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2 , ___ - dn.WMppu.en> LrirU GpUpe > (10. Fortsetzung.) „Ich habe nun Aschied von meinem letzten Eigentum genommen!" sagte Jgnatio. „Wer weiß, ob ich dieses Haus noch einmal wiedersehen weroe. Wenn auch dieses Mal untere Erhe bung keine Früchte trägt, wenn es mir geht wie meinem Vorgänger Dr. Ni zal, wenn die Spanier, die mir schon sc vieles genommen haben, mir auch das Leben nehmen dann sollen sie doch in dieses Haus und in diesen Garten nicht einziehen dürfcn. Ich habe das alles kommen sehen. In einer der bangen Nächte, als Ihr Mann an Ihrem Bette wachte, als in Ihrer schweren Besinnungslosigkeit die Kri sis war, habe ich meine Verfügung über das, was mir noch geblieben ist, niedergeschrieben und das Schriftstück einem Notar in Manila übergeben. Ich habe den Wunsch, daß, wenn ich nicht wiederkehre, dieser Besitz für Sie und Ihren Mann ein glückliches Heim wer ven möge, wenn Sie die heißen Mau ern der Stadt meiden wollen, wenn vielleicht wieder eine der Nalurgewal ten Sie aus Ihrem Hause fliehen läßt. Und in jenen Nächten habe ich gedacht: wenn das Schicksal es fügt, daß Sic gesunden, dann wird es sich auch fü gen, daß für Sie und Ihren Gatten nach der ersten schweren Zeit Ihrer Eye glückliche Jahre folgen werden und die mögen Sie in diesen Räu men durchleben!" „Womit habe ich alle Ihre Güte verdient?" entgegnete Sylvia erschüt tert, denn sie sah, daß eine tiefe Bewe gung ihn durchschüttelte. „Don Jg natio, ist es nicht möglich, daß die Verhältnisse sich hier glätten werden, daß die spanische Regierung Ihre be rechtigten Forderungen erfüllt, und daß wir gemeinsam noch glückliche und ruhige Zeiten verleben werden?? „Leben Sie wohl! Die Nacht ist hereingebrochen und ich muß jede Stunde ausnutzen. Im Schutze der Dunkelheit kann ich entfliehen. Noch ehe die Nachricht zum Gouverneur dringt, daß ich in Gegenwehr den Of fizier erschossen habe, und die Polizei soldaten zu mir übergegangen sind, müssen wir uns in den Bergwäl dern hinter Manila in Sicherheit ge bracht haben. Ich werde auf diesem Umweg ins Innere.ziehen, um dort schnell Truppen zu sammeln. Und auf dieser Wege werdet ich schon morgen zu Ihrem GatÄn zu stoßen suchen, dessen Neisewegich-jn-weiß. Ich wer de ihn benachrichtigen und warnen, daß er nicht im Innern abgeschnitten ist, wenn der Aufstand wirtlich aus brechen sollte." Sylvia hatte sich auf einen Stuhl niedergelassen, die Hände in den Schoß gelegt, und sah Jgnatio zu, wie er hin und her ging, sich weiter bewaffnete, ein kleines Bündel schnürte und auf seinem Schreibtisch dieses oder jenes Papier zerriß. Es schien eine große Ruhe und Hof fnung über ihn gekommen zu sein, und cr sprach jetzt nur noch von Sylvia und ihrer Sicherheit, nicht als ob er Kämpfen um Leben und Freiheit ent gegenging. Drinnen im Stadthause hatte er noch alles unvollendet gefun den, die Arbeiter hatten während Her berts Abwesenheit gefaulenzt. Da war Jgnatio zu Krapfcnbauers ' gefahren, um zu sehen, ob Sylvia für wenige Lage Unterkunft finden konnte. Aber Mercedes lag krank, und Jgnatio be griff cs im stillen, warum Sylvia sieb sogleich dagegen erklärte, nicht bei Krapfcnbauers Sicherheit suchen zu wollen. Ganz ruhig wollte sie hier draußen im Landhaus bleiben, bis Herbert zurückkehrte. Es schien ihn jetzt nur der eine Ge danke zu quälen, daß er Sylvia allein in Unsicherheit zurücklassen mußte, nachdem Herbert sie seincmSchutze an vertraut hatte. Nun war es Sylvia, die ihn drängle, nicht ihretwegen zu zögern und den günstigen Moment der Flucht nicht verstreichen zu lassen. Er rief Antonio herbei, der noch in cr Zdüche wachte, während die übrigen wiener drüben in den Dicnerzimmern des Neocnhauses sich in aufgeregten Mutmaßungen über