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2 KR KR KR KR KR RR R RR RR RR R RR RR RR M Ziiilkef !- VI tIWI RR RR RR RR RR RR RR RR RR RR R., RR (Fortsetzung.> " „O Vater, sieh es doch endlich ein, daß ich Soldat werden muß. Vater, mache mich nicht unglücklich mit Dei nem Zwange! Ich dauere nickt aus am Zeichenbrett! Ungeduld und Ver zweiflung verzehren mich! Gönne mir Licht, Luft, Freiheit, laß mich zur Garde nach Frankreich!" Ter Ising ling war außer sich, er preßte das zuckende Angesicht gegen des Vaters Kniee, er glühte und flehte, als gelt? s sein Leben. Dürler hatte seinen Sohn nie so ge sehen: Nudi war in der letzten Zeit so stumpf und blaß timbergeschlichen, daß er ihn für trank hielt und sich um ihn sorgte. Dies war die Lösung deS Räthsels, der Jüngling sehnte sich hin aus. „Steh' auf. mein Knabe," sagte der Vater gütiger, als Rudi erwartete, „Tu weißt, ich bin ein Feind aller Uebertreibung, solche komödienhaft? Szenen sind mir zuwider und eines Mannes unwürdig. Deiner kindlichen Vitt? will ich mich aber nicht verschlie ßen. Treibt Dich jugendliche Unruhe hinaus, so läßt sich darüber reden. Ich hatte Dir längst eine Reise nach Ita lien zugedacht, DaS Studium der dortigen Bauwerke wird Dich auf's Neue für Deinen Berus einnehmen." Rudi erhob sich; er sah den Bater groß, fragend, fast vorwurfsvoll an: seine Milde war ihm befremdlich und das Nicht verstchen-wollen dessen, was er doch so deutlich gesagt zu haben meinte, verwirrte ihn. Walter legte sich in's Mittel. „Du darfst es Deinem Vater nicht verargen, Rudi," sagte er, „daß er Dein plötzlich hervorbrechendes Verlangen nach einem Berufswechsel nicht beachtet. Dein Ta lent und die Verhältnisse weisen Dich auf die bereits beschritten? Bahn, harre auf derselben aus, es wird Dich gewiß nicht reuen. Ich glaube nicht, daß Tu in die Garde paßt," „Warum nicht?" brauste Rudi auf. „Weil das Prinzip der absoluten Monarchie, für welches unser Korps einsteht, Dir antipathisch ist." ' Rudi erschrak, die Wahrheit des Einwurfes traf ihn hart. Endlich sagte er: „Der König hat selbst die Schädlichkeit diese? Prinzips einge sehen und dasselbe fallen lassen, er hat die Kanstitution aus dem Mörsfeld? beschworen. Es ist ein Unsinn, monar chischer gesinnt sein wollen, als der Kö nig selbst. Der französische Fahnen eid heißt jetzt: Der Nation, dem Ge setz und dem Könige treu zu sein, und den kann ich schw-wen!" „Und weißt nicht) wem oder was Du schwörst," rief Walter bitter, „die Na tion will in ihren heutigen Fieber An deres als der König, und die täglich . neuen Gesetze bieten ebenso wenig Halt. Mir sehen es ja bei allen französischen Regimentern, daß ein solcher Eid die Disziplin lockert und die Anarchie be günstigt." „Der Eid ist eines jeden Menschen heiligste Gewissenssache," sagte Rudi, jetzt seinerseits mit dem größten Ernst. „Ich werde unter allen Umständen den Eid halten, den ich schwöre, O, wenn Ihr es doch erkennen und einsehen wolltet, daß ch nie anders glücklich werde, als mit dein Degen in der Faust! Vater, bin ich ein Kind? Gönne mir das Recht, meinen Weg zu wäh len!" Jost von Dürler schritt unmuthig und unruhig im Zimmer auf und ab. Wider seinen Willen hatte sich ihm in letzter Zeit die Ueberzeugung aufge drängt, daß Rudi durch seinen Beruf Vicht befriedigt sei. Gr begriff freilich nicht, wie Jemand mit einem großen Talent für eine Kunst, diese ungern betreiben könne: zugleich aber sah er, daß Rudis lebhaftes Temperament ihn quäle, hm die Arbeit zuwider mache, und manchmal kam ihm doch eine Ahnung, daß für diesen Brausekopf etwas Anderes besser passe. Gr liebt: seinen Sohn, er wollte ihn glücklich sehen, und wenn er auch über manche Dinge nüchterne Anschauungen besaß, so war er doch im Ganzen ein wohl wollender Mann. Aller Ueberstürzung abgeneigt, beschloß er. sich Rudis Wunsch zu überlegen und sprach dies den beiden jungen Männern aus. Um die Angelegenheit säe jetzt abzubrechen, nahm er seinen Hut und verließ das Zimmer. „Wird er es zugeben, Walter?" fragte Rudi gespannt, als sich die Thür hinter seinem Vater geschlossen hatte. „L, Du glaubst nicht, wie mein ganzes Herz an dem Wunsche hängt, mit Dir gehen zu dürfen." Der Kapitän sah dem Jünglinge ernst prüfend in'S Auge. „Rudi," hub er dann an, indem er ihm fest gegen über trat: „Verena ist als Frau Dul liker vor acht