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Feuilleton. Höhenluft Roman von Marie Stahl. (Fortsetzung.) Auch hier machte sich heute eine unge wohnte Oede fühlbar. D'e vornehmen Räume strahlten zwar wie üblich im Glanz des elektrischen Lichts, aber das Vorzimmer, das sonst mit antichambri renden L?uun und wc-rtenden Besuchern gefüllt war, zeigte sich fast leer. Außer einigen aänz'ich belanglosen Geschäfts leuten und cen unvermeidlichen Schma rotzern. von, denen keine gesellschaftlich hervorragende Existenz frei ist, war Nie mand da. Er ließ die verschiedenen Anliegen durch seinen Sekretär erledigen und zog sich in sein Arbeitszimmer zurück, wo Stöße von eingelaufenen Korresponden zen, Akten und Drucksachen seiner harr ten. Bald war er mitten in der Arbeit, die er mit der ihm eigenen Kraft, sich zu konzentriren und mit schnellem Ueber blick erledigte. Er erbrach Briefe, sich tete Schriftstücke, durchflog die Abend ausgaben der Presse, in denen er mit Blau- und Rothstift anstrich und notir te. machte die letzte Korrektur an einigen Artikeln, auf die man in der Druckerei schon wartete, und schrieb Briefe. Mitten in der Arbeit sank ihm Plötz lich die Feder aus der .Hand der Ge dankenfaden riß er starrte die Rosen an, die immer in auserlesenen Exempla ren in einer antiken Vase auf seinem Schreibtisch stehen mußten. Wie sie heute so seltsain dufteten! Sie zauberten den Sommer und die Erin nerung an einen Sommermorgen in sein einsames Gemach. Es hatte nur einen solchen Morgen in seinem Leben gegeben, der das Anrecht seiner Jugend auf die süßen Erdenwon nen der Liebe und der Poesie zur Gel tung gebracht und ihm zum Siege ver holsen gegen die harten, strengen Anfor derungen des Kampfes, dem er sich ge weiht. Aber an diesem einen Morgen hatte er, dank der Kraft seiner Seele und sei ner Sinne, mehr Glück genossen als An-1 dere. die sich lebenslänglich dem des Weibes ergeben. „Paradies. Paradies! Wie ist deine Frucht so süß!" Wie kam ihm nur jetzt dies alte Am-! menlied in den Sinn? Die Rosen flüsterten es ihm zu. Ja. ein Sommermorgen genügt, um die Wonnen des Paradieses zu erschöpfen er hatte es vorgezogen, den Fluch auf sich zu nehmen und im Schweiße seines Artgesichts sein Brod zu essen. Aber der Mensch, der das Paradies überwun den, muß auch den Fluch überwinden, den Fluch ewigen Kampfes! Er hat die Kraft in sich, er muß sie nur finden, sich ein neues Reich auf Erden zu gründen, ein Reich des Friedens. „Exzellenz," meldete der eintretende Sekretär, „Herr Baron von Ballerstedt wünschen seine Aufwartung zu machen." „Ah," murmelte Pranken mit einem! ironischen Lächeln, „weil Muhamed nicht' zum Berge kommt, kommt der Berg zu . Muhamed." Und weil es ihn reizte, für die unausgeglichenen Verstimmungen des Tages einen Ableiter zu finden, rief er den Schreiber an: „Den führen Sie mir unter allen Umständen herein, aber sonst bin ich für Niemand zu sprechen!" Obgleich in Civil, trat der Rittmei ster in der Gangart des Kavalleristen mit Sporen und Schleppsäbel ein. Seine hochbeinige Gestalt steckte im Zangschoßi gen Gehrock, und er sah in der nüchter nen. bürgerlichen Tracht bis zur Karri katur lang, dünn und farblos aus, was jedoch die typische Vornehmheit seines schmal und scharf geschnittenen Rassege nckts und seiner sehnigen Reitergestalt M erhöhte. „Ah, mein bester Baron mit Ih nen so spät ein — was zerschafft mir die besondere Ehre?" be grüßte ihn Pranken mit etwas forcirter Lustigkeit und stark betonter, konventio neller Liebenswürdigkeit. „Pardon, verehrteste Exzellenz, für diesen nächtlichen Ueberfall." entschul digte sich der Rittmeister im schnarren den Gardeton, „aber sehen Sie. solch ein armer Kriegsknecht ist auch in Friedens zeiten der geschundene Märtyrer fürs Vaterland! Und hat man sich den gan zen Tag im Kommisdienst abgerackert, in Bauernknochen und Bauernschädel Dressur eingepaukt und nichts als Pfer defleisch unter sich gefühlt, so hat man doch ein einigermaßen berechtigtes Ver langen nach etwas geistiger Erholung, ehe man sich in die Klappe legt. Und ich sehen Exzellenz äh, hä, hä. als guter Mensch in meinem dunklen Dran ge bin mir des rechten Weges wohl be wußt. wo ich dieselbe zu suchen habe hä, hä immer an der Quelle, bei den großen Geistern den Männern von Genie " „Sehr schmeichelhaft, Baron," scherzte Pranken, sich verneigend, indem er mit seinem Gast in dem Raucheckchen des Ge machs Platz nahm, wo tieft, bequeme Sessel um Tischchen und Ständer mit den mannigfaltigsten Arrangements für Raucher gruppirt waren. „Sehr schmei chelhaft und sehr romantisch! Sie schlei chen Nachts zu Ihrer heimlichen Liebe, nachdem Sie sich des spanischen Hofko stüms entledigt. Mir wird ganz klas sisch, märchenhaft zu Muthe. Mein theuerer Egmont! Wie bealückt mich das Bewußtsein, so gleichsam Ihr Erho lungs-Clärchen abzugeben!" „Aeh hä, hä köstlicher Einfall, Exzellenz kolossal witzig wie im mer wußt' ich doch, daß man nur diese Schwelle zu betreten braucht, um gleich erheitert und aufgefrischt zu fühlen. Heimliche Liebe! Sehr richtig! Exzellenz treffen immer den Nagel auf den Kopf! Und um mich einmal ganz als Mensch, als freier Mensch zu fühlen, mußte ich schon das, was Ex zellenz mein spanisches Hofkostüm zu nennen belieben, zu Hause lassen. Der steife Unisormkragen! Gott, was ist man froh, wenn man ihn einmal vom .Halse hat! Es giebt ja Kommisnatu ren, die am liebsten damit zu Bette gin gen ja, die gleichsam schon damit ge boren werden hä, hä man kann sie sich nicht anders vorstellen aber wenn der Sinn für etwas Höheres nun einmal im Blute liegt, der kann nicht immer in der Zwangsjacke des Drills stecken bleiben der muß äh, äh sich auch einmal als Mensch von Geist und Seele und nicht blos als Drillmaschine fühlen. Verstehen mich, Exzellenz?" „Vollkommen, bester Baron. Das sehen Sie ja schon daraus, daß ich Ih nen den Kosenamen „Baron Inkognito" gegeben habe." Der Baron lachte sehr geräuschvoll, aber unter seinen weißblonden Wimpern zuckte ein lauernder Blick Pranken hinüber, denn er wußte nicht recht, wo bei seinem Wirth die Grenze zwischen Bosheit und Scherz war. Er haßte Pranken nicht nur als poli tischen Gegner und als Nebenbuhler bei Alexandra von Allenstein. sondern am meisten, weil dieser ihn