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2 Ans der Durchbruchsschlacht in Galizien. „Mit der Zeit kommen mir Alle herüber," sagte ein gefangener Russe. — llnbeschreiblich die30.5 Eriitimrtcr-Mvrser. (Drei F c I d p o st b r i e f c.) S cb I a ch t f e I d bei . . ., 6. Mai. .... Von den vier Geiechtstagen hier in den Karpathen will ich Dir den interessantesten beschreiben: Es ist I Ubr 'Morgens, ein Inner Früh lingstag ini hellgrünen Bergland der Beskiden. Die österreichischen Artil leristen singen denn auch schon in allen Zungen ihres vielsprachigen Landes, die Ungarn nnd Steirer lustige. Kroaten und Böhmen schwermüthige nnd die Italiener die kunstvollsten Lieder, aber manchmal bricht sich durch den Wirrwarr dieser verschiede nen Melodie'n das Grundmotiv die ses Feldzuges durch: „Zn der Hei matli. in der Heimalh, da gibt'S ein Wiederseh'u". Wir fahren bald ab. denn um <l Ulir sollen wir den Beobachtungs punkt unserer Batterien, eine Höhe vorne am Znfanteriegrabcu, bezogen haben. Tiefer Gottesirieden allent halben, man würde nicht an Krieg glauben, wenn dort bei dem Bildstock nicht gerade zwei Spione aufgeknüpft würden. Einige galizische Bauern begegnen uns und tragen Kinder särge unter dem Arm. Die Bevölke rung hat sich nämlich in den sechs Mo naten des Gegenübersiegens in den Schützengräben derart an den Krieg gewöhnt, das; sie unmittelbar hinter den Gräben Vieh weiden und das Feld bestellen lägt, und oft sieht man Kinder im Strichseuer des Heindes spielen. Als nun gestern unsere Ar tillerie Plötzlich stärker einsetzte, wur den auch einige Kinder getödtet. Zu, Graben eines Paßweges rich ten wir uns häuslich ein, markircn unsere Köpfe und Fernrohre hinter Tannenzweigen, prüfen die Telephon verbindung nach dem Oberkommando und der Stellung und schauen in's Borgelände. Wie ein Panorama zie hen sich Schützengräben, Stützpunkte, Höhenstelluugen vor uns hin, aber kein Mensch ist zu sehen, nur weiden de- Vieh nnd trillernde Lerchen. Das ändert sich mit dem Glockenschlag 6 llhr. Zn mäßigem Tempo beginnt die Kanonade, vom Feinde nur mä ßig erwidert. Zetzt klingt das Tele phon: Höbe .... sind starke feind liche Erdwerke, sollen durch 30,5- Mörisr. sturmreif gonmcht werden. Aach l Minuten steigt die charakteri stische Rauchwolke pilzartig zur Höhe auf. und nun folgt Schuß auf Schuß. Von !' bis 10 Uhr herrscht ein Feuer, als ob die Hölle losgelassen sei. aber Punkt 10 Uhr stoppt die schwere Ar tillerie ab, und nur Feldartillerie wirkt noch gegen rückwärtige Positio nen. Die Znfanterie setzte zum Sturm an. Die Garde hat einen schweren Stand gegen die russischen Maschinen gewehre, aber auf Höhe .... warten die Russen den Sturm nicht ab. son dern schwingen ihre Hände. Zeichen der Uebergabe. Das Beispiel zieht. Bald sieht man, soweit das Auge reicht, allenthalben weiße Flaggen im vorderen Graben, und die Gegner, die sich 6 Monate gegenüber lagen, begegnen sich nun neugierig zwischen den Gräben. Von den Znsasscn des zweiten russischen Grabens, worin die Unteroffiziere, und aus dem 300 Me ter zurückliegende» dritten Graben, worin die Offiziere sitzen, ist aller dings die Mehrzahl rechtzeitig ge flohen. Nur auf der .... Höhe wurde ein General verwundet, ein Oberst getödtet, sonst findet man fast keine gefallenen russischen Offiziere. Zch sprach einen gefangenen Ruf scn. Er sagte lächelnd: „Mit der Zeit kommen wir alle herüber". Unbe schreiblich nannte er die 30,.5-Eenti meter-Mörscr. „Wir wußten gar nicht, wohin wir vor den Geschossen flüchten sollten. Aus 300 Meter noch warfen sie u»s um. der Luftdruck töd tete allein schon, viele von uns wur den irrsinnig oder betäubt und war teten weinend auf das Ende dieses furchtbaren FeuerS, um sich zu erge bcn." Zch fand diese Angaben be stätigt, als ich persönlich die von den Mörsern beschossenen Höhen abging. Die Verwüstung war