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Augenblick ist er von Keinem wieder lebend gesehen worden. Die Leichenschau - Untersu chung wurde darauf bis zum nächsten Mitt woch Nachmittag uni 5 Uhr vertagt. In Scxtonvllle hat diese Geschichte eine furchtbare Aufregung wachgerufen, und die verschiedensten Gerüchte, die größtenthcilS höchst seltsamer und widersprechender Natur sind, werden laut. Hr. Griffich erzählte, während er sich aus dem Zeugcnstande befand, daß zwischen dem Verstorbenen und einem Gewürzhiindlcr, 'Namens August Hossmann, der an der Ecke der Lombard- und Amity- Straße wohnt, seit längerer Zeit ein Streit existirl habe. Thompson schuldete Hrn. Hoff mann für Colonialwaaren tz6o. Als 1874 das Gesetz in Kraft trat, welche jede Summe unter KIOO von Beschlagnahme freisprach, weigerte Thompson sich, das Geld zn bezah len. Zu derselben Zeit gab Hossiiiaiin dem Schaffner eine Quantität Cigarren, damit dieser sie in Cumberland verkaufe. Thomp son that dies auch, doch ließ er die Kiste, in denen sich die Cigarren befanden, nicht mit einem Stempel versehen und umging auf diese Weise das Bnndesstener-Gesctz. Hoss inaiin ließ ihn in Folge Dessen verhaften, aber der Fall wurde beigeiegt, indem Thomp son die tzssy, welche er dem Hoffmann schul dete, auszahlte. Vor ungefähr fünf Wochen soll Hoffmann mehrere Schüsse aus Thompson abgefeuert haben,ohne daß derLctztere nur im Mindesten verletzt wurde. Am 8. Juni ließ Thompson seinen Gegner wegen mörderischen Angriffs verhaften, doch kam Hoffmann gegen Bürg schaft bald frei. Der Fall ist heute noch nicht beendet. Svätcr soll Thompson eine ans Hio,ooo lautende Schadenersatzklage ge- Hofsmaiin anhängig gemacht haben, und zwar wegen angebiich böswilliger gerichtlicher Verfolgung. Auch dieser Fall schwebt heute noch in den Gerichten, ohne zum Abschluß gekommen zu sein. Aukitnft des Dampfers „Braun scftwcig." Der Dampfer „Braunichwcig," Capt. C. Undütsch, am 24. Juni von Bremerhaven, am 27. von Southampton abgefahren, er reichte Freitag Nachmittag um 1 Uhr seine Werste aus Locust Point. Er hatte während der ersten zwei Tage hochgehende See, später jedoch angenehmes Wetter, und begegnete am 2. Juli um 5 Uhr Morgens einem En nard'schen Dampfer, am 3. Juli um H 5 Uhr Morgens einem Dampfer der „Transatlan tic-C0.," am 4. Juli um 5 Uhr Morgens dem nach New Port bestimmten deutschen Schiffe „Prinz Albert," am 7. Juli Nachmittags 6 Uhr dem westlich steuernden Dampfer „Si bille" und am 8, Juli um 10.40 Vormittags dem amerikanischen Schisse „Casilda" von New-?)ork. Er brachte 3 Eajüten- und 161 Zwischen decks Passagiere; indcr Cajnle kamen Martha C. Fnnch, die sich in Bremen, und Hr. Gonr don und Sohn, die sich in southampton ein schifften. Die Namen der in Bremen an Bord gegangenen Zwischendecks-Passagiere theilten wir bereits mit. In Soitthamploii schiffte sich H. Biestrath von St. Louis im Zwischendecke ein. Der Dampfer brachte folgende Ladung: von Bremen —2 Kisten und 1 Maschinenrah men und 1 Kiste kausmannswaaren für A. Schumacher sc Comp., 1 Packet Muster für John N. Griffith sc Comp., l kosser Effek ten für Johann Hemmetcr, 1 Kiste Lederwaa ren für Atberti, Prior sc Comp., 2 Kisten Baumwollwaaicn sür Gebr. Hodges, 2 ditto Piano-Material für Wilh. Knabe sc Comp., 12 ditto Sviegelglasicheiben für Gebr. Hirsch berg sc Holländer, 70 Fässer Essig und i Kiste Liquor für Vollmaiin sc Carl, I Kiste Cigar ren sür Stirling, Ahrens sc Comp., 1936 Stücke kaufmaiinswaarcii sür N. N., II Kisten Spielivaaren für Rogge, Spilker sc Comp., 1 Kiste Kausmannswaaren f r Nik. Lenllig in Philadelphia, 3 Kisten Strumpf Waaren für I. Grünbanm sc Söhne, 1 Kiste mit einem Block sür Kummer sc Becker, 2 Slückfässer Jrdemvaaren sür I. A. Eisen Hardt, 2 Kisten Spielivaaren für Prior K von Cöllen, 10 ditto für Rud. Wurlitzer sc Bru der m Cincinnati, 2 ditto Musilwaarcn für Pros. Thos. M. Norris, i ditto kausmanns ivaaren sür Thomseii, Lilly sc Comp., l ditto Personal' Effekten für Kummer sc Becker, 1 Slücksaß Mineralwasser für Benj. M. Hod ges, juii., sc Comp., 1 Kiste kanfmaniis ivaaren sür Eath. Willens, l Colli ditto für Thos. T. Norris, 2 dilto sür Henry Bogne sc Sohn, 9 ditto für Gabriel sc Clark, 33 ditto sür R. B. Hofsmann; von Southamp ton 1 Kiste Drygoods für I. C. Hartman K Sohn, 2 ditto Bücher für Schumacher sc Comp., 5 Fässer Ingwer und 4 Kisten sür Thoinsen, Lilly sc Comp., I kistcwollciicmid baumwollene Waaren sürH. Bogne sc Sohn, 687 Kisten Weißblech sür N. N., l Kiste Ge mälde sür Frank Brown im „Carroltton-Ho lel," 2 Kisten Bücher sür Gebr. Turnbnll, 92 Bündel Felle für Drerel sc Comp, in Philo delphia, 3 Kisten Baumwollenwaaren für A. Griffith sc Comp., 3 ditto Messcrwaarcn für A. I. Albert, jun., s- Comp.. 1 Kiste Saa iiien für J. Bolgiano sc Söhne, 2 Kisten Kaufiiiaiiiiswaareil sür G. H. C. Neal und l Packet ditto für Cushinqs sc Bailey; von Havrc—44 Kisten Wein, Jiiwcllcn und Seide. Der Dampfer „M inister von RooiiCapt. H. Erdmami, der Samstag Nachmittag 2 Uhr von Locust - Point seine Rücksahrt über Southampton noch Bremer haven antrat, nahm 11 Eajülen- und 47 Zwischendecks Passagiere mit; für die Eajüte harren sich Freitag Abend salzende Passa giere einschreiben lassen: H. Samuel nebst Frau, Frt. Marie Samuel, Frau A. E. Ai- Union, Henry Webster, Thomas Weljh und I. Nelson Patterson ans Baltimore, Frau E. F. Wood aus Washington und Theodor Krimm nebst Frau aus St. Louis. Di e Firma W in. Fi s her s- Sö h iie. - Am letzten Donnerstage wurde in New ?)ork da Gerücht ausgesprengt, die bekannte Baltiiuorer Firma Wm. Fisher sc Söhne habe ihre Zahlungen eingestellt. Dies Ge rllcht hatte natürlich zur Folge, daß es für eine kurze Zeit den Geldmarkt beeinflußte. Bald aber traf nachstehende Depesche ein, die schnell wieder Alles in das richtige Geleise brachte: „Baltimore, 9. Juli, 3.ls.—Die in Umlauf befindlichen Gerüchte mit Bezug auf unser Haus entbehren jeden Grundes. Unser HauS befand sich nie in einem blühenderen Zustande als gerade jetzt. Wer jene Gerüchte aussprengte, der kaun es nur in böswilliger Absicht gethan haben. W. Fisher sc Söhne." Der Bal t i mor er P fcr dem ar k t.— Auf dem hiesigen Pserdemarkte ist bis jetzt noch keine Veränderung vorgegangen; dieselbe Stille, welche sich daselbst während der letzten beiden Monate geltend machte, herrscht auch heute noch und es hat nicht den Anschein, als ob es in nächster Zeit anders werden sollte. Es befinden sich viele prächtige Thiere ans dem Markte, aber die Preise, die verlangt werden, sind so hoch, daß sich keine Käufer finden. Pserde, die sür gewöhnliche Zwecke benutzt werden, variiren von H2OO bis SSVO im Preise; für Arbeitspferde werden K2OO bis tz3so gefordert. Die Preise für gewöhn liche Karrengäule stehen sehr niedrig und es kamen in letzter Woche noch Beispiele vor, daß Gäule zu 40 verkauft wurden. Maul thiere stehen zn H3OO bis 400 im Preise; nach diesen Thieren ist jedoch im Ganzen nur geringe Nachfrage. Eoggia's Comet hat die Voraussa gung der Astronomen, daß sein Schweif um diese Zeit eine ungeheure Länge erreichen werde, gänzlich zu Schanden gemacht. Er ist am nördlichen Himmel sichtbar, aber er scheint in den Abendstunden viel schwächer, als vor acht Tagen. Ein deutscher Bürger von dem Metier des Hans Sachs welches Handwerk bekanntlich philosophischen Neignn gen sehr zuträglich ist—äußerte gestern Abend die Ansicht, daß der Comel wahrscheinlich seine letzte Gas-Bill nicht bezahlt habe, weshalb er jetzt ohne Licht sei welche Ansicht wir hier durch vollkommen indojstren. Eine Fuchsjagd in der Stadt.— Ein kleiner Knabe, Namens Peter Gebhardt, zog am Sonnabend Morgen mit einem Fuckise, den er an einer Leine hielt, durch die Fayetle- Straße. An der Ecke der Fayettc- und Holli day-Straße schnappte der Fuchs nach dem Bein des Knaben. Der Letztere ließ erschreckt die Leine fahren und Reinecke machte sich auf und davon. Seine Freiheit sollte jedoch nicht von langer Dauer sein. Polizist Keller machte die Entdeckung, daß der Fuchs in den Garten hinter dem Hause des Ehrw. Heinrich Scheid gedrungen war, und sofort begab sich der Beamte in den Garten, spürte den Fuchs ans, trieb ihn in eine Ecke und blies ihm mittelst einiger gulgczietter Schüsse das Leben au. Ein -Gesuch. F r e I lassung eines Mädchens aus der Industrie-Schule. Bor etwa acht Tagen wurde die 8 Jahre und 5 Monate alle Clara Eckstein wegen angeblicher Entwendung von Gegenständen aus der westlichen höheren Töchterschule vom Polizeirichlcr Bell nach der „Maryländer Industrie Schule für Mädchen" geschickt. Ihr Vater Wilhelm Eckstein käm letzte Woche durch den Advokaten E. Todd McFarland bci'm Common Plcas - Gerichte um einen Habens (Zorpus-Befchl zur Entlas sung der Tochter aus genannter Anstalt cur und suchte das Gesuch, wie folgt, zu begrün den: Weder Vater, noch Mutter wurden vor geladen; erst nach Abführung des Mädchens nach der Anstalt erhielten sie Kunde von der ganzen Prodezur; Clara wird weder von den Eltern gänzlich vernachlässigt, noch ist sie eine Diebin von Profession, noch der elterlichen Eontrole entwachsen; der Abführungsbefehl ist mangelhaft, weil er kein Datum enthält, die Zeit und die Art und Weise, wenn und wie sie aus der Anstalt wieder entlassen wer den kann, nicht angibt, auch den Hauptinhalt der Zeugenaussagen, wie es das Gesetz ver langt, sowie die Aussagen eines jeden Zeugen nicht angibt; serner wird durch diese Aussa gen überhaupt die Anklage nicht begründet; derjenige Theil des Ueberwcsiungsbefehlcs, der anscheinend den wesentlichen Inhalt des ZeugenverhörS anführen will, ist Nichts wei ter, als eine persönliche Ansicht des Polizei richters, kein gesetzlicher Beleg; die Wohnun gen der Zeugen sind nicht mit genügender