2 Die drei Dinge non Oman;. Nirgends in der Welt wirkt Glaube neben Glaube mit gleicher Unbefan genheit, Wichtigkeit und Toleranz. Dreimal am Tage ruft der Muesin von der Galerie des Minarets: Al lah ist der einzige Gott und Mobam med ist sein Prophet. Dreimal am Tage betet der Priester vor dem strcnze zum dreieinigen Gott, denen Glaube allein selig macht. Dreimal am Tage murmelt der Rabbiner, Gott Zebaoth ist der eine und einzige Gott. Aber nirgends in der Welt wirkt Glaube neben Glauben mit gleicher Ilnbesangcnbcit, Wichtigkeit und Toleranz, als in dieser letzten Weltstadt, wo die Rassen dnrcbeinan dergeben. Tenn Christen, Inden und Mohammedaner, und unter den Christen Griechen und Armenier, Sv rier und Chaldäer, unter den Juden Spagnoleu und Askcnasim, unter den Meslim. Semnilen und Zchii ten, alle deckt der gleiche Fes, alle sind Osmanen. In den Ostertagen, wo alle Sekte außer den Moslim Feste feierten, ging ich von einem Gotteshaus zum anderen, von einem Oberhaupt zum anderen, und mich ergriff die „nein gestandene Einheit, die liier ans die sem geschichteten Boden von Byzanz greifbar wirkt von Glauben z Glau den. Ist es wirtlich der strieg, der die erschütterten streatnren einander zuführt und Verschiedenheiten des Welt- und Gotlesbildes vergessen läßt, um die einst striege geführt wurden? Oder ist es eine stetig re-i sende Duldsamkeit, die schon in den arabischen Geschichten drei Ringe er fand, jene Ringe, die aus großen Umwegen in die gütigen und den noch kritischen Hände des deutschen Dichters sielen, der sie zur Religion-:- sabel des weisen Nathan verwandet te? Hier gibt cs allein zwölf christ liche Sekten, die sich wechselweise für rechtgläubig halten, und so könnte man 16 oder 18 Ringe errechnen, dic kster um ihre Echtheit streiten wär den wenn sie strikten. Aber die politische Bedeutsamkeit dieser Ge meinschaften, nicht weniger die Dul düng der Mohammedaner lassen sie ruhig nebeneinander kreisen und in ihrem Namen das Wort Gottes zu den Wölbungen steigen, jeden in sei ner Sprache. Die demokratischsten, das sind die armenischen Christen, die schon aus dem achten Jahrhundert stammen. Ihr Patriarch, ein Mann von Mitte Vierzig, der ein Palais und eine Skcllung besitzt wie ein Botschafter, ist ein schweigsamer Politiker, der erst aufmerksam wird, als ich von den Armeniern spreche, die ich in San stazzaro besuchte. „Diese sind frei lich" und er zögert „ — nicht so reine Armenier wie wir, es sind viel mehr halbe statholiken." 'lch sehe, welchen Fehler ich gemacht habe, nicht zu wissen, daß jede Sekte wie der gespalten ist, und wir decke den Unfall mit dem Namen Lord Byrons zu, der, Abentheurer des Geistes-, sich Plötzlich einmal auf das Armenische warf und im stloster der stagune so lange zu studieren pflegte, bis er ge gen Abend nach Venedig schwamm, um dort zu tanzen. Der Patriarch kennt die Geschichte gut und lacht, als ich ihn meiner Entschlossenheit ver sichere, diesen Engländer für die Schritte des Sir Edward durchaus nicht verantwortlich zu machen. In der Palriarchalkirche neben dem Palais sehe ich den Patriarchen vorerst nicht. Ein greller Vorhang verdeckt Altar und Apsis, aber das Volk drängt sich bis dicht heran, Männer und Frauen, und wie die pralle Sonne des Nachmittags die Gesichter heraushebt, erkenne ich überall semitische Typen. (Ihr Pa triarch sicht semitischer ans als der Großrabbincr.) Sie sind aufgeregt und laut, denn heute sollen sie ein Schaustück genießen, die Fußwaschung des Gründonnerstags. Ein stuaben Ebor fängt a rapella zu singen an den kein Gottesdienst des Morgen landes kennt Orgel oder Instrumen te. Es ist eine alte armenische Weise, barbarisch, den eiutönig-eindringli chen. synkopischenNegergesängen ähn lich. und je länger sie sie wiederholen, um so schriller und greller steigen die stnabenstimmen, uncontrollirt von begleitenden Bässen, empor. Ta wird der Vorhang