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2 Mit ciiikm Rcittrcorps durch Kurland und Litiiik. Anschnnlichr Schilderung des bekannten Berliner Ivnr.,listen Dr. Paul Michaelis im „Berliner Tageblatt" vam 110. Inli. Tilsit, 27. Just. Die letzten beiden Wochen tonnte ich den Bewe gungen ant dein linken Ilügel der gewaltigen, von den Ausläufern der Karpolbcii bis ;nr Ostsee reichenden Front folgen, der wieder gegen el- waigc Aiigristsversiiche von der Lee- j feite durch starke Flottentroste ge- j sichert wird. Diese ganze riesige Li nie ist in beständiger Bewegung, st cuisbörlicti werden die Truppen lün uiid bergeichoben. werden Verstär kungen heraiigetübrt. Munition und j sonstiges Material in endlose Ko- tonnen nach vorn gebracht, die Stel lungen ausgebaut und durch starke rückwärtige Tchntzbesenigiingeii gegen alle Wechsel-olle des Krieges gencliert. Nirgends gewinnt in.-' einen so le bendigen Eindruck von dem Wort des griechischen Weisen, das; sich die Dinge in einem beständigen Fluß befinden, wie ninnittelbar hinter der Front. Es ist ielbnveriiäiidlich. daß bei all diesen militärischen Vorbereitungen und Sicherungen der eigentliche Zweck, de Feind niederzuringen, keinen Mo ment aus den Augen verloren wird. Wo immer sich die Möglichkeit bietet, an dein einen oder anderen Punkt die Front zu verbessern und die deutsche Linie vorzurücken, da wird von ihr ein sebr nachdrücklicher Gebrauch ge macht. Aber zugleich stehen die krie gerischen Aktionen an der ganzen lau gen Front i einem sehr engen Zu sammenhang. Der einzelne Truppen führcr. so frei er in der Durchfüh rung des ilim gegebenen Auftrages ist, ist deshalb nicht weniger gehalten, sich dem Rahmen der allgemeinen Operationen cinziisügeii. Er muß Fühlung nach rechts nd links halten. So kommt cS. das; der Laie bisweilen ous den, Gestibl des angeblichen Bei serwissens bcians den Kopf über die scheinbore stiilhätmEit an einzelne Theilen dec Front schüttelt, die doch in Wirtlichkeit durch d-e allgemeine I strategische Aufgabe bedingt und nothwendig ist. lind gerade, wenn man in die Vorgänge an der Front! Einsicht zu nehmen Gelegenheit hat. , dann ertennt inan ent, deß die bis herigen Er-olge. eenen sich l-ostentlich auch weitere anschließen werden, durchaus nickt oder dock in den i seltensten Fälle einem unwiderstch-! lichen Dranfgängcrthiun zu verdau ken sind. Die Imvrovi'Zion ist die § Ausnahme. In der Reget ist die mi litärische Initiative an die sorgsäl-, tigste Vorbereitung acknüpst. Es wird, soweit es im mensch.ichen Ver mögen siebt, alles berncksichstgt, gegen alle Wechselsälle Vorkehrung getrost! sen. Eine stiisimime von Arbeit lei-' tet jeden einzelnen V> cstos; ein, und ost ist der Erfolg schon in dem Au-, genblicklich entschieden, in dem für den oberflächlichen Beobachter die eigent liche kriegerische Handlung erst ein- j setzt. Der militärische Führer sieht die Frucht bisweilen Wochen und Mo nate lang verlockend vor sich, aber er j läßt sie ruhig reifen. Erst wenn die richtige Stunde gekommen ist, streckt er die Hand nach ihr aus, und da fällt sie ihm ost fast von selbst in den Schoos;. Ans diesen Erwägungen ergibt sich, daß sich der Zeitpunkt des militäri schen VorschrestenS nur selten ans längere Zeit vorausbestiiiuiien läßt. Für den militärischen Führer, wie für den Kriegschronisteii ist eine der nothwendigsten Tugenden die Ge duld. Aber wer warten kann, Der wird dann auch entschädigt. Auch auf dem linken Flügel der deutschen Li nie in Kurland und Russisch Litauen! hatte einige Monate scheinbare Ruhe I geherrscht. Ende April hatte der kühne Vorstoß im Nordosten eilige-! seht. der vom N seinen bis zur Ostsee! reichte. Schon am 8. Mai zogen! deutsche Truppen in Liba ein. Vor-, her noch, am llst. April, wurde das brennende Schanlen genommen. Die Kavallerie ging weiter aus der gro ßen Reichssiraße über laiüschti vor und gelangte bis luiinittelbar a Mi tau heran. Aber starke von Kowno herangezogene russische Truppen