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Stadt Baltimore. Das neue Trunkenbold-Asyl Wie wir schon zn wiederholten Malen mit getheilt, haben die Direktoren des Trunken bold-Asyls an der Gilmorstraße den Landsitz des Hrn. Werner Dresel m der Nähe von Calonsville angekauft und zwar um die Summe von 23,001. Dcr Landsitz ist 35 Morgen groß und liegt in einer stillen einsa men Gegend, wo man vom Geräusch der Welt wenig oder Nichts merkt. Ter Platz „l daher für Diejenigen, welche Heilung in dcr betreffenden Anstalt suchen, anßerordent lich geeignet. Bemerkt muß hier noch wer den, daß dieses Asyl nicht als ein Zufluchts ort für Männer bestimmt ist, welcheJich einige Tage lang dem Trünke ergeben und sich ,n einem oder zwei Wochen von ihrem Rausche erholen. Das Institut ist lediglich nur sür Solch- bestimmt, die dein Trünke ganz und gar ergeben sind. Dieselben ,'ollen in dcr Anstalt verbleiben und nicht eher aus derscl den entlassen werden, als bis sie stark genug sind, um alle Verlockungen Widerstand zu leisten, ihr Körperiystcm erneuert und die Selbstachtung zurückgekehrt ist. Die gegen warttgen Direktoren des Asyls sind die HH. A John R. Cox, W. Colton, Oha. Eochran, Wm. E. Woodyear, CpruS Blackburn, Samuel G. Wyman, G. K. Ty er, Achtb. John A. Campbell, R. D. Fisher, Stewart Brown, Dr. John Morris, Ph-lipp M. Snowden, Richard Cornelius. Wm. R. Lmcoln, Wm. S. Rayner. John A.Middlc lou, Edward stabler, jun., I. 2k. Gary und Dr. Joseph Parrish. Die „Maryländer Gartenbau- Gesell j ch a f t." —Da? Exekutiv Comite der „Maryländer Gartenbau-Gesellschaft" dielt am Freitage unter dem Vorsitze dcS Hrn. Ezra Whltinan in dem Comptoir de Hrn. R. W. L. Rastn eine Versammlung ab, in welcher man Arrangements für die am 9. September beginnende und bis zum 11. desselben Mo nats währende Ausstellung dcr Gesellschaft traf. Unter Denjenigen, welche Donationen zur Bestreitung der durch die Ausstellung ent stehenden Kosten gezeichnet haben, beynden sich auch folgende Herren: W. H. Graham 550, C. Whitmail sc söhne H5O, R. W. L. Rasin sc Comp. S5O, W. T. Walters S5O, C. I. Baker H5O, Ensch Pratt H'.o, Hamil ton Easter §5, A. S. Abcll tzso, Hoc §5O u. Ä. Die Herbstrenneil des „Di aryländer R o ck e y - C l u bs" werden am 20., 21., 22. und 23. Oktober stattfinden. Das berühmte Rennpferd „Tom Bowling" wird aller Wahr scheinlichkeit nach während dieser Rennen sein Erscheinen in Pimiico machen. In den letz ten drei Wochen war eine große Anzabl Ar beiter beschäftigt, die Rennbahn sür die be vorstehendenßennen in guten stand zu setzen. Statistiken über Einwände ruiig. Währenddes mit dem 30. Juni zu Ende gegangenen Jahres trafen aus Dam. Pscrn und Segelschiffen 9823 Einwanderer, 5055 männlichen und 4773 weibliche Ge schlechts hier ein. Von diesen kamen 5593 von Deutschland, 3015 von Oestreich, 27 von Ungarn, 62 aus der Schweiz, 310 von Ruß land, 15 von Norwegen, 3 von Schweden, .35 von Dänemark, 4 aus den Niederlanden. 19 von Frankreich, 16 von Spanien, 4 von Italien, 43 von England, 108 von Irland, 2 von Schottland, 1 von Wales, 23 von Ncu- Scholtland, 4 vonNeniiindland, 3 vonMcxikö, 4l von Euba, 4 von Porro Rico, 5 ans den französischen Besitzungen in Westtndien, l von den Bahaiiia-Jnscln, l von Brasilien, 7 von Guiaiia, 3 von Uruguay, 1 von Ostindien n. 2 von China. Die Einwanderer waren ihren LebenSbcrufeii nach, wie folgt: Apotheker l, Architekten I, Bäcker 35, Barbiere 4, schmiede 58, Buchbinder 7, Brauer IV, Maurer 65, Ziegelbrenncr t, Bürstenbinder 1. Metzger 23, Schreiner 58, Zimmerleuie 61, Schiffs ziuiiiierleulc t, Chemiker!, Clgarrcnmacher 22. Geistliche l, Commis 31, Kutscher 3, Wa genbauer 6, Zuckerbäcker 4, Küfer 15, Kupfer schmiede S, Zahnärzte 1, Ingenieure 13. Gra veure i , Ackerbauer 906, Gärtner IS, Glaser 2, Handschuhmacher l, Hutmachex 1, Goldar dctter I, Trödler 1, Handlanger 1032, Necl'ts gelehrte 1, Schlosser So, Maschinisten 3, Kauf leute 125, Müller 32, Minenarbeiter 11, Mu siker 12, Maler l, Anstreicher 15, Aerzte 4, Loosscn 1, Gypscr l. Töpfer 1, Buchdrucker K, Sattler 5, Matrosen 15, Bildhauer 2, Nä herinnen 18, Dienstboien 183, Schäfer 13, Schuhmacher 112, Silbcrschmied 1, Dachdck ler 1, Steinmetzen 8, Schneider 89, Gerber 7, Schullehrer 6, Uhrmacher 3, Weber 57, Radmachcr 10. Ohne eigentlichen Beruf wa ren 6614 der Einwandercr. Der engt. Dampfer „Caspian," Capt. Trocks, zur Man'schen Linie gehörig, brach letzten Dienstag von Liverpool nach Baltimore ans und wird in St. Johns, N.- F., und Halifax, N.-Sch., anlegen. DerDainpser „Baltimore," Capt. F. Lilicnhaui, segelte verflossenen Mittwoch von Bremerhaven direkt nach Baltimore auf; er hat eine Anzahl schützen, die das hiesige Buirdesschützcnfest besuchen wollen, am Bord. Seine Rückfahrt tritt er, da am 15. August von hier kein Lloyd - Dampfer cxpedirt wird, am 22. August an. Der Dampfer „Ohio," Capt. H. Echuleiiburg, fährt kommenden Sonnabend von hier nach Bremerhaven ab. Sein Com inaiidenr besucht in dieser Eigenschaft unseren Hafen zum ersten Mate, ist aber ein alter Seemann von 25 jähriger Erfahrung und de fehltgtc srüher die Dampfer „König Wilhelm," „Bremen" und „Amerika." Wiedereröffnung der Otter de i ii. K ir ch can C o w a y-S tr a ß e.— Sonntagmurde in dem altehrwürdigenGottcS kzauje der „Bereinigten Brüder in Chnslo" an Conway . zwischen Hanover- und Sharp straße, nach dreimonatlicher Pause dcr Gottes dienst wieder eröffnet. Diese Pauie war zur gründlichen Rcuoviruiig des Gebäudes nö thig gewesen; das Innere ist mit geschmack vollen Fresko-Malereien, neuen Teppiche, Polstersitzen u. s. w. verziert, das Aeußere grau mit weißen Strichen gemalt, das Dach erneuert worden. Zu der besagten WtcdcrcrössiinngS-Feier war der Andrang so stark, daß Viele keinen Einlaß finden konnten. Um 411 Uhr hielt der Ehrw. E. Licht, Agent des LcbanowVal lcy-CoUcgcs zu Annville, Pa., mit Zugrnndc lcgung von Ossenb. Joh. li, V. Innd2: .Uns es ward mir ein Rohr gegeben, einem stecken gleich; und sprach: stehe aus und miß den Tempel Gottes und den Altar und die darinnen anbeten. Aber das innere Ehor des Tempels wirf hinaus und miß es nicht, denn es ist den Heiden gegeben" eine Pre digt, worin er auf den Stifter der Gemeinde, seine Amtsnachfolger, die Väter des Kirchen ralhs und die vcrsloibcnen Gemcinde-Mitglic dcl, an welche die Zeit ihren Maßstab gelegt, hinwies ; aus dem Zeitlichen seien sie tn'S Unvergängliche eingegangen; auch an andere mit der Gemeinde verknüpfte Dinge habe die Vorsehung ih''cu Maßstab angelegt und durch Entfernung des Allen dem 'Neuen Raum ge macht. I,i, weiteren Verlaufe der Predigt sprach er von dem Meßbaren, Veränderlichen End Zeitlichen, vom Umncßbarcn und Ewigen in Sachen dcr göttlichen Religion und von unserer Stellung und Pflicht Beiden gegen über. Nachmittag fand eine Aiidach'tsver jammlung statt, in welcher die Ehrw. N. Attmaiiii, Wilhelm Rumsen, F.von Schlüm bach in deutscher, der Ehrw. I. H. Quigley in englischer Sprache predigten; Abends 'pre digte dcr Ehrw. Leicht. Die nach dem Vor mittags Gottesdienste vorgenommene Col lektc sür den Reparirfond ergab die Summe von 5666.25. Im Oktober oder November dieses Jahres findet die Säkularfeicr der Kirche statt, wozu von allen Ottcrbein'schen Kirchen in den Vcr. Staaten Depulirte er wartet werden. Diese Kirche ist die älteste Baltimore's. Ter verbriefte Name derGemcinde lautet Ursprung lich aus die „Deutsche Evangelische Reform- Gemeinde." Das zur Kirche und Pfarrwoh nling gehörige Grundstück umfaßt einen Bier telmorgen und ist von Conway-, Sharp-und Pernsstraßc begrenzt, gehörte zu „Howard's Hügel" und wurde dem Obersten John Eager Howard abgekauft, das Ganze ist geschmack voll ausgelegt und von einer Backsteinmaucr umsäumt. Pastor Wilhelm Otierbcin, dcr Gründer dcr Gemeinde, traf am 4. Mai 1774 in Baltimore cm und begann sofort seine so erfolgreiche Thätigkeit. Zuerst wurde ein kleines hölzerneSGcbäude sür die goltesdienst ttchcn Versammlungen aufgeführt und in der Folge, d. h. 1784 durch das letzige geräumige Gotteshaus ersetzt. In der Psarrwohnung findet sich noch ein Schriftstück in Oltcrbein's Handschrift über sein Conlo mit der Gemein de: „ttvbiiur 1125 Pfd. St. 4 Sch. 6 Pence; trc-ättor 775 Pfd. St. k Sch. 3P. Bilanz 319 Pfd. St. 18 sch. 1 P. Diese Schuld theilweise bezahlt; den Rest der Gemeinde ge schenkt. Wilhelm Otterbeiu, den 14. Dez. 1788." Er war der Gründer der „Ber. Brü der in Christo," welche in unserer Stadt zur Zeit drei Kirchen, eine Kapelle und eine Mis sion ntcr Oberanssicht des Bischofs D. Ed wards besitzen, nämlich die Otterbein-Kirche an Conwayllraßc unter Pastor F. Törkscn, die Otterbein-Kapelle aus der Ecke der Scott liud St. Peterstraße unter Pastor C. T. Stern, die dritte aus der Ecke der Fufton und Lombardstraßc unter Pastor Neheuuah Alt manii, die Salem - Mission auf der Ecke der Retreat- und Francisstraßc und die fünfte aus der Ecke der George- und Brunestraße un ter Pastor I. Ä Sand. Dcr Gottesdienst wird in deutscher und englischer Sprach ge halten. Die Bischöfe werden nur aus vier Jahre gewählt. Die Mntterkirche an Con waystraße ist unabhängig von der Conferenz. Tie Pastoren der Conway-straßen-Kirche waren folgende: Wilhelm Ottcrbein, von >774 bis zum 17. November 1813, wann er >w 37. Jahre starb, Geistlicher der ersten und zweiten Gemeinde; Schäfer von 1815 bis 181; Schneider, Schwiegervater des Hrn. Wilhelm Ramsen, von 181 bis 1823; Nei dlg von 1823 bis 1827; Wilhelm Braun, ZohannKrack, Johann Müller, John Russell, Hermann, Bischof John Russell, Bijchof Ja kob Erb von 1850 bis 1857, Dr. Samuel Enderlei bis 18, Heinrich schrob, Joh. Ä. Sand, Carl Schneider, N. 