die kommenden Lage ergingen. Antonio mußte auf Jziwtios Anordnung eine Anzahl der le.nenen Kittel und Hemden herbci bringen. wie sie den Dienern von den Herrschaften gestellt wurden. Jgnatio wollte nicht mit unifor mierten Polizeisoldaten gegen die Sp anier ziehen. Sie legten die dunkel blauen, wollenen, kurzen Uniformröcke, vie mit einem Gürtel und einer hän genden Kordel über der Brust versehen waren, ab und zogen Leinenkittel an. Als Antonio meldete, daß sie alle marschbereit seien, stieg Jgnatio die Trcppe hinauf, um Sylvia Lebewohl zu sagen. Auf einer der Stufen blieb er stehen und legte Antonio seine ganze Sorgfalt für seine Herrin ans Herz. Er nutzte, dost er auf Antonio zählen g durfte und daß er schweigen würde, wenn Haussuchung und Nachforschun gen angestellt werden würden. Sein Abschied von Sylvia war stumm. Sie beide waren zu bewegt, um sprechen zu können. Sie reichten sich die Hand. Und er verließ sie un ter quälenden Gedanken. Sylvia blieb lauschend stehen. Sie hörte, wie Jg natio unten leise einen kurzen, knappen Befehl gab, nachdem sich eine Anzahl Männer draußen versammelt hatte. Dann öffnete Antonio leise das Gar tentor, und verhallende Schritte ent fernten sich auf der Landstraße von Manila fort den Bergwäldern im Innern zu. Nun war sie allein auf dem heißen Boden dieses fremden Landes. Neuntes Kapitel. Vom frühen Morgen des nächsten Tuges an gährte es in der Bevölke rung der Vorstadt. Manche hatten in der Nacht die Schüsse auf der Land straße gehört, aber sich nicht hervorge wagt. Man erging sich am Morgen in Mutmaßungen, als Jgnatios Kut scher herzukam und die haarsträubend sten Ereignisse als Augenzeuge berich tete; denn er selbst war dermaßen be stürzt und erschrocken und von dem durchgehenden Pferd in Anspruch ge-, nommen gewesen, daß er sich über den Gang des Vorfalles gar nicht klar war. Man rottete sich bereit.s in Gruppen zusammen. Da kam ein Diener Jg natios aus dem Landhaus und brachte die Nachricht: ihr Herr sei im Laufe der Nacht spurlos verschwunden. Man glaubte nicht anders, als daß gegen Morgen Jgnatio verhaftet, überwäl tigt und in aller Stille fortgeführt fei. Einige angesehene Mestizen wurden aus ihren Häusern geholt und um Rat gefragt. Bei ihnen mischten sich Em pörung und Bestürzung, denn auch ih nen war im gleichen Prozeß wie Jg natio das Land wegprozessiert worden, und es war klar, daß ihnen ebenfalls die Zusammenrottung des vorherge henden Tages als versuchter Aufstand ausgelegt werden würde. Da rückte aus der Stadt eine Trup pe spanischer Soldaten an, die unter Führung eines Offiziers Nachforschu ngen nach der Truppe anstellen sollte, die am vorheroebenden Abend Jgnatio hatic verhaften sollen. Einige der Filipinos hatten in der Frühe die Leiche des spanischem -Offi ziers in das Wäldchen an der Land straße gebracht und mit Laub verdeckt. Blutspuren aus der Straße und An deuiungen der Eingeborenen legten dem Führer der zweiten Truppe die Vermutung der Tatsachen nah. Ei nige der Eingeborenen blieben verstockt und in feindlicher Haltung; einige ge standen dem Offizier eingeschüchtert, was sie wußten, und zeigten ihm vor seinem geladenen Revolver die verdeckte Leiche des Kameraden. Da von Jg natio Tajo keiner etwas zu wissen vor gab, wollte der Offizier zur Verhaf tung von Jgnatios Dienern schreiten. Aber die Filipinos waren viel zu er regt, als daß sie ohne Widerstand aus ihrer Mitte heraus Landsleute verhaf ten ließen. Zu Scharen stürzten sie sich aus die spanischen Soldaten, die den Dienern die Hände binden und sie fortführen wollten, und mancher lief in seine Hütte und holte ein heimlich verborgenes Gewehr herbei. Als von seiten dr Soldaten einige Schüsse fie len und mehrere Filipinos getroffen zu Boden stürzten, stieg die