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jedesmaligem Gebrauch,
eine frische Serviette
att Servilsten von chine
a Papier. Puderqua
ud Wattenbäuschchcn anzuwenden.
Kranke oder Verdächtige ist geson
eS Rasirzcng nöthig, das nach je
iialigem Gebrauch durch Auskochen
isizirt wird. Die Barbiere oder
Gehülfen müßten in der Erkennung
häufigsten ansteckenden Krankheits
.meii obligatorisch unterwiesen wer
'n. Wie die Saiiitätscommission des
Polizeipräsidiums aus Anlaß der Cho-
das Betasten der Backwaa
cn in den Bäckereien verboten habe, so
nüsse auch hier die Gesundheitsbehörde
eingreifen nnd durch periodisch wieder
holte Revisionen sich von der Durch
führung der Vorsichtsmaßregeln über
zeugen.
Der Gipfel der Höflich
keit. Neulich gegen Abend trat in
Berlin ein zimlich gut gekleideter Mann
vor eins der Schaufenster der Juwelier-
Firma Friedeberg, Unter den Linden
42, erhob seine mit einem Stein be
währte rechte Hand und zertrüm
merte die Spiegelscheibe der Auslage.
Sodann ging der Frevler in den Laden
und stellte sich dort dem ihm entgegen
tretenden Geschäftsführer in aller See
lenruhe mit den Worten vor: „Mein
Name ist Ruschke; ich habe soeben die
Schaufensterscheibe zertrümmert, um ein
Unterkommen zu erlangen." Angenehm
berührt von dieser Wahrung urbaner
Umgangsform, entgegnete darauf der
Geschäftsführer nicht minder höflich:
„Bitte, nehmen Sie Platz, ich werde so
gleich das Nothwendige veranlassen."
Der fremde Mann folgte dankend dieser
Einladung, er setzte sich auf den ihm
gebotenen Stuhl und wartete geduldig
so lange, bis der sofort hinzugeholte
Schutzmann erschien, um ihn nach der
nächstgelegenen Polizeiwache abzuführen.
Mit solcher Gemüthlichkeit dürfte eine
an sich unangenehme Angelegenheit wohl
schwerlich schon abgewickelt worden
sein.
Der satyrische Theater-
Intendant Nareschkin in Peters
burg war in de» vierziger Jahre» der
erklärte Liebling des russischen Kaisers.
Abertrotz der Großmuth seines Mäcens
befand er sich fortwährend in Geldver
legenheiten. Einst hatte Nareschkin eine
Sammlung seiner Bonmots herausge
geben und das Heft seinem Gönner ge
widmet. Der Kaiser ließ hierauf ein
Buch herstellen, dessen Blätter aus 1000
Rubelnoten bestanden und ließ dieses
Buch Nareschkin überreichen. „Nun,
wie gefällt Dir mein Werk?" fragte der
Czar am andern Tage bei der Tafel fei
nen Günstling, als von dessen Witz
sammlung die Rede war. „Es inters
sirt mich so ungemein," war die Ant
wort, „daß ich den folgenden Theil nicht
erwarten kann." Der Kaiser lächelte und
am folgenden Tage erhielt der In
tendant abermals ein so kostbares Buch,
auf dessen Rücktitel die inhaltsschweren
Worte standen: „Zweiter und letzter
Band."