weggezogen, der Patri arch in erzbischöflichen Gewändern steht in der Mitte einiger alter Prie ster. Alles, was sie nun singen und thun, singen und thun sie zum Volke hin, und das Volk gibt leidenschaft lich Antwort, eine Stunde lang, Re sponsoricn und stnabenchörc wechseln, dann kniet der Patriarch zur Fuß- Waschung nieder. Aber nicht eine? kleine Zahl ausgewählter Greste, wie in Jerusalem und Wien, erscheint vor dem Patriarchen, alte und junge, Priester und Chorknaben. Laien und Volk erscheint auf der Bühne, zum Theil sichtbar improvisirt, und der stirchenfürst wäscht lange Zeit die hingestreckten Füße, z der nendli chen Melodie der alten barbarischen Weise Es ist eine Volkskirche. Am anderen Ende van Slambul, kurz ebe das (tzoldenc Horn endet, trete ich am Abend in die alte Patri archalkirche der (Griechen, die wir fälschlich griechische statboliken. die sich hier nur (Griechen oder Orthodore nennen, Es ist Nacht, Zelten flack ert eine farbige Ampel durch den en gen beben stuppelranm. Durch Ei scnstangen wird das gedrängte Voll der (Minbigen von einem weilen Raume abgetrennt, über ihren Hinte ren (Mtern bewegen sich die Schatten der Kranen, Vorn im leeren Raume stehen die Wenigen, die Wissenden, die Priester, Aus einem Throne sitzt in dnnlel glänzenden Gewändern ei ne (Gestalt, Wer am Thron vorüber lommt, küßt seine Zinsen, Der Priester liest das griechische Original, aber zum Thron hin ud nicht zum Voll, Nach langen Litaneien wer den die sterze-u ungeheurer Zilber kandelabcr angezündet, und ich nn lerichied die Züge de-:- Patriarchen, Ein Fanatikerkops, ivissend, unerbitt lich, dogmatisch. Er hat das Trotzig Mimische, wie seine stirche. Er gleicht Julius der Zweite. Zwei Priester schreiten auf ihn zu, lüssen die Zinsen, küssen den Zaum des schweren Gewandes. dessen Olold bordüren aufblitzen wie aus dem Mantel stönig Zanls in Re-mbranüls Bilde, Er steht aus, langsam kommt er die Zinsen herab, und, ohne die Gemeinde anzusehen, tritt er in die Apsis zum Altare, Mil hohen golde nen Gittern ist wieder dieser von dem Platz getrennt, der schon das Voll von seine Priestern trennte. staum kann es durch das Rankenwerl der Gitter den Geslen seines Oberprie sters folgen. Was ist der kühle Geist des römischen Dienstes, was ist selbst die Messe de-S römischen Papstes ge gen diese Form der Oligarchie, die dieser Papst von Ostrom mit seinen Priestern übt! Er glich durchaus den starren Mosaiken, die neben seinem Thron in die Mauer eingelassen wur den, nachdem sie eilige gläubige Hän de aus der Mauer ihrer grössten sta tliedrale gelöst hatten, damals, als die Osmanen Byzanz eroberten und jene stattzedrale. Ter Groszrabbiner der Türkei, ein Mann von hoher politischer Ztelluug. Resident in einem kleinen Palais, freundlich, vorsichtig und sehr mo dern, batte mich auf die kleine Syna goge in einem Vorort am Bosporus verwiesen, damit ich die alten hebräi schen Melodien hörte, die dort ein stnabenchor am reinsten wiedergibt. Das sind die Eböre. die die spagnoli scheu Inden aus dem Morgeulande nach Zpanien gebracht haben, als sie mit den Arabern herüberkamen, und von Zpanien trugen sie sie nach je dem Ort. wohin sie die Verfolgung trieb, nach Holland etwa, und dann wieder nach dem Morgenlande zu rück. nach Syrien und nach Byzanz, st arger und noch unmusischer, ohne Musik, aber auch ohne Bilder, wirkt nach jenem christlichen ihr Gottes dienst. Er ähnelt sehr dem abend ländischen: die Männer, von seide ne Tüchern umhängt, füllen den Raum: hinter den Gittern, wie bei den Griechen, sitzen die grauen, und die ausschweifende Zlimme des Vor sängers steigt und fällt mit dem In halt der Gebete. Ein kaltes Morgen licht macht altes noch kahler, denn es ist acht Uhr und es regnet draußen. Aber neben mir bebt sich das ve-r -ehrungswürdige Antlitz eines sehr al ten Rabbiners vn der Wand, und ich sehe an seinen stippen, wie sehr er gläubig ist. Ein