Empörung ge waltig. Immer wütender wurde das Handgemenge und immer mehr schwoll der Haufen der Filipinos an. Der Offizier, der das gleiche Schick sal fürchtete, das seinem Kameraden in der Pacht hier zuteil geworden war, hielt es für das klügste, äußerlich nach zugeben, um Zeit zu gewinnen und be deutende Verstärkungen aus der Stadt nachkommen zu lassen. Einige, die da riefen und mahnten, man solle sich zerstreuen und an die Arbeit gehen, um den Spaniern zu zei gen, es sei nichts vorgefallen, wurden niedergeschrien. Man war einig dar über, daß man sich nun nicht mehr scheu zurückzog, nachdem man in jahre langen Verhandlungen und Verspre chungen nicht.die geringsten Rechte er rungen hatte. Inzwischen waren von den nahelie genden Ortschaften Scharen von Fili pinos herbeigeströmt, zu denen die Kunde der Ereignisse mit fabelhafter Schnelle gedrungen war. Die Frage nach Jgnatio Tajo wurde immer drin gender und lauter. Man beschloß, sich zu bewaffnen,um sich wehren zu können. Die Tür von Jgnatios Scheune, in der unter Maisstroh und Hanfvorrä ten Waffen verborgen lagen unter Jgnatios Schlüssel, wurde jetzt einge drückt. und es wurden Waffen hervor geholt. Aber man war sich nicht einig über Ter Teutsche Korrespondent, Baltimore, Md., Sonntag, den 24. Jannar 1913. das gemeinsame Ziel. Der Führer fehlte. Da kam Augustin in einer der klei nen, offenen Kaleschen mit flatternden Leinenwänden aus der Stadt heran gecast. Für ihn, den Arbeitsscheuen, überall aus dem Dienst Gejagten, war diese Zeit der Unruhe und der Gärung eine gute Gelegenheit, im Trüben zu fischen. Daß er für die Massen etwas Hinreißendes, Frappierendes hatte, be wies Augustin schon in den letzten Ta gen. Darum drängten sich nun alle in Erwartung von etwas Ungewöhnli chem an seine Kalesche heran, als er auf dem freien Platze hielt und von den, zweirädrigen Karren sprang. „Ich habe in Erfahrung gebracht,wo Jgnation Tajo ist!" schrie er ihnen zu. „Lebt er? Hast du ihn gesehen? Ist er gefangen? Woher weißt du etwas?" schrie es durcheinander. „Heute nacht ist er in aller Stille verhaftet, überwältigt und wegge führt!" „Wohin?" rief ein angesehener Me stize, der sich neben Augustin drängte. „Einige sagten, er sei schon bei Ta gesgrauen imCtefängnis erschossen und seine Leiche gleich verscharrt worden!" Wie ein einziger heiserer Wutschrei drang es aus der Menge. Erregte Rufe und empörte Fragen wollten von allen Seiten losbrechen, als Augustin durch Gestikulationen bedeutete, daß er noch nicht fertig sei. „Aber andere, von denen ich glaube, daß sie es besser wissen, sagten. Jgna tio sei ins Arsenal nach Cavite ge bracht und würde dort verborgen ge halten, weil dort niemand ihn suchen würde" „Das glaube ich auch, das kann gut möglich sein!" rief der eine Mestize. Dort halten sie ihn als Geisel." Und mehrere andere, einst wohlha bende Mestizen stimmten bei. So drang es von Mund zu Mund: „Jg natio ist gefangen! Wir werden ihn be freien!" Ohne die Stadt selbst berühren zu müssen, konnten sie auf das in der na hen Vorstadt Cavite gelegene Arsenal marschieren. Und ohne langes Besin nen stürzte sich dort die Menge auf die kleineßesatzung von spanischen Offizi eren und spanischen Soldaten, die vor dem Arsenal Wache hielten und weder auf ernstliche Revolte noch einen sol chen Ansturm gefaßt waren. In ganz kurzer Zeit war das Arsenal im Besitz der Eingeborenen, und alle plünderten die Vorräte an Munition und Waffen, ehe militärischer Ersah aus Manila selbst herbeieilen konnte. In Cavite wurden die Sturmglocken geläutet. Bestürzte Boten und spani sche Beamte eilten in die Stadt zur Meldung beim Gouverneur und in die große Stadtkaserne. Von Jgnatio war keine Spur zu finden. Man suchte nach Augustin, der sie zu alledem an gefeuert