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2 Die Aruevilurnev und die Deutschen Teutsche Kultur im amerikanischen Urtheil. Spöttelnde Beurtheilung und rechtes Verstehen. Besprechung dieser Beurtheilung durch die „Kölnische Zeitung." K ö l n, I I. Tczembcr. Tie Lon don „Taily News", so schreibt die „Kölnische Zeitung," läßt sich von ei nem Amerikaner NnmenS John Her bert aus New Uork einen Brief schreiben, der für gewisscKreise in den Vereinigten Staaten typisch ist nnd daher Beachtung verdient. Ter Brief schreiber spöttelt in einem Tone, der kaum noch ernst genommen werden kann, über den angeblichen Anspruch der Teutschen, so etwas wie eine deut sche Kultur zu vertheidigen. Solch ein Ding ist dem Herrn Herbert ganz unbekannt, er habe zwar, schreibt er, sammt vielen seiner Landsleute, Tentschland bereist, Teutsche Persön lich kennen gelernt und die deutsche Art beobachtet, aber von einer deut schen Kultur hätten sie nichts be merkt. Man habe nun, geht das Oie rede weiter, die Teutschen gebeten, doch ihre Kultur zu zeigen, die an geblich von den Feinden nicht ver nichtet werden dürfe. Ta seien die Teutschen verlegen geworden, hätten hin nnd her geredet, und schließlich Hütten sie die Sache definirt als eine wissenschaftliche Entwicklung des Wil lins zur Macht durch die Klassen und des kategorischen Imperativs durch die Massen." TaS soll nicht etwa ein schwülstiger Scherz deS Herrn Her bert sein im Stil einer Ansprache in einer carnevalistischen Sitzung, son dern er glaubt mit diesem Blech wirklich die philosophische Formel ge funden zu haben, in der das, was die Teutschen Kultur nennen, sich zusam menfassen läßt. Er weist mit dem Finger auf Nietzsches' llebcrmenschen und auf Kant's kategorischen Impe rativ, klatscht in die Hände und ruft: Aha! Teutsche Kultur ist eine Erfin dung, den Klassen Macht ohne Mo ral zu geben und den Massen Moral ohne Macht! Er läßt sich daun noch im Geisle von den Teutschen bestäti gen, daß der gegenwärtige Krieg, über den er natürlich die Ansichten unserer Feinde hat, eine Schaustel lung dieser deutschen Kultur fei, und schließt mit der obstoßenden Geste ei nes Vertreters- amerikanischer Kul tur, der den Teutsche rathe, ihr klebermenschenthum erst einmal niit den Mornllehren Kant's in Einklang zu bringen. Das Geschwätz des Herrn Herbert wäre liier nicht erwähnt worden, wenn es nicht die geistreichelnde Auf machung von Phrase,; und Redens arten wäre, die bei der Masse der Halbgebildeten in Amerika im Schwange gehen und daher für die Stimmung uns gegenüber von Be deutung sind. Die Amerikaner sind eine junge Nation und treten eben erst in den Kreis der Kulturvölker ein: man kann daher nicht verlan gen, daß ibnen die Tiefen ndSchön heiten unserer Bildiingsart, die noch dazu etwas nach außen Sprödes und Fremdartiges an sich trägt, schon of fenbar geworden sind. Es kommt hinzu, daß im Laufe der Geschichte die englische und französische Kultur sich ihnen zuerst dargeboten haben, so daß sie zunächst deren Grundelemen te zum Aufbau ihres eigenen Kul turlebens übernommen haben. So erklärt eS sich, daß ihr Bürgcrthum zu Beginn des Krieges ziemlich wi derstandslos der lügnerischen Phra seologie unserer Feinde ausgeliefert war, und daß so etwas wie Nietz sches Lehre vom llebcrmcnschcn als deutsches National-Evnngcliuin bei ihnen Eingang finden konnte. Aber die Amerikaner sollten inzwischen! Zeit gefunden haben, die ihnen von London und Paris gelieferten Ur theile nachzuprüfen nnd von dem Charakter deS deutschen Volkes und den Gütern, um die eS kämpft, eine eigene Meinung zu gewinnen. Es sollte ihnen zu denken geben, daß die beste und kulturreifste Zeitung Ame rika's, die New ?)ork Evening Post, sich nicht inn unsern politischen Sieg, aber um die Erhaltung unserer Kul tur für die Menschheit besorgt ist, und daß an