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6 Fürst Alexander von Bulgarien als Feldherr. Die Ansichten über die Fcldherrnthä tigkeit dcs verstorbenen Grasen von Har tenau im Kriege zwischen Serbien nnd Bulgarien weichen bedeutend von ein ander ab. Während die Einen darin nichls mehr als Glück eines jungen Ka vallerit-OssizierS erkennen, haben die Anderen Mit ihrer Anerkennung nicht gekargt und dcn Bnlgarensührer in die Reihe der Feldherren erhoben. Die bis herigen Urtheile ans beiden Lagern ent behrten jedoch einer hinreichenden Be gründung, sie waren mehr eineEingabe des Gefühls als der Untersuchung. Für eine stichhaitende Untersuchung war bis her lein hinreichendes authentisches Ma terial zugänglich gewcsen, namentlich hatte noch kein Militär von Ansehen seine Meinung über de-! Bulgarensür sten öffentlich ausgesprochen. Dcr be kannte östreichische Oberst Karl Regens purcky ist nun soeben mit einem sehr beachtenSwertheii Werke: „T)ic Kämpfe bei slivnitza am 17., 18. und 19. No vember 1885," Wien, L. W. Seidel, hcrvorgetret' n. NegenspurSki) hat näm lich vom Grasen Hartenau selbst die M otive scilicr Entschlüsse erfahren uud mit ihm eingehend die Zicke besprochen, wei che dem Bulgarensührer vor Angeu schwebten; er hat ferner den Kriegsscha uplatz bereist, und außerdem konnte er die Dokuiiirnie des bulgarischen KriegSiui msteriumS benutzen. Auf dieser breiten und sicheren Iliiterlägegciviui-t f nie An fiel)! über den Fürsten Alexander eine Bedcutuug. die allgemeinen Interesses gewiß sein dürste. Wir widerstehen der Versuchung, ans die politischen, operati ven und taktischen Erscheinungen dieses letzten aus dem europäischen Festland? geführten Krieges einzugehen, die Fach männer seien aber auf sie ernstlich auf merksam gemacht, namentlich diejenigen Kreise, wclchc nicht geneigt sind, dem Natioualgcfühl seinen berechtigten Platz lnlter den verschiedenen Motiven großer militärischer Leistungen einzuräumen.! Dagegen halten wir es für geboten, Ne-! genspursky's Urtheil über A exander von Bulgarien wiederzugeben. Nachdem der blos 28 jährige Fürst Alexander sich an die Spitze der Uiliouö-Beweguug gestellt hatte, brach über ihn und das Land ein Üugemach nach dem anderen herein.! Die Türkei mobilisirte, Rußland drückte seine Mißbilligung über die Unions- Bewegung aus. entzog der bulgarischen Armee fast alle Compagnie-Couiman-j danteil uud strich dcn Fürsten auS der Rangliste des russischen Heeres. Im eigenen Lande regten sich die unzufrie denen Mohainedaner, und im benach barten Maccdonien schien ein Aufstand gegen die Türkei bevorzustehen, welcher die Sache dcr Union bcioer Bulgarien nur noch schwcrercompromittiren mußte. Die Krone beider Bulgarien schien da-! nials ein gar stacheliges Geschenk, und fast übc'.atl in Europa gab man den FürstenAlexander verloren. Man kannte eben zn jener Zeit drei Faktoren noch nicht, die hohen persönlichen Eigen-! schaslen dcs Fürsten, die daraus qucl-! leude Anhänglichkeit seines Volkes und! die KriezSlüch'.igkcit der bulgarischen Ar mee. Nebcu vorzüglichen militärischen Ei genschaften, einer edlen Ritterlichkeit u. Schneldigkeit, besaß Fürst Alexander die ungemein seltene Gabe, schwierige und verwickelte Fragen mit den einfachsten Mitteln zu lösen. Seine klaren, schlich ten Argumente leuchteten Jedermann ein, denn er war stets einfach und na türlich im Ausdrucke und Feind jedes gelehrten Wortschwalles. Einfachheit und Natürlichkeit bildeten überhaupt die Gruudzüge seines Charakters. Dazu kam eine große Selbstlosigkeit, Bedürf nißlosigkeir, physische