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2 U!: tlrlnd. UrMhlung Nie- (3. Fortsetzung.) „Ja, ja, es sind genua Geschichten j aus alter Zeit in den Mannsckasts Kajütkn im Umlauf. Aber will einer . richtige Nordseegcsckickten hören, so muß er auf den Fischkuttern draußen aus dem Dogger sichren. Ta baben sie des Abends und des Nackts die Menac j zu erzählen und zn munkeln, wenn ue mit den Laternen am Mast vor Anker, reiten." „Bernt, komm hierher mit dem Glas des Lotsen," sagie Madam Kristensen,! „er trinkt ja fast nichts." Das war eine indirekte Aussorde rung, zu erzählen, die der Lotse gar wohl verstand. Nach einem Schluck aus dem gefüllten Glase räusperte er sich und begann: „Na denn! — es war so gekommen,! daß ich ohne Schiff drüben in Deal war. und da fiels mir ein, daß ich mich ja ebensogut bei einem Fischkutter ver heuern könnte, um zu sehen, was sie auf dem Dogger trieben. Sollte einer all dem Schnack glauben, so gab es dort draußen seit der Zeit, wo die Holländer undEngländer sich da -rau sten rauften und balgten, und keiner nachgeben wollie, mindestens ebensoviel Geister wie Fische. Bald trug dieser,bald jener denSieg davon. Einmal verloren die Englän der die ganze Flotte mit Mann und Maus unten auf Grasbank, und der Holländer zog mit Reisigbündeln am Maste die Themse hinauf. Das hieß soviel, als daß die ganze See nun rein gefcgt sei. Dann wieder griffen die Engländer an, und soviel der Holländer auch uni sich biß — und er tat es sattsam —, so war er doch zu schwach und mußte sich darein finden, vor jedem englischen Orlogsschiff das Bramsegel zu streck chen. ctzt war an dem Engländer die Reisigbündel auf den Mast zu ziehen, und er tut dies noch heutigentags,wenn er den Holländer reizen will. Nun war da mal ein gottvergessener , englischer Kaperkapitän der John Elarlight hieß. Er schonte keines Menschen Leben, wenn er erst mal eine Schute geentert hatte; und er hatte so viele Reichtümer gesammelt, daß er als Ballast Gold und Silber führte. In einer blutigen Schlacht war er zwischen zweiHolländer gekommen und war gerade im Begriff, die Flagge zu streichen, weil er dem Sinken nahe war; als er aber die Hand an die - Flaggenleine legt, spürt er, daß er cS nichi kann und reckt die Hand gen Nor den und heißt den Bösen ihm helfen. Und wie im selben Augenblick eine schräge Ladung Kugeln über Teck fällt, und der eine Holländern nahe ist zu entern, ergreift er eine Lunte und springt hinab in die Kajüte, um das ganze in die Luft fliegen zu lasten. Ta sieht er an seinem eigenen Platz bei Tische einen starken weißbärtigen Mann in Seestiefeln: der ist ganz bleich und starrt ihn mit einem Paar roter Augen an, die keine Lider zu ha ben schienen. „Willst du wohl streichen, John Elarlight?" frägt er. Der Kapitän antwortet nicht, son dern stürzt an ihm vorbei in die Pul ver-Kammer; er sieht nur, daß der an dere lacht. . Da war eine Kugel durch den Pul verraum gegangen, so daß alles in Master schwimmt wie ein schwarzer Brei, und es will nicht fangen. John Elarlight kommt wieder her ein; er hört den Holländer auf dem Deck stampfen. „Du willst nicht streichen, John / Elarlight?" frägt der Mann abermals. „O, sie haben dort oben wohl schon für mich gestrichen!" erwidert dieser; von den Holländern scholl in eben die sem Augenblick ein mächtiges Hurra. „Das können sie nicht, solange ich die Flaggenleine halte"-- und nun sah John