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schweig und Lüneburg und haben später die Herzogthümer gebildet, über welche der Welsenstamm bis zum Jahre 1866 ge herrscht hat. Dankwarderode ist wahrscheinlich schon in der Mitte des neunten Jahrhunderts erbaut worden, vermuthlich als eineGrenz veste gegen die Slavenstämme, welche da mals noch am linlen Elbufer saßen. Ihre Geschichte isteng verknüpft mit der Geschichte der alten sächsischen Herzogsgeschlechter. Um 850, als die normannischen Räuber den Norden Deutschland's schwer heim suchten, ernannte König Ludwig der Deutsche einen Grasen Ludolf, der im Ostfalenlande zahlreiche Güter besaß und wahrscheinlich ein Abkömmling des sächsi schen Stammeshelden Widukind war, zum Herzoge von Sachsen; wir wissen wenig über ihn, aber genug, um zu erkennen, haß er mit starker Hand Niederdeutsch land gegen Normannen und Slaven ge schirmt hat. Seine drei Söhne hießen Bruno, Otto und Dankward, und Letzte rer ist wahrscheinlich der Erbauer derßurg Dankwarderode am linken Ufer der Ocker, deren Mauern im Jahre 861 ausgeführt sein sollen. Nach Ludols's Tode wurde Bruno Herzog in Sachsen, und diesem folgte sein Bruder Otto, gewöhnlich „ll llustris," der Erlauchte, genannt; ihm wurde nach dem Tode des letzten Karo lingers, Ludwig des Kindes, die deutsche Königskrone angeboten, welche er jedoch ausschlug. Sein Sehn dagegen, Heinrich der Vogelsteller, wurde König der Deut schen und war der erste in der glanzvollen Reihe der deutschen Könige unv römischen Kaiser aus niederdeutschem Stamme. Gegenüber der Burg Dankwarderode entstand, wie damals stets in der Nähe befestigter Plätze, frühzeitig ein Ort, Brunswyk geheißen. Er soll nach jenem Herzog Bruno benannt worden sein, doch sind die betreffenden Quellen nicht maßge bend; urkundlich wird der Ort Bruneswyk erst im Jahre 1031 genannt. Die Könige und Kaiser aus sächsischem Stamme weil ten, wenn sie im Norden waren, am Lieb sten im Harze und den umliegenden Land schaften; in Dankwarderode scheinen sie selten Hos gehalten zu haben. Otto der Große gab um 960 dasHerzogthum Sach sen dem Hermann Billung, den die Volks sage zu einem Bauernsohne gemacht hat; er war ein ostphälischerEdler aus dem Lü neburgischen und hatte als Markgraf die nordöstlichen Marken mit Erfolg gegen die Slaven gewahrt. Burg Dankwar derode und das Dorf Brunswyk gingen an die Billunger über, deren Stamm 1106 ausstarb, nachdem er kraft voll imSachsenlande gewaltet hatte. Dann fiel das Schloß mit ihrem sonstigen Erbe an die Meisen. Es dauerte noch eine Weile, bis diese sich im Norden heimisch fühlten. Heinrich der Schwarze und Heinrich der Stolze blie ben in ihrem ganzenWefen nachßayern und hatten wenig Verständniß für die Bedürf nisse Niederdeutschland's. Aber Heinrich der Löwe, der ihnen folgte, ward einNord deutscher, und die Thätigkeit dieses großen Mannes legte den Grundstein zu jener gewaltigen Kolonisation, welche den platt deutschen Stamm über die Elbe bis an die Oder und über die Oder bis an die Weich sel geführt hat. Er erkannte mit klarem Blicke, daß Deutschland's großer Beruf, nicht darin liege, die beste Kraft des Vol kes nutzlos in Italien zu vergeuden, sondern in der Eroberung und Kolonisi rung des Nordens. Er wurde ein Platt deutscher, und auch in der Zeit, als er nochHerzog vonßayern war, weilte er am Liebsten im plattdeutschen Lande. Bruns wyk wurde seine Residenz; er ertheilte dem Orte städtisches Recht; er machte