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ihr junges Volk Euch alle merken, oft thöricht und launisch sind. Nun mnß ich Euch zwar gestehen, daß ich damals, als der Onkel fortging, mein Unrecht gar nicht einmal einsah, sondern sogar glaubte, ganz im Recht zu sein, und da her schmollend meine Predigt wieder aufnahm. Aber meine Gedanken waren nicht bei der Sache, nia)t auf die Predigt, son dern aus den rechthaberischen jungen Mann gerichtet, den bei nächster Ge legenheit tüchtig abzukanzeln ich mir vornahm. Plötzlich hörte ich eine Thür aus der Richtung der Wirthschastsräume klap pen. Da eS kaum 6 Uhr war, konnte es nicht der Knecht sein, von dem mir Onkel John gesagt hatte, daß er um -? Uhr kommen würde, um eine kranke Kuh zu versorgen. Für alle Fälle wollte ich nachsehen und ging daher auf den mit Decken belegten Gängen nach der Küche. Unter dieser müßt ihr Euch nicht eine der modernen kleinen Küchen vorstellen, wie man sie heute hier und auf andern Landsitzen hat, sondern eine große Halle in der zwar gekocht, abcrauch zn gleicher Zeit von Herrschaft und Gesinde ge speist wurde. Auf dem großen Kredcnz tische gegenüber dem Kamin standen eine Menge alter silberner Schau- und Prunkstücke, darunter eine große silber ne Terrine. In diese hatte Onkel John, wie ich mich erinnerte, am Tage vorher einen Beutel mit Geld gelegt, und ich hob den Deckel aus, um nachzusehen, ob er noch da wäre. War vielleicht durch daS vermeintliche Thürgehen mein Wille beeinflußt oder war es etwaS An deres ? Genug, ich nahm den Beutel heraus, um ihn zu verwahren. Da ich aber in meinem leichten Mullkleide keine Tasche hatte, so mußte ich ihn in der Hand behalten, während ich nach Onkels Suppe über dem Kaminsener nach sah. Gerade in diesem Augenblick hörte ich im Korridor Schritte und leise fremde Männerstimmen. Eine entfetzliche Angst bemächtigte sich meiner ; ohne mir recht bewußt zu wer den, was ich und warum ich es that, warf ich den Geldbeutel in den Sup pentops und suchte rathlos nach einem passenden Versteck, als zum Glück meine Augen auf die Wanduhr sielen, die ne ben der Thüre stand. Ich hatte gerade Zeit, hineinzuspringen uud die Thüre hinter mir zu schließen, als zwei Män ner mit geschwärzten Gesichtern ein traten. Ich war damals, wie ich Euch erzählte, 18 Jahre alt. also noch nicht so gebeugt u. abgemagert wie heute, da war das Uhrgehäuse gerade brett genug, mich aufzunehmen, u. MeinKopf befand sich gerade an der Stelle des Uhrglases so daß ich zwar AlleS sehen konnte, was im Zimmer vorging, aber auch ge sehen werden mußte, sobald einer der beiden Verbrecher, denn daß es solche waren wurde mir nur zu bald klar, nach der Uhr hinsah, er mußte dann statt der Zissern mein Gesicht sehen. Ich zitterte wie Espenlaub und hatte, wie ihr Euch denken könnt, eine grenzenlose Angst, aber glücklicherweise doch so viel Besin nung, daß ich mich wenigstens mäuschen still verhielt, ja, kaum zu athmen wagte. Es sind über dreißig Jahre seit jenem Sonntag vergangen, ich habe viel Leid seitdem dnrchgemacht nndTansende und Abertausende von fremdenGesicht-'rn ge sehen, aber die rohen und gemeinen Physiognomie' dieser bcidcnVcrbrccher werde ich nie vergessen, so deutlich haben sie sich meinem geistigen Auge eingeprägt mir, die ich in ihrem Treiben aus mei nem engen Gefängniß eine kleine halbe Stunde zuschauen mußte, die mir ein Leben lang zu sein schien. Die Beiden gingen zuerst auf die sil berncTerrine zu uud fluchten entfetzlich, als sie dort das Geld nicht fanden, das nnn in Onkels Suppe gekocht wurde. Der Größere sagte schimpfend und fluchend dem Kleineren, daß er gestern Abend genau durch das Fenster gesehen habe, wie der alte Sguire das Geld in die Terrine gelegt habe, es könne nur von der Haushälterin oder dem jungen Fräulein, die ja heute glücklicherweise ihrem Liebsten den Lauspaß gegeben habe, herausgenommen nnd verwahrt sein, aber wo? Der Kleinere, der mir noch roher und gemeiner, als der Andere vorkam, sagte diesem ziemlich erregt, er möge nun endlich seinen Mund