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2 Kriegsbrnefe aus H*osen. Erinnerungen an den Rückzug der Narew-Armee. Wie die Deutschen in Mlawa Ordnung schaffen. Schilderung von Rolf Brandt. Mlawa, 28. Januar. —Napier- keu liegt hinter mir. Tie Bergreihe, die vor drei Wochen die Russen hiel ten, wird von unserem Auto schnell befahren, der Wind bläst stärker über das flache, trostlose Land. Kuk lin halb zerschossen, dreckig, mit niedrigen Holzhäusern huscht vor über. Uniszki Zawadzkie wird er reicht, ein schlechter Wald liegt jetzt zu beiden Seiten dcu Straße, die breit und verhältnißmäßig gut gehal ten, durch den Forst zieht. Polnische Arbeiter unter Aufsicht von deutschen Posten fällen kleine, zerzauste und verkrüppelte Kiefern für die Zwpcke der Heeresverwaltung. Das Wald stück ist nicht breit, schon tauchen zwei schöne, blauwcißc Thürme auf, Häu serreihen heben sich aus dem schmut zigen, schmelzenden Schnee der Fel der: Mlawa. Wie so viele Häuser polnischer Städtchen, wie Wilkowischki, wie Suwalki, sieht das Fcrnbild lockend und schön auf den Ankommenden. Tie Kirchen und die paar Regie rungshäuser versprechen mehr aus der Ferne als die Nähe nachher hal ten kann, oder wie unser liebenswür diger militärischer Führer- für dies mal Lieutenant 8., cs kurz und mi litärisch knapp charakterisirte: „Tie denken, eS ist eine Stadt, es ist eine Mistfinkenhöhlc!" Ganz so schlimm war Mlawa nicht. ES steht ja auch seit dem 22. Dezem ber unter deutscher Verwaltung. Die Straßen, durch die wir zum Stabe des Oberbefehlshabers der in Mlawa liegenden Truppen fuhren, waren auffallend sauber und ordentlich. Tcr Marktplatz wimmelte von Men schen, überall an den Thüren stand die jüdische Bevölkerung und sah auf die fremden Autos mit der Flag ge des Armee - Oberkommandos. An den kleinen Verkaufstischcn, die in den Hausfluren oder auch direkt auf der Straße standen, drängten sich die Soldaten, Thee zu trinken oder Backwaare zu kaufen. Wir hatten noch nicht Zeit, Studien zu machen, da wir uns zunächst beim Stabe melden mußten. Ter Chef des Stabes, Oberstlieu tenant W., empfing uns mit sehr großer Liebenswürdigkeit und ver sprach, das man uns alles zeigen wolle, was sich jrgend mit den mili tärischen Interessen vereinigen ließe. Es wäre auch hier nicht viel Bewe gung. Immerhin die Kavallerie nimmt eine gewaltsame Erkundung bis zur Weichsel vor und man weis; nicht, was sich daraus entwickelt. Unsere Hauptstcllungen werden Sie morgen sehen nnd zu der Ueberzeu gung kommen, daß wir Mlawa, daS wir zum fünften Male haben, jetzt vermuthlich für die Tauer des Krie ges behalten werden. Mindestens. Der Oberstlieutenant sprach dann von dem Rückzüge am 15. Dezember, der in den russischen Zeitungen und natürlich auch in den Organen der TreiverbandSprcsse als großer russi scher Erfolg gegen die deutsche Mla- Wa-Armee hingestellt wurde. Tic Russen meldeten vor allem, daß ih nen große Mengen Kriegsmaterial, Medikamente, Lebensmittel u. s. w. in die Hände gefallen wären. Wir haben thatsächlich nichts verloren. — Zwei Eisenbahnwaggons mit Brod entgleisten und waren nicht schnell genug fortzubringen. Darauf wur den vorbcimarschirenden Truppen die Vorräthe freigegeben. Tie Mann schaften nahmen sich natürlich ox dcntliche Nationen mit auf den Marsch, so daß die Waggons in kür zester Zeit gelcrt waren und die ganze Beute der Russen zwei leere Eisenbahnwaggons bildeten, dazu noch ein paar hundert Späten, die in einem Keller vergessen worden wa ren. So sah die Siegesbeute der Russen in Wirklichkeit aus! Ihre Freude. Mlawa wieder zu besitzen, dauerte dann ja auch nur sechs Tage und die hier eingesetzten deutschen Truppe hatten die Russen veran laßt, ihrer Front in