'Altmann und Jakob Dörkscn, der derzeitige Geistliche. Wilhelm Olterdcin's sterbliche tleberreste ruhen aus dem Kirchhofe, wo eine Tafel des Grabsteins Geburls- und Todestag angibt. W. Ottcrbein war ein geborener Holländer' Hr. Georg H. Pagets hat eine Abschrift seiner Prediger-Bestallung in lateinischer Sprache, welche Johann Hildt, Pater des hiesigen Geistlichen Georg Hildt, eopirt hat. Die Glocken der Kirche, deren klarer und metalli scher Ton allgemein bewundert wird, wurden 1788 in Bremen gegossen. Die Maryländcr Groß loge des „deutschen Ordens derHarugari" begann Sonntag Morgen mit ihrer Jahres sitzung. Es werden wahrscheinlich einige Tage vergehen, che alleGsschäste erledigt sind. In der Sonntags Sitzung wurde der Jahres bericht des Groß - Sekretärs Hrn. Valentin Schumann verlesen. Derselbe weis't nach, daß der Orden im Staate Maryland zur Zeil 15 Logen zählt, von denen sich 13 in Balti more. 1 in Freder.ck und l in Highlandtown, Balttinorc-Counly, befinden. Diese Logen hatten am Schlüsse des Rcchnungsiahres (am l. Juli 1874) eine Mitgliederzahl von 1331 und ciiicnCcipitatbcstand von 514,140.40 auf zuweisen. Das Capital dcr „Maryländer Harugari sterbe- und Krankcnhülfs - Kasse" belauft sich gegenwärtig aus 53590.70, mit hin gebietet der Orden in Maryland über ein Gcfammi-Capital von 517,731.10. In dem Zeitraume vom 1. Juli 1873 bis zum I.Juli 1874 wurden 153 kranke Brüder und 55 Witt wen und Waisen mit einersumme von 53910.- 90 unterstützt. In demselben Zeiträume star ben 16 Brüder und 10 Frauen von Brüdern. Zur Bestreitung der Beerdigungskosten, als Sterbegelder nick als Beitrag zur;,Marylän der HarUgari-sterbe- und Krankcnhülfskasse" wurden 57639.50 verausgabt, während die Verausgabungen sür wohlthätige Zwecke die Hohe von 51228.91 erreichten. DicGesammt- Ausgaben im letzten Zahre tümmen demnach auf 512,77.31 zll stehen. 'Als Groß-Be aimc für den neuen Termin wurden nächste hendc Herren erwählt: JohannHeiger, Groß- Barde; Franz Ganter, Hülfs-Groß-Barde; Eilgelbrecht L.Kühn, Groß-Aufscher; Valen tin Schumann, Groß - Sekretär; August H. Feige, Groß-Schatzmeistcr. Die Ex-Groß- Barden Louis Beck und Wm. Raine wurden als Groß-Beair cen zu der am ersten Mittwoch im Monat September zu New-Nork stattfin denden Generalsitzung der Vcr. St.-Großloge erwählt. Einweihung einer ncuen Odd- Fetl o w S-H al! e. Die neue Halle der „Odd-Fellows" inCatonsville winde Moütag feierlich eingeweiht. Das neue Gebäude ist 30 bei 60 Fuß groß und drei Stockwerke hoch. Das erste Stockwerk wird in Zukunft als Schul Lokal, das zweite als Ortshalle und das dritte als Logeiisaal dienen. Die ganzen Baukosten belaufen sich aus §BOOO. Die „Providcnce-Loge, Nr. 116," bat den Saal möbliren lassen. Diese Loge Mit gegenwär tig 15 Mitglieder und hat folgende Beamten: Samuel C. Heird, Edcl-Groß; Augnstüs syarp, Bizc-Groß; D. A. Bohlkcn, proto lollirendcr sckrclär; E. J. Htll, corrcfpondi rendcr Sekretär; Jakob Freund, Schatzmci stcr. Präzise lv Uhr gestern Morgen formirle sich der Festzug unter der Leitung des Chef niarfchalls I. I. Peilen. Der Zug bestand aus den Mitgliedern der „Provideifle - Loge Nr. 116" und der „Stenden-Loge Nr. 41." Nachdem der Zug durch Catonsviue marschirt war, begaben sich alle Thcilnehmcr des Zuges in den Logenfaal, wo die Einweihungs-Feier lichkciten sodann ihren Anfang nahmen. Zu erst sprach der Kaplan Heinrich Schäfer ein Geben dann hiellHr. Peilen eine Ansprache, Und als er geendet, wurde ein Lied gesungen. Sobald der letzte Ton des Liedes verklungen war, hielt Ar. Peilerl, der zugleich Präsident der „Newberg - Hall - Association" ist, welche die neue Halle erbauen ließ, eine zweite An sprache, woraus dcr Fußboden mit Wasser be sprengt und ein Feuer auf dem Altar angezün det wurde. Später begaben sich die Anwe senden in das zweite Stockwerk, wo Oberst P. M. snowden eine Rede hielt, in welcher er den „Odd Fellows" von Calonsville zn dem Erfolge gralnlirte, welchen sie nunmehr erreicht. Hieraus trcttelt äste Äümesendcn wie der in Reih' Und Glied und marschirten nach dem Catonsvilter Eisenbahn Parke, wo ein großer Ball stattfand. Als Fest - Comite suiigirtcii bei dieser Gelegenheit die HH. Pei lert, Heird, Freund, Wilson und Schott. Die P slrs ich - Ern dte. Der Wil mingtoner, Del., „Commercial" sagt: „Wäh rend der letzten 1 Tage wurden vereinzelte Partie' Pfirsiche auf der „Delaware-Bahn" nach New Ä)ork und Philadelphia geschickt aber erst am letzten Montage hat die Versen düng wagenwciic begonnen. An diesem Tage wurde der erste Pfirsichzug auf der Bahn be fördert. Er enthielt 49 Frachtwagen, von welchen 33 nach Jersey-City und Iß nach Philadelphia gingen. Im letzten Jahre, wo die Erndte eine späte war, wurde der erste Fracbtzi'.g, mit Pfirsichen beladen, am 4. August auf dieser Bahn befördert. Die Preise, welche erlangt werden, sind verschie den, je nach der Qualität dcr Frucht; für ein zelne Körbe wurden K 7, für andere blos S 2 bezahlt. Alles hängt eben von der Qualität ab, e? ist aber wahrscheinlich, daß die geringe Erndte in diesem Jahre eine Uebcrfüllnng des Marktes verhindern wird und durchschnittlich gute Preise erzielt werden. Die Besitzer dcr Pfirsichgärten bemühen sich, die Früchte aus zulesen und die bessere Qualität von dcr schlechteren getrennt zu verpacken. Man glaubt, daß dadurch im Ganzen bessere Preise erziel! werden können." —Ein Correspondcnt aus Dover berichtet über die verschiedenen Psirsichgattungen und die Reihenfolge, in der sie zur Reife kommen: Nach den „Hales" reifen zunächst einige Sorten „Troths" und die „Horks." Letztere beiden Sorten sind besser, als die „Haies," aber ihre Quantität dürfte dieses Jahr sehr gering fein. Nachdem diese befördert sind, reifen keine ncnnensmer lhen Sorten, bis die „Stumps" kommen. Dies ist eine sehr vorzügliche Psirsichart, aber der Ertrag in diesem Jahre wird sehr be schränkt sein und bald im Markte verschwin den. Hierauf komml in dcr zweiten Hälfte des September die letzte Psirsichart „Smock." Dies ist eine große, fast gelbe Pfirsiche, sehr gut zum Einmachen, aber nicht zum Essen, da sie etwas sauer schmeckt. Mit dcr „Smock" wird die Saison für 1874 für Delawarer und Maryläiidcr Pfirsiche abgeschlossen, eine Sai so, welche die Hoffnungen und Erwartun gen vieler Pflanzer, welche Hunderte von Aeckern damit bestellten und Tausende von Dollars darauf verwandten, täuschte. Europäische Singvögel werden jetzt m größerer Anzahl, als früher, nach den Ver. Staaten importirt. Ter Kanarienvo gel, dcr vor 25 Jahren in Amerika noch voll ständig unbekannt war, ist jeyi allenthalben ein beliebter Hausvogcl. Tie meisten Kana rienvögel kommen von Deutschland. Diesel den singen Anfangs sehr hübsch, sollen aber schon nach einem Jahre ihre Stimme verlie ren. Die Vögel dagegen, die hier gezüchtet werden, singen gewöhnlich sieben Jahre, häu sig noch länger. Auch Goldfinken, Buchfin ken und Lerchen werden jetzt importirt und zu Kl 5 bis K 25 pro Stück verkauft. Unter den hiesigen Singvögeln ist dcr Spottvogel der beliebteste. Die besten dieser Vögel kommen von Florida und Georgia unv können zu Gl5 bis -?2 pro Stück gekauft werden. Doch sind diese Spottvögel selten gute Sänger; nach den Aussagen hiesiger Vogelhändler fin det mau unter 300 Vögeln höchstens einen guten Sänger; dieser aber bringt im Handel gewöhnlich mehr, als KlOO. Udder; ook. —Es sind gegenwärtig in Ehester County mehrere Pelilionen im Um laufe, in welchen darum nachgesucht wird, daß das über Uddcrzook verhängte Todesur theil in lebenslängliche Gesängnißstrafe um gewandelt werde. Die Pelilionen sollen je doch nicht viele Unterschristen finden. Hr. Perdue, einer der Anwälte des Verurthcilten, hat ebenfalls eine Petition, die denselben Zweck hat, in Umlauf gesetzt. Als Gründe für seine Handlungsweise giebt er die Ursa chen an, die ihn dazu leiteten, den Fall vor das Ober Appellations-Gerichl des Staates Pennsylvameit zu bringen. Verhaft ung des Dr. Julius Reinhardt in St. LouisundAb- führung iil'S hiesige Gefängniß. —Sonntag Nachmittag wurde Dr. I. Rein hardt ou dem für den Friedensrichter Rit gert thätigen Constabler Rose in Begleitung von Moritz Löh, Präsidenten der „Hercules- Darlehen- und spar - Anstalt Nr. 1" von St. Louis nach unserer Stadt gebracht und Montag früh vom Scheinst Albert nach dem Gefängnisse beordert, um das Verfahren der Großgcschworencn bezüglich der Anklagen we gen Betruges und UiiterschlcifeS abzuwarten. Die HH. Rose und Löb waren im Besitze ei nes am 23. Juli direkt vom Criminalgerichte ausgestclltenVcrhastSbcsehls.der aus der neuen gegen Dr. I. Reinhardt erhobenen Anklage fußte, einen Wechsel von §2O, Eigenthum dcr „Hercules - Darlehen- und Spar-Aiistalt Nr. I," betrüge?" a,er Weise unterschlagen und den Erlös daraus zum eigenen Nutzen verwendet zu haben.—Bei der Kunde von des Angeklagten Ankunft in Baltimore erließ Friedensrichter Myers, vor dem vor vierzehn Dagen der Angeklagte zum Verhöre wegen Betrügen? der „Pcoria'cr GcgenseitigciiKran kenuiiterstützuiigs-Gescllschasl" um tzo nicht erschienen war, sondern, seine Bürgen Klein und Brotzmann im Stiche lassend, flüchlig wurde, einen weiteren Befehl zur Abführung desselben in's Gefängniß, um sich auch wegen dieser Anschuldigung cruninaliter zu verant worten. Man erwartet noch weitere Ankla gen ähnlicher Art, unter anderen eine von Friedrich Glaser, zwei oder mehr Wechsel im Gesammtbetrage von 5100 gefälscht zu ha ben. Verspätung.