der Spitze der deutschfeindli chen Presse der New Jork Hcrnld, das geistloseste Blatt der Vereinigten Staaten, niarschirt. Sie brauchen unsern Göthe und Schiller nicht zu kennen und die unabsehbare Reihe der deutschen Tcnker. Aber sie soll te so viel Oieschichte kennen, um zu wissen, daß Tentschland auch kultu rell das Herz Europas ist, daß an dem reich blühenden Baum der euro päischen National - Kulturen, deren jüngster Zweig die amerikanische ist, Deutschland den starken Stamm dar stellt. Geschichtlich betrachtet, steckt in jedem Dorf in Tentschland niehr „Kultur" als in einem ganzen Staat in Amerika. Nun giebt eS viele Amerikaner, die von diesen Thatsachen zwar eine ge wisse Ahnung haben, aber doch durch die englisch französischen Schlagworte vom deutschen „Militarismus" und dem „brutalen deutschen Machtbestrc ben" völlig cingcfangen sind. Sic legen sich daher die Vorstellung von einem doppelten Teutschland zurecht: einem alten, friedliebenden, dem un ter den Kulturnationen der Erde ein Plätzchen einzuräumen sei, und dem rücksichtslose, gewaltthätig- von heute, das eben im Interesse der all gemeinen friedlichen Kultur-Entwick lung allgemein z bekämpfen sei. Es würde wenig nützen, wenn w i r den Amerikanern diese Vorstellung sür absurd erklärten, da wir natürlich in ihren Angen parteiisch sind. Aber wenn sic sich umsehen wollten, fän den sie in ihrem eigenen Kreise an gesehene und unterrichtete Männer genug, die ihnen sagen könnten, daß von dem Deutschland der Goethe und Schiller, der Gelehrten und Denker, bis zu dem heutigen Teutschland der wcltwirthschaftlichen, großmächtigen Bethätigung eine schnurgerade Linie läuft. Wir empfehlen ihnen da z. V. das Buch des von ihnen geschätzten Schriftstellers Pricc Collier: Deutsch land und die Teutschen vom amen kanischen Gesichtspunkt aus betrach tet, worill durchaus nicht kritiklos, aber wahrheitsgemäß die kulturellen Quellen der heutigen Entwicklung Tcutschland's aufgezeigt werden. Ta können sie lesen, daß Tentschland das höchste kulturelle Gut der nationalen Freiheit dem militärischen Preußen verdankt, daß Deutschland sich selbst verlor im Ausländerthum, als cs nur das Land der Dichter und Ten ker war. Von unserem Wirthschaft lichen Aufschwung sagt Collier: „Tie Teutschen haben der Welt lyrische Dichtungen, Musik, Mythologie und Philosopohie geschenkt, und daran hängt noch heute ihre ganze Seele. Sie traten gerade in dem Augenblick in die moderne Welt ein, in dem sich die Wissenschaft mit Handel und In dustrie vermählte, und deshalb kani ihre abgenutzte, frische und jugend liche intellektuelle Kraft in der In dustrie zum Ausdruck." Aber heute noch seien ihre Ideale seelischer, nicht materieller Natur: „Ter Amerikaner trachtet nach Reichthum, der Fran zose nach Ruhm: der Teutsche genügt sich am friedlichen Genuß der Musik, der Dichtung und schönen Künste und an einem freundschaftlichen und sehr einfachen Verkehr mit seinen Nebcn menschen." In einem Kapitel über, unser Erzichuugswescn, das er be zeichnenderweise „Ein Land ver dammter Professoren" nennt, ruft ver Verfasser aus: „Betrachtet man den Bereich der Ausbildung von den Volks- und Fortbildungsschulen auf wärts und bedenkt, daß Tausende überdies noch als Studenten im Handel u. der Industrie von Deutsch land thätig sind, so erkennt man, daß Deutschland geradezu mit einem en gen Kamm der Bildung bearbeitet wird. Es gibt auf der ganzen Welt nicht nur Nichts, was daran heran reicht, sondern thatsächlich Nichts, waS de Vergleich damit anshält." Diesem Amerikaner erscheint das Deutschland von heute und das alte Deutschland als e i n Land ständiger Tüchtigkeit, das fort und fort Söhne hervorbringt, vor denen andere Na tionen den Hut abziehen sollten. Er ruft seinen Landsleuten zu: Wo findet ein Amerikaner mit nüchternem Verstand wohl im 