Südpolen be trächtliche Kräfte zu entziehen, um sie gegen Mlawa ohne jeden dau ernden Nutzen einzusetzen. Inzwischen sind unsere Truppen ja weit über Mlawa vorgeschoben wor den. An der Hand ausgezeichneter Karten, zu denen man die russischen, die man nach unserer deutschen Auf fassung verbessert und verändert hat tc, als Grundlage benutzt hatte, zeigte uns der Oberstlieutenant un sere äußersten Positione und orien tirte uns über das Gelände. Gleich zeitig stellte er jeden von uns fünf Berichterstattern eine Karte zur Ver fügung. „General Suren wird sich freuen, Sie nachher zum Frühstück begrüßen zu können." Unser An trittsbesuch war beendet. Wir gingen in die mit aufmerk samster Fürsorge vorbereitetcnQuar tiere. Ter Ortskommandant hatte in einem dar großen, recht städtisch aussehenden Häuser am Markt drei Schlafräume und einen Wohnraum für uns belegt und zwar bei dem Hausbesitzer selbst, der Firma Frank und Pissitz. Tie sechs Söhne des Hauses iu langen schwarzen Röcken standen da, die kleinen schwarzen Seidcnkappen—ähnlich in der Form wie manche unserer Stndentenmützen aber mit Schirm aus demselbenStosf in der Hand. Herr Frank und Pissitz nebst Frau begrüßten uns freundlich. Sie versicherten uns: „Hat gewohnt in diese Quartiere Prinz Joachim. A feiner Herr, ä nobler Herr! Hat er gesagt, daß die Quartiere seien ausgezeichnet. Wer den Sie sagen dasselbe." Tie Familie Frank und Pissitz ich habe nie herausbekommen, wie sie einzeln hieß zog sich zurück, und wir richteten uns ein, wobei sich her ausstellte, daß wir in der That fürst lich untergebracht waren. Tie mäch tigen russischen Oefen mit den mau crsteingroßcn Kacheln und dem vor züglichen Verschluß pusteten Wärme, wir konnten uns für Mlawa „vorbe reiten." Unten an der Ecke, an der wir auf den Stadtkommandanten, der uns ein paar Baulichkeiten zeigen wollte, warteten, las ich den Grund der auf fallenden Sauberkeit der Straßen. Da war ein Kommandanturbefehl des preußischen Ortskommandanten angeschlagen. Ich möchte den gan zen Anschlag hier wörtlich wicderge den, weil er deutlicher als alles an dere zeigt, mit welchen Sorgen und Fragen die deutsche Verwaltung in den von uns besetzten Theilen Polens zu rechnen hat: Komn,andant u r b e f c h l. 1. Sämmtliche Geschäfte sind auch am Sabbath offen zu halten. Wer diesem Befehl nicht nachkommt, wird verhaftet. 2. Ter Ausschank und das Feil halten von Spirituosen, wozu auch Grog und mit Rum oder Cognac vermischter Thee gehört, ist verboten. Nur der Ausschank von Bier und Wein ist gestattet. Jede Uebertre tung wird mit einer Geldstrafe von 5,0 Mark, im Wiederholungsfälle von 100 Mark und mit Haft bestraft. 3. Ter Kauf uud der Verkauf von Pferden auf russischein Gebiet ist verboten. Bei Uebertretung dieses Verbotes werden Käufer und Ver käufer mit einer Geldstrafe von je 50 Mk., im Wiederholungsfälle von je 100 Mk., belegt. Außerdem werden die Pferde beschlagnahmt. Militär personen dürfen Pferde nur durch Vermittlung der Etappenkomman dantur abgekauft werden. 1. Tic HauS- und Hofbesitzer der Stadt haben die Häuser und Höfe, sowie die an ihren Häusern vorbei führcnden Bürgersteige und Straßen einschließlich der Rinnsteine bis zur Mitte der Straße ständig zu reini gen. Ebenso sind die Aborte rein zu halten nnd täglich mit Kalkmilch zu begießen. Wer diesem Befehle nicht nachkommt, wird mit einer Geldstrafe von 10 Mk., im Wieder holungsfälle von 20 Mk. und mjt Haft bestraft. Königlich Preußische Etappen-Kom mandantur B Hauptmann und Etappen-Komman dant. Wirklich, der Befehl und die ener gischen Versuche, ihm Geltung zu verschaffen, hat Erstaunliches be wirkt. Aber mit Schaudern stelle ich fest, daß die letzten zwei Sätze, wenn man ihre Durchführung