setz ten dem deiltschen Vorstoß ein Ziel. Tie Tubissalinie bildete die Grenze, an der sich der seindtiche Angriff brach. Im Westen wurde Libau ge halten und die Wei'Gluüe in Fort-, sctzung der Front an der Dubissa be-! hauptet. Später, im Juni, wurden dann die Dubissa an einzelnen Stel-! len überschritten, und auch an der Wenta feblte es nicht an einer gele gentlichen Offensive. Aber im Allge meinen bezeichneten diese beidcMFlüsse den nordöstlichen Abschluß der deut scheu Stellungen. Ein schöner Tbeil Kurland's nd Litaiicii's stand bereits unter deutscher Bolniäßigteit, aber der schönere Rest wurde noch von den Rüsten behauptet. So lagen die Dinge bis in denluli liinein. In Wirtlichkeit wurde iväb rend der monatelangen Panse sebr eiiiig gearbeitet: die deutschen Stel lungen wurden ausgebaut und ver stärl t, aber die Einzel beiten dieser Vorbereitungen für eine weitere Oi > iensioc entzogen sich dem näberen - Einblick. linmer wieder vernahm mnii die lakonische Meldung: „Ans > dem nordöstlichen Kriegsschauplätze ist die Lage unverändert," Um so verbeißnngsvoller erschion mir die Weünng ans dem Haiiptynartier,, mich zu einem durch Infanterie und Artillerie verstärkten Kavalleriecorps ans dem linken Ilägel zu begeben und im Anschluß an den Stab des Eorps den Truppenbewegungen zu folgen. Tiefe Reitel-abtbeilnngen bat ten bereits große Leistlingen ans; weisen. Sie waren zuerst im Weste gewesen und bis in den Südosien von Paris gekommen. Später wa ren sie ans den polnischen Kriegs schauplatz geschoben worden und har ten die Umzingelung und den glän zenden Tnrchbrncli be! Brzcziny mit gemacht. Tann waren sic nach Mi ta vorgestoßen und batten nun lau ge schwere Wochen an der Wenta bei Klii-sckiaiui und Povelyani zugebracht. Gerade bei einem Kavallcriccorvs konnte man liessen, ans dem Stel lungskriege herauszukommen und ei nenßeivegnngskampf mit zu erleben. Und diese Erwartung erfüllte sich in vollem Maße. Wie der weitere Ver lauf des Unternehmens zeigte, war ün Nordostcn och Raum sür nscre Kavallerie. Sie konnte den thot sächlichen Beweis führen, das; sie auch? im heutigen Kriege unter bestimmten ' Verhältnissen noch Ausgaben zu er füllen bat, die von den übrigenTrnP pen nicht oder doch nicht mit solcher Wucht und Schnelligkeit gelöst wer den können. Wenn es in Kurland und Litauen gelang, den leind mür be z machen, ihn gleichsam todt ;u manövrircn und ihn so ans seinen Stellungen hinauszudrängen, dann fällt dabei ein großer Theil de? Er folges den reitenden Truppen zu. Wie eine Windsbraut fegten sie über das Land, störten den Gegner im mer wieder aus, hefteten sich an seine Icrsen nd ermüdeten ilm in einem Maße, daß er schließlich in regellost-i- Iliicht sein Heil suchen mußte. Aller dings soll nicht übersehen iverden, daß der Kavallerie auch Grenzen ge ! setzt sind. Im lußtamps ist ibr Ge sechtswerth nothwendig geringer als derjenige der Infanterie, schon weil mehr als die Halste der Mannschaf ten zur Bewachung der Pferde z rückhlciben ins;. Das durch starke, wohtailsgehante Stellungen geschütz te Milan tonnte nicht überrannt werden. Hier haben Infanterie und schwere Artillerie das entscheidcnde l Wort z sprechen. Am Sonntag, 11. Juli, verstoß ich Tilsit, uni ans dom schon bekannten Wege über Memel zunächst Libau zu ! erreichen. Tie Mcnielniederiing ein schließlich Tilsits stand imZeichen der Heucriidte. Schwer beladen schwank ten die hochgetbürniten Inder über die große Linsenhrücke, und wohin man kam. überall war die Luft nm dein betäubenden Gerüche frischen Heues erfüllt. War auch die trockene Wärnie der Erndtc nicht besonders ' günstig gewesen, so war doch die Menge nicht gering nd die Dualität : vorzüglich. In der Nacht ;uin Sonn tag ivar endlich auch ein ergvickendcr Regen niedergegangen, der eine Pe riode seilchter Witterung einleitete, : die beste Verheißung für die dnrsten ' den Getreidefelder. Liba selbst, das am Abend erreicht wurde, bot das gewohnte Bild, nur war es in der