halten und mit dem Schreien über eine Sache, die nicht zu ändern wäre, aufhöre, sonst würde sein Geschrei ebenso, wie es vorhin sein Fallenlassen der Thür hätte thun können, das Fräulein herbeifüh ren, von dem sie ja nicht wüßten, wo es sich befände. Solche jungen Dinger machen bei'm Abmurksen, und das müß ten sie, ihrer eigenen Sicherheit wegen vermeiden, mehr Lärm, als so ein dummer Hund, den man mit Fleisch kötern könne, besonders wenn er Einen schon kenne. Unwillkürlich schauderte ich zusam men und verursachte dadurch ein kleines Geräusch, das mich noch mehr erbeben machte, aber, Gott sei Dank, von den Beiden nicht gehört wurde, die voll mit dem Einpacken des Silberzeuges in ei nen Sack beschäftigt waren. Endlich waren sie damit fertig uud wandten sich dem Kamin zu. Der kleinere Räuber sah den Kessel mit der Suppe und sagte: „Nun, die könnten wir noch eigentlich essen; der Alte kann ja erst in einer Stunde kommen, und jetzt ist es?" und dabei sah er nach der Uhr und damit mein Gesicht. „Verflucht!" rief er. aus mich zeigend, „da ist der Fratz und hat Alles gesehen." Ohne Weiteres zu sprechen, stürzten Beide auf mich zu, die ihr letztes Stünd lein gekommen sah. Krampshaft hielt ich an dem kleinen Schlößchen die Thüre der Uhr zu und schrie und schrie, waö ich konnte. Aber meine schwachen Kräfte konn ten den Wütherichen nicht widerstehen, ich mußte die Thüre loslassen, fühlte mich am Arme gepackt, herausgerissen, als ich glaubte, fremde Stimmen zu hören und eine wohlthätige Ohnmacht mich meiner Besinnung beraubte."" Tante Clarissa hatte den letzten Theil der Erzählung mit vermehrter Schnellig keit nnd lebhaftem Feuer erzählt; die zarten bleichen Wangen wurden voller und spielten hinüber in's Roth der Ju gend, so daß in den Zuhörern eine Ahnung ihrer früheren Schönheit auf dämmern mußte; sie machte eine kleine Pause und fuhr dann wie geistesabwe send fort: „J'a, Gottes gnädigster Schutz hatte sichtbar über mir gewaltet. Onkel Geossrey war im Park spazieren ge gangen und hatte in der Nähe des Hau ses Sultan mit durchschnittener Kehle gesunden und war nuu, Böses ahnend, schnell dem Hause zugeeilt, als er mein Geschrei hörte. Er und der hinzuge kommene Knecht nahmen den einen Räu ber gesangen, während der andere ent floh, der erst einige Jahre später einge sangen und gleichsalls zur Deportation verurtheilt werden konnte. Mich fanden sie bewußtlos am Bo den liegen, ich wurde in den Lehnstuhl der Haushälterin gesetzt. Zn der Küche sah man die Spnren des Kampses die herausgerissene Uhrenthür, daS umhcr gestrcute, theilweise verbogene Silber zeug, den umgestürzten Suppentopf und vor ihm, dicht an den Kohlen, Ou kel John's Geldbeutel. Als ich wieder zu mir kam. fand ich Onkel Grössten neben mir sitzend, mir die Hände streichelnd und mich beruhi gend Ja, licbeKinder.'ich weiß nnr, daß ich an Onkel Gcossrcy's Brnst lag und mich glücklich ausweinte. Wir hatten uns, ohne es zu wissen und ohne Sprechen sür'S Leben gesunden, ans der unglücklichsten wurde die glücklichste Stunde meines Lebens, denn sie gab mir die Liebe meines Mannes. Doch nun, Kinder, gute Nacht, laßt mich allein mit meiner Freude und auch mit meiner Freude uud auch mit meinem Schmerz." Damit erhob sich Tante Clarissa, hüllte sich in ihren seinen indischen Shawl, küßte den Großvater und ging auf ihr Zimmer. Der Großvater erzählte znr Vervoll ständigung der Erzählung noch, daß die Ehe Tanten's mit Onkel Geossrey eine sehr glückliche, aber nur zu kurze, kin derlose gewesen sei, da der Onkel bald nach seiner Vcrheirathung vor Sebasto pol gefallen sei. Onkel John habe da mals das ihm dnrch Tante Clarissa ge rettete Geld der Tante geschenkt mit dem Wunsche, daß sich diese dafür den Braut schleier kaufe. Das habe sie auch ge than und ihn heute, wie bei allen hohen Festen als Shawl getragen und für ihren Tod bestimmt, daß er ihr in's Grab gelegt werde. Aufforderung an die deutschen Land schaftsgärtnrr zur Beschickung der Weltausstellung in Chicago im Jahre IKA!. Folgendes schreibt man in deutschen