- Sonntag Nachmittag 44 Uhr wurde dcr südlich fahrende Zug der „Baltimore Ohio-Bahn" zwischen der 'Sta- tton Culpepper und Cliston durch eine Anzahl Kühe, von denen er einige niederstieß, eine Stunde aufgehalten, aber Niemand verletzt. Ein Schlaswaggon, dessen Räder dabei Scha' den gelitten, mußte von den schienen entfernt werden. Zeitweilige A r b eits -Einst e l lung. Am Freitag Abend stellten vier große Baumwollspinnereien in Woodberry die Arbeit ein. Ten Angestcllien wurde die Mittheilung gemacht, dag diese Arbeitseinstel lung jedoch iiichl von langer Dauer sein wür de. Aller Wahrscheinlichkeit werden die Spin nereien schon am 17. August wieder geöffnet werden. Die meisten der 'Angestellten, die l 4 Tage feiern müssen, sind Frauen und Kin der. Diese Einstellung der Arbeit ist lediglich nur dcr allgemein herrschenden GejchäftSiiille zuzuschreiben. Die Ausgaben für Baltimore Count y.—Die Ausgaben Baltimore-Coun ty'S beliefcii sich in dem mit dem 30. Mai zu Ende gegangenen Jahre auf Kt79,961.30. Von dieser Summe wurden tz'1,678.25 zur Deckung der Kosten des Baltimore-Tounty- Krcisgerichts, P 1227.87 für die County Eom missäre und den Schatzmeister, 510,065.19 sür da? Armenhaus, 511,224.77 für das Ge fängniß, 523,017.21 für Brücken und Stra ßen, 5i 1,267 sür die Auslegung von Straßen in Baltimore-County,c. verausgabt.! Aus Westminster. Hr. William CUnitingham, Kassirer der ersten National bank in Westminster, wurde vor einigen Ta gen von einem eigenthümlichen Uniall betrof fen. Er hatte sich am Abend in feinem Gar ten in eine Hängematte gelegt und war babei eingeschlummert. Während des Schlafes rollte er aus der Matte, fiel zur Erde und brach das Schlüsselbein. In der Nähe von Warfieldsbnrg, vier Meilen von Westminster in Carroll-County, ereignete sich am Dienstag letzter Woche ein trauriger Unfall. Ein kleines Söhnchen des Hrn. Collins gcrieth mit seinem Fuße in eine Dreschmaschine und wurde so schwer verletzt, daß es schwerlich mir dem Leben davonkom men wird. Straßenraub. Ein prominenter Bürger von Unity, Md., Hr. Gaddock Ma gruder, wurde am Mittwoch Abend, als er von Washington, D. C., nach Hause zurück kehrte, zwei Meilen von seiner Heimath ent fernt von einem Straßenräuber angefallen, mit einem Prügel über den Kopf geschlagen, und um S6O beraubt. Von dem Räuber hat man bis jetzt keine Spur entdeckt. Ernennung. Hr. I. C. Covell von Govanstown, Baltimore - County, ist zum Prinzipal des Taubstummen- und Blinden Instituts in Romney, West - Virginien, er nannt. Unbcstcuertes Eigenthum. Der Gesammtwerth des nnbesteucrten Eigen thums in Baltimore und dcr Umgegend wird ans 65 Millionen Dollars veranschlagt. Zu diesem von jeglicher Besteuerung ausgcnom menen Eigenthum gehören die Gerichts - Ge bäude, Kirchen, Kirchhöfe, Privat-Bibliothe ken, die „Freimaurer Halle" u. s. w. Brand in Baltimore-County. Das Wohnhaus des Hrn. Benjamin R. Po well, zwei Meilen nordöstlich von Sweet Air, Baltimore-County, wurde an einem Tage letzter Woche durch Feuer zerstört. Sämml liche Mobilicn gingen in Flammen auf. Gesährtdiebstabl. sonnlag früh verhaftete Wm. B. Lqtle, Chef der County- Polizci, zwei Männer, Namens Georg Mil ton und Edward Martin, unter der Ankla ge, dem Stellmacher Adam Dietrich am schtteidepunkte der Harsord- und Hillen- Road einen Wagen gestohlen zu haben. Bei ihrer Festnahme hatten sie auch eine dunkel braune Stute und ein doppeltes Kuljchenge schirr in ihrem Besitze; Pferd und Geschirr nahmen die County - Behörden in Verwah rung, während das arretirte Paar vom Rich ter Lewis in Waverly in Ermangelung von Bürgschaft in CriminattGewahrsam geschickt Schifssunfälle im Juli- Die Gesammtzahl der im verflossenen Monate als total verloren und verschollen gemeldeten Fahrzeuge, die nach Häfen der Ver. Staaten gehören oder bestimmt oder von solchen ab gefahren sind, beläuft sich auf 20; davon wur den 42 zum Wracke, i von der Mannschaft verlassen,! sank durch Zusammenstoß, schei terten, und 3 werden vermißt. Es sind K Barken, i Brigg und 13 Schooner im Ge lammtivcrthe von H 142.000, worin die La dungen nicht einbegriffen sind, Kampf mit einem Diebe. Hr. Joh. Schock, ein Angestellter auf dem Uniön-Bahnhofe an der Charlcsstr., hatte in der Nacht vom Freitag auf Sonn abend einen schrecklichen Kampf mit einem Diebe zu bestehen. Kurz vor 1l Uhr in jener Nacht war in der Nähe des Bahnhofes ein Beiwagen vom Geleise gelaufen. Während Hr. Schock und mehrere andere Angestellte ei nen Versuch machten, den Wagen wieder auf die Schienen zu bringen, schlich sich ein Dieb in den Gepäckraum und wollte sich mit meh reren wcrlhvollen Gegenständen davonstehlen. Gerade als er im Begriff stand, den Gepäck raum zu verlassen, trat Hr. S. ihm in den Weg. Ter Dieb ließ die geraubten Gegen stände fallen und eilte so schnell davon, als seine Füße ihn zu tragen vermochten. Hr. Schock lief ihm nach, holte ihn ein und hielt ihn fest; der Schurke aber zog ein Messer aus seiner Tasche hervor und brächte dem Pflicht getreuen Beamten zwei gefährliche Stiche im linken Arme bei. In Folge des furchtbaren Schmerzes und Blutverlustes sah Hr. Schock sich genöthigt, den Spitzbuben loszulassen und den Weg nach dem Bahnhofe einzuschla gen. Beinahe ohnmächtig langte er endlich am Ziele an. Dr. Scott wurde schleunigst herbeigerufen und verband die Wunden des Unglücklichen, woraus dieser nach seiner Woh nung in Oxford, Baltimore-County, gebracht wurde. Am Sonnabend Morgen verhaftete Polizist O'Donoghue einen Mann, 'Namens Peter McCarthy, welcher angeblich dcr Dieb und Anareifer gewesen sein soll. McCarthy ward nach dem mittleren stalionshause gebracht und daselbst im Laufe des Tages von Hrn. Schock als Derjenige identifizirt, der ihni die Stiche in den Arm beibrachte. Der Angeklagte hatte am Nachmittage ein Verhör vor Richter Hagerty zu bestehen. Mc- Carthy behauptete, daß er zur Zeit der Affaire 20 Meilen von dcr Stadt entfernt gewesen sei. Er sei ein Eiscnbahnarbeiter und habe Balti more ani Freitag Abend mit einem Zuge der „Philadelphia - Wilmington - Baltimorcr Bahn" verlassen, um unterwegs an einer Station dieser Bahn nach Beschäftigung zu suchni. 20 Meilen von Baltimore haue ihn der Schaffner vom Zuge gewiesen und er sei nach Baltimore zurückgekehrt. An seiner rechten Hand befand sich eine kleine Wunde. Als man ihn fragte, wie er diese erhalten, vermochte er keine genügende Auskunft zu ge ben. Der Angeklagte ward vorläufig bis zu einem weiteren Verhöre eingesteckt, bei wel chem auch dcr Schaffner der „Philadelphia- Wilmiglon - Bailimorer Bahn," der ihn an geblich vom Zuge gewiesen haben soll, als Zeuge erscheinen wird. Ein trauriger Fall von Nah ruiigslosigkeit. Vor dem Camdeii Straßen-Bahnhofe stürzte Montag Nachmit tag eine unbekannte deutsche Frau bcwußtios zu Boden. Ein Herr ließ sie in einer Kutsche nach dem südlichen Stationshause bringen, wo sie nach Anwendung von Stärkungsmit teln bald wieder zu sich kam und erzählte, seil mehrereren Tagen habe sie Nichts zu essen ge habt ; sie sei nach Süd-Baltimore in der Hoff nung. leichte Arbeit zu erhalten, gegangen, aber in ihrer Erwartung getäuscht worden; auf dem Heimwege der Frederick Road sei sie denn vor Schwäche niedergefallen. Derselbe Herr, welcher sie vor dem Bahnhofe aufgehoben, ließ sie zur Behandlung und Pflege nach der Klinik an Lombard - Straße dringen. Ein merkwürdiger Unfall.-Frl. Annie R. Johnson, eine junge Baltimorerin, welche den Sommer in dcr Nähe von Mor ganlown, Pcnnjylvanien, zubringt, wurde vor einigen Tagen von einem merkwürdigen Unfall betroffen. Sic saß in einer Schaukel und ließ sich von einigen Herren hoch in die Luft schwingen. Plötzlich erlahmten ih'e Arme, mir welchen sie das Seil, das die Schaukel hielt, gefaßt hatte, ihr Kopf sank zurück und die junge Dame flog plötzlich aus der Schaukel heraus und blieb dreißig Fuß über dem Erdboden in den Aesten einesßau mes hängen. Nur mit großer Anstrengung und nach taugen Mühen gelang es, die Un glückliche aus ihrer gefährlichen Lage zu be freien und auf den sesten Erdboden zu brin gen. Mit Ausnahme einig er Brauschen und Schrammen, kam sie ohne Verletzungen da von. Tödtlicher Unfall im County.