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6 , Der vierte Juli. Kein Tag hat so viel zn bedeuten, Ein Martüein isi's in. Feilen Laus! Weithin hört man die Glocken läuten, Tie Temvelpsorten sleb'n weit auf. TaS ist ein Jaucbzfn und ein Singen, Als wär" die holde Freiheit da; Ans allen Kehlen will es dringen, Das Lied: Heil dir, Amerika! Und welch ein Donnern, welch ein Knattern, Begleitet jeden Sang und Klang! Tazn kommt noch das Freiheilsschnat tern, Als wär"? der reinste Faschingsgang. Man schwenk; die Fahnen und die Wimpel, Ein Freudenmeer bricht heute los; Wild lärmen sie. die FreibeitSsimpel, Tie blinde Menge fühlt sich groß! Ein Redestrom ergießt sich beute, Wild wälzt er sich von Ort zu Ort; TaS ist des Volkes größte Freude, Willkommen klingt das Sckuneichel wort. Tie Freiheit läßt man heute leben. Wie jauchzt man da dem Redner zu! lind morgen schon stihlt man mit Beben, Tie holde Freiheit schläit in Ruh! Verkracht sind morgen die Raketen, Ter Zauber weicht, der Jubel ichweigt; Ein Blendwerk waren all die Reden, Sobald die Nach; den Tbron besteigt. Tie Selbstsucht hebt die ichweren Tatzen. Wo bleibt deS Mitleids holder Schein? Ein Wuchern ist es und ein Kratzen, Wer denkt da noch an mein und dein!" Tie Selbstsucht will die Freiheit sres sen, Trotz Glockenklang und Redeschwall: Mit Geld wird alles jetzt gemessen! Tas isl des Tages Widerhall. Schlau tanzen sie, die Politiker, Das Volk halt betrogen sein; Tie Götzen werden immer dicker, Bleich schimmert er, der Freiheit Schein. T!r schlagen alle Pulse schneller, In wilder Jagd um irdisch Glück; Und aller Augen leuchten Heller. Nur vorwärts schaut man, nicht zu rück. Weihrauch streut man den Patrioten, Ten treuen Männern jener Zeit; Toch heute herrsche die Bigotten, Tie Heuchler in dem Lammeskleid. Ter Freiheit Zeugen sind geächtet, Man muß jetzt Doppelgänger fein: Nicht um die Freiheit wird gerechtet, Es ist ein Kampf um mein und dein! Geschäfte werden jetzt betrieben, Prinzipien gellen längst nicht mehr, lind war die Väter eins; geschrieben. Von Freiheit- Recht, das gilt nicht inehr. Nur Eins will man dem Volk er lauben, Tamit 'S noch von der Freiheit träumt: Am vierten Juli soll"? noch glauben, Wie wild der Patriotismus schäumt knallt Euch auS, Ihr Freiheit?- schwärmer! Tobt Euch im tollen Reigen auS; Am nächsten Tage seid Ihr ärmer. Enttäuscht sitzt mancher dann z Haus. A. F. S. F-reiheitsträiiliik. Vor Jahr und Tag—lang ist cs her Ta zog ein Jünglein über's Meer; Ter Freiheit Drang trieb ihn hin aus, Z eng" schien ihm das Elternhaus. Viel träumte er von freiem Lande, Wo man die Deutschen hieß willkom inen; Tas Beste hat er mitgenommen: Ein treues Herz und Gottvertraiien, Auf diesem Grunde wollt" er bauen, Ten neuen Herd am fernen Strande. Kein Abfchiednehine sollt" es fein! Hier ivar's so deutsch, wie an dem Rhein; Hell klang der Muttersprache Wort. Kein Heimweh trieb den Jüngling fort. Hier Herrichten ja dieselbe Geister Und wie daheim, dieselben Sitten; Im Prunkpalast nnd in den Hütten, In Kirchen, Schulen, allerorten Und deutsche Namen an den Pforten, Verkündeten die deutschen Meister. Und auch der Sonntag, o wie schön! Ein echtes, frommes Lobgetön' So wie daheim, dieselbe Lust. Tie Freude füllte jede Brust. Es war so schön, so ungezwungen. Kein sinsl'rer Geist trieb da fei We sen, Was wußte man von; Sabbathbesen! Kein schroffer Zwang trat je zu Ta- j ge: Es gab noch keine Muckerplage. Die wie ein Gift in'S Volk gedrun gen. Tie Teutschen waren noch begehrt, Kein Neid hat an den, Land gezehrt;, „Tie besten Bürger in dem Ort!" Oit hörte ich das stolze Wort, An ihrem Herd ließ man sich nieder, Denn gastirei ist das deutsche Weien, Manch krankes Herz war dort gene sen ; Gemüthlichkeit stand