Ausdauer und eine sehr bereuteude Arbeitsfähigkeit .Ar beitslust. Diesen hervorragenden Ei genschaften des Geistes und Charakters ist es zuzuschreiben, daß Fürst Alexander Schwierigkeiten siegreich überwand, an welchen viele Andere gescheitert wären. Die Ankunft des Fürsten in Philippopel Harle genügt, um den dort drohenden Straßenkampf zu verhindern. Das kluge Entgegenkommen, das er seinen neuen mvhamedanischen Unterthanen bewies, indem er deren religiöse Gebräuche ach tete und ihre Moscheen besuchte, erwarb ihm nach kurzer Zeit deren Vertrauen. Die unruhigen Elemente in Macedonien machte der Fürst dadurch unschädlich, daß er sie als Freiwillige anwerben ließ und später unter Hauptmann Panitza gegen die Serben verwendete. Mit welcher glücklichen Hand der Fürst, nach dem Abgehen der russischen Oisiziere, aus der Menge seiner jungen Offiziere die Fähigsten herausgriff und aus den richtigen Platz stellte, bewiesen die Leistungen dieser Männer in den nachfolgenden ernsten Ereignissen, sowie die Thalsache, daß eine Anzahl dcr da mals ans wichtige Plätze berufenen jun gen Offiziere, z. B. dcr 1885 zum Ge neralstabs - Ehef der Armee ernannte Hauptmann Petrow u. A., noch heute hervorragende Posten bekleiden. Welches hohe Maß von Umsicht und Arbeitskraft die Durchführung des stra-i tegischen Aufmarsches der ostrumelischen und bulgarischen Armee an der türkischen Grenze, die Ausbringung und Herbei schassiliig des Materials. Kriegsbedarfs und der Verpflegung für alle Truppen kann nur ermessen Verden, wenn man sich vor Augen hält, daß die !KricgSereignisse ganz unvorhergesehen hereingebrochen und keinerlei Vorberei tungen getroffen raren, daß alle Stäbe mit jungen, noch uuersahrencn Offizie ren besetzt waren, und der Fürst fast überall selbstthätig eingreifen mußte. Neben diesen militärischen Pflichten lag dem Fürsten noch die Sorge ob um die Eiulichtung der Verwaltung in den neuen Gebieten von Ost-Numelieii nnd die Vcrschung dcr lanfendcn Rcgie ruilgsgeschäste. Trotz aller Anstrengung fand er noch die Zeit zur wiederholten Jnspiziruiig dcr an der ostrumelifchen Grenze versammelten Truppen. Mitte Oktober trat der Fürst Alexander eine Rcisc behuss Besichtigung der im Stru ma-Thale, gegcuübcr Dzuma und Egri- Peilauka, bcsiudlichen bulgarischcnTrup pcu an. In Radomir erhielt er am 19. Oktober die Nachricht, daßitönig Milan sich geweigert habe, Grekoiv, dcn Ucber bringer seines versöhnlichen Schreiben. :n cmpsaiigen. Er erkannte nun, daß Serbien den Krieg suche, und gab noch in Radoniir die Bcschle zur Verstärkung der Truppen dcr Wcst-Division durch etwa 13,000 Mann. Sodann nnter uahin er cinc Recognoszirung längs d:r scrbisch-bulgarischen Grenze uud befahl, nach eingehender Besichtigung dcr Loka litätcu, die Befestigung dcr Grenzpuuktc Tow-Vrapea, Earibrod u. f. w., des Tragoinan-Passcs, der Stellung von S.iviiitza, der Linie des VladajSka Ba chcs westlich Sofia, des Desilecs von Vladaja uud der Stellung am Ihliman- Poß. Die Ende Oktober in Sofia einge langte Note, daß die hohe Pforte eine eventuelle Betretung bulgarischen Ge bietes durch serbische Truppen als eine Verletzung türkischen Territoriums be trachten würde, und die ziemlich gleich zeitige Unterbrechung der schon begonne nen Vorwärtsbewegung der serbischen Armee ließen auch bei Alexander die Hoffnung auskommen, daß die serbische Kriegsgesahr beseitigt sei. Um so sehr schmerzlicher war seine Ueberraschung, als er in der Nacht vom 13. zum 14. November zu Philippopel die Nachricht von dcr erfolgten Kriegserklärung em pfing. DaS fcheinbar