— Donnerstag Mittag zwischen 12 und 1 Uhr trug sich auf Mount Washington ein trauri ger Unfall zu. Michael McDonald stand seit einiger Zeil in Diensten der Schwestern vom St. Agnes-Kloster und mar mit Anderen mit einer Ausgrabungs - Arbeil beschäftigt, als eine Erdwand einstürzte und ihn unter einem Haufen Erde und Gestein begrub. Mit Hülfe Vorübergehender gingen seine Eollcgen an's Werk und räumten die auf dem Unglücklichen ruhende Last hinweg, was keine Kleinigkeit war; zum Wegrollen eines Felsstückcs, das dem Unglücklichen aus der Brust lag, bedurfte es der vereinigten Anstrengungen dreier kräf tiger Männer. Die Doktoren Eming und Bremer, welche man herbeiholte, erklärten, da das Rückgrat gebrochen, die Verletzungen sür unbedingt tödrlich; außerdem waren auf der rechten seile drei Rippen gebrochen und ein Bein gebrochen und gräßlich zerquetscht. Ge llern früh s!l Uhr war McDonald noch am Leben; er ist ledig. Selbstmord - V ersuch eines 4 uu geii Ehcpaarcs. Martha und Johann Gebhard, in Nr. 19, Nord-Wolsstraße, wohn, hast, hatten am Sonntag Abend einen hefti gen Wortwechsel mit einander, in Folge dessen die Frau Laudanuin hotte und das Fläschchcn halb austrank. Ihr Mann entriß ihr dasselbe und leerte es vollends. Man wurde bald ge wahr, was sie gethan, und holte Dr. McJn tyre, dessen Bemühungen es gelang, das Gift zu neutralisiren, sodaß Beide gegen Mitter nacht außer Gefahr waren. Ableben des Hrn. Ch. M.Keys er. Sonntag Nachmittag ging Hr. Chs. M. Kcyser, Präsident des Direktoriums der Besse ruugs-Anstalt für verwahrloste Kinder, in sei ner Behausung Nr. 43, Nord-Paca-Straße, nach kurzer Krankheit im 75. Lebensjahre an einem Nierenleiden mit Tode ab. Der Ver llorbene besiegte einst in einer Staatssenators- Wahl den Achtb. Joshua Vansant, warCapi täil der vor 25 Jahren sür's beste MUizcorps geltenden „Eutaw-Gardc," betrieb viele Jahre hindurch ein Porzellan-Geschäft und zog sich, ein reicher Mann, vor längerer Zeil aus dem Geschäftsleben zurück. Ableben eines Veteranen. In seiner Wohnung nahe dem Mount St. Ma rien-College zu Eiiiliiittsburg starb vorige Woche Icsse W. Nussear, ein Veteran Balti more's ans den Jahren 1812 'kl im 79. Lebensjahre. Ein Matrose ertrunken. Auf der Höhe von HawkinS' Point wurde Win. safsold, Matrose der den Fluß hinab- fahrenden Sloop „R. H. Cook," Capt. G.H. Dunn, von der sich drehenden Hauplspiere über Bord gestoßen und kam trotz der ange strcngtesten Rettungsversuche um's Leben. Dcr Verunglückte wohnte früher zu Stoncy Creek in Anne Arundel-Connty. Baltimorcr Sterbe-Tabelle.— Verflossene Woche wurden 196 Personen, 103 männlichen und 93 weiblichen Geschlechts, worunter 30 Farbige und 8 Todtgeborene, aus Baltimore beerdigt; 8 weniger, denn in der Vorwoche, resp. 6, 27 und 10 weni ger, als in den Parallelwochen von 1873 '72 und '7O, aber resp. 46, 58, 36, 83 und 55 mehr, als in den correspondirenden Wochen von 1371, '69, '6B, '67 lind '66. Ankunft des Dampfers „Ohio." Am 15. Juli von Bremerhaven, am 18. von Sonthampton abgesegelt, erreichte der Dampfer „Ohio," Capt. H. Schulenburg, Sonnabend früh 7 Uhr seine Werfte auf Lo cust-Point und brachte zwei Cajüten- (Fred. Pitrar von Maryland und Henry Cottle von England) und 86 Zwischendecks - Passagiere, deren Namen wir bereits mittheilten. Abfahrt des Dampfers „Leipzig." Der Dampfer „Leipzig," Capt. Putjcher, trat Sonnabend Nachmittag Punkt 2 Uhr seine Rückfahrt vonLocust-Point über South anipton nach Bremerhaven mit 9 Cajüten- Passagieren (Frau E. Spiegelberg und Frau Roscnplanler von Louisville, Ky., H. Haage liebst Familie aus steubeuville, O.< F. Schrör von St. Louis und A. Mutzet von Cilicinnati) und 37 Zwischendecks-Passagie ren an. Seine ans t16v,243.80 gewerthete Ladung umfaßt folgende Colli: 6! Oxhofte Blättertaback, 329 ditto Maryländer und Ohio'er Blättertaback, 25 ditto Maryländer, 389 ditto Virginier und 210 ditto Kentucky'er Taback, 75 ditto Kentucky'er und Virginier Tabacks-Rippen, 199 Fässer Waizenmehl, 9 Ballen Banmwoll - Zwillich, 1500 Kisten Stärke und 26 Colli Maschinerie. Staats Gesetze. Passirt in der Sitzung der Staats Gesetzgebung 1874. Amtliche Bekanntmachung. apitel 22. Zur Erleichterung des„Washing ton Colleges." Ein Gesetz, zur Erleichterung des „Washington-College," und für die Approprnrung von Geld für das selbe, und für die Erziehung und Beköstigung eineSSchülcrs von jedem County dcSEastern- Shore zu sorgen. Da die Visitatorcn und Gouverneure des „Washington-College" eine große Anzahl von Studenten von den verschiedenen Connties des Eastcrn-Shore dieses Staates gegen eine Jahreszahlung durch die Gesetze der Gesetz gebung ihnen angewiesen, frei erzogen und beköstigt haben, welches sie ferner zu thun be absichtigen und auch eine große Anzahl von Tageschnler frei gelehrt haben, und es augen scheinlich ist, daß. durch fernere Hülfe durch den Staat, die Nützlichkeit und das Gedeihen des College vergrößert werde; deshalb 1. Abschnitt. Sei es verfügt und ver ordnet von der Gesetzgebung von Maryland, daß dcr Schatzmeister aus Anweisung des Controleurs sei und ist hiermit autorisirt und angewiesen, ein Zusatz zu der jetzt den Visi tatoren und Gouverneuren des „Washington ton-College" jährlich bezahlten Summe eine fernere Summe von zwei Tausend Dollars jährlich, an oder nach dem 1. Jnni 1874 zu bezahlen. > 2. Abschnitt. Und sei es verfügt und verordnet, daß in Anbetracht dieser den Vesi latoren und Gouverneuren des „Whashing ton-Collegc," ein Zusatz zu den bisher bezahl ten jährlichen Summen. zu bczahlendenSum me von tz 2090 die besagten Visitatoren und Gouverneure 6 weitere Studenten von den Connties des Eastern-Shore unentgelt l i ch für Studium, Beköstigung, Bücher und Schreibmaterialien aufnehmen sollen. 3. Abschnlt t. Und sei es verfügt und verordnet, daß die auf diese'unentgeltlich er zogenen Studenten, wie es im 2. Abschnitt angeordnet, auf dieselbe Weise erwählt und ernannt werden, und denselben Regeln und Regulationen unterworfen sein sollen, wie es in der Resolution 34 der Gesetzgebung von 1848, und im Gesetze 1856, Kapitel 219 an geordnet sind. 4. Abschnitt. Und sei es Zverfiigt und verordnet, daß jeder Student, welcher eine solche Ernennung erhält, dem Staate Mary land eine Obligation ausstelle, unter solcher Strafe und mit solcher Sicherheit, als die Richter des Waisengerichtes genehmigen, in der Bestimmung, daß er in einer oder mehre ren der öffentlichen Schulen des Staates für eine Periode von nicht weniger als 2 Jahre, nachdem er seine Studien beendigt, lehren wolle, welche Obligation in den Händen besag ter Richter verbleiben soll, und im Verwir kuilgsfalle, kann eine Klage im Namen des Staates durch den Staats-Anwalt desCoun ties, von welchem solcher Student ernannt worden, gebracht werden, welcher alle auf diese Weise erhobenen Gelder den Schnlcom missären des besagten Connties für den Ge brauch dcr öffentlichen Schulen des Connties übcrinachen soll. 5. Abschnitt. Und sei es verfügt und verordnet, daß der Schatzmeister ans Anwei sung des Controleurs, sei und ist hiermit an gewiesen, den Visitatoren und Gouverneuren des „Washington-College," die Summe von ein TausendDollars auszuzahlen, welche von denselben zur Vergrößerung nndVcrbesserung der Bibliothek und philosophischen und che mischen Apparate des bcsaqtenCollegc benutzt werden sollen. 6. Abschnitt. Und sei es verordnet, daß dieses Gesetz vom Tage seiner Annahme in Kraft trete. Wir bescheinigen hiermit, daß Vorsiehendes eine getreue und vollkommene Abschrift eines von der Gesetzgebung von Maryland in der Jailuarsitzuiig 1874 passirten Gesetzes ist. Augustus Gassaway, Senats - Sekretär; Milton ?). Kidd, erster Sekretär des Unterhauses. Genehmigt den 11. April 1374. (IKS,t,K) Kapitel 4t t. County - Commissäre. Ein Gesetz, um Abschnitt 1 des 28. Artikels des Codex der Ocffentlichen Allgemeinen Gesetze, bcti telt „County Commissäre," aufzuheben und denselben mit Zusätzen wieder einzusetzen. 1. Absch itt. Sei es verfügt und ver ordnet durch die Gesetzgebung von Maryland, daß Abschnitt 1 des 28. Artikels des Codex der Ocfsenttichen Allgemeinen Gesetze, beti telt „County-Commissäre" sei und ist hiermit aufgehoben und wieder eingesetzt, damit es lautet, wie folgt: 1. Abschnltt. Die County - Eommis säre eines jeden Couutys in diesem Staate sind eine Corporation und haben als solche volle Gewalt, Wahlrichter, Wege-Aufseher, Steuerncinzieher, Armenvorstehcr, ihren eige nen Clerk und alle anderen Beamten, Agenten und Diener, welche für Cvuiity-Zwccke noth wendig, und nicht anderweitig durch das Ge setz oder Constitution angeordnet sind, zu nennen, sollen volle Controle über das dem Cchliity gehörende Eigenthum, die Landwege und Brücken haben und können, wenn nach ihrer Meinung das öffentliche Wohl es ver langt oder dadurch befördert wird, die Gra dirung und den Ban der öffentlichen Wege und deren Reparatur, sowie den Bau und die Reparatur der össentl. Brücken, der Leitung von compelenten wissenschaftlich - gebildeten Civil - Ingenieuren übergeben, welche alle solche öffentliche Bauten unter der unmittel baren Controle besagter Counly-Commissäre auszuführen und anordnen sollen, und welche für solche Zeit angestellt, solchem Salair und solcher Sicherheit und solchen Regulationen unterworfen sein sollen, als es von Zeit zu Zeit von besagten Coiiiity-Commissärcil an geordnet wird und kalkuliri ist, compctente Beamte und eine getreue Pflichterfüllung zu sichern; und sollen die County-Commissäre eines jeden County die Macht haben, die Plätze zur Abhaltung von Wahlen in den verschiedenen Wahl-Tstritten oder Landschaf ten in ihren resvektiven Counlics zu bestim men, wechseln oder abzuändern, wie sie die beste Gelegenheit für den vollen und gerechten Ausspruch des Volkswillens geben. 2. Abschnitt. Und sei es verfügt und verordnet, daß dieses Gesetz vom Tage seiner Passirung in Kraft trete. Wir bescheinigen hiermit, daß Vorstehendes eine getreue und perfekte Abschrist ciues von der Gesetzgebung von Maryland in der Ja nuar-Sitzung 1874 passirten Gesetzes ist. Augustus Gassaway, Scnals-Sekreiär; Milton B. Kidd, Sekretär des Unterhauses. Genehmigt den 11. April 1874. (12,t,5) Kapitel 23. Maryländer Blinden - Inst tut. Ein Gesetz, zur Ergänzung eines Gesetzes, betitelt: „Ein Gesetz, um das Maryländcr Institut für die Erziehung der Blinden zu incorporiren," am 19. Mai 1853 passirt. 