Zwischenzeit, in der ich es nicht gesehen hatte, noch mebr ausgeblüht. ! In den Straßen herrscht jetzt ein re j ges Treiben, nd auch der geschästli j che Verkehr scheint sich gehoben zu ha iscn. Im Hotel Petersburg bekam ich mit einem Berufsgenossen zilsam men die letzte Zimmer. Sonst war altos von Oüizieren der verschieden sten Waste besetzt. Besonders wa ren die Herren von der Marine sehr zahlreich. Eine nicht unbeträchtliche Kriegsflotte lag Theils im Hafen, Theils ans der Reede und wartete dor Aufgaben, die ihr die nächsten Tage bringen sollten. Ta uns noch ! Zeit blieb, so benutzten wir den Mon- tag, um uns die Stadt noch genauer anzusehen, die zerstörten Strandbefc sliglingen zu bejichtigen und bei dem herrlichsten Wellengang ein Bad in der Ostsee zu nehmen. Vor Allem besuchten wir die Marine - Käthe drale mit ihren fünf Kuppeln und dem vergoldeten Glockenthurm. Sie liegt ebenso wie die sie umgebenden Marinegebäude jetzt völlig verlassen da. aber die deutsche Verwaltung hält sie in sicherer Hut. So blieb sic von den Kricgsercigiiissen unberührt. Ter „Der Deutsche Korrespondent", Baltimore, Donnerstag, den l!>. August INI.'. Eindruck des Inner ist in seinen cd len Abmessungen und in seiner sun tetnden Pracht außerordentlich. Es strahlt von Gold und edlen Sleinen. Eine verschwenderisch verzierte Bil derwand mit zahlreichen in kostbare > Rahmen gefaßten Heiligen - Bildern, ! trennt den Hatiptramn von dem Ai lerbeiligsten mit seinc-m riesigen Al tar, ans dem ein prachtvoll gcbnnde nos Evangelieiibnch liegt. Millionen und Abermillionen sind in diesen Bau lnneingeneckt worden, der >' zwecklos dasiebl. Tasnr hat dasGeld ziini Ansban des (kriegshasens offen bar nicht gelangt ancb ein .'eichen rnssifcher Wirllncba't. ! Am Dienstag ging der Weg in öst licher Richtung iiber Grobin nach Am-. boten, >vo wir den Stab unseres , Korps finden sollten. Hier erst lernt j ! man Kurland wirtlich keimen. Es ist ein herrliches Land, mit tast durch ! weg fruchtbarem Boden und dabei landschaftlich von hohem Reiz. Ten Schwaben erinnert die Gegend an den Schwarzmaid, den Mitteldeut scheu an die Vorberge des Harzes und Thüringen'S. In jedem Falle wirkt sie beimathlich. Wohin man blickt, siebt man Wasser, bewaldete Hügel, fette Wiesen und Aecker in rei cher und entzückender Abwechselung. Und durch das ganze Land sind die stattlichen Herrenhäuser zerstreut, die bisweilen einen schloßartigen Ein druck machen. Ich hatte Gelegenheit, eine große Zabl davon z sehen. Am Hause ist gewöhnlich nach vorn ein Blumengarten, nach rückwärts ein Park. Weiter folgt eine große An-! läge für Obst und Gemüse, oft mit prächtigen Gewächshäusern. Die j - Wirthschaftsgehäiide, Ställe und! ! Schennen liege rings herum in er heblichem Abstande. Immer ist ein Teich in der Nähe, oft ist das ganze j Gut von Wasser ningebeii und hier j j und da zeugen Ruine davon, daß hier einst eine feste Burg gestanden hat. In solchen Gutshäusern ist leicht Unterkunft zu finden. Sie sind sehr ! geräumig und enthalten zahlreiche! Wohn- und Schlafzimmer, eine noth ! wendige Voraussetzung der liier üb lichen und durch die Verhältnisse ge- > botenen Gastlichkeit: denn die Wegi st,,d weit und an Bahnen mangelt es fast gänzlich. lask durchweg findet man in den Herrenhäusern deutsche Bücher und Zeitschriften, ost statt liche Bibliottzeken. Wohin uns unser Weg auch führte, überall traf inan ans deutsche Besitzer oder doch deut-' sche Nmiic-li. v. Hahn, u. d. Recke, v. j ! Mantenfsel. (kaiil und wie sie Alle heißen. Ans dieser Herrenstellimg der Teutsche,, erklärt sich auch der ! wehr wirthschastliche als nationale Gegensatz zwischen ihnen und der Masse der lettische LandbevöUerimg. Jetzt allerdings sind die Gutshöfe fast alle verlassen. Tie Russen haben die Besitzer abgeschoben. So wurde in Rigrandeii an der Wenta erzählt, das; der deutsch baltische Gutsherr, obwotzt seine beiden Söhne Offiziere im rus sischen Dienst sind, fortgeschleppt und wohl orniordot