thatsächlich erzwingen wollte, Mlawa zur ärm sten Stadt Polens machen würde. Auch ein Preußischer Ortskomman dant kann hier keine Wandlung schaf fen! Immerhin hatten mich die Er fahrungen von anderen Theilen Nordpolens her früher schon abge härtet, das Judcnbad von Mlawa ließ selbst die größte Abhärtung in diesen Dingen zu schänden werden. Tie deutsche Besatzung hat das Badchaus, das die Russen in einem unbeschreiblichen Zustand hinterlas sen hatten, wieder in Ordnung ge bracht. Es war die berühmte Her kules-Arbeit, die geleistet wurde. Ur sprünglich waren die Einrichtungen gut, nur müssen sie jahrelang ver wahrlost worden sein. Tie Zellen sind gekachelt. Tie Wannen für die erste Klasse tief in die Erde gelassen mit schönem breitgemauertcn Rand. Jetzt sieht das Offiziers- und das Mannschaftsbad recht erträglich aus. Als ich die Räume sah. wurden sie eifrig benutzt und mehr als zwanzig Grenadiere warteten auf das Frei werden einer Zelle die Wohlthat dieser Einrichtung kann man nur richtig beurtheilen, wenn man einige Zeit in den Polnischen Dörfern gele gen hat. Ein Offizier, der eben ge badet hatte, meinte, daß es noch was Schöneres überhaupt nicht gäbe. Je denfalls könne er es sich nicht vor stellen. .. Der Deutsche Correspondeut. ViltN"lire, Md., Freitag, den 19. Febrnar 1913. Wir gingen in den anderen Theil des Hauses, den man den Ortsbe wohnern gelassen hat. In einem gro ßen Bassin schillerte eine schwarze Flüssigkeit. „Das ist ihr Badewas ser," sagte der Landwchrmann, der den Raum bewachte. „Da steigen Dienstags und Freitags 200 Perso nen, so viel nur hineingehen, hinab und baden. Sie denken gar nicht daran, das Wasser zu erneuern." „Da hinein?" fragte ich. „Da hinein," sagte der Mann. Ich verließ fluchtartig den Raum und noch am Abend durchschaucrte eS mich, als wir in einer der zahllosen Theestuben saßen und ein College wir als gräßlichste Verwünschung im Scherze zurief: „Baden sollen Sie im Nusscnbad zu Mlawa!" Es war ein sehr harter Scherz. Er fiel in der mcrkwündigsten Umgebung. Wir hatten bci'm Stab gesessen Ge neral Suren empfing uns mit lie benswürdigcr Ansprache waren durch die Stadt gebummelt, vorbei au den vielen kleinen Läden und Lä delchcn, den Ständen mit Brot, den Tischen, auf denen der Samovar brodelte und drei, vier Tassen oder Gläser für den Vorübergehenden be reit standen, und nun nach zehn Uhr Abends waren wir in ein Theehaus gegangen. Das klingt sehr verhei ßungsvoll, aber man muß alle Be griffe, die sich sonst mit dem Wort verbinden, über Bord werfen, wenn man die schmale, ausgetretene Stiege zu dem Mlawensischcn Thechaus hin aufsteigt. Eine kleine, ursprünglich weiße Fahne mit einer Ente darauf hängt über der Thür, die so niedrig ist, daß ich mich bci'm Eintreten beu gen muß, ein dunkler Flur, der bis zu dem Hof auf der Rückseite des Hauses führt, eine Thür zur Rechten, die sich in eine niedrige Stube öffnet. Auf dem ovalen Tisch brennt eine Kerze, ihr flackrichteS Licht geht über die dunkle Gestalt des Wirthes, der am Ofen lehnt und mit tiefer Ver beugung grüßt. Er ist Schuster, „Nix zu thun in dem Krieg," sagt er. Seine klugen, brauen Augen taxircn uns ab. Zwei Töchter, blonde, jüdi sche Schönheiten, fragen nach unseren Wünschen. Die Mutter setzt den Kes sel auf den niedrigen Herd, den man durch die offene Küchcnthüre sehen kan. Es ist erstaunlich, wie ruhig uud klug diese Menschen sprechen. Nur einmal muß ich lachen, als der Alte nur erklärt, daß ja Deutsch große Achnlichkeit niit dem Jiddischen habe, „Se sagen: gebadet, mix sagen: ge buden,- Se sagen: Thee, mir sagen: Thee." Dann erzählte der Mann von den: Rückzüge der Narew-Armce nach der Schlacht von Tannenbcrg. „Mer haben gewußt, daß ist