Elarlight, daß der Mann wirk lich die Leine hielt — „und auch du .sollst nicht finken oder die Schiffswand Schaden leiden, solange ich hier sitze." Das war für John Elarlight genug. Er ergriff eine Axt und sprang,wieder auf Deck hinauf. Und io wunderlich ging es zu, daß er und die wenigen, die von der Besatzung übrig waren, dennoch die Holländer zu Paaren trie ben. Das ganze Gelchwader stand im Kanal; aber John Earlights Galeote blieb weiter zurück. Er meinte, das käme von all dem Master, das sie im Schiffsraum hatten und versuchte zu pumpen, aber es zeigte sich nicht ein Tropfen. Abende, als das Deck gespült und so viel wie möglich in Ordnung war. ging der Kapitän wieder in die Kajüte hinab; er hatte es so lang wie möglich aufgeschoben. Da saß der Alte immer noch mit der Schnur in der Hand. „Schön Dank für den Dienst," sagte ck John Elarlight, „aber jetzt helfe ich kmir allein, ohne sonst jemand heuern jzu müssen." Ter Mann antwortete nicht,sondern wickelte nur die Leine zweimal um die ! Hand. „Laß die Leine los!" rief John ! Elarlight, und als der andere auch jetzt : nicht antworiete, blinkte die Art in der Pust. Er meinte die Leine durchsamik sten zu haben, aber die Art ging durch Pie Leine und den Alten und schmeck !tertc auf den Tisch nieder, so daß ein iicfer weißer Einschnitt einstand. „Tu meintest wohl, wir würden uns !so schnell wieder trennen, John Elar ligbt!" sagte der Fremde ganz ruhig, l „Siehst du, ließe ich die Leine los, so ivürden in derselben Minute du und dein Schiff sinken; ginge alles recht ! schaffen zu, wäret ihr schon heute ge sunken; denn ich bin der Mann, der ! hier auf dem Dogger zu befehlen hat. Im Grunde ists mir gleichgültig, ob Ihr gleich ins Meer plumpst oder spä ter, und willst du die Flaggenleine zer schneiden, so tu es, wann es dir be liebt!" Aber nun hatte John Elarlight es nicht mehr so eilig. Der Alte betrachtete ihn mit versteck tem Hohn. „Siehst du," — fuhr er fort — „hier befestigte ich die Leine an diesem Nagel über dem Schrank. So bald du willst, brauchst sie bloß abzu wickeln; aber lösest du dich nicht jedes Jahi mit drei Fahrzeugen aus, so komme ich selbst in der Neujahrsnacht und lasse die Leine los." „Bist du nur sicher, daß sie fest ge nug angebunden ist?" frug John Clar light ganz bleich. „Berührst du sie, so reißt sie!" erwi derte der Alte und verschwand mit ei nem Hohngelächter. Aber so oft sie im Begriffe ist abzu rosten, kommt er mit einem alten Na gel vom Meeresgrund zurück, den er selbst einschlägt. Seither befährt John Elarlight die ganze weite Doggerbank und es ist eine bekannte Sache, daß dort alljähr lich viele Fahrzeuge verschwinden, ob wohl sie meistenteils zwanzig Klafter unter dem Kiel haben. Einige wollen dort an den unwahr scheinlichsten Stellen, meistens bei Ne bel und unruhigem Wetter, ein Leuchi schis» gesehen haben. Das ist John Elarlight, der mit Blickseuer an den Masten die Fahrzeuge weiter und wei ter auf die Sandbänke lockt, besonders auf die Swarte- und Wells-Bänke, wo die See unruhig und der Grund ge fährlich ist." — Sie saßen eine Weile stumm. Weit drinnen in d?m dunklen Land streifen blinkten nun von zwei Seiten die Leuchttürme, und es war so still, daß sie das einförmige Knacken des Luvbaums hörten. Kristensen dampf te kurze starke Rauchwolken aus seiner Pfeife. „Jawohl," brummte er. „es liegen dort drüben viele Leuchtschiffe. Diese Geschichte habe ich