Ge wißheit angegeben; besagte Clara Eckstein war seit vier Jahren ihres Verstandes nicht mächtig und ist es anch gegenwärtig nicht;ste wird daher in der „Maryländer Industrie- Schule für Mädchen" gesetzwidrig zurückge halten und ihrer Freiheit beraubt, weshalb um ihre Freilassung nachgesucht wird. Der Petition lag eine beschworene Aussage des Dr. Georg G. Biewer bei, wornach das Mädchen vor vier Jahren am Scharlachsieüer und der Diphthcrttis darn'edcrlag, welche Krankheiten allerdings seine Geisteskräfte ge schwächt haben könnten. Der Petent Eckstein und seine Frau bezeugten, daß sie nicht vor Richter Bell geladen und von der Abführung der Tochter nach der Anstalt erst nach dersel ben benachrichtigt wurden. Außerdem wur den Richter Bell, Sergeant Siebold und Po lizeidiencr Witters verhört; aus ihren Aus sagen ging hervor, daß des Mädchens Vater spät am Abende mündliche Nachricht von der Tochler Arrelur bekam. Richter Garey er kannte diese VorladungS - Methode nicht als gesetzlich an, ließ sich auf die weiteren Ein wände in der Petition nicht ein und befahl des Mädchens Entlassung aus der Obhut der Schntbeamlen und seine Auslieferung an die Eltern. Die Beamten der Industrie-Schule waren durch die Advokaten T. W. Brundige und E. Otts Hinklcy vertreten. Ein wiitheiidcr Stier. Montag Vormittag um 10 Uhr wurde eine Heerde Stiere, welche von Hrn. Samuel Fuchs an gekauft worden, nach dem Schlachthause des genannten Metzgers getrieben. An der Or leans , nahe Ännstraße, ward eines dieser Thiere scheu und lief davon. Mehrere Hun dert Memchen verfolgten den Stier durch ver schiedene Straßen und Avcnucn bis in die Nähe des „Maryländer Instituts für die Er ziehung der Vlinoen." Dort wußte das Thier sich seinen Verfolgern zu entziehen, und meh rere Stunden vergingen, bevor man es wieder sah. Gegen 4 Uhr Nachmittags ward der Stier wieder sichtbar. Dieses Mal wurde er von einem Knaben, welcher zu Pferde saß, durch die ?)o>ck - Road getrieben. An der Greenmouni- Avenue brannte der wilde Ge selle wieder durch und stürmte durch die Mo nument , Front- und Eaststraßc nach dem Velair-Markt. Nahezu 400 Menschen ver folgten den Stier; unter diesen befand sich anch Karl Emmcl oder „Dutch Charlie," wie er im Volksmnnde heißt. Dieser hatte eine doppelläufige Flinte aus seinem Hause geholt und suchte einen Vorsprung vor dem Thiere zu gewinnen, um demselben eine Ladung in den Vorderlcib zu senden. Endlich gelang es ihm, sich vor dem Thiere auszupflanzen. Er feuerte zwei Schüsse aus den Stier ab, dieier aber rannte ihn über den Hausen und brachte ihm einige leichte Verletzungen bei. Sodann stürmte das Thier durch die Gay , Aisquith-, Monument-, Caroline-, Bond- und Madison nach der Springstraße. Zu seinen Verfolgern hatten sich mittlerweile einige Polizisten ge sellt, die während der aufregenden Jagd zwölf Schüsse ans ihn abfeuerten. Obgleich meh rere Kugeln ikr Ziel fanden, so lies das Thier doch, wenn auch aus mehreren Wunden blu tend, mit nngeschwächter Kraft vorwärts. Endlich kam ein Knabe mit einer Büchse her bei und machte durch einen wohlgezielleii Schuß dem Leben des unbändigen Burschen ein Ende. Mehrere Personen wurden von dem Stiere umgeworfen, aber glücklicher Weise erhielt Niemand gefährliche Verletzungen. Sobald das Thier verendet war, ward es ans euien karren geladen und nach dem Schlachthause des Hrn. Fuchs transportirl. Ein inßaltimore wohlbekann ter Deutscher aus der Eisenbahn verunglückt. Unter Denen, welche sich am Samstag Morgen zu der Sängersahrt nach Baltimore rüsteten, war auch Hr. Julius Stesch von Williamsburg, L.-J., vielen Deu tschen unserer Stadt durch langjährigen Auf enthalt hier wohlbekannt. Leider sollte er unterwegs einen schrecklichen Tod finden. Hr. Stesch mußte sich verspätet haben, der Zug der „Southside Bahn" war bereits in Bewegung, als er versuchte, darauf zu springen, aber ci nenFchltrilt that und unter dießädcr gerieth. Schrecklich verstümmelt zog man ihn hervor. Der zur Zeil unbekannte Plann wurde nach dem Stationshause gebracht, wo man ihn bald erkannte und seiner in Baltimore woh nendcn Familie 'Nachricht von dem schreckli chen Ereigniß gab; schon zwei Stunden spä ter traf eine Depesche hier ein, daß er seinen Verletzungen erlegen sei. Hr. Stesch war etwa 55 Jahre alt und aus Breslau gebür tig, wo er eine gute Erziehung erhielt. In den fünfziger Jahren wanderte er hier ein, mehrere Jahre lang halte er eine gut be suchte Wirthschaft an der West-Baltimore nahe Greeiislraße, später wurde er Uuteragent der „Knickerbocker Lebeusversicheruiigsgesell schaff;" nachdem er diese Stelle aufgegeben, eröffnete er den „Apollo Garten" ander Wcst- Baltimoreslraße und eine Zeitlang hielt er in 'Nr. 9, Süd - Gaystraße, eine Wirthschaft, woraus er sich nach dem Osten wandte. Seine beiden Töchter, welche in ihren Mäd chenjahren zu den tüchtigsten Sängerinnen des „Balto. Liedcrkranz" gehörten, sind hier ver heirathet, die Eine an Hrn. Kolb, den Sekre tär des „Liedcrkranz," die Andere an Hrn. Senile. Außerdem hatte der Verunglückte noch zwei erwachsene Söhne. Der schreckliche Todesfall ries in hiesigen Sängerkreisen, in denen er Sonntag bekannt wurde, großes Bedauern hervor, und es gab sich viel Sympathie sür die Hinterbliebenen lnnd. Die Fainili e S t c s ch. die am Sonn abende auf so traurige Weise in Williams bürg, N. 2)-, heimgesucht wurde, ist in der That eine Uiiglücksamttie. Hr. Julius Stesch kam vor etwa zwei Jahren von Baltimore, wo er ein Mitglied des „Arion" war, nach Williamsburg. In Baltimore ward des Mannes vierzehnjährige Tochter vor den Au gen des Vaters, ohne daß derselbe sie zu retten vermocht hätte, überfahren und gctödtet. Ebendaselbst hatte der von des Schicksals Möchten so schrecklich verfolgte Mann einen zwölfjährigen Knaben durch Ertrinken verlo ren. 'Auch nach WiUiamsburg verfolgte ihn das Schicksal. Sein Schwiegersohn ertrank in Folge des Umschlagcus eines Bootes im Huoson und am Samstage wurde Hr. Stesch selbst, wie die „N.-I). Stsztg." sagt, „das Opfer des strafbaren Leichtsinns eines Pferde bahn-KuticherS und einer Menschenleben ver achtenden Gesellschaft, welche mit Geld es durchzusetzen gewußt hat, daß ihre unter dem Nameu „Tummies" bekannten Morddamps maschincn durch mehrere der belebtesten Stra Ben ves Ostdistriktes laufen dürfen. Daß unter den Williamsburger Deutschen in Folge des in Rede stehenden Unglücksfalles große Aufregung herrscht, läßt sich denken. Schon vor mehreren Tagen hatte Hr. Stesch seine Frau und zwei seiner Kinder nach Baltimore gesanvt, wo ein verhcirathercr Sohn und zwei verheiralhete Töchter von ihm wohnen. Die ganze Familie wollte daselbst nach Ankunft des Vaters ein großes Wiedersehensfest feiern. Doch wie schrecklich ist dasselbe vereitelt worden! Hr. Stesch war Buchhalter in dem Schuiitwaareu Geschäft: des Hrn. Heinrich Schwarz, Nr. 306, Broadway, New-Aork, und gedachte demnächst als Theilhaber in dasselbe einzutreten. Er war in Williams bnrg längere Zeit Sekretär des „Liederkranz" und auch Mitglied des dramatischen Vereins „Euterpe." Die Aii ffi n diing der n a ckten Ma n neslcichc imP a t lers on - P ark e. Sonderbare Vermuthungen. Wir theilten bereits Freitag die Auffindung einer nackten Mannesleiche in einer Abtrilts grnbe des Patterson-Parkes mit. Nachträglich erfahren wir darüber folgendes Nähere. Don nerstag Nachmittag um 4 Uhr, während der Park mit Hunderten fröhlicher Menschen ge füllt war, wurde die erste Knude von der ent setzlichen 'Affaire laut. Anfangs hielt man dieselbe nur für ein leeres Gerücht, bald aber erwies es sich, daß man es in diesem Falle mtt der nackten reincnWahrheit zu thun habe. Es war Morgens um 11 Uhr, als Hr. I. W. Jones, ein 'Angestellter im Parke, sich in den sür die Damen bestimmten Abtritt begab, um denselben zu iiifizircn; bei dieser Gelegenheit bemerkte er einen widerlichen, beinahe uner lräglichcn Geruch. Mit großer Anstrengung hob er die Fallthür aus, die in die Grube führt, und erschrak nicht wenig, als er eine nackte Manncsteiche erblickte. Eoroner Kelly ! wurde benachrichtigt und während man dessen Ankunft abwartete, bemühten sich Sergeant Jay und die Polizisten Veall, Pearl und Sinstq, den Leichnam ans der Latrine her vorzuziehen. Dies gelang ihnen auch, doch ! hatten sie die größte Vorsicht anzuwenden, da sich die Leiche in einem solchen Zustande der Verwesung befand, daß es schien, als würde sie jeden 'Augenblick in Stücke gehen und aus einandcrsallen. Um 3 Uhr 45 Min. hatte > man endlich die slcrbiichenUebcrreste, die einem jungen 25- bis 30-jährigen Manne anzugehö ren schienen, aus der Grube herausgeholt und Eoroner Kelly, welcher mittlerweile herbeige kommen war, berief eine Jury zusammen und schritt zur Untersuchung und Enthüllung die ses schauerlichen Geheimnisses. Hr. Jones, der den Leichnam zuerst entdeckt hatte, sagte aus, daß er am Mittwoch voriger Woche un ter der Musiktribüne des Parkes einen voll ! ständigen Herrenanzug, aus einem dunklen ! Sommcrrock, einer schwarzen Hose nndWeste, einem dunklen Strohhut, Stiefeln, Strüm pfen und einem Hemde bestehend, gesunden habe. In den Taschen des Rockes seien einige Papiere gewesen, aus denen erhellte, daß der Träger der Kleider mit einer Nähmaschinen- Eompagnic in Verbindung gestanden und wahrscheinlich den Namen F. C. Hall geführt habe. Hr. Jones händigte diese Papiere dem Coroner ein und der Letzlere übergab sie dem Capitän Kcnny vom östlichen Bezirk. Die Musiktribüne liegt ungefähr 200 Fuß von dem Abtritt entfernt. Lieutenant Auld und Geheimpolizist Pon tier machten eine Runde durch sämmtliche Nähmaschinen-Magazine in Baltimore. Im Howe'schcu Magazine an der Nord-Charles straße sanden sie einen zungen Mann, welcher sich erbot, in