Unmögliche, die rechtzeitige Verstärkung der Westgruppe, um die Serben noch westlich von Sofia auszuhalten, war durch die Energie dcs Fürsten und die Hingebung seiner Trnp pen möglich gemacht worden. Nach dem Erlaß dcr dringendsten Befehle für die Einleitung der Rochade von Ost nach West, fuhr Alexander am 15. November von Philippopel nach Sofia. Hierblieb er mit den Offizieren feines Stabes bis znm 16. November Nachmittags. Am Abend dieses Tages erschien er, von sei nen Truppen jubelnd begrüßt, bei Sliv nitza uud nahm mit seinem Gefolge Un terkunft in einer bescheidenen Hütte. Mit sicherem Blick erkannte Fürst Alex ander die Vortheile, weiche ihm die ra scheren Conzentrirungsbewcgungen sei ner Truppen, sowie die Stärke der Stel lung gegenüber dem langsam anrücken den Feinde boten. Deshalb befahl er dem Commandanten der Westdivisiou, Major Gutschein, die Stellung von Slivnitza zu behaupten. Von da an war alle Sorge dcs Fürsten daraus ge richtet, möglichst viele Kräfte bei Sliv nitza zn versammeln. Mit welchem au ßerordentlichen Erfolge dies geschah, ist bekannt. Aber auch die ausreichende Versorgung der allniälig bei Slivnitza eintreffenden Massen unt Kriegsmatc lial, Munition nnd Verpflegung war wesentlich der rastlosen Umfichl und der Energie des Fürsten zu verdanke. Ne benher griff er durch >eine Anordnungen in den Gang des Gesechtcs dort selbst ein, wo Gefahr im Verzug schien, oder wo nur das Einsetzen der eigenen Per son das Ausharren der Truppen beimr len konnte. Am 17. 'und 18. Norem-i bcr war der Fürst vom Morgen bis Abend am Kampsplatze. Setncm direk ten Besehlist dcr Vorstoß dcs rechten Flügels am 17. srüh, die Besitznahme der Meka Erev-Höhe am 13. Nachmit tags, aber auch die Vermeidung jeder Zersplitterung dcr Truppen in dcr oh ncdics sehr ausgedehnten Stellung, die zweckmäßige Verwendung dcr neu an kommenden Rescrv n zu verdanken. Kein Unbefangener kann die Ritterlich keit und Selbstlosigkeit des freiwilligen ! Entschlusses dcs Fürsten, dcr sich in der Nacht vom IL. zum 19. nach Sofia be gab, verkennen, um unter höchst kriti schen Verhä.tnissen im Rücken der Ar mee Ordnung und Sicherheit zu schas sen. Uns scheint der Fürst gerade am 19. November aus dem Höhepunkte sei ner Leistungen als Regent und Führer zn stehen. Der Fürst ordnete in Sofia das Nöthigste und legte in kurzer Zeit 12 Meilen zurück, um noch vor Einbruch dcr Dunkelheit wieder in Slivnitza ein treffen zu können. Den 20. und 21. November widmete der Fürst dcr Reta blirung seiner durch die andauernden Kämpfe in Unordnung gerathenen Trup sten. Am 22. November wurde die ! Offensive seiner Armee durch das sieg reiche Gefecht bei Dragoila eingeleitet. ! Mährend desselben gelangten wichtige Aktenstücke politischen Inhalts an ihn. i Das war jedoch kein Anlaß für den Füh rer der Armee, den Gefechsichauplatz zu verlassen. Auf einem Heuhaufen sitzend, diktirte dcr Fürst den Offizieren seines jGefolges die Antwort an die Hohe Pfor te, worin er die von dieser proponirte iEntseuduug eines politischen Commls !särs nach Philippopcl ablehnte und er klärte, daß er erst nach vollständiger ! Räumung des bulgarischen Gebietes durch die serbischen Truppen an die Ein stellung der Feindseligkeiten denken kön ne. Eine analoge Note diktirle Fürst ! Alexander an die Adresse seiner bei den > Großmächten beglaubigten Vertreter. !Nach Beendigung dieses „Staats-Ge schäftes" setzt: er die Beobachtung d:s Gefechtes fort. Fürst Alexander hat die in seiner Per son vereinigten Würden des Herrschers !und ArmeesührerS in dcr glücklichsten Weise