Lüneburg zur Stadt, nachdem er das benachbarte Bardowyk zerstört hatte, und wurde der Gründer von Lübeck, das später Jahrhun derte lang die mächtigfteStadtNorddeutsch land's war. Er baute BurgDankwarde rode um und hat dort seine letzten Jahre verlebt. Seine Nachkommen haben wenig für das alte Schloß gethan. Die Stadt Braunschweig wurde ihnen zu stark und unabhängig, und sie hausten gewöhnlich in Wolfenbüttel. Nach der Zersplitte rung des welsischen Besitztumes unter zahlreiche Linien erlosch vollends das In teresse für die alte Burg. Sie ist in spä teren Jahrhunderten gelegentlich ausge flickt und theilweise umgebaut worden, und dem Besucher imponirt sie heute mehr durch ihr ehrwürdiges Alter, als durch ihre Architektur. Der Gedanke, sie zu einem Museum für niedersächsische Geschichte zu machen, ist ein vortrefflicher. Tonschlachtcn. Ein neuer musikalischer Hauskrieg der erbittertsten Art wüthet seit einiger Zeit, wie man aus Berlin schreibt, in einem Hause am Neuen Markt. Sonderbarer Weise ist es in dieser neuen Leierkastzn- Jliade wiederum einJünger der Göttin mit Schwelt undWaage,gegenwelchedieZchlacht sich „abspielt".... Rechtsanwalt St. ist in besagtem Hause seit Kurzem eingezogen und hat seine Büreaux nach dem Hofe hinaus, der sehr eng und sehr hoch ist unv in akustischerHinsicht ein sörmlichesSprach rohr bildet. Nun war auf diesem Hofe das Musiziren nicht nur nicht verboten, es wurde vielmehr, da sich im Hause eine große Anzabl Musik und Tanz liebender Küchen- und Haussee'n befindet, seitJah ren mit Leidenschaft daselbst betrieben. Alle Hofmusikanten des Reviers stellten sich mit pünktlicher Regelmäßigkeit ein; wenn der eine mit Applaus abzog, trat schon der nächste auf, und ein Regen von „Geldpapieren" fiel auf jeden Künstler aus den Fenstern hernieder. Gleich am ersten Morgen nach seinem Einzüge be grüßten die Klänge des: „Er soll dein Herr sein, wie stolzDas klingt!" von einem Orgler nach dem andern aufgenommen, den Herrn Rechtsanwalt in seinem neuen Heim. Das klang aber dem Rechtsan walt bei seiner Arbeit durchaus nicht stolz. Er beschwerte sich bei seiner Wirthin. Doch nutzlos war das Verbot: „Hier darf nicht musizirt werden," das sie sofort im Haus flur annageln ließ, die lohnenden Geld spenden der Dienstmädchen übten ihre alte Anziehungskraft und trugen den Sieg da von. Jetzt versuchte der Rechtsanwalt St. ein klingendes Gegenmittel: jeder Musi kanterhielt einen Groschen von ihm, da mit er sofort nach Beginn des Eonzertes wieder aufhöre. Ein Complot sämmtli cher .Dienstmädchen gegen Herrn St. war die nächste Folge dieser Kriegslist; kaum hatte derselbe seinen Groschen hinunterge schickt, so regnete es Geldstücke aus allen Fenstern sür den Musikanten, und stolz klingend blieb er der Herr nämlich der „Gasparone-Walzer." Der Rechtsanwalt verfiel nun aus ein neues Mittel, das sich diesmal gegen seine Mitbewohner richtete. Er treibt selbst Musik, er spielt das Cello. Er besitzt außerdem ein Klavier und ein Harmonium. Sobald nun vom Hose eine neue Piece dasSchallrohr herauftönte, pla zirte er seine „jungenLeute" an die beiden Instrumente, er aber nahm das Cello zwi schen die Knie, aus ein gegebenes Zeichen fiel dies „Orchester" ein, und mit den Klängen des Leierkastens vermischte sich ein Höllenconzert, das nicht nur Steine erweichen und die Menschen rasend machen konnte, sondern sie wirklich rasend machte. Dies Mittel (homöopathisch, aber in ge waltigen Dosen) half auf der