immer oben, So mußte man sie immer loben, Eiern hörte mau die deutschen Lieder! Treu waren sie der Republik! Tas lag in ihrem freien Blick, Sie boten freudig Herz und Hand, Dem neuerwählten Heimathland Und schützten seiner Freiheit Güter. Da regten sich des Neides Stimmen, Der Mißgunst Fackeln sah man glim men : Den deutschen Geist wollt" man be kämpfen lind langsam uns're Sprache däm pfen, Das war das Machwerk falscher Brü der. Sogar das eig'ne Fleisch und Blut Verachtete der Väter Gut; Tie stolzen Säulen stürzten ein, Altmodisch schien eS, deutsch zu fein — Dem neuen Zeitgeist wollt" man früh neu. So standen wir am Scheidewege. Erduldend all die schweren Schläge; Das Schlimmste aber mußte tön; men. Fast hat's den Glauben uns genom men: Sie wollten uns noch frech verhob neu! In unsres Herzens tiefster Noth, Als unser Vaterland bedroht; Da ward'S uns plötzlich offenbar Wie vc gelsrei der Deutsche war. Der feinen; Heimathland ergebe! Das war ein herzlos Kesseltreiben, Die Feder kann es kann; beschreiben; Schwer liegt es noch in allen Kno chen, Fast hat eS uns das Her; gebrochen, Das war ein Stück von unserm Le bei;. Gdrtlob! es hat so sollen sein! Wir schluckten jeden Tropfen ein; Die Prüfungszeit war furchtbar schwer, Vergessen wird sie nimmermehr So lange deutsche Herzen schlagen. Der wilde Strom ist bald zerronnen, DaS „Gott mit uns!" hat schon ge wonnen: Ter Welt znm Trotz. Deutschland muß siegen! Wie grausam es die Welt getrieben, Ein schön'rer Morgen muß bald la ge. A. F. S. Amerika im Spiegel. Ein Amerikaner hat in dem kei neswegs deutsch-freundliche Outlook längere Ausführungen über das Recht nd Unrecht im jetzigen Kriege und über die Stellung nnd Haltung Amerika"? zu ihm veröffentlicht, aus denen wir folgendes wiedergeben: ....Gegen das ehrliche, arbeitsa me englische Volk habe ich keine Feindschaft. Aber mit einem Sy stem. da-s de; Ministerpräsidenten gestattet, ohne das; andere Mitglie der seinc's EabinetS darum wissen, Verträge zu schließen, die feine Na tion in Krieg verwickeln, kann ich mich nicht befreunden.... .... Die Amerikaner sind in der Regel zu viel in Vornrtheilei; befan gen, un; eine vernunftgemäße An sich über den Krieg zu habe. Eine der besten Illustrationen für ameri kanische Einseitigkeit ist unsere Stel lungnahme zu Rußland seit Anlang des Krieges. Vor dein Kriege schrie ben amerikanische und englische Pu blizisten Bände über das barbarische, tyrannische, ehrgeizige, intrigierende Rußland; aber jetzt, was für ein Wandel! Rußland ist jetzt der Ban nerträger der Temokratie, der Inbe griff aller edlen Tugenden! Das mag ja richtig sein, doch weiß ich wohl, was Rußland schreiben würde, wenn es jetzt gegen England kämpf te. . . . .TaS kindische Geschwätz über Kaiser nnd Könige, militärische Eli auen und Militarismus, die Anpret jung der Temokratie als Allheilmit tel und das papagelmnßige Wieder plappern von „Krieg ist Hölle".läßt einen zuweilen vermuthen, daß die Statistik über unsere Schulbildung stark ausgepolstert sei. Wenn Krieg Hölle ist, dann sind die Vereinigten Staaten in der Höl le gezeugt nd geboren worden, sind in der Hölle zur Mannheit erwachsen und in der Hölle zusammengeschmie det worden... Wer den Krieg angefangen hat, ist eine Frage, über die ich mir gar ich; den Kopf zerbreche. Ich bin fest überzeugt, daß Rußland den Krieg begonnen hat. und zwar mit Einvcr ständniß England'-) und Frankreichs Englands Polii'lk war von jeher die eines modifizirten Donnybrooker Jahrmarktes Tonnybrook ist ein ! durch seine Rauferei bei Volksfesten ! sprichwörtlich gewordenes Dorf in , lrland: taucht irgendwo einer aus,: so las; ihn schnell durch einen andern; niederhauen Ich warte immer noch auf eine j plausible Erklärung, warum Frank