Teppich, roth und silberbeschlagen, verhängt eine Nische, und wie er weggezogen wird und sich ein Zchrank eröffnet, kommt Unruhe in die Gemeinde, man hebt zwei hohe silberne Geräthe heraus, die mit kost baren Ztickereien einen geheimnis volle Inhalt bedecken, stangsam trägt man sie zur Empore, und jede Hand sucht einen Wipfel zu erhaschen, den sie küssen kann. Ans den Decken und Gerätheu bebt der Priester eine doppelte Rolle. Da, wie er sie vor der Gemeinde hochhebt, bricht sie laut in Rufe des Willkom mens aus. Hier hat das Volk, wo nach es von je begehrt: ein Sym bol, einen greifbaren Gegenstand der Anbetung: man hat dem Volke die Tbora gezeigt. Ztückweise lesen er wählte Männer die stegende des Pas sabfestes vor. Als aber die stuaben Ähren Ehor anstimmen, der nur bei oen Spagnoleu gehört wird, erstaune ich: cs sind dieselben Rhythmen und Melodien, die ich bei den Armeniern hörte, dieselben starken, grellen, syn kopischen A-capckla-Gesänge, aufrei zend. primitiv, barbarisch. * < Ter Teutsche Correspdrnt, Baltimore, Md., Mittwoch, den 26. Mai 1910. Aber unter den stuppeln von By zanz, zu denen die Bekenner der drei Ringe ihre Verehrung emporschicken. ist eine, die die Hand des stünsilerS über den Wettstreit der Religionen erhob. Als luslinian sie baute, woll te er dem Gott, an den er glaubte, das höchste Zeichen menschlichen Dien stes bauen. Tausend Jahre später bat das Geschick sein Bild über der Piorle und die Bilder des Dienstes im Innern verlöscht, und unter der stnppel, die sich über dem Bilde des dreieinigen Gottes wölbte, werfen seit fünf Jahrhunderten die Gläubigen eines anderen Propheten die Arme Zli Allah empor. Niemals ist der Name eines Tempels tiefer Symbol geworden als hier, in der Aja Sofia, die der „höchsten Weisheit" erbaut ist: denn nirgends liegen mehr Rin ge verborgen unter einer stuppe-l. Hier ließ in der Jugend des Chri stenthums ein römischer staiser Säu len pflanzen, die er ans den zerfalle nen Tempeln griechischer Götter nahm und zwang die Säulen der Ar temis von Ephesos eine stnppel zu tragen zur Ehre Christi, ihres äußer sten Feindes. Gelassen stehen die Säulen, und ihr erlauchter Marmor trägt die stnppel, die ihnen fremd ist. Nur an der Spitze, abseits von den andern, siebt eine, die die alten Göt ter nicht vergessen kann: sie weint. Aber jeder Blinde, der von ihren Göt tern abgefallen einst Christ, jetzt Moslem sucht den nie versiegenden Tropfen aufzufangen, der seit den Jahrhunderten ans- ihrem Gefüge guillt, und führt ihn an sein Auge, damit er die Sonne wiedersähe. Ne ben ihr siebt eine große Marmorku gel. sie war in Pergamon der Aphro dite heilig. Der fromme staiser be fahl ihr ein Weihwasserbecken zu wer den, aber jetzt wäscht sich der gläu bige Moslem in ihrem Wasser den Staub einer Welt von den Füßen, die ihr dereinst nicht so unheilig schien. In Nischen ist noch der Schot ten des streuzes zu sehen, das die siegreichen Osmanen von den Mau ern lösten, und aus einem goldenen Mosaik, das ihre Hand nicht ganz herausgebrochen, siebt sichtbar noch der Schatten der Madonna mit dem stinde und blickt mit gleicher Gnade, mit gleicher Trauer in die Halle als vordem. Und neben der heiligsten Nische stehen die alten Leuchter der Christen, und die ungeheueren Lich tersäulen, die einmal jährlich eine Stnnde brennen, sind noch dieselben. Lautlos wie keine stirche der Welt ist die Moschee, denn ans schweren Teppichen verbackt der Tritt. Sie süllt sich, es ist Freitag, jeder Gläu bige findet seinen Platz, obwohl kein Stuhl den ungeheueren Raum ver stellt: jeder findet die Nische eines Teppichs frei, denn achtze-hntause-nd Teppiche bilden den Teppich dieser Halle. Und wie die Zahl der Beter wächst, wächst die Gleichmäßigkeit der gemeinsamen Geste. Denn das mo hammedanische Gebet, bestimmt durch Niederwerfen, Aufstehen, Arniheben und senken, erzeugt vor allem ein rhythmisch gleichbewegtes