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2 Die Staatsbanken nnd der Krieg. Ein Vergleich des Lt.iudrs drr Staats- odrr Notciibankkn der Hier Länder Dentschlniid, Frankreich, England und Italien, von einem Italiener ausgestellt. H a »i b » r g, 2t!. April. — In der italienischen Zeitung „Sole" be schäftigt sich ein längerer Artikel von R. Broglio d' Ajano mit den Slaaks hanken der Iriegnchrenden Mächte vor und während desKrieges. Tie Mns'.nnlnnen, welche die StoatSban ken der dedentendslen Länder getrof fen haben, mit den dnrch den Krieg hervorgerufene» neuen Anforderun gen zu hegegnen, sind zwar in der Grundlage gleich, in den Einzelheiten aber doch verschieden. Was einem so fort in's Auge springt, ist das sozu sagen methodische Vorgehen der Deut scheu Rcichsbank im (Gegensatz zu dem mehr revolutionären der anderen Banken. Tie Rcichsvank hatte schon 100t! das Recht erhalten, 60- nnd 20 Marknoten auszugeben und he nichte unverzüglich ihren Einfluß auf das Publikum, um es an diese Noten nnd an die Neichskassenscheine von zehn und fünf Mark an Stelle von OWId zu gewöhnen. In dieser Weise bat sich der Ucbergang vom gesetz liehen Kurs zum Zwangskiirs ohne jede Erschütterung vollzogen, der TiSkontosal! stieg von 5 ans >! Pro zent, und Teutschland hat einem Mo ratorium ans dem Wege gehen kön nen. Tie Bank von Frankreich gab kleine Noten von 5, bis 20 Francs erst am Ol. Juli >0l 1 ans und diese hatten sofort ZwangsknrS nnd das Moratorium im Erfolge: der Dis kontosatz sprang am l. August von 1>/2 ans <! Prozent. Tie englische Negierung muhte, um zur Ausgabe kleiner Noten von 10 Schilling und ein Pfund Sterling schreiten zu kön neu, einen Erlas; geben, welche alle Bank-Operalionen für sechs Tage einstellte: die Ausgabe war begleitet von einem Moratorium für alle Be träge über 5 Pfund, nnd um dann die Ereditiälügkeit zu stützen, über nahm der Staat die Garantie für alle von der Bank von England vor den; l. August diskoutirten Wechsel. England hielt es nicht für angebracht, einen Zwangskiirs anzusetzen, aber das Verbot, an die feindlichen Staa ten geschuldete Beträge auszuzahlen, erreichte denselben Zweck zum Schutz der Metallreservc. Ter Diskontosatz ging in England sprunghast in die suche: Aul 00. Juki von 0 auf 4 Pro zent, an, Ol. auf 0 Prozent, am 1. August aus 10 Prozent. Tie italie nische Negierung, die schon eine» Zwangskiirs hatte, erlies; ein Mora torium. der Diskontosatz flieg von -1 auf 5 Prozent. Alle europäischen Staatsbanken hatten sich schon vor langer Hand aus den Krieg vorbereitet, indem sie ihre Goldreserven verstärkten. (Dabei kommt England nicht in Betracht, da es das System der vollen Golddeckung hat.) Goldreserven in Millionen Lire: in den Frank Teutsch- Ita- Iahren reich land lie» 10 l> 0207 010 1261s 1012 0207 071 1211«' 1010 0517 1162 1076 1011 (Juli) 1111 1606 1076 Tie steigende Tendenz verschärfte sich dann sofort nach Kriegsbcgin». Tie Bank von England bescblag „ahmte z» ihren Gunsten die in Lon do» niedergelegte indische Goldreser ve, eine Summe, die anscheinend spä ter zurückgezahlt wurde. 8 Millio nen Pfund kamen dann aus dem ägyptischen Staatsschatz hinzu. Au ßerdem bt die Bant noch zwei Neser ven, die eine in Eanada gebildet durch die Eredite, die England in den Vereinigten Staate» eröffnet waren, die andere in Südafrika, die aus der Beschlagnahme der Golder- Zeugung in Transvaal herrührte. Teutschland bat im Augenblick der Kriegserklärung die 205 Millionen Mark in Gold, die den Kricgsjchatz bildeten, der Goldreserve der Reichs bant einverleibt. Während des Krieges erreichte die Goldreserve der vier in Betracht kommende» Staatsbanken folgende Ziffern: Bant von England: 20. Juli lO!1 0!i5 Mill. Lire, 5. August 1011 <!!X) Milk. Lire, 