die Gläubigen nach der Kirche gerufen. Seit vielen Jahren war mit der Kirche eine Schule verbunden und 53 Jahre stand „Vater Hosimaiin" derselben vor. Die Deutschen waren fromme Leute, gingen zwei Male des Jahres zum hl. Abendmahte und legte man besonders großes Gewicht daraus, daß die neuen Comniunikanten nett—die Mädchen in Weiß, die Knaben in Schwarz — gekleidet waren.—Die Rede des Predigers Kiefser fand aufmerksame Hörer und erinnerte wohl viele der Anwesenden an ihre deutschen Vorväter, obschon seit Jahren der Gottes dienst fast ausschließlich in englischer Sprache stattfindet. Der Ehrw. Dr. S. Deutsch nach Hartford, Co nn., übergesiedelt.- Den vielen Freunden des bekannten Predigers und Orientalisten Dr. Deutsch wird wohl die Nachricht eine nichts weniger, als erfreu liche sein, daß genannter Herr schließlich den ihm von der Gemeinde in Hartford, Conn., gewordenen Rus angenommen hat und letzte Woche bereits nach seinem neuen Wirkungs kreise übergesiedelt ist. Leider erfolgte die Abreise so schnell, daß die dem geachteten Pre diger zum Abschiede zugedachte Ovation un terbleiben mußte. In seiner letzten, im „Har Sinai-Tempel" gehaltenen Predigt nahm Dr. Deutsch Abschied von seiner Gemeinde und gedachte mit ergreifenden Worten der vielen Anknüpfungspunkte, die seit seinem 13-jähri gen Ausenthalte in unserer Mitte ihm Balti more lieb und theuer gemacht haben. Dr. Deutsch, ans Gleiwitz, Oberschlesicn, gebür tig, bekleidete Ansangs eine Stelle in Posen und kam vor 18—20 Jahren nach den Bcr. Staaten. In Syracusc, N.-L)., zuerst, spä ter in Philadelphia thätig, war er ieit 1801 in Baltimore. Die herzlichsten Glückwün sche für zukünftiges Wohlergehen begleiten Dr. Deutsch nach Hartford, Conn. Das devorstehende Sängerfc st des „Arion" nimmt die ganze Thätigkeit des Exekutiv-Comite's, welches Sonntag Morgen in dcr„Mechaiiics'-Halle" eine wei tere Sitzung hielt, in Anspruch. Der Bericht des Musik Eointte's, dessen Vorsitzender Pro fessor Lenschow ist, zeigt in seinem jetztgen Entwurf, daß Sorge getragen wird, den kest- Gästen höh? musikalische Genüsse zn bereiten. ! Das endgültige Arrangement desselben bleibt einer späteren Versammlung vorbehalten, s Exkursions- und Bewirthungs - Comite thun alles Möglire, um den Gästen die Fahrt und den Ausenthalt angenehm zu machen. An den Dampsbooteii, welche am Montag, den 13. Juli, die Menge nach dem „Monumen tal-Fishing-Grove" hinausbefördern, werden, um leichter Ordnung halten zn können, keine Billette verlaust werden. Die Abfahrt ge schieht um 8, um 11 und um 2 Uhr. Das Exekutiv-Comite wird 4 Polizisten cngagiren, um bei dem voraussichtlich großen Andränge von Theilnehmcrn am Feste die Ordnung auf recht zu erhalten, und wird sich, um ganz sichcr zn gehen, mit den städtischen Behörden in weitere Verbindung zu setzen. Das Deko rations-Comile hat alle Hände voll, es schafft und wirkt, daß es eine Lust ist, und um dem selben zu Hülfe zn kommen, sind §2500 zur Verfügung gestellt, damit sämmtliche Arran gements in entsprechender Weise getroffen wer den können. Einquarlinings - Karten und Karten für Biersässer wurden vorgelegt, ange nommen und dem Druck Comite zur Ausfüh rung übergeben. Auch die Bänder und Ab zeichen der fremden Gäste wurden der Bera thung unterzogen und für Anfertigung der selben Anweisungen gegeben. Der correspon dtrcnde Sekretär wurde beauftragt, bei den auswärtigen Gesangvereinen, welche zu Gaste geladen sind und ihr Kommen zugesagt haben, anzufragen, durch wie viele Mitglieder diesel ben vcrlretcn sein würden, um dadurch das Einquartierungs Comite in Stand zn setzen, seine Ausgabe in befriedigender Weise zu lö sen. Hr. Barkel, der umsichtige und beliebte Verwalter der„Mechamcs-Halle," hat dicßcr antworllichkeit übernommen, für die besten Speisen zu sorgen, und daß Hr. Bartel da ür der rechte Mann ist, ist männiglich bekannt. Der Kostenpunkt ist unter allen Umständen eine delikate Sache, und wenn auch der „Arion" sein Süngcrsest nicht zu einem Ge schäfte machen will, was ihm um so ferner liegt, als die finanziellen Verhältnisse dessel ben sich in bestem Zustande befinden, so haben doch die aktiven Mitglieder desselben keinen Augenblick gezögert, zur Bestreitung der Kosten je K 3 oder mehr beizutragen, welche 14 Tage vor dem Beginn des Festes dem Finanz - Co mite auszuhändigen sind. Am Samstag, den 11. Juli, treffen die fremden Gäste hier ein und werden von Pro fessor Winter's Musikcorps mit voller Musik am Bahnhos empfangen werden, um sich spä ter mit den Gastgebern zu einem gemüthlichen Commers zu vereinigen. Am Sonntag Mor gen ist große Probe für das am Abend dessel ben Tages in der „Concordia" stattfindende Vokal- uiidJnstrumentcil-Conzert, zu welchem nur die Sänger, die Musiker und Berichter statter Zutritt haben werden. Am Montag sinder die Exkursion nach dem „Monumental- Fijhing-Grove" statt, und am Dienstag wird der schöne Schützenpark an der Belair- Road die hiesigen und fremden Sänger und Gäste in seinem Schatten aufnehmen. Dürfen wir urtheilen nach der Thätigkeit, welche das Exe kutiv-Comite entwickelt, so ist der „Arion" zu der Hoffnung berechtigt, daß sein Sängerfest ein Fest in der eigentlichsten Bedeutung des Worts werden wird. Die großartig st e und glänzend ste Hochzeit, welche seit längerer Zeit in deutschen Kreisen unserer Stadt gefeiert wurde, fand am Donnerstag Abend in Hrn. L. Muth's „Altem Schntzenhofe" an der Belair Road statt; unser Berichterstatter, welcher seil meh reren Wochen diese Affaire im Auge gehabt, mußte zufällig durch ein widriges Geschick, wie es gar oft störend in's Menschenleben ein greift, auf einer Sandbank in der Chcsapeake- Bai sitzen, mit der Aussicht, Baiwasser zu trinken, während in de. Bankett-Saale des Muth'schen Hauses sein Platz verwais't blieb, denn: „Zwischen Lipp' und Bechers Rand schwebt des Schicksals dunk'le Hand." Die Pflegetochter des Hrn. Louis Muth, Frl. Emma Feige-Muth, welche wegen ihrer vor trefflichen gesanglichen Leistungen in den Eon zerten verschiedener Vereine gar oft in diesem Blatte rühmend erwähnt wurde, ist vorgestern Abend 7 Uhr mit ihrem Bräutigam, Hrn. Heinrich R. Banderhorst, Sohn des bekann- ten Brauers, in der Zionskirche, N. Gaystr., ehelich verbunden worden. Der Brautzug fuhr in einer Reihe eleganter Kutschen an der Kirche vor und der Küster hatte große Mühe, die zahlreiche Menschenmenge, welche sich zu der Feier hcrbeidräiigte, an den Eingängen zurückzuhalten. Unter den brausenden Ton wellcn des Hochzeitsmarsches, welche Prof. Mittler der Orgel entlockte, trat der Braut zug in die Kirche ein. Ehrw. Pastor Scheid wartete bereits am Altare, und nachdem der Gesangverein „Harmonie" den passenden Chor: „Wie