Begleitung der Beamten nach dem Schauplätze der Leichenschau zu eilen und den Tobten rn Augenschein zu nehmen. Nach dem der junge Mann im Patterson-Parke an gelangt war und einige Blicke aus das Gesicht des Todten gemorsen, sprach er den Glauben ans, daß der Verstorbene ein gewisser F. C. Hall sei, welcher vor Kurzem in Diensten der Home'jchen Compagnie gestanden habe. Es wurde zugleich erzählt, daß Hall bei der Sin ger'schen 'Nähmaschinen. Compagnie beschäf tigt gewesen, vor eimgenMonaten aber wegen angeblicher Schwindeleien verhaftet worden wäre. Später sei er in die Dienste derHowe'- schen Compagnie getreten. Unenthüllt ist noch, wie der Leichnam in die Grube aerieth. Die Oeffnungen in jenem > Abtritt sind so klein, daß ein Mann von der Größe des Verstorbenen unmöglich durch die selben hindurchkommen konnte, und die im Boden besindlichcFallthür lag so fest in ihrem Rahmen, daß Hr.Jones sie nur mittelst eines Meißels und eines Brecheisens zn öffnen ver mochte. Trotzdem ist nur die Möglichkeit vor handen, daß der Verstorbene durch die Fall thür seinen Weg in die Grube fand. Falls der Unglückliche Selbstmord beging, so muß er mahnsinnig gewesen sein, beim sonst hätte er aus jeden Fall seincmLeben aus eine andere Weise ein Ende gemacht. Nur ein Wahnsiii Niger konnte sich in eine Latrine stürzen, um daselbst den Tod zu suchen. Die Tbeorie, daß man es in dicsemFalle mit einem Wahn sinnigen zu thun hat, scheint dadurch unter stützt zu werden, daß man die Kleider unter der Musiktribüne fand, wo der Unglückliche dieselben möglicher Weise auszog, und sich dann nach dem Aborte begab. Unter den Per sonen, die der Leichenschau beiwohnten, fand jedoch die Annahme, daß ein scheußlicher Mord begangen sei, viel größeren Glauben, als die SelbstmordStheoric. Mehrere Männer be hauptctcn, daß der Verstorbene nicht in die Grube hätte gelangen können, wenn die Fall thür so fest verschlossen gewesen, als sie vor gestern war. Es sei nur der Fall denkbar, daß zwei Männer die Thür ausgerissen und den Unglücklichen in die Grube yinabgestoßen hätten. Die Latrine ist sehr tief und soll seit vier Jahren nicht gereinigt worden sein. Am 22. Juni brachten wir eine Notiz, die mit der oben mitgetheilten Affaire in Verbin dung zu stehen scheint und die wir daher noch einmal hier folgen lassen: Hülss-Scheriss Thomas Goodrich verhaftete am Morgen des 20.Jnni kurz nach 9 Uhr einen jungen Mann, Namens James Carter, welcher angeklagt ist, oie „Wecd'scheNähmaschinen-Compagnie" an der Nord-Charlcsstr. um tzsg beschwindelt zu haben. Der Angeklagte wurde an der Nord Charlesstraße vor dem Laden der „Howe'schen Nähmaschinen. Compagnie" festgenommen. SchcrissAlbert überwies ihn demGefängiiisse, und während Carter sich ans dem Wege nach diesem Gebäude befand, bemerkte er zu dem Hülfsscheriss, daß er sich eine Kugel durch den Kops geschossen haben würde, falls er im Vor aus gewußt, daß man ihn eines Verbrechens beschuldigen und verhaften werde; er sei voll ständig unschuldig an dem ihm zur Last gelcg ten Verbrechen. Als er in eine dcrZcllcn des Gefängnisses gebracht wurde, begann er bit terlich zu weinen, und da man fürchtete, daß er Selbstmord begehen werde, so stellte man einen dcrGcfäiignißwärrer vor seinerZelle als Wache auf. Carterwarfrüherbcider„Weed-", in der letzteren Zeit aber bei der „Howe Com Pagnie" als Agent angestellt, da ihm diele ein besseres Gehair osserirt hatte. Er stand bis her in sehr gutem Rufe." Carter wurde, nachdem er nur kurze Zeit im Gefängnisse zugebracht, wieder entlassen. Man versuchte ihn vorgestern mit dem Todten zn ldeiillfizircn und vicie Perzonen sprachen die Ueberzeugung ans, daß Hall, Carter und der Verstorbene eine und dieselbcPerson seien. Hall's Name ist im Adreßbuche nicht zu finden. Freitag Morgen machte man neue Entdek kungeii. Der Verstorbene ist weder James Carter noch F. C. Hall, ein Angestellter der „Howe'schenCompagnie," welcher sich vor cini gen Monaten nach New-lork begab und als ein höchst rechtlicher und ehrlicher Mann in den weitesten Kressen bekannt ist. AllcrWahr scheinlichkeit nach gehört der aufgefundene Leichnam einem Neger an und zwar einem gewissen Charles T. Hall, welcher als Agent sür die „Wheeler sc Wllson'schc Nähmaschi nen-Compagnie" sunzirte und vor fünf oder sechs Wochen spurlos verschwand. Die Post mortem-Untcrsuchnng, welche gestern Morgen von Coroner Kelly und Dr. McLane Tifsany vorgenommen wurde, bestätigt die Richtigkeit der oben ausgesprochenen Vermuthung. Die Aerzte fanden an demkörpcr des Verstorbenen keine äußerlichciiVerletzungen und auch inner lich nahm man nichts Auffallendes wahr. Die Lungen und Nieren waren zn sehr vcr wes't, um weiter untersucht werden zu können und das Herz war mit Gasen gefüllt. Höchst wahrscheinlich ist es, daß hier wedercinMord, noch ein Selbstmord vorliegt, sondern ein ganz gemeiner Schurke seinen verdienten Tod fand. Bor kurzer Zeit fand man unter dem Sitze eines Wasserctoscts in einer unserer öf fentlichen Mädchenschulen einen 'Neger. Der selbe wurde sofort von einem Lehrer jener Schule verhaftet. Die Thatjache, daß der aufgefundene Leichnam unbekleidet war, läßt darauf schließen, daß der Verunglückte sich seiner Kleider entledigte und sich mit derselben Absicht in die Grube begab, welche jenen Schurken leitete, der in dem Closet des Mäd chcn-Schulgebändes ausgesunden und verhaf tn wurde. Während er aber in die Grube hinabstieg, wurde er entweder von den aufstei genden Gasen betäubt oder verlor seinen Halt und stürzte in die grauenerregende Tiefe. Nachdem das Obige bereits niedergeschrie ben worden, erhalten wir den folgenden Be richt über die Leichenschau. Freitag Nachmittag um 4 Uhr versammelte sich die Leichenschau-Jury, die aus den HH. George Hoover, I. McCorvick, Richard Gib bon, Richard Johnson, James Lyrnc, George Hughes, I. O. Harbangh, W. F. Pascall, W. Harrison, W. Jones, I. Mooncy und I. S. Morrow bestand, im Johnjon'schen Lo kale ans der Ecke der Lombard- und Giststraße (Patterson-Park-Avenue) und hielt daselbst die Todtenichail ab. Dr. L. McLaiie Tif fany, Prosektor der Anatomie an der Mary länder Universität, welcher in Gemeinschaft mit dem Eoroner die Postmortem - Unter suchung vornahm, sagte Folgendes aus „Ter Verstorbene war ein sehr starker Plann, doch war sein Leichnam, als ich denselben zu Ge sicht bekam, bereits in hohem Grade vcrwes't. Anzeichen von irgend einer Gewaltthat waren an seinem Körper nicht zu finden. Die Zunge war etwas angeschwollen und schien zwischen den Zähnen eingeklemmt gewesen zu sein. Der Schlund und die Luftröhre waren mit Exerementen angefüllt. Ich habe keinen Zwcisel, daß er an der Einnthmung der Schwcfelwasserstoffgase erstickte. Die Lungen waren infolge der Einwirkung der Gase be reils zum größten Theile in den Zustand der Verwesung übergegangen. Ich kann nicht sagen, ob der Plann kürzlich oder vor gerau mer Zeit seinen Tod fand. Falls der Leich nam den Strahlen der Sonne ausgesetzt ge wesen, wäre er ohne Zweifel längst vcrwes't. Jedenfalls befand sich der Verunglückte, als er in die Grube fiel, am Leben, denn sonst könnte die Luftröhre unmöglich mit Exere menten angefüllt sein. Nachdem er in der Grube lag, kann er höchstens noch eine Mi nute gelebt haben. Ich untersuchte die äußere und innere Seite des Schädels, fand aber keine Anzeichen, die auf irgend eine Gewalt that schließen ließen. Nach meiner Ansicht geHörle der Leichnam einem Farbigen an, vollständige Gewißheit erhielt ich jedoch erst, nachdem ich die Haut, sobald dieselbe gerei nigt worden, mit einem Mikroskope unter suchte. Das Haar war ungefähr einen Zoll lang und am Ende gekräuselt. Das An schwellen des Halses deutet darauf hin, daß der Verunglückte an der Einathmniig der Gase erstickte. Ich untersuchte das Rückgrat und fand dasselbe am richtigen Platze. Es ist möglich, daß der Leichnam seit zehn Tagen in der Abtrittsgrube lag. Die Haut mar vom Körper abgeschält, nur an den Fußsohlen klebte dieselbe noch." Einer der Geschworenen fiel dem Arzte hier in die Rede und bemerkte, daß der Leichnam, nachdem derselbe aus der Grube heransgchott worden, ein weißes Aussehen hatte, obgleich das Haar dem eines Negers glich. Dr. McLane Tisfany entgegnete hierauf, daß man einen Neger, sobald die äußere Haut entfernt worden, nicht von einem Weißen un terscheiden könne. Sobald Dr. Tisfany das Resultat seiner Untersuchung bekannt gemacht, wurden folgende Zeugen vernommen: R. I. E. HuSband: „Wohne in Nr. 212, Hofsmanstraße. Bin bei der Wheeler so Wil- Nähmaschinen - Compagnie ange stellt, stellte vor längerer Zeit einen Neger, Namens Charles T. Hall, als Agent an. Derselbe hatte eine dunkelbraune Hautfarbe. Ilm 17. Juni kam er zn mir und theilte mir mit, daß die in Nr. 114, Orleansstr., woh nende Frau Thaler eine Maschine zu kaufen wünsche. Zuletzt Hörle ich von ihm am 13. Juni. Zwei oder drei Tage vor jenem Da tum stieg er in einen Wagen und fuhr in west licher Richtung davon. Er war ein tüchtiger Geschäftsmann und betrug sich stets anstän dig. Allen Leuten gegenüber, mit denen er verkehrte, bewies er sich höflich und ich konnte mir keinen besseren Agenten wünschen. Auch habe ich ihn nie betrunken gesehen. Ich bot ihm wiederholt ein Glas Whiskey an, er schlug dasselbe jedoch jedes Mal ans." Die aufgefundenen Kleider wurden hierauf dem Zeugen vorgezeigt und derselbe erkannte den Strohhut als denjenigen, welchen Hall getragen. Auch glaubte er den Rock und die Weste als Hall's Eigenthum zu erkennen. Polizist McEann bezeugte, daß er voiiHrn. Jones Dokumente erhalten und dieselben dem Capt. Kenny überreicht habe. W. Jones: „Ich fand am 1. Juli unter der Musiktribüne einen vollständigen Herren- Anzug. Ich untersuchte die Taschen und händigte deren