00. Dezember 1011 1727 Mill. Lire, 10. März 1015 11M Mil. Lire. Teutsche Reiche-bank: 20. Juli 1011 1606 Mill. Lire, 7. August 1011 15!X! Mill. Lire. Ol. Dezember 1011 25!X! Mill. Lire, 6. März 1015 2867 Mill. Lire. Bank von Iransreich: OG Juli 1011 1111 Mill. Lire. 10. Tezember 1011 1112 Mill. Lire. 11. März 1015 1212 Mill. Lire. Italienische Banken: 01. Juli 1011 1076 Mill. Lire, 10. August 1011 1365 Mill. Lire. 01. Dezember 1011 1007 Mill. Lire, 20. Februar 1015 1408 Mill. Lire. Bezüglich der Notenausgabe hat die Bank von England die Peel Akte nicht aufgehoben und hat daher die volle Notendecknng aufrecht er halten, während die italienischen Emissionsbanken vom Staate die Ge nehmigung erhielten, die normalen Grenzen de-s Nolenumlauss ans das Doppelte zu erhöhen und endlich für die Reichsbank, sowie die Bank von Frankreich die die für den Notenum lauf schon feststehenden (absoluten) Grenze» ansgehoben wurden. Ter Notenumlauf der vier in Betracht kommenden Banken hat iniLause der .Kriegs,nenate folgende Zifsern er reicht: Bant von England: 20. Juli 710 Mill Lire, 5. August 003 Mill. Lire. 30. Dezember 1000 Mill. Lire. 10. März 1"63 Mill. Lire. Zunahme: 10,2 Prozent. Deutsche Reichsbank: 20. Juli 20«! 1 Millionen Lire, 01. Juli 0636 Mill. Lire. 7. August 1871 Mill. Lire, 31. Dezember 6308 Mill. Lire. «>. März <>101 Mill. Lire. Zunahme: 150 Prozent. Bank von. Frankreich: 00. Juli 6683 Millionen Lire. 1». Dezember 0086 Mill. Lire, 11 März 11,000 Mill. Lire. Zunahme: 66 Prozent. Italienische Banken: 31. Juli 22«»> Millionen Lire. 10. August 2701 Mill. Lire, 30. Dezember 20l«> Mill. Lire, 2<>. Februar 2006 Mill. Lire. Zunahme: 28,2 Prozent. Für die italienischen Emissions banken war der Betrag der für den l Handelsverkehr bestimmten Noten im vorigen Jahre beinahe derselbe wie im Februar dieses Jahres: am 11». Februar 1015: Umlauf für ven freien Verkehr 2115 Mill. Lire. Um lauf für Rechnung des Staates 751 Mill. Lire. Angenommen, das; auch für die anderen Staaten keine erheb lichen Schwankungen im Notenum lauf des freien Verkehrs eingetreten sind, würde sich folgende Rechnung für beide Formen des Bedarfes her ausstelle» «in Millionen Lire): lim laus im freien Verkehr: Bank von England 760, Deutsche Reichsbank 2121, Bant von Frankreich 5810. Umlauf für Rechnung des Staates: Bank von England 000, Teutsche Reichsbank 0710. Bank-von -Frank reich 5280. Ties würde noch einmal beweisen, wie günstig die Lage der italienischen Emissionsbanken ist im Gegensatz zu der der anderen Ban ken. Um die Solidität der Banken zu beurtheilen, genügt es nicht, die Höhe des Notenumlaufs zu kennen, sondern man muß alle täglich fälligen Verbind lichkeiten cinschlies;Iich des NotcnumlausS im Verhältnis; zur Goldreserve in Be tracht ziehen. Bei allen Notenban ken macht sich eilte Zunahme der De positengelder bemerkbar: Bank von England: OO. Juli 1060 Mill. Lire, 6. August 1706 Mill. Lire, 00. Dezember 0875 Mill. Lire, 10. März 4107 Mill. Lire. Rcichsbank: 20. Juli 1180 Mill. Lire. 7. August 2270 Mill. Lire, 01. Dezember 2106 Mill. Lire, <!. März 2110 Mill. Lire. Bank von Frankreich: 01. Juli 018 Mill. Lire, 10. Dezember 2150 Mill. Lire. 11. März 2546 Mill. Lire. Italienische Emissionsbankcn: 01. Juli 100 Millionen Lire. 10. August 118 Mill. Lire, 01 Dezember 1551 Mill. Lire, 20. Februar 1KX! Mill. Lire. Tic Golddeckung sämmtlicher täglich fällige» Verbind lichkeiten stellt sich also bei de» >n Be tracht kommenden Banken: Bank von England: 00. Juli 45.0 Prozent, 10. März 26,0 Prozent. Reichsbank: 20. Juli 48,8 Pro zent, 6. März 01,7 Prozent. Bank von Frankreich: Ol. Juli 61.0 Prozent. 