kam die Liebe," vorgetragen hatte, wurde die Trauungs Ceremonie voll zogen. Unter den Gratulationen zahlreicher Freunde zog sich das glückliche junge Paar aus der Kirche zurück. Hr. Muth hatte es sich nicht nehmen lassen, den Ehrentag der jungen Dame so festlich, als möglich, zu be gehen; das elegante geräumige Hans, welches seit einem Jahre die Straßensroiite des „Alten Schützcnhofcs" schmückt, strahlte in Festes glanz und der Garten war durch bunte Lam pen und Gasflammen feenhaft beleuchtet. Daß das Hochzeitsmahl ein großartiges war und alle Freunde der beiden weitverzweigten, geachteten Familien vereinigte, braucht wohl kaum speziell erwähnt zu werden. Man schätz, daß 800—1000 Personen an demselben theil iiahmen und an 1500 Freunde und Bekannte dem jungen Paare im Laufe des AbendL ihre Glückwünsche darbrachten. Die Brautge schenke waren zahlreich, und eben so solid, äls kostbar; ein amerikanischer Berichterstalter diese Lenlc beurtheilen bekanntlich Alles nur nach Dollars und Cents schätzt dieselben auf mehr als §lO,OOO. Ein Comite des Ge sangvereins „Harmonie," bestehend aus den HH. Th. Stäblein, L. Dietrich und H. Hesse, überreichte im Namen des Vereins den Neu vermählten einen prachtvollen silbernen Frnchtlellcr. Selbst unter den bescheideneren stücken der glänzenden Ausstattung war manche sinnige Gabe, mit welcher der Geber die herzlichsten Wünsche für ein langes, glück liches Eheteben verband. Die Hochzeit wurde selbstverständlich in ächt deutscher Weise ge feiert; die anwesenden Sänger der Vereine „Harmonie," „Germania Männerchor," „Lie derkranz" und „Arion" sangen manch' fröh liches Lied. Capt. Winter's Musik Corps spielte in zwei getrennten Abtheilungen, im Hanse und im Garten, das Brautpaar blieb bei den Gästen und verzichtete auf die Mode tour, führte dagegen in dem Tanzpavillon den Reigen, während die „alten Schweden" in dem luftigen Bankettsaale des Hauses an flaschenbesctztcr Tafel die Freude in gotoigen Zügen ichlürftcn und die Gläser auf das Wohl des jungen Paares erklingen ließen, und die ses Paar gedachte auch der weitweg versckla gene Berichterstatter dieses Blattes, wobei er unwillkürlich wünschen mußte, daß dasselbe nie auf eine Sandbank gerathen möge, son dern daß es vielmcbr, um den alten helleni schen Gratnlationsjprnch zu citiren: Augen - Operationen im Zucht hause. Entfernung beider Aug äpfel. Im Zuchthause hat bekanntlich der 27-jährige Blinde Frank Battee, welcher vor zwei Jahren in Nr. 45, Josephinestraße, die Bordell-Wirthin Fannie Eole mit einem Beile am Kopfe, Arme und im Gesichte fürch terlich verstümmelte, zehn Jahre Slrashast abzusitzen und ist seitdem in der Anstatt zum Rohrstuhlsiechten verwendet worden. Seit ungefähr zehn Jahren ist er in Folge der soge nannten egqptischen Augenentzündung erblin det, und während seines Aufenthaltes im Zuchthause hat er durch Entzündung der Seh nerven große Schmerzen auszustehen gehabt, sodaß die Aerzte schließlich erklärten, die Aug äpfel müßten entfernt werden. Demgemäß begab sich Prof. Joseph A. White, Borsteher der Augen- und Ohren-Klinik der „Washing ton-Universität," Freitag Vormittag 10 Uhr in Begleitung der Doktoren Georg B. Rey nolds und Brooke Voyle, nach dem Zncht yauje, wo man Battee nach dem Männer- Spilale brachte und dann chtoroformirte. Ehe das Chlorosorm ihn ganz besinnungslos ge macht, wurde der Patient so heftig, daß ihn mehrere Männer halten mußten; nach zehn Minuten wurde er ruhig, und nun begann die heikele Operation. Zuerst wurde die Sllerotika (harte AngenhautZ dann die mu-amti roeti und odlüiui des linken Auges durchschnitten, mir einer Nervscheere der Seh nerv losgelöst und dann der Augapfel ans der Augenhöhle gehoben; in zwölf Minuten war man damit fertig; in gleicher Weise verfuhr man mit dein rechten Auge, wozu zehn Mi nuten gebraucht wurden. Bei'm linken Auge, aus welchem die Gtasfcuchtigkeit (biiiaur vitreuL) ausgelaufen war, sodaß sich derApscl bedeutend zusammengezogen hatte, gestaltete sich die Operation schmieriger, als bei'm rech ten. Die Augenhöhlen füllte man schließlich mit Charpie aus und legießandagen an. Die Blutung war sehr gering. Sobald der Chlo foformirte sich wieder etwas erholt hatte, er rlärte er, daß er sich ganz wohl und munter kühle, und bald stellte sich ein guter Humor ein; der Operirte erfreut sich sonst trefflicher Gesundheit und ist ein kräftiger Mann. Die Augenlider werden sich jetzt über den leeren Hohlen sodaß Battce künftig das Aussehen eines Schlafenden haben wird. Eine ähnliche Operation nahm Dr.White am selbigen Tage an einer Insassin derselben Strafanstalt vor, deren rechtes Auge durch die Krankheit des linken in gefährllche'Mitteidcii schast gezogen war; ihr Straftermin erlöscht in nicht ganz einem Monate. Schnclllänfe r.— Thomas Bond, ein Einwohner Ost-Ballimore's, stellte vor eini gen Tagen in Gegenwart von Sam Devcre die Behauptung auf, daß er im Schnelllau fcn über eine 300 Fuß lange Strecke jedem Anderen vorankomme. Devere ließ Zweifel laut werden und sagte, daß er bereit fti, ein Rennen mit ihm zn unternehmen. Man kam dahin übercin, vom Frontstraßen-Thea ier nach der Ecke der Front- und Gaystraße zu lausen; der Vertierende mußte sich ver pflichtet halten, ein Kiste Wein zu bezahlen. Am Sonnabend fand der Wettlanf statt und das Resultat war, daß Devere den Sieg da von trug. Sam durchlief die angegebene Strecke in 124 Sekunden; Bond bücb 45 Fuß zurück. Berry Amos und H. Ebaugh erprob ten am Sonnabend Morgen auf der Hernng Run Bahn die Schnelligkeit ihrer Beine. Die Bedingungen waren, daß man über eine Strecke von 300 Fuß lause und ein Einsatz getd von §5O zahle. Ebaugh blieb Sieger, indem er die vorgeschriebene Entfernung in 114 Sekunden zurücklegte. Wie uns mitge theilt wird, werden Devere und Ebaugh heute einen Wettlanf in Fairhaven abhalten. Ein lebensmüder einstiger Sol datversucht seinem Leben einEnde z n m a chen. Seit mehreren Wochen gc hörte Wm. Quirk, ein alter früherer Unions soldat, zn den regelmäßigen Besuchern des mittleren Stationshauscs. Er trieb sich seit Ende des letzten Krieges in der Welt umher, ohne auch nur einen Versuch zu wagen, sich irgendwie nützlich zn machen. Sein einziges Vergnügen bestand darin, möglichst große Quantitäten Whiskey durch die Kehle gleiten zu lassen. Am letzten Dienstage bezog er seine Pension und noch am selben Tage wurde er wegen Trunkenheit und ordnungswidrigen Betragens verhaftet. Am Sonnabend Mor gen trat er in den Hosraum des Hauses Ztr. 15, Ost-Madisonstraße, (dem Hrn. Radigan gehörend) und begab sich auf den Abtritt. Als er ungewöhnlich lange ausblieb, 'nchtc Hr. Radigan ihn auf, und fand ihn auf dem Bo den des Abtritts liegen. Die Seitenwändc