reich Milliarden an Rußland gelte- 1 Heu hat Kapitalien, bei denen Frankreich jährlich über 10 Millio , neu TolarS an Zinsen einbüßt, wenn man bedenkt, was eine bessere Kapi talSanlagc eingebracht hätte. Ta? Geld diente selbstverständlich , zur möglichst raschen Bewaffnung und Reorganisation der rnssüchenAr mee. 1916 und 1917 wäre die rus sischen Horden in Bereitschaft gewe sen nnd Frankreich, Rußland und England wären über Deutschland hergesallen. lind nun zu Belgien. Belgien konnte sich von den Schrecken des Krieges freigehalten haben, aber es fürchtete den Zorn Frankreichs und Englands, wenn es den Teutschen freien Durchzug gewährte; denn Bel gien dachte wie fast die ganze übrige Welt, daß die Verbündeten kurzen Prozeß mit Deutschland mache wür den. Belgien setzte eben alles ans eine Karte, die falsche, nnd verlor... So liegt m; Belgien zerschmettert und blutend, mit gebrochenem Her ze. ein Opfer übel angebrachten Vertrauens, als einer der vielen von England Gefoppten. Und England, seine Topelzüngigkeit und Ohnmacht zu verbergen, läßt seine Heere win selnder, flennender Heuchler gegen die Welt IoS. In Amerika findet eS Seelenverwandte, erweckt es Wi derhall. Amerika nimmt die engli sche Bürde aus sich nnd sorgt für die armen Belgier. Selbstverständlich muß für diese gesargt werden, aber England sollte gehalten sein uns nach dem Kriege zu entschädigen... .Bel gien ist nichts weiter als ein Puffer staat, hauptsächlich durch Englands Betreiben gegründet und bestimmt, England vor Frankreich nnd Deutsch land zn schützen. Daher die britische Krokodilsthränen! Es wird ein Se gen sein, wenn Belgien der Theil ei nes Reiches wird, das es vor weite rem Schaden zu behüten im Stande ist. Von Rechts wegen sollte Bel gien ein Theil Deutschlands sein oder wenigstens ei Mitglied seines Zoll gebietes. Wenn Louisiana oder New j>)ork im Besitz einer seindlichenMacht wäre, würden wir nicht lange zö gern, um sie uns einzuverleiben. Mit Bekümmernis; spreche ich es auS: was Scheinheiligkeit nnd Heu chelei betrifft, so ist Amerika ein Stück von; selben Block.. .. In; Ge fühle seiner Wohlhabenheit scheint es zn sagen: „Deutschland, wärmn kannst du nicht gut und edel sein wie ich? Ich bin vollkommen zufrieden mit dein, was ich habe. Ich habe so viel Land, wie ich brauche, und will nicht mehr haben. Tn sagst, dein Volk schreit nach Brot? Warum ißt es nicht Ku chen ? Krieg ist Hölle und dem Geschäfts leben abträglich. Ich würde Mexiko den Krieg er klärt, es erobert und sein Gebiet an ektirt haben aber es würde mich fünfhundert Millionen Dollars und so nnd jo viel EentS gekostet haben, nnd Blut hätte vergossen werden müssen. Nebenbei: Ich würde Mexiko ich! geschenkt nehmen. In einigen Fälle mag ja Krieg ganz am Platze sein. Ich selbst focht vor einiger Zeit einen kleinen Krieg mit Spanien auS, und mein Freund John Bull hat Dutzende kleiner Kriege mit schwachen Staaten und wilden Stämmen geführt, aber diese Kriege haben doch wenig Störung verursacht. Aber daß du dich in den Krieg stür zest mit Gegnern, die stärker sind als du, das ist unverzeihlich. Ich bin für Abrüstung, aber wenn ich meine Fabriken beschäftigt halte, die Waffen für die kriegführende Nationen liefern, kannst du mich doch nicht tadeln, nicht wahr? Geschäft ist Geschäft. Wenn der Krieg zn Ende ist nnd ich keinen Absatz mehr für meine Kriegslieferimgen habe, so werde ich der Frage der Abrüstung wieder nähertreten. Den,; ich bin sehr edelinüthig. Sieh meinen Hei ligenschein, meine Flügel! Ich be trachte es als meine Pflicht, der Welt ein edles Beispiel zn geben. ES war sehr nnrechk von dir, Lö wen niederzubrennen. Es ist ja richtig, das; General Sherman At lanta niederbrannte und das Land bis an die See verwüstete, jedoch: General Sherman war ein Ameri kancr." ES sind bereits mehrere Vorschlä ge gemacht worden, was mit Deutsch land geschel>en solle, wenn die Ver bündeten siegen. Ich aber hoffe und bete, daß Deutschland siege, aus fol genden Gründen: Ich trete für Deutschland ein, weil! man es gemein verleumdet und im-, ter der Hand schlecht gemacht hat. ; Wenn Deutschland gewinnt, so! wird das ein Triumph der Tüchtig- : kcit und Voraussicht über die Wühler ! ! und Unfähigen sein, s Es wird ein Triumph eines Lau-" des der Häuslichkeit über ein Land deS Rassenselbstmordes und der Ei-! gensucht sein und, bildlich gesprochen, „Der Dnitsche Eorrkipondent", Baltimore, Md., Sonntag, den 4. Jnli lülu. ein Sieg Spartas über das verfal lende Rom. Tie Welt braucht Deutschland, das noch an Männlichkeit glaubt, un; der Verweichlichung, dem Sichgehenias fe, der WaschläPPigkeit und Unter würfigkeit entgegen zu arbeiten, die zur Entartung und Zersetzung sich ren ....Ein deutscher Siieg würde auch die Wirkung haben, den verderb lichen französischen Einfluß auf un sere Lebensrichtung auszumerzen. Französische Moral, Kunst nnd Le bensweise mögen in einen; entspre chenden Medium ganz gut sein, aber dem puritanischen Angelsachsei; auf gepfropft, können sie einen weinen machen. Ich habe immer den Eindruck ge habt, daß Amerika seine Größe den religiösen und sittlichen Eigenschaften seiner ersten Ansiedler verdankt, nicht aber seiner Regierungssorm oder der llnabhängigkeitserklärung. Doch was für Erschütterungen haben die letzten Jahre de; leidenschaftli che Bewunderer der wahren Seele Amerikas gebracht. . . ....Wenn eS wahr ist, daß—wie neulich ein englischer Schriftsteller zn beweisen versuchte die Amerikaner dazu neigen, die Menschen anderer Nationen, mit denen sie in Berüh rung kommen, nachzuahmen, zu wer den wir weit, weit besser fahren, wenn wir uns das sparsame, sittliche, opferbereite, spartanische Tentfchland znm Vorbild nehmen, als wenn wir uns nach Frankreich nnd dem snob bistischen, luxusliebenden England zurechtstutzen. Das „historische Königreich Italien" der Herren Salnndra und Svnninv. Von Karl Witte. Wer in; Begriff ist, sich einer Schändlichkeit schuldig zu machen, geht nicht selten blindlings in die Falle der Tummheit: ein schlechtes Gewissen ist häufig genug der schlech teste Rathgeber. Tas gilt in vollem Maße von den verrätherischen italie nischen Machthabern unserer schick salsschweren Oiegenwart. Ihrem für alle Feiten festgenagelten Treubruch haben sie ein Vorspiel vorangehen las sei;, das an bewußter Verlogenheit und Geschichtsfälfchung nicht gut zu übertreffen ist. Wir denken dabei na türlich an die beispiellos unverschäm ten Gebietsforderimgen, mit denen sie nach Brigantenart dem kurz vorher noch verbündeten Oesterreich Ungar die Pistole auf die Brust gesetzt und sich dabei ans die angeblichen Gren zen des Königreichs Italien von Na poleon"-- Gnaden berufen haben. Eine oberflächliche Kenntniß der neueren Geschichte des eigenen Lau des darf man doch wohl bei den Her ren Salandra und Sonnino voraus setzen. Oder weiß man etwa in Rom an den verantwortlichen Stellen nicht, daß jenes aus der Zeit des korsischen Eroberers heraufbeschworene König reich von; Gesichtspunkte nationaler Einheit nnd Unabhängigkeit und der heute von den Straßenpatrioten mit so wilder Leidenschaftlichkeit begehr ten Grenzen so gut wie Alles zu wün scheu übrig ließ? Für Ignoranten wollen die leitenden Staatsmänner jenseits der Alpen gewiß nicht gebal ten werden, aber dann müssen sie sich auch den schimpflichen Vorwurf gefal- > len lassen, daß sie mit der verblöde i ten irregeleiteten öffentlichen Mei- j nung Italiens für ihre heimtückischen verrätherischen Zwecke den schändlich sten Mißbrauch getrieben