10. Jahrhundert, abgesehen von Lincoln, einen Staatsmann wie Bismarck, ei > neu Liederdichter und witzigen Kopf wie Heine, einen Musiker wie Wag ner, Brahms und Beethoven, einen Gelehrten und Dichter wie Goethe, .Kritiker von noch heute lebendigem Einfluß wie Lessing und Winkel mann, gelehrte Patrioten voni Schla ge eines Fichte, Philosophen wie He gel und Kant, Gelehrte wie Hum boldt, Liebig, Hclmholtz, Bunsen und Häckel, Soldaten wie Moltke und Roo, Fabrikanteil vom Range eines Krupp und Borsig? Lincoln, Lee, Sherman, Jackson und Grant mögen diesen Männern in ihren Gebieten gleichkommen, aber abgesehen von ihnen besteht unsere einzige und sehr zweifelhafte Neberlegenheit in unsern durch Trusts und Tarife ausgebrüte ten Millionären. Als ein hervorragend guter Ken ner der Menschen und Staaten gilt den Amerikanern ihr ehemaliger Präsident Roosevelt. Sie könnten auch von ihm lernen, wie sehr sie mit ihrer Scheidung zwischen zweiTeutsch land auf dein Holzwege sind. Wir erinnern sie an die Worte, die Roosc- Veit inl Juli 1005 bei einer An sprache in der Clark-llniversität in Wertester (Mass.) sprach: Ein Volk der That muß auch ein Volk der Träumer sein, denn die wahrhaft großen Thaten haben ihren Ursprung in großen Gedanken, in Der Deutsche Korrespondent, Baltimore, Md., Samstag, den 9. Januar 1915. großen Träumen. Ter bewunde rungswürdige Aufschwung Teutsch land's in der Welt des Handels und der Oiewerbe nicht minder, als in Kunst und Literatur, ist auf die Thatsache zurückzuführen, daß der Teutsche sein Geistesleben erzog, sich hohe Ideale stellte und diese in seiner praktischen Weise zur Geltung brach te. Von Deutschland hat unser Land viel gelernt, Deutschland hat hervor ragend zu dem Blut unseres Volkes beigetragen, und eS gab unserem Sy stem, Männer der Wissenschaft heran zubilden, die stärkste Bewegung, die unser llnivcrsitäts- und Gelehrten? wesen je erhielt. Indem wir von den Teutschen übernehmen, was immer wir können, möchte ich, daß wir ins besondere uns ihren Idealismus zu eigen machen und ferner ihren durch dringenden gesunden Verstand, der sie befähigt, ihren idealen Geist in ein Werkzeug zu verwandeln, mit dem sie die vollendetste militärische und industrielle Organisation geschaf fcn haben, die die Welt je gesehen hat. In den Reden und Aufsätzen, wel che die sogenannten Austausch-Pro fessoren, Männer wie Burgeß, Whee ler und Andere, nach ihrer Rückkehr aus Deutschland veröffentlicht haben, findet man ebenfalls nur ein Deutschland, dem sie Anerkennung zollen, das Deutschland der Wissen schaft und der Technik, des geistigen und des. .materiellen Aufschwunges, der Jdce'n und der irdischen Güter. Wäre es nicht gerecht, die Amerika ner gingen etwas mehr bei diesen Kennern unseres Landes, die sie da hoiMahabcn, in die Schule statt bei den Hetzblättern, die ihre Wissenschaft von London und Paris beziehen? Das Recht der Vergeltung. Tie „Coblenzer Zeitung" giebt den Brief deS englischen Schriftstellers Francis Gribble wieder, der Zeugniß für die fchonungSvolle Behandlung der Engländer in Tcutschlaild ab legt. Gribble ist inzwischen in das Conzentrationslagcr nach Nnhlebcn gebracht worden. Wir greifen ans dem Briefe folgende Stellen heraus: An die Expedition der „Times". Mein Herr! Es ist nur gestattet, vom Ge sichtspunkte eines Engländers von Tentschland ans ein Wort zu sagen über die Behandlung der Ausländer, die sich leider während deS gegenwär tigen Krieges als in Feindesland wiederfanden. Meine Informatio nen über die 'Ereignisse in Enßland sind nothwendigerwcise deutschen Quellen entnommen oder freiere llebersetzung darüber. Aber wie Tentschland denkt und fühlt, kann , ich auS persönlicher Kenntniß mit theilen. Krankheit verhinderte mich, vor dem Ausbruch des Krieges nach Hause zurückzukehren. Seit der Zeit bin ich mit vielen Teutschen