waren mit blutigen Fingerabdrücken beschmiert und bei näherer Untersuchung fand Hr. Radi gan unter dem Kopse des alten Soldaten ein mir Blut bestecktes Rasirmesser. Quirk hatte sich mit dem Messer mehrere Schnitte am Halse beigebracht, war aber trotzdem noch am Leben. Polizist Rodgcrs ward ohne Sän men von der traurigen Begebenheit unterrich ter und eilte, nachdem er zuvor Dr. Ray auf gesucht, in des Letzteren Begleitung nach dem Schauplatze des Ereignisses. Der Arzt ent deckte drei gciährliche Schnittwunden an dem Halse des Unglücklichen, und seine Untersu chung stellte fest, daß jeder Schnitt durch die Luftröhre hindurchgegangen war. Nachdem Dr. Ray die Wunden zusammengenäht, wur de Quirk nach dem Hospitale der Washing ton-Universität gebracht. Ob er mit dem Le ben davonkommen wird, ist sehr fraglich. Quirk trat zu Anfang des Krieges als Ge meiner in Compagnie F des 90.'Regimcnts der Pennsylvanier Freiwilligen; er wurde im Jahre 1804 ehrenvoll entlassen, nachdem er in der Schlacht bei GaineS' Mills eine schwere Wunde iin Bein davongetragen hatte. Sein einziger Sohn wurde vor einigen Jahren in emer Kohlenmine bei Pottsville getödtet. Erst gegen Ende des vorigen Jahres kam Quirk nach Baltimore, wo er seither in dem Hause des Hrn. Radigan wohnte. Am Freitag Abend legte er sich ans einem Sopha im Hof raume des Hauses zum Schlafen nieder. Äls er am Morgen erwachte, trat er in die Küche und betrachtete sich lange im Spiegel. Hr. Radigan hielt Quirk seit längerer Zeit für geistesschwach, doch hegte er keine Ahnung, daß der alte Soldat seinem Leben ein Ende machen werde. Schrecklicherßrandunfal l.—Die in Nr. 52, Hainburgstraße, wohnende Frau Bangs zündete am Donnerstag Abend eine Lampe mittelst eines Fidibusses an und warf darauf das noch brennende Papier auf den Fußboden. Unglücklicher Weise kam der Fi dibus mit dem Kleide der Frau Bangs in Berührung und wenige Sekunden später stand das Kleid in hellen Flammen. Hr. Van Nostrand, Ex - Polizeimarschall, hörte die Hülserufe der Frau, lief in deren Haus und riß der BedauernSwcrthen die Kleider vom Körper. Bei diesem Versuche verbrannte er wie auch Frau Bang sich erheblich an den Händen. Ein kleiner, 20 Monate alter Sohn der Frau B.,klammerte sich an die Kleider der Mutter und trug im Gesichte, an, Kopfe und an der linken Seite schwere Brandwunden da von. Sterblichkeit - Tabelle. Ver flossene Woche wurden aus Baltimore 150 Personen, 72 männlichen nd 78 weiblichen Geschlechts, worunter 38 Neger und 8 Todt geborene, beerdigt; 19 mehr, denn in der Vorwoche, resp. 40 und 2 weniger, als in den Parallel-Wochen von 1872 nnd'7i, aber resp. 19, 19, 23, 41, 47 und 33 mehr, als in den correfpondirenden Wochen von 1873, '7O 'O9 'OB, 'O7 und 'OO. ' ' John Halifax, Gcntlcman. Aus dem Englischen von Sophia Aerena Fortsetzung.) Zwanzigstes apitel. Im Spätherbst- wurde die Heiratb von John Halifax und Ursula March geschlos sen. Er war einundzwanzig und sie ackt zehn Jahre, ein sehr jugendliches Alter für Beive, zu jugendlich möchten manche klu gen, bedenklichenLcule sagen, und dennoch scheint es mir zuweilen, als ob auf solchen frühzeitigen Verbindungen nn zweifacher ?egen ruhe. Eine rechte, würdige Ehe, auf wahre Liebe begründet, wird sei sie spät oder früh eingegangen stets geheiligt und glücklich sein; aber dessenun geachtet haben wohl die noch mehr Aus ficht und Anwartschaft aus Glück, welche im Lenze des Lebens sich zusammenfinden und mit frischen, fröhlichen Herzen, die sich weicher und leichter in einander fügen, in der Kraft und dem Reichthums der Jugend, wohl geeignet, die Freude voll und rein zu genießen, denKummcr stark und muthig zu tragen, ihre Pflichten brav und tüchtig zu erfüllen, den Weg des Lebens gemein sam beginnen, innig vereint durch eine reine, treue Liebe. So waren diese Beiden, die Gott segnen möge! Die Trauung wurde ganz in der Stille vollzogen, nickt nur deshalb, weil sie keine Verwandten hatten, sondern auch weil John drr Ansicht war, eine so geheiligte Feier werde durch äußerliche Schaustellung herabgesetzt. An einem goldigen Herbstmorgen ging Ursula in ihrem einfachen, weißen Mous selin- Kleide ruhig unv andachtsvoll an John's Seite den stillen Ehorgang der Abtei hinaus, und sie tauschten am Altar ihr heiliges, bindendes Gelübde aus, wo der Niemand anders als der würdig: Dok tor Jessop, jeine Frau und ich als Zeugen dienten. Dann traten sie eine kleine Reise an, und ohne Gepränge, ohne Thränen, vollkommen glücklich im gegenseitigen Be sitze, fuhren sie von uns, die jungen, seli gen Gatten. Ats ich nach Hause kam und meinem Vater die Kunde mittheilte, schien er nicht überrascht davon. Er hatte ausdrücklich gewünscht, nicht früher von der Hochzeit zu hören, bis Alles vorbei sei denn er haßte das Heirathen. Doch da es nun geschehen und nicht mehr zu ändern ist, so mag es hingehen, sagte er brummend. Sie scheint ein bra ves, jungesDing zu sein, verständig selbst für eine Frau. Und amnuthiz auch, Vater. Ach, solche Reize lind betrügerisch und Schönheit ist eitel. So ist „unser Junge" nun abgereist —. und meines LaterS Blick zeigte deutlich, daß er John vermisse, der seit seinerKrankheit ganz in unserem Hause gelebt hatte. Es ahnte mir fast etwas von der Sache, als er mir gestern gute Nacht sagle und mich um Urlaub zu einer kleinen Reise bat. Verheiralhet! verhci rathet! Komm' her, Phineas, setze Dich zu Deinem alten Vater nieder, ich bin froh, daß Du stets ein Junggcsell bleiben willst. Wir saßen gemüthlich beisammen und während mein Vater in tiefem Sinnen seine Pfeife rauchte, gedachte ich der schö nen, stillenWinterabende, die ich am trau lichen Kamine lesend und sprechend mit John verbracht, der süßen Abendstunden, welche wir im Sommer in unserem Garten verlebt hatten. Jetzt war er ein verhei ratheter Mann, das Haupt eines Hauses; Andere hatten Rechts, die ersten, geheilig ten Rechte, an die Liebe, welche einst ganz mein gewesen; und obgleich die Heirath so durchaus glücklich undhofsnungsreieh war, daß kein Tag verging, an dem ich mich nicht über das Glück meines Bruders freute, so war eS dennoch ein schmerzlich wehes Gefühl, ihn nicht mehr im Hanse zu haben, zu wissen, daß seine sorglose Jugendzeit vorüber war, und daß sein Le ben sich jetzt weit von dem meinem tren nen mußte. Natürlich war ich dieser Empfindungen vollkommen Herr geworden, als John seine junge Frau in sein Haus eingeführt hatte und ich dorthin ging, ihnen den er sten' Besuch zu machen. Ich hatte es schon einmal früher besichtigt, das alte Wohnhaus, welches mein Valer mit der Kornmühle zusammengekauft. Es lag in der Mitte der Stadt, die Vorderfenster führten auf die Straße, während an die Hinterfront der von vier