übrigens noch nie gehört, so viele auch seinerzeit auf dem Rutland die Runde machten." Er ta stete mit der Hand hinter sich nach dem Glase; aber Madam Kristensen schnappte es vor ihm fort. Ich füll' es dir noch einmal," sagte sie, auf den Henkelkrug deutend, „wenn dn uns eine Geschichte aus den alten Zeiten auf dem Rutland zum besten gibst. Sie müssen wissen, Lotse, dazu ist er nicht leicht zu kriegen." „Willst dn etwa, daß ich erzählen soll, wie es kam, daß du hier an Bord geheuert wurdest?" „Nein, danke, Kristensen, die Ge schichte kenne ich schon." „Nur das eine, wie du zuerst das Steuer anpacktest." „Mach mich nicht vor dem Lotsen zum Gespött, sonst glaubt er. du hast Lust, die Heuer aufzusagen." „Das ist freilich wahr! Nein, du bist mir doch der sicherste Seemann, den ich habe. Prost, Mutter! Nein, schenk' nur ein. Dann kriegst du eine andere Geschichte vorgesetzt, die ich von dem Manne selbst gehört habe, so daß ich weiß, daß es seine Richtigkeit hat. Der alte Rutland war damals wie eine Bcförderungvschute; er hat viele Kapitäne gehabt. Schisser Vollan war ein recht tüchtiger Mann, aber ängsilicberNatur und ein bischen wun , derlich, denn wenn erst die Berantwor ' tung ihre Klauen in einen schlägt,dann — na ja, aber davon wollte ich ja nicht erzählen. Es war eines Jahres im November, daß er von Montrose in Schottland ausaesahren war. Ta lag er nun in Unwetter und Schneetreiben und die Tage waren kurz und es war immer weniger möglich, mit dem Kurs ins Reine zu kommen. Eins ums andre mal stürzte er unruhig aufs Teck hin auf. um die Aussicht zu prüfen und dann wieder hinunter in die Kajüte zu der Seekarte, die auf dem Tische lag Aber die Ungewißheit wurde im ! mer nur größer. Der Deutsche Korrespondent, Baltimore, Md., Sonntag, den .'U. Oktober 1!)I5. r I Als er dann wieder hinabkam, stand ! da ein Mann in einer dicken Jacke, der mihn erst ansah und mit der Hand auf > j die Seekarte deutete. Schisser Bollan j war ein Ehrist und nicht gespenster scheu; aber verblüfft war er doch eini : I germaßen, wandte die Augen ab, um :die Erscheinung los zu werden und ! ging hinaus aufs Teck. Gleich darauf ! besann er sich und ging wieder hinab. Da kam der Mann wiederum znm ! Barschem. Erzeigte diesmal noch > ernsthafter als vorher ans die Karte, l in derselben Richtung wie früher, und I verschwand dann. ! Er hatte auf Nord Nordwest gezeigt. „Willst du dich retten, dann steuere : schleunigst so!" es schien dem Schif fer, als hätte der Fremde dies ohne Worte gesagt. Nachdem er auf Deck gegangen war und sich ein wenig be sonnen hatte, kommandierte er plötzlich den Kurs auf Nord-Nordwest. Er hatte nicht mehr als eine halbe Wache gemacht, als er unten in Lee ein Wrack sah, dessen Leute sich sämtlich in die Riggen geflüchtet hatten. Er setzte das Boot aus, und als es zum zweitenmal mit dem Rest der Mann schaf ankam, sank das Wrack. Der letzte, der an Bord kam, war der Schiffer und — das war gerade der Mann, der vorhin in seiner Kajüte ge standen und auf die Seekarte gedeutet hatte. Es war eine selteneBegebenheit auch für Madam Kristensen, daß ihr Mann sich so weitschweifig äußerte; es war, die Wahrheit zu sagen, die erste etwas längere Geschichte, die sie in ihrem Le ben von ihm hatte erzählen hören. Aber sie ließ es sich durchaus nicht anmer ken, sondern saß hochaufgcrichtet und wippte gleichmütig mit dem Fuße, während sie mit der Hand