grauenhaft. Zwischen Balken und Stützen einge klemmt lagen die Leichen. Schützen standen noch im Anschlag ohne sicht bare Wunden, anscheinend vom Luft druck getödtet, das ganze Werk nur ein Trümmerhaufen. Es war eine Glanzleistung der 30,5-Ecntimeter. Mörser. Wir fuhren dann vor, eine neue Stellung zu erkunden. Als wir über eine Brücke fuhren, zerstörte eine russische Granate gerade das dritte Brückeiijoch, als wir auf dem letzten an Land fuhren. Tie Leute in den Dörfern stürzten auf uns zu und küßten uns dankbar die Hände für die Befreiung, die meisten weinten. Eine Bäuerin er zählte: Secks Monate haben die Rus sen jetzt bei uns im Quartier gele- i ! gen. wir haben Alles hergegeben und glaubten schon, sie hatten sich an uns gewöhnt, würden uns nichts mehr thun. Aber allen Hausrath haben sie uns vor der Flucht noch zer schlagen, nnd dort, wo die Trümmer ! rauchen, haben sie eine Familie von : fünf Köpfen, bei der sie sechs Monate ! im Quartier lagen, im eigenen Hause s verbrannt. Die Funken entzündeten ! während dieser Berichte ein Nachbar ! geböft. Anstatt zur Feuerspritze grif-! fen die Bauern nun zu einigen Hei > ligenbildern und tanzten damit um das Feuer. Wären nicht einige Feld graue hinzugeeilt, wäre das kleine Anwesen ungehindert abgebrannt. Wie oft schon haben sich unsere Feld' grauen wirksamer erwicsen als die > russischen Heiligenbilder! Taniit leb' wohl für heute, meine, i Augen sind voll von diesem verfluch s ten galizische» Rauch und Schlaf, s lind der Durst! Was gäbe ich jetzt ! um eine Stunde in München, halb im Franziskaner, halb bei Dir . . . . . ., II. Mai. Gut. daß mie Frau v. E. Konser , ven geschickt hat. sonst könnte man hier manchmal Hunger leiden, denn die von den Russen vor drei Tagen ! gesprengten Eisenbahnbrücken sind ! noch nicht wieder hergestellt und auf den von Truppen, tausend und aber tausend Gefangenen und Bagagen ! verstopften Straßen kommen die ,! Proviantkolonnen nicht immer vor . wätes, nicht schnell genug, um die durch 10,000 russische Oiefangene ver mehrten hungrigen Mäuler zu '! stopfen. Eine unerwartete, lang ent Z bohrte Delikatesse fanden wir hier: ! schönes Weißbrot. Die Russen, die Z die Brotkarte noch nicht kennen, ha "! ben uns einen Vorrath davon aus ! russischem Getreide hier gelassen. ' l Bei meinen Mahlzeiten findet sich un s! ser Automobil Offizier regelmäßig ein. Er ist Kunstmaler. Das merkt man. denn kaum im Zimmer, hat er ! meine Tuben mit Beefsteakpain, Reb ! Huhnpaste und geknetetem grünen , Käse in den Fingern und malt damit auf Brotschnitten in dieser dick auf getragenen Patzigen Manier, die ich schon in Brakl's Kunstsalon nicht lei ' l den mochte. Wenn ich seinen Atelier besuch abkürze, schimpft er: „Ba- »ause." Wenn's doch kondensirten Salvator in Tuben gäbe! Butter, Bier, eine Matratze, die nicht von Stroh, alles i Genüsse, a» die man sich nach dem Krieg wird langsam wieder gewöhnen müssen. Mein Bursche hatte viel Ar beit, mein Zimmer von meinem ruf fischen Vorgänger zu desinfiziren. l, Er soll den ganzen Tag geradezu l künstlerisch Klavier gespielt haben, ' j was ihn aber nicht gehindert hat. > gleich neben dem Klavier seine Noth ' ! durft zu verrichten. Ueberhaupt schlummern in diesen Russen zwei -> Seelen. Zweifellos ist dieses Städt ' I cbcn durchaus human behandelt war > den. die Mannschaft und die jünge - reu Offiziere haben sogar gewissen - haft Alles bezahlt, was sie in Gcsckiäs l ten entnahmen, nur die älteren Offi '! ziere, etwa vom Stabsoffizier auf ' wärts, haben geplündert und zum ' j Schluß noch die Häuser abgesucht, um -! alles Brauchbare mitauf die Flucht zu ' nehmen. Ucbereinstimmend sagen die Ge ' fangcnen aus, daß die schwere Ar tillerie den Hauptantheil am Durch- bruch der Russenstelluug trüge. Das - Feuer der österreichischen 30,.", Ceu ' timeterinörser sei ganz unerträglich i gewesen, habe