in Ver bindung getreten, sowohl mit priva ten wie offiziellen Persönlichkeiten. Von keinem von ihnen habe ich ande res erfahren, denn Liebenswür digkeit, als den Ausdruck des offen baren Wunsches, alles den unfreiwil lig unter ihnen wohnenden englischen Civilisten so angenehm wie möglich zu mache; andere Engländer, die in verschiedenen Geschäftszweigen in Coblenz thätig sind, versichern mir, ,dM. ihre Erfahrungen den ineinigen gleich seien. Tie einzige Einschrän kung, die unsere Freiheit erfuhr, war die. Verpflichtung, jeden Tag bei der Polizeibehörde „guten Morgen" zu sagen. Es sind durchaus keine feind lichen Kundgebungen des Volkes öder gar Boykott in irgend einer Weise vorgekommen. Ihre Freunde in den Nachbarstädtcu berichten, daß auch ihre Erfahrungen gleich ange nehme gewesen sind. Natürlich waren daher diese alle sehr entrüstet, als sic erfuhren, daß ihr eigenes Land viel weniger tole rant gegen diese Bewohner gewesen war, und Protestiren nun laut gegen die nöthige Quälerei von Civilbe völkerung und Privatpersonen in England: eine Politik, die jetzt—nach einem beträchtlichen Beweis der Schonung deutscherseits Repressa lien erfordert. Letzten Freitag Nach mittag wurden wir alle verhaftet, und wir werden augenblicklich auf der Polizei-Station zurückgehalten, noch im unklaren über unsere Ueber führung in ein Concentrationslager, wo wir, wie man uns versichert, gut behandelt werden sollen: selbst die Damen unserer verschiedenen Grup pen dürfen das Land nicht verlassen. Es ist die Anwendung des „Lex Ta lionis" (Jus talionis, das Recht der Vergeltung). Wir sind nicht berech tigt, uns zu beklagen. Wir müssen uns eben trösten, wenn ein Trost in der Betrachtung liegen kann, daß die Anzahl der Teutschen, die in England Unbequemlichkeiten erleiden, größer ist als die Zahl der Engländer, die in Deutschland Unbequemlichkeiten er duldet. Die Engländer in Deutschland sind sich alle darüber einig, ihr Erstaunen darüber aussprechen zu müssen, daß Der Wiederaufbau Hstpreusten's Vorschläge für die Organisation des Wiederaufbaues der von den Russen im Angnst verwüsteten preußischen Ostmark vom Stadt- Banrath a. D. Fritz Benster, Berlin. Berlin, 12. Dezember. Tie Frage der zweckmäßigen Organisa tion des Wiederaufbaus Ostpreußens hat in den letzten Wochen mit Recht die Ocffentlichkeit lebhaft beschäftigt. Hängt eS doch von ihrer glücklichen Lösung und der Auswahl der geeig neten Persönlichkeiten ab, ob es ge lingen wird, dem schwergeprüften Ostpreußen die Wohlthat eines Kul tnrgewandeS und dies ohne be sonderen Kostenaufwand hierfür zu verschaffen. Ter Verband deut scher Architekten- und Jngcnieurver eine weist mit Recht darauf hin, daß die Entwicklung in Ostpreußen in den letzten Jahrzehnten Ergebnisse gezeitigt hat, die allem, was zweck mäßig, bodenständig und künstlerisch heißt, stark widersprechen. Tic Preu ßische Staatsrcgicrung ist sich der vaterländischen Bedeutung der gro ßen Aufgabe voll bewußt: ermäch tigt doch der König das Staatsmini stcrium, in die von ihm eingesetzte KriegShülfs-Commission sachverstän dige Mitglieder zu berufen. Tie Zeitungen melden jetzt eine Vermeh rung der Bauberathungsstcllcn in der Provinz und anderes, was da rauf schließen läßt, daß man die staatlichen Beihülfen an die Geschä digten auszahlen und gleichzeitig mit den üblichen Mitteln: Bebau ngsplan, Bauordnung, OrtsstatuS, Baubcrathung u. s. w., mit denen wir sonst das Sicdlungswcsen zu be einflussen pflegen, auf den Wieder aufbau nehmen will. Sind diese Beeinslussnngsmittel bei dem gegen wärtigen Zustand deS öffentlichen Rechtes kaum durch bessere zu erse tzen, auch bei ruhiger Abwicklung der Tinge in richtiger Hand ganz brauch bar, so würden wir doch Bedenken tragen, mit ihnen allein an diese ge waltige, in kürzester Zeit abzuwi ckelnde Aufgabe heranzutreten. Wohl