Criminalschutzleute in
einem Auditorium der Universität bilden
gewiß eine seltene Erscheinung, welche
aber den Berliner Studenten soeben ge
boten wurde. Es handelte sich darum,
einen „vielbegehrten" Paletotmarder
ausfindig zu machen, welcher in den
Räumen der Hochschule sein Unwesen
trieb. E» gelang den Schutzleuten
auch, den Dieb in einem früheren Ju
risten dingfest zu machen, welcher sehr
eifrig die Vorlesungen besuchte und sich
nach Schluß derselben bemühte, als Er
ster de» Korridor zu erreichen, in wel
chem die Ueberzieher der Studirenden
hängen. Er pflegte den ersten besten
Paletot zu ergreifen und mit diesem
das Weite zu suchen, um ihn in die
Pfandleihe-Anstalt zu bringen. Meh
rere Pfandscheine wurden bei ihm noch
vorgefunden, auch hat er bisher zehn
Diebstähle eingeräumt. Wenn man
aber erwartet harte, daß nach der „Si
cherstellung" dieses hoffnungsvollen
Jünglings die Ueberzieher der Studen
ten nicht mehr verschwinden würden, so
hatte man sich getäuscht; denn bereits
am nächsten Tage sind trotz größter
Wachsamkeit der Aufsichtsbeamten zwei
weitere Diebstähle vorgekommen, so daß
deren Zahl in diesem Semester bereits
23 beträgt, welche Höhe sie sonst um
diese Zeit noch nie erreicht hatte.
Ein eigenthümlicher Fall
ist dem General-Postmeister zur Ent
scheidung unterbreitet worden. Ein
VersandthauS in Benthe», Oberschle
sien, war auf die Idee gekommen, bei'm
Versenden von Angeboten seiner Waare
weiße Tinte auf schwarzem Papier zu
benutzen. Die Post nahm auch ohne
Weiteres die weißbeschriebenen Briese
an, und es wurden 1000 solcher Eou
verte befördert. Als unser Gewährs
mann aber die ersten Briefe des zweiten
Tausend zur Post gab, beanstandete die
Post die Briefe. Auf eine Beschwerde
des Geschäftsmannes hin erklärte die
Beuthiner Postdirektion, daßßriefe, mit
weißer Tinte beschrieben, von der Post
nicht befördert werden könnten, weil sie
besonders bei Lampenlicht schwer leser
lich seien. Eine Beschwerde bei der
Oberpostdirektion in Oppeln hatte eben
falls keinen Erfolg. Der Inhaber deS
Versandthauses hat sich nun an den Ge
neralpostmeister gewandt, und man
darf gespannt sein, ob auch Herr von
Stephan der Meinung ist, weiße Tinte
sei unzulässig. Die betreffenden Eou
verte sollen, wie die „Oberschl. Grenz-
Zcitiing" mittheilt, auch bei Lampen
licht sehr deutlich zu lesen seien. Von
1000 durch die Post beförderten Cou
verten sind nur zwei als unbestellbar zu
rückgekommen, weil die Absender ver
zogen waren. Auch auf diesen beiden
zurückgekommenen Couverten, die beide
eine weite Reise gemacht, ist die Schrift
noch sehr klar und deutlich. Einzelne
Briefe, deren dunkle Couverte die Adres
se in weißer Tinte trugen, wurden nicht
zurückgewiesen, sondern befördert, nur
gegen die Massenaufgabe von solchen
Briefen verhält sich die Post ableh
nend.
Der Mi n i ste rp räsi d e n t
und Minister des Innern, Graf zu Eu
lenburg, hat in Folge Antrages des
Central-AuSschusses zur Förderung der
Jugend- und Volksspiele in Deutsch
land im Hinblick auf die vorliegenden
gemeinnützigen Zwecke genehmigt, daß
die von dem Ausschuß in, Anfang die
ses Jahres eingeleitete statistische Auf
nahme über den gegenwärtigen Stand
der Spiele in den schulen, wie unter
den Erwachsenen in Städten von 5000
und mehr Einwohner» durch einen von
dem Direktor des königlich preußischen
statistischen Büreaus zu bestinmenden
höheren Beamten dieser Behörde bear
beitet werden kann. Die Bearbeitung,
welche den erfreulichen Fortgang dieser
Bewegung darthun wird, ist dem Dr.
von WoikowSki-Bindar übertragen wor
den. DaS bis zum 15. Oktober erbete
ne Material ist indeß von einer größeren
Anzahl von Gemeinden bislang noch
nicht eingeschickt worden. Der Vorsit
zende des CentralausfchusseS v. Schenk
kcndorss und das Mitglied dieser Ver
einigung Geheimer Regierungsrath
Blenck, Direktor des statistischen Bü
reaus, haben daher gegenwärtig die
noch rückständigen Gemeinden zn bald
lhunlichstcr Einsendung dieser Statistik
aufgefordert, und eS erscheint im Inte
resse der Erreichung eines zutreffenden
Gcsamintbildes dringend erwünscht, daß
diesem Ersuchen Folge gegeben werde.