worden sei. Einen ' j ähnlichen lall erlebten wir einige 'Tage später. Ein russischer Garde Dragoner wurde eingebracht: ein ein : jähriger Unteroffizier, der zu seinem Vater, einem baltischen Oberförster, beurlaubt worden war. Vater und : Soh waren von den russischen Trup pen gefangen genommen und in eine > Scheune eingesperrt morden, nm spä- ter abtransportirt zu werden. Tie Deutschen kamen ihnen zuvor, fanden j beide in der Scheune, ließen den Va ter frei und nahmen den Sohn ge fangen, der kreuzunglücklich darüvcr war, das; ihn nun sein Regmient als ! Deserteur betrachten könnte. So wü j theil die Russen auch gegen solcyr! Deutscbe, deren Söhne ans riissischer Scite tämpsen, ja gegen russische Os ! siziere und Mannschaften deutscher Abkunft: sie werden massenhaft abge schoben. Auch sonst ist mit den Her renhäuserii, soweit sie überhaupt och stehen, nicht glimpflich verfahren wor den. Zum größten Theil sind sic von den russischen Truppen in solchen Jollen sagt ma immer: von den Ko snken gründlich ausgeplündert worden. Alle Thüren und Schränke sind erbrochen, alle Kästen durchsucht, die Bücber auf den lußboden gewor fen und zerrissen. In manchen Zim mer lag das Gerümpel fußhoch, so daß sie erst einmal gründlich gesäu bert werden mußten, um sie einiger maßen bewohnbar zu machen. Dann ästig es bei bescheidenen Ansprüchen. Bettstellen und Matratzen gab es ge wöhnlich in ausreichender Zahl, aber natürlich weder Decken und (rissen, och Bettwäsche. Daraus muß ma:! verzichten. Man lernt es auch bald. Um so schwerer wird es, die Aiisprü cbe an die Sauberkeit einzuschränken. Auch daran gewöhnt sich der Mensch, wie nicht bloß von den Maiiiischaftcn, sondern auch von den Offizieren ver sichert wird. Und vollends lernte man die turländische Kultur schätzen, als es nach Lilbauc hineinging. Hier mußte man schon zufrieden sei, wenn man ein Bündel Stroh oder Heu j fand, und es kam auch vor, daß inan Im Kricg'liuartier des Grasen Häseler. ' Der ölte „Tiger von Metz" floßt den I-rnzosen in den Argonnen immer noch lurcht ein, trotzdem der nlte Hnndegen nur „Schlachtenbummler" ist. Großes Hauptauartier, ll l. Juli. Bei'ni Besuche der Argonnenfront hatte ich Gelegenheit, dem General leldmarschall Graten Haeseler, der hier seit Beginn des Kanones weilt, meine Aufwartung zu machen. Der greise Krieger wolmt mit feinem Ad jutanten in einem niederen, von ur alten Bäumen be'chaltelen Landhäns cyen. das so klein ist.das; es fast be > drückt wird durch das deuliche Lchil- l ! derhau? und den langen Grenadier, der vor seinem Zaun Posten sieht. > ! In einem beinahe ärmlichen Raume ! wohnt und arbeitet der Generalfeld- uiarschall, und doch konnte man sich denken, daß er, der immer ganz in der Pflicht aufgegangen ist, dieses re gensichere Dach und sein leldbett ebenso gern mit einem Unterstände im Walde vertauschen und daß man auch dann von der Umgebung nichts sehen würde, da dieser alte Held seine Welt mit sich trägt und jeden Platz durch feine Anwesenheit adelt. I der feld grauen Uniform seiner l l. Ulanen, die alle Verwitterungsspuren de? -Krieges zeigt, in Reitboien und Reit l ! nieseln, empfängt der Generalfeld- uiarschall seine Gäste. Straff hält er seine hohe, schlanke, nicht von der Last der Jahre, aber von den Wunden früherer Kriege etwa? gekrümmte Ge stalt aufgerichtet, und in dem von der - grauen Löwenmähne umwallten, zart j geschnittenen Künstlerantlitz blitzen die Augen in starkem Jener, blitzen noch Heller, wenn er von den Leistnn ! gen unserer Truppen redet. Er plaudert wie ein entsagender Philosoph, der es als tragischesScknck sal empfindet, daß der Krieg für Uw > zu spät gekommen ist, um Um noch' an eine Stelle berufen zu können, wo er im vordersten Gliede dem Vater- j lande dienen könnte. Er läßt keinen! Zweifel darüber, das; er sich als Ver- . treter einer früheren Kriegergenera- j tiou fühlt und das; der moderne Stel luugskrieg nicht nach seinem Ge schmack ist. Düppel, Königgrätz und namentlich