wird man sich ihrer bedienen, wo sie sie am Platze sind; aber die Haupt arbeit wird sich auf einem viel einfa cheren, schneller und wirksamer arbei tenden Wege abwickeln lassen, der sich in natürlicher Weise aus der Thatsa che ableitet, daß Staat bezw. Reich öffentliche Gelder für den Wiederauf bau gewähren und -selbstverständlich verlangen können und auch müssen, daß diese mit dem größtmöglichen wirthschaftlichcn und kulturellen Er folg verwandt werden. Und wie sieht die Organisation auS, die uns diesen größtmöglichen und wirthschaftlichcn uüd kulturellen Effekt sichert? Ta wir Ostpreußen davor bewahren wollen, mit „Archi tekturen" behängt und mit mehr oder weniger interessanten Kunstspiclerci en beglückt zu werden, so wünschen wir, daß für die Fassaden der Wohn- und WirthfchaftSgebäude in der Re gel keinerlei besondere Mittel bereit gestellt werden; daun haben wir Aussicht, zeitgemäße Kulturformen des Siedlnngswescns zu erhalten, welche nichts weiter sein wollen als der kulturelle Ausdruck der wirth schaftlichstcn Gestaltung, mithin kei nen Mehraufwand verursachen und daher Bestand und Weiterentwicklung verbürgen. Würde man die Staatsbcihülfcn auszahlen und es dem einzelnen Bauherrn überlassen, Material und Arbeit dafür einzukaufen, so würde die unausbleichliche Folge sein, daß die Material- und Lohnprcise sprung weise in die Höhe gehen, abgesehen davon, daß es zweifelhaft wäre, ob die lawinenartige Nachfrage über haupt würde befriedigt werden kön nen. Nun bewegten sich die Bau materialicnpreise bereits vor dem Kriege in der Provinz auf einer un gesunden Höhe. Tic mit der sprung haften Nachfrage verbundenen Preis treibereien würden der soliden Ent wicklung des Baugewerbes alles an dere als förderlich sein. Was hier aber in erster Linie intcressirt: der Wiederaufbau Ostpreußens würde um eine nicht unbedeutende Summe von Millionen vcrthcnert werden. Taher ist es ein Gebot einfachster kaufmännischer Klugheit, die Be schaffung von Material und Arbeit zu centralisircn und die Entschädi gungen in der Regel in Material und Arbeit statt Geld zu zahlen, d. h. die vorhandenen Produzenten und Händ ler zu angemesscncu Preisen an der Materialbeschaffung zu bethciligen, erforderlichenfalls Baustoffe von wei terher unter zu ermäßigenden Fracht tarifen zu beziehen, neue Bezugsquel len zu erschließen, die ansässigen Bauunternehmer und Handwerker zu England falls die Thatsachen alle correkt berichtet sind sich so weit von den alten Traditionen eines rit terlichen „fair Play" entfernt haben würde. Ich bin. mein Herr, Ihr ergebenster, Francis Gribble. guten Preisen zu beschäftigen, für die nicht zu bewältigenden Arbeiten ans wärtige Firmen herbeizuziehen, die Höhe des Arbeitslohnes durch Rege lung deS Arbeitsmarltcs auf einer verständigen Höhe zu halten, und dergleichen mehr. Tie centrale Regelung der Mate rial- und Arbeitsbeschaffung crgiebt die bedeutendsten Ersparnisse, wenn sie mit der Bauleitung in einer Hand vereinigt ist: dann lassen sich durch verständige Typisirung der Bauten und Barthcile außerordentliche Er folge in Bezug auf Verbilligung, Schnelligkeit der Ausführung und auch künstlerische Reife erzielen. Tie Organisation selbst ist wie folgt gedacht: K -1) Tic Provinz wird für die'Wie dcranfbauarbeiten in Arbeitsbezirke eingetheilt, an deren Spitze je ein in wirthschaftlichcn und künstlerischen Fragen dcL Siedlungswcsens und in der Baupraxis erfahrener Privat architekt von Ruf steht, mit einem Bureau und jungen Architekten zur Zeite. Ihm liebt ob, unter der Ober leitung der Ccntralstclle mit weitge hendster Selbstständigkeit die Bau projekte für den Wiederaufbau seines Bezirkes aufzustellen, an der Feststel lung der Höhe der Staatsbeihülfen mitzuwirken, die Verhandlungen mit den Lokalbehördcn, insbesondere der Banpolizei, zb führen, die