Inhalt dem Polizisten Mc- Cann ein." W. Kesterson: „Bin als Nachtaufscher im Patterson-Parke angestellt. In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli sah ich einen Mann in den Park eintreten. Ich verfolgte ihn, verlor aber seine Spur. Es ist möglich, daß sich em Manu in jener Nacht seiner Klei der in der Musiktribüne entledigte und nach dem Abtritte ging. Der Mann, welchen ich sah, hatte keinen Nock an, doch sah ich deut lich, daß er Etwas unter seinem Arme trug." W. H. Parker: „Wohne in Nr. 50, Castle- Straße. Reinige die Abtritte an jedem Sonn abend. That dies auch am letztenSonnabcnd, bemerkte aber keinen ungewöhnlichen Geruch. Auch bemerkte ich nicht, daß die Fallthür kürz lich aufgezogen worden. Mittelst eines großen Messers oder eines Meißels kann dieFallthiir so weit empor gehoben werden, daß einMann in die Grube hinabsteigen kann." Geheimpolizist Poutier: „Fand in Nr. 38, Piercestraße, eine Tante von Hall. Der Pater des Letzteren ist ein Geistlicher und wohnt zur Zeit in Washington. In dem Etablissement von Howe's Nähmaschinen- Compagnie traf ich mit einem jungen Manne zusammen, welcher mir erzählte, daß er Hall kenne und dieser ihm zuletzt die Mittheilung i gemacht habe, er werde sich nach Frederick be geben. Ich brachte den jungen Mann nach dem Patterson-Pa'stl und zeigte ihm denLeich nain. Er war zweifelhaft, ob es der Leichnam Hall's oder der eines andern Mannes sei." Hr. Poistier legte zugleich die nachstehenden Schreiben vor, welche von Hrn. Jones ans den Taschen der ansgefnndeneu Kleidungs stücke gezogen wurden: „Mein theures Fräulein ! Es macht mir ein besonderes Vergnügen, Sic zu benach richtigen, daß ich Ihr aufrichtiger Freund bin. Charles T. Hall." „Adresfiren Sie Ihre Briefe nach Nr. 114, Orleansstraße." „Baltimore. —Ich möchte Sie heute Abend sehen, da ich Ihnen Etwas mit Bezug aus Ihre Miethe mitzutheilen habe." Die Geschworenen fällten hierauf emen Wahrspruch, welcher dahin lautete, daß der in dem Abtritte hinter dem Hause des Su pcrintendentcn des Partcrson-Parkes aufge fundene Leichnam der des Negers Charles T. Hall sei, der seinen Tod infolge Erstickung gefunden habe, doch seien die unterzeichneten Geschworenen nicht im Stande, festzustellen, ob der Tod das Resultat eines Selbstmordes sei oder von den Händen irgend einer unbe kannten Person herrühre. Die oben ausge sprochene Vermuthung, daß der Verunglückte mit einer frivolen und gemeinen Absicht in die Grube stieg, verliert jetzt allen Grund, und das Geheimniß bleibt vorläufig noch un aufgeklärt. Hätte eine solche Absicht, wie die angedeutete, zu Grunde gelegen, so würde er jedenfalls nicht zn einer nächtlichen Stunde in die Grube gestiegen sein, und daß er Dies gethan, muß man annehmen, denn am Tage würde er jedenfalls nicht die Frechheit bescz sen haben, sich seiner Kleider zu entledigen und entblößt nach der Giube zu gehen, die ihm als Grab bestimmt war. Hoffentlich werden die nächsten Tage näheren Aufschluß über diese entsetzliche Affaire bringen. Das Patterso n-P a r k-G eheimniß bleibt noch immer unaufgeklärt. Es ist wei terNichls festgestellt, als daß der aufgefundene Leichnam einem Neger, Namens Charles T. Hall, angehört. Nichts ist vorhanden, Ivel ches die Theorie, daß dcrVerstorbene ermordet wurde, unterstützen könnte, denn es ist kaum anzunehmen, daß die Mörder ihn zuerst der Kleider entledigten und dann über eine 400 Fuß lange Strecke nach dem Platze schleppten, wo er seinen Tod fand. Aber ein Selbstmord in einem Abtritte ist ebenfalls nicht denkbar. Der Neger, welchem der Leichnam angehören soll, war nicht im Geringsten zur Melancholie geneigt; er war ein friediicherMciisch, der sich 'eines Lebens freute, und jeden Ilmgang mit schlechten Menschen vermied. Keine Spur ist vorhanden, die zur Aufklärung dieser entsetz licken Affaire führen könnte. Wir haben es in diesem Falle mit einer jener SchreckenSge scklchten zu thun, die zuweilen für alle Zeilen unenthüllt bleiben. Hall's Vater und Bruder trafen am Sonn abend von Washington hier ein und identifi zirten die Kleider und den Hut als Charles T. Hall's Eigenthum. Den Hut hatte der Vater an der Gaystraße gekauft und seinem Sohne, der im 23. Lebensjahre stand, ge schenkt. Die Kleidungsstücke bleiben vorläufig im östlichen Stationshause. Der Leichnam ist aus Anordnung des Vaters ans demMonnt Earmel-Friedhose beigesetzt morden. Eoroner Dr. Kelly stellte an den Vater die Anfrage, ob scin Sohn einen unmoralischen Lebens waniel geführt oder geheimen Sünden gesröhnt habe, worauf der alle Hall entgegnete, daß er bei seinem Sohne derartige Neigungen nie bemerkt und ihn stets sür einen streng morali schen Menschen gehalten habe. Das Pa t t ers ou-P a rk -Geh c i m - ni ß. Das Patterson-Park-Gehcimniß ist noch nach wie vor in dunkle Schleier gehüllt und Letztere werden vielleicht nie gelüftet wer den. Der Unglückliche, der seinen Tod in der AbtrittSgrube fand, wurde vorgestern Mor gen von der Wohnung seiner Tante in Nr. 88, Piercestraße, aus zur Ruhe bestattet. Bi schof Wayman hielt die Trauer Cercmoni-n ab. Der Vater, die Mutter, der Bruder und der Großvater des Verstorbenen, Frau Wil liams, eine Tante Halt's, ein farbiger Geist licher, Namens Murray, und zwei oder drei Freunde des Verblichenen gaben diesem die letzte Ehre. Alle seine Verwandten sprachen die Ansicht aus, daß der junge Plann, der im 25. Lebensjahre stand, ermordet worden sei. Höchst merkwürdig ist, daß noch 'Niemand erschienen und ausgesagt hat, wo Hall sich nach dem Tage seines Verschwindcnö (am 19. Juni) bis zn dem Tage aushielt, an welchen, sein Leben einen so Plötzliä en Abschluß fand. Nach der Ansicht des Dr. McTiffany konnte der Leichnam nur sechs Tage in der Grube ge legen haben, aber selbst wenn er zehn Tage in jener Latrine gelegen, so bleiben doch im mer noch zehn Tage übrig, über welche noch Niemand Aufschluß gegeben. Die erste Frage, über die man sich eine befriedigende Lösung verschaffen sollte, ist unzweifelhaft die: „Wo hielt Hall sich während der ersten zehn Tage nach dem 19. Juni dem Tage seines Per jchwindeus auf?" Der Ehrw. R. A. Hall, der Vater des Un glücklichen, ist ein prominenter Geistlicher un ter den farbigen Methodisten. Er war zwei Jahre lang Prediger der hiesigen Spring straßen-Methodisten-Kirche und wurde er vor einigen Monaten nach Washington ver setzt. Sein zweiter Sohn Louis Emory Hall, welcher am Sonnabend in seiner Begleitung hier eintraf, ist Lehrer und war bis vor weni gen Wochen in Baltimore thätig. Er steht, gleich seinem verstorbenen Bruder, in sehr gu tem Rufe. Eine neue Conjektur über Hall's Tod stellt Hr. Carl Bernstein von 'Nr. 123, Oü-Lom bardstraße, aus und meint, Hall habe vielleicht in dem Abtritte gestohlene Sachen versteckt und sei bei dem Versuche, sie aus dem Verstecke hervorzuholen, durch die Gase erstickt; die Be- Hörden sollten dort nachsuchen lassen, ob nicht etwa Etwas m der Grube noch zu finden sei. Gefährlicher Sprung eines Nachtwandlers. Am Donnerstag Abend ereignete sich in der Nähe von Waverly an der Ecke der I)ork-Road und Carroll-Avc. ein trauriger Unfall. Louis Keizer, der acht jährige Sohn des Hrn. L. R. Keizcr von der Firma Mnrrill sc Keizer, hatte während des Tages in Gemeinschaft mit seinem Vater Ane Spazierfahrt gemacht und begab sich, nachdem er heimgekehrt war, aus sein Schlafzimmer, da er sehr ermüdet fühlte. Die Hitze zwang ihn jedoch, von fernem Lager auszustehen und sich einen kühleren Platz zu suchen. Er legte sich auf dem Fußboden im Schlafzimmer seiner Eltern nieder, und es währte nicht lange, so schlössen sich seine Augen und er ent schlummerte. Aber sein Schlaf war kein ru higer und erquickender; aus seinen Bewegun geil konnte man wahrnehmen, daß er lebhaft träumte. Am 12 Uhr erwachte Frau Keizcr durch ein Geräusch und sah zu ihrem Schrecken ihren Sohn aus dem Fcnstcrgesimse stehen und gleich daraus aus dem 20 Fuß über dem Erd boden gelegenen Fenster hinauöspringen. Als die erschreckte Mutter in'S Freie eilte und ihren Sohn aushob, entdeckte sie, daß sich derselbe im Gesichle und an drn Füßen schwer verletzt hatte. Wie der Knabe später erzählte, träumte ihm, er ginge ans einen Wagen zu und wollte denselben besteigen. Als er aus dem Fenster svrang, war er der Meinung, daß er in den Wagen trat. Von eiiiem Bahnzuge getödtet. Sonntag früh versuchte Carl Mäder in Ii chcstcr, Howard-County, bei'm Herannahen des um 8 Uhr früh von Frederick hier fälligen Zuges der „Baltimore-Ohio-Bahu" noch das Bahngclcise zu überschreiten,wurde jedoch von der Lokomotive, die ihn an der linken Seite packte, den Bahndamm hiiiabgcschlcndert; der Tod trat augenblicklich ein, und die Leiche war schrecklich verstümmelt. Der Verunglückte hinterläßt eine Wittwe mit vier Kindern und war 56 Jahre alt. EinMatrose ertrn n k e n. —Sonn- abend Vormittag war der 23.jährige Norwe ger Peter Olcn, der in New-Pork aus dem Schooner „Lookout," Capt. Edward Nichols von Ncw-I)ork, Dienst genominen, damit bc schäftigt, die Seitenwäiidc des Fellstraße ge genüber im Strome liegenden Schooners an zustreichen; aus irgend einer Ursache stürzte er rückwärts von dem schwimmenden Gerüste in'ö Wasser und ward lebend nicht mehr ge sehen. Gestern fischte man die Leiche auf, die auf des Eoroners Dr. Kelly Befehl nach dem östlichen Ärinensriedhofc gebracht wurde. Vom Blitz g etro ff en. Hr. Elijah Stansburq hätte am 4. Juli, während er sich aus seiner drei Meilen von Tomjontown gele genen Farm aufhielt, bald seinen Tod gefun den. Er schritt in Begleitung seines Sohnes durch den Garten, als plötzlich der Blitz in einen Baum fuhr und denselben spaltete. Hr. Stanslmry und sein Sohn wurden von der Gewalt des Blitzstrahls in solchem Maße be täubt, daß sie zur Erde stürzten