zur Geltung gebracht. Als Herr ischer wußte er in der Seele des Volkes edelsten Empfindungen wachzurufen In. zu erhalten. Voll Begeisterung dräng ten sich Tausende Fre.williger, Chri sten uud Mohainedaner, zu den Was !seu! Alle Kräfte nnd Hülssmiitel des Landes wurden für die Zwecke der Ar mee nutzbar gemacht nnd jedes von dem Fürsten verlangte Opser freudig gebracht. Vom Beginn der Feindseligkeiten ange hörte das ganze Fühlen und Denken dcS edlen Fürsten der Armee, deren Führer er war. Während der Kämpse wich er jTag nnd Nacht nicht aus ihrer Mitte und theilte mit den Soldaien Mühe, Gefahr und physische Best,werden. Alle seine Handlungen haNen nur daS eine Ziel —de Sieg! Andere Rücksichten, besonders solche ans die eigene Person, traten zurück. So bietet der erste Fürst von Bulga rien seinem nach fast sünshundertjähri ger Unierdrückllng politisch wiedererstan denen Volke sür alle Zeit das Vorbild männlicher Pflichtreue, Hingebung und Opferwilligkeit. Sein edles Beispiel seuerte die Armee zu den Nuhmesthatcn an, welche heute den Stolz des bulga rischen Volkes bilden. Auf der Slivnitza-Höhe, im Centrum der in den schweren Tagen vom 17. bis 19. November so heldenmütbig verthei digten bulgarischen Position, soll das Denkmal Alexanders sich erheben, als weithin sichtbares Heichen des Dankes und dcr Bewunderung dcr Armee und des Volkes Bnlgarien's sür seinen ersten Fürsten. Ausgrabungen am Colostrum. Nachdem seit fast zwei Jahren keine größere Ausgrabung in Rom vorgenom men wurde, ist in jüngster Zeit auf Ver anlassung des Ministers Baccelli und unter Mitwirkung der römischen Stadt verwaltung eine solche in großem Stil und mit bedeutenden Mitteln in Angriff genommen worden. An dcr Ostseite Colostrums nach dem Esguiltn zu ten bisher noch so bedeutende Schutt uiassen, daß die moderne Straße (Via! del Eolosseo) säst in der Höhe des Stockwerks des Amphitheaters sührte. Man ist nun im Begriss, die moderne Straße zu verlegen und na h j der Esquilin-Seiie zu einen geräumigen' Platz zu schassen, so daß dieser Theil dcr Colosseunis-Facadc, der am besten von allen erhalten ist, sich bald in weit großartigerer Weise repräsentireu wird, als bisher. Die Arbeiten, seit Ansaug letzten Monats mit großer Energie trieben, haben unter Anderem einen Fund zu Tage gefördert, welcher für die Einrichtung des Niefengebäudcs und daS römische Schanspiclwcscn im All gemeinen von großein Interesse ist. Man glaubte bisher, daß die äußere Grenze deS Amphitheaters bezeichnet! wurde durch die der unteren Arkaden-! reihe vorgelegte Stuse aus Traveriiu (Kalkstein) und daß gleich davor die öffentliche Straße daS Gebäude umge ben habe. Man sieht jetzt, daß dies falsch istt Das Colosseum war zunächst umge ben von einem mit großen Travertin- I Platten gepflasterten Gürtel in einer Brciie von 15 M.; erst au dessen äuße- Seite lies eine mit den üblichen schwarzen lßasaltblöcken gepflasterte ! Straße. Auf der Grenze beider Zonen > stehen große quadratische Psosten (Cippi) gus Kalkstein noch an ihrem ursprüng lichen Platze. Sie sind elwei 1.75 M. hoch, 0,60 M. breit nnd oben abgerun >det; ein quadratisches Loch auf dem' diente zum Einlassen ! Stange, die eine Tafel getragen haben mag. Bis zu diesem Cippi hat sich also der Bezirk des Amphitheaters ausge dehnt; zu der ca. 23,000 M. betragen-j den Grundfläche dcS Gebäudes selbst ist also noch eine Zone von ungefähr hinzu zu rechnen, wenn man die Gesamiulsläche des Riesen-Gebäudes! schätzen will. Aber die Psosten hatten auch einen practischen Zweck. Ihre !Rückseiten zeigen Gruppen von quadra-! tischen Löchern, die zum einlassen von, Holzstanzen gedient haben. 