hatte, um ihn zu fragen, wer ihm die Nachricht gesagt habe. Aber Augustin hatte in dem Tumult einen Griff in die Kasse des Arsenals getan und war spurlos verschwunden. Die anderen überkam eine große Mutlosigkeit. Wo war Jgnatio Tajo, der ihr Anführer in dieser Zeit sein sollte, der bisher mit so vielßesonnen heit und Umsicht ihre Sache gegen über den Spaniern vertreten hatte? Der Gouverneur sah ein, daß er die Verhältnisse in den letzten Monaten doch zu leicht genommen hatte. Er hatte es sich nicht klarmachen wollen, daß Jgnatio durch seine Intelligenz und durch seine jahrelange Schulung und Bildung dieVerhältnisfr hier ganz anders übersah, erkannte und beurteil te, als es bei den Anführern früherer Unruhen der Fall war. Und nach Aeußerungen, die Herr von Koltz schon früher gemacht hatte, drängte sich deni Gouverneur jetzt die Vermutung immer überzeugender auf, daß eine fremde Macht Jgnatio stützen würde, daß eine auswärtige Macht Jg natio höchst unauffällig Waffen gelie fert hatte. Die Sorgen stiegen riesen groß vor dem Gouverneur auf. Herr von Koltz, den der Gouverneur als hel len Kopf schätzte und der sich in allen Situationen zurechtzufinden schien,lag mit dem Tode ringend in einem stillen Flügel des Palastes. Durch zu späte und untüchtige Behandlung eines spa nischen Arztes sollte die an und für sich nicht lebensgefährliche Wunde von Jgnatios Schuß John Maer durch das Zusammentreffen unglücklicher Umstände den Tod bringen. Am Mor gen hatte der Gouverneur den Schwer kranken noch kurz aufgesucht. Nach den wilden Phantasien des Wundfie bers schien ein Moment von Bewußt sein über ihn gekommen zu sein. Es lag ein Zug friedloser Bitterkeit in sei nen: Gesicht, und dem Gouverneur stieg eine Ahnung auf, daß dieser sonderba re Mann manches Geheimnis mit inS Grab nahm. Er wußte, daß der Arzt ihn aufgegeben hatte. „Schießen Sie ihn nieder!" waren Herrn von Koltz' letzte klare Worte ge- wesen, als der Kutscher ihn verwundet und halb bewußtlos aus dem Wagen in den Palast getragen hatte, und der entsetzte Gouverneur aus den halbzer rissenen Sätzen des vor Schmerzen Stöhnenden dasAttenlat Jgnatios auf die unantastbare Person seines „Un terhändlers" erfuhr. „Lassen Sie ihn niederschießen!" war das Ergebnis aller Beratungen mit seinen Beamten, und auch bei dem Gouverneur stand es jetzt fest,daß man des ganzen Aufstandes Herr würde, wenn man Jgnatios habhaft werden konnte. Ihm folgten die Eingebore nen blind. Und auch heute hatte er den Sturm auf das Arsenal keck ange führt! Denn ein spanischer Zollbeam ter, der als Augenzeuge dem Gouver neur vorgeführt wurde, schilderte, wie die aufgeregte Menge einem jungen Mann, der sie anführte, blindlings folgte. Nach Erstürmung des Arse nals war der Betreffende spurlos ver schwunden gewesen; einige wollten ihn in kopfloser Fluckt quer durch Reisfel der und Bambusgebiische zur Land straße. die ins Inner der Insel führ te, haben laufen sehen. Für den Gou verneur unterlag es nun keinem Zwei fel, daß es Jnatio Tajo gewesen war, der sich ins Innere der Insel flüchten wollte. Auf der großen Landkarte, über die sie alle im Beratungszimmer gebeugt saßen, wurde festgestellt, daß Jgnatio über die unwirtlichen und fast unpas sierbaren Berge und Hochplateaus nur mit ungeheurem Zeitverlust und An strengung hinwegkam, und daß man ihm die bequemere ins Innere führen de Landstraße abschneiden konnte, wenn man unverzüglich seine Verfol gung den Fluß hinab auf dem Pasig vornahm. Mit einer Eile, die bei diesen Herren ganz ungewöhnlich war, aber in einer trostlosen Equipierung brach sofort eins Truppe unter der Führung von zwei Offizieren auf. 10. K a p i t e l. Für Sylvia verging em qualvoller Tag. Frühmorgens drang der Lärm der ausbrechenden Revolte durch die