Tagen nach Paris abge reist. Gehe sorgfältig mit Dir zu Rath, ob Dich ihretwegen verlangt." „Walter! welche Beleidigung!" schrie Rudi auf. „Verena, Antons Weib, wie sollte ich an sie denken!" „DaS Einzige, mein Junge." fuhr Walter herzlicher fort, „vor dem ein tapferer Mann die Flucht ergreifen darf, ist dir Versuchung. Das Spie len mit der Gefahr der Sünde ist ein Liebkosen derselben. Halte Dich nicht stärker, als Du bist. Verena traue ich Rtz R? . i". R Z" p, KR KR KR KR KR H ? v zz ZI c n, c n )?. von clcr Slbc 0 0 Hl kk kk >5 k, k-, RR k < nichts Gutes zu; mir wär'S lieb, Du sähest das verführerische Geschöpf, das zuerst Deine Sinne entflammte, nie mals wieder," „Ich gebe Dir mein Wort," sagte Rudi elrrlich, „das, sie, seit ich ihr leicht fertige Geschwätz damals angehört, in meinen Augen gesunlen ist. Ich dach!? och nicht daran, ihr in Paris zu begegnen. Und wie sollte ich's in der großen Stadt, die man gewiß von der Kaserne in Courbevoie sel ten betreten wird." Walter war zufrieden gestellt und versprach, nichts gegen Rudis Wünsche einzuwenden. Rudi aber eilte, seinen Freund Binzenz von Glutz aufzu suchen, den er auch für den Eintritt in die Schweizergarde zu gewinnen Hossie. Wie oft halten sie üch miteinander für kriegerische Abenteuer begeistert, jetzt endlich bot sich die Gelegenheit, Alle? in That und Wirklichkeit zu übertragen. Glutz nahm des Frenndes Vorschlaa lebhast auf. „Mein Vater," sagte er eifrig, „wird einverstanden sein, dum noch kürzlich haben wir davon gesprochen, daß ich nackr Frankreich gehen kmi-e, falls jetzt in der Garde anzukommen sei, Tie Gelegenheit, mit dem Kapitän einzu treten. ist die beste von der Welt und das müssen unsere b-iden Alten ein sehen. Eigentlich sollte ich, wie mein Vater meint, unser Gütchen in See lwig übernehmen, welches an mich kommt, da mein Bruder studirt, aber dazu ist immer noch Zeit," „Denke Dir Paris, Binz!" schwärmte Rudi, „die Stadt des idealen Aus schwungS, die hehre Vertheidigerin der Menschenrechte, wir werden in ihr den Athemzug der Morgenlust einsaugen, die von den geistige Höhen quillt und ein geknechtetes Geschlecht dem sonrri gen Tage der Freiheit entgegenführt!" „Sehr nett ist es," rief Glutz, „daß ich einen wohlsistrirlen Onkel in dem großen Paris habe, da können wir uns ein bequemes Absteigequartier einrich ten." „Einen Onkcl, wer ist das?" „Man hat wenig von dem guten alten Knaben bei vn geredet, obwohl er meiner verstorbenen rechten Mutter Bruder ist: komme ich aber nach Pa ris, so will ich die Verwandtschaft pfle gen, nd den Abbe Morellot im Fau bourg St, Honore aufsuchen. Er soll in philosophische Forschungen vergra ben. aber gut und verwandtschaftlich gesinnt sein." „Ein Philosoph sieht die Dinge an höheren Gesichtspunkten an," meint? Rudi erfreut, „man wird mit ihm die großen Fragen der Gegenwart erörtern können, ich rechne mir's zur Ehre, Dei ne werthen Onkel kennen zu lernen." Herr Jos! von Dürler war nach der beunruhigenden Unterhaltung mit sei nein Sohne in s Freie gegangen nd lenkte jetzt die Schritte nach der Probstei St. Leodezar, um seinen Freund und Rathgeber, den Ehorherrn Nikolaus Balthasar, auszusuchen. Ter würdige Mann empfing den Bauherrn in sei nem kleinen Arbeitszimmer, ließ Wein bringen nnd wollte wie gewohnt plan der, nahm dann aber bald die Ver störtheit des Gastes wahr. „Was ist Ihnen zugestoßen, mein Trefflicher?" fragte er voll Theil nähme. „Euer Glirwürden sollen Alles er fahren, deshalb komme ich her," ent gegnete Dürler und erzählte nun aus führlich von dem Briese des Osfiziers aus Paris, von Walters Entschluß und dem Wunsche seines unbändigen Jüngsten. „Nun frage ich Sie, wer ther Herr," fuhr er bewegt fort, „wie weit ich Recht thue, meines thörichten Knaben Verlangen zu berücksichtigen. Ist solch' ein Springinsfeld reif ge nug. über seine ganze Zukunft zu ent scheiden? Oder soll eine besser? Ein sicht heilsamen Zwang ausüben?" Der geistliche Herr dachte einen Au genblick noch. „Warum wollen wir sa gen: seine ganze Zukunft," entgegnete er. „die Kapitulation der Offizier? in Frankreich wird von drei zu drei Jah ren erneuert: sehen wir, wie weit der junge Obenhinaus sich nach drei lah ren die Hörner abgestoßen hat. Solche Phantasien, die allenthalben ideale Zu stände voraussetzen, sind leicht ent täuscht. Entweder glückt es ihm, sich