Bild, bei dem der Priester nur Vorbeter bleibt. Auf dem steilen Thron, den ein ho her, spitzer Filigranhut krönt, stellt nur bei Festen der Imam und er streut ans einem kleinen Säckchen heiligen Sand von Mekka in die Runde. Auch hier scheint jedem Sinn die Nahrung zu mangeln, Musik und Bilder. Statuen und Fahnen gibt es uicht. Aber über allem hebt sich eine stnppel, wie sie das tempelreiche Abendland nicht kennt. Immer wenn ich unter ihrem Scheitel stehe, muß ich Michelangelos gedenken, der diese stnppel über Roms Ealhedrale wöl ben wollte - und dem zwei stünstler von welthistorischem Nnlnn die Ar beit verpfuschten. Denn Sankt Peter wurde oblong, statt guadratisch, wie es sein Meister wollte, und so bc berrscht die stnppel nicht den Raum. Hier aber steht in der stnppel. zu der an jeder Stelle des maß losen Raumes der Blick empor dringt, in ibrer höchsten Höhe eine Sonne. Tausend Tauben durchflie gen ihre Breite, gurren und suchen sich unter dieser Sonne, nisten in ge heimnisvollen Ecken, sterben und ver mehren sich, und niemand füttert oder wartet sie. Das ist die stnppel und das sind die Tauben, deren Ton und Anblick alle Musik und jedes Bild ersetzen, über dem lautlos unge heuren Raum. Nur in den Zwickeln die vier Seraphim haben ihr Antlitz verloren: die bilderseindlichen Mo hammedaner haben au die Stellen goldene Sterne gesetzt. Aber cs blie ben Seraphim, vielleicht sind sie es nun erst recht geworden! Demi wenn ein Wesen sechs große Flügel breitet, in deren Mitte ein Stern von Gold schimmert das wäre nicht ein Se raph? lind ist am Ende, inmitten eines striege:-, der durch sonderbare Eon stellalionen die religiöse Duldung so sehr fördert, wie er die nationale hemmt ist am Ende der Weg so weit von einem Ringe zum anderen, wenn sie, wie hier iin Weichbild von Byzanz, so nabe bei einander glän zen? Von seinem Tbrone segnet der Scheich-ul-Islam nicht anders wie der Patriarch der Griechen, die ural ten Weisen der armenischen stuaben klingen denen der Spagnoleu gleich, und in jener Apsis, wo die Juden hinter Vorhängen die Thora verber gen, mauern die Mohammedaner den storan ein. Artemis von Ephesos gab ihre- Säulen, um die- stnppel byzan tinischer Christen zu tragen, und wölbt sich diese stnppel jetzt über der größten aller Moscheen, so blickt noch den- Schatten der Madonna ans die großen Wappenschilder Allahs und seiner Propheten, und die- TeraphS slügel blieben unberührt. Ich setze drei Ringe glänzen, aber sie- hängen ineinander, wie auf dem Wappen des heiligen Borromeo, daS jeden Blumentopf seiner schöne Insel schmückt. Jetzt vielleicht ist die durch die Jahrhunderte nie wieder kehrende Stunde- da. jetzt, da alle Gotteshäuser erfüllt sind von verbrü derte-n Soldaten, jetzt werden die- Gläubigen aller stirchen, Tempel und Moscheen zur Duldung aufgerufen, im Namen jener großen „Sofia", de ren Lehre die freieste .stnppel derWclt gewidmet war.. . Es ist dunkel geworden. Die- Flü gelschläge der Tauben sind ver stummt, in Dämmerung liegt die Soune des innerste stuppelkreises, aber dicht über meinem stopfe sind neue Sonnen entstanden. Nebenwn neu, die sich langsam um sich selber drehen. Lautlos habe unbekannte Hände die Lämpchen der schweren stronleuchter entzündet, deren Lchnü re bis zum stuppelrand reichen, und nun schweben sie in leiser Drehung sachte- auf und nieder. Leise hebt je mand den schweren Vorhang zurück, bei dem ich ste-tze. um mich hinauszu führen. Ich ziehe wieder die Schuhe an, ich trete in die Dämmerung von Byzanz. Da hebt sich vor mir, auf denMar morslufen der Moschee, eine- kanernde Gestalt vom Hintergründe. Es ist dieselbe, die auf den Stufen der Ju den saß und der Christen. Derselbe Schatten streckt sich meinen stnien entgegen. Es ist die bittende Hand eines Menschen. Teutsche und französische Lehrer. lins wird geschrieben: Ter Teilt sche- Lehrerverein und der statbolische Lehrerve-rbaud