Stelle; denn energisch schritt nun die Frau Wirthin ein, und kein Musikant durfte sich mehr auf dem Hose blicken lassen, Ruhe war eingezo gen in dem sonst so musikalischen Hause... aber es war die Ruhe, die einem neuen Sturm vorausgeht, und dieser ließ auch nicht lange aus sich warten. Das Beispiel des Herrn Geheimen Justizraths Gall war auf fruchtbaren Boden gefallen. Die Gegenpartei brütete Rache, und siehe da! oder vielmehr höre da! Dieser Tage zum ersten Male wieder flöteten die langent behrten Töne eines Leierkastens durch das stille Haus, und „er soll Dein Herr sein," klang es stolz durch das Sprachrohr. Die Küchenfee und ihr Anhang hatten eine Sammlung veranstaltet, einen Leierkasten gemiethet und im oberen Stockwerk aufge stellt, wo er unablässig verarbeitet wird. Gegen diese „Himmermusik" giebt es keine Hülfe, als Gegenmusik oder Antiphon. Vielleicht aber plant der findige Kops des Juristen ein neues „unerhörtes" Mittel? Die nächsten Tage werden es lehren. Album unfreiwilliger Kamik. Im „Jlmenauer Wochenblatt" stand ein mal Anno 1879 wörtlich zu lesen: „Der jetzt 33 Jahre dauernde Aufenthalt eines Pflegebefohlenen in der hiesigen Irrenan stalt wurde durch eine Feier verherrlicht, bei welcher der Direktor den Jubilar be glückwünschte und ihm ein duftendes Veil chensträußten widmete." Eine bessere Parodie auf den Schwindel mit sentimental verlogener Jubiläumsmeierei wäre von dem größten satirischen Genie nicht leicht zu ersinnen gewesen. Dank, herzlichen Dank darum auch dem unbekannten Wohlthäter, der dies in der Stille blühende Vergiß meinnicht aus der seit Göthe's Tagen ge weihten Muttererde von Ilmenau ausge graben und in dem Herbarium des vor liegenden „Albums unfreiwilliger Komik" der Mit- und Nachwelt aufbewahrt hat! Göttlicher Unsinn erfrischt männiglich von Alters her; eine sorgsame Auswahl von Lesefrüchten aus dem Gebiete des höheren Blödsinns hat überdies aber auch noch eine nicht zu unterschätzende pädagogische Wirkung aus alle Diejenigen, die berufs mäßig die Feder führen. In der Hast der Tages- und Nachtarbeit werden nur zu oft Flüchtigkeit und biedere Casimire in die Welt gesetzt, mitunter selbst von Pub lizisten ersten Ranges. So verbucht unser Hest eine erquickende Leistung Karl Fren zel's, der in der „National-Zeitung" im August 1876 bei Gelegenheit der Bay reuther Festspiele in dem Klagelied über die Unbequemlichkeiten, welchen man dort ausgesetzt war, mit einem Male erklärte: „Und dieser selbe Drang nach einem Stuhl, dieser ganz gemeine Selbsterhal tungstrieb, offenbarte sich in jeder Zwi schenpause " Da darf denn mit den „Neuen Hessischen Blättern" nicht allzu streng in's Gericht gegangen werden, die in einem Opernreferat Anno Fünfund siebenzig gelegentlich bemerkten: „Die junge Sängerin ließ sich störende Detona tionen zu Schulden kommen." Eine Re daktionsglosse der „Posener Zeitung" ver dient daneben kaum Erwähnung: „Die obige Beschreibung stammt nicht aus der Feder unseres Musikreferenten, sondern geht uns von geschätzter Hand zu." Auch dem „Musikalischen Centralblatt" hat un sere Sammlung ein liebliches Angebinde zu danken, die Sentenz: „In Schumann ist eine der schönsten Blüthen der Romantik dem Grundstein entsprossen, den Bach gelegt hat " Gar zu grausam darf man uns armen Zeitunsschreibern den einen oder den anderen Lapsus nicht aufmutzen, denn auch patentirte und beliebte Roman schreiber lassen sich nicht spotten, wenn es gilt, die Welt mit