ihnen das Trommel ' feil zersprengt, sie betäubt und wie ' irrsinnig zu Boden geworfen. Wenn ' es noch eine halbe Stunde länger > gedauert, hätten sie sich ohne Sturm i ergeben. Mit besonderem Znteresse ' verfolgt hier der türkische Militärbe ' vollmächtigte die Niederlagen des -! russischen Generalissimus Dimitriew. Er führte bekanntlich im letzten Bal ' kankrieg die Bulgaren gegen die Ar - mee Zeki Paschas und hatte, als er l in seine bulgarische Heimath zurück kehrte, den Beinamen „Kleiner Na poleon." Zu Anfang des Krieges - nahm er dann, sehr gegen den Wil : len seines Volkes und seiner Regie - rung, Dienst im russischen Heer. Die - Russen scheinen sich aber mit ihm be> .kauft zu haben und inan kann jetzt - getrost „sehr kleiner Napoleon" ihn > nennen. Es wäre ganz gut, wenn die Russen einmal einige Tage mit Ausreißcn stoppen möchten, damit unsere braven beivundernswerthen Feldgrauen, die nun schon 0 Tage und Nächte fortgesetzt verfolgen, mal Luft schnappen können. Meine Fü ße gehen Richtung Przcmysl. mein Herz Richtung München. „Wir haben Schweres hin ter uns." Ein anderer Mitkämpfer schreibt: i „Nun will ich einiges von meinen > Ter Teutsche Earrespvndent Baltimore. Md.. Tvnnrrstag, de» 24. Zuni Istlü. Erlebnissen berichten. Wir haben Schweres hinter uns, nämlich einen Sturmangriff auf die rusüschenSchü tzengräben. Es war oorgesteruNacht <12. Mai). Von unserem Graben aus ging's los. Nach Einbruch der! Dunkelheit hieß es: „Das Bajonetts pflanzt auf!" Verschiedene wurden mit Handgranaten und Trahtschee reu ausgerüstet, und dann ging es! mit vollem Gepäck vorwärts, zuerst durch schon von uns gegrabene Lauf gräben, über Todte und Verwundete hinweg. Es war furchtbar. Dann mit gefälltem Bajonett vor. Wir wurden von heftigem Feuer empfan gen, gingen trotzdem ein Stück vor und warfen uns dann hin. Das feindliche Feuer wurde immer toller, tein Mensch konnte hoch, und dieKu geln fegten initiier tiefer. Vor Lärm tonnte man sich kaum mit dem Ne j bemnann verständigen. Wir warfen uns nun schnell für den Kopf eine kleine Grube aus und mußten dann etwa zwei Stunden im heftigen Feu- er aushalten. Man lernte beten. — s Daß wir gar nicht getroffen wurden, ist ein Wunder! Plötzlich hießt es: „Der Angriff ist befohlen! Auf zum Sturm! Marsch. I Marsch!" Da war einem nun Alles egal! Man stürmte eben vorwärts! Dazwischen tödte immer das grau sige Sturmsignal: Tä—-tetete! Tä tetete! — Wir, nun natürlich auch aufgeregt, vor in die russischen Grä ben. Als wir ankamen, waren sie aber schon ausgerisscn. Alles zurück lassend. — Wir haben nicht viel ver loren: jedenfalls sind W. und ich! ganz gesund nnd munter. Sicher- Hat also Gott unser Gebet erhört. — Nun haben sich die Runen hier an unserer Strecke ordentlich aus dem Staube gemacht. Als mm gegen I Uhr Nachts Sammeln!" geblasen wurde, da kam alles an, was noch da war: es war der größte Theil, da verhältuißmäßig wenige verwundet worden waren. Dann ging's zurück auf die Ebene, wo wir zuerst gelegen hatten. Dort wurden die Mäntel angezogen: wir wickelten uns in un sere Decken und schliefen au Ort und Stelle unter freiem Himmel. Am nächsten Morgen ging es wieder los. Den Herrschaften hinterher — aber feste! Auf diesem Marsch sind wir augenblicklich noch, und zwar beißt der Ort Sk., etwa 1«X> Kilometer vor, Lemberg. Es sind dies hier bereits die letzten Ausläufer der Karpathen. Hier haben aber die Russen ge haust! — Kaum ein Haus unver sehrt. alles niedergpbrauut. alles zu schanden, noch rauchende Trümmer, und viele Hunderte Familien, die hier mit ihrem Päckchen unter freiem Himmel sitzen. Die Leute waren froh, als wir heute in glühender Hi tze hier einzogen. Da brachten sie Alles angeschleppt: Wasser, Thee, Himbeersaft, Brod, Alles, was sic hatten. Wir kamen uns ordentlich als Sieger nnd Befreier vor. Das ist dann wieder schön, und man ist