11. März 01,8 Prozent. Italienische Emissionsbanken: 01. Juli 40,7 Prozent, 20. Februar 05 Prozent. Daraus ergibt sich, das; die Lage der italienischen Emissions - Banke» auch von diesem Gesichtspunkte auS verhältnißmäßig günstig ist, um so mehr als ein gewisser Ausgleich be steht zwischen den Nenausgaben für Rechnung des Staatsschatzes und der größeren Flüssigkeit ihre? Status im Eontocorrentverkebr. Schließlich erscheint eS zweckmäßig, etwas ein gehender die Transaktionen zu un tersuchen, die die in Betracht kom menden Banken in diesen Monaten gemacht haben. Gemäß dein der Kammer Ende Dezember erstatteten Bericht würden die Vorschüsse der Bank von Frankreich an den Staat die Summe von 3,6 Milliarden er reichen: da aber ein kürzlichcr Erlaß der Bank von Frankreich das Recht gibt, die bons de la defense nationa- Ter Teutsche Korrespondent, Baltimore, Md., Freitag, den 14. Mai 1015. le, welche die neue französische Staatsanleihe bilden, zu dem Vor zngSkurse von 80 Prozent vom No minalbeträge auf 0 Monate zu dis contiren, so ist die Position „Vor schüsse gegen Sicherheiten", welche eigentlich dem Handelsverkehr vorbe halten ist. in eine indirekte Art von Vorschüssen an den Staat verwandelt worden. Tiefer Posten belief sich aber schon am 10. Dezember auf 780,8 Millionen. Andererseits ist die Deckung durch Wechsel bei der Bank von Frankreich nicht so solide, wie in normalen Zeiten, weil von den 0850 Millionen FrancsWechsel ganze 0608 Millionen prolongirte Wechsel sind, so das; nach Leroy - Bcauleau 12 Jahre dazu nöthig sein werden, um die Liquidität de? Wechsel - Porte feuilles der Bank von Frankreich wiederherzustellen. Auch die Liqui dität des Portefeuilles der Bank von England ist vermindert durch die Wechsel, die vom Moratorium Nu tzen ziehen oder die den Schutz des späteren Gesetzes genießen, welches es dem freie» Ermessen des Richters überläßt, ob die Erneuerung von Wechseln, die nach Erlas; des Mora toriums ausgestellt sind, zugelassen ist oder nicht: außerdem hat sich die Bank gebunden, um dem auswärti gen Handel zu Hülfe zu kommen, in dem sic sich bereit erklärte, von den Kaufleuten 6 MonatSwechsel an zu nehmen, die bis zu einem Jahr nach Ende des Krieges prolongirt wer den können: schließlich hat die Bank von England, ebenso wie die Noten- Banken der anderen kriegführenden Länder, dem Staate zu Hülse kam men müssen, indem sie bestimmt bat, daß die Anleihe der 0H5 Prozent-An leibe von 050 Millionen bis zum I. März 1018 zu einem Prozent unter Banksatz belieben werden können, ein Satz, der später auf 0 Prozent her abgesetzt worden ist, aber nur bis zum 7.Ianuar 1015. Aber die schwer ste Gefahr für die Bank von Eng land besteht in den Darlehen an dieVcrbünde t e n, welche doch zu einer schweren Schä digung ihrer Goldreserve führen könnten. Bis jetzt sind diese auswär tigen Anleihen im freien Markt un tergebracht worden, aber unter gro ßer Unterstützung Seitens der Bank, und zwar für 12 Millionen Pfund russische Schntzscheinc und ebensoviel französische. Das Portefeuille der Reichsbank belief sich am 00, Sep tember auf 175«! Millionen Mark und bestand zu großem Theil aus Schußwechseln auf Grund des guten Ergebnisses der ersten Kriegsanleihe. Am 7. November hatte sich das Wech selporteseuillc verringert bis ans 2640 Millionen Mark, um dann bis zum 6, März wieder allmählich auf 1208 Millionen zu steigen. Jetzt wird es aber auf Grund der neuen Kriegsanleihe wieder abnehmen. Wenn nun die schwache Seite bei den Banken von England und Frankreich in den vielen auf Eirund des Mora toriums prolongirte» Wechseln be steht, so ist die schwache Seite der Reichsbank die Gleichstellung der Darlehens - Kassenscheine mit der Golddeckung. Diese Scheine stellen eigentlich unverkaufte Waaren dar und, was- schlimmer ist, in immer größerer Menge StaatSPaPierc, und find daher kein gutes