nicht ernsthaft nahm, und wenn er gerade kein besseres Ziel hakte, die Pfeile seines Spottes ge legentlich gegen ihn kehrte. „Ja, wer es so gut hätte wie Euer Ex zellenz!" rief er, lange Züge aus seiner Havanna nehmend, „die ganze Plackerei zum Teufel jagen und sich in ein Mär chenschloß, auf so eine Gralsburg setzen! Beim Zeus! Die ingeniöseste Idee, die Exzellenz je gehabt haben! Wie ich Sie beneide! Da können Sie das „otium cum dignitate" genießen und mit Horaz singen: „Beatus ille, qui procul nego tus!" „Seltsam, daß meine besten Freunde und meine ärgsten Feinde einmal gleicher Meinung sind!" lächelte Pran ken. „Aber die Sache hat das Fatale, daß man Freund von Feind nicht mehr unterscheiden kann. Meine Freunde wollen mich durchaus vom politischen Getriebe abziehen, mich gleichsam in die Gralsburg als in einem Hafen der Ruhe und des Friedens hineinretten. Uno meine Feinde wünschen nichts mehr, als mich dort, möglichst in Gletscherhöhe, kalt gestellt zu sehen. Seien Sie ein mal aufrichtig, Baron, auf welcher Seite soll ich Sie suchen?" „Exzellenz belieben zu scherzen! Selbstverständlich aus der Seite der wärmsten Freunde! Ick sebe ja, wie er schöpft und angeödet Exzellenz sind von den aufreibenden Kämpfen, von dem leeren Strohgedresche im Parlament! Das halte ein Pferd, aber kein Mensch aus! Die Wissenschaft ist das Gebier, auf dem Sie den Kamvs großen Ideen fortführen müssen!" „Sollten der Herr Rittmeister sich da nicht zum Sprachrohr seiner Freunde, meiner geschworenen Gegner machen ?" fragte Pranken spöttisch. „Ten Herren' Konservativen kann ja kein größerer Ge fallen geschehen, als wenn ich mein Mandat als Volksvertreter im Parla ment niederlege. Nun, ich werde es mir reiflich überlegen, ob ich die politische Arena verlasse, oder ob ich den Kampf mit der vielköpfigen Hydra der Par teien wieder aufnehm." „Ich rede nicht als Politiker, sondern als Freund, wenn ich rathe, den Staub der politischen Arena von den Füßen zu schütteln." sagte der Ba ron mit der gekränkten Miene des Edel denkenden. ! „Unsere Zeit ist nicht reif für Ihre ! grandiosen Sozialreformen. Excellenz sind äh. äh gleichsam eine eine Frühgeburt der Weltgeschickte hab? ich nicht Reckt? Ist das nicht ein gutes Wort famose Idee? Was?" Das Wort stammte von Alexandra und fiel dem Baron gerade im passenden Augenblick ein. Er strahlte vor Freude, Pranken mit so viel Geist imponiren zu i können. „Freilich, freilich da kann ich ar mer Embryo nickts Besseres thun, als in den Mutterschooß der großen Verges senheit zurückkehren", lachte Pranken auf, „wenn mir die Gegenwart als sachver ständige Hebamme jede Lebensfähigkeit abspricht. Oder soll ich meine Grals burg als eine Art Brutofen betrachten, in dem meine zu früh geborenen Ide-m vor dem schädlichen Einfluß widerwärti ger Kälte geborgen werden? Aber lassen wir die leidige Politik und alles, was damit zusammenhängt das ist kein Gebiet, auf dem Egmont beim Clärck/n sick zu erholen liebt." „Apropos, Exzellenz haben mir noch lein Wort der Anerkennung gesagt für die Ueberraschung neulich Abend! Uno doch habe ich nur Ihretwegen die Bra nicka zu Traube gebracht. Habe ich da mit etwa nicht Ihren Geschmack getrof fen?" „Selbstverständlich. Ihr Geschmack, lieber Baron, ist gewiß mustergiltig, was Frauen und Pferde betrifft. Ich würde stets blindlings auf JhreFavorits wetten." „Bitte, nicht so zu generalisiren." „Ich möchte in diesem einen Fall Ihr spezielles Urtheil hören. Was halten Sie von der Branicka wie gefällt sie Ihnen?" Ballerstedt stellte sich absichtlich, als wüßte er nichts von den früheren Be ziehungen Prankens zu Alexandra, von denen er allerdings nur unklare Kunde hatte. Und weil er gar zu gern erfahren bätte, wie weit das Verhältniß damals gediehen war, wünschte er denExministcr zu sondiren. „Ich halte sie für unsere größte Sän gerin und für eine schöne und geistvolle Frau", erwiederte Pranken mit vollen deter Ruhe. Er durchschaute Ballerstedis Manöver sofort und war entschlossen, daß der Rittmeister ihn ebenso wenig über Alexandra ausforschen sollte, wie über feine politischen Zukunftspläne. Jetzt wußte er genau, was den Baron noch heilte zu ihm geführt hatte. Er kam als Spion seiner Partei und als Anbe ter der Sängerin, der in ihm den Rioa len zu sondiren wünschte. „Aeh Exzellenz sind Zurückhaltend verstehe äh fürchten Indiskre tion von meiner Seite. Meine Bezie hungen zu der Dame sind jedoch re:n äußerlich. Bin nun einmal ein närri scher Musikfreund und dann das Ta lent, das Genie! Das ist meine schwache Seite. Kann die Alltäglichkeit nicht ver tragen. Macht mir Freude, ein Talent zu protegiren. Was wäre schließlich das Leben ohne diese höhere Weihe, ohne Mu sik, ohne Kunst und Wissenschaft!" „Ich kenne Ihre edlen Seiten, mein bester Baron!" sagte Pranken mit bei ßender Ironie. „Ich weiß, wie befruch tend und fördernd Ihr thatkräftiges Interesse auf diesen Gebieten des mensch lichen Lebens wirkt." Der Baron verneigte sich, aber wieder flog der lauernde Blick über seinenWirth, während dieser ihm ein kleines funkeln des Spitzglas mit Chartreuse füllte. . „Was nun unsere liebenswürdige Diva betrifft", sagte er, das Glas mit einem Zuge leerend, „so sind, verzeihen Exzellenz die Adjektivs „schön und geistvoll" zu banal für solch eine Frau. Sie ist mehr, sehr viel mehr! Sphinr, Lurley. Walküre, Frau Venus alles in einer Person!" „Eine starke Vielseitigkeit!" spottete Pranken. „Und wissen Sie, Exzellenz, sie ist jeder Zoll an ihr ist das neue Weib! Und das neue Weib ist immer eine problema tische Natur!" „Wie tief Sie in die Kenntniß des weiblichen Charakters eingedrungen sind!" „Es ist die alte Geschichte les ex tremes se touchent! Mit solch einer kom plizirten Frauennatur wird ein biederer ! strammer Soldatencharakter am ehesten I fertig. Er allein versteht es, sie, wenn es nothwendig wird, auf den normalen Standpunkt zurückzuführen. Glauben mir Exzellenz, es klingt vielleicht etwas brutal, aber äh, ha, hä, wer alle Arten von Pferden auf alle Gangarten zugeritten hat, der oersteht sich auf alle Arten von Frauen. Er weiß ganz genau, wann er die Kandare anzuziehen hat, und erlangt die nöthige Meisterschaft im Austreiben aller Mucken und Durchgän gerei. Es ist aber immer ein Unglück für