'Nun stehen die Cippen so, daß sie immer einem der Arkaoenpfeiler des Unterge-j schgsses und der Mitte einer Arkade ent-! sprechen, und zwar stehen die fünf bis her gefundenen Exemplare gegenüber den ! Eingängen, welche mit den antiken Nummern 23 und 25 bezeichnet sind. . Es konnten also von den Cippen bis zum Gebäude hin Schranken oder Sta kete aus Holz angebracht Verden, so daß aus jede EingangSarkade zwei schmale Gänge zuliefen sür'die „Queue" bildende und deS Einlasses harrende Menge. Der räum deS Colosseumö zerfiel, ! abgesehen von den kaiserlichen Logen !nnd dem Podinm für die vornehmen Besucher, in drei Ränge (Maciiiana) mit Sitzplätzen, wozu dann die Steh plätze auf dem Dache dcr Säulenhalle ribcr dem dritten Rang kamen. Die Plätze waren genau verlheil: und jeder erhielt fein Billet (Tcsscra), auf welchem Rang und Abtheilung ge nau vermerkt war. Es mag keine kleine Aufgabe sür die 'Platzanweiser (Difsignatores) gewesen ' sein, die schaulustige Menge, die schon vor Morgengrauen (denn die Spiele be gannen zn srühestcr Tagesstunde) sich vor dem geschlossencn Schaugcbäudc drängte, richtig zn dirigiren, und das - Colosseum faßte, wenn auch nicht 87,- 000 Personen, wie in allen Büchern zu lesen steht, doch über 10,000; also muß ten durch jede Cingangsariade in kurzer Zeit über ein halbes Tausend Znschaucr einströmen. Schon aus der Anordnung der treppen ergibt sich, daß jede der 76 Elngangsarkaden des Colosseums den Zniritt zu zwei verschiedenen Ausgäugen vermittelt hat. Die Eingänge mit ge raden Nummern scheinen meist in den ersten und zweiten Rang (maenianuiu primuui et seculiduin), die mit ungera den zum dritten Rang (inaenianuiii ter tiuln) und znm „Olymp" aus dem Dach dec oberen Säulenhalle geführt zu ha ben. (Die vorueijnien Zufchaucr auf dem Podium bcirate-i ihre Plätze wohl von den kaiserlichen Haupteingängen an der kleinen Achse deS Gebäudes.) Wir's,hen nunmehr, daß die Sonde rling der Zusch.ruer schon außerhalb dcs Gebäudes begann. Jede dcr 152 be schriebenen Abtheilungen konnte bei ci ncm Flächenranm von gegen 600.-M. etwa die Hälfte dcr zum Eiulritt berech tigten Personen fassen; auf den Billcteu wird vcrmcrke gcwefcn fcin, daß beispielsweise Diejenigen, wclchc ihren P.atz im Sector 53 des obersten Ranges einzunehmen hatten, dcn Ein gang 53 an der rechlenScite zn wählen hatten, während der Eingang 53 links für die Benutzer der entsprechenden Sek toren des unteren Ranges diente. Wei tere Sonderling nach dcn Plätzen fand dann innerhalb des Gebäudes felbsi statt. TrunksuchtuiiS Selbstmord. Gegen zehnlausend Deutsche nehmen sich alljährlich das Leben; da haben wir wohl Veranlassung, nach den Ursachen der Selbstmorde und dcs vorausgehen den Elends zu fragen und gcgen diese Ursachen anzulämpsen. Ein gelehrter Ulmer Arzt, Dr. Prinzing, kommt in einem ausführlichen Werke i Truuksucht und Selbstmord. Leipzig, I. C. Hin-! richs) zu dem Ergebniß, daß dcr Trunk als wichtigste Ursache anzusehen sei, und cs gelingt ihm, durch Vorsührung dcr Thatsachen, seine Ueberzeugung anch dem Leser mitzutheilen. Schon Aristoteles sagt, daß „sich Biete auch in der Trunkenheit todten," und daß „sich Vi.ler während des Trinkens oder auch nach demselben eine melancho-! lische und ängstliche Stimmung bemäch tigt." Im Mittelalter fragte man we nig nach den Ursachen dcr Uebel, wie man auch sür ihre Vorbeugung wenig sorgte. Erst in unserem lahr'hund.rt machte man auch ans dein Selbstmord ein Stndinin und suchte seine Veran lassungen