über die breite Silberkette der unter dem Um hängetuch befestigten Uhr strich. Sie nickte ein paarmal, als wollte sie sagen, daß man ja noch mehr von derlei merkwürdigen Geschichten zu hö ren bekommen könnte, wenn sie oder vielmehr Kristensen es bloß wollte, füllte dann den Rest des Henkelkruges in sein Glas und sagte in einem gewis sen vornehmen Tone: Bernt, siehst du nicht, daß Vaters Pfeife erloschen ist... geh' und hole ihm Zündhölzer." „Frage den Lotsen, ob er nichts von Seeräubern zu erzählen weiß, Mut ter!" flüsterte Bernt eifrig; aber sie schien nicht zu hören und hieß ihn hinunterlaufen. „Es ist merkwürdig, wieviel du weißt, wenn du bloß erzählen willst, Kristensen," fuhr es endlich aus ihr heraus. „Sie müssen wissen, Lotse, Kristensen bat dreimal in seiner Ju gend Schiffbruch gelitten; das letzte mal mit dem Rutland hier." „Es ist nichts Schönes, Schiffbruch zu leiden, Mutter!" brummte ihr Mann, der sich dennoch von der Aner kennung seiner besseren Hälfte ange nehm berührt fühlte, „was mich be trifft, so ist also nicht viel davon zu erzählen. Ja, das war damals, als wir unten im Kanal mit der spani schen Brigg zusammenstießen; da hätte freilich nicht viel gefehlt und du wärst niemals Madam Kristensen geworden. Eine garstige Geschichte wars, und wer einmal dergleichen mitgemacht hat, ist nicht mehr so rasch bei der Hand, der Jugend den Seemannsberuf anzura ten. Ich war damals Leichtmatrose und fuhr heimwärts mit einer großen englischen Barke, die „Plymouth" hieß, und an die ich mich bisReval verheuert hatte. Es war eine abscheulich schwar ze Nacht mit Sturm und schwerer See draußen vor dem Dunkerken Leucht türm. Der Regennebel lag so dicht, daß wir kaum unsere eigenen Laternen unterscheiden konnten und keine zwei Fuß vor dem Bugsprit sahen. Wir kreuzten mit dem Sturmsegel und ließen cs an Sturmsignalen und Glockenläuten nickt fehlen. Ab und zu sandten wir eine Rakete ab oder sahen im Nebel eine aufblitzen und hörten Schüsse. Bei uns waren alle Mann auf Teck, so daß, wenn der gute Aus lug allein es gemacht hätte, Augen ge nug ans Back und in den Riggen gewe sen wären, und das war ja auch der Grund, daß wir alles so parat hielten. Mit einemmale, gerade als wir in einer der schweren Rollseen bergab ge gangen waren, dröhnte aus der Fin sternis heraus ein schweres hohesFahr , zeug gegen die Fockrüste. Wir fielen alle übereinander, und als wir uns wieder erhoben, war unser erster Ge danke, alle wie einer in das fremde , Schiff hinüberzuklettern, das hock über uns hinwegragte. Da aber begann es zu krachen und > zu knacken, und das Fahrzeug glitt : wieder fort. Wir hörten es an dem : Rufen und Schreien über uns, daß es ' Spanier waren, konnten aber keine Mcnschenseele sehen. > Was habt Ihr geladen?" rief unser - Kapitän. s „Salz!" antwortete der Spanier. — > „Und Ihr?" „leisen!" „Ach Jesus!" hörten wir an Bord i des Spaniers. > Und fort war er; wir sahen und ' borten nichts mehr von ihm. Und wir! , hatten wenig Zeit, nach ihm umzu- > i sckauen, denn es hieh eiligst das große l Boot aussetzen. Wir hatten ja den . Schiffsraum voll schwarzem Wasser.! > Jainf Minuten,nachdem wir das Schiff j verlassen hatten, gab es einen Knall. . Das Deck war geborsten, und gleich ! darauf sahen wir die Laternen sich aufs Wasser legen. Es war dem Spa nier nicht besser ergangen; aber die spanische Brigg hatte ihre Besatzung mitgenommen. Wir