beide Theile, wenn solch ein Weib, ich meine ein problematisches, wie die Bra nicka, an einen Mann kommt, der selbst Genie ist, was man so heutzutage Höhen mensch nennt. Zwei solche Naturen rei ben sich immer gegenseitig auf und quä len sich zu Tode. Zum Glück läßt ein richtiger Naturinstinkt das Weib mei stens die geeignete Wahl treffen. Das geniale Weib liebt nie den genialen Mann oder, wenn es einmal diesen Jrr .Hum begangen hat, kommt es bald da- von zurück und sucht im Mann nichts als die Kraft, jenen Halt in den Anforde rungen des wirklichen Lebens, der ihm selbst fehlt." Ballerstedt leerte auf diese Rede noch ein Mal sein Glas, wobei er über dessen R?nd forschend zu Pranken hinüberblin zelte. Die soeben geäußerte Weisheit stammte ebenfalls zum größten Theil von Alex ! andra. Sie .hatte ihm heute Morgen, als er sie nach der Probe besuchte und eifersüchtige Anspielungen auf ihr frühe res Verhältniß zu Pranken machte, bei einer vorzüglichen Wildpastete und To kayer fast wörtlich diesen Vortrag gehal ten, mit einigen neckischen und satyri schen Wendungen ausgeschmückt. Es hatte ihn momentan beruhigt, aber spä ter am Nachmittag, als die Suggestion durch ihre Person verflogen, erwachte die Eifersucht aufs Neue. Ter Ausdruck im Gesicht des Exmini sters war schwer zu enträthseln. „Wie dankbar bin ich Ihnen, kheurer Baron, für diese Winke in Betreff der Erkenntniß des Weibes, die von ebenso viel Erfahrung wie tiefem Nachdenken zeugen", sagte Pranken mit der Miene der Aufrichtigkeit. „Wir armen politi schen Strohdrescher haben gar keine Zeit, uns mit solch schwerwiegenden Proble men zu beschäftigen, man muß uns daher etwas Naivität zu Gute halten. Also leeren wir noch ein Glas auf das Wohl Ihrer problematischen Venus, in der Hoffnung, daß sie jenen lobenswerthen und praktischen Naturinstinkt besitzt, der sie auf dem kürzesten Wege einem ganz unproblematischen MarS in die Arme führt." Ballerstedt mußte einsehen, daß er ganz vergeblich den Gegner hatte in seine Karten sehen lassen, während dieser oer dccktes Spiel behielt. Er verbiß seinen Aerger und schlug ein anderes Thema an. „Aeh warum ich eigentlich herkam wollte mich bei Exzellenz erkundigen sozusagen auf den Busch klopfen ob für meine unbedeutende Person noch eine Aktie aus das geplanteßeformkloster zu haben ist, wenn die Sache wirklich zu Stande kommt. Ob man einen solch ganz talent- und genielosen Menschen, der nur Pferde zureiten und Rekruten dressiren kann,für würdig befinden wür de, dem illustren Kreise der Höhenmen schen anzugehören?" „Aber selbstverständlich, lieber Baron, ich bitte Sie. ein Mann wie >sie. von so tiefem, philosophischem Wissen!" rief Pranken. „Und außerdem Sie sind ein Genie in der Pferdedressur! Wir ha ben dort einen Stall, und in unserem Programm sind dem Genie keine Schra nken gezogen —eS beschränkt sich nicht auf Kunst und Wissenschaft." „Außerordentlich gütig, Exzellenz, äh, schr verbunden —also, ich rechne daraus, das Nähere zu erfahren, wenn es so weit ist. Darf aber nicht länger Euer Exzel lenz Nachtruhe stören, will mich ganz gehorsamst empfehlen." Beide Männer schieden mit tadelloser Höflichkeit von einander und schüttelten sich die Hände wie gute Freunde. Draußen aber murmelte der Rittmei ster einen kernigen Fluch in den stroh blonden Schnauzbart hinein und ging noch in eine Weinstube, um seinen Aer ger hinunterzuspülen. Ihm war die Ironie in Prankens Ton und Haltung nicht entgangen, und die traf ihn in fei nem empfindlichsten Punkt, in dem nicht ganz zu betäubenden und wegzuleugnen den Gefühl seiner geistigen Inferiori tät. Und wenn er auch vor sich selbst und Anderen noch so geschickt den Schöngeist schauspielerte und sich mit anempfunde nem und nachgesprochenem Geist schmückte, er trug doch stets das ängst lich lauernde Mißtrauen mit sich herum, daß man ihn erkannte. Dieser GeisteZprotz! schimpfte er in nerlich aus Pranken, während er oerär gert bei seinem Glase Burgunderpunsch saß, gestürzte Größe —einfach lächer lich nach ein paar Tagen kennt ihn Niemand mehr war doch alles nur Scheingröße, Maulheldenthum, Selbst vergrößerung! Alberne Komödie, die ganze Reformklosterei! Werde mich hü ten, mich da mit Krethi und Plethi zu associiren, sollen sich ihre Pferdeställe al lein ausmisten, mich kriegen sie nicht da zu! Pranken ging nach Ballerstedts Ent fernung mit finsteren Falten auf der Stirn in seinem Zimmer aus und ab. Einmal lachte er kurz und gellend aus. Bald darauf trat der Sekretär noch einmal leise und bescheiden ein. „Exzel lenz, Herr Schessler bittet dringend vor gelassen zu werden," meldete er. „Ich bin beschäftigt." fuhr Pranken aus, „ich bin mit Arbeit überhäuft. Sa gen Sie ihm, es sei unmöglich. Morgen, um die Mittagsstunde bin ich bei Traube in der Behrenstraße. Ich lade ihn dort zum Frühstück ein." Nach zwei Minuten kehrte der Sekre tär, der in einem Vorgemach arbeitete, zurück. „Exzellenz, er will sich nicht abweisen lassen. Er müßte Exzellenz heute noch sprechen. Für die Einladung müßte er bestens danken." „In Gottes Namen denn!" sagte Pranken zornig. Gleich darauf trat ein bärtiger, robu ster Mann bei ihm in etwas zwangloser Weise ein. Er sah aus wie ein Arbei ter im Sonntagsrock. Den Stuhl, den ihm Pranken mit ei ner Handbewegung bot, sah er nicht, er blieb mitten im Zimmer stehen. „Ist es so dringend. Scheffler, daß ich Ihnen heute meine Nachtruhe opfern muß?" fragte Pranken auf feine unter brochene Arbeit zeigend. „Die Nachtruhe pflegt bei den großen Herren sonst keine Rolle zu spielen." er widerte der Eindringling mit einem har ten Lachen. „Die wird manchmal weni ger wichtigen Dingen geopfert. Den gan zen Tag war ich schon auf der Jagd nach Ihnen/ Ich soll heute Abend noch im Verein berichten." „Was wollen Sie von mir?" „Das fragen Sie? Wir wollen wissen, was nun wird! Nach der Niederlage, die unsere Sache mit Ihnen erlitten hat. wollen die Leute die nächsten Ziele wis sen." „Ja, die Leute wollen immer mehr wissen, als man selbst sagen kann." lach te Pranken auf. „Sie glauben doch sel ber nicht, daß man von" heute auf mor gen einen neuen Aktionsplan fassen kann." „Das glaube ich Ihnen ja gern," lenkte Scheffler ein, der ein Führer der Arbeiterpartei war, „ich will auch weiter nichts, als