hatten in einem ge meinsamen Aufruf an die Lehrerver eine- der feindlichen und neutralen Länder Stellung genommen gegen die Bcfchnldigungcu des deutschen Heeres. Darauf hat jetzt der Aus schuß der französischen Lehrervereine eine Entgegnung losgelassen, in der es u. a. heißt: „Heute sind zwei große Unterneh mungen bekanntgemacht, die Hunde-r te von Aussagen lebender Zeugen enthalten mit allen Bedingungen strengster Nachprüfung. Und dann sind da die Ruinen, und was für Ruinen! Da sind die Gräber, diese schrecklichen Massengräber, in Sie oft die ganze Eivilbevölkerimg bunt durcheinander hineingeivorsen ist.... Im Grunde ist der jetzige .strieg de-r stampf zwischen zwei Auffassungen der Sittlichkeit, der Moral der Ge walt und der Moral des Rechts. Wir erwarten vertrauensvoll das Urtheil der Völker und der Geschichte." Hierauf veröffentlichen die beiden deutschen Verbände eine neue Erklä rung, der wir folgendes entnehmen: „Tie Unwahrhaftigkeit der franzö sischen Berichterstattung ist längst of fenkundig: daher haben die Unter suchungen, aus die- sich die französi scheu Lehrer stützen, keineswegs die- Bewe-iskraft, die- sie- ihnen znschrci be Wenn der französische Leh rerbnnd sich für berechtigt hält, die französische und die deutsche Ausfas sung über das, was sittlich ist, ols die Moral des Rechts und die Moral der Gewalt einander gegenüberzu stellen, so liegt darin eine- Anmaßung und zugleich eine Selbsttäuschung, die beide ebenso bedauerlich wie- un verständlich sind. Tie Angehörigen deS deutschen Volkes wissen es alle, und wer im Anslande- es wissen will, weiß es auch, daß Recht ebensowohl wie Freiheit. Gleichheit und Brüder lichkeit in dem vom Großkapital be herrschten Frankreich nur lönende Wortc. in Tentschland dagegen greif bare Wirklichkeiten sind. Ist Teutsch laud doch das Land, das durch seine vou keinem anderen Großstaat auch nur annähernd erreichte soziale Ge setzgebung dafür gesorgt hat. daß je der seiner Bürger wirthschaftlich und rechtlich vor Ausbeutung und Unter drückung gesichert ist, und das auch über seine Grenzen hinaus, oft unter Zurückstellung eigener Interessen, Peinlich bemüht ist, keine sremden Rechte zu kränken." An dev serbischen Grenze. Erdbügtl bezeichnen die scrbisch-bi.lgnrische Grenze in Makedonien.—Be gegnung mit serbischer Grenzwache. st ost u r o. Ende April. —Rings um Strumitza blauen die Berge Ser bien':-. Immer, wenn ich nach ei nem der Gipfel frage-, sagt man mie: „Der liegt in Serbisch - Mazedonien." Einmal, in Sofia, hat man neben mir telephonisch mit Nisch gesprochen. Ich habe die Stimme aus dem Her zen Serbien's im Hörer schwingen ge hört, es ist gar nichts Besonderes ge wesen. aber ich habe das seltsame Ge fühl gehabt, als könnte- ich fürAngen blicke- über hohe Mauern in den wei ten, stummge-fchlofsenen (starten eines Abenteuerers setzen. Wieder habe ich dieses erregenöe-Gefützl, täglich wächst, mein Wunsch, Serbien zu sehen -bis wir eines Tages über die Höhen in den blauen Nebel fahren. Ueber viel gewuude-ue- Wege und grüne Hügel geht der Wagen aus einer weißen Straße, über neue, kunstvoll hochge baute Brücken oder durch kleine Strö me. Tenn in ganz Mazedonien gibt es seit dem striege nur zwei Arten! Brücken: ganz neue und vollkommen! zerstörte. Immer lichter wird das j Blau der Berge. Schluchten thun sich j auf, dann fällt die Straße vor uu:-! Plötzlich wo in die Tiefe. Aber drüben zwischen den Bergen, die- einst -Nebel waren, sieht man sie weiter laufen., Das ist Serbien. Zweihundertninfzitw Meter von hier ist die Grenze. Rechts neben uns, auf der einsamen Höbe, j sielst ein kleines weißes, einsiöckige-S! Haus. Eine verwaschene bulgarijche- F-ahne weht von seinem Giebel, davor steht die Grenzwache, zehn oder süiii zehn bulgarische Soldaten. Ter Com Mandant, ein schneidiger, blonder Oberlientenant, der ganz gut irgend wo in Ostpreußen Grenzwache halten