haben. i -Nichts ist leichter, als sie mit dem ' Brandmal gewissenlosen Betruges an den Pranger zu stellen. Ter Ursprung, die Entwicklung und das ltägliche Ende des ersten Königreichs Italien sind geradezu ein Hohn ans den nationalen Einig keitsdrang eines Volkes. In; Juni 1797 beliebte eS dem General Bona Parte, der durch seine Siege Herr von Ober- und Mittelatlien gewor den war, die verschiedenen kleinen Republiken des mittleren Oberita lien's zur cisalpinifchen Republik zu vereinigen. Im Jahre 1802 wurde sie in die voller klingende „italieni sche" umgjstauft und zwar in Lyon, wo eine Eonsulta von Abgeordneten den großmütbigen Ersten Eonsnl der französischen Republik de- und weh müthig anflehte, sich herabzulassen, auch ihr Präsident zu werden. Mit Gönnermiene nahm Napoleon die ihm angebotene Ehre an; er ließ sich auch nicht lange bitten, als die Ltaatsconsulta der italienischen Re ; gierung im Mär; 1805 die Annahme der monarchischen Verfassung be schlossen und ihn zum König von, Italien erkoren hatte. Als solcher! ! setzte der Frankenkaiser sich am 26. . Mai dieses Jahres in Mailand die. eiserne Krone der Lombarden auf's Haupt. „Gott gab sic mir. Wehe, ! dem. der sie antastet!" Im Juni > ernannte er feinen Stiefsohn Eugen, Beauharnais znm Virekünig. ! Wie fern Napoleon der Gedanke an ! ein Königreich Italien im Sinne der - nationalistischen Heißsporne feiner Feit lind der Gegenwart lag, bekun > dete er vor aller Welt durch die will - kürliche Einoerleibung von Parma, - Piacenza und Guastella in sein Reich. Ans der Republik Genua, die : infolge geheimer Unterhandlungen - um ihre Einverleibung „gebeten" hatte, wurden drei französisch Te : partementL gebildet. Ter Friede zn Preßburg (26. Te > zcm'oer 1805) bestätigte nicht allein . die französische Herrschaft über den - größten Theil der Halbinsel,, ZMdern - Oesterreich mußte och an das König reich Italien das Venetianische Fest land bis znm Jsonzo abtreten, wäh : rcnd der Kaiser sich für seine beson deren Pläne das frühere venetianische > Jyrien und Dalmatien vorbehielt; seine persönlichen Interessen und die seines Königreiches standen ihm un vergleichlich höher als die des italie nischen Scheinkönigreiches, wo er nach wie vor der eigentliche Herr blieb, auch nachdem er seinen Stiefsohn, den Vice König, zu seinem Nachfolger er nannt hatte. Und nicht viel anders lagen die Tinge im Königreich Nea Hel, wo zunächst sein Bruder Joseph nnd dann sein Schwager Mnrat von seinen Gnaden regierten. Es war deshalb ein durchaus unwahres, mit den Thatsachen im schroffsten Wider spruch stehendes Wort, mit dem der Patriarch von Venedig ihn eines Ta ges anschmeichelte: „Frankreich haben Sie gerettet, Italien aber geschaffen.' Wie lagen die Tinge denn in Wirk lichkeit? DaS italienische Festland zerfiel in drei ziemlich gleiche Theile. Reapel hatte seine alten Nordgrenze , von da ab gehörte alles südwestlich von Apenninen Ron;, Toskana, Genua, Parma und Piemont un mittelbar zum französischen Kaiser reich, während das nordöstliche Trit theil die Marken, Legationen, Mo dena und Ober-Jtalien von der Sc fia bis znm Jsonzo das sogenann te Königreich Italien bildeten, dem also unendlich viel von den Grenzen fehlte, die die heutige italienische Re gierung ihm zur Beschönigung ihrer Straßenränberpolitik angedichtet ha ben. Sollte es da nicht zeitgemäß sein, die Herren in Nom an die ver ! ächtlichen Worte zu erinnern, die Bo ! napacte im Sommer 1797 an Melzi ! richtete: „Was Ihr Vaterland be trifft, so braucht man mit ihm noch wenige; Umstände zu machen, als mit irgend einen! anderen. Wir können Alles daraus machen, was wir wol len." Jndentzersolgnngcn in Russland. In Gombin, wo der Eommandant sich mit den Worten rühmte: „Mein Gericht