und mehrere Brausch-n am Körper erhielten. Fall alle Fenster eines nahen Gebäudes zcriprangcn in demselben Augenblicke zu Schersen. Eisenbahn-Unfall. Der nach Baltimore bestimmte CiiicinnatierSchiiellzug der „Baltimore - Ohio - Bahn" fuhr Monrag 2 Uhr 11 Meilen östlich von Cumberland in einen Erdrutsch; die Lokomotive entgleiste, der Postwaggon rollte denßahndamm hinab, der Gepäckwaggon legte sich auf die Seite, und mehrere Plattformen gingen in Stücke, aber Niemand erlitt körperlichen Schaden. Die Passagiere trafen Nachmittag 1-6 Uhr im Camdenstraßen-Bahnhofc ein. Baltimorer Sterblichkeits-T a belle. In verflossener Woche wurden aus Baltimore 241 Personen, 131 männlichen und 110 weiblichen Geschlechts, worunter 34 Far bige und 11 Todtgeborene, beerdigt; 33 mehr, denn in der Borwoche, 50 weniger, als in der Parallel-Woche von 1872, aber resp. 58, 9t, 52, 94, 20, 128 und 163 mehr, als in den cor rcspondirenden Wocken von 1873, '7l, '7O, '69, '6B, '67 und '66. Hopse ud Malz. Gersten, und Roggen-Mai. Mi daden siel? neu Borrach ooasem dcst.nc°° bischen Mol, liir Brauer, sowie koazcii <al, für DeftMateure an Hand, und da wir oniii Malchaus vergrößert haben, sind wir jetztim Staate ai Lattregl schnell aiiStusühren. ovd icke.t, . Nr. 14, Slld-t'sotisiraße' Mal,an am Fuße der Sutawftr. lNov.2j.lS.chw M? latent - tiesel. Französiiche MMN Kalblederne, bei Hand genöht, 7.zu. AU, s M? Arten, eigner Fabrik, lür Herren vorrnchig ir, -. eft.z,tteftr.. 1 Thüre weg lichron der Noichkraßk. (SepUZ.l2Mt.,chw) 2. v. ewi. Ishü Haiisar, Gentleman. Ans dein Englischen von Sophia Äerena. (Fortsetzung.) Der Scheriss lauschte verwundert und unzufrieden einem bei Wahlen nickt oft vorkommenden Laute, der die entgegenge setzte Meinung des Volkes von der des Grundherren ausdrückte. Herr Brithwood, Sie sind wohl über den Charakter Ihres Candidaten in ebenso großer Ungewißheit gewesen, wie ich es war, sonst halten Sie ihn unmöglich zur Wahl vorschlagen können. Herbert! er wandte sich zu seinem Zobne, der bis zu letzten KammerinsiSsung als Abgeord neter für Norton Bury mehrere Jahre im Parlamente saß Herbert, sind Dir die angeführten Thatsachen bekannt? Der Angeredete sah verlegen aus. Antworte! jagte sein Vater. Kein Zö gern, keine Rücksichten, wenn es sich um Recht oder Unrecht handelt. Meine Her ren und würdigen Freunde, wollen Sie meinen Sohn, den Sie Alle kennen, an hören? Herbert Oldiower, sind diese Be schuldigungen gegen Gcrard Vermilye wahr und begründe!? Ich fürchte, daß sie es sind, erwiderte der ernste, junge Mann, noch ernster als gewöhnlich. Herr Brithwood, ich bedanre sehr, daß diese Entdeckung nicht früher gemacht wurde. Was beabsichtigen Sie nun zu thun? BeiGott, der mich geschaffen hat, nichts. Der Burgflecken gehört Lord Luxmore, ich könnte Satan selbst zur Wahl stellen, wenn es mir beliebte. Mein Eandidat bleibt stehen. Ich meine, es sei wohl für alle Par teien besser, wenn wir Herrn Vermilye beibehielten, sagte der Gras mit beceungs vollem Lächeln. Mylord, begann der Baronet, und man konnte deutlich sehen, daß nicht nur die strengste Gerechtigkeit, sondern auch ein gewisser Eigensinn und Widerspruch in seinem Charakter lag, der besonders bemerkbar wurde, wenn etwas seine per sönliche Würde und seine Grundsätze ver letzte Mylord, Sie vergessen, daß, wenn 'ch auch der Familie, welcher dieser Burgstecken zugehört, sehr gern mich ge fällig erweisen wollte, es mir doch unmög lich eine Befriedigung fem kann, eine Person gewählt zu sehen, welche gleich un fähig ist, dem Vaterlande wie dem Thro ne zu dienen. Lieb würve es mir sein, wenn ein anderer Candivat vorgeschlagen würde, damit die allgemeine Stimme diese sehr schwierige Angelegenheit entscheiden könnte. Sir Ralph, sagte John sehr bestimmt, ich komme jetzt auf meinen ersten Plan zu rück. Als Landbesitzer und überdies Bürger dieses Ortes beanspruche ich das Recht, einen Candidaten aufzustellen. Ein maßloses, überwältigendes Ersta i nen ergriff alle Anwesenden. Dieses Recht war seit so langer Zeit nicht gefor dert worden, daß man sein Vorhandensein fast vergessen hatte. Sir Ralph und sein aller Schreiber steckten ihre ehrwürdigen Köpfe zusammen undeedanerte einegeraume Weile, bis sie zur Entscheidung kamen. Endlich stand der Scheriss aus und wandte sich mit den Worten an die Versammlung: Ich fühiemich verpflichtet, zu bestätigen, daß dies Verfahren, zwar ein seltenes und ungewöhnliches, dennoch vollkommen ge setzlich ist. Gesetzlich? schrie Richard Brfthwood zornbebend. Durchaus gesetzlich; und deshalb er warte ich den Vorschlag des Herrn Hali fax zu bören; hoffentlich ist Ihr Eandidat kein Demokrat, mein Herr? Seine politischen Ansichten weichen von den meinigen ab; dennoch ist er der Ein zige, welchen ich in diesem Augenblick der Bedrängniß nennen kann; er ist ein Eh renmann, den ich und alle meine Nackbarn gewiß sehr gern wieder im Parlamente se hen werden. Ich erlaube mir, Herrn Herbert Oldiower vorzuschlagen. In dem oberen Theile des Raumes that sich eine große Bewegung kund, wäh rend von der entgegengesetzten Seite ein allgemcincr, unwillkürlicher Beifallssturm losbrach, denn unter den Familien der Grafschaft waren wenige so beliebt und geschätzt, wie die Olvtowers. Verlegenheit, selbst Bestürzung malte sich aus dem edlen Antlitz des alten Baro ncts, doch fest war die Stimme, mit der er die Versammlung anredete: Ich Hesse, daß mir Niemand der An wesenden zutraut, ich habe eine Ahnung von der Absicht des Herrn Halifax gehabt; auch mein Sohn war damit nicht be kannt, jetzt mag er sür sich selbst sprechen. Mit dem ihm gewohnten Ernste und ei ner ihm sehr gut stehenden Bescheidenheit erwidert: der junge Mann, daß unter den obwaltenden Umständen, und da er per sönüch mit dem Grasen Luxmore und ! Herrn Brilbwood bekannt sei, er nicht an stehe, die ihm angetragene Ehre anzuneh men. Wenn dem so ist, sagle sein Vaier os senbar verstimmt, so bleibt mir nichtsübrig denn, meine Pflicht als Staatsdiener zn erfüllen. Unter einiger Verwirrung wurde das Ausheben der Hände verlangt und dann erfolgte der Ruf: Laßt uns zur Abstimmung schreiten! Zur Abstimmung! schrie Richardßciih wovd. Dies ist ein Burgstetten, einer altadeligen Familie zugehörcnd, hier hat gewiß seit fünfzig Jahren keine Abstim mung nach Köpfen stattgefunden. Sir Ralph, ich glaube, Ihr Sohn hat den Verstand verloren. Verrücktheit liegt durchaus nicht in der Familie der Oidtowers, mein Herr. Ich stehe hier als Scheriss der Grafschaft; wenn eine Abstimmung verlangt wird, so Entschuldigen Sie, Sir Ralph, es möchte sich kaum der Mühe lohnen. Kann ich Ihnen etwas anbieten -- Es war nur seine Doie, welche er dar reichte, dock des Grafen höfliches, vielsa gendes Lächeln füllie oen nicht beendeten Satz aus. Vornehm und stolz sireckte Sir Ralph Oidtowcr seine stattliche Gestalt empor, und das Feuer der Jugend flammte in Zornesbiltzen aus seinen Augen. Locd Luxmore scyeiut die Grundsätze und Pflichten der Landedeileitte durchaus nicht zu kennen, noch zu verstehen, sagte er eisig kalt und wandte sich von ihm der Versammlung zu. Meine Herren, Nach mittag wird nach dem Vorschlage meines Nachbars Sir Ralph Oldiower hat recht gefügige Nachbarn, bemerkte Leid Luxmore, spitz. Ohne daraus zu achten, ganz als beende er den angefangenen Redesatz, fuhr der alle Baronet fort: Die Abstimmung wird stattfinden, weil sie gesetzlich ist unv verlangt werden kann, wie mir bewiesen ist von meinem Nachbar, Herrn Halifax, einem Gentleman er hielt einen Moment inne, als sei er unge wiß, ob er diesen Titel als ein Reckt, oder nur als eine Form der Höflichkeit ertheile, blickte John an und wiederholte noch be stimmter: einem Gentleman, dem ick, so lange ich ihn kenne, stets die höchste Ach tung verdientermaßen gezollt habe. Dies war die öffentliche Anerkennung der gesellschaftlichen Stellung, die John Halifax unter jemen Nachbarn schon seit einiger Zeit einnahm, die man ihm schweigend zuerkannt; daß sie aber von diesem ehrwürdigen, biederen Greise kam, dessen Ahnen durch vier Jahrhunderte hindurch reichten, sondern in den eigenen tüchtigen Gesinnungen, in der stolzen Würde beruhte, mit welcher er den unbe fleckten Aoei seinerFamilic aufrecht erhielt, das crsüllte John's Seele mit einer hohen Genugthuung und jlicß seine männliche Wange erglühen in gewiß verzeihlichem Stolz. Ais die Versammlung vorüber war, bat er mich, nach Hause zu reiten, um seiner Frau die Ursache seines Zurückblei bens in Kingswell zu erklären. Erzähle ihr Alles, Phincas Alles Du weißt, es wird ihr Freude bereiten. Und sein Auge blickte noch Heller und klarer. Ja, Ursula war sehr erfreut. Ihr Antlitz leuchtete von einem seligenEntMen wie nur die Frau es empfinden kann, deren höchster Stolz in der Anerkennung der Verdienste und der Ehre ihres Mannes beruht. Nach kurzer Rast trieb sie mich an, zu John zurückzukehren. Da ich wieder oen Kingswell Berg hinaufritt, kam es mir vor, als ob das ganze Kirchspiel auf den Beinen sei, um dem neuen, nie dagewesenen Auftritt bei zuwohnen. Eine angefochtene Wahl! Wahrlich, die ältesten Leute der Gegend wußten sich eines solchen Vorfalls nicht zu erinnern. Die fünfzehn Wähler schienen Alle von dem Bewußtsein ihrer Wichtigkeit ganz verwirrt und wurden es noch mehr durch eine neue und überraschende That sache, durch eine nie gehörte Ansicht, welche John mehreren von ihnen klar zu machen sich bemühte. Aus dem Kirch Hose, unter dem großen Eichen bauine, hatten sie sich um ihn geschaart und dort suchte er ihnen mit einfachen Worten darzulegen und einzuprägen, daß die Stimme eines jeden Wählers, jedes recht lichen Mannes, der Ausdruck seiner eigenen gewissenhaften Ueberzeugung sein müsse, und diese zu verhandeln, sei fast keine geringere