Matcrial- und Arbeitsbeschaffung zu regeln, die Abrechnung der Bauarbeiten vor zunehmen u. s. w., kurz alle erforder lichen Arbeiten auf sicdlungs- und bautechneschcm und wirthschaftlichem Gebiet zu leisten. Ter wirthschaftli che, künstlerische und Schnclligkeits erfolg wird nun verbürgt, wenn alle diese Arbeiten innerhalb eines Be zirkes von einem Kopf geleitet wer den. Dazu ist cs aber nothwendig, daß keine Anstrengungen gescheut werden, wirklich erste Kräfte für die se Stellen zu gewinnen, d. h. cs müs sen ihnen ausreichende Honorare seitens der Centralstelle geboten wer den. 2) Tie Oberleitung aller Arbeiten für den Wiederaufbau und die Auf sicht über die Thätigkeit der BezirkS mchitek'ten ütst-die Centralstelle auS, welcher obliegt, die allgemciuenNicht linicu und Grundsätze für die Be schaffung von Material und Arbeit, Plangestaltuug, Ausführung u. s. w. aufzustellen, die Verhandlungen mit den Central- und Provinzialbe hörden zu führen, insbesondere we gen Verbesserung der Bauordnungen, die Arbeitsorganisation im einzelnen zu schaffen, die richtige Auswahl der Bezirksarchitekten zu treffen, und der gleichen mehr; ein ungemein schwie riges und verantwortungsreiches Ar beitsgebiet, dessen schnelle und er folgreiche Bewältigung voraussetzt große Erfahrungen auf sicdluugs technischcm, wirthschaftlichem u. ver waltungstcchnischem Gebiet, Kennt niß der ostprcußischen Verhältnisse und der auf städtebaulichem Gebiet bewährten Kräfte, Organisationsta lent und die Fähigkeit, bei aller noth wendigen Centralisation die decen tralc Thätigkeit der Bezirksarchitck ten in erfrischender Selbstständigkeit zu gestalten. Daß die Zusammen fassung der vielseitigen Arbeit der mit ausreichendem Personal auszu stattenden Centralstelle in dein Kopf ihres Gcneralleiters und die richtige Wahl dieser Persönlichkeit von ent scheidendem Einfluß auf das Gelin gen deS großen Werkes ist, unterliegt keinem Zweifel für denjenigen, der die Arbeit von Commissionen und von Einzelpersönlichkciten richtig zu bewerthcn weiß. ,ii 3) Tie vom König eingesetzte Kriegshülfs - Commission, in welche hoffentlich recht bald hervorragende Sachverständige des SiedlchngSwe scns von Ruf als ehrcnamjliche Mit glieder berufen werden xrwgen,. üvt im wesentlichen eine berathenöe und begutachtende Thätigkeit aus: die Entschließung über zu ergreifende Maßnahmen liegt bci'm Staatsmini sterium bezw. bei den zuständigen Ressortministern. Soll jedoch der Bedeutung und Arbcitsfreudigkeit der Kricgshülfscommission nicht Ab bruch geschehen, so muß die Ausarbei tung und Vertretung der in ihr zur Berathung gelangenden Verlagen nach Richtlinien geschehen, welche der Zustimmung der Staatsrcgicrung si cher sind. Zu dieser ausgleichenden Thätigkeit erscheint lins/ soweit oben genannte, zugleich als Executive fun girende Centralstelle berufen, deren Gencralleutcr einerseits Sitz und Stimme in der Kriegshülfscommis sioil hat, andererseits sich im dauern den Konnex mit den Ministerien bezw. mit ihren Commissären hält. Wir wiederholen: eine Centralstel lc, die als Executive zwischen der Staatsregierung und Kricgshülfs commissio steht, und von ihr ressor tirende Bczirksstcllen, mit starken Persönlichkeiten besetzt: eine centrale Regelung der Material- und Ar beitsbeschaffung und Bauleitung als Regel, die Ausnahmen verträgt. Ei ne Organisation in dieser Richtung bildet nach unserem Dafürhalten datz Sprungbrett zu großen Leistungen in Bezug auf Schnelligkeit, Verbilli gung, Zweckmäßigkeit und Kunst, wird dem Baugewerbe und Hand werk zum Segen gereichen und befä higt sein, sich den besonderen Erfor dernissen nnd Wünschen des Einzel falles mit Leichtigkeit anzupassen. Sie weicht Wohl von dem ausgetrete nen Wege ab, aber bedeutet keinen Sprung in's Dunkle, sie erscheint uns vielmehr auS den Verhältnissen als die