froh, daß man dabei sein kann." Elf Verhaftungen i» New Bark. New Bork, 23. Zuni. — Auf Anweisung Washington's erwirkte gestern Hülfs - Bundes - Distriktsan walt Rodger B. Wood von Richter Gordon Ruffel in der Eriminal-Ab «Heilung des Buiides-Distriktsgerichts eine Ordre, welche die Detinirung von 11 Männer» verfügt, die am Mon tag von der Pacificküste hierher ge bracht und in einem LogirhauS in der oberen Stadt einguartirt wurden. Sie sollte» aus dem Dampfer „Ara bic" von der „White Ltar-Linie" heute Mittag abfahren. Spezialagent Sculln vom Zusliz-Departement könn tc indessen nur 7 der Leute in Ge wahrsam nehmen, die sich ZameS William Smith, William V. Gran ne», Frank 0). Eook, Patrick Eaiea, Harr» Albert, Fred. Bond und Wm. Ltables nannten. ES wird erwar tet, daß die anderen 1 noch vor Ab fahrt der „Arabic" eingeheimst wer den. Die sieben Zeugen wurde» Richter Rüssel vorgeführt und unter je P500 Bürgschaft für ihr Erscheinen vor den Großgeschworenen in San Francisco festgehalten. Da sie die Bürgschaft nicht stellen konnten, werden sie auf Kosten der Regierung nach FriSco zu rückgesandt werden, wo sie als Zeu gengcgen den der Verletzung der Neu tralitätsgesetze angeklagten R. K. Blair gewünscht werden. Wie Herr Wood mittheilte, waren die Männer auf der Fahrt nach Eng land, nachdem sic mit Blair in San Francisco eine Vereinbarung getrost fen hatten, auf Grund welcher dieje nigen von ihnen, die nach Ankunft i» England für Mililärdicsl tauglich be funden würden, in die britische Armee eintreten sollten. Die llntanglichen sollen Handwerker in britischen Dien sten werden. Die sieben Männer be haupten sämmtlich, britische llntertba neu zu sein, aber das würde die Schwere desVergchcns nicht mindern, wenn Blair sie anwarb oder sie ver anlaßte, die Ver. Staaten zu verlas sen, um in den Militärdienst im Aus lande einzutreten. Die Einnahme Libau's. Schilderung des Einnahme des russischen Kriegshafens an der Nordsee von Rolf Brandt. II L i b a u. 0. Mai 1015. Der erste Offizier machte sich klar, 'um an Land zu geben. Verabschie-! düng vom Eommandauten, der mir in diesen Tage» auf der Flotte so freundlich nnd bereitwilligst jegliche Unterstützung und Erklärung hätte! zu Theil werden lassen. Die Pinasses ging längsseits, wieder die kurze Turnübung an der Zakobsleiter her unter. Wir fuhren aus den mittle ren Hafencingang zu. Man konnte durch das minenverseuchte Hafenwas ser in Sicherheit die Einfahrt ziium Kaiser Alexander - Kanal gewinnen und den langen Kanal, der sich durch die ganze Stadt zieht, entlang fahren, bis zur Stadtbrücke. Zu den langgestreckten Kais des' Kanals lagen noch große neutrale Dampfer: meist waren es Schweden und Norweger, ein paar Dänen da . runter. Die Fahnen flatterten in. dem kräftig auskommenden Winde, überall vom Heck. Ein paar große Russen lagen auch noch dort: sie hat ten schon deutsche Wachen an Bord. Hocherfreut stellte der Eapitän auch ein paar kleinere russische Dampfer fest, die sich ausgezeichnet fürTrans portzwecke als Leichter verwenden ließen. Ein großer, mächtiger alter Kasten war durch das auf weißem Grunde ausgemalte Rothe Kreuz als russisches' Hospitalschiff gekennzeich net. An der Stadtbrücke landeten wir. Eine große Menschenmenge sah sich! neugierig die Pinasse an, wie so die ! Bevölkerung einer Großstadt eben! fremde Marine - Offiziere neugierig betrachtet, die an Land gehen. Wir, fragten nach dem „Petersburger Hof," wo der Stab der Landtruppen j lag. Der Eapitän hatte dort Be-. sprechuugen, die sich auf gemeinsame Arbeit mit der Landarmee bezogen. Mau gab bereitwilligst Auskunft. — „Aber, nehmen Sie doch eine Herr Eapitän," sagte ein ältererHerr zu dem Offizier, und dann verstau ten wir uns' in die schmalen Drosch ken. Die russischen Kutscher prügel te» unbarmherzig auf die Pferde, und in kurzen, Hundegalopp ging es durch die Hauptstraße