Schwach, als wenn er die Freiheit seines Sobnes, oder die Ehre seiner Toaster verkaufte. Unter denen, die John am aufmerksam sten zuhörten, bemerkte ich einen Mann, der mir schon am Morgen ausgefallen war Jakob Baines, den einstigen Anführer bei'm Brodauiruhr, der lange Jahre so wohl in der Gerberei wie in der Mühle beschäftigt wurde, und immer der ehrlichste und pflichitreueste von John's Arbeitern blieb, indem er unbewußt einen Beweis darstellte, daß Diejenigen oft am innigsten lieben, denen am meisten vergeben worden ist. Die Abstimmung sollte in der Kirche stattfinden, ein nickt ungewöhnlicher Ge brauch in den Dörfern, der aber, da er in Kingswell noch nicht vorgekommen, der Bevölkerung doppelt feierlich erschien. Der Kirchenvorsteher wurde aufgestellt, die Stimmen anzunehmen; nicht weit davon saß der Scheriss in seinem Familien-Kircb stuhie, das greise Haupt entblößt, so ernst unv würdig, daß sein ganzes Wesen allen Anwesenden eine schickliche Haltung ein flößte Allen, außer dem Grafen Lux more und Richard Brithwood. Diesen Beiden waren anscheinend ihrer Sache so gewiß, daß sie ihre gute Laune wiederge funden hatten und laut lachend und spre chend auf der anderen Seite der Kirche standen. Es war ein schmales Gebäude in Kreuzform, so daß jedes Wort übe'all vernommen werden konnte. Mylorv, Genilemen und Freunde Alle! sagte Sir Ralpb, sich mit ernster Würde erhebend ich will hoffen, das ein Jeder die Heiligkeit dieses Ortes eh ren wird. Lord Luxmore, der mit seiner von Dia manten strahlenden Dose in der Hand und einem ebenso strahlenden Lächeln einher ging, blieb im Schisse der Kirche stehen unv sagte sich verbeugend: Mit Vergnü gen natürlich, worauf er in den Beicht stuhl mit einem Wesen trat, als verleihe seine erlauchte Gegenwart dem Orte eine hohe Ebre. Die Abstimmung begann unter tiefem Schweigen. Drei Pächter kamen einer nach dem anderen unv wählten Herrn Vermiiye. Dann näherte sich der starke, grauköpfige Mann, dessen ich schon er wähnt Jakob Baines. Er biickle etwas jcheu auf den Scher-ff, dessen Be kanntschaft er vielleicht in früheren Jahren unter weniger günstigen Verhältnissen ge macht Halle, doch bald fand er seinenMuth wieder. Darf man ein Wort mit Ew. Gnaden reden. Gewiß, aber saßt Euch kurz, mein guter Mann, entgegnete der Baronet, dessen freundliches Wesen zu den untergeordneten Leuten bekannt war. Sir, ich bin ein armer Mann, wohne in einem der Häuser, welche dem Grafen zugebören und habe jeit einem labre keine Miethe gezahlt. Herr Brown tritt nun eines Tages zu mw unv soricht: Jakob, gebt Herrn Vermilye Eure Stimme und ich eilasse Euch die Miethe, und hier sind noch zwei Pfund zehn Schillinge o'venein, um wieder vorwärts zu kommen. Da sagte ich zu Mathias Haies (er ist ein Mielhsinann von Herrn Halifax und hat beinahe vier Pfnnd für seine Stimme vom Verwalter des Herrn Grasen erhalten), ich sagte zu ihm wir sind arme Leute nnv seine Lordschaft ist ein Gras und wenn er's thut, so muß es wohl kein Un recht sein, meine ich. Holla, mache es kurz, Du Schurke, Du hältst die Abstimmung nur aus! Ja, ja, Squire, erwiderte der alte Mann, nicht ohne einen gewissen Humor zu Richard Brtthwood sich wendend, erst will ich nur noch das hier los seln. Aus seiner schäbigen Tasche langte er eine Hand voll Guineen und zählte sie aus den Tisch hin. Armer Mann! wie hell und l'ckend die Goldstücke glänzten, die ihm Speise, Kleidung, Leben gebracht hät ten! Drei wurden mir gezahlt, zwei an Will Horrocks und die übrigen an Mathias Hales; allein wir sind jetzt anderen Sin nes geworden und wollen das Geld denen wieder zustellen, welchen es gehört. Ehrlicher Freund, ich Dan e, Ew. Gnaden, ja wir sind ehrlich und wollen es bleiben, wir könnten ja außerdem unserem Brotherrn nicht gerade in's Gesicht sehen. Zu Michaeli wervrn es zwöls Jahre, da rettete er uns vom Verhungern vielleicht von etwas Schlimmeren. Wir wellen jetzt nicht Schurken werden. Nun Sir Ralph will ich meine Stimme abgeben, doch nicht für Herrn Vermilye. Ein leises Beisallsmurmeln begrüßte den alten Jakob, als er durch das Schiff der Kirche nach der Vorhalle ging, in der aus Sleinbänken eine ländliche Jury saß, die sich ziemlich unvortheilhaft über den Candidaten des Grafen aussprach. Er ist eine Unmasse Geld in Nortonßnry schuldig. Warum zeigt er sich nicht bei der Wahl, wie jeder andere ehrliche Mann? Weil er keiner ist. Er fürcktet die Häscker, erklärte der alte, gichtbrüchige Constabler, der für die Ruhe und Sicher heit in Kingswell auskommen mußte. Er ist der ärgste Schwindler in ganz Eng land. Fluch ihm! murmelte eine alle Frau. Sie war ein gutes, hübsches Kind, meine Tally! Fluch ihm! Während dieser ganzen Zeit saß Lord Luxmore in ruhiger Würde da, sest über zeugt, daß Alles so fortgehen würde, wie es immer bisher gewesen sei, und daß, trotz der unerhörten Abgeschmacktheit einer angefochtenen Wahl, er seines Burgfleckens doch gewiß sei, Es konnte also nicht seh len, daß seine Lordschast sehr überrascht war, als das Resultat der Abstimmung erwies, daß von fünfzehn Mäklern sechs sür Heirn Vermilye und neun für seinen Gegner gestimmt hatten. So war also Herbert Oldiower der gesetzlich gewählie Abgeordnete von Kingswell. Der Graf empfing diese Ankündigung mit ein'm vornehmen, ungläubigen Schweigen, Richaro Brithwoov war dagegen um so lauter. Es ist eine Betrügerei—eine schändliche Verschwörung! Ich will ihm aber schon den Plan entreißen bei meiner Seele, das soll geschehen! Es möchte Ihnen dies doch schwer werden, erwiderte John Halijax, der die von Jakob Baines gebrachten Guineen zählte und dem Rentmeister des Grasen hinschob. Obwohl die Zahl der Wähler gering war, so bin ich überzeugt, ein jedes Comite im Unterhause wird beipflichten, daß niemals neun Stimmen auf eine red lichere Weise abgegeben wurden, als diese hier. Ich bedanre es aufrichtig, Herr Brithwood —und ein freundliches Mitleid drückte sich in seinen Gesichtszügen aus daß ich unter den obwaltenden Umständen gezwungen wurde, als ihr Gegner auszutre ten. Vielleicht, daß Sie mir später einmal die Gerechtigkeit widerfahren lassen, anzu erkennen, daß ich so handeln mußte, weiche mir jetzt schon mein eigenes Gewissen ertheilt. Sehr möglich, erwiderte der Graf mit satyrischem Ausdruck und einer gleichen Verbeugung. Ich denke, meine Herren, unser Geschäft ist heute beendet, und der Weg nach Norton Bury ist weit. Sir Ralph, dürfen wir auf die Ehre ihrer Gefellschaft rechnen? Nein? Nun, ich ' emvsehle mich, melneFieunde! Ihr Diener Herr Halifax. Noch ein Wort, Mylord! Ich möchte für meine Arbeiter sprechen, welche Ihre Miether sind; wohl kann ich mir denken, was ibncn geschehen wird, die nicht nur denMiethzins schuloen, sondern noch gegen ihres Grundherrn Willen stimmten ehe man zu härteren Maßregeln schreitet, wollte ich bitten, daß Ihr Verwalter sich wegen der Bezahlung an mich MeinVerwalter wird nach seinem eignen Ermessen handeln. Tann vertraue ich auf Euer Herrlichkeit Güte, aus Ihr Ehrgefühl. Von Ehre spricht man nur mit seines Gleichen; erwiderte der Graf bochmüthig. Aus Eines aber darf Herr Halifax immer rechnen aus mein gutes Gedächtniß. Mit einem Lächeln und einer tadellosen Verbeugung, als verlasse er als Sieger den Kumpsplatz, verabschiedete sich Lord Luxmore und bald blieb keiner von Allen zurück, die den Kirchhof und die Kirche ge füllt und eineAnfrcgnng verursachlhaltcn, deren sich einige alte Dorfbewohner noch bis zum heutigen Tage erinnern, die sich aber sehr schlecht behandelt wähnen, weil die Neformakte den „loyalen, freien Flek ken Kingswell" aus der Ässe der englischen Wahlslecken gestrichen hat. Sir Ralph Oldlower stand noch lange mit John im Gespräche, und nachdem er seinen Wagen sortgeschickt, ging er mit ihm über den Kingswell - Berg dem Her renhaus zu. Neben ihnen reitend, veru nahm ick Bruchstücke ihrer Unteihaltung. Was Sie da sagen, Herr Halifax, ist alles wabr und gut; was aber können wir dabei thun? Unsere englische Versassung ist vollkommen, wenigstens >o weit es ein Werk von Menschenband sein kann; wenn sich trotzdem Mißbräucke und Verwerflich leiten einschleichen, so bedauern und tadeln wir es wie aber sollen wir dem Uebek stande abHelsen; nein, das ist unmöglich. Glauben Sie, Sir Ralph, daß der Schöpser dieser Welt, der, soweit unser Auge es zu erkennen vermag, diese wie alle seine anderen Schöpfungen stusenweisc zur Vollkommenheit führen will, daß er uns sür berechtigt hält, irgend eine Hand lung, eine Verbesserung in derselben für „unmög ick" zu erklären? Sie suhlen und reden wie ein Mann in der Vollkraft der Jagend, erwiderle der alle Baronet fast wchmüihig. Die kom menden Jahre werden Ihnen dicWelt und ibre Wege in einem anderen, klareren Lickte zeigen. Das hoffe ich voller Zuversicht. Sir Ralph warf einen Blick aus John, der vielleicht nicht ganz ftei von Neid war über die ächte Jugendsrische, welche sein Herz warm durchglühte, und die er trotzdem nur so lange gestattete, bis die reiferen Jahre größere Weisheit und Einficht brach ten. Ein Eiwas schien dem Greise zuzu flüstern, in dieser Jugend liege Kraft, Le ben und der Geist einer neu emporblü bendcn Zeit, vor welcher die alte, ver brauchte Generation in Siaub zelsailcn müsse. Tie Asche verstorbener Jahrhun derte, sie verdient es, ehrfurchtsvoll auf bewahrt zu werden, damit sie die nachfol genden Geschleckter, welche auch bergab denselben Weg einst gehen werden, nickt vatcrmörveiftch entweihen; aber wie man sie hoch und werlh halte, die ehrwürdige Asche der Vergangenheit Staub bleibt sie trotzdem nur. Hier endigte das Gespräch, weil unsere Wege sich schieden. Ter Baionet lud Jodn ebenso höflich als herzlich in sein Haus ein; und als er ein gewisses Zögern an ihm bemerkte, sägte er