stylistischen Schwaben streichen zu überraschen. In Galen's Er- 5 »ählung: „Der Erbe von Betty's Ruh" schließt das letzte Kapitel des letzten Bandes mit dem monumentalen Satze: „Nachdem die Portiere sich hinter den Liebenden geschlossen hatte, schlürfte mit leisem Schritte ein weiblicher Fuß in's Zimmer und löschte mit eigener Hand die Kerzen." A. MelS bringt in dem Roman: „Aus Sturm und Drang" die originelle Wendung: „Der Mann zog aus einer unbekannten Tasche ein langes Messer." Und Wilhelm Jensen endet in dem Roman: „Sonne und Schat ten" das kühne neue Bild: „Er hielt, Euch mit den Augen umklammernd, inne." Wenn also geübten unv angesehenen Stn listen Solches widerfährt, dann heißt es wohl, mild über die kleinen Unglücksfälle namenloser Zeilenjäger hinwegzusehen; ein östreichisches Provinzblatt darf dann ungestört schreiben: „Schallendes Lächeln folgte dieser witzigen Bemerkung der De putirten;" die „N. Fr. Pr." meldet, daß bei'm Galadiner immer ein deutscher zwischen einem italienischen Gaste zu sitzen kam; das „Traunsteiner Wochenblatt" hat eine neucCorruption des Aetna zu verzeich nen; der „Hoser Anzeiger" einen ge« spanntenßoman herauszustreichen; die„El berselder Zeitung" versichert, daß vielen Werken Niels Gade's „die meergeborene Seemövenstimmung" innewohnt; die „A. A.Z." darf in einemßörsenbericht ankündi gen: „Munter wie die mit Drachen spie lenden Knaben stiegen die Papiere sast aller Gattungen in die scheinbar klare Luft;" die „Oldenburgischen Anzeigen" verlaut baren: „Wer die Gesetze zu halten wünscht, beliebe dieselben bei dem Postbüreau, durch welches sie bezogen werden sollen, zu bestellen;" die „Sorauer Zig." entdecken, daß „Huß an seinem Todestage hinge richtet wurde;" der „Tyroler Bote" er zählte, daß ein Hirtenbrief als eigentlichen Gegenstand des ersten Hirtenwerkes die wechselseitigen Pflichten zwischen dem Bi schof und feinen Gläubigern behandelt; die „Leipz. Nachr." melden: „Als Prinz Napoleon nach der Todtenmesse sür seinen Neffen die Kirche verließ, entblößte sich ein Theil der Umstehenden;" die „Vossische Ztg." theilt mit: „Don Carlos ist eine stattliche Erscheinung, besonders zu Pferde, dessen Aussehen, seitdem er einen Bart trägt, sehr zu seinem Vortheil verändert ;" das größte süddeutsche Blatt berichtet: „Jzzet Bey hat in der letzten Schlacht das Unglück gehabt, daß ihm sein Reitknecht und sein Pserd unter dem Leibe erschossen wurden" ;c. zc. In drr Angst seines Herzens. Dem Herrn Pastor Krast an der Zions kirche zu Berlin war das Unglück passirt, daß er die Lebensverhältnisse zweier Braut paare, die er eines schönen Sonntags Nachmittags mit einander trauen sollte, verwechselte, so daß er der einen Braut über einen früher begangenen Fehltritt Vorwürfe machte, die von Rechtswegen der anderen zugekommen wären. Natürlich hatten sich die Zeitungen mit unverhohlener Schadenfreude und Skan dalsucht über den Herrn Pastor hergemacht und sein Mißgeschick in alle Welt hinaus posaunt. Fern von der Residenz, in dem kleinen Städtchen 1., lebt ein braver Seelsorger, Namens Lammfried. Es konnte nicht feh len, daß auch ihm auf der Straße ein Zei tungsblatt in die Hand gedrückt wurde, in welchem der Fall Kraft so reckt behaglich breit getreten war. Wie ihm dabei zu Muthe wa»d, kann man sich leicht denken, zumal er selbst hin und wieder an einer garstigen Zerstreutheit litt. Wehe, wenn ihm selbst etwas Aehnliches zustieße! Es wäre entsetzlich! Ganz X. würde mit Fin-