Decknngsmit tcl für die ausgegebenen Noten. Am 01. Dezember befanden sich in der Kasse der Reichsbank 871.1 Millionen Mark in solchen Scheinen, später verminderte sich der Betrag bis auf Millionen, um dann neuer dings wieder (vorübergehend) zu steigen. (Tie Darlehenskassen be vorschussen aber die Werthpapicre jo niedrig, das; darin kein Anlaß zuBe sorgnissen erblickt werden kann. Die Schristleitniig.) Das Portefeuille der italienischen Emissions - Banken hat am 20. Februar nur um eine Kleinigkeit eine Milliarde Lire über stiegen. die Vorschüsse beliefen sich ans 1081 Millionen, von denen nur 270 Millionen Darlehen an den Staat und andere Gemeindckörper schäften darstellten: weitere 01 Mil lionen waren Vorschüsse an die Sparkassen. Daher ist die Liquidi tät der italienischen Emissionsbanken augenblicklich ganz minimal, nnd der Vergleich mit den Emissions - Ban ken der anderen Staaten zeigt, das; die verhältnißmäßig günstige Lage des italienischen Ereditwesens es er möglicht hat, den durch den Welt krieg hervorgerufenen dringendenBe dürfnissen entgegen zu kommen, oh ne den italienischen Emissions-Ban ken allzuschwcrc Opfer auferlegen zu müssen. W u r st wider Wur st. — Pa tient: „Herr Doktor, ich habe Sie rufen lassen, doch muß ich Ihnen gleich bemerken, ich habe nicht das geringsle Vertrauen zu den Aerz ten." Arzt: „Ach, daS thut nichts, der Esel hat zum Thierarzt auch kein Vertrauen und wird doch von ihm kurirt." Wirlljschaftliche Betrachtungen. Ter Finnnzbrdarf der Feinde Trutschland's. — Grollende Stimmen in London. — Rothschild's Testament. —Stenrrsragcn in Teutsch nnd England. — Tie Monopvlsrnge. (Aus den „Hamburger Nachrichten" vom 26. April.) Dieser Tage hat Reichsschatzsekre tär Tr. Helsserich mit einein ameri kanischen Journalisten über die deut schen Finanzen gesprochen und n. A hervorgehoben, daß das Reich mit den Beträgen, die aus.dje beiden er sten deutschen Kriegsanleihen gezeich net sind, bis -Oktober oder November auszukommen vermag. Im Gegen satze dazu zeigt sich, das; bei unseren Feinden die Ordnung der sinanziel len Verhältnisse nicht so glatt vor sich zu gehen scheint. Tie Bank von Frankreich muß Hrn. Nibot noch im mer als milchgebende Kuh dienen, nachdem der französische Anleihe markt völlig versagt hat nnd das französische Volk auch die vielgeprie senen Bons de la Defense Nationale verschmäht. Wir haben an dieser Stelle in der vorigen Woche darauf hingewiesen, daß die großbritanni sche Finanzverwaltnng darauf ver zichtet. ferner neue langfristige An leihen zu schaffen, und sich dagegen mit der Begebung von kurzfristigen Schatzanweisnngen in größerem Um fange behelfen wird. Jetzt zeigt sich, daß die Anforderungen, welche an Großbritannien gestellt werden, weit größer sein werden, als sich vielleicht bei oberflächlicher Beobachtung hat annehmen lassen. Denn abermals meldet sich der russische Geldbedarf. Seitdem der große gemeinsame An leihcplan der Trciverbandsmächte zum Scheitern gebracht worden ist. bat sich das Loch in dem russischen Staatssäckel nicht mehr stopfen las sen. Die Hoffnung, die die russischen Finanzleiter auf eine innere russische Anleihe gesetzt hatten, ließen sich nicht erfüllen. Rußland mußte im AnS lande weiter borgen und dabei seine großen jüdrussischen Getreidebestände an England verpfänden. Das fällt um so schwerer in's Gewicht, als die russische Getroideerndte des vorigen Jahres nicht sehr ergiebig gewesen ist und die Ernährungsfrage inRnß land nicht leicht gelöst werden kann. Tenn ein großer Theil der russischen HaupterzeugungS - Distrikte befindet sich in Händen von deutschen und österreichisch - ungarischen Truppen, ein anderer, ebenfalls umfangreicher Theil der Gctreideanbaiidistrikte wird von russischen Schützengräben