Der Centralausschuß wird seine nächste
Versammlung am 21. und 22. Jannar
im Hotel zu den „vier Jahreszeiten" in
Berlin abhalten. Das an diesen Tagen
zur Verhandlung kommende Material
ist ein sehr reichhaltiges und wird nebst
den Ergcbniyeii der gedachten Statistik
und der Beschreibung mehrerer Muster«
Einrichtungen in dem im Frühjahr
nächsten Jahres erscheinenden Jahrbuch
des Centralausschusses sür 1893 veröf.
feiltlicht werden.
Hederich als Giftpflan
ze.— Inspektor Diez auf dem Hospi
talgut Blankenhain theilt in der „Thür,
land. Zeitung" nachstehende Erfahrung
mit: „Ich habe einen Acker schön stehen
der Lmsen, die aber nicht unbedeutend
mit Hederich durchwachsen sind, und
ich wollte zur Vertilgung desselben das
Stück grün abfüttern. Mittag« wurde
das erste Futter davon gereicht, das von
sämmtlichen Thieren ohne Widerwillen
aufgenommen wurde. Gegen Nachmit
tag bereits stellte sich bei den Thieren
starker Durchfall ein, dieselben wurden
sehr matt, Augen waren trübe, Wieder
kauen aufgehoben. Das gereichte Abend
futter wurde nicht aufgenommen, die
Milch war so stark versiegt, daß am
Abend gegen sonst nur die Hälfte erzielt
wurde. Ich nahm Vergiftungserschei
nnngen an und reichte Gegenmittel.
Gegen Mitternacht fingen die Thiere
an, wiederzukäuen, und nachdem ich am
andern Morgen Futterwechsel eintreten
ließ, wurde das Futter wieder aufge
nommen, und bald war Alles wieder
normal. Ich schreibe diese Erschein»«,
gen dem vielen und bereits abgeblühten
Hederich zu und möchte diese Angabe
als warnendes Beispiel bei Verabrei
chung von stark mit Hederich durchwach
senem Grünfutter dienen lassen."
„Im g r o ß e n G a r t e ii von
Dresde n standen früher zwei Her
kulesse in voller männlicher Schönheit,
nackt dargestellt, ohne Feigenblatt. Als
ich kürzlichDresden wieder besuchte, ent
deckte ich zu meiner allergrößten Ueber
raschuiig, daß ein paar Feigenblätter
angebracht waren. Ueber ein Jahr
hundert haben die Figuren ohne Feigen
blatt dagestanden, jetzt auf einmal kann
es die sächsische Regierung nicht mehr
mit ihrem Sitllichkeits- und Schamge
fühl vereinigen, diese Figuren nackt da
stehen zn lassen." Ein Passus aus ei
ner Reichstagsrede des Abgeordneten
Bebel. Solch' „SittlichkeUsgesühl"
entwickelt sich jetzt überall, bei'm Volke
d'rüben, wie hier, je verderbter die
Menschheit, desto „sittlicher" werden sie;
Das haben schon Adam und Eva nach
dem Sündenfalle bewiesen früher
trugen sie auch kein Feigenblatt. Und
da fallt uns eine Scene aus unserer
Jünglingszeit ein. Es war im Mu
seum. Vor einem Bilde „Adam und
Eva" (vor dem Sündenfall) standen
zwei Kinder ein sechsjähriger Knabe,
ein etwa achtjähriges Mädchen. „Wer
von den Beiden ist die Eva?" fragt der
Junge. „Wie können wir denn Das
wissen, Pcpperl, sie haben ja keine Klei
der an!"