statistisch zu lassen. DaS ist nun überall nur recht mangelhaft gelun-! gen. Sehr viele Selbstmorde werden nicht als solche gebucht, nnd ihre Ursa chen werden sehr osi salsch angegeben. Wie oft wird eine „augenblickliche" Gei stesstörung" erfunden! Aber auch wo Alles ehrlich hergeht, notirtman ost nur z. B. Lebensüberdruß, körperliche den, Geisteskrankheit, Reue, Gewissens-! bisse, Aerger, Schulden u. dergl., wo eigener Trunk oder Trnnk eines Nahe stehenden erst diese Zustände hervorge rufen hat. Prinzing weist nach, wie die Trunk sucht auf den verschiedensten Wegen zn dem Selbstmord führt. Wir folgen seinen Ausführungen zumeist wörtlich: Im Rausche selbst werden Attentate ge gen das eigene Leben verübt; es kann eine eingebildete 'Noth oder aber eine wirkliche Noth, die nur von dem durch Alkohol verwirrten Geist vergrößert ge-> sehen wird, den Gedanken de: That erwecken; auch ängstliche Hallucinatio nen können es sein, wie sie namentlich durch den Absinlhgennß hervorgerufen werden sollen, oder eine durch den Rausch erzengte melancholische Stimmung und dergleichen. Die Selbstmorde des Trun kenen werden oft ohne alles Bewußtsein vollsührt. So erzählt Lombroso von einem Manne, der, nachdem er nur we-, uig getrunken, Streit bekam, sich in den Po stürzte und gerettet von der ganzen Geschichte nichts mehr wußte. Ebenso erzählt .r vom Hänker von Nuinea, der !fich im Rausche erhängte, weil man ihm !eine neue Guillotine anschaffen wollte. 1854 kam nach Brierre de BoiSmont in ! Paris folgender Fall vor: Einem Ar beiter erschien in der Betrunkenheit das !Elend deS LebenS unerträglich; er wollte ihm entrinnen und hängte sich an einen j Baum, aber der Ast brach, der Strick wurde abgeschnitten und der Arbeiter nach der Polizei gebracht. Er wußte nicht, wie er dazu kam, sich das Leben nehmen zu wollen; nüchtern geworden, 'war er über seine Rettung hocherfreut und bewahrte den Strick zum ewigen Andenken auf. Im Delirium Tremens kommen in ! Folge dcr schreckhaften Hallncinationen häufig Selbstmorde vor. Die massen haften Thiergcslalten, die den Kranken izn bedrängen scheinen, regen ihn derart !anf, daß er in seiner Angst zum Fenster -hinanSsprinzt oder anf eine enidere Art seinem Leben ein Ende macht. Nc häu figer kommt es bei den eieienilichcii holpsychosen, insbesondere bci'iu Säu ferwahnsinn znm Selbstmord. Auch hier sind cs Sinnestäuschnnaen schreck haften InhalrS; der Kranlc ficht dro hende Gestalten, den t Beschimpfungen, die ihm zugerufen werden, er hat Wahn loccil aller Art, glaubt, daß er verfolgt verde, daß sein Leben bedroht verde, daß seine Frau untreu sei, daß er ein Verbrecher sei und hingerichtet verde n. dergl. In dcn lahrcn 1883—'91 nahmen sich durchschnittlich 138 Perso nen in Prcußcn im Säuferwahnsinn daS Leben. Die meisten Selbstmorde durch Trunk sucht haben aber einen anderen Grnnd. Die mürrische Stiinmnng, die den Trin ker in seinen nücht-rnen Stunden cr saßt, wird ost znm Lebens überdruß. Ist noch ein mcrrlischer Funke in dein Tnnkcr vorhanden und macht er sich Vorwürfe über sein jam mervolles Laster, so wird er auch als bald zu der oft irrigen Ueberzeugung kommen, daß er nicht im Stande sei, von demselben zn lassen, und in der hierüber kann er sich das Leben nehmen. Sehr häusig ist dcr ! zuletzt mit einem so hoch gradigen Magenkatarrh behaste?, daß er gar nichts mehr vertragen kann, und da der gewöhnte Reiz sür das N.rrensystem ansbleibk, nimmt die trübe, selbstmörde risch: Snmmung, di: sonst durch einen ! kräftigen Schluck Branntwein verlrie ben werden konnte, üderhand. Dcr