Steinmauern eingefaßte, wüste, große Garten stieß. Die Wohnung war keine sehr stattliche, am we nigsten für ein neuvermähltes Paar; ich fürchtete, sie würden es auch so finden, ob gleich Jobn in den letzten zwei Monaten in den frühen Morgen- und den späten Abendstunden geschäftig darin gearbeitet hatte, wobei er sein Thun so geheim hielt, als sei er eisersüchtig, daß irgend ein An derer ihm eine helfende Hand könne rei chen wollen, bei der schönen Ausgabe, das Haus für seine junge Frau einzurichten. Groß und glänzend konnten die Vorbe reitungen nicht gewesen sein, denn obwohl John jetzt als Theilnehmcr des Geschältes ein Drittel des Gewinnes bezog, so war das immer kein bedeutendes Einkommen. Und dennoch wurde ich durch das Innere des Hauses überrascht, das einen oollkom meneneu Gegensatz zu seiner düsteren un gemüthlichen Außenseite bildete. Alles sah strahleno rein und frisch aus, die Thü ren und Wände waren neu gestrichen und geschmackvoll gemalt. Unser Herr hat das Alles allein gethan, bemerkte stolz das kleine Hausmädcken Jenny, Jem Watkins' Schatz, für welche ich diese Stelle von Frau Halifax erbeten halte. Obgleich nur wenige Zimmer meublirt waren und zwar mit der größten Einfachheit, so war doch das Ganze mit Geschmack und Sorgfalt angeordnet und ausgestattet; die Farben stimmten harmo nisch übereiu und oie Menbles waren von solider anmuthigec Form. Sie waren im Garten beschäftigt, John Halifax und seine Frau. Wie jung sie Beide aussahen! Er kniete am Boden, eine Einlassung von Buchsbaum pflanzend und sie stand neben ihm, die Hand auf seine Schulter gelegt, die Hand, an wel cher der bedeutungsvolle Ring glänzte. Er lachte über e'was, das sie ihm gejagt das alte, liebe Lachen meines David. Meines David!? Sie bemerkten mich nicht, bis ich dicht vor ihnen stand. Phineas, willkommen, herzlich willkom men! Er schüttelte meine Hand mit treuem, warmem Druck, so that Ursula holdselig, erröthend. Sie nannten mich „Bruder" und Beide waren so innig und liebevoll zu mir, wie nur Geschwister sein konnten. Nach einigen Minuten ging Ursula in's Haus und John und ich blieben allein zu rück. Er blickte seinem Weibe nach, so lange er sie sehen tonnte, spielte mit dem Spaten, warf ihn fort, und indem er dann seine beiden Hände aus meine Schulter legte, sah er, mir voll in's Gesicht, zit ternd vor Gemüthsbewegung. Bist Tu glücklich, David? Ja, Phineas, so, daß die Fülle meiner Seligkeit mich zuweilen erschreckt. Gott mache mich meines Glückes würdig und mehr noch Ihrer! Er schaute zum Himmel empor. In sei nen Augen lag jetzt ein neuer, anderer Ausbruck, ein Blick, so weich und feierlich zugleich, welcher die vollständige Befriedi gung eines Seins ausdrückte, das durch die Verbindung, die innige Verschmelzung mit einem anderen theuren Leben seine Ergänzung und Vervollkommnung gesun den hat, so daß Beide nun ein volles Ganze bildeten, ein Ganzes, das, mag es auch noch so freundlich und theilnehmend auf Verwandte und Freunde blicken, doch ihrer nicht mehr bedarf, weil es sich selbst daraus genügt wie es in jeder wahren Ehe sein sollte. In seinem Blicke war die Erfüllung des Gesetzes zu lesen daß der Mann Vater und Mutter, Brüder und Gefährten verlassen soll, um seinem Weibe anzuhangen, auf daß sie Beide ein Leib und ein Seele werden. Obwohl ich mich seines Glückes freute und Gott weiß, daß ich es that so fühlte ich doch mit einem leisem Weh de zarte Scheidelinie, welche, ohne eineSchuld von unserer Seite, für ewig zwischen uns gezogen war. Es lag ja nur in der Na tur der Dinge, es war der Unterschied zwischen dem Verheirathetcn und dem Un verheiratheten, welchen nur der Letztere fühlt, und welchen zu fühlen ihm vielleicht Gott selbst bestimmt bat, damit ihm aus der großen Einsamkeit, in der er in der äußeren Welt dasteht, eine reichere, innere Welt erwachse, ein kleines Eden in der Seele erblühe, in dem er Seine Stim me höre, wenn er dort in der Abendkühle unter schattigen Bäumen ruht von der Hitze des Tages. Wir gingen den Garten zu besichtigen, der durchaus nicht paradiesisch war, viel mehr noch eine Art Wüste bildete und aus Koblanpflanzungen, leeren Blumenbeeten und alten, groben Obstbäumen bestand, die nur spärliche Früchte trugen. Wir werden ihn im nächsten Jahre ver schönern und verbessern, sagte John hoff nungsvoll. Es kann mit der Zeit ein ganz hübscher Garten werden. Er überblickte sein kleines Reich mit dem Auge eines verständigen Herrn und legte seinen Arm mit einer Mischung von Stolz und Schüchternheit um Ursula's Schulter, die wieder zu ihm zurückgekehrt war, unter dem Vorwande, einen Brief abgeben zu müssen, doch innerlich wohl von dem in jenen eisten, süßen Tagen so natürlichen Wunsche getrieben, jede Mi nuten bei ihm zu sein. Es war lieblich anzusehen, welch' eine Milde und Weich heit über das sonst so stolze, sehr bestimmte Wesen der „braunen Maid" gekommen war. Darf ich mitlesen? fragte sie, über John's Schulter blickend. Gewiß, meine Kleine. Ein seltsamer Liebesname für sie, die nichts weniger als Nein war. Ich mußte darüber lächeln, da ich mich des Tages er innerte, als Jobn Halifax sich mit jenem tiefen, förmlichen Gruße vor der stattlichen vornehmen Dame verbeugte, welche in Frau Todd's Thür stand. Zu denken, vaß es je dahin kommen konnte, daß er sie „Kleine" nannte. Doch es schien mir keine geeignete Zeit zum Sckerzcn, denn während sie den Bries las, sah ich das Antlitz der jungen Frau sich mit glühendem Errathen und tiefem Ernst überziehen, bis John das Papier zusammenknitlerte und es mit lachendem, beinahe knabenhaftem Uebermnthe in ei nen Rosmarinstrauch warf. Dann faßte er Ursula's kecke Hände und blickte sie lä chelnd an. Hoffentlich kann Dich das nicht kränken, Ursula? Wir wußten es ja Alle vorher, und so kann es doch nicht den geringsten Unterschied jetzt machen. Nein, aber es ist schlecht, ungerecht. Ich glaubte niemals, er könne es wagen, es zu thun Dir gegenüker. Höre sie, Phineas! Sie meint, Nie mand könne wagen, ihrem Manne etwas Böses zuzufügen, selbst Richard Brith wood nicht. Er ist ein Still, Liebling! Wir wollen nicht von ihm sprechen; mit all'seinen Drohungen kann er uns nicht schaden, und trotz seinen Drohungen ist er ein armer, bellagenswerthcr Mann, der niemals halb so glücklich sein wird, wie wir es sind. Das war die Wahrheit. So traf Ri chard Brithwood's beleidigenden Brief das Sckicksat im Rosmarinstrauch zu ver modern; und wir wandelten in scherzen den und einsten Gesprächen den Garten aus und ab. Ja, der Ernst war auch da bei, denn es wurden viele Pläne entwor fen und Ansichten ausgetauscht, wie Alles in dem kleinen, jungen Haushalte recht sparsam eingerichtet werden könne. Ihren sröblichen, frischen