eine ehrenvolle Stellung zu erringen, oder er bekommt den Dienst bald satt und kehrt gezähmt zu seinen jetzigen Beschäftigungen zurück." „Also Sie ineinkn wirtlich, ehrwür diger Herr, ich sollte mich der Laum des jungen Gesellen vor der Hand fügen?" sragte Dürler. halb überzeugt, daß er Rudi ziehen lassen müsse. Mit ncuerwachender Vatersorge fuhr er aber fort: „Bedenken Sie auch die jetzige Lage der Dinge in Frankreich. Die Schweizergarde ist dem Pöbel ver haßt, waS wird es noch für weitere Kämpfe geben?" „Mir därrcht," erwiderte der Chor herr ernst, „die Gefahren für das sitt liche Wohl der Jünglinge, welche von hier in früheren Zeiten an den frivolen Hof Ludwigs XV. gingen, waren grö ßer. als jene sein können, die aus den Konflikten der politischen Neugestal tung Frankreichs für Leib und Leben der Gardeosfizierc entstehen. Der Sol dat, dessen Beruf es ist, in Wehr zu Der Dtittscl>e Korrespondent, Baltimore, Md.; Freitag, den I. S.ptember lstNZ gehen und den Willen seines Kriegs herrn mit Gewalt zur Geltung zu bringen, ist immer einiger Gefahr aus gesetzt. Sie können ein rasches, junges Blut nicht hüten. Aber Sie tonnen auf Gottes Gnade vertrauen." Jost von Dürler fühlte sich durch den Zuspruch seines geistlichen Freundes ermutbigt: ja, es mußte gewagt wer den! S trennte er sich mit gereiftem Entschluß von dem StistSherrn. Erschüttert von der Aussicht. Walter scheiden und großen Gefahren entge gengehen z sehen, hatte Gertrud sich mit ihrem sie überwältigenden Kum mer aus die Gallerte de Hause ae fliichtct, wo ein linder Früblingsodenr vom See herauf ihr die Thränen von den Wangen küßte und der srerinNiche Sonnenschein.thr wieder etwa Muth in's Herz goß. Hier stand sie, die in einander verschlungenen HorEe auf das Geländer gelegt, leicht rorqebeugi wie eine vom Sturm getroffene Blume nnd schaute zerstreuten, trüben Blicke bin unter auf alle die Schönheit, die sich vor ihr ausbreitete. Also Waller verließ Luzern, sie sollte seine zarte Sorgsalt, den zuverlässigen Halt, Welmen er ihr geboten, nun für immer entbehren. Wurde denn das ganze Leben nicht dadurch leer? Ob Rudi ihn begleiten würde? Sie wünschte es.dann blieb doch ein Freund i seiner Nähe, der ihm beistehen, aucb einmal Naebricht von seinem Ergeben senden konnte. Ja, Rudi durfte Wal ter nicht verlassen! Ganz leise zog der Wunsch durch ihre Seele: könntest Du an Rudis Stelle sein. Aber sie erröthest vor sich selbst, indem sie die? dachte. „O, schreckliches Frankreich!" Ein Grauen durebriesclle sie, wenn sie sich die Tu multe vorstellte, die sie ans Walters Schilderungen kannle. Bewegt von diesen Vorstellungen und der Gegenwart entrückt, schrak sie zusammen, als sie hinter sich einen Schritt hörte: sich umwendend sah sie den, mit welebem ihre Gedanken sich eben lebhaft beschäftigt batten, sah Walter aus dem Hause auf die Gallerte trete. Ei? heiße R'ötbe nbcrsstrthct: ihre Züge, es schien Gertrud, als müsse er in einer betrübten Seele lesen, sein Bild darin wahrnebmen lönnen. sind fast war denr so. Waller hatte das Mädeben nicht ausgesucht: indem seine Gedanken sich mit aller Kraft vorwärts und einem neuen Lebensab schnitte zuwendeten, verlor Gertrud den bisherigen Reiz für ibn. Als sie jetzt aber vor ihm stand, als er ihre er glühende Wange, ihr verweintes Auge sah, erkannte er sein Ilnrccht an ihr. Er batte ihr mehr gezeigt, ol er be saß, eil er geben konnte. Durch sie und mit ihr hatte er sich ein neues Leben schaffen wollen. Indem er diesen Plan fallen ließ, verstieß er da? unschuldige Kind ans einem Heiligthnme, welches von ihm sell für sie erbaut worden. Wie ein Bruder hätte er sie in die Arme nebmen, sie um Verzeihung bitten und trösten mögen, aber er wußte, daß er ein ichkilvolles Mißverständlich nur dadurch vergrößern würde, Wo sollte er nun tbun, ihr ausweichen, ihre Be wegung übersehen? Nein, er wollte es sich anserlegen, offen nstt ihr zu reden. „ES freut mich, daß ich Sie allein treffe, liebe Gertrud," sagte er nnd trat aus sie zu. „Durch die neuesten Ereignisse in Frankreich bekommt mein Lebensweg eine andere Richtung: ich muß dem an mich ergangenen Rufe folgen, muß aus weinen Platz zurück kehren und mit dem Könige stehen oder fallen. Ich bin überzeugt, daß ich Ln zerv nnd mein liebes Lenenmatt nicht oder nur in fernen Tagen wiedersehe. Alle die freundlichen