A dam Riese - Fei e r.—Man
schreibt der „Franks. Ztg." ans Coburg:
„..Daß „nach Adam Riese" 2 Mal 2
gleich 4 ist, weiß hent' zu Tage jedes
ätind; aber Wenige haben daran gedacht,
daß in diese»! Jahre der Mann, dessen
Name sprüchwöetlich sorllebt,seinen 400-
jährigen Geburtstag seiert. Merkwür
diger Weise ist sogar in den Lchrcrkrci
sen, die doch ihren Comeiiins gebührend
geehrt haben, diese Thalsache sast unbe
achtet vorübergegangen. Es scheint nur
der hiesige Lehrer-Verci» den alten Re
chenmeister ciner Festfcier gewürdigt zu
haben, die in dem schönen !>estsaalc der
neuen Knabenschnle dieser statlge
suiiden hat. Adam Riese ist in dem be
nachbarten bayerischen Städtchen Staf
felstein geboren ; als fahrender Schüler
verließ er seine Vaterstadt nnd ließ sich,
nachdem er u. a. zwei Jahre in Erfurt
gewesen, später in Annaberg nieder.
Hier lehrte er in einer Privatschule flei
ßig die sog. Positioiis-Arithmetik, löste
für Stadt und Land rechnerische Proble
me und schrieb zur Förderung seiner Rc
chenmethade sechs Rechenbücher. Reich
an Ruhm und Ehren ist er iu Annaberg
1859 gestorben. Die dankbare Stadt
hat eine Straße nach ihm benamt und
ihm auch ein Denkmal errichtet. Auf
Einladung des Lehrer - Vereins waren
zur Feier Vertreter der Baterstadt Rie
se's, sowie der Staatsregicrung, der
städtischen Behörden ?c. erschienen.
Nach der Festrede eines Coburger Leh
rers der Volksschule berichtete der Bür
germeister von Staffclstein über die Be
ziehungen des gelehrten Mannes zn sei
ner Vaterstadt. Hierüber Etwas zu er
mitteln, hat außerordentliche Mühe be
reitet, weil das Rathhans der Stadt
Staffclstein mit allen Akten im Jahre
1638 abgebrannt ist. Desha b kennt
man auch den Geburtstag des vielge
nannten Meisters nicht.""
Eine edle Seele. Kathi, die
Milchsran, hat einen kränklichen Mann,
und da sie der Baronin immer vorklagt,
wie viel Das kostet, giebt diese ihr täg
lich '2O Pseniiig, damit ihr Manu et
was besser leben könne. DaS geht so
über ein Jahr fort—da erfährt die Ba
ronin zufällig, daß der Mann schon über
ein Halbjahr todt fei. Entrüstet darü
ber, fragt sie die Frau Kathi, warum sie
ihr denn Nichts von dem Tode ihres
ManneS gesagt habe. „Ach, gnädige
Frau," antwortete die Wittwe, „weil
ich Jhna halt gern die traurige Nach
richt ersparen wollt'!"
Wie oft h 5 rtmaii das Ur
theil: „Diese Musik klingt durchweg
abscheulich, der Verfasser muß doch kein
Talent besitzen!" Diesem crxo liegt ein
Trugschluß zu Grunde. Im Gebiet
der Conipositio» giebt es eine Kunst der
raffinirten Häßlichkeit, zu deren Aus
übung ein hoheS Maß der Befähigung
erforderlich ist. Unbedeutende Autoren
fabriziren unbedeutende Werke von
flachem Wohlklang. Musikstücke aber,
in denen der penetrante Mißklang
souverän regiert, rühren fast immer von
intelligenten und hochgebildeten Ton
künstlern her, denen alle Hintertreppen
zur Kehrseite der Musik bekannt sind.
—lm Conzert pflegen eS die
Künstler mit dem Hervorruf nicht so ge
nau zu nehmen, wie im Theater. Wir
haben eS erlebt, daß ein Pianist bei'm
Vortrag einer einzigen Bach'fchen Fuge
ungerufen zwölf Mal „heraus kam."
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