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4 Zeder schnell seine Habseligkeiten zusam men und stürzte dem Horelausgange Zu. > Mit seinen sechs Hausknechten, jeder ein abgebrochenes Stuhlbein in der Hand stand aber hier der Wirth „Zur golde nen Auster" und donnerte ihnen ein „Halt!" entgegen. „Erst zahlen !" ries er barsch und überreichte Jedem eine Rechnung für seinen Aufenthalt von fünf Tagen mit 54 Dollars 42 Cents. Mit blutendem Herzen und thränen dem Auge leerte Jeder seine Taschen, n. mit einem Fluche aus den Lippen ver ließ er die „Goldene Auster." Als der letzte Gast das Hotel verlassen hatte, hielt sich John Philips den Bauch und lachte, daß ihm der linke Hosen träger platzte, dann sing er an zu zäh len. „Hurrah !" schrie er der eintretenden Mary entgegen, faßte sie um die Taille und tanzte mit ihr im Zimmer herum. „Das hast Du brav gemacht, Mary," fagte er freudig und drückte sie an sich. „Achttausenddreihundertvicrundneuiizig Dollars und sechsundzwanzig Cents ha ben wir mit diesem Spaß verdient. Jetzt verlause ich diesen alten Kasten wieder, und wir ziehen dann zurück in die Grccnwich-Strcet." Aus Dankbarkeit hat er aber später auch die Mary geheirathet. H vos plaees ! Da steht nun die häßliche welsche Ueberschrist uno ich kann mir nicht helfen sie muß stehen bleiben! Wollte ich hinschreiben: „Auf'n Platz!" so setzte der Leser wohl inGedanken fort: „Zwei, drei!" und damit wäre es um die ernste Sammlung, die ich für meine Sommer geschichle in Anspruch nehmen muß, ge schehen. Hundstage, und zwar richtige. Dazu 2 Uhr Nachmittags. Der wohlbeleibte Schaffner des Pserdebahnwaggons, der gerade von der Molikcbrücke nach dem Königsplatze rollte, wischle mit auto matenhasler Langsamkeit zum zweihun densten Male die dicken Tropfen aus dem glühend rolhen Gesicht und schaute fast verständnißlos aus, als der eben ausgesprungene Herr ihm einen kleinen Nickel in die Haud zurückschob. Dann kam die Erkenntniß der LazezumTurch brnch, und seine rechte Hand wollte den üblichen Weg zum Mützenrande be schreiben, kam aber kaum biszurSchul terhöhe. Der Spender des Nickels, ein blondbeschnurrbartetcr Asfcssor von der Art, wie sie als Mustcrhelden sür den Romanschreiber wokl bekannt sind, hielt den Hut in der Hand und fächelte sich Kühlung zu; mit theilnahmlofeu Blicken schaute er, als nun der Waggon am Gencralstabe die Wendung nach links machte, in der Richtung der Siegesallee geradeaus da ein Ruck der Hut flog auf den Kopf und im nächsten Augenblick hüpste der Assessor neben dem Pferdebahngelcisc aus den neugelegten Asphalt. Ein kurzer Kampf, dann schritt cr vorwärts der Siegesallee zu. Ja, kein Zweisel; das helle Kleid, das cr in den grünen Gebüschen eben ver schwinden sah, war ihm bekannt. Ge stern hatte die Frau seines Präsidenten dieselbe Robe getragen, als er sie zufäl lig im Thiergarten traf. Sie faß mit Lektüre auf einer abseits gclegenenßonk. Ob sie heute denselben Platz wieder auf suchen würde ? Ob er ihr folgen sollte ? Er plauderte gern mit der immer noch jugendlichen, üppigen Gattin seines Chefs, deren Loos an der Seite des al ternden Gemahls ihm stets ein wenig bcmitleidenswerth erschienen war. Und sie hatte ihn bei jeder Gelegenheit aus gezeichnet. Daß sie gestern bei dem zu fälligen Zusammentreffen an der einsa men Stelle etwaö von ihrer gewohnten Sicherheit verloren halte, konnte zu denken geben aber Unsinn! Er war ja verlobt, war seiner kleinen Else von Herzen zugethan; was sollte da die Jagd nach allerlei Phantomen? Eigentlich war es sogar Unrecht gegen seine Braut, wenn cr sich aus derlei Abenteuer einließ aber er wollte ja gar nichts Bö ses nur sehen, ob es wirklich seine Präsidentin war. Zeit hatte cr noch, denn die Besorgung unter den Linden konnte er ausschieden und seine Else wollte er erst um Uhr in der Kunst- Ausstellung treffen. Er folgte dem lichtblauen Kleide mit so raschen Schritten, als es bei der Hundstagshitze thunlich erschien, ohne den frischgestärktenKragcn gänzlich aus's Spiel zu setzen. Während dessen war vom Reichstage gebäude