ist nicht gerecht, aber schnell", wurde Ende November ein junger Mann Namens Felonka in der Stadt erschossen, drei andere, der dreißig jährige Klempner Holzmann, der zweiundzwanzigjährige Schneiöerge selle Woidislawski nnd der vierzig jährige Lastträger Weingroß wurden verhaftet, auf dein Rückzug mitge schleppt und unterwegs getödtet. Ein zweiundzwanzigjähriger Poznanski wurde festgenominen und weggeführt. Sein Schicksal ist bis zur Stunde un bekannt. Ein junges Mädchen wurde geschändet. In Scuüki wurde,; zwei Inden festgenommen nnd fortge schleppt. Was mit ihnen geschehen ist. weiß man nicht. Auf der Straße i von Plock nach Bocaiiow fuhren zwei Juden. Unterwegs begegnen ihnen 1 Russen, sie wurden verhaftet, drei Tage hindurch mißhandelt u. schließ- lich bei Bocanow aufgehängt. Auf > dem Wege von Bolkow nach Sloczew ! wurde ein jüdischer Handelsgehilfe nd ein Selig Lachs ans Bolkow auf gegriffen und getödtet. Sechs jüdi sche Kaufleute ans Sulijoiv hatten in Tobrzylin Zucker gekauft nnd wollten ihn auf ihren Wagen nach Hause fah ren. Sie sind nicht zurückgekehrt, auf dem Friedhof in Lowicz liegen sie be graben. Tie Russen haben sie unter wegs getödtet. In Sloczew wurde der Jude Hefant auf dem Hofe des Hausbesitzers Kempinsky aufgehängt, weil er den Teutschen Proviant ge liefert hatte. Seinen; Sohne sollte dasselbe Schicksal bereitet werden, es gelang ihn; aber, zn entkommen. In Lodz wurde Abra; Limche Ko han an einen; Freitag Abend ans den; Kreise seiner Frau nnd zehn Kinder fortgeschleppt n. getödtet, der Klemp ner Meier Blechniann wird getödtet, weil er angeblich ein Telephon beschä digt hatte. Ein dritter Jude Pteilech Ellenberg, ein harmloser lehrtcr, wurde wegen Spionagever ! dacht eingesteckt, der auf die in seiner Wohnung gefundenen deutschen Ei- garren gestützt wurde. Er wurde zun; Tode vernrtheilt. gefessx/Pgi; ei; j neu Baum gebunden nnd mußle dort in bitterkalter Tezembernacht ohne .Mantel nnd warme Kleider vierzehn lang stehen bleiben, gepei nigt von blutigem Hohn russischer , Soldaten. Ein Offizier trat an ihn ! heran, faßte ihn an die Kehle nd be . merkte kalt lächelnd: „Tie wird den l Strick schon aushalten." Mit großer . Mühe gelang es noch in letzter Stun- i de einer Lodzer Persönlichkeit, den Unschuldigen vom Tode zu retten. In Kielce legte der Eommandant eines dort eingerückten Kosatenregi ments den Juden eine Eontribution von 100,000 Rubel auf und, als zur festgelegten stunde die geforderte Summe nicht hinterlegt war, be slimnlte er für jeden weiteren Tag eine Extrastrafe von je 5000 Rubel. Derselbe Eoimnandant hielt in der ganzen Umgegend aufrührerische Re den gegen die Juden. So forderte er in der Kirche von Jarnoiv die Anwe senden zu Gewalttätigkeiten gegen die Inden auf, nach dem Krieg würden sie auch von der Regierung für diese Thaten belohnt werden. Nur durch das Eintreten des dortigen polnischen Pfarrers wurde ein Blutvergießen verhindert. In Jerzow wurde Mordechaj Ja mischeivitfch und Blei lech Herschenberg aufgehängt, zwei Inden werden ver mißt. In Przesucha drangen die ein ziehenden Truppen in die Wohn;; gen der Jude ein, schlugen entzwei, was sie nicht rauben konnten, nnd schändete Frauen und Mädchen. Am 20. Oktober kamen die Russen nach Sochaczew, neun Tage haben sie ge plündert lind mißhandelt, und kein Jude durste sich auf der Straße sehen lassen. In Lowicz wurde ein acht zehnjähriger junger Mann. Namens Salz, am 11. Oktober auf dein Weg vom Gottesdienst nach seiner Woh nung verhaftet. Später fand man ihn als Leiche anßerbalb der Stadt. Tie Russen hatten ihm den Schädel ge spalten. Prof. Bürgest Buch über de Krieg. In der ungeheuren Kriegslitera tue, die der Kampf gegen Teutsch land's Weltstellung erzeugt hat, und die neben