Zrstunftsplone, welche ich an mein kleines Vcsitzthum zu knüpfen wagte, muß ich ausgeben, die Pflicht ruft, und persönliche Wün sch? schweigen. Immer werd? ich Ihrer, Istb? Gertrud, herzlich gedenken. Got tes Segen auf Ihr th-n-es Haupt! lind möchte Ihnen dereinst an der Seite ein? braven Mann? das reichste Glück der Erd? zu Theil werden!" Er nahm ibre Hand nnd drückte innig, aber in scheuer Ehrfurcht seine Lippen darauf. Gertrud befand sich außer Stande, z antworten. Sie hatte ibn nur zu wohl begriffen, nicht allein, daß er allen Ausbruch auf ihren dereinstiaen Besitz ausgab, sondern auch, daß er sie ni? von Herzen lieb gehabt. Ein bit ter? Gefühl bemächtigte sich ihrer und balk den großen Schmerz tragen, der ans ihr lastete. Wie glücklich hatte sie's gemacht, zu hoffen, daß er sie liebe! Nun war das eine thörichte Einbildung gewesen, die sie mit der Trennung überwinden mußte. Nachdem sie sich etwas gefaßt, ver mochte sie's, sich ihm zrizrrwenoen, „Ich wünsche, daß es Ihnen in Frankreich wohlergeht, Herr Kapi tän—" sagte sie noch bath stockend. „Ich verstehe nichts von den Pflichten der Männer -- uröchtcn Sie in jeder Hin sicht Recht thun." Es war Beiden ein Erleichterung, jetzt Herrn Jost von Dürler aus das Haus zukommen zu sehen und gleich darauf die Glocke z hören, welche sie Alle an den MrttagStisch rief. Auch Rudi hatte sich wieder einge stellt. Er befand sich in großer Auf regung. seine Farben wechseleten und seine Augen glänzten fieberhaft; mit zitternder Spannring dingen seine Blicke an den Zügen des ValerS. Nach dem Mittagessen eröffnete Herr Jost den beiden jungen Männern, daß er einwillige, seinen Sohn ans drei Jahre in die französische Garde ein treten zu lassen. Rudi warf sich sei nem Becker um den Hals, drückte seine Hände und überschüttete ihn mit einem Strom begeisterter Danleoworte. „Laß es gut sein, mein Kind," sagte der alte Herr bewegt, „es wird mir schwer, Dich in jenes gährende, un sichere Land ziehen zu lassen, aber ich sehe, meine bessere Einsicht und War nung frommt Dir nicht mehr. Du mußt nun Deine eigenen Erfahrungen machen, um weiser zu werden und Dein Leben richtig anzugreifen. Möch test Tu kein zu theures Lehrgeld zah len! Du aber, Walter, habe das Aug? eines älteren Bruders und verständi gen Freundes über diesem Hitzkops nd thue das Deine, damit er einst gejund und zufrieden in die Heimath zurück kehrt." „DaS will ich geloben und von Her zen holten. Herr Onkel." entgegnet? der Kapitän mit kräftigem Handschläge, „Unsere Garde ist ein treffliches Korps, in dem nichts Unrcchtes-und leine unedle Gesinnung auskommt. Rudi muß sich wohl in unserem Kreise füblen, und wenn es Gefahren zu be stehen gibt, so sind sie ja dasjenige, wonach sein Feuerkopf sich sehnt." Wenige Tage später reiste Walter von Dürler mit den beiden Neuange worbenen, Vetter Rudi und Vinzenz von Gluh, nach Paris ab. 12. Kapitel, er Bankier Anion Tnlliker I batte das Haus eines cmigrir ten Viconcke, Rue d'Anjon > Paris, für sein: neue Wirth schaft erworben nd elegant ousglstat tct. Hier waltete Frau Verena mit gutem Geschmack und der ihr eigenen koketten Grazie, die dem jungen Ehe manne von Tag zu Tag besser gefiel und ihn immer mehr für sein hübsches Weibchen einnahm. Wenn auch die Einrichtung und Führung des Haushalte? riel G-ckd kostete, so war das Ant-ms schlauem Sprkulostonsgeijte ivühelo r igstollcn, und er verwendete da; wich! Erwor bene gern, um seiner immer mehr er wachenden Genußsucht i: dürren, Die jetzt Mode werdende Auswanderung vornehmer Familien l>eß oen Preis des festen Besitzes in Pari; sinke, i alle besseren Straßen waren Häuser oder Einrichtungen zu verkaufen und Anton .zögerte nicht! für niedrig ongc nommencs Papiergeld liegende Gründe des Adels oder d-r Gcistlichleck zum Zwange lurs der Assignaten zu erwer ben. Er hatte eine Geschaslcsiube im Mittelpunkte der Stadt, horchte irr allen Klub? und Kost- iiiiibcr, förderte gelegentlich die Richtung der Dinge, welche ihm am meisten Vortheil brachte, durch eine leidcnschasttiche Rede, trieb Agiotage und Spekulatio nen jeder Art, und lachte sich in's Fäustchen, wenn ihm Dumme auf den Leim gingen. Gegen Abend kam er dann müde, eiber außerordentlich selbstzufrieden, in der Nne Anjon bei icuwin reizenden Weibeben au. . dirnrlc mit Verena, rekelte sich aus den Prachtmobeln einer