könnte, ladet uns ein, eine Taste tür kischen staffe-e bei ihm zu trinken. Un ten ist die Schlafstube- der Soldateu- Feuer brennt in einem kleinen eiser nen Ofen, es ist Nachts oft kalt hier auf der Höhe. Oben in dem iveißge tünchten Zimmer desLberlientenants gibt e-S nur einen Stuhl, wir sitzen aus dem Bett, aber an den Wänden hängen ein paar Mädchenbilder und durch das Fenster greift ein frühling-, grüncrstirschbaum mit blülhemveiße-n ' Zweigen. Ich sehe hinaus durch die reine, stille- Luft weit in die dunklen! serbischen Wälder. Jetzt kann ich auch vor uns ein Blockhaus unterscheiden. Es ist das" Wacksthaus der Serben. Davor aber stehe drei kleine, grüne Schatten, serbische Soldaten. Auf dem betretenenWiesenPfad. den die bulgarischen Gre-nzpatroiiille ge hen, schlendern wir näher zur serbi schen Grenze. Wenn uns der blonde- Lberlieute-nant nicht den Führer! mackste, würden wir die Grenze erkennen. Es gibt weder iveißeGre-nz-, steine, noch buntgestriche-ne Stangen. Nur ab und zu ist ein kleiner Erdtzü gel aufgeworfen, darin steht ein Ast, das ist die Grenzmarkirung. Eigent lich stetst aber auch der Hügel gar nicht an der Grenze, sondern mitten in einer zehn Meter breiten neutralen Zone. Der Oberlientenant erklärt uns, wie die Grenze verläuft. Tort liegt Tikwesch und dort liegt Walan dowo. dort liegt Doiran und dort hinter jenem Berge fließt der War dar. Weit im Lande- aber liegt Och rida, das tausendjährige Erzbisthnm der Bulgaren, die- uralte Pflege-stätte der bulgarischen stultur und des bul garischen Geistes, an dem tiefen schö nen See, noch aus den Zeiten, da die Ezaren Boris und Simeon über Bul garien herrschten. Einmal schon ist Ockrida unter die serbische Hegemonie gefallen. Basil, der Bulgaroktone, hat den Bulgarenkönig Samuel aus Lch rida vertrieben. Und wieder ist jetzt das bulgarische Ochrida aus der Hand der Türken unter serbischcHcrr schaft gekommen. Es ist blutgetränk tes Land, auf dem wir stehen. Wo chenlang hat sich hier eine bulgarische Brigade gegen die ganze griechische Armee gehalten, bis der Rückzug über Strumitza und Petritsch und durch das Thal des Teufels angetreten wer den mußte. Stück für Stück haben Griechen und Serben Bulgarien das harterkämpfte Land entrissen, als die Rumänen ihm in den Rücken sie len. Ein paar Tausend Meter von hier stoßen Serbien, Bulgarien und Grie chenland zusammen. Das ist das Dreikönigseck des Hasses. Nirgends vielleicht in der Welt lebt der wilde Haß so tief in den Herzen, wie hier in den wunderbaren Bergen Mazepo daniens. Serbien hat Haß gesät und Haß geerndtet. die mazedonische-Frage-l hat der Bukarester Friede so wenig gelöst wie e-insr das Mürzsteger Pro gramm. Sie wird nach gerechteren und nationalen Prinzipien entschic- den werden müssen. Niemals wird sonst Europa seine Ruhe finden kön nen. Ich sitze ans dem Hügel mit dem Grenzskab und lasse meine Beine in die neutrale Zone hängen. Es ist so sonderbar hier in dem stillen Abend, so ungestört und friedvoll, an der Grenze Serbien':- zu sitzen. Trüben liegt das- serbische Wachthaus, noch immer stehen davor die drei Solda ten. So klein sie auch von hier aus sind, ich setze, daß sie rauchen. Aus der Ttzüre des Hauses treten drei an dere Soldaten, die ersten netzmen ihre Gewehre, und jetzt geben sie ganz langsam auf uns zu, einer hinter dem anderen, gegen die Grenze. ES ist vollkommen ungefährlich, wir sind hier in der neutralen Zone, ich will auch mir drei serbischen Soldaten in , die Augen fetzen. Aber doch weiß man, es ist der Feind. Ich flehe ans und blicke den Soldaten gespannt eut gegen. Langsam kommen sie näher. Sie tragen alte, aber ganze grasgrü ne verschossene Uniformen mit grü nen stäppis, so wie sie die Oesterrei cher und die Ungarn haben. Der mittlere trägt statt der Schuhe die ! landesüblichen Opanken (aber ich ! möchte davor warnen, übertriebene j Rückschlüsse auf den „Zustand der s serbischen