Blättern: „Alleror ten regen sich Wissenschaft, Kunst, Ge werbe und Handel zur Beschickung der Weltausstellung in Chicago, nin in friedlichem Wettbewerb neben anderen Nationen deutschen Fleiß und Fort schritt zu zeigen; auch der Gartenbau wird sich daran betheiligen, schon jetzt sind zahlreiche Anmeldungen aus den verschiedenen handelsgärtnerischen Krei sen dazu ergangen, und ist zu erwarten, daß diesen noch weitere folgen werden. Nur Seitens der Landschaslsgärtner ist bisher eine sehr geringe Betheiligung angemeldet und eine auffallende Reserve beobachtet worden. Soll aber die Gar tenkunst ein Gesammtbild ihrer Leistun gen geben, kommt es auf eiue möglichst allseitige Beschickung an. Im Interesse der deutschen Garten kunst kann es nur erwünscht sein, daß auch sie sich in größerer Weise betheiligt, um zu zeigen, welch' hohe Stufe der Entwickelung gerade sie gewonnen hat. Wir sind überzeugt, daß bei einer Ge legenheit, wie die Ausstellung in Chica go es ist, wo Nationen von überall zu sammenströmen, ein solches Bild nur vortheilhaft fein kann und die deutsche Gartenkunst eine allgemeine Anerken nung erringen wird. Um dieses Ziel aber erreiche zu kön nen, richten wir an alle Landschasts gärtner Deutschland's die dringende Bitte, aus ihrem Material für die Aus stellung einige Blätter auszulesen und sie nach dort zu schicken. Wir richten diese Bitte nicht blos an ! die Mitglieder des Vereins deutscher Gartcnkünstler, sondern anch an alle außerhalb dcS Vereins stcticndc Land schaftSgäriner. sich mit uns zu einer würdigen Beschickung der Ausstellung zu vereinen. Um die kosten, welche sür Platzmicthe zu entrichten sind (5 25 Nkk., 5, bis IN qm s(> Mk., über 1 <i>u I>l> M.). den Ausstellern zu erleichtern, sind wir bereit, eine Collektiv - Ausstellung zu machen, wodurch die Kosten sür den Einzelnen je nach Anzahl der Bewerber sich erheblich vermindern. Wir empschlen, die Pläne gebunden in Mappen oder unter Glas einge rahmt zn liefern, weil sie sich so amße sten erhallen lassen und dem bevorste henden Zwecke entsprechen. Tie Um rahmung kann auch in Chicago ersol gen. Es wird dem Aussteller dadurch billiger, das; die Transportkosten sich in diesem Falle nicht so hoch stellen, als wenn die Bilder eingerahmt verschickt werden. Für größere Pläne genügt schon ein einfacher Plüschrahmen. Klei nere Pläne könnten auch mit Reisnä geln neben einander an der Wand be festigt und mit einer Glasscheibe ge meinschaftlich bedeckt werden. 'Die Glasscheibe wird dann durch einen leich ten Rahmen umschlossen. Ans diese Weise werden die Kosten aus das Ge ringste ermäßigt. Anmeldungen zu eiuer Collektiv - Ausstellung bitten wir an den Land schaftsgärtner Herrn A. Brodersen, Berlin, Lützowstraße sonst an den Vorsitzenden des Comite's sür die Gar tenbau-Ausstellung sür Chicago Herrn van der Smissen in Berlin-Steglitz zu richten. Verein dent. Gartenkünstl." Ter lustige Assessor. Sein Haar ist für die Katze, Das einstens voll und blond, Jetzt kränzt ein Rest die Glatze, Vollglänzend wie der Mond. Einst floß von Kinn und Wangen Dem flotten Res'rentar Des Bartes Zier ; vergangen Ist sie und grau das Haar. Einst, doch wie viel entschwebet Aus langer Lebensfahrt! Der Herr Assessor lebet Heut' froh der Gegenwart. Er tänzelt aus und nieder Und trällert —kaum begreift Er selbst es—Bnrschcnlicdcr, Und jetzt, bei'm Zeus ! er pfeift. Der Wirthin geht's nicht besser, Sie steht starr wie ein Stein : „Dem guten Herrn Assesser, Was mag ihm heut' nur sein?" Ach, liebe Frau, verständen Sie nur Politika, Des Räthsels Lösung fänden Sie im Landtagsetat. Ein Pöstchen ist vertreten Darin, vollhaltig, stark: Für Assessoren-Diäten Einhunderttauscud Mark. D'rum tänzelt durch das Zimmer Der Herr Assessor heut' Sanct Justinian schützt immer, Gottlob, doch seine Leut'. (Ulk.) Aus de in Gerichts s a a l. Präsident (das Urtheil begründend) : „Auf die Erklärung des Angeklagten, er sei angetrunken gewesen, konnte keine Rücksicht genommen werden, da derselbe nicht so betrnnkcil war, wie das Gesetz es vorschreibt 3