Herzogin, die sich vielleicht in Koblenz mit Holzstühlen begnügen mußte, und philosophjrte über die Gleichberechti gung ver Menschen an allen irdischen Genüssen. Verena hatte cS großes Vergnügen bereitet, sich ihr Hous aus einem ele ganten Fuße einzurichten und daneben ihre veraltete Lnr'cner Toilette in die allerncneste Parijer Mode umzugestal ten. Jetzt war ARS fertig, und sie fing an, sich nach Leuten umzusehen, geneigt, sie zu bemnndern. einer Ge sellschaft, in der sie d:r Mittelpunkt werden nnd mit d-r sie sich amüsiren könnte. Sobald s> aber den Wunsch nach Verkehr äußert?, runzelte ihr Mann die Stirn und erklärte, er müsse sich den ganzen Tag plagen, er sei Abends viel zu müde, um noch aus gehen zu mögen. Was ihr fehl-'? Sie habe Alles, was das Herz sich wün schen könne, lind dem war in der That so. Das junge Paar saß an einem bei ßen Junitage in dem kleinen gobelin behängien Speisesaale an dein prächtig servirten Eßtisch in der Mitte. „Noch einige von diesen allerersten Erdbeeren, meinTonli?" sagte Verena, ihrem Manne die duftenden Früchte auf den vergoldeten Teller legend. Sie war heut? so hübsch, so anmn thig, daß Anton verliebt und in der besten Laune jede ihrer Mienen und Bewegungen verfolgte. Verena trug eine Toilette in den be liebten Nationalsorben; über dem kurz herabfallenden weißen Röckchen, das mit blau und rollen Bändern besetzt war, schloß ein blaues Schooßjäckchen sich eng um ihren schlanken und doch üppigen Wuchs, dunkelrothe Aufschläge und ein Spitzenja' ot hoben die Schön heit ihres Weißen Halses, um den ihr schwarzes Lockmhorr ohne Puder und Frisur, nur von einem blau-roth-wei ße Bande zurückgebalten, frei fluthete, „Ja. sie muß Jedem gefallen," dachte Anton, „und ich wäre ein Narr, sie der lockeren Jugend von Paris vorzufüh ren. nein, ich will sie für mich allein behalten!" Verena aber sprach, wie schon oft, zu sich selbst! „Habe rch mich deshalb ihm unentbehrlich gemacht, bin ich des halb mit nach Paris gegangen, um hier wie ein Vogel im Bauer gefangen zu sitzen! Das eririge ich nicht langer, ich will seben und gesehen werden und meinen Willen durchsetzen." „Möchtest Du den Kaffee auf unserem Balkon einnehmen, mein Mannst?" fragte sie jetzt sanft und er hob sich. Sie öffnete die Glasthür, welch' aus dem Eßzimmer auf den blu menbesetzten Baiton führte, von dem aus man einen freundlichen Blick auf die Hintergärteii des nahen Faubourg St. Honore hatte. „Ist es nicht zu sonnig da drau ßen?" meinte Anton unlustig, indem er sich träge dehnte und tangsam auf stand. „Ich lasse die Marquise herunter," rief sie, „schau, welch' herrlicher Schat ten. und Dein bequemer Lehnstuhl steht auch hier draußen." Er trat heran, umfaßte sie und flü sterte ihr zu. daß er lieber innen mit ihr kosen, als sie hier außen den un verschämten Blicken der Nachbarschaft preisgeben wolle. „Tu Eifersüchtiger!" drohte sie, den Finger erhebend und sich seiner Um armung entwindend. „Mit Bücken wird weder Dir noch mir etwas ge nommen." Geschäftig trug Verena vom Büffet das Kafseeaeschirr auf den Bostonstich und nöthigte so Anton, ihren Wunsch zu erfüllen. Dann klingelte sie, ein Diener brachte den Kaffee und räumte den Eßtisch ab. „Welch' ein köstlicher Abend," sagte Verena, „wann willst Tu endlich Dein Versprechen erfüllen und mit mir in den Park von Monceaur oder in die Chawps Elpsccs gehen, denen wir so nahe sind? Ich kenne fast noch nichts von Paris," „Tergl-üchen hätte ich Dir verspro chen? Ich finde es hier recht ange nehm: gönne mir doch Abends mein häusliches Behagen." Verena schwieg eineWeile und blickte hinaus. Außer dem Gärtchen, das ihre eigene Villa al? schmaler, blühender Streifen von der Seite umzog, sah sie zunächst aus den Garten und einen grünen Bleichplatz, welche zu einem großen Hause des Faubaurg St, Ha noie gehörten, Wie oft hatte sie schon von ihrem Balkon das Treiben da un ten beobachtet und die fröhliche Jugend beneidet. In dem großen Garten schien ein herzliches Familienleben z walten. Dasselbe bewegte sich mit scheuer Elnsurcht um ein magere, klei „es Männchen in der Tracht eines Weltgeisilichcn. Sobald der alte Herr nten erschien, eilte Jeder herbei, ihn freundlich zu bewillkommnen, Die Kinder brachten ihin Blnnren, die Frauen trugen ihm Kissen ans die Bank, welche er sich zum Ruheplatz aus crkor, und Alles versammelte