geschehen ein graußes Unglück. Sie sind gekom men durch Mlawa zehn Täg und zehn Nacht. Dann sind sie zurück gekom men wieder, einen Täg, eine Nacht, und noch einen halben Täg. Haben mcr gewußt, daß ist geschehen ein Unglück. Hat uns keiner gebraucht zu sagen. Sie sind gekommen ein zeln, cinr hat gehabt ä Gewehr, der andere hat gehabt nix, der eine hat aufgehabt ä Hut, der andere ist ge gangen mit ä jiddischen Kappen. Ha ben se ni xgesagt und sind se gegan gen weiter. Müde sind se gewesen, sehr müde, meine gute Herr. Dann am anderen Tag waren da die preu ßischen Husars." Ich sah das Bild der geschlagenen, vernichteten Armee: cs stand riesen groß vor mir in dem Dunst der klei nen Stube, und die tiefliegenden Au gen des armen jüdischen Schusters funkelten wie in Genugtuung. Ich ging auf die nächtige Gasse. Sie lag in undurchdringlicher Finsterniß. Fern vom Marktplatz her, auf den sie führte, leuchtete das matte rothe Licht vor dem Hause der Etappe. Ich ging in die Dunkelheit hinein nach der an deren Richtung. Da horchte ich auf. Kanonendonner. Und mit einem Male wurde der Himmel hell. Eine weiße Strahlengarbe huschte fern über die grauen Vorhänge. Ein rus sischer Scheinwerfer. Der Kanonen donner war jetzt deutlich und stark, das Scheiwerfcrlicht übcrflackerte un ruhig den Horizont. Die Russen hat ten unsere Kavallerie - Erkundung aufgehalten. Sicher! Draußen in der fernen grauen Ebene begann das Gefecht. Ich ging weiter und weiter und plötzlich fand ich die Richtung nicht mehr. Meine Taschenlaterne nutzte nicht viel. Hinter einem der Fensterläden schimmerte Licht. Ich klopfe an. „Mcr schlafe schon." „Ich will Thee," sagte ich: da öffnete ein schwarzhaariges, junges Mädel das Fenster. „Wo komme ich hier hin," fragte ich und zeigte die Straße ent lang in die Dunkelheit. Sie schüt teste den Kopf: „Das ist die Straße nach Warschau, mein guter Herr." Sic zeigte dann den Weg. Langsam fand ich mich durch das Gewirre der (lassen zurück. „Das ist die Straße nach Warschau, mein guter Herr!" Rolf Brandt, Kriegsberichterstatter. In Wöhmen. Weder in den großen Städten, noch in den kleineren Ortschaften auf dem Lande etwas bemerkbar von Brotknappheit. Hohenmauth in Böhmen, 20. Januar. In den großen Städten merkt man kaum etwas vom Krieg. Eine große Stadt ist zu bunt; die feldgraue Farbe hebt sich schlecht ab. In entlegenen Winkeln der Provinz sieht man viel eher, wie sich die Muskeln des Dtaats körpers anspannen. Ich kam an dem Tage in die klei ne ostböhmische Tschcchenstadt Ho henmauth, an dem in ganz Oester reich ie erste Altersklasse des un ausgebildeten Landsturms einrückte. Ter Lokalbahnzug, der friedliche, nicht sehr beschleunigte böhmische Lokalbahnzug, ist noch niemals so lang gewesen. In jedem Waggon wimmelte cs von jungen Männern zwischen 24 und 28 Jahren. Jeder hatte seinen kleinen Holzkoffer mit: und alle diese Civilisten, die nie ge dient haben, sahen schon ordentlich militärisch aus. Man hatte ihnen von Amtswegen gerathen, warme Kleider und etwas Proviant mitzu bringen. So kamen sie gleich alle mit gestrickten Liebesgaben an. Es ist jetzt die Kunst erfunden worden, eine Schncehaube so zu stricken, daß sie wie eine richtige k. k. Soldaenmütze niit Schirm und Kokarde aussieht. Von den jungen Rekruten hatte jeder zweite so eine Mütze. Und kurze Halbpelze. Und Ledcrgamaschen oder hohe Bauernstiefel, je nach der Her kunft aus der Stadt oder vom Lan de. Ta saßen sie im Zuge, Teutsche und Tschechen durcheinander. Tie Teutschen sangen die schönsten Lie der aus dem Commersbuch. Als der Zug in Chotzen die Hauptstrecke ver ließ, fuhr gerade ein Zug mit Ver wundeten vorbei. „Heil!" „Nozdar!" Tie werdenden Soldaten riefen ih ren Gruß: die Verwundeten