dichtverhangenen Fenster herein. Aber viel schrecklicher war die unheimliche Stille am Abend. Kaum daß man ei nen Ton aus dem Dorf herüberdrin gen hörte, daß ein Eingeborener über die Straße ging. Auf die wilde Em pörung am Tage folgte nun die Ent mutigung in der Frage nach Jgnatio Tajo, nach ihrem Anführer, der sie lei ten sollte. Ruhelos ging Sylvia durch das Haus und empfand die Untätigkeit, zu der sie verurteilt war. die Unmöglich keit, irgend etwas beschleunigen oder ändern zu können, als eine Qual. Ueber Herberts Sicherheit war sie in Ungewißheit; Jgnatio wußte sie von Feinden und Gefahren umgeben. Ter Gouverneur hatte am Nachmit tag seine Equipage mit einem Diener geschickt, der Sylvia ein Schreiben überbrachte. Beide Exzellenzen boten Sylvia, unterrichtet von den Vorgän gen des Tages, den Aufenthalt und den Schuh in ihrem Palast an. Aber Svlvia lehnte das freundliche Aner bieten ab. als sie zufällig durch den Diener erfuhr, daß Herr von Koltz im Palast des Gouverneurs im Sterben lag. Antonio wollte die Nacht über wa chen, für den Fall, daß sich etwas er eignen sollte. Da wurde gegen Abend an der Glocke des Gartentores stür misch gerissen. Antonio lief hinab und erkannte am Tor den Chinesen Pepe, den Herbert mit auf seine Reise genommen hatte. Es ahnte ibm nichts Gutes. Aber ehe er den Chinesen über sein spätes Kom men so allein befragen konnte, erschien Sylvia oben an der Treppe. Der klein Chinese, der noch vie! magerer geworden zu sein schien, lief an Antonio vorbei, die Treppe hinauf und warf sich Sylvia zu Füßen. „Ob, Sennora. kommen Sie zu un serem Herrn; er ist verwundet." Sylvia hob ihn empor und zog ihn ins Zimmer. „Mein Mann ist ver wundet, was sagst du da? Wie ist das geschehen,wo ist er?" unterbrach sie ihn entsetzt. „In einer Hütte droben am Pasig liegt der Herr, und er hat sehr nach Erich verlangt und mich zu Euch ge schickt. damit Ihr sogleich kommen mö get" „Ich komme sofort, undAntcnio, du kommst-mit, nicht wahr? Weißt du den Weg zurück? Wie bist du hergekom men, Pepe?" „Ich bin den Fluß hinabgerudert. Dicht beim See oben, wo wir überfal len worden sind, habe ich eine Banca gemietet und einen Bootsmann dazu, der uns wieder hinaufrudern soll, wenn die Sennora gleich mitkommen will, ehe es ganz Nacht wird. Senno ra könnte sicher helfen. Auch der arme Sennor Tajo ist so schwer verwundet, daß er sicher sterben wird, wenn man ihn nicht verbindet und pflegt." „Auch Sennor Tajo ist verwundet? Unterwegs mußt du mir sagen, wie sich alles zugetragen hat, Pepe, jetzt ist es die Hauptsache, daß wir hinkommen. Antonio, nimm das Verbandzeug und die kleine Apothekenkiste, die mein Mann aus dem Stadthaus bringen ließ, und mache dich bereit, beeile dich!" Sie ließ sich in ihrem Schlafzimmer von Majan eilig helfen, das leichte, weiße Hauskleid mit einem dunkleren, wollenen Kleid zu vertauschen, packte mehrere Kissen und Decken zu einem Bündel, das Pepe auf seinen Rücken lud, und dann brach man in Hast auf. Sylvia zog es vor, den Weg zum Fluß Zu Fuß zurückzulegen, weil mit dem Anspannen der Pferde zu viel Zeit ver loren gegangen wäre. Antonio kannte alle Wege und Ste ge in der Umgegend, und so schlug man jetzt einen iemlich breiten Richt weg ein, der zwischen Reisfeldern zum Pasig führte. Antonio ging unter heimlichem Bangen voran. Er kannte die Gefahr dieser Wege, wo im Dickicht der sumpfigen Reisfelder mit Vorliebe die kleinen, grünen Neisschlangen her vorzüngeltcn und sich zu tödlichem Biß auf die vorübergehenden Fußgänger stürzten. Wie mancher Malaye war auf diesen Wegen nach einem Biß dieser kleinen .giftigen Schlangen in seine nackten Füße binnen weniger Stunden gestorben! Da die hereinbrechende Du nkelheit das Sehen, erschwerte, ging An tonio gebückt