Gemüthern erschien selbst die Dürftigkeit als kein Schrecken, sondern wurde von ihnen als ein rechtli cher, strenger Freund betrachtet, dessen Antlitz bei allem Ernst doch Güte zeigte, und dessen etwas harter, fester Händedruck uns nur die eigene Kraft besser fühlen läßt. Wir haben die Absicht, sagte John lä chelnd, „zwei lebende Beweise" für die Vortheile der Armuth darzustellen. Wir werden sie nicht fürchten, noch uns ihrer schämen; denn wir sind der Ueberzeugung, daß unsere Ehrenhaftigkeit nur von unse rem eigenen Selbst abhängt. Aber die Nachbarn? Unsere Nachbarn mögen von uns den ken, was ihnen gefällt. Die Armuth hat ihren größten Stachel verloren, wenn man sein Hausweckn nur zu seiner eigenen Be haglickkeit und nicht für die Anmerkungen seiner Nachbarn einrichtet So denke ich auch, rief Ursula fröhlich. Uebrigens sind wir jung, haben wenig Bedürfnisse und können diese wohl nach unserem Einkommen beschränken. Und keine grauseivenen Kleider mehr? fragte John mit einer Mischung von Zärt lichkeit und Schmerz. Du wirst doch nicht so unartig sein, be haupten zu wollen, ich würde in einem Kattunkleide nicht ebenso gut aussehen? Und ob ich darin ebenso glücklich sein werde das weiß ich selbst am besten. Er blicktejsie an mit jenem zärtlichen,be wundernden Lächeln, das nicht nur um seine Lippen schwebte, sondern selbst aus der Tiefe seiner glänzenden, braunen Au gen leuchtete. Gewiß, keine Frau braucht zaghaft zu sein, wenn ein solches anerken nendes Lächeln des geliebten und verehr ten Mannes auf sie strahlt, und ihr zu gleich Kraft und Muth verleihend, der Sonnenschein ihres Hauses ist. Wir gingen hinein, und die junge Her rin zeigte uns ihr ganzes Haus; vom Bo den bis zum Keller wurde Alles besichtigt und bewundert. Dann richteten wir uns im Wohnzimmer gemüthlich ein, und nach dem Thee ordnete Ursula ihre Bücher, ei nen Theil derselben auf hübschen Bücher brettern, andere aus einem alten Klavier, das Jobn irgendwo ausgetrieben und das, wie er sagte, nur alsßücherständer benutzt werden konnte: da seine Frau keine „ganz vollkommene junge Dame" sei und weder spielen noch singen lönne. Dock ich hoffe, das Klavier mißfällt Dir nicht, Ursula? Ich habe ein eigenes Woh lbehagen daran, und weißt Du warum? Weil mir eine schwache Erinnerung vor schwebt, als ob ich meine Mutler auf ei nem solchen Instrumente spielen sah. John sprach mit leiser, bewegter Stim me; Ursula war zu ihm getreten und schaute ihn mit einem innigen, ehrsurchtS v llen Blicke an. Du hast mir niemals ctwaS von Deiner Mutter erzählt, Jchn. Ich babe nichts zu erzählen; Tu weißt es ja schon lange, wen Du gcbeirathet John Halifax, der keine Freunde, keine Verwandten hat, dessen Eltern ihm nichts hinterließen, als ihren Namen. Du kannst Dich ihrer nicht mehr erin nern? Meines Vaters gar nicht; zuweilen aber schwebt mir noch oas Bild meiner Mutter vor. Und besitzest Tu nichts, das ihnen zu gehörte? Nur eine Sacke, ein einziges Andenken möchtest Du es sehen? Von Herzen gern. Sie sprach immer noch leise und zögernd. Als John das Zimmer verlassen, sagte sie zu mir: Wie traurig für ihn, nicht einmal seine Eltern gekannt zu haben. Auch ich möchte sie gekannt haben; doch wozu —da ich ihn kenne. Mit einem strahlenden Lächeln strich sie die Locken von ihrer Stirn, welche ein Juwelen-Diadem minder stolz getragen haben würde, als die schmucklose Ehre und Auszeichnung: John Halifax's Frau zu sein. Ich wünschte, er hätte sie in diesem Moment erblickt, wie ich sie sah. Hier, Ursula, ist das Einzige, was mir meineEltern hinterlassen haben; noch Nie mand, außer PhineaS, hat es gesehen. Er hielt in seinen Händen die kleine Bibel, welche er mir vor Jahren gezeigt hatte. Vorsorglich und mit demselben Blick inniger Ehrfurcht, welchen desKna ben Augen damals trugen, nahm er sie aus ihrer Umhüllung. Mit sanfter, acht samer Hand berührte sie Ursula; er deutete auf das erste Blatt, sie las die Inschrift und wiederholte laut: Guy Halifax, Gentleman. Ich glaube ich dachte Eine freudige Ucberraschung sprach aus ihrem Antlitz. Sie müßte nicht eine Frau gewesen sein und überdies eine, die selbst von guter, edler Geburt war, und die man gelehrt, mit Stolz darauf zu blik ken, wenn sie jetzt nicht eine gewisse Befriedigung hätte empfinden und zeigen sollen. Du glaublest, daß ich nur eines Arbei ters Sehn sei, oder Niemand angehörte. Nun, ist das Gegentheil von so großer Bedeutung, verleiht es mir einen höheren Werth in Deinen Augen? Nein, rief Ursula, indem sie sich an seine Brust warf und aus ihn schaute mit einem Blick, in welchem ihr ganzes Herz lag, nein, es bedeutet nichts, ändert nichts! Wäre Dein Vater ein regieren der Fürst oder ein Bettler gewesen, mir würde es ganz gleich sein; Du bleibst im mer Tu selbst, mein Stolz, mein Glück, mein John Halifax! Gott segne Dich, mein theures Weib, das Er mir gegeben hat! flüsterte John, sie fest und innig an seinem Herzen hal tend . Sie schienen Alles um sich her vergessen zu haben in dem Glücke, das ihre Seelen bewegte, und ichschlich leise davon, zuJenny nach der Küche hin, um mit ihr zu überle gen, ob wir in unserem Hause nicht Jem Watkins zwei Tage in der Woche entbeh ren könnten, damit er hier im Garten, unler des Hausherrn Anleitung arbeite. Doch hört, Jenny! rief ich lächelnd und mit dem Finger drohend, kein Versäumen, kein Schwatzen! Ihr jungen Leute müßt erst tüchtig arbeiten, ehe Ihr zu dem glück lichenZiele kommt, welches Cure Herrschaft jetzt erreicht hat. Das kleine Mädchen wurde so glühend roth, daß ihre Wangen mit den Päonien, Jem's Lieblingsblumen, hätten wetteisern können, und versprach Gehorsam. Um den gewissenhasten Jem war ich nicht be sorgt; alle die rosigen Mägdleins der Ehristenhett hätten ihn nicht dazu gebracht einen Augenblick seine Pflicht gegen „Herrn Halifax" zu vernachlässigen. So gab es Liebe im Wohnzimmer, Liebe in der Küche; doch ich glaube, die jungeHerr schaft wurde um so besser bedient, weil sie freundlich and gütig zu den Liebenden, ihren Dienern, war. John begleitete mich nach meinem Hause zurück, eine Freude, die ich kaum erwartet hatte und nicht annehmen wollte, aber Beide bestanden darauf. Vom ersten Tage ihrer Verlobung an hatte sich ein schönes, geschwisterliches Verhältnis; zwi schen Ursula und mir gestaltet. Ihre edle, großmüthige Natur würde davor zu rückgebebt sein, Kälte und Enifreindung zwischen ihrem Manne und seinen alten Freunden herbeizuführen, wie so manche junge Frauen es thun lottcn. Nein, sicher und beglückt in ihrem Reichthum, im vol len, rechtmäßigen Besitze seines ganzen Herzens, nahm sie in ihr eigenes Herz alle Die mit Liebe auf, welche John theuer waren und zu ihm gehörten. So waren wie die besten