1. Abjchnit t. Sei es verfügt und ver ordnet durch die Gesetzgebung von Maryland, daß die Direktoren des Maryländer Instituts für die Belehrung der Blinden hiermit anto ristn und ermächtigt feien, einen solchen Theil ihres UnterhaltS-Fonds und jährlichen Ein> kommens, welchen sie für nöthig erachten, um Werkstcllen und einen Laden für den Berkauf dcr von den Blinden gelieferten Arbeiten zu errichten, zu gebrauchen; sowie die Vortheile dieser Werkitellen und des Ladens den erwach senen Blinden dieses Staates, welche nicht im Institute wohnen, auf solche Bedingungen und Stipulationen, wie sie vorschreiben mö gen, zu Gute kommen zu lassen. 2. Äbjch nit t. Und sei es verfügt und verordnet, dag dieses Gesetz vom Tage seiner Annahme an in Kraft trete. Wir bescheinigen hiermit, dag Vorstehendes eine getreue und perfekte Abschrift eines von der Gesetzgebung vonMarylans , derlanuar- Sitzung 1872 passirten Gesetzes ist ugustn Gafsawa, Sekretär des Senates Miltsn B. Mk>s, Erster Elcrk des Delegaten-HaujeS Genehniizl den 11. April 1874. (159,6t'e) John Halifax, Gentleman. Aus dem Englischen von Sophia Verena. (Fortsetzung.) John führte Frau und Kinder in die frische Lust hinaus. Muriel, die in den letzten Minuten dicht an ihres Vaters Seite gestanden und dem einförmigen, re gelmäßigen Geräusch der Maschine den Athemzügen des Dämons mit Freude und Theilnahme gelauscht hatte, verließ sichtlich ungern den Raum. Wie froh bin ich, daß ich heule mit hier war so froh, Vater! wiederholte sie stets von Neuem. Er war hoch erfreut und versicherte, sie solle im nächsten Sommer, wenn sie wie der in Enverly wohnten, ihn täglich nach der Fabrik begleiten, ja, den ganzen Tag könne sie bei ihm bleiben, wenn es ihrVcr gnüqen mache. Es war jetzt Alles so wohl geordnet, daß uns nichts zu thun mehr blieb, als so schnell und fröhlich wie möglich unsere Rückreise nach unserer geliebten Heimaih anzutreten. Aus den Postmagen wartend, setzte sich Ursula mit den Knaben aus die kleine Brücke, unter der jetzt nicht mehr der schäumende Wasserfall sein melodisches Rauschen ertönen ließ. Fast gänzlich aus getrocknet war der Graben, aus dessen Bo den Kräuter, Gräser und Wasserpflanzen in üppiger Fülle wucherten. Es ist ein trauriger Anblick, statt des frischen, klaren Wassers das Unkraut zu sehen, und wie es so still und verödet hier ist sagte Ursula doch wir brauchen uns ja nicht mehr darum zu grämen. Nein, gewiß nicht. Jetzt, wo ich ein mal im Besitze der Dampfkraft bin, kann ick sie in jeder beliebigen Weise anwenden. Meine Leute werden mir kein Hinderniß in den Weg legen, sie vertrauen mir, sie lieben mich. Und fürchten sich auch ein Wenig vor Dir; aber das thut gar nichts, es ist eine heilsame Art von Furcht, ich möchte wahr lich keinen Mann gehelrathet haben, vor dem sich Niemand fürchten könnte. John lächelte; er blickte aufmerksam aus einen Neiler, der aus der Landstraße ge rade auf uns zukam. Ich glaube wirklich es ist Lord Luxmore. Ob er wohl von meinerTampfmaschine gehört haben mag? Liede, willst Du in die Fabrik zurückge hen? Nein, ich bleibe hier. Ursula setzte sich wieder auf die Brücke, ihre Knaben um sich versammelnd. Ihr Antlitz trug ei nen Ausdruck, der, wie John lächelnd meinte, an die Mutter der Gracchen, oder an die muthige Hochländcrin erinnerte, welche einen Sohn nach dem anderen auf erzog, um ihn freudig in das Feld zu schicken, den Feind zu schlagen, der ihren Gallen, den Vater ihrer Kinder gemordet. John, scherze nicht! rief Ursula, die viel erregter als er war. Eine dunkle Gluth flammte über ihr Angesicht, als Lord Lux more grüßend an ihr vorüberritt. Stolz, fast hochmüthig erwiderte sie den Gruß. In diesem Augenblick erschallte ein lautes Jubelgeschrei von der Fabrik herüber, ja, deutlich vernahm man die Worte: Ein Hurrah für den Herrn! Herr Halifax lebe hoch, und dreimal hock! Tie Mutter lä chelte ein stolzes Lächeln. Lord Luxmore wanote sich zu seinem Pächter und zwar mit einer so frcundli che Miene, daß man sie im besten Einver ständniß glauben mußte. Was bedeutet dieser Lärm, Herr Halifax? Meine Arbefler bringe nmir ein Lebe hoch. O, wie anzenehn und sür das eigene Gefühl wohtthueno Ihnen das sein muß! Taft ich mir erlauben, nach dem Grunde dieser Freudenausbrüche zu fragen? In gedrängter Kürze theilte John ihm die Ursache mit und gab seine Antwort mit derselben Höflichkeit, wie die Frage an ihn gerichtet wurde. Und diele Dampfmaschine, von der ich übrigens schon gehört habe, wird Ihnen von großem Vortheil in der Fabrik sein? Gewiß, Mylorv. Sie macht mich von dem Flusse hier ganz unabhängig, dessen Kraft und Benutzung den Fontaine in Luxmore Hall jetzt immer zu Gebote steht. Es wäre wohl beinahe mehr gewesen, als die menschliche Natur zu leisten im Stande ist, wenn in diesen Worten nicht ein leiser Anflug gutmüihigen Spottes ge legen, wenn nicht ein Blick des Triumphes in John's Augen sich gezeigt hätte, dcr auf des Grasen höfliche Aufforderung, ihn zu Fuß eine Strecke Weges begleitete. Ein kleiner Hügel entzog sie Uisula's Blicken, die jetzt auch beschäftigt war, die beiden jüngsten Knaben in den soeben an gekommenen Wagen zu setzen. Ich habe Jbie letzten Worte nicht ganz verstanden, Herr Halifax; möchten Sie nicht so gütig sein, sie noch einmal zu wiederholen? Mylord, ich meinte, daß, indem Sie dem Flusse eine andere Richtung gaben, Sie mir den größten erdenklichen Vortheil verschafften, ob Sie solches beabsichtigten oder nicht, ich muß Ihnen dennoch meinen Tank dafür aussprechen. Ter Graf blickte John fest in das Auge ohne zu antworten; dann abergab er sei nem Pferde die Sporen, daß es im voll sten Lause dahinflog. Die Kinder großer Gott! wo sind die Kinder? Guy pflückte am Rande des Grabens Blumen aber wo wer Muriel? Zum ersten Male in unserem Leben hatten wir Muriel vergessen! Sie stand mitten aus dem Wege, den das Pferd nahmJ külslos und verlassen stand dort das blinde Kind und im nächsten Augenblick lag es niedergeworfen am Boden. Ich halte niemals von John einen Fluch gehört, als den, dcr jetzt über seine bleichen Lippen trat. Lord Luxmore mußte ihn auch vernommen haben. Das Bild, wie dieser vor Schreck und Angst fast besinnungslose Vater herbeistürzte und sein Kind unter den Hufen des Pferdes hervorzog, blieb wohl tief dem guten Ge dächtnisse des Grasen eingeprägt. Er sprang vom Pserde und lies ängstlich: Ich hoffe, das Kind ist unbeschädigt? Es war ein Zufall ein unglücklicher Zufall Sie müssen das selbst einsehen. John hörte ihn nicht, ich glaube, der Donner des Himmels hätte achtlos an ihm vorbcitönen können. Er war mit dem Kinde im Arm bei einem kleinenßache nie dergekniet; als er ihr Gesicht mit dem Wasser benetzte, öffnete sie die Augen groß und weit, deren glanzlose Starrheit einen unendlich schmerzlichen Eindruck auf uns machte. Mein kleiner Liebling, mein Herzens kind! Muriel lächelte und schmiegte sich fest an ihn. Aengstige Dich nicht, mein Va ter, ich bin nicht verletzt. LordLuxmore wurde durch den Ausspruch sichtlich beruhigt und drückte von Neuem sein tiefes Bedauern über den Unfall aus. Keiner von uns antwortete, doch Guy rief schluchzend: Geh' fort! und indem er seine kleinen Hände ballte und drohend zu dem Grafen erhöh, wiederholte er: Geh' fort oder ich schlage Dich todt, Du schlech ter Mann! Wäre meineSchwester geiödtet, i so hättest Du auch sterben müssen! Lord Luxmore lachte über die Wuth des Knaben, und warf ihm eine Guince zu, welche Guy ihm zornbebend zurückschleu derte, und ritt dann gelassen davon. Guy! Guy! rief die schwache, süße Stimme, welche mehr Gewalt über ihn halte, als irgend eine andere, die seiner Mutter ausgenommen. Guy, Tu mußt nichr so böse und heftig sein; Vater, ver biete es ihm doch! Der Vater aber hatte nur Gedanken für Muriel er wandte den Blick nicht von ihrem Antlitz, er befühlte ihre zarten > Glieder, um sich zu überzeugen, daß nichts gebrochen, daß sie unverletzt sei. ! Es stellte sich keine Beschädigung her ! aus, obgleich die Rettung fast an das i Wunderbare grenzte. John gedachte des in unserem Hause sprüchwörtlich geworde nen Glaubens daß Muriel durch nichts Schaden erleiden könne; mit ängstlicher j Beharrlichkeit hielt er daran fest, als sei ! es ein unendlicher Trost. ! Da Alles nun so glücklich überstanden ist und sie gehen kann glaubst Du auch gewiß, es wird Tir möglich sein, mein j Goldiöchtcrchen? so denke ich, wir wol- len der Muttee den Unfall verschweigen, wenigstens nicht eher davon reden, als bis wir in Longfield sind. Seine Vorsorge war nutzlos. Das Auge einer Mutter wird schwer getäuscht, und Ursula erkannte stets jede Verände rung in den Gesichtern ihrer Kinder. Auch heute rief sie augenblicklich: John, was ist mii Muriel geschehen? Sagt schnell, was meinem Lieblinge zugestoßen ist? Er erzählte ihr den Vorfall, den er so leicht als möglich nahm, und wir glaubten ja selbst in der ersten Zeit, daß Alles glücklich beseitigt sei, bis uns die entsetz liche Blässe und das gänzliche Schweigen des Kindes beängstigend auffiel. Die Mutter setzte sich am Wege nieder, nahm Munel aus den Schooß, benetzte ihre Schläfe mit frischem Wasser und strich liebkosend über ihr weiches Haar; doch das lockige Köpfchen rubte regungslos an dem treuen Mutterherzen und auf jede Frage antworteten die dlassenLippen leise: sie sei nicht deschädigt, gewiß nicht. Der Wagen wartete noch immer auf uns und Edwin und Walter riefen, ob wir nicht kämen. Was soll geschehen? flüsterte ich Ursula zu, denn John war für jede Frage taub. Wir müssen nach Enderly zurückkehren erwiderte sie schnell entschlossen. So Muriel sanft in die Arme des Va ters legend, rief sie die Knaben an ihre Seite und einem Trauerzuge gleich, stiegen wir wieder von dem Hügel in das Thal hinab, und schritten langsam dem Rosen häuschen zu. Sechstes Kapitel. Ohne