voran, die Augen fest auf den Weg gerichtet, um bei einer Gefahr rechtzeitig zurückzuspringen und seine Herrin schützen zu können. Da er seine ganze Aufmerksamkeit auf die Prüfung des Weges richtete, hörte er nichts von dem, was Pepe seiner Herrin berichtete. Sylvia konnte aus Pepes konfusen Beschreibungen nicht klar werden. Nur das konnte sie daraus entnehmen, daß Jgnatio zu Herbert gestoßen sein moch te, und daß beide plötzlich von einer Truppe spanischer Soldaten überfal len und verwundet waren. Alle ihre Schwäche war jetzt wie ab gestreift. Sie war sich dessen selbst kaum bewußt, daß ihre Füße fast den Dienst vor Müdigkeit versagten, als sie nach hastigem Gang die Stelle am Fluß erreichten, an der ein Malaye mit seinem Boot auf Pepe wartete. Sie bestiegen vorsichtig das Boot, das aus einem langen ausgehöhlten Baumstamm bestand. An beiden Enden der Banca waren kleine Sitze ange bracht, während unter dem flachen, ge wölbten Dach, das sich in der Mitte er hob, wegen seiner Niedrigkeit jede Sitz vorrichtung fehlte. Ein im Boden des Kahns liegendes Bambusgiiter diente zum Lager. Der Bootsmann, ein Malaye voll geschmeidiger Sehnenkraft, ergriff zwei Ruder, und Antonio und Pepe nahcken jeder ein Ruder, damit die Fahrt stromaufwärts leichter ginge. Der Kahn glitt schnell über den glat ten, breiten Spiegel hin. Am Anfang zogen sich an beiden Ufern zahlreiche Dörfer und Tiendas hin. Dann reih ten sich Reis- und Zuckerfelder an große, mit Gras und Baumgruppen bewachsene Weideplätze, auf denen Büffel und Rinder grasten. Die Sonne begann unterzusinken und sandte ihren goldigroten Schein durch die feinblättrigen Bambusstauden am Ufer. „Ist es noch weit?" fragte Sylvia nach einiger Zeit, beklommen das Schweigen brechend. Pepe hob die eine Hand vom Ruder und deutete in die Ferne nach links, wo der Fluß sich zu einem kleinen See zu verbreitern schien und ein Wäldchen von Kokospalmen und Pandanus stand. „Dort ist es! In einem elenden, ab gelegenen Bambushäuschen." „Hier draußen, so weit vor der Stadt, scheinen sie sich nicht viel über das zu beunruhigen, was bei uns drinnen vorgegangen ist!" mischte sich Antonio nun ins Gespräch und wies auf die Einwohner eines Dorfes, das sie gerade passierten, und das ein Bild friedlichen Zusammenlebens bot. Im Schatten eines Haines von Kokospal men badete sich eine Anzahl Männer, Kinder und Frauen, letztere hatten die langen, schwarzen Haare weit aufge löst und übergössen sich mit Wasser aus ausgehöhlten Kokosnüssen. Meh rere halberwachsene Knaben trieben das Lieblingstier, die Carabaus, her an. Die Büffel ließen sich gern zum Feldbau benutzen, wenn sie sich mit ihrem schwarzgrauen Fell oft im Schlamm wälzen konnten. Am Rande des Flusses sprangen die Knaben mit Jubelgeschrei auf die großen, starken Tiere und trieben sie in das Wasser hinein, während die Fischer bei der zu nehmenden Dunkelheit auf Flößen ihre Senknetze zusammenzogen, die sie ganz aus Bambus hergestellt hatten. Aber Sylvia hatte für ihre Umge- bung heute wenig Sinn. Ihre Augen blickten wie ins Leere. Heißer denn je bereute sie, wie sie den Anfang ihrer Ehe gestaltet hatte. Nach ihrer schweren und liebearmen Jugend batte sse um Verblendung und Aeußcrlichkeiten Wullen vas erste das sich ihr treu und aufrichtig bor, zurückgewiesen. Und wenn Herbert, den sie kaum in der Aussprache am Abend vor seinem Weggehen gefunden, ihr genommen würde? Lag nicht wie graues, ödes Land ihr zukünftiges Le ben wieder vor ihr? In ihrer Angst flatterten schwere Gedanken wie dunkle Nachtvögel über ihr Herz. Bei der kurzen Dämmerung der Tropen bot der abnehmende Mond ein willkommenes Licht, als nach einiger Zeit die Banca auf Pepes Zeichen ans linke Ufer steuerte und anlegte. Anto nio stieg zuerst ans Land