Freunde, meine Schwester Ursula und ich. Wir sprachen von ihr, als wir durch den stillen Abend dahingingen, von ihrer frischen, blühenden Gestchtssa'be, welche, wie John hoffte, nicht durch die Tladtlust erbleichen würde; dann erzählte er mir von ihier frischen, blühenden Gesichtsfarbe, welche, wie John hoffte, nicht durch eie Sladtluft erblelcheu würde; dann erzählte er mirvvn FrauTodd's gtenzenlosem Ent zücken, da sie zwei Tage in dem tiebenßo senhauSchen in Enderly zugebracht halten. Dennoch war er zurückhaltend von seiner jungen Gatten zu reden, oder über sein Glück zu sprechen, das ihm noch so neu, so wunderbar erschien, als dürfe er nickt za fest darauf bauen, auZ Furcht, es könne plötzlich in Luft zerstießen. Als wir über die Straße schritten, fuhr eine schöne Equipage an uns vorbei, der er aufmerk sam nachblickte und lächelnd sagte: Graue Ponny'S sie liebt graue, lang schwänzige Ponny'S so sehr. Wann wird es mir möglich sein, ihr Wagen und Pferde zu hatten? Und dennoch kann es einst vielleicht geschehen wer weiß? Tann erzählte er mir von der Tuchfa brik die er wieder einmal besichtigt hatte, als sie in Enderly waren. Und weiht Du, Phineas, als ich die Maschinenwerke betrachtete, kam mir der Gedanke, daß, statt des Wasserrades, sie vielleicht durch Dampf in Bewegung ge setzt werden könnte. Welche Art Dampf? O, ich sehe, Dein Gedächtniß für der gleichen Dinge ist nicht besser, aG sonst. Hast Du vergessen, daß ich Dir mittheilte, wie im letzten Jahre ein schottischer Inge nieur den Versuch machte, Schisse durch Dampf zu bewegen? Warum sollte nicht dieselbe Kraft in einer Walkmühle ange wendet werden? Ich weiß, es wäre mög lich ich habe sogar schon den Plan zu den erforderlichen Maschinen in meinem Kopfe; gestern Abend zeichnete ich den En twurf und zeigte ihn Ursula; sie verstand Mick angenbücklich. Mit Geschick und Ausdauer könnte man, glaube ich, einVer mögen bei jenen Mühlen in Enderly er werben. Wie wäre es, wenn Du den Versuch machtest? sagle ich halb im Schmerz, und war erstaunt, zu sehen, wie ernst John die Sache nahm. Ich wünschte es stände in meinerMacht den' Versuch zu unternehmen, wenn er nur ausführbar wäre: zuweilen denke ich, es möckte gehen. Tie Mühle gehört dem Grafen Luxmore und steht unter der Auf sicht seines Verwalters. Wenn man da die erste Stelle erhalten könnte, als Werk meister oder -- Versuche es! Dir gelingt Alles, was Du unternimmst. Nein, nein, ich darf dem Gedanken nicht nachhängen, ich habe es mit Ursula über legt, daß ich es nickt darf! sagle er fest und entschlossen. Es ist meine schwache Seile, mein Steckenpferd, wie Tu weißt, doch ich will keinSteckenpserd mehr haben; vor Allem muß ich nicht, um eine Idee auszusübren, die Arbeit vernachlässigen, die mir obliegt und mich nährt. Wie steht es in der Lohgerberei, Phineas? Mein Vater vermißte Dich dort sehr. Mir kommt es vor, als wenn er bedrückt aussähe, ich glaube, er sorgt sich mehr als nöthig ist um das Geschäft. Das darf er nicht; Du mußt ihn so viel wie möglich zu Hause scsscln. Ich werte schon dasNöthige sowohl im Gehörte als im Eomtoir besorgen. Ihr wißt es ja Beide, daß ich niit meinen besten Kräf ten für unser Aller Wohl arbeiten werde. Er sprach mit einem so ungewöhnlichen Ernil, daß ich überrascht auf ihn schaute: Sage, John, es ist loch Nein, es ist keine Ursache zu Befürch tungen vorhanden, wenigstens nicht mehr, als schon im letzten Jahre war. Handel und Wandel stockt, mit allen Gcwerken gebt es jetzt nickt gut. Doch unbesorgt, wir werden dem Sturme trotzen— ich habe Mutb. Obgleich er heiter und zuversichtlich war, so begann ich doch zu ahnen was John gewiß längst wußte daß unser Vcrmö gen einem leck werdenden Schisse glich, dessen Steuer der schwachen Hand meines Vaters entschlüpft war; aber Jobn hatte es ergrissen, er stand da, in scinerJugcnd krast, mit festem, umsichligem Blick lue Gefahr überschauend, vielleicht brachte er uns dennoch mit GottesHülse sicher in den Hasen. In diesem Moment fuhr der reizende Wagen mit den grauen Ponny's wieder an uns vorüber. Von den beiden Da men, welche darin saßen, lclmle sich die eine hinaus und grüßte; die Pferde wur den angebalten, ein Bedienter kam und bat Herrn John Halifax, einen Augenblick zu Lady Caroline Bnthwood zu kommen. Wirst Du der Aufforderung Folge lei sten, John? Gewiß, warum nicht? Und er ging zu den Damen hinüber. Ack, entzückt Sie zu sehen, mon lwau eoukin? Das ist er, Emma, sagte Ladv Caroline, sich zu ihrer Gefährtin wendend. Was für ein reizendes, holdseliges Antlitz diese Tame hatle! Kein Wunder, daß sie Männer um ihren Verstand brachte, ja selbst ihm den Sinn verwirrte, dem bra ven Manne, aus dessen ehrenhaftes, ruhm reiches Leben nur die eine Sünde ihre dunklen Schatten warf, daß er ihrem zau berhasten Liebreiz erlegen war. John hatte den Namen gehört, vielleicht auch hatte er das Gesicht der Dame wie dererkannt, deren Bild ja schon genug in die Oeffentlichkeit gedrungen war. Auf sein Antlitz legte sich ein so strenger Ernst, wie ich selten daraus gesehen, und dennoch mischte sich ein Zug des Milleides hinein. Sie befinden sich ganz wobl, dem Aus se bennach zu urtheilen n'est oo pas, mn olic>rc> s?mn:!i! John ettru, vollkommen ernst und ru hig die Blicke der beiden Damen, welche fast mit zu offenkundiger Bewunderung an ihm hasteten Auf die Frage nach seiner Gesundheit antwortete er nur mit einer stummen, ernsten Verbeugung. Und wie geht es der jungen, reizenden Frau, dem Kleinod, das Sie stahlen nem, es wurde vollkommen rechtlich er worben. Wie geht es Ursula? Ich danke für Ihre Theilnahme, meine Gattin befindet sich ganz wohl. Lady Caroline lächelte über John'sWc sen, das, trotz aller Feinheit und Höflich keit, entschiedene Kälte ausdrückte; doch sie wollte sich nicht abweisen lassen. Ich bin wirklich entzückt, Ihnen begeg net zu sein; wir müssen Freunde werden, es ist ja nicht durchaus erforderlich, daß unsere Freunde immer die unserer Männer sind, nicht wahr, Emma? Du wirst Dich in die junge Frau ganz verlieben; wir wollen Beide die erste paffende Gelegen heit ergreifen, um, gleich verkleideten Prinzessinnen, Frau Halifax zu besuchen. Ich muß Ihnen, noch einmal danken, Lady Caroline, aber Kein Aber; ich bin entschloffen, meinen Plan auszuführen. Richard wird niemals etwas davon erfahren, und wenn es ge nun ck sei es! Sie wissen, ich mag Sie Beide gern leiden, und wir müssen Freunde sein; Sie und Ursula sind die einzigen gutenMenschen, denen ich jemals begegnet bin, die nicht langweilig und un angenehm sind. Darum keinen unzeitigen Stolz, kein Zurückweisen! Sie blickte John mit jener herzgewin nenden Lieblichkeit an, welche die Natur ihrem schönen Gesichte verliehen, dessen