Vionville, da? sind für ihn die großen Eindrücke seines Lebens gewesen. „Sedan war eine große Entscheidung, als solche kolossal, aber j als Schlacht nicht so bedeutend wie l Vionville. WaS. früher eine leld fchlacht genannt wurde, kommt heute nicht mehr vor." Dabei ist er aber voller Anerkennung tür die jetzige Kriegergeneratiou und freut sich, daß die Teutschen als Soldaten durch mehr als vierzig Iriedcnsjahre nicht verdorben, sondern ihrer Väter von 1870 werth geblieben sind. „Eine kolossale Courage gehört zu dem Schiitzengrabenkrieg, die kann man der modernen Kriegcrgencration nicht abstreiten. Es gebort viel mehr Muth dazu, im Schützengraben zu liege, wo einem jeden Augenblick jo ein Ting auf den Kopf fallen kann, als in früher leldschlacht, ein großes Siegesziel vor Augen, sein Leben Leben auf's Spiel zu setzen." Die taktische Ausbildung komme im Stel lungskriege nicht mehr so in Irage wie 1870, aber die Bravour ebenso. Nur war früher der Krieg eleganter. Nachdenklich spricht der Generalfeld marschall ein außerordentlich treffen des Wort: „Tie Geschichte dieses (krie ge? wird sehr schwer zu schreiben sein, und langweilig zu lesen." Er er innert daran, was sür schöne Bilder der Krieg von früher vor Augen führte, Bilder, die sür die Ewigkeit j Eindruck machten. Er denkt an die i.Kavallerie-Attacken, von denen wir j 1870 so schöne Beispiele gehabt ha ben. Tie Leistungen der Iranzoscn im Stellungskriege finden durchaus ge rechte Anerkennung bei dem großen Kritiker. Sic fangen an, nach seiner Beurtheilung, sich jetzt ein bischen besser zu schlagen. „Aber wenn wir hier im Westen in Bewegug komme werden, dann sind wir einfach im Zuge und dann wird das Einbud dein nur noch vorübergehend möglich sei. Tann sollen die Iranzosen in der leldschlacht zeigen, ob sie noch die alten sind, als die wir sie 187> ken en gelernt haben, und als die fie uns in der napoleonischen Zeit theil weise überlegen gewesen sind." Auf den Einwand, daß die Iranzosen ge rade aus der angeblichen Schlacht an der Marne ihre bisherige Siegeszu versicht schöpfen, entgegnet Graf Hae den schmutzigen lußboden irgend ei es übel riechenden Loches als Lager benutzen mußte. Dafür liegt ein ei gener Reiz in dem beständigen Wccb sel des Ortes und in dem Vorgehen in's Unbekannte, in's Märchenland, besonders, wenn es sich als so ab wcckckelungsreich wie Kurland dar stellt und wenn damit das Bewußt fein verbunden ist, von Erfolg zu Er folg zu schreiten. selcr, das; diese sogenannte Schlacht j schon der Anfang der „Buddelei" war. Diese „Buddelei" erregt das unver. ' holilene Mißvergnügen des alte Ka vallerislen. Selbst für ein Kavallerie- Regiment spiele sich der (krieg in der Forni ab: Ansniarsclnrt, ausgeruht, die Schützengrabenlöcher. In dem, ganzen Jahre habe er die (kavallerie nur selten in größeren Verbänden, l aber nie im Galopp gesehen. Die ! Zeiten seien anders geworden. Selbst ! den General träfe man heute selten ' zu Pferde und desto öfter am Tele- Phon. > Als das Gespräch darauf gebracht' wird, erzählt der General Feldmar schall mit lustiger Laune, wie er da zu gekommen ist, in diesem (kriege persönlich einen Gefangenen zu ma che. „Ach, der arme (keil war wohl übermüdet. Er folgte sehr gnkmü j tlüg. Die Geschichte hat mir viel Spas; gemacht und kam meiner Or donnauz, einem netten, kleinenlllan, den ich noch habe, sehr zu Statten. Das war bei Montfaucon im Sep i tember." ! Mit einigem Schmer; kommt Graf ' Häseler auf die von ilim sehr bitter eiupsimdeiie Thatsache zurück, daß er, dessen Lebenszweck cS war, daran mitzuarbeiten, daß deS deutschenVol tes Wehr so blank und stark für den (krieg geblieben ist, schließlich zu alt zum Heerführer war. „Für ciuEom ! liiaudo war ich zu alt, aber zu Hause tonnte ich nicht bleiben. Ich fürch j lete schon, sie wollten mich gar nicht - mitnehmen." Da habe er im letzten Moment den (kaiser telegraphisch ge ! beten, ihn seinem alten Armeecorps ! zuzutheilen, und das habe SeiueMa jeslät