Armee" daraus zu ziehen). ! Und jetzt gehen sie dicht an mir vor über und sehen mich an. Es sind drei ! braune, junge, starke Burschen. Fe-ste ! braune Hände spannen sich um die s Gewehre. Ich sehe in drei schwarze gleicbmüttzige und nur wenig interes j sirte Augen. Einem fallen ein paar ! schwarze Strählten aus der grünen Mütze, ein hübscher Mensch, es ist der mit den Opanken. Langsam ziehe sie vorüber, lind ich sehe ihnen nach. - bis sie hinter einem grünen Hügel auf dem Wiesenpfade verschwinden. Wieder sitze ich auf dem Hügel an der Grenze und schaue über das ser bische Land in die dämmernde Ferne. Nenn Monate sind cs her, da Habe ich zuletzt in der Grenze Serbien's ge sessen, dort, wo die Donau und die Sawe ineinanderfließen, zwischen kriegsbereiten, feldgrauen öste-rrei gisch - ungarischen Offizieren, an ei nem fieberhaft erregten tze-ißen Som- me-rabend, am Abend der Entschei dung. Dann bat ein dumpfer Don ! er das Dunkel der Nallst zerrissen, ! Sen werde ich nie vergessen, daS war der erste Schuß des strieges, de-U die § Oesterreiche-r und Ungarn gegen den serbischen Brückenkopf bei Belgrad ab j gegeben haben. Die Entscheidung war gefallen.''Vier Tage bitt" ich dann durch zwei rüstende- Reiche, durch die weiten, goldenen Ebenen Ungarn':-, durch Oesterreich und Deutschland ge fahren. Durch die helle Sommersou ne und die heißen Nächte sind jubeln de Burschen gezogen, Blumen au den ! Mützen, ohne Ende rollen Wagen auf s Wagen, bunte Sträuße flecken in den , Münden der stanonen. „Es ist herr lich," denke ich, „mit so Heller Begei sterung in einen strieg zu ziehe," ob wohl ich doch schon im sonuenheißeu Donauried vor Belgrad mit zwei Bauern einen todtwunden Soldaten in den Armen gehalten und seinen stöhnenden Leib gesehen habe, ein kleines rundes, rottzes Loch dicht un l ter dem linken Arm und ein auderes unter der letzten Rippe. Erdbeben verspürt. Seattle, Wash.. 25. Mai. Ein Erdbeben von fünfzehn Minuten Dauer wurde von dem Seismogra phen der Washington Staatsmiive-r -sität registrirt. Man berechnet, daß der Herd der Erschütterung etwa 2200 Meilen nordwestlich von hier, vermuthlich in der Vulkangegend von Aliska, liegt. Verführer erschossen. Philadelphia, 25. Mai. Die 17 Jahre alte Ida Riehl, welche den 20 Jahre alten Edmond Haupt sichrer erschossen, weil derselbe, nach dem er sie verführt, nicht hcirathen und die Vaterschaft für ihr noch un geborenes stind übernehmen wollte, ist gestern vom Coroner behufs Beob achtung und geeigneter Pflege in's Hospital gesandt worden. Wie sie dem Coroner mittheilte, hatte sie Hanptfichrer am Samstag aufgesucht und ihn kniefällig ange fleht, sein stind durch die- Heirath zu legitimircn, er hatte sie aber ge höhnt und angespuckt und in ihrer Verzweiflung müsse sie ihn dann ge schossen haben. Ten Revolver Habe sie nur mitgenommen, um ihn zu er schrecken. Acht Leichen geborgen. I o h n s t o w n, Pa., 25. Mai. — Tie Leichen der acht Arbeiter, die gestern bei der Explosion in dem Beriyverke der Smokeleß Eoal Eo. um's Leben kamen, wurden heute an die Oberstäche gebracht. Tie meisten Arbeiter, die bei dem Unfälle dem Erstickungstode mit knapper Noth entkamen, sind so weit hergestellt, das; sie heute das Hospital verlassen konn ten. Ingenieure des Bcrgmerksbu reaus in Pittsburgh, sind heute hier eingetroffen, uni die Ursachen des Unfalles zu untersuchen. Unterzeichnet. Der neue Vertrag zwiscbenlai, Ehina. Fast gleichlauti dem japanischen Ultimati das „Reich der Milte." ' tionelle Zitznng im japam, ->.