sich um ihn. Mehr noch als die Familie im Gar ten intcressilten Verena die Inhaber der Bleiche, die aber mit zu dem Gar ten gehörte. In der trennenden Hecke befand sich eine Tbrir, durch welche die Kinder gesprungen kamen. Anderer seit? gingen die Leute von der Bleiche in den Garten, um dort zu arbeiten und zu begießen. Da sie auch in einem Anbau de großen Hauses wohnten, .nußte es die Gärtnerfamilie lein. Sie bestand au? Basti, Mutter und Toch ter, Tie beiden letzten betrieben Wä scherei. Aus der Bleiche stand unter einem blühenden Gebüsch ein immer lausender Brunnen, dessen sanftes Ge plätschcr erfrischend zu dem Balkon heraufklono. An diesem Brunnen, im Schatten de? Gebüsche, wuschen Mut ter nd Tochter Tag aus, Tag ein. Verena beovochtete sie oft und ergötzte sich an der Anmuth de? jungen Mäd chen?: viehr aber noch wurde sie von etwas Anderem ano,zogen. Abends gegen sieben Uhr ging das Mädchen, welches die Mutter Fleurette rief, sich umzukleiden: kaum trat sie in ihrer sauberen und zierlichen Feierjtunden tracht wieder ans dem Hause, so fand sich ein junger Mann ein, den sie mit unbefangener Freude empfing, der sie küßte und mit dem sie dann ausging. Ter Jiinaling interessirte Verena be sonders, es lag etwas Geniales in ser ner Erscheinung, blonde Locken fielen ihm von dem freigetragenen Kopf aus die Schultern, seine Bewegungen wa ren elastisch und sein Lachen tönte er heiternd bis zu dem Nebenhause her über. Eben als Verena, nach der ablehnen den Antwort ihres Gatten sich auf di? geschickte Entgegnung besinnend, hin anSbltckte, sah sie Flcurettens hübschen Liebhaber durch das kleine Haus in den Garten treten, das Mädchen von der Bank auffliegen, sah die Beiden sich umarmen und daraus sich zum Gehen wenden, „Das schöne Kind da drüben," sagte sie. Anion das Paar zeigend, „besitzt einen gefälligeren Galan, als dessen ich mich rühmen vermag. Ter schlanke Blondlockige kommt jeden Abend, sei rren Schatz crbzubolen, und wenn Du aufpassen willst, wirst Du sehen, wie fröhlich sie mit einander davongehen." Anion fuhr auf und starrte hinüber. „Dir gefällt wohl der schöne junge Bursche möcktkst an des Mädchens Stelle sein?" fragte er mit verhaltenem Aerger. Drüben war jetzt die ganze Familie de? Gärtners versammelt, der Alte lehnt? in der Hausthür, die Frau saß auf der Bank. Fleurette stand neben dem jungen Manne, der seinen Arm um ihre Schultern gelegt hatte, und Alle plauderten und lachten mit einan der, was man der Entfernung wegen kaum hören, aber an den Bewegungen wahrnehmen konnte. Verena, ange zogen von der heitern Gruppe, lehnte sich zwischen den Blumen über das Ge länder des Balkons hinaus. In diesem Augenblick wandte der Blondlackige sich um, firirte sichtlich den Balkon, ließ sein Mädchen los nnd kam grüßend über die Bleiche heran. Anton fuhr auf und riß Verena zu rück: bis in das Eßzimmer zog er sie. „Er kennt Dich, dieser Verführer, die ser Aristokrat!" schnaubte der Zornige. „Nicht einmal hier rm Hause bist Du mir sicher aufgehoben. Werb. nie, nie werde ich Dich hinausführen!" „Anton—was fällt Dir ein?" fragte Verena mit eisiger Miene zurücktre tend. „Niemals habe ich ein Wort mit jenem Manne gewechselt, ganz zufällig macht er ein paar Schritte auf unser Haus zu und höflich, als er uns sieht, und Tu waatt cS, mich darum so zu behandeln?" Sie wandt: ihm den Rücken. Eine Weile schwieg er. dann sagte er kleinlaut: „Vrcnst. verzeih ich liebe Dich mit toller Leidenschaft sei nicht kwse aber ich kenne ja Deine Grund sähe Tu saateit einst: All? gehören dem Weibe ganz nach freier Wahl woher soll ich noch Vertrauen neh men?" Er schlug sich die geballten Hände vor's Gesicht und warf sich in rinen Stuhl. „Woher Tu willst," sagte sie spöi tisch, „meinetwegen aus Deiner eigenen gediegenen Moral. So viel aber in gewiß, ciistperren sollst und darfst Du mich nicht. Ich sage Dir ganz ofsin, es würde Dir nichts helfen. Spiclit Du de Tnronnen. so machst Du Dich mir nur unangenehm, und ich sebc mich in Deiner Abwesenheit nacka freund sicherem Verkehr um. Willst Du also wie bisher gut mit mir auskommen, so zeige Dich als liebenswürdigen Gatten, dann wirst Du mich ebenso finden." Sie wartete seine Antwort nicht ab, sondern trat ans den Boston zurück. Drüben auf der Bleiche standen die vier Menschen wieder plaudernd vor denr Anbau. Anton erbob sich, kam