nickten ein bischen; man ahnte, daß sie sa gen wollten: „Ihr habt ja noch keine Ahnung." Ich fuhr mit einem jungen Doktor zusammen, den eine Laune seines Heimathsscheines in diesen tschechi scheu Erdenwinkel verschlagen hat; er war noch nie hier, wäre nie Her gekommen, wenn er jetzt nicht ein rücken müßte. Er war sehr unruhig, denn er hatte sich keine Lebensmittel eingekauft, obwohl die Rekruten für drei Tage Nahrung mitzubringen haben. Ob man in Hohcnmauth etwas zu kaufen bekommen würde? Ich beruhigte ihn, aber ich dachte mir: Wie ist das eigentlich in der böhmischen Provinz? Wir sollten doch ausgehungert werden! In der Großstadt ist es noch lange nicht so weit, aber wie steht es auf dein Lande? Hohcnmauth. Ein kleines Städt chen mit einer großen Garnison. Ein schöner Ringplatz mit einigen wundervollen alten Häusern. Reste der mittelalterlichen Ringmauern u. Thore. Sonst ein Nest im Win terregen. Es giebt ein modernes Hotel; in dem wohnen die Herren Offiziere. Es giebt ein anderes Hotel auf dem Ringplatz; in dem sind alle Gastzimmer besetzt von Offizieren. Nun gehe ich hinunter, um nach zusehen, ob die böhmischen Provinz nester von den Engländern bereits ausgehungert worden sind. Nein, oie böhmische Küche lebt noch. Kein Mensch ahnt, wie gut man in so einem tschechischen Landgasthause essen kann. Ich fragte nach den Lebensinittelprcisen in Hohcnmauth. Der Wirth sagte, die seien jetzt theuer; ein Ei fünf bis sechs Pfen nig, ein Kilo Butter zwei Mark. Na, wenn es nicht schlimmer wird, kann uns die englische Flotte den Buckel hinuntcrdampfen! Spaziergang durch die Stadt. Jede Straße heißt nach einem be rühmten Tschechen, nach Prezmysl Ottokar, nach Friedrich Smetana, Huß. Zizka oder Neruda. Es geht gerade aus; cs giebt genau so viele berühmte Tschechen, wie es in Ho henmauth Straßen giebt. Aber Ho henmauth ist ein ganz ansehnliches Städtchen. Bor der großen gothischen Kirche stehen zwei stattliche Schulgebäude. Jetzt sind sie voll von Landwchrmän nern. Das ist die schon ausgebildete Mannschaft, die nun für die Rekru ten Platz machen soll. Jeder Mann hat eine ganz prächtige neue Uni form an: darunter gediegene dicke Wollwäschc. Ein Bataillon tritt eben an, ich weiß nicht, ob zu einer Besichtigung oder zum Abmarsch. Es ist eine Freude, wie gut die Leute ausgerüstet sind und wie stramm sie aussehen. Mit weißen nnd rothen Blumen, mit Bändern in den weiß rothen Nationalfarben haben die tschechischen Soldaten die blaugraue Mütze geschmückt: dann steht wieder ein deutscher Bauernsohn da, mit einer schwarzrothgoldenen Schleife. Habt acht! Ein junger Offizier im Pelz tritt vor die Front; ich gehe, um den Dienst nicht durch neugierige Blicke zu stören. Wie ich an der Kirche vorbeikom me, sehe ich in einer nach außen of fenen umgitterten Kapelle ein großes Kruzifix. Ein Landwehrmann liegt davor lind betet; vielleicht weint er. Er darf es, es ist die Stunde des Abschieds. Wieder durch die Straßen. Man sielst Infanteristen, sieht Ulanen, sicht einrückende Rekruten mit ihren Köffcrchen. In der Buchhandlung sind russisch - deutsche und russisch tschechische Wörterbücher ausgestellt. Sonst fällt einem die unglaubliche Anzahl von Schinken und Salami würsten auf, die man zu kaufen be kommt. Mein junger Doktor hat umsonst Angst gehabt! Ter Drogist hat ein Plakat ausgehängt, das eine treffliche Laussalbe empfiehlt. Das sind so die Sehenswürdigkeiten. Es giebt zum Glück auch die Essens- Würdigkeit. Das Abendessen in dem alten kleinen Gasthof könnte man ei nem Großfürsten vorsetzen wenn er es verdiente. Tie Herren Offi ziere lassen sich's schmecken. An dem einen Tisch die Herren, die ans den Rekruten Ulanen machen sollen, an dem anderen die Erzieher