>> Uuterhause. Peking. China, 25. Mai., via Petrograd und stondon. Der neue Vertrag zwischen Ebina und Japan wurde heute Nachmittag uni : Uhr unterzeichnet. Das Abkommen be steht ans zwei Vertrügen, die insge sammt l:i Noten umfassen. Dies bringt die seit Januar befindlichen Unterhandlungen zwischen Japan n, Elnna zum Abschluß, die damit be gannen, daß kur; nach dem Jolle von stiautschau Japan an China die be kannten Forderungen stellte, stn- Ebeng - Hsiang, der chinesische Mini sier des Auswärtigen, unterzeichnete das Abkommen für seine Regierung, während für Japan der japanischeGe sandte in China, Eli Hioki, den Ver trag besiegelte. Das erste Abtom men behandelt die Fragen von Zhan lung, während das zweite Abkommen die Verhältnisse in der Süd-Mano schnrei und dem Inneren der Ost Mongolei regelt. Der einzige Unter schied zwischen den gctroffenenAbkom inen und dem seinerzeit von Japan gesandten Ultimatum ist die Aende rung der Forderung über Minenvor rechte in der Züd Mandschurei. I a pani s ch e P r e s s e über die a m e r i k a n ische N o t e. W ashingto n. 25. Mai. Te legramme aus Tokio besagen, daß die japanischen Zeitungen die Ansicht ausspreche, daß die amerikanische Note an Japan und China „nöthig gewesen sei, da der neue Vertrag, de-r zwischen den beiden ständern zuZtau de gekommen sei. die amerikanischen Interessen in keiner Weise berührt. Darauf erklärten hiesige hochgestellte Beamte, daß die Abseudung der Note lediglich eine Formsache gewesen sei in der noch einmal offiziell der Wunsch zum Ausdruck gebracht worden war dst- zwischen den Ver. Ztaaten und Ehina bestehenden Verträge und die Integrität dieses standes zu wahren, und die „Politik der offenen Thüre" aufrecht zu erhallen. Die amerikani scheu Behörden sind der Ansicht, daß die Note keine weitereuUnterhandlun gen zur Folge haben wird, und daß mit der Definition der amerikanischen Politik im Fernen Osten die Ange legenheit erledigt ist. Sensationelle Sitzung im ' japanisch en Unterh a u s. Tokio, 25. Mai. Die heutige Sitzung des japanischen Unterhauses wurde von einem Zwischenfalle unter brochen, der großes Aufsehen.verur sachte. Als der japanische Minister des Auswärtigen, stato, die chineüsche Sitnation besprach, erhob sich ein Mi tglied der Opposition und nannte den Minister einen Verräther. Daraus forderte der Präsident deS Hauses. Saburo Shimada, von dem Parla mentsmitglied, sich zu entschuldigen. Dieser that es auch, aber sofort griff dessen Partei den Fall aus und er klärte, der Präsident hätte seine Rech te überschritten. Der Zwischenfall wurde schließlich einem Comite zur Erledigung überwiesen. Die privaten Meldungen, die über die anti japanische Agitation in Chi na eintreffen, verursachen hier erheb lichc Besorgnis;. Es wird befürchtet, daß es in Hankow zu ernsten Aus schreitungen kommen mag. Der Ein tritt Italien':- in den strieg aus Zei ten der Verbündeten hat hier in vie len streifen lebhasteßcsriedigung her vorgerufen. Es wird auch dabin ausgelegt, daß die Verbündete ihre frühere Hoffnung aufgegeben haben. Japan zu veranlassen, ein Expcdi tions-Eorps nach Europa zu schicken. I apan in it Haltung Amc r i k a's zufrieden. Tokio, 25. Mai. Ans eine In terpeltation im Parlament erklärte Baron stato, der Minister des Aus wärtigen. im Zusammenhang mit der kalifornischen Frage, daß die Hal tung -der Ver. Staaten Japan gegen über sich wesentlich gebessert hätte, und daß die japanische Regierung aus , den guten Willen und die Aufrichtig s keil der amerikanischen Regierung vertraue, um eine befriedigende Lö sung der kalifornischen Frage zu sin den. Großer Schaden durch BulkanAus bruch. Rcdd i n g, Eal., 25. Mai. Expeditionen, die bis an die Gefahr grenze des stassen Peak vorgedrun gen sind, bringen Nachricht, daß der vulkanische Ausbruch am Samstag von großer verheerender Wirkung ge wesen ist. Ter Waldbestand aui den Bergböben ist durch Schlaininbäche und einem Hagel glühender Steine stellenweise völlig vernichtet. Der Anprall der reißenden Fluth knickte dicke Baumstämme um und der Steinhagel mähte das Gehölz wie mit einer Sichel nieder. Stellen weise brachen Waldbrändc aus, die aber durch Regen schnell gelöscht wurden.CA3TORIA for Sauglinge and Kinder. Oie Sorts, Die llir Immer Gekauft Habt OoUnotrift von