Rück gang dcs Geschäfts, Entlassung ouS d m Amte, überhaupt Nahruugösorgcn sind oft Ursachen des Selbstmordes. So lange noch Credit da ist, wird fröh lich weiter gelebr, aber eines Tages steht die Familie vor dem Nichts, nnd der Moralisch hcrabgekomniene Trinker, der glicht im Stande ist, durch Arbeit sei-! neu Pslichieu nachzukommen, entzieht sich dem Drängen seiner Gläubiger durch deu Slrick. Daß er nichts zn cssen hat, daß die Familie darbt, ist ihm glcich, aber daß er keinen Pscnnig mehr in der Tasche hat, um Branntwein zu kaufen, erträgt er n.cht. In der Boodtiii-Zlililicnrett. Schwerlich ist jemals cin Weißer in unserem Lande dcr Zeuge euicr wirt lichen „Voodoo-"Feier gewesen, und so häufig man anch gelegentlich uni:r den Zeitnngsneuigkeitcii dem Voodoo-Zau b.r dcr Wollköpfc begcgnet, Hai das Publikum im Allgemcincu nur höchst unklare Vorstellungen von dem Charak ter derselben. Viele sind geneigt, bei „Voodoo" ein fach an krassen Ncger-Abcrglaubcn und die plumpe Ausbeutung desselben zu al lcrhaud unsauberen Zwecken zu denken, und haben keine Ahnung davon, daß sie hier, wenn ihnen Gelegenheit würde, den Schleier zu heben, auch aus Dinge stoßen würden, welche in enger Verbin dung mit hrchmoderncii Scnfationö- Tagesfragen, besonders mit dem Hypno usmus, zu stehen scheinen und vielleicht eines Tages auch den vergleichenden Kullursor scher, der vielleicht soeben von einem lrilischen Studium der geheim nisvollen Kunst: indischer Fakire und sonstiger rälhsclhaftcn Menschenkinder kommt, lebhaft intcrejfircn werden. Aber dieser Schleier ist nicht leicht zn he ben, und unsere Farbigen, soweit sie üi-ervaupt eine befliLunts'Kenntniß von der Sache haben, können ebenso ver schlossen sein, wie irgendein Magier des Asiens oder Westens. Es ist merkwürdig, daß der Juni, welcher als Johannistag für Katholiken, Angolaner nnd auch sür Freimaurer ciuc besondere Bedeutung hat, auch in der Voodoo-Zauberei eine gewisse Nolles spielt. An diesem Tage, welcher unge fähr der Zeit entspricht, da der Sommer in seiner ganzen Glorie steht, die Naiur im Süden den Höhepunkt ihres.Schaf fcus erreicht hat, und—nicht zu verges sen! —die Giftpflanzen am saftigsten und gcsährlichstcn sind, versammeln sich Far bige in der Nähe von Ncw-Orlcans an abgelegener Jnfclstätte, wohin selbst der Zägcr bei Tag nur höchst selten kommt, und begehen ihre nächtlichen Voodoo- Nitcn mit Schlangenlultus, geheimniß vollen Sprüchen und Gebeten u. s. v. Tiese unheimlichen „Sommernachts feste," obwohl sie nur wollköpfigeu Gläubigen, und auch diesen nicht un- entgeltlich, zugänglich sind, haben aber noch immer wenig auf sich und können nur als Vorhof zum VoodooiSmuS gel ten. Die wirklichen Adepten deS Voo doozanbcr und deren Zahl ist sehr beschränkt nehmen nicht an solchen Massen-Riten theil und machen sich manchmal sogar über dieselben lustig. Jeder dirfer Meister oder vielmehr Mei sterinnen —die eS in der Mehrheit der Fälle sind—haust ganz für sich und ist, obwohl als gewöhnliches Zudividunm Tausenden bekannt, in beruflicher Ei genschaft fast so schwer sür Fremde nah !bar, wie die MahatmaS in Thibet. Ursprünglich ist die Voodoo-Zauberei, und waS drum und dran hängt, von den Usern des Congo zu uns gekommen, und zwar schon mit der ersten Einsuhr asrikautscher Sklaven vor mehr als 20L .Jahren. Alle nach den Ver. Staaten oder damaligen Kolonien gebrachten Nc gcr gehörten den schwächeren und weni ger kriegerischen Stämmen dcS Guinea- Landes, an dcr wcstasrikanischcn Küste und am Congo entlaug, au. Anch die Sklaven der britisch-westindischen