auch auf den Ballon und umfaßte seine Frau, Sie wies ibn kühl ab. „Ich mag nicht mit Dir kosen," sagte sie, „im nächsten Au gcnvlicke wirft Du besitz und behau dclst mich hart, geh'!" „Vecnli, sei lieb und süß wie sonst, ich lann's nicht aushalten, wenn Tu mir den Rücken wendest/ „Habe ich diese Szene veranlaßt? Habe ich irgend etwas Unrechtes ge thau?" Sein Blick scbwcifit wieder hinaus. „Hör." sagte er jetzt ganz zabrn, „ich möchte doch wissen, wer jener Mensch ist. der mit dieser kleinen Wäscherin eine so imgeniitc Liebschaft unterhält. Einer ibres Standes ist das nicht, trägt er auch die Blouse, ich wittere die widerwärtige Hofmanicren aus der Ferne. Sieh die elegante Pose, c der er dasteht, ein Marquis zürn mindesten. Bielleicht will er sich durch sein Ver hältniß' mit der Wäscherin populär machen." „Möglich, ich habe gar nicht so weit gedacht, ich verglich nur seine Gefällig keit mit der Deinen." „Ah! Nun. wenn Du es denn durchaus willst, so laß uns eine Abend- Promenade in die Ehamps Elysees un ternebmen." Verena fuhr herum und umarmte ibren Mann. „Nun sehe icb. daß Du mich doch liebst!" rief sie mit strahlen den Augen, „o, und wie liebe ich Dieb, wenn Tu gütig bist! Ich eile, mich für den Ausflug zu richten!" Sic bupfle hinaus! Ihr Sieg schwellte ibr das Herz vor Vergnügen. Gelang es ihr, sich ihm immer reizend zu zeigen, ihn versiebt zu erhalten, wie er jetzt war, so würde er ihre spröde Uebellaune nicht ertragen, und sie konnte ihn zu Allem bringen, was sie wollte. Gin kokettes Hütchen mit nicke-Sm Gedern und einer handgroßen Ratio naltokarde keck ans tue dunkeln Locken gedrückt, trat sie gleich darauf wieder in's Zimmer. S'e sah bezaubernd aus: ein wenig erregt und nun freudig belebt, war sie Anton ni? so schön erschienen, wie heute. Ihre Tracht fand er auffal lend, sie sagte ober, daß es die neueste Mode sei. und als er nun mit ihr am Arm auf der Promenade erschien, merkt? er bald, daß sie gefiel. Reisrock und Puder sah man nir gends mehr, dagegen anschli-Bend-, kindlich geschnittene Gewänder und wallend? Locken: es schien, als habe sich die ganze Gesellschaft verjüngt. Das laute, leidenschaftlich bewegte Treiben paßte dazu. Niemand that sich Zwang an, und die offensten Aeußerungen über Verenas Schönheit schlugen an Antons Ohr. Zuerst ärgerte er sich darüber, nachher tröstete ihn der Stolz, die Gepriesene sein nennen zu können, doch mischten sich Sorge und Gifersucht in den Triumph. Verena dagegen schwelgte in der Freude, zu gefallen: es war immer ihr eigenster Lebenszweck geireien, d'r nun endlich sich hier vollauf zu e> füllen schien. Denn rückhaltloser konnt? ihr nicht gesagt werden, daß sie schön sei, wie es hier geschah. Ganz berauscht von diesem Vergnü gen, kamen sie spät Abends heim: sie dankte ihrem Manne vier Liebkosun gen für das genossene Vergnügen. An ton ließ sich ihr Schmeicheln nur zu. gern gefallen, wenn sich auch im Grunde seiner Seele ein argwöhnisches Gefühl eingenistet hatte, das nur für Stunden durch Verenas Zärtlichkeit betäubt wurde. Gr mußte versprechen, morgen Abend wieder mit ibr auszu geben: und wie hätte er es über sich vermocht, ihrer Bitte zu widerstehen' Gr wollte ja ihren Dank, ibr süßes Gc kose genießen. Am andern Morgen verließ er zum ersten Male mit einer unbestimmten ttvrnbe sein Ha?: würde Verena während seiner Abwesenheit sich auch nichts erlauben keine Anknüpfung wagen, nicht allein ausgehen? Gern hätte er Jogues, seinen Diener, zu ihrem Hüter gesetzt. cGer dr Mensch sah bei aller äußeren Höflichkeit immer so sonderbar über ihn weg. Jogues, der schon viele Jahre bei dem Prcomt-. dem früheren Besitzer der Villa, Kam merdiener gewesen, flößte Anton kein Vertrauen ein. Gr war sehr gewandt, von vortrefflichen Formen, aber un durchdringlich. Sein Haar, leit viel leicht zwanzig lahren an Puder gc wohnt, sah enengrau aus, sein Gesicht ledern und unbeweglich, das Auge in's Weite gerichtet: nein, diesen Mann konnte Anton nicht in's Vertrauen ziehen. Und was hätte er ihm auch sagen sollen? Daß er ein argwöhni scher Thor sei? Fort an die Geschäfte! Er wallte er werten, dazu war er hier. Es gab ja doch nichts Reellere? und BegebrcnS würdigereS in der Welt als den Reich thum. Ein Narr, wer sich durch Hirn gespinste zerstreuen und den Weg zum erwünschten Ziele verlegen ließ! Verena blieb, nachdem