der Land wehr-Infanterie. Ein junger Ula nen-Obcrlieutenant (so jung, daß er sich in der Front schon sehr ausge zeichnet haben muß, da er Oberlicutc nant ist) erzählt, wie er im Septem ber verwundet wurde. Ter Land wehrmajor hört hinüber. Draußen Plätschert der Regen. Noch ein Vier! Winterabend in einem niedlichen, aber gut verwalteten Städtchen. WaS ich selbst gesehen habe, ist: freundlicher, behäbiger Wohlstand mitten im Kriege und stramme mili tärische Arbeit an den prachtvoll len „Landwehr - Dreißigern" zum Beispiel kann man seine wahre Tol datenfrcudc haben und keinerlei sensationelle Eindrücke. Desto besser! Ein liebes, schmuckes Provinzstädt chen, das auch der Krieg nicht auf regender gemacht hat. Desto bes ser! (Richard U. Vermann.) Eine Stimme aus China. Tie Haltung der Chinesen.— Tsing tau's Fall. Der englische Ge schäftskrieg. (Aus der „Frankfurter Zeitung.") Aus Tientsin, 28. November 1914, wird von einem deutschen Kaufman ne geschrieben: Da Sie um einen Bericht über die hiesigen Verhältnisse bitten, werde ich versuchen, Ihnen möglichst aus jährlich zu schreiben: Tie Chinesen sind augenblicklich außerordentlich deutschfreundlich; denn sie wissen ge nau, daß ihnen nur geholfen werden kann, wenn Deutschland siegt. Die Engländer haben sie lange durch schaut, und die Japaner hassen sic. Selbst die chinesischen Zeitungen im Inneren glauben nicht mehr an Reu ter's Berichte. Ha unsere Reisen uns oft in Ge genden bringen, die von Europäern nicht oft besucht werden, so ist es uns möglich, genau über die Ansich ten der Chinesen ein Urtheil abgeben zu könen. Der Fall Tsingtau's hat uns nicht in den Augen der Chinesen geschadet, im Gegentheil, sie schätzen uns umsomehr, seitdem sie gesehen haben, daß sich eine sehr schwach be festigte Stadt mit einer geringen Garnison so lange gegen das ganze japanische Reich gehalten hat, und sagen sich, daß selbst die Engländer, Franzosen und Russen eingesehen ha ben, daß es ihnen nicht möglich war, Tsingtau zusammen zu nehmen, und sie deshalb die Hülfe der Japaner anrufen mußten. Dies hat den En gländern sehr in den Augen der Chi nesen geschadet, baß das große Eng land seine eigene Schwäche einer asiatischen Nation gegenüber einge stehen und deren Hülfe anrufen mußte. Ich war vor einiger Zeit in Muk dcn und machte von dort einen Aus flug zu einem Mandschu - Bcerdi gungspark. Um hinein zu kommen, muß man einen Erlaubnißschein des Consuls haben, den ich vergessen hat te, mir geben zu lassen. Am Thor fragten mich die chinesischen Solda ten, welcher Nation ich sei, und ich sagte ihnen, daß ich Teutscher wäre. Sofort rissen sie das Thor weit auf und baten mich, einzutreten; man sagte nur, Teutsche kämen auch ohne Paß hinein, Engländer, Franzosen und Russen müßten einen Paß ha bcn. Dann klagten sie mir, daß ,es so schwer für sie wäre, Nachrichten über die Teutschen zu bekommen, sie bekämen nur die übersetzten erloge nen Reuter - Nachrichten und freuten sich immer, wenn sie nial von einem Teutschen die Wahrheit über die La ge der Tinge in Europa hörten. Es wunderte mich, daß selbst diese ein-' fachen Soldaten, die hier auf keiner sehr hohen Bildungsstufe stehen, doch so für die Deutschen eingenommen sind. Als ich fortging, ließ der Of fizier die Wache heraustreten und schärfte ihnen ein, sie sollten mich ge nau ansehen; wenn ich wiederkäme und er sei nickst da, dann sollten sie mich in den Park lassen, mit oder ohne Paß. Auch mit höheren Beamten komme ich viel in Berührung. Auch dereu einziger Wunsch ist, daß die Teut sckzen gewinnen und die Engländer und später die Japaner- ordentlich schlagen. Der englische Einfluß hat durch das Hinzuziehen der Japaner in den Angriff von Tsingtau ganz gehörig