umgehend sehr liebenswürdig gethan. „So bin ich das geworden, was man 1870 einen Schlachten bunmiler nannte." Aber er ist ive ! nigslens mitten im (kriege, mitten ' unter seinen alten Soldaten, iw das empfindet er doch als ein großes Glück! Es wird davon gesprochen, wie trefflich sich der Ausbau der Festung Metz bewährt habe, de? Bollwerkes, an das sich der Feind nicht von Wei tem heranwagen kann. Ter Graf > liebt sei Metz. „Nach dem (kriege ! will icb in mein friedliches Metz zu ! rückkehren." Er hofft nur. das; das ! Iriedenmachen nicht so lange dauern I werde wie der Krieg selber. Aber er erinnert daran, das; 1870 die Iran zosen zuerst auch einen sehr großen Mund hatten und dann immer klei ner wurden, bis sie sich zu einem Irieden herbeigelassen haben, den wir freilich für günstiger gehalten hätten, als er war. lind wie hätten sich auch darin die Zeiten geändert! Heute bedentcuTunmien, die uns da mals ungeheuer groß erschienen, nnr noch wenig. Hoffentlich werden ivir zum IriedenSschliisse wieder einen Bismarck haben, der die Iriedensbe düigungcn nur so ans dem Aerme , schüttelt! i „Vielleicht gebe ich, wenn wir hicr ferlig sind, nach Waterloo, wenn ich" und ein Lächeln umspielte den schmalen Mund de? General - leld marschalls „erst mal endgültig ! weiß, wem e? gehört. Tort will ich i das Gedächtnis; des alten Blücher feiern." - Graf Häseler führt im Kriege das Leben, da? er stet? gewohnt war, d. b. das des einfachen Soldaten, nt dem Unterschiede vielleicht, daß er sich weniger Schlaf gönnt und sich nach mehr zimiuthet, als der gemei ine Mann. Täglich steigt er zu Pier- Ide und reitet vorn nach den Stel ! langen und besucht die Leute in den Schützengräben. Bei seinem wun l derbaren Gedächtniß erkennt er jeden! seiner alten Soldaten wieder, nimmt Antheil an ihren kleinen und großen Sorgen, überrascht sie durch die ge naue Erinnerung an gemeinsame, zuweilen weit zurückliegende Erleb nisse, und ist in allen Stücken der > alle Gottlieb geblieben, wie ihn seine Soldaten zärtlich genannt habe., lind wie ehedem würden alle für ihn j durch's Jener gehen. Nicht weniger vollstbümlich freilich ist sein Name bei den Iran zosen geblieben. Nicht selten hört ma von sranzöüschcu Oie sangenen, das; sie erfahren haben,, (((ras Häseler sei ihnen gegenüber bei den deutschen Truppen in den Argon neu. lind mit einer fast abergläubi scheu lurcht zittern sie vor dem „Ti ger von Metz." wie der Icldmarschall . noch heute schaudernd im französi schen Heere genannt wird. W. Scheuermau. Kriegs - Berichterstatter. Abounkntril, die den „Deutschen Eurrrspondeiiteil" nicht pünktlich oder ! unregelmäßig erholten, sind gebeten, > der Tffice davon per Telephon oder schriftlich Mittheilung zu machen. l Ein Aristokrat unter den Gemüsen. j Von E. S ch e n k t i n g. Nimmt man das Preisverzeichnis; eines Handelsgärtners zur Hand, so ! wird man sich wundern über die an sehnliche Seitenzahl, die dem „Ge müse" gewidmet ist. Unter diesen nimmt wieder die Aufzählung der (iohlarten den stattlichsten Raum ein. Tenn die zahlreichen (kohlsorten mit ihren stärkemehl und zuckerhaltigen Blättern bilden ein wichtiges Nah rungSnüttel für Menschen und Thiere aller jenen, mit Ausnahme der äquatorialen und Tropen jone, wes halb ihre (tultur über die größere Hälfte der Erdoberfläche verbreitet ist. Dabei ist die (kultur des (kahles uralt, denn schon Juden und Egvpter Pflanzen ihre Kohlgärten. Bei den Griechen stand der (lob! in hohen Ehren, war er doch nach Pytbagoras I ein „den Menschen zuträgliches Ge müse, das ihn bei heiterem, ruhigen Sinn und Muth erhält." Also könnte inan allen Hypochondern zurufen: „Eßt (kohl!" Auch der Römer Eato nennt den (kohm das beste Gemüse. ! Und aus altrönüschen hortikologischen Schriften erfahren wir. das; man dort bereits zwei Arten (kohl im Großen anbaute, unseren Savover (kohl und (iopfkohl. Außerdem kannten die Römer schon den Braun und Grün kohl: vom rothen (kopfkohl aber schei neu sie noch nichts