her ein Sommerwagcii der Strecke Spittelmarkt-Moabit heran ge kommen. Auf der vordersten Bank, das Gesicht den übrigen Mitsahrendcn zuge wandt —sie halte diefen Platz mit Ucber lcauug gewählt, um von dem Cigarrcu qualm des stärkeren Geschlechts nicht be lästigt zu werden—, saß eine Dame, an muthig in ihrer Jugendsrische. Luftige Kinderaugen, ein dreistes Näschen und frische Farben. Am Brandenburger Thor war sie ausgestiegen, und als sie nach Erlegung ihres Obolus an den Schaffner mit raschem Blick die Reihen der Gegenübersitzenden musterte, blieb ihr Auge einen Augenblick an dem hage ren. faltigen Juristcugesicht in der zwei ten Reihe haften. War Das nicht der Landgerichts-Präsident—der Tyrann ih res vielgeliebten Egon?— Gewiß, ihr Bräutigam halte sie wiederholt aus ihn ausmerksam gemacht, wenn sie ihm zu fällig begegnet waren. Kein Wunder, daß die kleine Else das saltige Juristcu gesicht mit besonderem Interesse betrach tete. Der Inhaber desselben gewahrte es und fixirte sein Gegenüber nun sei nerseits: tiefstes Errölhen. Nun ließ der alte Herr sie taum noch einen Moment aus den Augen, und schön Elschen's Verwirrung stieg. „Was hat Das zu bedeuten?" fragte sich der Präsident. „Eroberungen bei meinen sechszig Jah ren ? Pah —Unsinn! Aber ergründen möchte ich doch, was dahinter steckt. Ein liebliches Ding, die Kleine." Verlegen schaute Else zu, als gerade der Wagen in die Molikestraße bog. Da kannte sie nicht den Herrn im grauen Anzug mit dem runden braunen Hütchen? Das war ja ihr Egon, den sie, freilich erst in einer halben Stunde aber die Liebe Halle sie früh zeitig auf den Weg getrieben in der Kunstausstellung vor dem Washington- Denkmal treffen wollte. Else zögerte keinen Augenblick. Einen Wink dem Schaffner, und am Krön priiizenufer stieg sie eilends aus. Dabei streifte ihr Blick unwillkürlich noch ein mal den Präsidenten, den sie in dem Augenblick ganz vergessen hatte, und von Neuem ergoß sich eine Blutwelle über ihre Wangen, als sie gewahrte, wie schars er ihr hastiges Thun beobachtete. Und der Präsident erhob sich nun auch und stieg auf der anderen Seite ab. „Aller Narr!" sagte cr zu sich selber „läßt Du Dich noch durch ein kokettes Ding von 18 Jahren bethören? O nein!" — rechtsertigte er sich dann vor sich selber „das ist'S nicht. Nur Neugierde, zu erfahren, was dahinter steckt." Und er folgte mit langsamen Schrit ten auf der anderen Seite der Straße der rasch Dahineilenden. So ziehen gemahnend an Fritz Triddelsitzen's Liebesabenteuer, wie es uns Fritz Reuter in seiner „Stromtid" erzählt hintereinander her: ein Helles Gewand ein blonder Assessor ein schlankes Mädch:n und der Herr Prä sident. Die Dame in Blau biegt kurz vor der Siegesallee rechts ab, noch ein kurzer schmaler Seitenweg, und dann steht sie auf einem kleinen Platz mit mehreren Bänken, alle unbesetzt. Seufzend läßt sie sich nieder und der spitze ihres zusammengelegten Sonnenschirms Figuren in den Sand zu ihren Füßcn. Dcnkt fic an dcn galanten Assessor, dcr ihr gestern an dieser Stelle so eigen thümlich in die Augen geschaut ? Wohl möglich, denn die weltgewandte Dame schrickt sörmlich zusammen,als ein rascher Schritt in dem kurzen Scitengang hör bar wird und plötzlich, wie nur dcr beste cleii-- ex nme liiun, dcr Assessor vor ihr steht. Auch dieser ist betroffen, wenngleich er nur findet, was er erwartete. „Ah, gnädigste Frau—" spielt erden Ueberraschleii. Und sie in deutlicher Verlegenheil: „Ich hatte hier ein Buch liegen lassen und wollte sehen, ob etwa zufällig —" Sie stockt, denn ihre Augen treffen sich voll, und es entsteht eine von den ver hängnißvollen Pausen, die nur allzuviel sagen. Dem Alfessor stockt das Herz blut, denn eine innere Stimme sagt ihm. daß cr vor einem Wendepunkt sei nes Lebens stchl. Noch vor einer Mi nute hat er sich gesagt, daß er die schöne Frau seines Chefs keineswegs liebt, sondern nur seine Else. Und nun mag er doch nicht Kehrt machen und die Ge fahr fliehen, Das wäre „unmännlich." „Gnädige Frau" hebt cr liefanf alhineud an. Da hört er leichte Trippel schrilte