ibr Mann ge gangen, am FrühstückStiscbe auf dem Balkon sitzen: sie trug ein gesticktes weißes Pkvrgenkleid und einen schma len l'immelblauen Shawl und sab wie ihr selbst bewußt war wieder sehr hübsch aus. Die jetzt in großer Anzahl erscheinenden politischen Jour nale lagen vor ihr auf dein Tische, sie blätterte darin, aber was gingen sie die öffentlichen Verhäcknisse an! Sie hatte weder Interesse noch Verständniß da für. Ter Drang, das Leben zu genie ßen, ihre Reize zur Geltung zu dringen, füllte gänzlich ibre Seele aus. Drunten hing Fleurette munter sin gend Wasebe aus. im großen Garten aus dem Rasen schlugen halderwachsene Kinder Federball, herrlicher Sonnen schcnr, Bög?lgez:vrtscb:r, Blnmc-'dusi rings um sie her. Und sie sollt: hier allein im qoldnen Käsig aushU'cn? Das Haus war eingerichtet, ihre Domestiken ioratcn für alles Nöthige, jede Beschäftigung, an die sie dachte, flößte ihr Langeweile ein. Nur der Gedanke an den gestrigen Adena rncker biclt sie angenehm. Etwa Achnlickes herbcizusübren, mit den Männern, die ihr in Blicken und Worten gehuldigt hatten, wieder in Berührung zu kom men, kleine gefallsüchtige Künste an ihnen zu versuchen, ihre Lndenschaft herauszufordern nd mit derselben zu spielen, das war's, wonach sie sich sehnte. Sie dachte nicht daran, ihrem Manne untren zu werden, aber sie wollte sich auf ihre Art beschäftigen und amüsiren. Jogues räumte leise und würdevoll, wie immer, den Früh siückstisch ab. Verena Blick streifte seine hagere Gestalt, sein völlig aus drucksloses Gesicht. „Wenn man doch wenigsten? mit dem plaudern könnte," seufzte sie lei sich, „aber wa' würd: da? geben? Versuchen möchte ich'S." Endlich fragte sie ihn: „Sie dienten liiec schon länger im Hanse, Jaqu-s?" Sic war immer in Versuchung, „Mon sieur laque ' zu sagen, so vornehm er schien er ihr, „Zu Befehl, Madame." „Ta müssen Sie di: ganze Umge gend kennen?" „Allerdings, Madame." „Wein gehört denn da drüben hinter uns das große Haus mit dem Anbau und dein weitläufigen Ga-cken-" „Dem Herrn Abbe Morellot, Ma dame." „Einem geistlichen Herrn? Und die große Gesellschasi, die vielen jungen Leute?" fragte Verena erstaunt. „Ter Herr Abbe sind gastfrei und haben eine große Verwandtschaft." „Und die hübsche Wäscherin hier un ten, die von den Ihrigen Fleurette ge nannt wird?" „Ihr Vater ist der Gärtner des Herrn Abbe." „Und die Leutchen heißen?" „Porrin, Madame." „Also Fleurette Porrin: das nied kiche Kind besitzt einen anfme-ksamen Liebhaber, der sie jeden Ästend zum Ausgeben abholt. Ein schön-r, blond lockiger invger Mann: das ist wohl ein vornebmer Herr, Jaqnes?" „Nein. Madame, es ist Octav? Por rin." Verena fuhr auf. „Octave Porrin? Ein Verwandter des Gärtners?" „Sein Sohn. Madome." „Sein Sohn!" lachte Verena laut, „sein Sohn? Also der Bruder Flcu rettens." „Zu dienen. Madame." „Ein galanter, ein liebenswürdiger Bruder; was ist dieser Octave Por rin?" „Künstler, Madame." „Künstler? Was denn. Schauspie ler?" „Nein, Bildhauer. Madame." „Ack. bat er Talent, hat er schon Gutes geleistet?" Es schien, als wache etwas wie Le ben in den leeren Blicken des Dieners auf. „Ja, Madame," erwiderte er. sich noch steifer aufrichtend, „mein Nesse Octave hat schon so viel geleistet, daß Seine Majestät, unser allergnäoigster König nnd Herr, sich bewogen gefühlt haben, Octave Porrin ein Atelier im Lonvre und eine Pension aus der kö niglichen Schatulle zu verleihen." „Und dieser interessante Künstler ist Ihr Nesse, Jogues?" „Allerdings, Madame, meiner Schwester Sohn." „Ich gerathe aus einem Erstaunen in das andere," rief Verena höchlich amiisirt. „Nun müssen Sie mir aber noch erklären, was ein Atelier im Lonvre ist. Ich dachte, das Louvre wäre jenes riesige Schloß, welebes mit den Tuilerien am Seine-Orrai im Zu lammqnbange, mit seinen Gärten und Höfen mir so groß erschien, wie ganz Luzern. Ich habe mich aber nur ein mal mit meinem Manne dort umge lehen. Wie kommt nun ein Atelier Ihres Neflen in's Louvre?" „Madame haben ganz recht, Louvre imdTüilerien sind ausgedeknte Pracht bauten, unserer königlichen Familie ge hörig. die bis jetzt verschiedenen Zwecken dienten. Seine Majestät residiren nun wieder in der, Tuilerien." fügte Jaqnes mit einem Seufzer hinzu. „Im Louvre sind Knnstschätze. Sammlun gen von Gemälden und Statuen, nizd ein Flüge! ist ganz Ateliers ejiz^i-