irgend eine Besprechung wurden unsere Pläne stillschweigend geändert und kein Wort ward von unserer Rückkehr nach dem geliebten Longfield erwähnt. Jeder fühlte, ohne daß er es wagte, laut werden zu lassen, daß die Reise eine Unmöglichkeit war; denn unsere Muriel lag Tag aus Tag ein in ihrem kleinen Bett in einer Stube des oberen Stockwerkes, oder wurde um die Mittagszeit behutsam von ihrem Vater in das Wohnzimmer getragen; frei lich klagte sie nicht, aber sie machte auch niemals den geringsten Versuch zu gehen oder zu sprechen; regungslos, bleich und stumm lag sie da. Auf alle unsere liebe vollen Fragen, ob sie sich krank fühle, er widerte sie stets: Nein nein, ich bin nur so sehr matt. Weiter sagte sie nichts. Sie muß trübe und still werden, weil Niemand mit ihr spielt. Die Knaben lollten nicht immer fortlaufen und ihre Schwester allein lassen sagte John nicht ohne Bitterkeit, als an einem klaren Morgen die fröhlicyen Stimmen der Kna den von der Hochebene herniedertönten, während er und ich an Muriel's Sopha in oem stillen Wohnzimmer saßen. Vater, laß die Brüder ohne mich spie len, bitte! Ich frage nichts darnach ich liege am liebsten ganz still und ruhig. Es ist aber meiner kleinen Tochter gar nicht zuträglich, stetsaus dem Sopha oder imLelte zu liegen und es betrübt auch den Vater sehr. Thut es das? Augenblicklich richtete sie sich empor und begann ihre Glieder zu be wegen, doch mit Anstrengung und sehr erschöpft wie es schien. Das ist recht, meinGoldkind! Jetzt zeige mir einmal, wie schön Du geben kannst! Lesse und langsam stand sie auf und versuchte das Zimmer zu durchschreiten, wobei sie nach Tischen und Stühlen griff ach, jetzt nicht mehr, um sich zurecht zu finden, sondern um eine Stütze für die zit ternden Glieder zu haben. Plötzlich fing sie an zu schwanken und weinend rief sie: Ich kann nicht gehen, ich bin so müde! Lieber Vater, komm', nimm mich auf den Arm! John eilte zu ihr und trug sie zurück. , Lange, lange schaute er in das bleiche En- ! gelsantlitz, dessen Augen nicht den Blick unsäglichen Leides wiederspiegeln konnten, der aus ihnen ruhte; dann barg er sein Haupt an ihrer Schulter, ohne ein Wort zusprechen; aber ich glaube, in diesem Momente erblickte auch er die Hand sich aus dem Himmel niederstrecken die ich schon seit einem Jahre über unserem Lieb linge schweben sah bereit, das zu er greifen, was ihr Eigenthum war. Von dieser Stunde war ein Etwas in seinem Angesickte zu bemerken, das alle Sorgen und Mühen seines so bewegten, doch glück lichen Lebens nicht hervorgerufen hatten; die Hand, welche sich nach seinem Herzens kinde ausstreckte, hatte ein Zeichen dort zurückgelassen, das mit Flammcnworten eingebrannt blieb. Er ließ Muriel den ganzen Tag über nicht aus seinen Armen, er suchte ihr durch das Erzählen hübscher Geschichten, durch kleine Spiele die er er sann, eine Unterhaltung zu bereiten. Sie lächelte ihm holdselig zu, doch bald wurde sie müde, und ihr Köpfchen dicht an seine Brust schmiegend, schlief sie ein. So trug er sie nach ihrem Lager, unv als er wieder zurückkam, bat er mich, ihn nach der Hoch ebene zu begleiten. Es war eine dunkle, nebelige Nacht, nicht ein Stern war am Himmel sichtbar, und die laublosen Bäu me streckten die dürren Aeste schattenhaft in die Lust hinein, während ein leises, geisterhaftes Wehen sie erschauern ließ. Wir nahmen unseren gewöhnlichen Weg nach der Terrasse, und kehrten von dort zurück, ohne ein Wort gewechselt zu haben. Plötzlich sagte John hastig: Ich bin froh, daß ihre Mutter heute so sehr beschäftigt war - - so bemerkte sie es nicht. Ja wohl, erwiderte ich, mich eben so allgemein wie er ausdrückend. Verstehst Du mich, Phineas? Ursula darf unter keiner Bedingung dasGeringste ahnen oder befürchten; aber um das zu verhindern, mußt Du nicht wieder so aus sehen wie heute Morgen. Nein, Du mußt Dich zusammennehmen! Er sprach in einem erregten, fast er zürnenden Tone, indessen ich ihn durch ei ige Worte zu beruhigen suchte. Schwei gend gingen wir durch die finstere Nacht, bis wir aus dem Anger den Lichtschein aus Muriel's Zimmer erblickten. Da fühlte ich mehr, als daß ich es hörte, wie des Vaters Herz von Schmerz stöhnte. O Gott, meine einzige Tochter mein liebstes Kind! Ich wußte, daß sie ihm das theuerste seiner Kinder war. Wunderbares, tiefverhüllles Geheimniß des göttlichen Wallens, daß Er so oft, sei es durch den Tod oder das Leben, uns das Lieb st e raubt, immer das Liebste, trotzdem wir im Staube vor ihm knieend, in unserer Herzensangst zu ihm schreien: Vater, nimm' Alles, nur das nicht! Er aber antwortet nicht, und langsam, lang sam sehen wir das Licht unserer Augen sei es ein Leben, eine Liebe, ein Segen dahinschwinden, bis es ganz von uns ge schieden ist. Und dennoch müssen wir in dem Glauben an unseren himmlischen Va ter beharren und dürfen nicht zweifeln an ihm. Vielleicht ist dies die schwerste Prü fung für die Standhastigkeit unseres Gla ubens. Dank sei Gott, wenn er die Liebe zu Ihm so fest in unserer Seele erstarken ließ, daß wir dennoch mit unerschütterli chem Vertrauen an ihm hängen, wenn er uns in dem Liebsten schlägt. Dieser Vater, dessen Herzen demßrcchen nahe war, weil er sein Theuerstes zum Opfer bringen sollte, murrte nicht und beugte das Haupt geduldig bei dem schwe ren Schlage. Als wir, nachdem die Kinder schon ru hig schliefen, bei'm Kaminfeuer noch bei sammen saßen, da hätte wohl Niemand glauben können, daß eine schwerere, dunk lere Wolke über uns hing, denn die Be trübniß, welche die ganze Familie darüber empfand, daß der Liebling des Hauses, unjer glicdeuskinv, „nicht ganz kräftig wie sonst" sei. John, ich denke, sie wird sich bald ganz erholen, hoffentlich wird sie wieder frisch unv munter sein, ehe ich Die Mutter schwieg und ein Lächeln glitt über ihr Antlitz. Es konnte wirklich nur als eine besondere Gnade des Him mels betrachtet Nerven, daß er diese fast uneiklärliche Blindheit über sie kommen ließ und ibr Gemüth mit so vielen ande ren Sorgen und Pflichten beschäftigte, daß ihre Aufmerksamkeit von Muriel abgJeukt wurde. Gern gestehe ich zu, daß auch wir das Unserige thaten, nicht eine Ah nung der Gefahr, welche unier Glück be diohle, in Ursula auskommen zu lassen, und sowohl John wie Frau Todd und ich waren stets daraus bedacht, sie so viel als möglich, ohne es auffallend zu machen, von ihrer kleinen Tochter fern zu halten. Nach einigen Wochen herrschte große Freude in der Familie, ein neues Leben war darin erblüht, Muriel'sWunsch wurde erfüllt, eine kleine Schwester war ihr ge schenkt worden. Sie war die Erste, wel cher die Kunde milgcthcilt wurde; der Va ter erzählte es ihr mit einem von Glück und Dankbarkeit überströmenden Herzen, aus dem selbst sür dcn'Augenblick diesorge und Angst verscheucht zu sein schien. Sie ist da, mein Liebling! Die kleine Maud ist angekommen. Wie reich ich jetzt bin, nun ich zwei Töchter habe! Muriel s'reut sich sehr, Vater! Aber sie zeigte ihre Freude in einer wunderbar ru higen, ernsten Weise, die selbst von ihrem stets stillen Wcsen sehr verschieden war. Sie schien in liefe Gedanken versunken zu sein. Worüber sinnt meine Perle so eifrig nach? Ich dachte ich hoffte, daß, wenn auch mein Vater nun noch eine Tochter hat, er dennoch zuweilen an die älteste sich er innern wird. Sie ist eifersüchtig! rief John mit einem sonderbaren Entzücken, das ihn stets er faßte, sobald er irgend eine Schwäche, ei nen kleinen Febler in ihr entdeckte, der sie aus gleiche Stufe mit anderen Menscben stellte, und der ihm eine sichere Bürgschaft zu geben schien, daß sie doch noch dcr Erde angehörte. Sieh nur, Onkel Phineas, unsere Muricl ist wirklich eifersüchtig! Sie lächelte, ohne ein Wort zu erwi dern. Dieses Lächeln aber, so rein —so himmlisch rein, in dem nicht ein Schimmer jener Gefühle sich kund that, welche unsere Brust bewegen, die wir aus Erden lebend, noch immer irdischen Leidenschaften Unter than sind, traf John bis in die innerste Seele. Er setzte sich an ihre Seite, und sie schmiegte sich dicht und seit an ihn an. Welchen Tag haben wir heute, Vater? Den ersten Dezember. Ach, wie schön, daß dcr Geburtstag der kleinen Maud in demselben Monat wie der mcinige ist. Du kamst aber im Schnee, und jetzt ist es noch mild und warm. An meinem Geburtstage wird es doch schneien, es ist noch immer so gewesen. Ich glaube, t er Scknee ist mir gut, Vater; ich möchte mich wobt einmal so tief hinein legen, und er müßle mich so zudecken, daß Tu wich gar nicht herausfinden könntest, und sehr nach Deiner kleinen Muriel su chen solltest. Ich Hörle wohl, wie John sich bemühte, in ihr leises, sanftes Lachen einzustimmen. In diesem Monat werden es eilf Jahre, daß ich geboren bin, nicht wahr, Vater? Ja, mein Liebling! Welch' lange Zeit! Wenn meine kleine Schwester erst so alt sein wird, wie ich jetzt bin, dann werde ich das heißt, dann würde ich ein ganz erwachsenes Mädchen gewesen sein. T enke Dir, ich wäre zwan zig Jahre alt, so groß wie die Mutter, trüge solche Kleider wie die ihrigen, und ginge und schasste im Hause umher wie sie. Wie sonverbar das sein müßte! Und wieder erklang ihr leises, süßes Lachen.