nach dem Hotel. ' ' > Es war wirtlich kaum zu merken,! daß Liban soeben i» deutsche Hände j übergegäWeif spar) daß gestern die schweren Schiffsgeschütze stundenlang ini Norden und Süden der Stadt gefeuert hatten. Der Portier sagte, mir im allerbesten Deutsch, das; schon j das Zimmer für mich bereit stände.! Ein Hausdiener brachte mich bin- - auf: elektrisches Licht, Eentralbei zung, die in Ordnung war, recht gu te Ausstattung. Das Frühstück un ten im Eßsaale wurde schon nach deutscher Karte und deutschen Prei sen gereicht. ES wurde auffallend sauber und appetitlich servirt. Schlendern auf der Hauptstraße: überall viel Leben, viel Bewegung. Bürger - Polizisten mit weißer Bin de hielten die Ordnung aufrecht, aber sie hatten sichtlich nicht viel zu thun. ES gab da noch eine höhere Kaste von freiwilligen Bürgerbeamten, die eine gelbe Binde trugen, und schließ lich. mit blauen Abzeichen, die höch sten Funktionäre, von denen ich aber sehr wenige sah. Ein Rechtsanwalt war, da das Stadtoberhaupt geflo hen war, zum Kriegs - Bürgermei ster ernannt worden und machte sei ne Sache allem Anscheine nach recht gut. Zm Cafe Bonitz saßen die elegan ten Libauer und Libauerinnen, tran ken Kaffee, aßen den ausgezeichneten Kuchen, und an den Nebentischen thaten die Offiziere und Marine Of fiziere das gleiche. Zch hatte dabei den Eindruck, daß der weibliche Theil der Bewohner der Festung starken Belagerungen nicht Stand halten würde. Uebcrall bekam man auf deutsche Fragen deutsche und freund tiche Auskunft. Zch habe während meiner Anwesenheit in Libau keinen Bewohner gefunden, der eine deut sche Aufrage nicht verstanden hätte. Am Nachmittag zog ein geschlosst'- nes deutsches Bataillon durch eine der Hauptstraßen. Es war ein famoser Anblick, die Leute sangen und freuten sich über ihren Einmarsch in der sau beren, eroberten Stadt. Die Bürger ständen wie zum Spalier an den Bür gersteigen entlang und sahen die scste Haltung, den scharfen Schritt der deutschen Soldaten. Zch glaube, sic machten im Stillen Vergleiche zwi schen der neuen Besatzung und den Truppentheilen der russischen Reichs wehr, die hier gehaust hatten. Plan erzählte, daß Nüchternheit nicht zu den Eigenschaften des russischen Com mandanten gehört habe» solle. Die hübschen Kuranlagcn, sauber gepflegten Wege, schönen grünen Ra scnflächen leiten dann zum Kurhaus, zu den Badehäusern und dem Strand über. Ein breiter, sauberer Oand strand, auf dem die Libauer prome nirten und nach den fernen Silhouel ! ten der deutschen Kriegsschiffe blick ' ten. Auf der Terrasse des Kurhauses war freundlich gedeckt. Man konnte dort gut Abendbrot essen: es gab eine ; ordentliche Sakuska und Krimwein, s dazu der Blick über die weite, leuch tende Oslste. Ach, hier im Osten, wo es keinen Einzug in hübsche und sau bere Städte bisher gegeben hatte, wo auch die Erholungstage immer einen peinlichen polnischen Beigeschmack bat j ten, war einmal für Truppen und j Offiziere ein freundlicher Tag gekom , men! ! Zn der Kurhaus-Batterie sab ich , die Wirkungen des Feuers des klei- neu Kreuzers, der bei dem Landungs- Manöver hierhergcsunkl hatte. Ein frisches Massengrab der gefallenen - Russen. Man hatte Blumen darauf ! gepflanzt und ein sauberes Kreuz ge ' zimmert. Eine junge Frau stand da bei: sie machte ein so schweres Gesicht, daß ich sie fragte: „Waren Libauer unter den Gefallenen?" „Ach, es waren nicht die Unsrigen, sie sind von irgendwo weit her, aber es waren alte Männer, die werden Frauen ge habt haben und Kinder, und die ! Frauen und .Kinder werden sein wie ich. Mein Mann steht unten in den Karpathen!" Die ersten Gerüchte von den großen Kämpfen in Westgalizie» ! und den anschließenden Karpathen s Fronten waren auch schon durch Li i bau gesickert. An der Mole entlang : zog singend eine kleine Abtheilung ! von der Marinedivision, die am Ha fen thätig sein