gewußt zu haben. In Deutschland begann dessen Anbau unter (karl dein Großen. Durch eine tausendjährige (kultur sind eine Un menge von Abarten entstanden und ein Schatz alter Haushaltungen ge worden. Und in der That dürfte es I kaum eine zweite Pflanze geben, die ! so zahllose Variationen für die (küche darbietet. Nach den Analysen lohnston's ent hält der (kohl :iO bis :kö Prozent (Ue ber, ein Bestandtheil des Zellinhalts. Er ist daher nährender als irgend eine andere Pflauzenspeise, die in größeren Mengen von Menschen und Thieren verzehrt wird. Daß er an derrrseitS, wie alle kloberreichen Nah rimgsmittel, einen verdauenshem lenden Einfluß aus die menschliche Konstitution ausübt, ist bekannt. Da her ist es wie bei Erbsen und Bohnen geboten, den (kohl mit Speck und Schweinefleisch zu kochen, um ihm diese Eigenschaft zu nehmen. Auch hier zeigt es sich also wieder, das; eine derartige Speisebereitung ihre Be liebtheit weder dein Herkommen, och j bloß dem Geschmack des Epikuräers: verdankt, sondern aus der Erfahrung hervorgegangen ist, „daß der (kohl, in dieser Weise zubereitet, der Ver daiiung am zuträglichsten sei." Während also die meisten Blatt kohl Arten und (kopskohl Arte in Deutschland seit (langem bekannt wa reu und einen guten Theil der Be völkerungsnahrung in Stadt und Land ausmachten, ist eine (tohlart. nämlich der Blumenkohl, erst am En- j de des i ".Jahrhunderts nach Teutsch land gekommen. Nach allen botani scheu Urkunden stammt er als natür liches Produkt von der Insel Cypern. Gesner, der berühmteste Botaniker des Mittelalters ter starb 15>G). nennt ihn in seinen naturgeschicht lichen Schriften noch nicht und zu An fang des 17. Jahrhunderts war er noch selten. In Belgien scheint er allerdings früher bekannt gewesen zu! sein. Elusius, einer der kenntniß reichsten Botaniker jener Zeit (gestor ben <!0!l als Professor der Botanik zu Leyden, beschreibt und bildet ihn in seinem Werke als „Ehou.r de Eyprc" ab, fügt auch den römischen Namen „Brassica Poinpejana" hin zu. Nach anderer Lesart soll der Blumenkohl am Ende des 1(i. Jahr Hunderts nach Deutschland gekommen sein. In einem botanischen Werke, das uni die Mitte des 17. Jahrh derts erschien und auch einen Holz ! schnitt von der Pflanze bringt, ist vom ! Blumenkohl zu lesen: „Die dritte Sorte wird gewöhnlich von den Ita lienern Eanlifores genannt. Sic war den Alten unbekannt, zum wenigsten wenn es nicht der Ehon pompeien war, von dem Plinius schreibt, daß der Stengel zwischen den Blättern ' sich ausbreite. Man kann ihn auch j Chon cnprien nennen, denn man: i bringt den Namen von der Umwelt l Evpern her. Er reift nirgends an , ders. denn diese Varietät ist sehr nm pfindlich gegen die (kälte und ver langt einen milden Himmelsstrit wie Enpern." Eypcrn ist bekanntlich ein ' Fleckchen Erde, das einen enormen , Reichthum an merkwürdigen Ptlan zen darbietet. Es ist auch heute noch im Besib des schönste Blumenkohls. ! und zu bedauern ist es, das; wir im Handel nicht mehr von diesem vor - trefflichen Samen erhalten. Nach Frankreich soll das Gemüse - zu Ansang des 17. Jahrhunderts aus , dem Trient gekommen sein; nur durch große Mühe und Sorgfalt gelang seine Akklimatifirung. Natürlich macht hier auch England ein Priori ! tätsrccht geltend. Nach einem alteng ! lischen Gartcnbuch soll das Gemüse - j von Enpern direkt nach dem Insel- * reiche gelangt und von da au - zu An stuig de-.