Sie bitten, einen Tag zu be stimmen, an dem ich unsere Leute Zu sammenrufen darf. Sie wollen das neue Programm wissen und erwarten zuver sichtlich eine große öffentliche Kundge bung von Ihnen." „Das fällt mir gar nicht ein," brauste Franken auf. „Wenn es an der Zeit ist und ich etwas zu sagen habe, dann spreche ich unaufgefordert, aber keinen Moment früher. Von einem Programm ist gar nicht die Rede, kann nicht die Rede fein! Was im Reichstag vorging, wissen Sie ja, meine Eingabe, die großen Reform pläne betreffend, ist für nicht absehbare Zeiten gescheitert. Den Machinationen der Höflinge und Mantelträger ist es ge lungen. mich zu stürzen. Dies ist nicht der Moment, die Gegner auf's Neue an zugreifen. Ich sprecxe nie ein Wort zu viel und werde mich hüten, in diesem Au genblick meine Pläne und Ziele an die große Glocke zu schlagen. Scheffler schaute grimmig darein. Also ist es doch wahr?" stieß er her aus, und es klang, als würge ihn Je- ON „Wäll lügt, wollen auch Ihr Reichstagsmandat nie derlegen." Vorläusig nicht, es bleibt noch ein Uebriges zu thun. Bei der nächsten Ge setzesvorlage muß ich der Regierung zei gen, daß sie mich und meinen Einfluß unterschätzt haben. Der Reichstag wird ausgelöst werden, und ob ich dann die Kandidatur wieder annehme, bleibt da hingestellt." Es ist Keiner da. der Sie ersetzen könnte," knurrte Scheffler mit dem Blick eines geschlagenen Hundes. „Nicht nur die neuen Arbeitergesetze, alles Andere steht und fällt mit Ihnen. Niemals wäre ein Wort von Ihnen persönlich mehr angebracht gewesen als in diesem Augenblick." „Darüber behalte ich mir allein ein Urtheil vor. Ich wünsche jetzt nicht wei ter gestört zu werden. Scheffler verließ hastig und mit finste rer Miene daS Zimmer. Unter der Thür begegnete ihm Dr. Spitzberg, der unan gemeldet bei Pranken eintrat. 11. „Was hat's gegeben?" fragte Spitz berg. „das war ja wohl Scheffler? Giebt's von der Seite auch Konflikte?" Pranken ging mit starken Schritten im Zimmer auf und ab. „Zwingen vollen Sie mich! Sie glauben, daß ich gerade gut genug bin zum braven Lastthier, das in seinen Sie len stirbt! Wenn ich nicht zum Gesetz geber tauge, dann soll ich wenigstens ih ren Weibern Kaffeekränzchen verschaffen und ihren Bälgern die Windeln wa schen!" Spitzberg setzte sich behaglich in die Ecke eines tiefen, weichen Sophas und zündete sich eine der Havannas an, die aus einem Rauchtischchen lagen. „Jetzt habe ich Dich in der rechten Stimmung! Du scheinst die Schinderei nun endlich satt zu haben." „Ja, satt habe ich's, gründlich satt, mich mit Krethi und Plethi herumzu schlagen und meine Haut zu Markte zu tragen. Wenn ich das Staatsschiff nicht nach meinem Willen lenken kann, bin ich sür ganz gemeine Handlangerdienste nicht zu haben. Die Gegenwart ist nicht reif für mich, gut, ich werde für die Nach welt arbeiten!" „Recht so. Schick' die ganze Politik zum Teufel und ergieb Dich der reinen Wissenschaft." „Ich plane ein gewaltiges Werk, es wird die Krone all meines Denkens, Er kennens und Erstrebens sein. Aber zu dieser Geistesschöpfung brauche ich die höchste Steigerung meines Selbst. Da zu komme ich nur auf geweihtem Boden, den kein gemeiner Kampf mit Widerwär tigkeiten entheiligt." „Auf denn nach der Gralsburg!" rief Spitzberg. „Ich denke thatsächlich daran, die Idee zu verwirklichen." fuhr Pranken fort. „Der Ausnahmemensch hat sich von jeher Ausnahmsverhältnisse geschaffen, die alle Bedingungen zu seiner Höchstentwicke lung in sich trugen." „Gut," sagte Spitzberg, „machen wir einen praktischen Versuch. Gründen wir iin Kleinen ein Reich reinen Glückes, in dem die höchsten Ansprüche des Kul turmenschen gleichmäßig und harmonisch befriedigt werden. Uno können wir nicht den unsterblichen Göttern gleich sein, so laß uns wenigstens das olympische Da sein der Halbgötter verwirklichen. Es wächst der Mensch mit seinen Zwecken." „Ja, ich brauche Höhenlust, um meine Nerven zur höchsten Schaffenskraft an zuspannen, um die große That meines Lebens zu vollbringen." seufzte Pranken. ..Ich bin krank vor Ekel durch dieses Wa ten im Schlamme der Sümpfe und im Koth der Landstraßen. Doch weißt Tu. wen ich mir zum Nachfolger ersehen Ha be. dem ich die Weiterführung meiner Pläne auf die jüngeren Schultern wäl zen möchte?" „WahrlMig. da bin ich neugierig!" „Deinen jungen Freund Reinseld. Das ist mein Mann." „Was Kurt? den Assessor?" „Ja, den meine ich. Er ist der Ein zige, der an mich heranreicht, er ist eine Krast ersten Ranges." „Hast Du das so schnell erkannt? Ue berschätzt Du ihn auch nicht? Ich muß gestehen, ich halte viel von ihm, aber das überrascht mich." „Ich überschätze nie einen Menschen. Auch in unserem gestrigen Kreis war er der Einzige mir geistig Ebenbürtige. Es gilt nur die Probe, ob er auch sittlich lei stungsfähig ist, das heißt welches Maß seine moralische Energie erreicht. Und das ist das alleinig Ausschlaggebende." „Aber Kurt ist politisch Dein Geg ner." „Durchgangsstadien, mein Lieber. Er ist nichts als die potenzirte Zeitströmung. Das sind alle Kraftnaturen in der ersten Jugend. Du wirst sehen, daß ich ihn an mich ziehe wie der Magnetberg das Ei sen. Bring ihn mir doch morgen einmal her." „Denk' nur, welch' merkwürdige Kon stellation des Schicksals, er lieb: Alexan dras Kusine, Isolde von Allenstein." „Seltsam! Ich sühlte instinktiv eine Seelenverwandtschast zwischen uns." „Aber Isolde ist nicht Alexandra, und er wird sie nie irgendwelchen Zielen opfern." „Verbürge Dich nicht sür Andere. Tu hast Deinen jungen Freund bis heute noch nicht richtig taxirt. Ist es eine heimliche Liebe oder bereits vor der Welt sanktio nirt?" „Es ist alles erst im Werden. Er liebt das Mädchen und glaubt Jsoldens Neigung sicher zu sein, aber zu einer of fenen Werbung ist es noch nicht gekom men. Sie ist noch jung, und er will sie nicht binden, bevor ihre Liebe nicht ganz reif ist. Die Schwierigkeiten mit der Familie werden auch nicht ganz ausblei ben. Er ist Dichter und fühlt sich so sehr Dichter von Gottes Gnaden, daß er be absichtigt, bei seinem ersten, großen Er folg die Beamtenkarriere an den Nagel zu hängen und als freier Mann dem an geborenen Beruf zu leben. Das ist nichts für die Allensteins. Tu kennst ja die Rasse. Als königlich preußischer Be amter hätte