hinzu, daß seine Gemahlin sich sehr bald die Ehre nehmen würde, Frau Halifax aufzusuchen. John verbeugie sicb. Vielen Dank, Sir Ralph, dennoch muß ich Jbucu sagen, daß meine Frau und ich sebr einfache Menscken sind, die niemals nach Bekannt schaften streben, so hoch sie Freunve zu schätzen wissen. Das trifft sich ganz vortrefflich, da auch wir diese Eigeuthümlichk il besitzen und demgemäß bandeln. Aus Wiedersehen, Herr Halifax! und mit einem herzliche Händevruck verließ uns der aiie, chrwür dige Baronet. John, Tu bist heute eine Tiuje höher in der Welt gestiegen. Meinst Du? fragte er zerstreut, in tie fes Nachdenken versunken, während er Blätter von der Hecke amWege abstreifte. Was wird Ursula sagen? Mein theures Weib, Gott segne sie! Er schien nur den Schluß seiner Gedanken auszusprechen, als er sortsuhr: Es wird keinen Unterschied sür sie machen eher bei mir. Sie liebte mich, sie wurde me n, da ick arm und gering war, dock mit Gottes Hülse soll keine Frau im Lande einst hoher stehen und stolzer ihr Haupl erheben können, als meine Ursula. Hier wie allen Dingen dachie ein jeder der Gallen immer zuerst und zumeist an! den anderen und beide an Den, desiui Wille ibncn mebr galt, als alle menschli chen Liebesbaiide, ja selbst mehr als ihre gegenseitige, unendliche Liebe. Langsam verschwanden die alterthümli chen Thürme des Herrenhauses in Dunkel heit, die Berge verloren ihre Form und Gestalt und plötzlich strahlte uns ein klei nes, flimmerndes Licht die Lampe in dem Wohnzimmer in Longfi.'ld wie ein Glühwürmchen durch die in Nedcl gehüllten Felder entgegen. Ob wobl die Kinder schon zu Bett sein mögen, Phincas? Das treue Vaterauge hing voller In nigkeit an dem schimmernden Lichtstrahle, das Vaterherz verlangte nach dem lieben, trauten Helm. Dort steht Jemand am weißen Thore — Ursula! John, lieber John! Die Mutter gab ihre öftfühle nicht nach der Art der meisten Frauen in vielen Worten kund, doch an ihrem dort Warten, an dem leisem Beden 'hrerHand, erkannte ich, wie groß ihre Besorgnis; gewesen sein muß'.c. Ist Alles glücklich von Stalten gegan-! gen; ist Alles geordnet? Ich denke es. Herbert Oldiower ist ge-! wählt —er muß außer Landes gehen. Dann ist sie gerettet, Johu! Wir wollen es hoffen, komm, mein Liedling! Er schlang iclnen Arm um sie, um sie vor der Abendkühle zu schützen. Wir haben gethan, was in unseren kreis ten stand, jetzt müssen wir ten Ausgang rubig abwarten. Komm' heim, Ursula! Mit einem innigen, answärtSgcrichtetcn Blick und einem fast seicrttchen Ausdruck fügte John hinzu: Golt sei für mein ge segnetes Haus, meine Heimalh gedankt! > Wir standen Alle zeilig ttiLongsield auf. Das alte Sprüchwon: Morgenstunde hat Gold im Munde, ist gewiß eines der tief sinnigsten und wahrsten. Es war schon so liediub, die Sonne ausgehen zu sehen; über dem Baumberge erstieg sie und lüßte dann die Wipfel deSLärchenwaldeS, wobei einzelne Strahlen sich über den breiten Abhang aus unsere Felder ergossen; höher hob sich die leuchtende Königin empor und während unser tiesbeschatteles Thai im Morgeitthau ruhte, strahlte Leckington ' schon in einem blendenden Lickumecre. ! Entzückend war es; uniereKleincn in ihrem ! geschäftigen Treiben Morgens zu beobach , ten; aus und ein Uesen sie glücklich und t vergnügt, wie es die Kinder besonders in ! den ersten, frischen Tagesstunden sind. Hühner und Tauben mußten gefüttert und geliebkost werden und jeden Augenblick er schallte der Ruf nach Baler oder Mutter, die sich mit ihnen über irgend ein Wunder j im Garten oder Hofe, bei den Blumen oder dem Federvieh srcuen joillen. Und alle Beide waren stets bereit, den kleinsten dieserGehcimnisie zu lauschen, die geringste Freude zu theilen, wohl wissend, daß in der Kindheit nichts der Beachtung unwerth erscheint und daß die, welche der Vater aller Menschen mit der heiligen Eltern würde begnadigte, auch verpflichtet sind, für jede Freude und jeden Kummer des Kindcrherzens die innigste Sympathie zu , empfinden, Es ist mir, als sähe ich sie noch heute vor mir stehen, inmitten der Blumenbeete, von dem Golde der Morgensonne umflos. sen; des Vaters Kops ragte über die kleine Gruppe empor, und immer war er die Hauptperson in der Familie. Ihm zur Seite stand die Mutter und Beide wurden . verbunden durch kleine, umschlingende Arme und von rosigen, neugierigen Ge sicktchen umdrängt, von denen ein jedes Alles sehen und hören mochie, wobei ein Jeder der ue.d Keiner der Letzte sein wollte. Das war ein Schwatzen unv Lachen und Fragen! Keiner blieb auch nur auch eineSekunde flumm und ruhig außer der Einen, welche wie sein Schatten stets an ihres Vaters Seite war, und die er, vielleicht ihmttlbst unbewußt weniger wie einKind, denn wie einen guten Geist jener Welt behandelte, den er eifersüchtig ängstlich, wenn auch ohne es besonders zur Schau zu tragen, umfaßte und schützte, damit er nicht einmal, c> schreckt und verscheucht, yngeahnt in seine bessere Heimath ent schwebe. Wenn John nach Hause kam und das süße Engelsbild nicht seiner aus der Thürschwelle harrend fand, so war 'eine erste Frage: Wo ist Muricl? Murict's sanftes Antlitz sah an diesem Morgen - dein Tage nach der Wahl besonders hell und glücklich aus, weil der latcr den ganzen Tag zn Hause bleiben wollte. Es war der zum Feste bestimmte welches John seinen Arbeitern jähr lich zu geben sich vorgenommen. Dieses erste Mittagsmahl, das wir gaben, war in seiner Zusammenstellung dem bedeu ttuigsreichen Feste nickt unähnlich, von dem es heißt, daß die Armen und Schwa chen, die Lahmen und Blinden dazu ge laden wurden Alle, die bedürftig war ren und niemals die Güte erwidern konn teii. Dazu wurde nun gelockt, gebacken und allerlei Vorbereitungen getroffen, Alles ward herbeigeschafft/ was das Herz der Männer erfreuen konnte; sür die Frauen wurde Thee und Kuchen nach dem Essen bestimmt und die Jugend sollte sich durch muntere Spiele ergötzen, bei denen kleine Gewinne als Preis ausgesetzt wur den. Tie Mutter, Jem Watkins und „seine Jenny" waren so emsig wie die Bienen den ganzen' Morgen über; John selbst that sein Bestes, um hülfreiche Hand zu leisten, aber endlich erklärte ihm Ursula, daß es hart sür die Kinder wäre, wenn sie ikren Feiertagsspaziergang mit ihm einbüßen sollten und so wurden wir Alle von dem Schauplätze der,Thätigkeit in Gnaden ent lassen, um zwei lange, ruhige Stunden unter der großen Eiche aus demßaumberge zuzubringen. Tie Kinder svielten umher, bis sie ermüdet sich neben uns ins duftige Gras lagerten. Jetzt nahm John dicZei tung aus seiner Tasche und las uns von der Aesinng Eindad Rodrigo, dem Einzüge des Herzogs von Wellington in Madrid vor, von den zerschmetterten Adlern und den zerfetzten Fahnen aus Badagoz, die schon aus dem Wege zum Prinzregenlen waren, ihm als Siegestrvphäen überreicht zn werden. Ich wünschte, die Schlachten hörlcn auf unv es würde Friede! sagte Muriel. Der Ansicht waren die Knaben natürlich nicht; sie hegten schon die größte Theil nahme für die Berichte von dein Kriegs schauplätze, thellien sich in englisches und französisches Militär und führten im Hofe Belagerungen und Blockaden aus. Wie eigenthümlich es ist, hier so ruhig auf dem grünen Rasen zu sitzen und auf das stille, friedliche Thai zu schauen, und dann zu denken, daß dort in Spanien un ter demselben blauen Himmelszeile, viel leicht in dieser Siunde, blutige Schiachten ausgefochlen werden. Nein, Knaben, Ihr dürft mir niemals Soldaten werden! Arme, kleine Burschen rief ich aus seit sie denken können, giebt es Krieg. Wie ist es denn im Frieden, fragte Muricl. Das ist eine schöne Zeit, mein Kind, deren sich Alle erfreuen werden. Da keh. reu Väter und Brüoer heim zur Familie, die Arbeit gedeiht, Handel und Wandel hebt sich, die Lebensmittel werden biiligcr und Wohlstand verbreitet sich überall. Das muß herrlich scin, diese Zeit möchte ich ncch erleben! Werde ich bis dahin ein erwachsenes Mädchen sein,- Valer? John stutzte. Sie war ein so durchaus verschiedenes Wesen von allen anderen Kmdern, daß während wir oft Pläne sür die Zukunft der Knaben entwarfen, und die Mutler lachend versicherte, sie wisse genau, wie Guy als junger Mann ausse hen würde Niemand von uns sich je mals Muriel anders denn als Kind vor zustellen schien. Möchte meine Muriel denn so gern er wachsen scin; ist sie nicht zufrieden, meine kleine, liehe Tochler zu sein und zu blei ben? Gewiß, für immer: Der Vater nahm sie zärtlich in seine Arme und küßte ihre sanften, geschlossenen, lichtlosen Augen; dann erhob er sich mit einem leistn Seufzer und wir kehrten nach Hause zurück. Dieses erste Fest in Longficld war ein besonders fröhlicher Tag. Um die Mit tagszeit kamen alle die Männer mtt ihren Familien und bald daraus setzten sie sich zu Tische nieder. JemWatlins Plan, in der Scheune die Festtafel aufzuschlagen, war verworfen worden, weil der blaue, wolken loseScptembtrhimmcl zu einladend winkle, und so ward das Mitlagsessen im Freien eingenommen. Jem präsidirte mit einer unbeschreiblichen Würde an dem oberen Ende des Tisches als Wirth und machte den ganzen Tag über seiner Stellung die höchste Ehre, was John, Ursala und mir viel Vergnügen bereitete. Am Nachmittage vertheilten sich dck Leute je nach ihrem Gefallen in verschie dene Kreise und gingen umher, oder saßen still, wie es ihnen am besten zusagte. Ei nige vertrauten sich der Führung der „jun gen Herren" Guy und Edwin an, die überall sehr beliebt waren und ihrekLürde als Söhne des Hauses sehr stattlich tru gen. Die Mutter an deren Kleide der kleine, scheue Waller hing, ging zu den Frauen und Müttern hin, um mit Allen zu reden, hier tröstend, dort lobend, jene ermahnend; aber für Alle hatte sie ein williges Ohr, einen guten, freundlichen Blick, trotzdem lag nicht jenes herablas