durch zogen: außerdem sind die Ziifuhrwe ge nach dem Schwarzen Meer durch die oSinanische Kriegsmacht gesperrt. Von Neuem muß sich der russische Fi nanzniinister Bark im Auslande um sehen. Rußland braucht zunächst wieder eine Milliarde Mark, welche England und Frankreich beschaffen müssen. Eine Besprechung der drei Finanzminister wird in London diese Angelegenheit zunächst behandeln. Ob die englischen Kapitalisten freu digeu Herzens sich zu großen Opfern bereit finden lassen werden, bleibt abzuwarten. Durch die Londoner Eitypresse geht schon ein leichtes Grollen. Den englischen Rechnern fällt es nicht schwer, sich darüber klar zu werden, das; die nenn Milliarden Mark, die allein von England bis her in das Kriegsgcschäft gesteckt worden sind, noch nicht die Spur ei ner Rentabilität ausweisen. Man fragt sich dort angesichts der robu sten Gesundheit des deutschen Wirth schastskörpers: Wo bleibt für »nü der Nutzen des Weltkrieges-? Wie sehr die englischen Kapitalanlagen durch den Krieg geschädigt werden, erhellt u. A. a»S dem in englischen Blät tern in letzter Woche auszugsweise veröffentlichte» Testament des ver storbenen Lord Rothschild in Lon don. In einem Anhang zum Testa ment hat der Entschlafene das seiner Tochter, Frau Behrens, ausgesetzte Legat von 20«>,lXl0 Pfund auf 150.- «XXI Pfund herabgesetzt. Es läßt sich wohl annehmen, das; die für Frau Behrens bestimmten Wcrtbpapierc n. Liegenschaften ihrem Nennwertbe nach kaum verringert sind, das; viel mehr darauf in Folge des Krieges buchmäßige Abschreibungen erforder lich geworden sind, die mit 25 Pro;, von Lord Rothschild veranschlagt wurden. Durch solche Vorkehrungen erkennt man erst, welche Wunden der Krieg dem englischen Kapital schlägt, sodas; mau sich nicht länger zu täuschen lassen braucht durch die amtlich festgesetzten Mindcstkurse für Eonsols bei den Notirungcn dcrLon doner Börse. Die Erben des Lord Rothschild haben in dieser Hinsicht in Folge des Krieges vielleicht Nach theile zu beklagen. Andererseits wird sich aber durch die geringere Bcwcr thung des Nachlasses die recht erheb liche britische Erbschaftssteuer neu ncnswerth ermäßigen, ein Umstand, der beweist, daß auch die englischen fiskalischen Interessen durch denKricg unmittelbare Schädigungen erfah ren. Tie englische Finanzgebarung. -,die das Wesen der indirekten Sten ,: er» und Zölle nicht kennt und sich .'in der Hauptsache ans direkten Ein j kommcnsicncrn aufbaut, wird durch de». Krieg überhaupt recht stark in ., Mitleidenschaft gezogen werden. In gewissem Grade wird mit einer solchen Erscheinung allerdings auch ' die Finanzverwaltnng des deutschen : Reiches rechnen müssen, schon allein ' jnsolge des Ausfalles eines Theiles der-Einfuhrzölle. Teutschland wird sich aber nach dem Kriege u. a. auch dadurch eine entsprechende Enlichädi ' gung verschaffen können, das; dei ' enorme» Sondergewinne, die viele ' Erwerbsklassen durch den Krieg er zielt habe», für den Fiskus nutzbar gemacht werden können. Infolge der ' letzten Reichssinanzreform. der wir die Reichsvermögensslener — die so genannte Milliardenabgabc verdan > ken — sind wir in der Lage, ziemlich genau den VcrmögenszmvachS der Kapitalisten während des Krieges eont oliren zu können, denn die Ver mögensausstellnngen der stcucrpslich tigen Kapitalisten liegen, mil dem 31. Tezember 1013 abschließend, den ' Steuerbehörde» vor. Von drei: zu drei Jahren wird der Gewinnzu wachs »ach dem bisherigen Geseß festgestellt, und es wird keiner großen gesetzgebeiischen Kunststücke bedürfen, . um beim nächste» Fälligkeitstermin außergewöhnlich hohe Gewinne durch die Hand der Steuerbehörde kräftig erfassen zu lassen. Die Aktiengesellschaft George A. IaSmatzi ist jetzt den Händen und dem Einfluß ihrer englischen