er jede Chance, aber als freien Sohn der Musen, und selbst als lorbeergekrönten, werden sie ihn über die Achsel ansehen." „Da wird er ja vor dieselbe Alterna tive gestellt wie ich damals. Nun war te erst mal ab, ob er sich oder das Mäd chen opfert!" „Er beabsichtigt, sich und seine Liebe durchzusetzen. Nun, wir iverden ja se hen. Schön soll sie sein und tempera mentvoll dazu. Ich muß gestehen, mir paßt die Geschichte nicht für Kurt. War um muß es auch wieder eine Allenstein sein! Der Typus „Alexandra" geht mir wider die Natur und fällt mir auf die Nerven." „Du bist etwas altmodisch in Deinem Frauenideal. Alexandra ist das neue Weib, ihm gehört die Zukunft. Für mich hat diese Entwickelungsphase ein hohes psychisches Interesse." „Als Kulturexperiment,, ja. Aber nicht als Naturprodukt." „Das ist gar nicht zu trennen. Wo willst Du heutzutage die Grenze zwischen Natur und Kultur ziehe? Wir sind Alle Kulturexperimente. Es giebt nur einen Unterschied, das sind die geglück ten und die mißglückten. Ich halte den Typus „Alexandra" für ein geglücktes." „Du sprichst ein hartes Urtheil über uns Alle. Aber Du hast Recht. Nir gends mehr ein freigeborenes Menschen thum von Gnaden der hohen Göttin Na tur, überall der in der Retorte der Kul tur chemisch erzeugte Homumkulus." Pranken sah zu den Rosen auf seinem Schreibtisch aus. „Ich möchte die Seele dieses Weibes ergründen," sagte er gedankenvoll. „Nimm Dich in Acht, daß sie Dich nicht zu sehr ergründet," erwiderte Spitz berg. „Ich möchte die letzten Wahrheiten in der Weibesseele ergründen," beharrte Pranken. „Ist es nichts als der große Zeugungs- und Mutterinstinkt? Das ist nicht" denkbar bei einem Weibe wie Alexandra!" „Nein, es ist nicht wahrscheinlich, und darum ist sie eine Abart, eine taube Blü-! the am Baume des Lebens. Sie hat nicht mehr den normalen Instinkt." „Eine herrliche, berauschende Blüthe! Ja, die Knospe war schön, aber sie ließ solche Prachtentsaltung nicht ahnen. Sie singt heute die Valentine in den Huge notten. Ich habe mir vorgenommen, wenigstens noch einen Akt zu hören.- Laß mich jetzt allein, hernach kannst Du mich begleiten." „Tanke, ich ziehe einen gemüthlichen Abend bei Traube vor. Ich habe Kurt zu einer Flasche Steinberger Kabinet hinbestellt. Tu solltest auch lieber bei dem frischen Jungen Deinen Aerger los zu werden suchen, als dem Sirenengesang lin der Oper zu lauschen. Uebrigens be greife ich nicht, wie der Besuch Schess lers Dir so die Laune verderben konnte." „Weißt Du, wer heute Abend die In troduktion zu diesem Capriccio Schefs lers gab?" fragte Pranken, „meine ganze besondere Liebe, unser seudaler Baron Inkognito! Ein bischen zu viel des Gu- für einen Abend was?" „Und was wollte er? Kam er etwa von der Branicka?" „Sei unbesorgt im Gegentheil. Einmal kam er, um mich politisch aus zuspioniren, und zweitens, um mir ver ständlich zu machen, daß er in Betreff einer gewissen Dame das Vorrecht be anspruche. Beides machte er so geschickl, daß er sich mir ganz dekouvrirte, ohne das Geringste von mir zu erfahren, was er gern wissen wollte. Da müssen meine Gegner sich doch nach einem gewitzigteren Boten umsehen, wenn sie mich fassen wollen! Wie er mir in der Seele zu wider ist. dieser Leisetreter, dieser eitle 'Lasse, der sich seine gesunden Offiziers backen mit Philosophie bleich schmückt, um interessant zu erscheinen und Pfauen federn auf seinen Helm steckt! Der ganze Kerl, inwendig und auswendig, ist nichts als ein vergoldeter Protz, mit den Mil- lionen seiner von ihm zu Tode geärger ten und gelangweilten Frau über und ! über vergoldet, so daß die eigene Armse ligkeit für diejenigen, die sich blenden blassen, darunter verschwindet! Und mit so einein Menschen zusammen auf der I Gralsburg! Der würde sie mir in ei nem Tage oerekeln!" „Ah, also nach der Gralsburg steht sein Sinn?" bemerkte Spitzberg gedehnt. „Vielleicht handelt er auch im Interesse seiner Partei, wenn er Dich bald in je ner klösterlichen Zurückgezogenheit zu se hen wünscht. Hat er nicht dergleichen geäußert?" „Freilich, er redete mir dringend zu, mein Schwert in die Scheide zu stecken, um dort aus fernen Bergeshöhen die Lämmerherde meiner Friedensgedanken zu hüten. Ha, ha, ha, eine wundervolle Komödie, wahrhaftig, Freund und Feind in holder Eintracht bestrebt zu sehen, ! möglichst schnell einen todten Mann aus mir zu machen!" „Und doch oersolgenFreund und Feind entgegengesetzte Ziele dabei," fiel Spitz berg ein. „Wir wollen Dich nur aus ei nem nutzlosen und vergeblichen Kampf herausretten, um Dich der Welt in neuer, herrlicherer Gestalt wiederzugeben. Du bist zu schade für den unrühmlichen Platz eines Parteikämpfers, wir wollen Tich zum Messias einer neuen Zeitära ma chen und Dich gleichsam in die Wüste, in die Gletscherwüste führen, damit Tu Tir dort Teiner Messiaswürde voll und ganz bewußt wirst. Tiefe Gletfcherwiiste ist. nebenbei gesagt, thatsächlich ein irdisches Paradies. Ich bekam heute Nachricht von Hochberg und Bläser, die, wie Du weist, zur Besichtigung dort sind, sie sind völlig überwältigt von der auserlesenen Schönheit der Lage und können die Vor züge der Burg selbst und ihres Zube hörs nicht genug rühmen." „Auf denn nach der Gralsburg! Ruhe, nur Ruhe ist mein Sehnsuchtsschrei! Ruhe vor der kläffenden Meute meiner Feinde und meiner biederen Parteige nossen, dem süßen Pöbel! Und schließlich, wo ich Ruhe finden werde das ist dem Müden einerlei! Müde bin ich, alter Freund, sehr müde ob das noch ausreicht zur neuen Messias würde? „Im Arm der Liebe ruht sich's wohl doch auch im Schooß der Erde aber ich werde sentimental wie ein hysterisches Mädchen. Komm, Al ter, begleite mich in die Oper." „Begleiten will ich Tich, aber nicht dahin. Ich gehe zu Traube, Reinseld ist mir lieber als Meyerbeer und die Bra nicka zusammengenommen. Willst Du nicht lieber mit mir gehen? Ich glaube. > sür die ersehnte Ruhe wäre es rathsa mer." „Ich muß etwas große Musik hören, i um die Dissonanzen meiner Seele aus- zulösen, um das Gewäsch aus meinen > i malträtirten Ohren hinwegspülen zu las Spitzberg sah unzusrieden aus, er murmelte etwas von Sirenengesang und ,! „besser thun, sich die Ohren zu ver ' stopfen", aber Pranken that, als höre er nichts ! 