feine Züge schon etwas matt und gealtert aussahen, dessen Frische schon durch Kunst hervorgezaubert wurde. Jobn begegnete dem Blicke mit einer leisen Trauer in seinen Augen; es war so schnür, Güte und Entgegenkommen durch abmessende Hätte zu erwidern; doch ein leises Lachen der anderen Dame drang an sein Ohr und alles Zögern wenn er überhaupt solches gesuhlt war über wunden , Nein, Lady Caroline, es kann nicht ge schehen, wie Sie in Ihrer Freundlickieit es sich vorgenommen. So nahe bei ein ander wohnend, wird zuweilen der Znsall ein Begegnen herbeiführen, und ich hoffe und wünsche, daß wir uns immer mit freundlichen Gesinnungen wiedersehen; doch eine Freundschaft zwischen Ihrem Hause und dem meinigen würde nicht nur unter den obwaltenden Verhältnissen, son dern immer ganz unmöglich unv unstatt haft sein. Lady Caroline zuckte die Schultern mit einer alleltiebst pignirten Miene. Wie es Ihnen gefällt, ich gebe mir nie mals gewaltige Mühe, die Freundschaft irgend eines Menscken zn erringen. Do gou lio vaut pax la elinuckolla. Bitte, Mißverstehen Sie mich nicht! sagte John ernst und diingend. Glauben mir, daß ich Ihre frühere Güte gegen meine Gallin stets dankbar anerkenne; doch die Verschiedenheit zwischen ihr und Ihnen, zwischen Ihren beiderseitigen Le bensstellungen, ist zu groß, zu unausfüll bar. Vruiiuont! Wieder ein Achselzucken und ein fast bit teres Lächeln. Unsere Wege liegen zu weit von einan der weit wie die Pole. Mein Haus, unsere gesellschaftlichen Verhältnisse wür den Ihnen nicht zusagen, und daß meine Frau jemals in Ihre Kreise treten könnte John's Blick streifte die Gesichter der beiden Damen, welche durch künstliche Rosen fcisch und belebt, durch erzwunge nes Lächeln erhellt waren daS ist un möglich, ganz unmöglich, Lady Caroline. Eine Augenblick sah sie beleidigt aus, doch dann gewann ihre leichtfertige Fröh lichkeit wieder die Obeihand. Höre ihn, Emma! so jung und so hart herzig. Aluis usus vervons! Sie werden schon einmal ihre Ansicht ändern! ro voir, Uoir denn oonsiir! Sie fuhren schnell dahin und waren bald unseren Augen entschwunden. Job, was wird Ursula jagen? Mein süßes, unschuldiges Kind! Golk sei gedankt, daß sie fern von all' dem Treiben ist, sicher an eines armen, aber ehrlichen Mannes Herzen Schutz gesunden hat! Er sprach mit tiefer Bewegung. Aber Lady Caroline ist doch Sahst Du, wer ihr zur Seite saß? Eine wunderbar schöne Frau. Arme, bellagenswerthe Frau trotz ihrer Schönheit; Phineas, das war die Lady Hamilton. Wir schwiegen Beide, in Betrachtullgen versenkt. An unserer Hausthür nahm John von mir Abschied, ganz in der herz lichen Art wie früher. Nimm' Dich nun selbst in Obhut, mein aller Junge, da ich nicht bei Dir bin. Vergiß es nie, daß ich stets derselbe Ty ranr. bleiben werde, wie wenn ich noch mit Dir lebte! Mit glücklichem Lächeln schaute ich ihm nach, als er noch seinem stillen, gesegne ten Hause, zu seinem eigenen Heerd zu rückkehrte. Winter und Frühling gingcn ruhig da hin. Durch beständiges Kränkeln wurde ich an das Hans gekesselt, doch John und Ursula kamen fleißig zu mir. In dieser Krankheit, da ich täglich sehnsuchtsvoll ih rem lieben Antlitz, dem Klange ihrer fröh lichen Stimme entgegenharrte, lehrte mich Uriula, die wie eine treue, gütige Schwe ster an meinerSeite saß, saß sie nickt mehr FrauHal fax, sondern Ursula zu nennen.lch lernte es nur nach und nach, d-nn sie war keines jener janslen, schüchternen Wesen, die man leickt bei ihremVornamcn nennt. Ihr ganzes Austreten und Benehmen in ihren Mädckcntagen war nicht gerade das, was man „saiistmüthig und untcrwütsig" nennt, außer ihm gegenüber, dem Einzi gen, dem sie sich vollständig beugte und dem sie ihr ganzes Leben hindurch die nachgebenvste, zärtlichste <ckllin war. Zu jedem Anderen benahm sie sich mit Würde und selbstständiger Entschiedenheit, sogar mit jener Art Zurückhaltung, weiche, wie ich schon bemcrlle, es nicht leicht machte, sie Ursula anzureden. Später als ihr ganzes Sein und Wesen von einem neuen Lichte umflossen wurde, einen anderen, neuen Charakter anginoin men hatte, für den der Himmel sie besvn ders bestimmt zu baden schien und in dem sieß vollkommen schön und edel war, gab ich ihr einen anderen Namen doch da hin werde ich später kommen. In den langen, heißen Sommertagcn, wenn es in unserem Hause so sehr still und öde war, ging ich nach John's hin über und saß Stunden lang unter den Apfelbäumen in seinem Garten. Dort sah es jetzt anders ans, als vor einem Jahre; die wüste Unordnung hatte gere gelten Anpflanzungen Platz gemacht. Tie alten Bäume waren gesäubert und be schnitten und junge dazwischen gesetzt; Ursula nannte sie stolz „unseren Obstgar ten," obgleich sie die Krone des höchsten Bäumchens mit ihrer Hand erreichen konnte. Als Zuwachs zu den gewöhnli chen Kohlköpfen kamen Beete voll weiß blühender Scholen, prächtigen Blumen kohls und anderer leicht zu ziehender Ge müseanen. Mein Vater hatte Ableger von seinen gefeierten Stachelbeersträuchern, feinenSpaliersrüchten, und von derTaxus hccke Norton Bury's Stolz geliefert und Frau Jesjop hatte von dem Schatze ihrer bunten, wohlriechenden Blumen in Fülle mitgetheilt, so daß der Garten, be sonders in Berücksichtigung feiner Lage, mitten in einerStadt, ein sehrangenehmer, lieblicher Erholungsplatz genannt zu wer den verdiente. Es war gerade ein Gar ten, wie er meinem Geschmack zusagte, ge ordnet, und doch nicht zu pedantisch gere gelt und gekünstelt. Fruchtbäume, Sträu cher, Blumen und Gemüse standen in friedlicher Eintracht beisammen, ohne daß Eines oder das Andere stolz und hochmü thig ans seinen bescheideneren Nachbarn herniederschaute, oder ihm seinen Platz streitig machte Alles blühte und reifte frisch und kräftig in den Sommer hinein. > Lieber, altmodischer Garten, wie stehst Du so treu vor meinem Auge mit Deinerßlu menfülle, welche im Lenze die Beete mit Schneeglöckchen, Veilchen, Anemonen, Hyazinthen und alle den anderen süßen Arühliiigskindern schmückte, bis der Som mer seine Rosenprachl, Nelken, Lcvkoyen, blauäugigen Rittersporn, schneeweiße Li lien und viele andere Blumen sandte, und zu diesem Dustmeer noch die Federnelken, Reseda und Goldlack ihren würzigcnHauch spendeten; und später dann die kälteren, aber stattlichen Herbstblumen: vielfarbige Astern, welche vom zartesten Weiß bis zum dunkelsten Vio'.et sckangirlen, bunle Malven und die stolzen, königlichen Geor ginen folgten. Zwischen all' diese Pracht < hatte sich ad und zu eine Wald- oder Wie senblume eingeschlichen; ein solcher Ein dringling, ein kleiner Löwenzahn, schaute ganz keck umher, eitel aus sein gelbesßöck chen, und schien sich durchaus nicht in der vornehmen Gesellschaft gcnirt zu fühlen, während