einem Wust von Falschem, Unwahrem, Unsinnigem und Unge heuerlichem doch auch viel Gutes und Kluges gebracht hat (so die Bücher von Münsterberg, Thompson lind an dere) und wohl das beste Werk, das unlängst erschienen, ist das Buch deS Prof. Johann William Burgeß, „Ter Krieg von 1911, seine Uriache, Zwe cke und wahrscheinlichen Ergebnisse." Es isl ein klassisches Werk nach Inhalt und Form. ES ist ein Buch, das Jedermann lesen sollte, der wirk liche Aufklärung über die Veranlas sungeil und die Ursachen dieses Krie ges zu erhalten wünscht. Prof. Burgeß, der früher Professor des Ve rfassungsrechtes und des internationa len Rechtes nnd Dekan der Fakultät für Politische Wissenschaft an der Eo lmnl'ia Universität in NeivPork war, hat dies Buch als ein Amerikaner für Amerikaner geschrieben. Er be klagt das anti-deutsche Gefühl der Vereinigten Staaten: und hält es für durchaus unberechtigt lind unver nünftig. Ter Sieg der verbündeten britischen nnd russischen Waffe mit der Beherrschung der Meere Seitens einer dieser Mächte, und der des Lan des Seitens der anderen, würde sei er Ansicht nach nicht nur den Frie den und Fortschritt der ganzen Welt bedrohen, sondern ganz besonders den Interessen dieses Landes feind lich sein. Jedes wirkliche amerika nische Interesse bedingt die Erhal tung des deutschen Reiches als den Macht-Mittelpunkt Europas. Es giebt nichts in der ganzen Kriegsli teratur, das in so knapper Form so viel Information enthält und so viel Licht verbreitet über die nächsten Ur sachen deS Krieges, nnd die tieferlie genden Wurzeln als die Kapitel 2 und 9 des Buches. Mit dem schar fen Blick des geübten historifchenFor fchers hat Prof. Burgeß die offiziel le Dokumente studirt und geprüft und hat mit unerbittlicher Logik bei vorurtheilssreier Betrachtung die Er gebnisse zusammengestellt. —Ein Mu ster überzeugender Beweisführung ist Kapitel 7, das von der Ausfuhr von Waffen und Munition an die Krieg führenden handelt. Er erklärt eS für „offenbaren Trugschluß" (Sophistin zu behaupten, das; das Verbot der Waffenausfuhr ein Bruch der Neu tralität sei, der nur vorgebracht wer de, um einem der Kriegführenden einen Vortheil zu sichern. „Es ist ei ne der Grnndlehren des internatio nalen Gesetzes, das; indirekte Folgen einer Handlung nicht in Erwägung gezogen werden können. „Wenn durch irgend eine Verdrehung der L ogik ans der Einstellung der Unterstü tzung eines der Kriegführenden, eine Hülfeleistnng für den anderen ge macht werden kann, so ist dieser Bei stand ein indirekter und kann bei di plomatischen oder internationalen Erwägungen oder Handlungen nicht in Betracht kommen! Betrachtet man die Sache vom Standpnnkte der Moral, so sollten, falls dem neutra len Staate zwei Wege offen sind, ei ner, der einem der Kriegführenden direkt Hilst, und ein anderer der bei den oder keinem der Kriegführenden hilft, der neutrale Staat den letzte ren Weg einschlagen!" Prof. Wil son könnte eine Fülle guten Rath aus diesem Buche schöpfen. Es isl gesagt, das Beste, was Prof. Bürgest oder sonst jemand bis jetzt über den Krieg geschrieben bat. Wer ein guter Amerikaner ist nnd Ameri ka gerne ans Leiten der 'Menschlich' keit und des Rechtes nnd des wirt lichen Fortschritts sehen will, der leie das Buch und gebe es weiter an ir gend einen Amerikaner mchtdentschen Blutes, dein die Erkenntnis; der Wahrheit noch nicht wurde. Es wird, es iiius; sie ihm bringen, wen er eS liest, und er nicht ganz und gar in einseitigem Porurtheil besangen isl. Das steuerliche Schicksal Berlin's. Das Ergebnis; der Beranlagliiigeu ziirStaatseinkoininenstener für 1915, das für Berlin insgesammt -12.7 Millionen Mark gegen 16.5 Millio nen Mark im Satire 1911 betrug, darf als günstig angesehen werden, da die Zahl der