12. ! Kurt von Reinfeld wurde am folgen den Morgen durch den Telegraphenbo ten in seiner Junggesellenwohnung aus Diesem Morgenschlaf geweckt. ! Diese Junggesellenwohnung bestand möblirten Zimmern zwei Treppen -hoch in der Mohrenstraße, bei einer ! „besseren Wittwe". i Er war sonst kein Langschläfer, aber i diesmal war es keine gewöhnliche Mü ! digkeit, die ihn bis in den hellen Tag ' hinein in schwerem Schlummer besangen 'hielt. Die Sitzung bei Traube war lang Ausgedehnt worden, und auf den Stein berger Kabinet folgten andere auserle sene Marken, als Pranken sich zu ihnen gesellte. , j Im Zusammensein mit diesem Mann 'war ihm die Nacht zum Tage geworden, j Es war eine große Nacht gewesen, die ! größte seines Lebens. Er hatte sich selbst entdeckt. Seine ! ganze Zukunft würde sich auf dieser Nacht aufbauen, das kam ihm jetzt zum ! Ter ältere Mann hatte den jüngeren die Hand genommen, hatte ihn auf > die Höhe geführt und ihm eine Welt von > wunderbarer Herrlichkeit gezeigt. . j Ties alles will ich Dir geben, so ' Nu niederfällst und mich anbetest, so Du - in meine Fußstapsen trittst." sagte er .'ihm. .! Da war etwas seltsames in ihm vor gegangen. Hatte er bis zu jenem Au lgenblick unter der Suggestion eines überlegenen. reiferen Geistes gestanden, kzaub-rt. berauscht von >n>b-n -dm G-wal, glänz-nd-r von d-r bl-nd-nd-n L°Z>l -imS whnm, vor nichts Zliruckschttckendin Verstau des, so war er plötzlich aus der Hypnose erwacht. Es sank wie Nebel von seinen Blicken, er hatte seine innere Freiheit wieder und ein wundervolles Kraftgefühl erfüllte ihn. Er sah einen Fehler in dem Rechen >exempel des Anderen, scheinbar ein ne bensächlicher, verschwindender Fehlers aber er vernichtete die ganze Rechnung.! Das ganze Gebäude jener stolzen.! selbstherrlichen Logik sank in sich zusam men. wenn man diesen falschen Eckstein aus dem Gefüge löste. Er fand den Muth, dem großen Mann den Fehler zu zeigen und ihm zu sagen, ich sehe die Welt anders an als Du. Der große Mann- hatte den Kampf aufnehmen müssen wie mit einem eben bürtigem Gegner. Stundenlang hatten sie im Geistes kampf gelegen. Es hatte sie hinausgetrieben, und sie durchwanderten die winterlichen Stra ßen und die schlafende Stadt, ohne von einander los zu können. Am Fuß der Denkmäler hatten sie gestanden, unter entlaubten Bäumen waren sie auf und abgelaufen, über Brü cken und schivarz fließendes Wasser ge gangen. im Schatten ragender Mauern iind Paläste irrten sie umher, ohne zum Bewußtsein ihrer Umgebung oder eines körperlichen Empfindens zu kommen. Und in diesem großen. l?eißen Kampf hatte Curt seine ganze Persönlichkeit gefunden, sich selbst zur inneren Freiheit 'durchgerungen. . Er war auf seinen eigenen Füßen stehen geblieben, und nun wußte er, daß, er künftig immer aus eigenen Füßen, stehen würde ! ! Darauf hatte er so tief und glücklich > 'geschlafen wie ein Kind. . Als er jetzt das Telegramm erbrach und las. das ihm in's Zimmer geflogen war. jauchzte er laut vor Freude. Es lautete: . ! „Heute zwei Uhr Bahnhof Friedrich straße mit Onkel Brömmelburg. Isolde." i Sie hielt ihr Versprechen, sie kam! Sein kühnstes, seligstes Hoffen bestä-! tigte sich. Ä!ürde sie kommen, wenn sie ihn nicht liebte? > Als er kürzlich, nach bestandenem! Examen, die schlesische .Heimath verließ und den letzten Besuch draußen bei Al-! . lensteins machte, hatte sie ihm gesagt, wie sehnlich sie wünsche, den Winter in Berlin zubringen zu dürfen. Aber nicht! !um in die Gesellschaft eingeführt oder! bei Hofe vorgestellt zu werden, wie ihre! Familie es beabsichtige, sondern um die 'vielen Lücken ihrer Kenntnisse auszu füllen und vor allen Dingen die Groß ! Stadt geistig zu genießen. ! Welck glückliche Chance, daß sie! fürs Erste mit Onkel Brömmelburg al-> , lein kam ! Der alte Herr hatte Passionen, die! . ihn vollständig unschädlich machten; so-> er in der Welt seiner Ideale war.! ging ihm die Wahrnehmung der Wirk lichkeit ab. Diese Ideale waren Pferde, Soldaten und das angestammte Herr scherhaus, ließen sich also hier leicht be- friedigen. j Bereits eine Viertelstunde vor Ein treffen des Zuges ging Curt in freudig ster Erwartung auf dem Bahnsteig im Friedrichsstraßenbahnhof auf und ab. Das Donnern und Stampfen der her einrollenden Züge mit all dem ohrenbe täubenden Lärm des Großstadtverkehrs klang ihm heute wie Musik. .Heute war ihm diese Riesenbahnhalle von Glas und Eisen mit dem nervenzerreißenden Ge triebe kein unangenehmer Aufenthalt, !er empfand sie als einen Brennpunkt der Civilisation, als einen Triumph der Kultur, einen erhabenen Tempel des Menschen, des Herrn der Erde, der die >ihm gegebenen Grenzen von Zeit und Raum allmälig erweitert und überflü gelt hat. ! In seiner auf Höchste gesteigerten fro i hen Erwartung, die all seine Sinne auf j einen Punkt konzentrirte. lief er Pran ken. der ihm in der Menge entgegenkam, fast um, ohne ihn zu sehen. „Halloh! Herr von Reinseld! Rei sen Sie vielleicht auch mit dem Zwei Uhr zehn - Schnellzug? Ihre Gesell schaft wäre mir sehr angenehm auf die ser verflucht langweiligen Geschästs >tour!" „Bedaure Exzellenz, ich erwarte hier ! Bekannte," erwiederte Curt, dem die I Störung in diesem Augenblick sehr un iwillkommen war, dann gerade brauste i der schlesische Zug in die Halle. Pranken, seinen Diener mit dem hinter sich, blieb neben ihm stehen. Ein großer, schwarzer Rembrandt hut, der ein rosiges Mädchengesicht be schattete, tauchte ini Rahmen eines Wa genfensters auf. Eine schlanke Hand im langen, dänischen Handschuh winkte einen fröhlichen Gruß. Doch der lachende Uebermuth, mit dem Isolde von Allenstein ihren Freund begrüßen wollte, wandelte sich fast in ehrfürchtige Scheu, als sie die hohe Ge stalt des Fremden neben ihm erblickte. Ihre großen, eindrucksvollen Augen maßen ihn mit einem langen, forschen den Blick, während der Zug, noch in Be wegung. an den beiden Männern lang sam vorüberglitt. Pranken hatte sofort begriffen, wen der junge Assessor hier erwartete. „Adieu, Adieu! Ich will nicht stö ren!" rief er ihm nach, als dieser den Ankommenden an den Wagen entgegen eilte. und verschwand in der Menge. „Na, Gott sei Tank, da wären wir endlich hei! und gesund, mit ganzen Knochen, ohne Entgleisung oder Zu sammenstoß. War ganz darauf vor bereitet!" rief Herr von Brömmel burg. indem er