sende Wohlwollen in ihrem Wesen, daß dem Armen oft eist gar die Kluft bemerk lieh mackt, welche ihn von dem Reicheren scheidet; sie sprach mit ihrer gewöhnlichen freimüthigen Offenheit, sogar mit einer gewissen Strenge, wenn es einer Zurecht weisung bedurfte, aber gerade diese ernste Güte, die praktischen, umsichtigen Rath schläge, ihr Wille, thatkräftig zu Helsen, trafen und rührten die Herzen aller Frau en. Wenn auch vielleicht einige eine nur heilsame Furcht vor ihr hatten, so erkann ten doch alle den Einfluß der „Herrin" an, der zugleich tief und scgensvsll wirkte und sich nah und fern eistreckte. Sie lachte mich aus, als ich ihr erzählte welcken Eindruck ihr Wesen und Beneh men jenen und auch mir gemocht habe, , und meinte, sie folge ja nur John's Vor schrift, durch deren Ausführung er leinen Arbeitern zu gleicher Zeit das Gefahl ge ben wolle, daß er nicht nur ihr Herr, son dcrn auch ihr Freund sei. Und wie lautet diese Vorschrift? Man soll auf Alles, was sie sagen, mit Aufmerksamkeit und Theilnahme hören und achten, und nie vergessen, sie immer bei ihrem Taufnaincn zn nennen. Ich konnte mich eines Lächelns nickt erwehren, diese Antwort war so ganz Ur sula's Charakter und Eigentbümilchkcit entsprechend. Sie liebte es nicht, sich in wortreichen Gefühlen zu ergeben, sondern ibre Lebensaufgabe durch Thaten zu er füllen. Der Abend neigte sich schon, als wir uns auf der langen Bank unter dem Nuß bäume versammelten, nachdem wir Alle mehr oder minder, doch nach unseren besten Kräften zur allgemeinen Unterhaltung und dem Vergnügen unserer Gäste beigetragen hatten. Tie Sonne ging in unserem Rücken unter und sandte ihre letzten Glu then auf das höher gelegene Feld, aus dem die jungen Mädchen und Burschen sich mit munteren Spielen ergötzten und von wo ihr fröhliches Lachen bis zu uns hernieder klang. Ich glaube, die Leute haben heute einen selten glücklichen Tag verlebt, John und sie werden morgen desto besser arbeiten. Tavon bin ich überzeugt. Ich auch versicherte Guy, der den ganzen Tag die Rolle des „jungenHerrn", des ältesten Sohnes vom Hause, gespielt und seinen Willen und seine Ansicht bei jeder Gelegenheit mit einer gewissen Würde ausgesprochen hatte, trotzdem aber so liebenswürdig gewesen war, daß er von den Leuten angestaunt und verzogen wurde zu unserer geheimen Belustigung. Aus welchem Grunde bist Du davon überzeugt, mein Sohn? fragte der Valer lächelnd. Doch hier war der junge Herr Guy um eine Antwort verlegen. Er errölhete in kindischem Aerger und schlich zu seiner Mutter heran, diese machte ihm Platz an ihrer Seite und blickte bittend aus John. Guy ist aus eine Sandbank gekommen, wir müssen ihm wieder in das richtige Fahrwasser Helsen sagte der Vater. Höre jetzt, mein Sohn, den Grund zu un serem Ausspruch, inerte Dir aber vor Al lem, niemals „vollkommen überzeugt" von einer Sache zu sein, ehe man die Ursache dafür angeben kann. Unsere Leute wer den darum um so besser und freudiger arbeiten, wert sie es mit Liebe thun; sie werden nicht nur ihre Pflicht kalt erfüllen und blindlings ihremßrolhcrrn gehorchen, sie werden vielmehr ein warmes Interesse an ihm und Allem, was ihm zugehört, nehmen, weil sie fühlen, daß auch crTheil nahme sür sie empfindet und auch nicht nur seiner Verpflichtung gegen sie nach kommt, sondern darüber hinaus ihnen gern eine Freude bereitet. Es ist ihnen heute vielleicht recht klar geworden, daß wenn er auch in vielen Beziehungen ihnen überlegen und ihr Herr und Vorgesetzter ist, indessen sie seine Untergebenen sind, er dennoch niemals den Spruch derßibel ver gißt, den ich heute Morgen Euch vorlas: „Eineraberist nur Euer Mei ster, unddasist E h r i st us, aber Ihr seid Alle Brüder unter einander. Versteht Ihr das, liebe Kinder? Nach ihrem aufmerksamen Lauschen und ihren Gesichtern zn urtheilen, begriffen sie die Worte des Vaters vollkommen, sie wa ren auch daran gewöhnt, daß er in dieser Weise mit ihnen sprach; doch gab er seine goldenen Lehren nicht in der Form einer Pr digl, nein, unsere Kinder erhielten in ihren ersten Jugendjahren keinen soge nannten Religionsunterricht außer dem Kapitel, dasJohn täglich aus derßibel vor las und dem Beispiele, welches die Eltern ihnen gaben und das eine einfache, wört liche Ausführung der darin enthaltenen Lehren war. Sie galten als Richtschnur sür Alles, was in unserem Hause gedacht, gesagt, gethan wurde, ja, es schien mir oft, daß dem Herrn mit solcher Treue ge horcht würde, als ob er selbst gegenwärtig geweftn wäre, wie in jener Familie in Bethanien, die er so liebte. Wenn ich erklären soll, zu welcher Glau benslehre wir uns bekannten, welcher Sekte wir angehörten, so kann ich nur die selbe einfacheAntivort geben, mit der John allen solchen Fragen begegnete, daß wir Christen waren. Nach den vom Vater angeführten Wor ten der heiligen Schrift, aus weiche die Kinder stets mit der größten Ehrerbietung lauschten denn dies Buch wurde von ihren Eltern am höchsten geliebt und ge lchätzt und darin zn lesen oder daraus zw lernen, wurde als eine Belohnung und nimmer als Strafe betrachtet hörten wir auf über Guy zu lächeln und auch sein lindlscher Aerger war verschwunden. Der kleine Sturm zog schnell vorüber, wie alle unsere häuslichen Stürme, einen klaren, blauen Himmel zurücklassend. Wenn auch hin und wieder eine dunkle Wolke sich er hob, eine verschiedene Ansicht einen leich ten Streit hervorrief, sie wurde bald zer theilt durch die Sonne der gegenseitigen Liebe, wir schlichteten schnell den Zwist, weil wir so innig aneinander hingen. Vater, ich höre das Gitter össncn, es k.mintt Jemand, sagte Muricl. John, der gerade mit denknaben spielte wandte sich sogleich um, wie immer, wenn ihn nur ein Ton von Mmiei's sanfter Stimme traf. Es ist ein armer Junge wer m.ig es sein? Es wird eines der Kinder sein, die oft nach Milch kommen, doch heule können mir keine scrlgebcn. Was willst Tu, mein Junge? Der Knabe, dessen Aussehen dürstig und eleno war, öffnete seinen Mund und ließ ein vcrdutzies: Was? hören. Ursula wiederholte ihre Frage. Ich suche Jakob Baincs. Tu wirst ihn bei jenem Hcujchobcr mit den anderen Leuten bei seiner Pfeife und dem Bierkruge finden. Wie ein Pfeil flog der Knabe dahin. Ich glaube, er ist aus Kingswell, John, sollte dort etwas vorgefallen sein? Ich werde mich darnach erkundigen nein. Kinder, jetzt kein Spielen mehr ich kehre gleich zurück. In seinem Antlitz drückte sich eine ge wisse Unruhe aus, als er schnell von san nen ging. Ursula hatte es mit einem Blick bemerkt, und bald folgte sie ihrem Manne nach. Als ich sie aufsuchte, sah ich dicht bei dem Heuschober eine Gruppe Männer, die erhitzt und zornig mit ein ander sprachen; die geschwätzigen Mütter hatten sich ihnen soeben zugesellt, während die jungen Leute fern ab noch ungestört ihr Vergnügen genossen und sich in einem weiten Kreise im Ringellanze bewegten, der „meiner Großmutter ihre Nadel ein fädeln" genannt wurde. Bei unserer Annäherung hörten wir das Weinen eini ger Frauen und die lauten Verwünschun gen der Männer. Was ist vorgefallen? fragte John Ha lifax, in ihreMitle tretend, woraus augen blicklich das Weinen und Fluchen ver stummle, indessen Alle auf einmal eine verwirrte Geschichte erlittener Uubiil zu er zählen begannen. Still, Jakob, wie soll ich daraus klug werden? Liebe Leute, laßt es Einen mir erklären! Dieser Junge ist ein Augenzeuge davon gewesen und er lügt nicht bei einer so wichtigen Sache sprich srci heraus, Billy! Nach und nach erfuhren wir die traurige Kunde, welche Billy überbracht hatte, der an jenem Tage zur Beaufsichtigung der fünf Wohnungen in kingswell zurückge blieben war, welche John's Arbeiter in den Häusern des Grasen Lurmore inne halten. Während der Abwesenheit der Besitzer war eine Beschlagnahme ihrer Sa chen für den schuldigen Miethzins ange ordnet und jedes Stück ihrer armseligen Einrichtung hatte man ihnen abzepjändet, ja, zwei oder drei alte, kranke Leute ließ man grausamer Weise ans dem harten Fußboden liegen und die armen Familien wußten jetzt, daß sie bei ihrer Rückkehr in ihre Wohnungen nur die kahlen vierWände finden würden. Und immer von Neuem wiederholten sie diese traurige Geschichte, sie mit Schluchzen undSchwüien der Rache begleitend. Seid jetzt ruhig! gebot John, aber ich sah, daß sein redliches englisches Blut in seinen Adern stürmftch wallte. Jem! Ter Gerufene fuhr empor bei dem so unge wöhnlich strengen, befehlenden Ton seines Herrn. Jem, sattle das Pserd, schnell, schnell! Ich will nach Kingswell zum Scherisf retten. Gott segne Sie, Herr! rief die ver wittwele Schwiegertochter von Jakob Bai nes schluchzend, die, wie ich aus einem Gespräche zwischen ihr und Ursula kört, ein krankes Kind zu e(auje zurückge lassen hatte. Jakob ergriff einen schweren Knotenstock, der zufällig bei dem Heuschober stand und betrachtete ihn mit einem vielsagenden Ausdruck, während er fragte: Herr, wer hat das Alles so angeordnet? Legt den Stock fort, Jakob! Ter alte Mann zögerte begegnete dem entschiedenen Blick seines Herrn, und gehorchte ihm sanft wie ein Lamm. Aber Herr Halifax, was sollen wir thun? Nichts. Erwartet hier ruhig und ge setzt meine Zurückkunst, ich werde Sorge tragen, daß Euch nichts Böses geschieht. Ich denke, Ihr habt Vertrauen zn mir, meine guten Freunde? Sie schaarten sich um ihn, diese starken, wilv biickenoen Gesellen, in denen rohe Kraft genug war, um jedem Feinde zir begegnen, ja sogar ihn anzugreifen, und doch brachte er sie dahin, mtt Ruhe und Besonnenheit auf die Rathschläge der Vernunft zu bören. Er erklärte ihnen so faßlich wie möglich , die Ungerechtigkeit, die ihnen allem An scheine nach zugefügt war, eine Ungerech i tigkeit, welche dwGesetze überschritt und der i sie dennoch ihrerseits nur durch ein ge