Mitbe sitzer hoffentlich endgültig entwun-, de». Große deutsche Kapitalislcn gruppen werden sich an dem Unter nehmen betheiligen. Damit tritt die Truslfrage in der deutschen Eigaret tenindnslrie in ein anderes Stadium. Ursprünglich war eS die „amerikani sche Gefahr." die die deutsche Presse gegen den Trustgechankcii in der Ta bakindusirie mobil gemacht hat, denn der internationale Tabaktrnsl war i» seinen Ansängen ein amerikanisches Gebilde mit allerdings stark engli schen Einschlag. Nachdem die ameri kanische Antitrnst - Gesetzgebung die sem Unternehmen in Amerika den wirtbschaftlichen Boden entzogen hat te, erhielte» erst die englischen Kreise den vorherrschenden Einfluß im Trust. Mit Alisbruch des KricgcS wurde deshalb die Trustfrage gleich zeitig eine nationale nnd staatspoliti sche Frage. Tie sächsische Regierung machte von ihrem Aufsichtsrechl Ge brauch und verhinderte so, das; die „British-American Tobacco Eo." in London auS ihrem 06 Millionen-Be sitz an dem Iasmatzatrustconcern wei teren Nutzen ziehen konnte. Nun ist eS gelungen, durch die Betheiligung deutscher Banken dem deutschen Ka pital innerhalb des Unternehmens die Sthllung zu verschaffen, die ihm zukommt, und die ausländischen, d. h. in diesem Falle dentschseindliche» Interessenten auszuschalten. Die Frage, ob das Trustunternchmcn in Zukunft den kleineren Eontnrrenz firmen weniger unbequem sein wird als bisher, kann natürlich nicht ohne weiteres beantwortet werden. Zn ei nem Kamps ans nationalen Gründen liegt aber, wenn die Verdeutschung des Unternehmens, wie wir hoffen, rücksichtslos durchgeführt wird, keine Veranlassung mehr vor, es sei denn, daß der Wettbewerb so drückend wird, das; die kleineren Firmen ihrer Ver nichtung entgegengehen könnten. Im Zusammenhang mit diese» Umwand lungen ist vereinzelt auch wieder die Monopolsrage angeschnitten worden. ES ist vorläusig noch kein Grund da für vorhanden, anzunehmen, daß ein direktes Staatsinonpol für die Eiga , retteniildustric geplant ist. Dagegen klingt eS nicht unwahrscheinlich, daß möglicherweise eine Unterbcthcili gnng der Regierung am IaSinatzi- Eoncern erfolgen wird, d. h. daß ein sogenannter gemischter privatkapita listisch - staatlicher Regiebetrieb ge plant ist, der dem Staate einen gro ßen Einfluß auf das Unternehmen gewähren würde. In dieser Richtung haben sich in letzter Zeit aus verschie denen Gebieten bereits wirthschastli che Organisationen entwickelt, z. B. i» einigen Städten die Straßen bahngesellschlasten unter Betheili gung der Communen: die Verstadtli chung der Berliner Elektrizitäts werke weist ans einen ähnlichen Weg. Das nicht zu Stande gekommene Ge setz über ein Petroleum - Reichshan delSinonoPol zeigte, daß die Reichs regicrung auch vor dem Kriege be reits solchen Gedanken zugänglich gc > wesen ist. Das geplante Reichs- Stickstoffhandelsmonopol gilt als weiterer Beweis dafür, daß die Re gierung auch neuerdings der Mono polfrage unter Staatsbetheiligung nicht al'weisen gegenübersteht. Mono pole aus Gcimßartikel hat zum Theil schon Bismarck verlangt, seine Ge setzesvorlage» wurden aber durch den Reichstag stets abgewiesen. Daß auch heute noch ganz hervorragende Prak tiker des WirthschastslebenS dem Slaatsmonopol gegnerisch gegenüber stehen. geht aus folgenden Worte» hervor, die sich in der bekannten Rede des Herrn Mar Schindel besolden, die er am 6. Mär; d. I. im Indii sirie-EIub zu Düsseldorf gehalten hat: „Wir haben jetzt ein Stück Staats-Sozialismus kenne» gelernt: es würde zu weit führen, wenn ich auf seine höchst bedenklichen Begleit erschcinnngen näher eingehen wollte. Es wird eine Hauptaufgabe »ach dem Kriegeseiii. mil allen Staatsmonopo len wieder auszuräumen nnd eine in dividuelle Erwerbsthätigkeit wieder