mit Curts Hilfe seine hundertzehn Kilo Männlichkeit zum ! Wagen hinauswälzte. Sein gesund gebräuntes Gesicht, der malerische brau lNe Kaisermantel und die Sportmütze sofort den Landmann aus der Provinz. ! „Hurrah. Berlin!" sagte Isolde mit Einern tiefen Aufathmen und leuchtenden Augen, als sie nach Auslieferung zahl reicher Plaidrollen, Reisesäcke und Handtaschen endlich mit einem leichten > Sprung aus dem Bahnsteig landete. ! „Ich möchte den ganzen Bahnhof um armen! Diesen entzückenden Bahnhos. der Einem gleich das Gefühl der Welt stadt giebt!" „Na, Kind. Hinterwäldler sind wir doch auch gerade nicht. Bitte, mich bei leibe nicht zum Provinzonkel zu stem peln." „Wie ich mich freue, wie ich mich freue!" wiederholte Curt immer wieder und drückte die schlanke Hand im festen Lederhandschuh. -„Wer war denn der große Herr, der neben Ihnen stand, als wir ankamen?" fragte Isolde während der Droschken fahrt nach dem „Kaiserhof". „Haben Sie ihn gesehen? Das war Pranken." „Pranken?" riefen Onkel und Nich te aus einem Munde. „Wie mich das interessirt!" fügte Isolde hinzu, die ihrer Kusine Alexan- dra Aebesgeschichte und Schicksal stets mit glühender Antheilnahme erfüllt hat te und mit brennender Neugier. „Gott sei Tan?, der hat ausgespielt!"! bemerkte Herr von Brömmelburg mit tiefer Genugthuung. „Ich Hab's ja im mer gesagt: Eine Zeit lang blendet's die Leute, dann ist's aus. Wie kommen Sie denn zu der Bekanntschaft, Herr As sessor?" ! „In Berlin und in meinem Beruf kann man zu jeder Bekanntschaft kom men," wich Kurt aus. Uebrigens ha ben Sie feine große Rede gelesen die Reform des Grundbesitzrechis? Es war sein Schwanensang, ein oratori sches Meisterwerk!" „Tanke für solche Meisterwerkes brummte der alte „na. ste haben - ihm gut drausgegeben." Isolde sah gedankenvoll aus. ! „Er hat einen prachtvollen. Kops, i sagte sie, „es liegt etwas Cäsarisches da- rin, ein Jmperatorkops. Wie mich das! interessirt, den Helden von Alexandras. Roman gesehen zu haben! Ter Erste, der mir hier begegnet!" > Nachdem man im Hotel Kaileroos Zimmer genommen, gespeist und Toilette gemacht hatte, trafen Onkel und Nichte! wieder mit dem Assessor von Reinseld lxt Kranzler Unter den Linden zusammen. Herr von Brömmelburg hatte eine pie tätvolle Anhänglichkeit für Kranzler, den! er von seiner Jugend her für das vor-! nehmste und unübertrefflichste Berliner Caft> hielt. Er liebte es, stundenlang, mit der Zeitung am Eckfenster zu sitzen und das Verkehrsgewühl, das sich hier an der Friedrichstraße staute, gemächlich, zu beobachten. Isolde wurde das enge Lokal, in dem die Menschen sich an kleinen Tischen drängten, so daß eine ungenirte möglich war. bald be drückend. und sie folgte gern der Auffor derung Kurts zu einer Promenade. „Ich habe Ihnen viel zu erzählen. Herr von Reinseld." plauderte sie. als sich! Beide von dem Menschenstrom die Lm-> den hinunter treiben ließen, „ich muß Sie j in meinen Feldzugsplan einweihen, vor ausgesetzt, daß ich in Ihnen einen Ver-! bündeten finde." „Ich schwöre Ihnen Waffenbrüder schaft mit Leib und Leben!" erwiderte der ' junge Mann, indem er in die dunklen Mädchenaugen unter dem Rembrandthut! zu sehen strebte. „Daraus hatte ich gerechnet. Also hö-! Ren Sie. Mama wollte mich durchaus diesen Winter in die große Welt einsüh-! ren. Zuerst sollte ich einen kleinen > Uebungskursus in unserem heimischen Gesellschaftskreis durchmachen und Ende Januar, ivenn hier die eigentliche Saison beginnt, am Hofe vorgestellt werden. Meine Schwester Melitta wurde genau! in meinem Alter auf diese Weise'aus den ' Heirathsmarkt gebracht, und da der Er-! ! folg glänzend ausfiel, erscheint eine Wie derholung wünschenswerth. Gott, was habe ich für Mühe gehabt, Mama überzeugen, daß es vorläufig noch nicht mein höchster Ehrgeiz ist. meinen Trous-j seau zu bestellen! Allein einer Intrigue verdanke ich meine Freisprechung. Ich habe unseren guten, alten Doktor Bend-! ler, der mich immer etwas verzogen Hai,! bestochen, Mama etwas von „zarter Kon-! stitution" vorzuschwindeln, die es wün schenswerth erscheinen läßt, mir das ehe liche Joch noch ein oder zwei Jahre zu er sparen. Denken Sie nur! ich mit meiner pöbelhaften Gesundheit!" Isolde lachte glückselig, und Kurt stimmte ein. Er war so unbändig glücklich über diese Mittheilung, daß er sich nicht ent halten konnte, zu flüstern: „O, Isolde, wie danke ich Ihnen, was Sie gethan!" Das junge Mädchen erröthete, nahm aber eine etwas reservirte Haltung an und fuhr lebhaft fort: „Hören Sie nur weiter. Es ist schau derhaft, zu was für eine Jntriguantin ich mich ausbilde, aber im Grunde ist es berechtigter Selbsterhaltungstrieb. Ich bin Onkel Brömmelburg so lange um den Bart gegangen und war so zuckersüß mit ihm, bis er von selbst den Wunsch aussprach, ich möchte ihn nach Berlin be gleiten zu seinem üblichen Winterausent halt, der gewöhnlich vierzehn Tage dau ert. Man hatte natürlich zu .Hause Be denken, mich ohne Gardedame nach Spree-Babel zu entsenden, aber wie Sie wissen, ist Onkel Theo in der Familie ein so unerschütterlicher rocher de bronze in Allem, was Anfechtung bedeutet, daß man mich in seinem Schutze ebenso sicher glaubt, wie die langweilige Dame, die Gräfin von Saverne. von der bekanntlich der Versucher fern bleiben soll." „Der gute Onkel!" lachte Kurt, „ich hoffe, daß seine geliebten Kameraden vom zweiten Garderegiment ihn recht oft zum Frühstück und Liebesmahl einla den!" „Wenn die Meinen ahnten, was ich plane, hätten sie mich nie hergelassen! Denken Sie nur. ich beabsichtige nichts weniger, als den Winter auf eigene Faust hier zu bleiben. Aber weniger zum Ver gnügen als Studien halber. Ich habe eingesehen, wie mangelhaft meine Kennt nisse sind, welche Lücken die Gouvernan tenerziehung bei mir gelassen. Ich kann aber nicht dabei stehen bleiben, mein Le ben mit feinen Handarbeiten, Golo schnittpoesie, Toilettensorgen und Gesell schastsklatsch zuzubringen! Ob ich Hei rathe oder nicht, ist mir ganz egal " „Ach. ist Ihnen das wirklich egal?" „Nun ja, ich meine, ich wollte sagen ich denke, wir Frauen sollten nickt in er ster Linie ans Heirathen d'nken, sondern zuerst daran, ein vernüns. Ger Mensck zu werden. Ach, Sie glauben nickt, wie bo denlos dumm und unwissend ich mich fühle!" „Diese