In- Cnba'S n. s. w., stammen von dort yer. Sie haben sich wenigstens in dcr Erhaltung dcr Bräuche und deS Kult ihres alten Hcimathlandes ziemlich sta criricseil. Es läßt sich schwer sagen, ob der Voo doo-Kultu? je unter deu Farbigen in den Neuengland-Staateu, oder in Ncw land in beträchtlichem Maße geübt wor !ecn ist. Testo gewisser ist es, daß er in 'den warmen Staaten au der süda'.laini schcn Küste entlang alle Zeit c'.neu vor züglichen Nährboden hatte, trotz aller gelegentlichen Versuche, ihn zu uincr- und noch heute im Briden eine bedeutendere Macht ist, als viele Süd länder selbst ahncn. Süd-Carolina. ! Florida, Georgia und Louisiana warcr. !stets scinc stäristen Bollwcrkc. Im In iiern dcr Inscl Jamaika gar blüht cl noch mit allen scheußlichen Bräuchen de> alten Zeit, welche zum au den bc rnchtigten ltin MolochSdienst asiati scher Pötkcrschaflen erinnern. Verein zelte Menschenopfer sollen bei Voodoo >'r'eg:rn in deu Mlisissipvi-Niedcrunge! Louisiaua's noch um 1669 herum vor gekommen sein. Man hat auch bei den No?doo-Ein geweihten odcrAdcplnt dcs „Ordens von jvösen Geiste" vcrschiedcne Grade. Voll ständige Kenner der Voodoo-Geheim z Nisse soll es in unserem ganzen Südn' nur eiwa ein Dutzend g> ben, und dar unter wiederum nur vier, welche alle be lresseiiden Kunststücke aussnhrcu köuner oder auLzusühren veranlagt sind. All, !sind offenbar praktische Hypnotiseure u Mesuicristeu (wenn sie auch diese Be zeichnungen vielleicht gar nicht kennen) Es sind mehr Frauen als Männer unler ihnen, nnd soweit man weiß, sind ee sämmtlich Personen, die im Zenith ih rcr Lebenskraft stehen, sich der besten physischen Gesundheit crsrcuen und nie mals Kinder gehabt haben. (Was z an die Vestalinnen und Pythien des Alt.rihums erinnert). Als zwei der hervorragendsten Prie stcrinn.n dcs Voodoo wers n „die groß! ,Mari." in nseicr Buudeshauptstad! und die Halbtreolin Dolores laqniuo in Neiv Orleans genannt. Wenn map indeß die schwarzen nach diesen Namen fragt, kaun es lange dauern, bis mar Bescheid erhält, trotz Geld guten WhiSkcy. Sie können sehr gefährlich j werden, diese Voodoo-Hohepricstcrin neu. Für entsprechende Bezahlung ringen sie nicht blos Liebende zusam men, sondern beseitigen auch unbequeme Ehegatten und dergleichen mehr! Da bei hüten sie sich, daß man ihnen je e' was beireisen kaun; das „Gedanke: l sen" sch inen sie auch meist za ver stehen. Sie haben ohne Zweise. scho viele gewöhnliche Verbrechen begange, oder begehen lassen, um sich in Ansehen oder Furcht zu erhalten. Manche ihrer beglaubigten Leistungen jedoch find eben so wenig bis jetzt erklärbar, wie die von Hindu-Fakiren uud Anderen. Dcr Schlaugcnglaube des Voodooi iiltis erscheint, wie gesagt, nicht nur ii. Asrtka und O stindien in ähnlicher Form sondern auch bei unseren Zuni-und Na vajo-Zndianern. Hi-r wärc in dcr That noch ein dankbares Völkcr-Studicnseld. (Eharlesion D. Ztg.) Triftiger Gruiiv. Der Marquis von St. Pierre wurde ' unter König Ludwig Philipp zun Kapitän ernannt und erschien H ! darauf, obwohl er sich keinerlei kriege- ' rischer Thaten oder sonstiger Erfolgi rühmen konnte, mit drei Orden deko rirt. „Wofür hat denn eigentlich de'. Marquis seine Orden erhalten?' fragte damals ein Fremder den Jour nalisten Bergeres. „Sehr einfach lautete die Antwort, „den dritten ha, er erhalten, weil er schon zwei besaß den zweiten, weil er bereits einen hatte und den ersten, weil er noch keinen seil eigen nannte." i G l e i ch m u t h. Sonntagsjä jger (der vergeblich auf Hasen schießt) „Lauft Ihr nur zu, der memige is jfchon reservirtl"