ein weißes Gänseblumchen ängst lich und schüchtern in einer Ecke blühte und vor Verlegenheit leicht erröthet war, da es seine schöneren, edleren Schwestern die Tausendschönchen - erblickt, von uns aber nicht minder gern gesehen wurde als diese. Auch ein Büschel wilder Thymian hatte sich eingenistet und sandte freigebig seinen kräftigen Duft in die Lust hinein, damit er sich den feineren Wohlgerüchen vermi sche. Neben der Blumensülle standen schöne, üppige Sträucher, die in ihrem fast vollen Grün dem Auge einen beruhigen den Gegensatz zu der vielfältigen Farben xraeyt boten und den Schatten zu all' dem Lichte b.ldelen; und unter den breiten, grünen Zweigen einiger allen, schönen Bäume gab es kühle Ruheplätze. Ja, es war ein herrlicher Garten, wenn er auch erst nach und nach zu der Schönheit er blühte, welche ich beschrieben habe. Je des Fleckchen darin,' jeder Strauch, jede Blume lebt noch in manchem anderen Ge dächtniß als dem meinigen und wiroJahre und Jahre hindurch festgehalten werden. Doch setzt spreche ich von dem Garten, da er jung war in der Anlage, jung wie die, welche ihn pflegten und bestellten: Jobn, Ursula, Jenny und Jem Watkins. Der Hausherr konnte nicht viel darin thun, denn sein Geschäft nahm ihn zu sehr in Anspruch, doch die junge Frau arbeitete Stunden lang in ihrem dusligen Reiche, von dem treuen brauchbaren Jem unter stützt, der keine Leistung zu schwer fand für seine angebetete Herrin und ihr zu Liebe ein capitaler Gärtner wurde. Voll Vergnügen sah ich Ursula zu, von meinem schattigen Sitze unter dem Apfel baum, wie sie mit Umsicht schaltete und waltete, und wie unter ilftcn Händen die holden Blumen zu erblühen schienen. Während der heißen Mitlagsgluth lag ick oft in ihrem kühlen, lustigen Wohn zimmer und lauschte aus ihre Stimme, wenn sie mit leichtem, hurtigem Fuße durch die Zimmer eilte, cnrweoer Jenny unletweisend oder in der Küche von ihr lernend, denn die junge, vornehme Dame hatte viel zn lernen uns war nicht be ichämt darüber, sie lachte fröhlich über i!>re eigenen Fehlgriffe unv machte den Ver such zum zweiten Male, wo er dann besser gelang. Ursula war nie müßig, und es tbat Noth, daß sie lhreHände rührte, wenn Al les im Hauck schmuck und geordnet sein sollte. Wie oft saß ich sprechend oder ihr vor lesend an ihrer -eile, während sie Spargel schälte, Schoten ansinachte oder Bohnen zchnilt; ihre Flnger Fräulein March's zarte bewunderte Finger sahen nur noch sehönee und weißer bei der ungewohnten Arbeit aus. In den langen Sommerabenden saß sie oft, mit einer Näharbeit beschäftigt, am Fenster, von wo aus sie John's Komme bemerken konnte. In weiter Ferne er schaute sie ihn schon, und dann glänzte uNd leuchtete ihr ganzes Antlitz, gleich ei ner Landschaft, welche vom vollen Son nenlichte getrossen wird. Freudig lief sie hinaus, ihm die Thür zn öffnen, ich hörte sein leises „mein Herzensl-ebling", wo raus eine lange, lange Sickte folgte. Ja, sie waren unendlich, unbeschreiblich glücklich in dieser ersten Zeit, in den Ta gen ihrer Armuth, da sie Niemand besuch ten und Niemand zu ihnen kam, da ihre ganze Welt das alte, dunkle Haus und der Garten war. In einer Jnlinacht durchwandelte ich mit John bei Sternenschein die Gänge des Gartens. Es war ein sehr heißer Tag gewesen, so daß man sich versucht fühlte, die halbe Nacht d'raußen in der milden er quickenden Lust zu bleiben. Ursula war am Arme ihres Mannes lange Zeil äuf uad abgegangen; jetzt hatte sie sich auf John's Wunich zur Ruhe begeben und wir Beide blieben allein zurück Wie weich und sansl die Sterne durch die warme, blüthenschwcre Nacht leuchte ten, was für einen eigenthümlichen Schimmersie auf die Erde sandten'.Wallende duftige Schleier schienen vom Himmel hernieder zu schweben und die ganze Na tur in ein süßes träumerisches Dämmer licht einzuhüllen, in welchen selbst das ster nenbesäete Firmament über uns in einem geheimnißvollen Nebel verschwamm und alle Gegenstände ihr Dasein mehr ahnen und suhlen, als erschauen ließen. Wie seltsam und fremdartig mir Alles vorkommt, wie überirdisch, sagle John, nachdem wir eine Zeitlang schweigend ein hergegangen waren. Phineas, wie feier lich und wunderbar es mir erscheint! Was, Joh? Was? Alles. Nach einem kurzen Zögern fuhr er fort: Nein, nicht Alles doch Eines, das von jetzt an sich in all' mein Denken, Fühlen, Handeln hinein verweben wird. Eines, das Du noch nicht weißt aber Ursula meinte, ich solle es Dir nun vertrauen. Trotzdem vergingen mehrere Minuten, che John wieder sprach. Siehst Tu, wie voll vonFrüchten dieser Birnbaum ist, wie sie sich röthen und der Reise enlgegcnwachsen, und mir scheint es, als wäre es erst gestern gewesen, daß ich mit Ursula hwr stand und wir seine Blülhen zu zählen versuchten. Er hielt innc, berührte einen Zweig mit der Hand und sagte mit leiser, zitternder Stimme: Denke Dir, Phineas, wenn dicserßanm srüchtelcer und enrlaubl dasteht, dann wird uns, wen Gott seinen Segen giebt und Alles gut gebt dann wiro uns ein Kind geschenkt sein. Schweigend drückte ich seine Hand mit treuem, warmem Drucke. Du kannst nicht glauben, welch' ein wunderbares Empfinden mich durchbebt. Ein Kind unser eigenes Kind! klei ne Füße werden das stille Haus beleben eine süße, zarte Stimme wird o, Phineas, zur Weihnachtszeit werde ich die heiligen, erhabenen Gefühle eines Vaters kennen lernen. John setzte sich aus die Gartenban und sprach eine ganze Zeit nicht; endlich sagte er: Ich möchte wissen, ob mein Vater, da ich geboren wurde, so jung war wie ich jetzt bin, ob sein Herz von denselben Re gungen bewegt wurde, wie sie das meinige höher schlagen lassen. Ich vermag Dir nicht zu beschreiben, welch' eine heilige Freude es ist, der Geburt eines Kindes entgegenzusehen, ein neues Leben, eine junge Seele zu erwarten, die Gott uns sendet, damit wir sie für die Ewigkeit her anbilden. Wie sollen wir das beginnen und erreichen, wir, dießeive noch so jung, so unerfahren sind? Ursula wird gerade neunzehn Jahre sein, wenn ihr Kind ge boren wird. Manchen Abend sitzen wir hier aus der Bank und sinnen und überle gen, wie wir die große Ausgabe am be sten lösen werden, wie wir unser Kind tüch tig und sorgsam erziehen wollen, bis wir in Schweigen verfallen, überwältigt von der Vorahnung des Segens, der über uns kommen wird. Go t wird Euch Helsen und erleuchten, daß Ihr Eure Pflicht erfüllt. Wir hoffen aus ihn, vertrauen ihm, und blicken getrost in die Zukunft hinein. Noch eine Zeit lang saß ich bei Jahn und sah die Umrisse seines Gesichtes, das zu jenen Myriaden Wetten aufblickte, welche, wie man uns gelehrt hat zu glau ben und wie wir auch glauben, nicht mehr Werth in den Augen des Allmächtigen hg n, als irgend eine lebende Seele.