- 17. lalirln,uderts über den Eontinenl verbreite! werden sein. Zn dieser .'seit war die Blumentoblkustnr in England scheu ansgedelnilcr gc iverden und batte sich auch verbell koinmnet. (sine vollständige llninol zung in der Knllur brachten die bei ländische (Gärtner mit. die sich nach der Revolution neu UIBB i England niederließen. Tie Engländer waren gelehrige Schüler, und se ivurde der englische Blninenkohl der bevor uw teste in Europa. Bio zni' :',eii der französischen Revolution ervertirte England einen großen Theil seiner Ernte nach Teutsch land und sogar nach Holland, da er scheuer lvar als der dvrt gebaute, wie ja nach beute der Blumenkohl aus der Umgebung Londons einen sehr guten Ruf bat. der nicht in der Art der Pflanze be gründet ist. sondern in der Sorgfalt, mit de>' die holländisch englischen Gärtner dieser- feine Gemüse Pflegen. In beiden Ländern gebort er zu dem Besten, war- es für die Taicl dort giebt. In Teutschland wurde die Blumen kohlkultur zuerst im Süden betrieben und scheinbar mit gutem Erfolg, denn cs wird berichtet, daß die llliner Gärt ner sich schon um 1G!0 großes Ber dienst darum erworben batten, und als besonderes Ereignis; wird hervor gehoben, das; um l>:'7 eilt Karvio! von l fö Ellen im Unifange und 8E Pfund schwer gezüchtet worden war. Allmählich fand diese Kultur ihren Weg auch nach den nördlichen Theilen Teutschlands und heute fehlt der Bln menkohl in teineinKücheiigarten. Unsere gesammteu (lohlarten sind entstandcll aus dem aut Helgoland und auf den Kreidefelsen Rordiran! reichs und Englands seht noch wild vorkommenden Gemusekobl, dessen ästiger, holziger Stengel durch eine Jahrtausende hindurch fortgesetzte Kultur seine zähe Pslawzcufaser ver lor, iväbrend gleichzeitig durch Abla gerung von Ztärtemeiil -und Linker die l>arte Substanz zarliletschig wur de. Vollzog sich diese Umwandlung in der Gipfelknospe, so entstand der Kobtfopf, beförderte sie die Wache ruug des Zellgewebes in den Blät lern, jo bildete sich dkirWirsiiig. Be schränkte sich die Wucherung auf den Rand der Blätter, so gab es den Krauskohl. Ging die Nahriuigsz fuhr vorwiegend den Seitenknosven des Strunkes zu. jo gab sie dem Ro senlohl das Dasein. Fand die Abla > gerung von Zucker und Stärkemehl besonder-.- in der Blüthenachse stall, so entstand der Broeeoli oder Spar gelkolil. Und im Blumenkohl wurde der ganze Blütbenstand in markige Substanz verwandelt. Wenn wir oben das Ehon vom Peine erwähnten, so kann es nach der gegebenen Schilderung, vielleicht eine Art des in TUalign.beliebten Broccoli gewesen sein. Es wird behauptet, das; sich der Blumenkohl je nach dem Bo § den zum Broccoli gestalten und wie der zurückgeführt werden könne, so bald der Boden danach ist, Tie üp pige Erde treibt die einzelnen Bin mensüele mit ihren .(knospen in die Höhe. Broccoli heisch Spihe. Gipfel.) Während also hcim Spargel kohl die fleischig gewordenen Spitzen ähnlich den Spargelsprossen getrennt empor schies;eu, bleibt bei jener Art die Bin me beisammen. i Es ist hier nicht der Ort, Ratyschlä ge für die Blmnenkohlzncht zu geben. Tiefes Gemüse verlangt nur aller beste Boden, dazu fleißiges Gießen und Spritze, da es nur in feuchter (bist gedeiht: ohne Gies;en ist selbst ein inittelniäschger Erfolg nur bei warmfeuchtein Wetter möglich. Nach der Aussaat unterscheidet man frühe und späte Sorten, Zn jener gehört der „Eniirtcr Zwerg", der, im Fc bruar gesät, im August, und im Juni gesät, im TUeber verbrauch-Ssähig ist. j Eine frühe Treibsorte ist auch der '„Schneeball". Tie Benennungen: Algier, asiatischer, cirischer, kapischer. englischer, holländischer, französischer usw. Blumenkohl, die wir hier und da lesen, sind nicht auf die.Herkunft der Pflanzen zu beziehen, sondern nur insoweit bezeichnend, als die eine Sorte hier, die andere dort besser ge ' zogen wird und besser gedeiht. Tie j wirklich beste Sorte läßt sich nicht be klimmen: man ms; versuchen, welche der Lertlichteit am angemessensten is>. Ter italienische Stiesel. Weil Deutschland ihm nicht den (krieg erklärt. Ter Italiener sich heftig beschwert: Er will nicht mit Oest'rcich im Streit nur liegen. Er will auch von Deutschland noch (teile kriegen, j Sein Land auf der Karte sieht man cs leicht ! Seit alter Zeit einem Stiefel gleicht, , Und Stiefel müssen, wer möcht' es bestreiten? Ihre Wichse kriegen von allen Seiten. P rotte u s. Ationnciitc, die den ..Teutsche Euere spondenten" nicht pünktlich oder unrrgel mäsiig erkalten, sind aebeten, der Ottiee davon per Telephon der schriftlich Mit theilung zu machen.