sollte: » ! „Was nützet mich ei» schöner Garten. Wenn Andre drin spazieren geh'»: - Was nützet mich ein schönes Mädchen, ! Wenn Andre immer bei ihr steh'n!" Die junge Frau sagte: „Die Ilnsri gcn haben nicht gesungen: ich glaube, die Unsrigen werden auch nicht mehr gingen " Zch ging weiter zum Wall herun ter. Zch wollte doch sehen, von wo her wir bei der Landung beschossen worden waren. Man hatte in die Batteriestellungen Holzunterlagen eingebaut: cs waren gute Znfanterie , Deckungen so entstanden, von denen j aus man den ganzen Strand bestrei ! chen konnte. Mitten in die Steilun- gen, auf die Höbe des Walles, kurz dahinter, hatten die deutschen Grana ten getroffen. Die Aufgabe des Lan dungs-Tetachements, zu recognoSzi ! reu, war gut erfüllt gewesen. ! Eins gab es nicht in Libau, Kleingeld, ! nirgend. Zch glaube, daß großes ' Geld auch ziemlich knapp geworden war; aber der Versuch, einen Hun dertmarkschein zu wechseln, in russi sches oder deutsches Geld, war aus sichtslos. Da ich ein paar Kleinigkei ten zu besorgen hatte, ging ich am nächsten Morgen nach einer Ehokola denfabrik, die weit draußen lag. da man mir sagte, daß ich dort Gelegen heit hätte, mein Geld kleinzubekom men. Zch kam so durch entlegenere Straßen. Man merkte hier noch we niger, daß Libau überhaupt in dem Kriege wäre, wenigstens dem Stra ßcnbilde nach. Es war Markttag scheinbar, und auf einem kleinen Platze, der von niedrigen Häusern umgeben war — und der so deutsch war, wie es nur ein kleiner Platz in irgendeiner deutschen Mittelstadt sein konnte — lagen und standen auf den : i aufgestellten Tischen allerhand Ge müse, Mohrrüben, Kartoffeln, junge Radieschen, Fische. Salzgurken und eine Unmenge von blühenden Blu : mentöpsen und Ochnittblumen. Zn ! der Fabrik kante man mir natürlich ! auch nicht wechseln, aber bei einem >, Nachbar sollte es möglich sein. Zch R ging hinein: man führte mich in den > Salon, und während ich wartete, sah > hinter einer Glasscheibe mindestens ' ein halbes Dutzend Mädchenköpfe nacheinander durch, um sich den Deut > scheu anzugucken. Dann kam ein klei > ncr Kerl, machte eine tiefe Verbeu - gung und sagte: „Mama kommt gleich!" Zutraulich fragte er mich: ' „Bist du von unsern neuen deutschen - Soldaten?" Das Bild eines älteren - Herrn in russischer Lffiziers-Uniform, i das an der Wand hing, schien merk - würdig und nervös bei dieser Kindcr - frage zu lächeln. - Zch bekam mein Geld gewechselt ' und bedankte mich. „Ach, wir müs - sen uns bedanken: die deutschen Sol : datc» sind so viel anders, als man es - uns hat glauben machen wollen." : sagte die Frau des Hauses. „Wir - wußten eS ja freilich immer besser," i fügte sie hinzu. > Zch glaube aber, trotz aller dieser - Freundlichkeit, trotz dieses eckst deut schen Eindrucks, daß die besseren Fa - milien noch gute Russen sind. Sie - haben zu viel Offiziere in der Armee, zu viel Beamte in der Regierung, > und trotz aller Enttäuschungen, die man ihnen immer wieder hereitet hat, sind es vielleicht die czarentreuesten ! Bürger Rußland's. Es ist ja wohl deutsche Art, so zu sein. Zmmer ge wesen. ! Ilm !> Mw ist die Stadt wie aus ! gestorben, nur die Schritte der deut schen Patrouillen und der ihr Quar tier suchenden Offiziere und Mann ! schäften Halle» über das Pilaster. Di" Häuser haben meist kein Licht mehr. Nur als ich an der Triuitatis-Kirche, welche die größte Orgel in Rußland besitzt, vorbeikomme, klingt aus dem Küsierbause leise Musik, eine Bachsche Fuge. Zch besteige eine Kibitka, fahre durch dir nächtliche Stadt, durch die Villenstraßen, wo die Konsulate lie gen, durch das Hafenviertel, durch die Anlagen in die Altstadt hinein, vor bei an den giebeligen, allen Häusern, über die sich der siernendurchwirkte Himmel spannt. Libau schläit ruhig — es ist in deutscher Hand. R o l f B r a n d t. .Kriegsberichterstatter. Dir Kämpfe südlich des