einfachste und natürlichste Lö sung geboten. Ter durch sie gegebe ne Einfluß auf die künstlerische Ge staltung wird von Niemandem als ein Zwang empfunden werden, ganz im Gegensatz zur Einflußnahme durch Bauberathungsstellen (die im übri gen außerhalb der Einflußzone der Kriegscommission ihrArbeitsfcld hin reichend finden werden.) Auch eine ausreichende Beschäftigung der in der Provinz ansässigen selbstständigen Privatarchitekten ist bei der vorge schlagenen Organisation durchaus möglich. Und die Kosten, welche durch diese —halbamtliche Organisation ver ursacht werden? Personalkosten ent stehen in jedem Falle, gleichgültig, ob die Bauleitung des Wiederauf baues organisirt wird oder nicht: auch der Bauunternehmer mußt sei ne Projektirungskosten miteinkalkn liren. Nach unserem Vorschlage zu erwartende Ersparnisse an Personal kosten spielen aber keine Rolle gegen über den hoch in die Millionen sich beziffernden Ersparnissen, die aus der Centralisirung des Material- und Ar bcitsmarktcs sich mit Sicherheit erge ben werden. Wir sind uns der Skizzenhaftig keit unserer Vorschläge bewußt, deren Durcharbeitung eine sorgfältige Be reitung der zerstörten Gegenden vor aussetzen würde. Sie wurden aber trotzdem gewagt, in dem Wunsche, da zu beizutragen, daß der Wiederauf bau Ostpreußens eine Kulturthat werden möge, die für die weitere Entwicklung unseres deutschen Sied lungswcsen ein Scgensboru werden könnte. Gin französischer Brndcrknsi. Vom westlichen Kriegsschauplätze erhielte die Kieler Neuesten Nach richten" von einem im Felde stehen den Angehörigen ihres technischenPcr sonalS, einem Unteroffizier, folgen den Feldpostbrief: 22. Nov. Am 31. Okto bcr wurden wir stlX) Kieler auf die Compagnie' des Regiments Nr vertheilt. Ich kam mit 30 Mann zur vierten. Abends ging es in eine gro ße Steinhöhle bei A., welche hier in Frankreich in großer Zahl zu finden sind und für unsere Truppen eine fast granatensichere Unterkunft bie ten. Tann haben wir ungefähr Wochen abwechselnd an verschiedenen Stellungen in Schützengräben gele gen, und eS sind oft Granatsplitter und Schrapncllkugeln neben uns ein geschlagen, Gott sei Dank, ohne Leute meiner Gruppe zu verwunden. Am 1-1. November erhielt die Compagnie Befehl, die 3. Compagnie abzulösen, welche einen Angriff der Franzosen bei A. erfolgreich zurückgeschlagen hatte. Es haben hier u. A. die In fanteristen aus Kiel mit besonderer Bravour gekämpft. Leider sind auch einige brave Kameraden von uns ge fallen, die am nächsten Tage von un seren Leuten unter schwierigen Um ständen von der feindlichen Schützen- Linie hervorgeholt wurden. Außer dem wurden von meiner Compagnie noch gegen 50 todte Franzosen fort geschafft, und in Massengräbern be erdigt. Es lagen außerdem noch et wa 130 französische Leichen vor den französischen Schützengräben. Um nun auch diese Todten fortschaffen zu können, ahm ein Unteroffizier eine Schaufel, befestigte daran einen Zet tel und hob diesen, damit die Fran zosen, welche von uns nur ungefähr 80 Meter im Schützengraben liegen, sahen, daß wir ihnen etwas zu sagen hätten. Nachdem unser Unteroffizier niit dem Zettel in der Hand aus dem Schützengraben kam, erschien auch ein französischer Corporal. Beide trafen sich zur Hälfte vor der Schützenlinie, begrüßten sich herzlichst, wobei der Franzose unserem Unteroffizier, che dieser sich versah, einen Brudcrkuß gab. Ter Franzose sagte, daß sie ge zwungen würden, gegen uns zu kämpfen, sie würden gern mit unS Frieden machen. Von unserem Un teroffizier wurde ihm dann noch be deutet, daß die Engländer die Schuld an der ganzen Sache trügen. Beide trennten sich dann, um ihren Offizie ren zu melden, daß für einige Stun den das Feuer eingestellt würde, um die noch vor den Linien liegenden Franzosen beerdigen zu können. Un- Die Schuldigen verhaftet. Werden in Wellcind