steuerpflichtigen um 02,971 Köpfe abnahm - Hauptfach lich eine Folge der Einberufnugeu zum Heeresdienst. Tie Abnahme der Deichten beträgt bei einem Einkoni men unter 9000 Mark 52,008 Köpfe, bei einem Einkoniineil über 9i>ol) Mark <0,969 Kopfe. Ein Rückgang dieser phpsischen Steuerzahler, wenig stens der über9ooo Mark, war schon in früheren Fahren eine ständige Er scheinung in Berlin; er ist nur im Kriegsjahr besonders stark hervorge treten. Tagegen ist in diesem Jahre zum ersten Mal auch die Fahl der nichtphpsischen Steuerzahler und Fo reiisen gesunken. Tie steuerpflichti gem Aktiengesellschaften, Gesellschaf ten mit beschränkter Haftung und Vereine nahinen früher in der Reichs- Hauptstadt an Fahl und Einkommen zn und schufen so einen Ausgleich für das Abwandern der physischen Steuerzahler, so das; im Endergebniß Berlin keine Einbuße au steuerlicher Leistungsfähigkeit erleidet. Tie Finanzlage der Stadt Pots dam hat sich einer Mittheilung deS Bürgermeisters Rauscher zufolge, die er in der gestrigen Stadtverordneten- Sitzung machte, so erfreulich gestaltet, daß die Gefahr einer Steuererhöhung auf Jahre hinaus nicht besteht. Tic von der Stadthauptkasse im abgelau fenen Rechnungsjahr erzielten Ueber schüsse betragen 272,827 Mark im Ordinarium und 11,117 Mark im Extraordinarii;;. Aus dem Ueber schuß wurden 10,000 Mark als Grundstock für die Gründung eines KriegshülssvereinS Potsdam für die Kirchspiele Gros; Rominten und Tu beuingken bewilligt, für die Potsdam beim Wiederaufbau die Patenschaft übernommen hat. Tie Privatsamm lung für den gleichen Zweck hat bis her 5500 Mark erbracht. Wie in Friedenszeiten. Tie Große Berliner Straßenbahn nnd ihre Nebenbahnen beförderten am Pfingst- Samstag und an den drei Feiertagen insgesammt etwas über 0 Millionen Fahrgäste, was ungefähr dieselbe Leistung darstellt, wie in den Pfingsttagen des Vorjah res. Auch die Allgemeine Berliner Omnibus - Gesellschaft, bei der zu be rücksichtigen ist, daß der größte Theil ihrer Kraftwagen jetzt militärischen Zwecken dient, ist mit dem Pfingst verkehr zufrieden. Ihre Pferdewa gen beförderten am Pfingstsamstag und an den drei Feiertagen 795,090 Personen gegc' 978,769 im Vorjah re, ihre Kraftwagen 229,903 gegen 817,250 im Vorjahre, zusammen 1,- 018,102 Fahrgäste gegen 1,791,019 im Vorjahre. Tie Hochbahn-Gesell schaft hatte st; den drei Feiertagen annähernd eine halbe Million Fahr gäste zu verzeichneil gegen WO,OOO in den Psingsttagen 1911. Die Ber liner Ostbahnen beförderten am Pfingstsonntag und -Montag insge sammt 111,000 Personen. Auch die Berliner elektrischen Straßenbahnen, von denen keine näheren Zahlenan gaben vorliegen, bezeichnen ihren Pfingstverkehr als sehr günstig, so gar als besser gegenüber 1911. Tie Teltower .Kreisbahnen wurden am Pfingstsonntag von 98.679 und am Pfingstmontag voll 99,728, zusam men von 78,117 Fahrgästen, benutzt. Auch der Tampfervcrkehr war infol ge des heiteren Mailvetters verhält nißmäßig stark. Tie Teltower Kreisschiffahrt erzielte, obwohl sie nur mit der Hälfte ihrer Schiffe sah reu konnte, mehr als die Hälfte der Einnalnne des Vorjahres. TieStern- Tampser - Gesellschaft beförderte an den drei Feiertagen rund 220,000 Personen. Insgesammt haben die Groß - Berliner privaten Verkehrs unternchniungen in den Pfingstta gen rund acht Millionen Menschen befördert. Tie V c r l ll st l i st e. In ei nein Berliner Theater ist während der Kriegszeit die Gage auf die Hälfte reduzirt. Am Zahltage quittiren die Mitglieder dem Kassirer das empfan gene Geld. Ter alleweil fidele Ka pellmeister empfängt seine Gage, ohne zu quittiren. Ter Kassirer ruft ihm nach: „Sagen Sie, Herr Kapellmei ster. wollen Sie nicht quittiren?" „Na. gut, dann langen Sie mal die Verlustliste her! "