Njemen. Mißlingen des russischen Vorstoßes für die Befreiung Libau's. Zurburg, den 26. Mai. —Nach den vernichtenden Niederlagen in Galizien und unserem erfolgreichen Vormarsch in Kurland suchten die Russen mit starken Kräfte» gegen unsere» Nordflügel zu drücken. Das führte aus der nördlichen Seite des Njemen zu den heftigen Kämpfen im Dubissa - Abschnitt bei Szawle und Rossienje, bei denen wir in überraschenden Vorstößen und Aus weichen den Russen sehr starke Ver luste zufügten, so das; ihre Offensive, die letzten Endes auf die Befreiung Libau's zielte, nicht vorwärts kam, zumal da die an sich erheblichen rus sischen Kräfte die zunehmende Min derwerthigkeit des russischen Solda tenmaterials erkennen ließen, da sich ganz junge Bürschchen, die kaum das Gewehr handhaben konnten, in großer Menge unter diesen Trup peutheilen befanden. Auf der südli chen Seite des Njemen mackste sich schon seit längerer Zeit eine lebhafte Thätigkeit der Russen bemerkbar, die sich zunächst im verstärkten Artilte rieseuer zeigte. Tie Orte Marjam pol, Ludwinow, Kalwaria wurden der Reihe nach unter Aufwendung riesiger Muuitionswageu beschossen. Da die Belegung der Orte mit Gra naten in fast regelmäßiger Folge vor sich giüg, konnten deutscherseits rechtzeitig Me Truppen aus denPlä tzeu entfernt werden, sodaß während der Beschießung kaum ein Dutzend Mann deutscher Truppen in den Städten blieb, diese selbst wurden auf das Furchtbarste zusammenge schossen. Zn sinnloser Augst flüch teten die Einwohner, von denen viele dem Bombardement zum Opfer fie len, zu den deutschen Stellungen. Während dieser einleitenden Ar tilleriekämpfe, in denen wir uns auf gelegentliche Erwiderung beschränk ten, fühlten sich stärkere russische Truppeumassen in de» Wäldern westlich von Kowno vor. Es wal augenscheinlich das Bestreben der rus sischen Heeresleitung, nickst so sehr aus militärischen wie aus Politischen Gründen, an irgend einer Stelle vstpreußischeuBoden zu erreichen und etwa über den Neu Luböuer Forst über die Grenze zu dringen. Auf unserer Seite hatten a» der Memel hinter Schillehnen nnd in der Ge gend von Schirwindt inzwischen Truppeuzusammeuziehungen stattge funden. Gleichzeitig waren größere Kräfte nördlich von Wilkowischki be reitgestellt worden. Nachdem die Russen bei Wilken und weiter westlich mehreren Nje menbrücken geschlagen hatten, be gann ihr Vormarsch in nordwestli- s chcr Richtung. Kavallerieinassen ver- 1 schleierten den Aufmarsch der deut j scheu .Kräfte hinter Wilkowischki, die den marschirenden Russen allmählich genau in der Flanke standen. Die Aufklärung der russischen Kavallerie s versagte völlig; sie meldeten nur das s Vorhandensein von stärkeren deut > - scheu Kavallerie Abtheilungen. Am 17. begannen unsere Truppen in der Richtung Gryszkabuda, Spn towtp, Szaki den Angriff gegen die vordringenden Russen: der Stoß von Zurburg her wurde gleichzeitig § mit dem von Sloboda und Tilwischki! geführt, sodaß sich die Russen von s zwei, fast drei Seiten angegriffen so-! hen. Die Truppen, die sich in eili gem Rückzug von Syntowth zurück drängten, trafen mit denen beiGrys kabuda und Szaki angegriffen und - flankirten Theilen zusammen, sodaß eine regellose Flucht einsetzte. Die Njemen - Brücken bei Wilki waren - nicht mehr zu erreichen; es blieb kei ne Wahl, die russischen Corps muß ten sich in das enge Walddreieck zwi schen der Eisenbahnlinie Pilwiszki — .Kowno und dem Njemen zurückret ten. Zn diese Rückzugsstraßen schlu gen schon die deutschenGranaten und streuten bald auch Schrapnells, fo daß die russischen Verluste außeror deutlich blutig waren, wenn auch die Zahl der Gefangene» sich nur etwa über 2000 hielt. Tie schützenden Wälder vor no, in denen die schwere Arti von Kowno den Rückzug deckte, boten schließlich der deutschen Ve gung Einhalt, sodaß sich ein T der zerrütteten russischen .Kräfte > der nach der Festung retten könn Die deutsche Kavallerie ging zwischen längs des Njemen in zu sicher Nähe von Kowno bis in Sapieszpski vor. Alle Stellung die zu einer Belagerung von Kow..