wegen der Cr schießung der beiden Amerikaner Smith und Dorsch prozcssirt wer den. Canadische Negierung drück in Washington formell ihr Bedauern wegen des Zwischen falls auS. Toronto, Ont., 8. Januar. Ein Provinzial Constabler, ein Cor pora! und zwei Soldaten sind heute in Fort Erie auf Haftbefehle hi" verhaftet worden, die der General- Staatsanwalt der Provinz Ontanio gegen sie erlassen hatte. Sie werde des Todtschlags beschuldigt, in Ver bindung mit der Erschießung der amerikanischen Bürger Walter Smith und Charles Dorsch, die sich am 28. Dezember in der Nähe des Forts Erie zutrug. Alle Beschuldigten wurde, ohne zu Bürgschaft zugelassen zu wer den, in Gewahrsam behalten. Die Staatsanwaltschaft machte be kannt, das; sie die Untersuchung aus eigener Initiative begonnen habe, d sie den Fall für wichtig hält. Sie habe weder von der britischen Negie rung, noch von den kanadischen Vc- Hörden dazu den Befehl erhalten. Canadische Regierung drückt ihr Bedauern, a u L. Ottawa, Ont., 8. Januar. Die Regierung von Canada übermit telte heute der Negierung der Vcr- Staaten ihre offizielle Bcilcidskund gcbung wegen der Erschießung der amerikanischen Bürger Walter Smith und Charles Dorsch und hat den Fa milien der Getödtetcn eine Entschädi gungssumme angeboten. Die kana dische Negierung betonte ebenfalls, daß diese Schritte „als Beweis der gegenseitigen Freundschaft" bereits unternommen worden wären, che die Vcr. Staaten ihre Note absandtc- Dcr Prozeß gegen die Schuldige" wird in Welland, Ont., geführt wer den. Des Landes verwiesen. Santiago, Chili, 8. Januar — Die Negierung ordnete heute a, daß Guillcrmo Billinghurst, der frü here Präsident von Peru, und M- Augusto Durand das chilenische Ter ritorium binnen acht Tagen zu ver lassen habe. (Präsident Billinghurst wurde i>" letzten Februar in einer Rcvolutio" abgesetzt. Am 30. November zirte die Peruanische Polizei Quantität von Gewehren undKriegs matcrial, welches angeblich von Dr- Durand gesammelt, nur zu dc>" Zwecke, eine Revolution zu inscc>' rcn.) Neue Ernennungen des Präsidcnte- Washington, 8. Januar. Präsident Wilson ernannte Nachmittag die folgenden Herren s" Postmeistern in den beigefügten Or ten: C. D. Ovcrshincr, Santa Ä""' Cal.; L. F. Kuhn, Stockton, Cal-> George S. Hartleh, Arkansas Cit"' Kas..- John W, Lapham, ChaM-tc. Kas.: W. L. D. Hagen, Neust""' Kas.: David I. Kaue, East Helc"' Mont.: George W. Wilkinson, Ftst' go, N. D.: C. D. Corbin, Ashtabul"- Ohio: James E. Sullivan, L""' Ohio: E. A. Shelton, El Paso. Tel - John I. Carncy, Aberdeen, Wasiw Charles E. Manley, Fairmount, 28-' Ba.: William F. Grunemald, Ow' kolh, Wisc. Kakao für französische Soldaten- Pittsburgh. Pa., 8. Ja. Die französische Regierung wie heute bekannt wird, hier bei ner Firma 30 Tonnen Kakao, für den Hcercsgebrauch bestellt soll. Die Vertreter erklären, daß die größte Bestellung sei, die eiw kriegführende Nation bisher bei ci'st Firma gemacht hätte. Jackson-Feier in Ncw-Orleans- Nciv . Orleans, 8. Jan^' Mit einem Salut von 21 Schist^, begannen heute die hiesigen Feierlich keilen des hundertjährigen Frieds' zwischen Großbritannien und Vcr. Statuten, der mit dem Siv§ Andrew Jackson'ü über die Engl""' der bei Chalmctte besiegelt Die Feier soll drei Tage in Anst"'" nehmen und sich an den Historist Plätzen und Gebäuden abspielen, in den Kämpfen vor hundert eine große Rolle spielten. Als Vc treter des Präsidenten weilt Hülfssekrctär des Schatzamts, hier. sere Compagnie wurde aus der Schützenlinie abgelöst- hörte aber später, daß die ruhe zustande gekommen ist s" Fortschaffen der Todten." . Für die WahrhcitStreue Schilderung spricht auch daß die Szene in einem postbricf, den die „Hoya'cr Zcitl"''. veröffentlicht, in ähnlicher Weise . schrieben wird, nur daß dort die ueigung der Franzosen gegen Engländer noch stärker hervortr >