und bot Sy lvia die Hand, da der schmale Kahn schwankte; dann ließ er sich von Pepe das Bündel mit den Decken und den Kasten mit dem Verbandszeug aus dem Boot reichen. Sylvia folgte Pepe, der eilig aus dem Boot geschlüpft war und nun voranlief. Ueber schmalen und sumpfigen Wiesenweg kamen sie an ein entlegenes Bambushaus, das am Rande eines Palmenwäldchens lag. Es schien ein Ausläufer eines Dorfes zu sein, das sich am See hin zog und dessen schwache Lichter aus den kleinen Hütten herüberschimmer ten. Sylvia schlug das Herz. Wie würde sie alles finden? Pepe kletterte die schmale Bambusstiege hinauf, die zur Azotea, einer Art offener Terrasse, führte. Plötzlich hörte sie oben Her berts Stimme rufen: „Pepe, du bist schon zurück? Bist du es wirklich? Wie hast du die Sennora vorgefunden? Ist sie gesund? Hast du alles richtig bestellt?" „Ach, Herr," entgegnete Pepe auf geregt, „zürnt mir nicht, daß ich der Sennora nicht alles ausgerichtet habe, wie ich sollte. Aber ich war so aufge regt und verwirrt von all dem Schreck lichen, daß ich die Sennora gleich bat. herzukommen, um zu helfen denn es ist ja so schrecklich, daß Ihr hier liegt, und auch Sennor Tajo schwer ver wundet" „Bst, sei still! Sage das nicht laut, Pepe!" Da erblickte er Sylvia, die auf der letzten Sprosse der Bambusstiege er schien. Herbert traute seinen Augen kaum, als er unter den zitternden Schatten der Palmen, die die Azotea umstanden, in der dunkelgekleideten Frauengestalt Sylvia erkannte. Er lag in einer Hängematte und versuchte sich etwas aufzurichten, um ihr vor Freude die Hände entgegenzustrecken. „Sylvia, bist du wirklich gekommen, in der Nacht diesen weiten Weg zu mir her, wie ist das lieb von dir!" „Sollte ich nicht kommen, da du mich riefst?" entgegnete sie und ergriff seine Hand. „Ich wäre nicht so anspruchsvoll ge wesen, dich herzurufen, der Bursche da hat dir meinen Auftrag anders bestellt daß ich hier draußen mit einem Schuß in den Schenkel liege, daß du das wissen mögest und daß der Arzt mich mit meinem Wagen holen sollte." „Was ist denn nur geschehen, wie kam das alles?" (Schluß folgt.) Die PferdetSdtrrin. Wer in England längere Zeit die großen Wettrennen und die Spring konkurrrenzen regelmäßig besucht, wird stets bei diesen Sportsveranstal tungen eine junge Dame bemerken, die durch ihre Kleidung auffällt. Sie trägt ein vollkommenes Kautschukkleiv und darüber einen fast bis zu den Fü ßen hinabreichenden weiten Kautschuk mantel, und stets beobachtet sie mit dem lebhaftesten Interesse alle Vor gänge auf dem grünen Rasen. Dabei interessiert sie sich im Grunde gar nicht für Sport; erst wenn die Pferde aus ein Hinderniß zu galoppircu oder ei nes der Thiere stürzt, kommt Leben in die stumme Beobachterin, sie springt in einen kleinen, zweiräderigen Wage, her stets angeschirrt in ihrer Nachbar schaft steht und steuert dann in schar fem Trabe auf die Unglücksstätte zu. Die junge Dame, die schon oft di: Neugierde der Laien im Rennsport er weckt hat, ist Miß.Mary Payne, die wohl den eigenartigsten Beruf ausübt, den je eine Frau für sich erwählt hat. Sie ist nämlich diePferdetödterin von England, und ihr Beruf ist cs, den bei den Rennen verunglückten Pferden ei>- nen kurzen, möglichst schmerzlosen Tod zu verschaffen. Keine sorgsame Renn lcitung versäumt es, die erfahrene jun ge Dame zu jeder Veranstaltung einzu laden und sie erhält für ihre Anwesen heit jedesmal 6 Dollars Honorar. Er - eignet sich ein Unglücksfall, so fällt sie dasUriheil über dasPfer; langjäh riger Erfahrungchat sie sich eine ver blüffende Sicherheit der Diagnose an geeignet, ihr Urtheil gilt als unantast bar, und in allen englischen Hippodro men schätzt man die tapfere Dame als eine Autorität, von der jederThierarzt lernen könnte. Ist