<. nothwendig waren, sind nach dieser turzen und glänzend abgeschlossenen Aktion in unserer Hand. Die Rus sen bereiten sich auch noch ihrer Art auf einen etwaigen deutschen Vor marsch vor. AIs ich gestern in das Ouartier des au dieser Stelle com maudireudeu Generals fuhr, einem wunderschönen Schloß, brannten am Horizont meilenweit die Dörfer und ganze Waldstücke, um den deutschen Truppen die lluterkuuftsmöglichkei len zu nehmen. Bei dem außeror dentlich warmen und trockenen Wel ler, das hier jetzt schon seit über I I Tagen herrscht, fangen die Truppen aber schon längst an zu biwakircn, sodaß die grausamen russischen Maß nahmen nur die eigene schwer lei dende Bevölkerung treffen. R o l fB r a n d t. Kriegs - Berichterstatter. Brief eines Matrosen der „Emden." Von einem Matrosen der „Em den,,. der nach der Zerstörung des Kreuzers als Gefangener nach Sin gapore gebracht wurde, von wo cs ihm aber gelang, sich nach Hollän disch Zndien durchzuschlagen, erhiel ten die im Kreise Leer, Lstfrieslaud. wohnenden Eltern einen Brief, in dem es lautete: den 6. März 1015. Meine lieben Eltern und Geschwi ster! Endlich nach langer Zeit bekom me ich wieder Gelegenheit, Euch ei nige Zeilen zu schreiben. Zhr braucht Euch um mich keine Sorge zu ma chen. Zch erfreue mich der besten Gesundheit und befinde mich nicht mehr in englischer Gefangenschaft. Zch bin am 16. Februar aus Sin gapore mit einem guten Freund, Willi L geflohen. Tic Zndicr begannen am 15. Februar mit dem Aufstande und schossen sämmtliche englische Posten todt, die uns bewach ten. Hierbei wurde auch ein Deut scher todtgeschosscn und einer verwun det. Somit sind mein Freund und ich am anderen Tage durch Sumpf und Urwald nach dem Wasser ent kommen. Hier fanden wir ein Boot, in dem wir nach Holländisch Zndien ruderten. Die Strecke von -11 Mei len legten wir in zehn Stunden zu rück. Zch bin jetzt in .... einer ziemlich großen Stadt in Holländisch Zudien. Wir sind hier gut aufge nommen worden. Es wohnen hier viele Deutsche, auch ein deutscher Consul. Tie Engländer haben auf jeden von uns 500 Gulden Beloh nung ausgesetzt, wenn uns einer todt oder lebend noch Siugaporc bringt. Er wird uns aber nie wieder sehen. Wie Zhr wohl gelesen haben werd ', ist es unserem Auslandsgeschwader sehr schlecht ergangen. Am 0. No vember sank unsere tapfere „Emden" bei den .Kokosiuseln. Zhr Gegner war der ihr weit überlegene Panzer kreuzer „Tpdneh." Wir sind noch 120 bis 130 Mann von der „Emden" am Leben, 250 sind todt. Paßbcstiinniiliigen für Ennnda. W a s h i n g t o ii, 23. Zuni. —Ob- gleich Amerikanern, die nach Canada reisen, von den dortigen Behörden keine Pässe abverlangt werden, so räth das Staats-Departement doch ' allen, und besonders naturalisirten ! Amerikanern, sich mit solchen zu ver i sehen. Deutsche und österreichische ! Mädchen im Dienste amerikanischer Bürger können besondere Erlaubniß' erhalten, ihre Herrschaft nach Canada zu begleiten. ' Zbre Arbeitgeber sollen sich dicser halb au den „Chief Eominissioner of Dominion Police" oder den Eiuwaii derungs-SuPerinteudcnten oder den amerikanischen Generalkonsul in Ot tawa wenden, um für sie die Erlaub niß. kanadisches Gebiet zu betreten, auszuwirken. s Es muß dabei Zeit und Ort, wo s die Grenze passirt werden soll, ange« ! geben werden, und außerdem muß sich der Arbeitgeber für das gute Ver hallen der Domestiken verbürgen. San Francisco'er Werbebi»»'— —< San FranciK.c Zuni. — Ralph K. 3? Büreau auf Anordm scheu Konsuls Rekrute ten angeworben scins heute hier bekannt den Bundesbehördt Z> nur 75 Leute, der britischen Aru^^ Abonnenten, d NW, Eorrespondenten" » , unregelmäßig der Office davon M schriftlich Mittheilt»'