Erkenntniß zeugt von einem nicht gewöhnlichen W:ssen." „Ja. oerspotten Sie mich nur! Aber helfen müssen Sie mir doch! Ich will die vierzehn Tage meines Hierseins be nützen, mir eine Familienpension zu su chen. in der ich auch allein gut aufgehoben bin. Ferner will ich mich nach den besten Gelegenheiten erkundigen, wissenschaftli che Vorträge zu hören, vor allen Tingen naturwissenschaftliche, doch auch über Li teratur, Kunstgeschichte, Philosophie und etwas Rechtswissenschaft." „So gelehrt wollen Sie werden?" lä chelte Kurt. „O, ich habe einen Wissenshunger, eine Arbeitslust in mir, die alle Brunnen und Quellen der Erkenntniß ausschöpfen möchte! Ich könme mich nie damit be gnügen, ein Leben wie die Tamen mei nes Gesellschaftskreises zu führen. Uno wenn ich doch einmal Heirathen sollte, will ich meinem Mann auch geistig etwas sein, ihn verstehen und seine Interessen theilen. Aber mein höchster Lebenszweck bin vorläufig ich selbst und meine per sönliche Ausbildung!" „Bravo!" sagte Kurt, „immer die nächsten Ziele zuerst im Auge haben, ist Hauptsache. Ich stimme Ihnen aus vol lem Herzen bei, und, abgesehen von al lem selbstsüchtigen Interesse an Ihrem Hierbleiben, kann ich nicht sagen, wie ich mich freue, daß Sie so ganz das Rich tige, das Rechte getroffen haben. Mir ist nur bange, wie Ihre Familie sick dazu stellen wird, ob man es Ihnen gestattet, diesen Plan zu verwirklichen. Ich fürch te, es wird Konflikte qebe^" „Die wird es sicher geben. Aber ein starker Wille vermag viel. Ick rechne aus Papas und Mamas Nachgiebigkeit. sie können mir nicht leicht etwas abschla gen." Das junge Paar war langsam die ! Linden hinaus und hinab geschlendert. Jsold siel aus; sast alle Vorübergehenden i starrten sie an und Viele sahen sich nach ihr um, während sie mit souveräner Hal ! tung achtlos durch die Menge schritt. Sie hatte den freien, unbefangenen > Blick des Naturkindes, der gewohnt ist, ! in's Große, Weite zu schweifen und in ! der Einsamkeit von Wald und Feld nicht ! auf die eigene Person zu achten. Diese Unbefangenheit gegenüber de? ' glotzenden Neugier des Großstadtpubli' kums kleidete sie reizend in Kurts Augen, l und mehr denn je war er von dem Zau ! ber des frischen Landkindes gesangen, a' ! dem der Duft des freien Feldes und dec ! würzigen Waldluft hing. (Fortsetzung folgt.) Gedichte. j K a i s e r F r i e d r i ch der Zweite. (Von C. Ferd. Meyer.) In den Armen seines Jüngsten Pbantasirt der sieche Kaiser, An dem treuen Herzen Manfred', , Kämpft er feinen Todeskampf. ! Mit den geisterhaften, blauen ! Augen starrt er in die Weite. Während seine fieberheiße Rechte preßt des Sohnes Hand. Manfred, lausche, meinen Worten: Trüben auf dem Marmortische ! Mit den Greifen liegt mein gültig Unterschrieben Testament. Eine Kutte, drin zu sterben, Schenkten mir die braven Mönche. Taß ich meine Seele rette Trotz dem Bann des heil'gen Stuhls. ! Manfred, meines Herzens Liebling ! Laß den Herold auf den Söl^ . Treten und der Erde melden, der Hohenstaufe schied. ! Manfred, mit den blonden Locken. ! Sarge prächtig ein die Kutte. ! Führe sie mit Schaugepränae j Nach d'm Dome von Palerm. i Weißt du. Liebling, das Gebeimniß? ! Diese Nacht in einer Sänfte Tragen meine Sarazenen i Sacht mich an den Strand des Meers ' Meiner harrt ein schwellend Segel, Auf des Schiffes Teck gelagert. Fahr' entgegen ich dem Morgen ! Und dem neugebornen Strahl. . ! Fern auf einem Vorgebirge. ! Das in blaue Flutb hinausrag,, ! Steht ein Halb zertrümmert KlosteZ Und ein schlanker Tempelbau. Zwischen Kloster und Rotunde Schlagen wir das Zelt im Freien. Selig athm' ich Meer und Himmel, Bis mich Schlummer übermannt. -t- Sonnige Augen. >Heut scheint mir die liebe Gotteswelt Doppelt so viel zu taugen. Es ist mir der ganze Tag erhellt Von ein paar sonnigen Augen. ! Die Augen waren so jung und braun Und so voll Reinheit und Milde, Wie Engelsaugen anzuschaun Aus einem Raphaels-Bilde. Nun meint ihr wohl, irgend ein schönes Kind Hat sie im Kopse getragen? Ach, falsch geschlossen, und geschwind Muß ich das Weitere sagen. !Denn die Umgebung, die paßte nicht: Da waren zwei mächtige Brauen. Da waren Runzeln und Fältchen dicht In verwittertem Antlitz zu schauen. An keinem Mündlein holder Art Blieben die Blicke hangen. Es rahmte ein weißer Schisserbart Zwei wetterbraune Wangen. Toch alles das, es galt mir gleich. Mocht's auch zur Schönheit nicht tau gen. Es lag so ein Stück vom Himmelreich In diesen Menschenaugen. Und hat nach langer Lebensfahrt Sich das Alter die leuchtenden Sterne In seinen müden Augen bewahrt. - So sieht man's doppelt gerne. Ueber t ö n t. Freundin: „Wie. von dem furchtbaren Gewitter diese Nacht haben Sie nichts gehört?" ! Frau: „Ach nein, mein Mann ja so entsetzlich!" Hieb. Gattin: „Was sagst Tu zu der Mül- ler'scken Heirath er ist taub und sie ! ist stumm." Gatte: „Na, da ist sein Eheglück ja doppelt oerbürgt." Neuer Titel. Mann: „Die Frau Rath führt wohf in Euerem Kränzchen das erste Frau: „Ja, die ist die reinste Kaffee Schlachtenlenkerin!" Sinnspruch. Schönen Frau'n Soll man nicht trau'n; Ist eine häßlich wie die Nacht. Hast Du sie auch nicht in der Mach!. Zur Mode. Heutzutage werden die Frauen von der Mode sehr in „d i e Enge" getrie ben. Boshaft. Dichter (dessen Stück eben aufgeführt wird, zu der vor ihm sitzenden Dame): „Türste ich Sie ersuchen, Ihren Hut ab zunehmen, meine Gnädige?" (Tie Tarne erfüllt seinen Wunsch.) Nach den ersten beiden Akten, die qlündlich absallen, wendet sich die Dame um: „Jetzt darf ick den Hut wohl wie der aufsetzen, Herr Tottor Unterschiedlich. Student A.: „Wer weckt Dich eigent lich Morgens?" Student B.: „Hm. gewöhnlich weck' mich der Geldbriesträger; manchmal war es aber auch schon der Gerichtsvoll' zieher." Nur dann. .Herr iin einen Laden tretend und dort einen ibm bekannten Jungen erblickend): ! „Arbeiten >?ie hier, mein Freund?" Lehrling: „Nur, wenn der Prinzips ! da ist!" Zu viel Entlastung. Angeklagter: „Herr Richter, ich mein', jetzt müßt' ich doch freigesprochen werden Ich habe zwei Zeugen, die beschwören, daß ich zur Stunde, wo der Diebstahl verübt wurde, daheim im Bette lag. und l zwei andere, die beschwören, daß ick zur selben Zeit mit ihnen spazieren ging. ! Jetzt kann mir's doch nicht mehr scha llen!"