herzustellen: dann, oder auch nur dann, wird die GeldwirthschasI nach dem Kriege nicht versagen." Tie Arbeitslosen in Belgien. Nach einer kürzlich vorgenomme nen Zählung sind, wie der „Köln. Zig." berichtet wird, in Belgien an nähernd 110,«X»o Personen ohne Ar beit, davon allein über 71,000 in Brüssel nnd Umgebung, fast 100.000 in der Provinz Lüttich und über 85,- 000 in der Provinz Antwerpen: für den fast rein industriellen Hennegau ergibt sich die auffallend gcringeZabl von etwa 10,OM Arbeitslosen, die sich wohl aber dadurch erklärt, das; die dortigen Grubenarbeiter fast durch gängig, wenn auch in geringerem Umfang als früher, beschäftigt sind. Die Versorgung dieser beträchtlichen Menge von Arbeitslosen legt den in erster Linie damit betrauten Gemein den natürlich eine nicht geringe Last auf. die in manchen Fällen sogar ihre Leislnngsfähigkeit übersteigt. Aus diesem Grunde hat sich der Lan desausschus; für Ernährung und Un terstützung gemeinsam mit dem ame rikanischen Hilfsansschnß bereitste funden, einen Theil der Arbeitslo senunterstützung auf sich zu nehmen. Von der richtigen Erkenntnis ausge hend, das; grundsätzlich versucht wer den müsse, den Beschäftigungslosen Arbeit zu besorgen, ersucht der Lan deSansschns; die Gemeinden, wie es ja auch die deutsche Verwaltung schon wiederholt mit Erfolg gethan hat, in möglichst großem Umfang Noth standsarbeiten -einzurichten. nur so weit diese nicht zureichen, genügend Arbeit zu verschaffen, sollen unmittel bare Unterstützungen gewährt wer den. nnd zwar in dem Maßstab, daß der LandeShilfsausschns; neun Zehn tel der Beihilfe übernimmt. Kriegserliolnngsreisen für Rindvieh. Von der Nordseclüste wird uns ge schrieben: Die auch von feindlicher Seite bewunderte uncrschöpslichc Er findungsgabe der Deutschen in Bezug aus die Ergreifung praktischer Vor beugungsmaßnahmen gegenüber dro benden wirthjchastlichen KricgSsorgen hat sich in unserer Gegend in eigen artiger Weise aufs neue bewährt. Während man bekanntlich seit dem Ausbruch des Krieges in vielen Ge genden unseres Vaterlandes infolge der Knappheit an Futtermitteln ge nöthigt war. größere Vichschlachtun gen vorzunehmen, mußte in Lstsrics land und einem Theil von Olden burg bei der hohen Bedeutung der Viehzucht in diesen Landstrichen von vornherein auf möglichste Erhaltung der wcrthvoklen Viehbestände gesehen werden, lim dieses Ziel zu erreichen, ist man jetzt, da daS Wintersutter zur Neige geht, die ausgedehnten Wcide ländereien des flachen Küstenlandes aber zum Vicbaustrieb vorderhand nur in beschränktem Maße geeignet sind, ans eine» glücklichen Gedanken verfallen: man brachte die Gepflo genheit des Imkers, der im Früh jahr wohl mit seinen Bienenstöcken Reise» in gesegnetere Gefilde unter nimmt, auf das liebe Vieh zur An wendung und machte sich dabei die Erfahrung zunutze, daß in dem von Deutschland eroberten, um mehrere Breitengrade südlicher gelegenen Bel gien der Lenz beträchtlich früher ein zukehren pflegt als an der Nordsee küste. Die belgischen Wiesen eignen sich daher bereits recht gut zum Wei debetrieb. und so haben denn in d>e sen Tagen große Mengen ostfriesi schen und oldcnburgische» Rindviehs die „Reis' nah Belügen" angetreten, um nach langem winterlichen Stall ausenthalt in Feindesland Frühsom merfrische zu genießen und tüchtig herausgefüttert zu werden. Neue Ernennungen des Präsidenten. Washington. 10. Mai. — Präsident Wilson kündigte heute di Ernennung der nachstehenden Hcrre zu Postmeistern an: G. A. Huffman zu Des Moinct Iowa: Daniel B. Sweeney zu Middle town, N.