— Nein, nein, Vater, das ginge nimmermehr, ich glaube, ich könnte das Alles niht thun, ich möchte lieber immer De ne kleine Mu riel bleiben, das schwächliche kleine Mäd chen, das so gern in Deinen Armen liegt und cm schönsten dort schläft so, ge rade jo, wie jetzt. Ganz dicht nestelte sie ihr Köpfchen an seine Brust, und bald lag sie in süßem Schlummer. Aber der Vater? Ter arme, arme Valcr! Muriel schwand immer mehr dahin. Zuweilen war sie sür Stunden so wohl, daß wir wieder neue Hoffnung schöpften, bis nach und nach auch dcr letzte Schimmer verschwand. Eines Sonntags, ungefähr zehn Tage nach Maud's Geburt, war es so bitter kalt, daß die Mutter selbst verboten hatte, Muriel nach dcr anderen Seite desHauses zu bringen, wo sie mit der Neugeborenen wohnte. Es war Mittagszeit, und Frau Todd dectte den Tisch, während John mit den Knaben am Fenster spielte. Plötzlich wandte er sich um, sah alle Stühle um den Tisch gestellt nur einen nicht. Wo ist Muriel's Stuhl, weshalb fehlt ihr Gedeck, Frau Todd? Herr Halifax, sie sagt, sie fühle sich heute so matt, daß sie lie er in ihrem Zimmer bleiben möchte, antwortete die gute Frau zögernd. Sie will nicht herunter kommen? Ich glaube selbst, es ist bester, wenn sie es nicht Unit. Sehen Sie nur, wie es schneit, und der Wind weht so heftig! Viel leicht ist es morgen nicht so unfreundlich. Sie haben Recht, liebe Frau Todd. Ich vergaß den Schnee; morgen wird es besser sein, dann werden wir unseren Liebling hier haben. Mick traf ein Blick aus den Augen un serer guten Wirthin; dieser thränenvolle Blick zeigte mir, daß sie die Wahrheit er kannt, wenn sie auch zu schonend war, um von ihren Befürchtungen zu sprechen. Nie werde ich dieses Tages vergessen, da Muriel uns zum ersten Male bei'm Mittagstisch felflle. Für einige Tage setzte der Vater es noch durck, diß er sie, so bald er aus der Fabrik heim kam, sorglich in Decken ge hüllt herunter brachte, und sich mit ihr zu uns an den Theetisch begab. Rührend war es zu sehen, was er Alles erfand und hervorsuchts, um den blassen Lippen ein Lächeln abzugewinnen, und wie auch die Brüder sich b'mühelen, recht schön mit der Schwester zu spielen , doch zum Ense der Woche war es auch mit dieser Freude vor bei. Als die Mutter, eine vollkommen Ge nesene, im Triumph zu ihrem alten Platze am Tische geführt wurde, und die Knaben sich um sie drängten, wetteifernd, wer die kleine Maud am meisten lüssen dürft, da blickte Ursula, trotz ihres Lä chelns, erstaunt umher und fragte hastig: Wo ist Muriel? Das rauhe Wetter scheint ihr sehr em pfindlich zu sein, ich hielt es für besser, wenn sie oben bliebe, erwiderte John. Ja, sagte Guy mit betrübtem Tone, die Schwester hat uns schon viele Tage bei'm Mittagsesjen gefehlt. Ursula erschrak bestig, und blickte erst auf ihren Mann und dann aus mich. Weshalb hat mir Niemand das m tqc theikl? Liebe, es war nichts Neues darüber zu sagen. Hat das Kiktd eine Krankheit gehabt, die man mir verschwiegen? Nein Hat Tok.or Jessop sie gesehen? So oft er hier war. Mulier, versicherte Guy, im Eifer, sie zu beruhigen denn obwohl er zuweilen unartig war, hatte er doch das weichste, liebevollste Her; von allen Knaben, das besonders sür seine Mutter und Muriel jedes Opser gebracht hätte Mütterchen, die Schwester ist nicht ein Bischen krank. Ich komme soeben von ihr, da hat sie mit mir gelacht und gescherzt, und hat behaup tet, sie könne unser jüngstes Kindchen ge wiß viel sicherer tragen als ich; wenn ich auch mehr Kräfte hätte, so verstände sie es besser. Und dabei war sie jo slöblich wie sonst. Ursula beugte sich zu dem holden Trö ster nieder und küßte ihn in ihrer ungestü men, warmherzigen Art; es war das ein zige äußere Zeichen, durch welches sie be kundete, daß die Mutterliebe in ihrem Herzen sich fast zur Leidenschaft ausgebil det hatte. Sie schien sichtlich dccubigt zu s in; dessenungeachtet übeigab sie die klei ne Maud Frau Tovv's Armen, da diese in das Zimmer t at. Bitte, nehmen Sie das Kind so lange, ich wiit zu meiner Muriel hinaufgehen. Thun Sie es nicht jetzt nicht. Frau Halifax! rief die gute Wirthin ängstlich bittend. Ursula wurde sehr bleich. ES ist nicht recht, daß man es nur verschwiegen hat, sagte sie leise vor sich hin. John, D u mußt mir erlauben mein Kind zu eben! Gleich gleich Guy, laus' hin und spiele mit Muriel! Phineas, nimm die anderen Kinder mit Dir! Du sollst augen blicklich hinausgehen, meine Ursula, mein theures Weib! Wir verließen Alle das Zimmer, dessen Thür er schloß. Wie er es ihr mittheilte was uns DoktorJefsop an diescmMor- gen als unwiderruflich bestätigt wie Becke diese erste Offenbarung ihres un aussprechlichen Schmerzes trugen, ist mir sür immer unbekannt geblieben. Ich saß an Muriel's Bett, als sie her auskamen . UmerLiebling lauschte Guy's spaßhaften Erzählungen und drolligen Einfälle, in denen er unerschöpflich war. Ein holdes Lächeln inte um ihre Lippen und ein rosiger Schimmer lag über dem Antlitz, so daß ich hoffte, Ursula möchte wenigstens für den Augenblick die große Veränderung nicht bemerken, welche die cktzten Wochen auf ihm hervorgebracht Sie aber erkannte Alles deutlich; wer vermöchte das Auge einer Mutter zu täu schen und diese Mutter! Sie zuckte zu sammen, als wenn ein Dolch ihr Herz durchdränge, dann wandte sie sich mit ei nem stummen, verzweiflungsvoll ftthenven Blick zu Jchn, als wollte sie sagen: Hilf mir, mein Jammer ist größer, als ich ihn zu tragen vermag! Muriel, die ihren Schritt gehört, rief mit einem Freudenschrei: Mutter, meine Mutter ist da! Tie kleinen Arme streckten sich aus, und Herz an Herz ruhten sie. Muriel weinte, doch es waren Wonnclhränen; aber keine Zähre, kein Wort verrieth, was die Seele der Mutler bewegte, ih e Selbstbeberr schung grenzte an das Wunderbare, und den Blick den lodesbangen Blick ihrer Augen vermochte ja das blinde Kind nicht zu ersckauen. Jetzt aber muß meinLämmchen vernünf tig sein und nickt mehr weinen, es könnte ihr schaden. Wir wollen Alle heute recht vergnügt sein! Ja, gewiß. Tann sagte sie mit lei sem Flüstern: Bitte, ich möchte so gern die kleine Maud sehen. Wen? fragte die Mutter zerstreut, deren Gedanken nicht bei ihrer jüngsten Tochter weilten. Mein kleines Schwesterchen Maud, die nun meinen Platz einnehmen soll und Aller Liedling sein wird. Still, Muriel! rief der Vater, dessen Stimme vor Schmerz fast erstickte. Ein wunderbar süßes Lächeln erhellte wie Sonnengtanz ihre Züge und sie schwieg. Die Kleine wurde jetzt von Frau Todd heraufgebracht, von den Knaben begleitet. Alle drängten sich um das Liger, auf wel ches man das Kind in Muriel's Arme ge legt, die mit ihren zarten, weichen Händen über das kleine Antlitz streichend, Maud zum ersten Male sah. Sie war.hocher freut. Mit ernsthafter, einer älteren Schwester würdigen Miene berührte sie die seinen Äliederchen des Kindes, und als Maud darüber erzürnt einen Schrei anS stieß, wußte sie diese in einer so ächt müt terlichen Art und Weise zu beruhigen, daß wir Alle davon ergötzt waren. In kurzer Zeit wird Muriel eine vor treffliche Kindcrwärleriii sein, versicherte Frau Todd lächelnd. Muriel antwortete nur durch ein Lä cheln, alle ihre Gedanken waren durch das Kind in Anspruch genommen, Was für ein kleines, dickes Mädchen sie ist; wie die Fingerchen schon so fest halten können! Und das Köpfchen ist so rund, das Haar so seidenweich so weich wie die Brust meiner Tauben fühlt es sich an; welche Farbe hat es, dem meinigen ähnlich? Das Haar dcr Schwestern war zum Verwechseln gleich, wie denn die Mutter auch bchauplete, Maud sehe Muriel spre chend ähnlich. Wie mich das freut! Aber wie sind diese? lind ihre Hand deutete ängstlich aus ihre Augen. Nein, mein Liebling sie sind nicht wie die Deinigen, lautete leise die Ant wort. Jetzt bin ich erst ganz froh! Bitte, klei ne Maud, weine nicht! es ist ja Deine Schwester, die Dich berührt. Wie groß und weit offen ihre Augen sind! Ich möchte wissen nach einem nachdenkli chen Schweigen ich möchte gar zu gern wissen, ob sie mich sieht. Kleine Maud, ich wünschte, daß Du Deine Schwester sä hest! Gewiß kann sie Dich sehen, sie schaut Dich ordentlich verwundert an! rief Guy, ivorauf Edwin das Gegentheil behauptete und versicherte, da die kleinen Kätzchen und Hunde die ganze erste Zeit nicht sehen könnten, so glaube er, daß es mit kleinen Kindern derselbe Fall sei. Hieraus ent wickelte sich eine große Streitfrage, die mit vieler Wärme, doch ohneZank zwischen len Knaben erörtert wurde, während Mu riel ganz ruhig auf ihrem Beltchen lag. das Schwesterchen zärtlich an ihre Brust gedrückt. Die Blicke der Eltern ruhten auf dem anmuthigenßilce, aus ihren fünf geliebten Kindern, welche Gott ihnen geschenkt, und die dicht zusammengereiht ein vollkommen schönes, abgerundetes Ganze bildeten, das einem Büschel Maslieben oder cinemZwei ge reifender Früchte güch, zu dem man nichts hinzufügen, nichts davon nehmen mochte, um die Harmonie nicht zu stören. Nichts davon nehmen? Nein, das glückliche Lächeln der Eltern bekundete mir, daß eine höhere, barmherzige Hand einen Schleier vor die Zukunft gezogen, daß sie nicht weiter hinaussahen über den gegen wärtigen Moment, dessen Glück sie noch einmal vollkommen und ungetrübt genos sen. Tie Kinder waren unbeschreiblich froh. Den ganzen Nachmittag trieben sie ihre unschuldigen, geräuschlosen Sp'ele anMu ricl's Bett; sie nahm zuweilen Theil daran dann aber lehnte sie sich wieder still in die Kissen zurück. Nur selten kam dieser ab wescnde, sonderbare Blick über sie, derben Eindruck machte, als höre sie wohl aus uns, doch es erllängen noch andere, uns unver ständliche Stimmen, denen sie lauschen müsse; es war dann, als ob durch die weit geöffneten Augen ihre Seele wunderbare Gesichte erschaue, in Gefilden wandle, sür welche unsere Augen die lichtloscn und verschlossenen waren, während die des blinden Kindes die volle Herrlichkeit er