das Pferd nach ih' remUrtheil verloren, so verkürzt sie die Leiden des Thieres durch einen kurzen Meißelschlag, der sofort den Tod her beiführt. Für jede besondere Hilfelei stung erhält sie wiederum ein besonde res Honorar von fünf Dollars. Miß Marv Payne ist seit Jahren eine tem veramentvolleVorkämpferin der Thier schuhbewegung in England, und ihr Wirken auf den Rennplätzen und in den Rcitsälcn hat schon manchem Pf"- dc einen langwierigen und schmerzvol len Todeskampf erspart. Bei der gro ßen Verbreitung des Reitsportes in England verfügt Miß Payne über ein recht gutes Einkommen, um das man cher arbeitende Mann die Dame benei den könnte. byfucscnschlauhrit. Eine amüsante Probe vsn dem Ge schäftsgeist der Chinesen in Swatau gibt ein soeben veröffentlichter Bericht des dortigen deutschen Konsuls. Swa tau ist eine Stadt von Geflügelzüch tern, und ihre jungen Enten und Gänse werden in den Straits Settle ments, in Bangkok und Singaporc gern gegessen. Junge Kücken aber zu verschicken, ist sehr kostspielig und ris kant, das kostet Export- und Im portzoll, verursacht hohe Transport spesen, Futterkasten und Ausgaben für dießcgleiter zur Wartung der Thiere. Frische Eier dagegen sind zollfrei, neh men wenig Raum ein und bedürfe keiner Wartung. Da sind nun die Chinesen auf eine genialen Ausweg verfallen. Sit lassen die Eier anbrüien und unter werfen sie dann einem Verfahren, das bei richtiger Verpackung das Aus schlüpfen der Jungen nach beendeter Seefahrt gewährleistet. Bisher ist ih-° nen dies nur bei Gäule- und Enten eiern, nicht aber bei Hühnereiern g" glückt, bei jenen aber funktioniert es, wie dcrKonsulcitsbericht sagt, so sicher, daß die Kücken gerade kurz nach h" Landung ausschlüpfen. Die Eier sind nun zwar alles andere als frisch, aber zolltcchnisch werden sie als solche be handelt und das genügt den Chinese- Im vorigen Jahre wurden 14,930,03" Stück ausgeführt. Ein anderesßeispiel für die Schlau heit der Chinesen in der Umgeh? von Vorschriften wird aus Schcmgh'- erzählt. Gemäß einer althergebrachte und sonst auch genau befolgtenßestiM' mungen dürfen keine bewaffneten ch'' nesischcn Soldaten ohne Zustimmung des internationalen Stadtraths durch das Fremdenviertel von Schanghai marschieren. Nun mußten kürzlich le Truppen von dem an dem einen En de der europäischen Ansiedlung geleg" qenen Arsenal nach dem ganz am an dern Ende befindlichen Nankings Bahnhöfe geführt werden. Einen U'- weg um das ausgedehnte Fremdenvier tel wollte man gern vermeiden, andrer seits fürchtete man. bei einer Anfrag an die zuständige Behörde,ob man viel leicht den direkten Weg wählen dürfe, auf Weigerungen zu stoßen. Was tha' nun die gerissene Gesellschaft? Sie ein ledigte sich einfach aller ihrer Wafst packte diese auf große Handkarren - verdeckte sie dort, sodaß man sie ruw sehen konnte. Darauf wurden die Kar ren ganz gemüthlich von den Krieg"' durch das Fremdenviertel geschult Die nichtchinesischen Zeitungen mach teil auf die Angelegenheit aufm" sam. doch scheint man sie, weil keine Truppen mehr durchkommen, sich beruhen lassen zu wollen. -- Ersah. Freundin: „Allerdings, das Ge halt meines Mannes ist nur tleim aber er ist sehr tüchtig im Haush ich spare durch ihn ein Dienst mädchen!" Ein Tckwerenöther. Herr (auf einem Wohlthätigkeü, bazar): „Einen Kuß würde ich nen im Interesse der Armen grr abkaufen, gnädiges Fräulein, aber r mutz in Gegenrechnung gehen ... - " : Bezahlung kriegen Sie von mir ac einen!" Tic abergläubische Feuerwehr- Fremder: „Jetzt wartet Ihr seil ner halben Stunde aus den Eoniw ' deur, und inzwischen brennt die g Scheune herunter könnt Ihr ' nicht ohne den abfahren?" , „Naa, der must mit, sonst saan > gerade dreizehn!" Jemandem unter die Arme ist oft eine Übliche Geschichte.