-A. Kritgsilllchrichltn. W as da s f r a n zösi s ch e , K rieg sbür e a u s a g t. P a r i s, 10. Mai. — Das frauzä > sische Kriegsbüreau veröffentlichte ' i beute Nachmittag das folgende ofsi '! zielle Eounimnigue über die Eutwi ' ckeluugcu aus dem westlichen Kriegs schauplätze: „Wir haben am Mittwoch Abend nnd in der letzten Nacht glänzende Erfolge in der Gegend nördlich von Arra-s erstritten. In Notre Dame de Eorette bebcrr scheu wir das Fort und die Kapelle. In dem gewaltigen Eomplcr von Schützengräben und Erdwerten, wel chcr südlich von der Kapelle von Notre Dame de Lorette liegt, haben wir einen sehr heftigen Gegenangriff zu Heftchen gehabt. Tie Kämpfe in dieser (Kegend dauerte» die ganze Nacht hindurch und nahmen einen sehr blutigen Eharaktcr an. Als der Morgen kam, waren wir völlig Her ren der Situation, und der Feind hatte sehr schwere Verluste erlitten. Während der letzten Nacht haben wir im Sturm das Tors Earency ge nommen, ebenso wie den Wald nörd lich davon mit dem Hügel Nr. 125. Tie deutschen Truppen, welche die > scs Torf und diesen Wald besetzt hie! ten, setzten sich zusammen ans einem Bataillon des lOO. Infanterie - Re giments. einem Bataillon des 106. Infanterie - Regiments, einem Ba taillon bayerischer Jäger und sech-s Compagnie'» Pioniere. Diese Trnp pen hotten Earency nnd den Hügel Nr. 125 sehr stark befestigt. Trotz dem ihre Zahl dnrch die Verluste der vorherigen Tage dczimirt worden war, setzten »ns diese Streitkrästc die ganze Nacht hindurch verzweifelten Widerstand entgegen. Wir gewannen doch schließlich die Oberhand, nnd bei Tagesanbruch waren wir die Herren der Situation. Unsere Truppen tödtetcn Hunderte von deutschen Soldaten im Nahkam pfe. Wir machten 1050 Gefangene, nnter diesen etwa 00 Offiziere, da runter einen Oberst nnd den Com mandanten eines Jäger - Batail lons. Ter Feind unternahm gestern ei ne» sehr energischen Angriff gegen unsere Positionen am südlichen Aus gange von Sonchez. Trotzdem ge lang es nnS. dieselben zu behaupten. Bei Neuville machten unsere An griffe ans das Dorf selbst und nörd lich von dem Dorfe merklichen Fort schritt. Nördlich von Neuville nahmen wir Schützengräben in einer Länge von mehreren Hundert ?)ards, und wir besetzten die sogenannte Chaussee des Earrieres, welche sich von Neuville nach Givenchy hinzieht. Von dem Dorfe selbst besetzten wir gestern Morgen nur de» südlichen Theil: der Feind hielt noch das Cen trum und den nördlichen Theil. Doch am Spätnachmittag uutcrnahmcii wir einen neuen Angriff, der den Erfolg hatte, daß auch der mittlere Theil dieses Torfes in unsere Hände fiel. Die Deutschen wurden zu dein äußersten nördlichen Theile des Dor fes zurückgetrieben, wo wir eiucFlaii kcnbewcgung unternahmen. Unsere Truppen zeigten in diesen Gefechten große Bravour. Im Walde von Le Pretre haben wir gestern eine neue deutsche Ber schnnzungslinic eingenommen." Schwarzer Adlerorden für F a l k e » h a y ». A msterda m, via London, 10. Mai. — Wie aus Berlin gemeldet wird, hat Kaiser Wilhelm dem deut scheu Generalstabschef von Falken hnvn den Schwarzen Adlcrorde» verlieben und ihm die Auszeichnung durch svlgendesSchreiho» bekannt ge geben: „Mit kühnem, klaren Blicke Sachlage genau erfassend, haben L>e den Punkt entdeckt, an welchem die russische Armee am verwundbarsten war, und mit den daraufhin entwoi seilen Plänen haben -Lie einen g>o ßen Erfolg errungen. Der gegenwärtige glorreiche Swg gibt mir eine neue Gelegenheit, Ih nen für die in meinem »nd des Va tcrlandes Dienst geleistete treue Ar beit, in stiller und selbstloser Weoe ausgeführt, meinen und des Baker landes Dank zum Ausdruck zu drin gen. „Unter Jenen, die ec- der deutschen Armee mögkich gemacht haben, der Welt und ihren Feinden eine geschlos senc Front zu zeigen und einen gro ßen Erfolg über sie zu erringen, sie hen Sie, als Chef des Gencralslabs. in der ersten Reihe. Als Zeichen meiner Dankbarkeit verleihe ich Ih neu den Orden vom Schwarzen Ad-