faßten. Wenn ich mich jetzt jenes Sonntages er innere, so jcheint es mir seltsam, fast un begreiflich, wie heiter wir waren, wie wir den Thee in dem kleinen Schlafzimmer tranken und wie friedlich und süß Muriel im Zwielicht einschlummerte, immer noch die kleine Maud in ihren Armen haltend. Ursula saß zur Seite des Bettes; ein plötzliches Aufflackern des Kaminfeuers erhellte ihr Antlitz und zeigte, mit welchem Ausdruck inbrünstigerZärtlichleit ihr Auge den Schlummer ihrer Töchter bewachte, ihres jüngsten und ältesten Kindes. Die Athemzüge waren so leise und sanft daß man kaum zu unterscheiden vermochte, welche die schwächsten seien, ob die des sich neigenden oder des eben begonnenen Le bens; der Athem schien in einen Hauch zu verschmelzen, wie auch die beiden kleinen Gesichter, die so dicht aneinander ge schmiegt lagen, sich auf wunderbare Weise immer mehr und mehr ähnlich wurden; wenigstens kam es uns Allen so vor. Während dessen saß John mit seinen Knaben in der tiefen Fensternische, sie ver hielten sich aus seine Bitten, die Schwe stern nicht zu stören, ganz still, und blick ten auf die Schneelandschaft außen, aus die weißen aus denen einzelne dunkle Büsche anstauchten. Ter im Schmuck des Reises prangende Buchen wald sah besonders lieblich aus, und über seinen stillen Baumwipfeln ging eben der neue Mond zur Ruhe. Welch' eine klei ne, silberne Mondsichel und wie friedlich ja lächelnd sie aus die weiße Erde niever schaute! Tie Kinder beobachteten sie mit gekannter Ausmerkjainkcit, bis Guy die tiefe Stille mit dem Ausrufe unterbrach: Jetzt ist er fort! Still! Nein, Mutter, ich schlafe nicht, laß sie immer sprechen', bat Muriel's sauste Stimme. Wer istsort, Guy? Ter Mond, er war so silberklar. Ja, Maud wird eines TageS den schö nen Mond sehen. Sie legte ihre Wange wieder dicht an die dcr kleinen Schwester und war ganz still. Dies war die einzige Unterbrechung des tiefen, feierlichen Schweigens, welches in dieier geweihten Stunde herrschte. Maud's Erwachen und Meinen störte die friedliche Stille, und nur ungern ließ Muriel es geschehen, daß m>n sie aus ih ren Armen nahm. Wie gern hätte ich sie bei mir beHallen nur diese eine Nacht. Morgen ist mein Geburlstag; liebe Mutter, darf ich es nicht als Geschenk erbitten, daß Maud bei mir bleibt? Wir bleiben Beide bei Dir, ich verlasse Dich nicht, wieder, mein Liebling. O, das ist herrlich! Und wieder kehrte sie das Köpfchen zur Wand, als wolle sie schlafen. Bist Du müde, meinHerz? fragte John, sie scharf anblickend. Nein, lieber Vater Soll ich die Knaben fortschicken? Noch nicht, noch nicht. Hast Du sonst einen Wunsch, meineMu riel? Keinen, als diesen Sonntag Abend so still in Eurer Mitte liegen zu dürfen. Er fragte, ob er ihnen vorlesen solle, wie er oft zu thun pflegte. Ja, das möchte ich gern; und Guy soll hier an meinem Bette ruhig sitzen und zu hören; das wird so hübsch sein! Guy war immer gut zu seiner Schwester immer. Das weiß ich nicht bestimmt, erwiderte dcr Knabe in einem Tone, der zeigte, daß ihm sein Gewissen schlug. Aber ich will fortan immer gut zu Dir sein und Dich ntemals kränken, und wenn ich ein Mann bin, dann schütze ich Dich gegen die ganze Welt ja, das werde ich thun! Niemand antwortete darauf. John öffnete das heilige Buch, das er alle seine Kinder lieben gelehrt, nach dem sie schon verlangten, trotz ihrer großen Jugend, und las ihnen ihre Lieblingsgeschichle vor die von Joseph und seinen Brüdern. Die Mutter saß unweit von ihm amFeuer, die kleine Maud leise auf ihren Knieen wie gend. Edwin und Walter hatten ihren Platz auf der Decke vor dem Kamine ge sunden und schauten mit ihren großen Au gen aasmcrksam auf dem Vater. Von dem hinter ihm stehenden Lichte fiel ein weicher, milder Schein aus die im Bett ruhende, weiße Gestalt, deren Hand fest in ver seinen lag und nach deren Antlitz er stets von Neuem seine Blicke richtete, um dann beruhigt weiter zu lesen Seine Stimme wurde immer edler und klangvol ler, eine feierliche Ruhe lag darin, wie Jakob selbst sie vielleicht einst besessen hatte als er seine noch nicht erwachsenen Söhne unter den Palmenbäumen um sich versam melte; Jahre vorher, ehe er den bitteren Klageschrei zum Herrn sandte: (über den John bei'm Lesen besonders schnell dahin ging) „Wenn ich meiner Kinder beraubt bin, bin ich ein ge schlagener Mann. Wohl eine Stunde saßen wir so beisam men: d'raußen fuhr her Wind das Thal entlang, klagte in dem Buchenwalde und rüttelte an den Fenstern innen war es friedlich still, und nur die Stimme desVa ters war der einzige Laut im Zimmer; auch sie verstumm e, indem er die Bibel schloß und zur Seite legte. Meine Augen weil ten auf dem trauten Kreise es war ein volles, ganzes Bild, in welchem Keiner der Familie fehlte, eine Vereinigung, wie sie io niemals wiederkehrte; aber die Erinne rung an diesen Abend blieb stets in unse ren Herzen wach. Jetzt, Knaben, ist es hohe Zeit, gute Nacht zu sagen; geht und lüßt EuceSchwe ster! Welche? srazte Edwin in seiner wun oerlichen Art. Wir haben ja jetzt zwei Schwestern, und ich weiß kaum, welche die stärkste von Beiden ist. Edwin, ich schlage Dich, wenn Du das noch einmal sagst! rics Guy drohend. Welche? wahrhaftig! Maud ist nur das Kind Muriel w rd stets „die Schwester" bleiben. „Tie Schwester" lächelte sanst, als sie seinen zärtlichen Kuß erwiderte; es schien uns oft, daß Guy ihr Liebl'ngsbrnder sei. Nun fort mit Euch! und gehl ruhig die Treppe hinab versteht Ihr, ich sage ruhig, ohne Geräusch zu machen! Sie gehorchten, daß heißt so buchstäblich wie eine Knabennatur einem solchen Ge bole folgen kann. Eine Stunde später hörte ich noch Guy und Edwin über die Vorzüge und Eigenschaften und die künf tige Stellung ihrer Schwestern aus das Lebhasteste debattiren. John und ich wir saßen noch spät in ver Nacht beisammen. Er konnte nicht zu Bett gehen, obgleich er mir sagte, daß die Mutter mit ihren beiden Töchtern >o traulich und friedlich ruhte wie eine Waldtaube mit ihren Kleinen im warmen, heimlichen Neste. Es war eine wilde, stürmische Nacht, durch welche der Wind heulend klagte. Als unser Kaminfeucr verlöschte, gingen wir nach Frau Todd's Küche dem al len, neutralen Giundc unv Boden um uns an den dort glimmenden Kohlen noch zu erwärmen. Wir vermieden es, von oer Gegenwart zu reden und hielten uns an die Vergangenheit. Tie letzten zehn Jahre, welche sür ewig unserem Gedächt niß sich eingeprägt hatten, berührte Keines von uns; noch gaben wir flnetEcinnelung Wort, die mich seltiam bedrückte und im mer vonNeuem erfaßte, und die auch John nicht fern zu sein schien. Wie ähnlich war diese Nacht jener, in der Herr March starb! Wieder herrschte diese feierliche Stille im Hause, unv d'raußcn hsutle der sturm; in der altmodischen Küche stammte das Feuer, an dem wir in bangem Schwei gen standen, und beleuchtete tasietbe Ge, läset, dieselben Gerätschaften Alles wie damals! Mehr als einmal könnte ich mich über redet haben, ick höre die leisen Schritte, das gedämpfte Stöhnen über uns die Treppcnthür müsse sich öffnen und Fräu lein March in weißem Gewände, mit dem starren, ängstlichen Blick der Augen werde erscheinen. Mir kam Ursula am heutigen Abend recht wohl und auch beruhigt vor, bemerkte ich zögernd, als wir uns endlich trennten. Das ist sie. Gott helfe ihr und uns Allen! Er wird uns nicyt verlassen, John! Mehr sprachen wir nicht von dem, was doch unsere ganze Seele erfüllte. Er ging noch einmal hinaus, und brachte die trö stende Nachricht, daß Mutler und Kinder im festen Schlafe lägen. Ich denke, ich kann sie bis zum Tages anbruch allein lassen; und nun, Phineas, gehe auch Du zur Ruhe, Du siehst wie die Erschöpfung selbst aus. Ich suchte mein Lager und schlief auch bald ein, doch wurde ich von unruhigen Träumen verfolgt, in denen ich zuerst noch einmal die Nacht durchlebte, in der Herr March starb dann jene Nacht in Long field, da die kleine, we'ße geisterhafte Ge stalt an meinem Bett vorbei nach der Kammer schwebte, in welcher Mary Bai nes' gestorbener Knabe lag; und gegen Morgen glaubte ich stets die teijen, feier lichen Klänge der Orgel zu vernehmen, die von der Kirche zu mir herüberdrangen gerade jo himmlisch süß, als ob Muriel sie spiele. Lange ehe es Heller Tag war, stand ich auf. Indem ich das Schlafzimmer der Knaben durchschritt, rief Guy mich an: Hotla! Onkel Phineas, ist es ein schö ner Morgen? Ich muß früh in den Walv gehen, um Buchennüsse und Tan nenzäpfchen sür die Schwester zu holen; es ist ja ihr Geburtstag beute. Ihr Geburtstag! Für s i e war er's doch für uns o, Muriel, unser Lieblin unser Leg-nskind! Ich eile, über die Geschichte diesesMor gcns fort,kommen, denn mein altes Herz zuckt bei der Erinnerung vor Schmerz und trauert noch eben so tief wie damals. In früher Morgenstunde ging John nach dem oberen Zimmer. Es herrschte die tiefste Stille darin. Ursula lag im süßen Schloss; die kleine Maud an ihrer Brust; ans ihrer anderen Seite, dicht an sie geschmiegt, ruhte mit weit geöffnete, dem Tageslicht zugewandten Augen die, welche man seit mehr als zehn Jahren ! die blinde Muriel genannt hatte. Jetzt sah sie ewige Zeiten. Am Abend desselben Tages fassen wir Diei im Wohnzimmer beisammen, währen die Kinder sich schon lange in den Schlaf geweint hatten. Unser Kummer fand keine Thränen mehr, und eine gewisse Ruhe war über uns gekommen. Ursula balle, wie es ihre Gewohnheit war, das Licht in dcr Schlafstube der Knaben gelöscht und nachdem ich ihren leisen schnitt in dein I Raume über uns gehört, in dem kein süßer