neben sich, und zwischen die Bei den prallt Else. „Ach, Egon!" ruft sie erfreut, daß sie ihren Schatz glücklich eingeholt hat, und bleibt gegenüber dem Verfänglichen dcr Lagc völlig arglos. Das giebt den beiden Verblüfften die Besonnenheit wieder, und der Assessor stellt in aller Form vor: „Gnädige Frau, meine Braut, von dcr ich Ihnen schon oft erzählte." Und zu Else: „Zch Halle der Frun Präsidentin ein Buch abzugeben und sah sie vor mir gehen —" Glücklicher Weise trägt Jene ein Buch in der Hand. Alle Weiterungen werden jedoch dadurch abgeschlossen, daß in dem selben Augenblick mit behäbigem Schritt dcr Herr Präsident um die Ecke biegt. NeueS Staunen und neuer Bluterguß in Elsen's Wangen. „Ach, Herr Präsident," sagt der As sessor von Neuem verdutzt, aber rasch gefaßt, „welch' sonderbares Zusammen treffen!" Der Herr Präsident steht zunächst etwas sassungSlos da. dann läßt cr dcn Blick langsam von dem Assessor zu seiner Frau und wieder zum Assessor znrück schweifeu endlich erblickt cr Else. „Meine Braut!" stcllt der Affe^or vor. Um den Mund des Gestrengen, der eine steise Verbeugung machte, zuckte ein leichtes, spöttisches Lächeln, und sei ner schweigend dastehenden Gemahlin den Arm reichend, bemerkte er: „Nun führen uns die Wege wohl wie der nach verschiedenen Richtungen." Noch eine gemessene Verbeugung, von der üppigen Frau gewohnheitsmäßig mitgemacht, und das Präsidentenpaar schreitet in würdigster Haltung von ban nen. „Was war denn Das?" fragte Else mit verwundertem Augenausschlag ihren Bräutigam. Der aber brummle irgend Etwas vor sich hin, aus dem Else nur versteht: „Ich habe Tir ja schon oft erzählt: ein widerwärtiger Kerl, der Präsident." „Ja," flüstert sie errathend, „denke Dir! der Mensch muß mir nachgegan gen sein, er saß in derselben Pserdebahn mit mir. sprang ab, als ich Dich dahin gehen sah —" ..Jnsam," bemerkt der Assessor,schwört sich aber innerlich zu, nie wieder aych nur einen Finger breit vom rechten Wege abzuweichen, noch auch überhaupt sich in Gesahr zu begeben. Else drängt sich, wie Hülse heischend, dicht an ihn, und cr preßt ihren Arm fest an sich. Dann schreiten sie der Kunstausstel lung zu. Noch vor dem ännies" hatte in diesem Carre des Le bens allen Beteiligten zum Heile eine höhere Macht das Commandowort erschallen lassen: " V vos plaees!" Tas deutsche Tors auf der Söelt- Autzstellung. Einen ganz eigenthümlichen Zuwachs gewinnt die Borführung deutscher Wis senschaft in Chicago noch an einem Punkte, wo man sie amWenigsten suchen würde, auf der „Mldway Plaifance," dem großen Bergnügungsfeld, welches mit seinem jahrmarktartigen Wirrsaal an die Ausstellung angeschlossen ist. Dort befindet sich das deutsche Dorf, welches allerdings ein erheblicher Theil der Besucher lediglich aIS eine willkommene Gelegenheit ansehen wird, sein Nürnberger und Münchener Bier unter den Klängen deutscher Militär musik behaglich unter grünen Bäu men trinken zu können. Eine solche Gelegenheit ist bei der Unbequemlichkeit des Lebens in Chicago gewiß nicht zu verachten, aber der (bedanke, welcher der Errichtung dieses Dorfes zu Grunde liegt, geht sehr erheblich über das bloße Biervergnügen hinaus und ist nach der wissenschaftlichen und künstlerischen Seite hin so hübsch durchgeführt, daß diese Anlage lebhafte Theilnahme ge funden har. Schon bei der verunglückten, von ei nein englischen Privatunternehmer ver anstalteten tZci'iiuiii exliidition in Lon don 1891 war man auf den Gedanken gekommen, das deutsche Volksthum, wie es sich in seinen bäuerlichen Bauten und Trachten erhalten hat, zur Darstellung zu bringen, und zwar nicht nur in Zeichnungen und Modellen, sondern durch den Ausbau wirklicher aus Deutschland herübergeschafslerHäuser in voller Ausdehnung. Was dort durch Dr. Ulrich Jahn, den Leiter des Berli ner Museums für Volkstrachten, unter sehr ungünstigen Verhältnissen in klei nem Maßstabe begonnen wurde, ist in Chicago unter derselben Leitung und unter Mitwirkung bedeutender Bankin stitute in weitaus größerem durchge führt. Hier befindet sich eine Anlage,