gelitten. So, nun zu unserem lieben Tsing tau. Sobald es augenscheinlich wur de, daß die Japaner sich cinmisckM würden, wurden alle Reservisten, die nickst aus gesundheitlichen oder ~e-schäftlichen schäftlichen Gründen unabkömmlich waren, nach dort beordert. Alle folg ten den: Rufe gern. Aus den entle gensten Plätzen kanien sie Aus Sai gon waren 20 Mann 5 Wochen auf chincsisckzen Booten unterwegs; da sie die englisckzen und französischen Da mpfer nicht benutzen konnten, mußten sie es versuchen, sich so durchzuschla gen. Leider wurden in Hongkong viele zurückgehalten, die aus Mani la, Hongkong, Canton u. s. w. ka men; cs kamen aber immerhin cirka 1000 Mann zusammen, so daß sich die Besatzung Tsingtau's incl. der deutschen und österreichischen Solda ten der Kriegsschiffe auf ca. 4000 Mann belief. Drei Monate hat die Belagerung Tsingtaus gedauert; sie hat die Ja paner circa 10,000 Mann, einen Kreuzer, zwei Torpedobootszerstörer und einige andere Schiffe gekostet. Ueber die Heldenthaten des Kreuzers „Emden", der sich vor der Einschließ ung des Hafens durchschmuggelte, haben Sie wohl gelesen. Auch sind Sie wohl über den Verlauf der Be lagerung orientirt. Neu ist Ihnen wohl nur der letzte Theil dieses Dra mas. Ein Trost bei der ganzen Sache ist es, daß die Teutschen dank ihrer gut angelegten Schützengräben nur wenige Verluste gehabt haben. Es sind 135 bis 150 Mann gefallen und circa 700 verwundet worden. Tcr Rest ist augenblicklich in japani scher Gefangenschaft, und man muß es dm Japanern lassen, sie thun an scheinend, was sie können, um die Lage der Gefangenen so angenehm wie möglich zu machen. Sie sind je denfalls besser dran, als die armen Menschen, die in Sibirien sind und die in einer ganz verzweifelten Lage sein sollen. Es werden hier augen blicklich Geld und Kleidungsstücke ge sammelt, um die Noth etwas zu mil dern; cs wird aber wohl sehr schwie rig sein, die Sachen durchzubekom men. Jedenfalls haben sich amerika nische Missionare erboten, den Ver such zu machen. Nickst nur dadurch, daß die Eng länder die Hilfe der Japaner ange rufen haben, um sie beim Uebcrfall von Tsingtau zu unterstützen, auch während des Angriffs haben sie sich unsterblich blamirt. Ein deutschspre chendcr japanischer Offizier erzählte einem Sanitätssoldaten, der nach hier zurückgekehrt ist, daß man die Engländer zweimal aufgefordert hätte, ain Sturm theilzunchmen, daß sie sich aber geweigert hätten. Tie einzigen Verluste, die die Engländer gehabt haben, entstanden dadurch, daß zwei deutsche Granaten unter den Engländern platzten, als sie mit Holzholen für die Japaner beschäf tigt waren; sic mußten also Kuli dienste für ihre gelben Verbündeten verrichten. Sie wollten auch nach dem Falle Tsingtaus als erste einzie hen, dies wurde ihnen aber von ih ren Verbündeten untersagt; sie durf ten sich nur ganz hinten den Japa nern anschließen, und als sie durch die Straßen zogen, drehten sich die Teutschen um lind zischten, was sie bei dcil Japanern nickst gethan hat- Leu. Um sich dafür zu rächen, bat der englische General, man möchte ihm die Hälfte der Gefangenen für Hongkong geben. Dies wurde ihncu aber ebenfalls abgeschlagen. Die Ja paner sagten ganz richtig: Ihr habt nicht mitgekämpft, also bekommt Ihr auch nichts. 70 Japaner und 1 Of fizier wurden wegen Plündern er schossen. Die englischen und indischen Soldaten, die am meisten plünder ten, wurden von ihren Offizieren in dieser Beschäftigung nicht gestört; man entwaffnete aber sämmtliche englischen Truppen. Jetzt haben sich die letzteren ohne Sang und Klang nach Indien eingeschifft. Dieser letzte Raubzug paßt sehr gut zur übrigen englischen Geschichte. Daß der Krieg nur dadurch entstan den ist, daß die Engländer auf die geschäftlichen Erfolge der Teutschen neidisch wurden, ist hier draußen so klar wie der Tag. Die Engländer benutzen die schmutzigsten Mittel und Wege, um den deutschen Handel an sich zu reißen. So haben sie jetzt sämmtliche Teutschen auL Hongk> ausgewiesen und alles Privates thum consiszirt. Na, dafür wen sie ja später zahlen müssen sie glauben, daß sie auf diese Achtung der Chinesen erringen das Geschäft an sich reißen, d"?, ren sie sich gewaltig. Mit der - tung, die die Engländer hier wissem Grade genossen haben, >1 vorbei. Z. B. liegt ein typisch scher Theil des Geschäfts, Manche! waaren, zur Hälfte in deutschen L den; man hat in England "E... hcn, daß man sich am meisten gen würde, wenn man den Gesa)! . verkehr mit den Teutschen vennc' und deshalb sind die englischen ken auch gerne bereit, von Geschäften für die der zu übernehmen trotz die der englische König in die setzt. Man könnte Bände ben, welch schmutziger Mittel M Engländer bedienen, um da? - hcn der Deutschen hier branßen schädigen, und da sie selbst einst ' daß ihnen alles nichts nützt- „ sie immer erboster. Tie Firmen bitten in langen 2.' man möchte ihnen Helsen und - " deutscher Fabrikate einsenden: Artikel würden genau so gut land gemacht. Natürlich ist vergebliches Bemühen. chen sie, bei den deutschen 0° Kataloge, Preislisten u. s- " treiben, um sich über das informiren; sic vergaßen es nicht nur die Kenntnisse der' schen Kaufleute waren, die ihe ncn großen Theil am Oteschästc . schafften, sondern intensive tung, wozu der Engländer, der Sinn für sein Vergnügen und l Sport hat, einfach unfähig 'st- Von Mordanklage freigcspr-E^ Quincy, Jll., 18. Februar Ray Pfanschmidt wurde der Mordanklage durch die . rcnen in Princcton, Jll., ch, chen. Dies ist der dritte Feeül der gegen den Angeklagten wird. Pfanschmidt ist beM" s seine Eltern, Hrn. und Fra ! z, Pfanschmidt, seine Schwester und Fräulein Kämpen ernwro haben. Die Leichen wurden' September 1912 in der d'E Pfanschmidt'schen Hauses lwi" Nach der Verhandlung, Angeklagte sich wegen von Frl. Emma.Kämpen S Worten hatte, wurde Pfänschn" der verhaftet und soll ai , g den Montag sich wegen Mor seinem Vater verantworten. Ans Sing Sing entln^"' Ossi ning. u'' David A. Sullivan A"' tcr Parole ans dem Sing i,. Zuchthause entlassen worden, j. dem er zwei Jahre von stu'O. xc heitSstrafe verbüßt hatte, ,g,oOO wegen Unterschlagung von von der „Mcchanics and - Dank" in Brooklyn, deren p er war. verurthcilt worden Nach seiner Freilassung w> j,i fort wieder verhaftet und n"w Kings-County wegen "der zur Last gelegter Unters)' verantworten. lowa wird wieder „trecke^. Des Mo in es, Ja-, Das Unterhaus der St" s!) latur Passirte heute mit 79 n Stimmen die Clarkson-B>U' xic das Mulct-Gcsctz widcrE g,,, Maßnahme ist bereits genommen worden. Der i o Ki hat seine Absicht angekünd' , tzjc zu unterzeichnen. Danut Prohibition für den gnn) lowa eingeführt werden. Das Mulct-Gesetz gestan , Bcn Städten, zu vergeben. -—- Neue Ernennungen des Washington. 18- Hr. William W. Heard Zsjdc" Orleans wurde heute dur) f>.' Wilson zum Hülfs-Schatz' Ncw-Orlcans ernannt. Brigadc-Gcneral Weave pc für weitere vier Jahre zu" Küstcn-Artillerie ernannt. Är. F,°d. L. Wilkesbarre, Pa., wurden nenzoll Einnehmer für ,g. Pennsylvania Distrikt erna Grosifeuer in Ebensb^ Ebensburg, Pa-' g Ein Großfeucr, das >v>^ Ortschaft zu zerstören dr' ',i heute erst eingedämmt, "" nannt - Sprengungen vma t wurden. Dreizehn Geb c schäftsvicrtel wurde zer) Schaden von §200,000 an -7^ai)jsso'M> Grnben-Explosion > . Richhill. Mo., 18- ; Fünf Bergleute wurden F Ü Arbeit gctödtet, als Eoal Mining Co." eine ia erfolgte. Sonst befand Ü in dem Bergwerk. Zwei bisher geborgen worden-