erfuhren später, l jdaß sie St. Guiseppe hieß und aus war." j „Aber Kristensen!" brach Madam Kristensen erschreckt aus, indem sie die Hände zusammenschlug, „da hättest du ja mausetot sein können, ohne daß ich je ein Sterbenswort davon erfahren hätte!" „Ja, Mutter, aber darum wirst du auch begreifen, daß ich mit meinen Er fahrungen den da" — er wies mit dem Mundstück der Pfeife auf Bernt — „nicht zur See geben will. Na, na" — verbesserte er sich, als er sah, daß das > Thema zu Widerspruch führen könnte, „es ist noch lange Zeit bis dahin; zu erst muß der Junge konfirmiert wer den, und bis dahin kann er zu etwas anderem Lust kriegen. Und kriegt er auf etwas Lust, so weiß ich, daß du , auf das gleiche Lust kriegen wirst, Mutter!" Es entstand ein Stillschweigen,wäh rend dessen Bernt mit einem Tauende aus den Boden hämmerte. Der Lotse stand auf und späht mit dem Nachtfernror hinaus. Er hatte erwartet, seinen Kutter irgendwo an der Lichtgrenze des Viberod - Leucht turms zu erblicken. Während Anders Nils Kobbervig beim Steuer ablöste, sagte Kristensen: „Nord — nordwest — halb West, Anders! die ganze Wache — nicht wahr. Lotse?" „Lieber einen Strich oder zwei west licher, dann geht Ihr bequemer um Jacderevet. Morgen früh gibts direk- ten West... Es ist wie ein Ring um den Mond — sieht nach allerhand aus." Als der Kutter eine halbe Stunde später neben dem Rutland lag und den Lotsen aufnahm, war von Bezah lung keine Rede. Madam Kristensen reichte dem Sohne desLotsen obendrein einen großen Bund Glasäpfel hinab— „für Mutter, wenn sie ein kleines Prä sent nicht verschmähen will." Eine Weile danach war es still an Bord. Der Mond ging wie hinter ei nen! Nebelschleier, und der Lichtschein unter dem Skylight war erloschen. Das Steuerrad knirschte, der Luv baum knirschte, Rutland schaukelte in sachter Fahrt dahin, der Rudergast pfiff leise beim Steuer.... 5. Bist du Madam .Kristensen, so will ich auch einmal Kristensen sein. Der Trondhjemer Elv war unter halb der Landungsbrücke dicht gestaut von Fahrzeugen aller Art: Jachten, Schaluppen, Briggs und Galeassen, die vor ihren verschiedenen Ladeplätzen lagen, der Klüverbaum des einen so zusagen auf dem Heck des andern, und ihre Segel in dem goldblauen Sep tembcrtag trockneten. Die ziemlich ho hen und dichten Speicherdächer ver sperrten an vielen Stellen der Sonne den Weg und hinderten sie um diese : Tageszeit, die Feuchtigkeit an den Schiffen und zwischen den Kais auf l zulecken, konnten sie aber nicht abhal- ten, an die schlaffbängenden Toppsegel und Großsegel des Rutland sowie auf das Achterdeck des alten Schiffes, das, vor einem der großen Speicherläden , verstaut, eifrig die Löschung seiner „Rosenkartoffel" auf Stettin besorgte, , >ihr volles warmes Licht zn verschwen . den. Nils und der Bergenser füllten . i die Maßkannc unten iw Laderaum, ! Anders stützte sie beim Herausheben 'jauS der Lute, während Kristensen bei l jeder Tonne einen Strich und bei jeder fünften ein Krcuzchen vermerkte und der Kaimeister droben bei der Winde ' im zweitenStockwerk mit seiner Kreide > auf dem Posten desgleichen tat. > Weder Madam Kristensen noch Bernt waren an Bord zu sehen. Er ' stere war in der Stadt und machte Ge ' schäfte; letzterer wohl draußen beim Jhlelv, umringt von einem Schwarm » Kameraden, die vorige Woche,während t die Schalupe hier gelegen, seine Be i kanntschaft gemacht hatten. ; In den kleinen Häuschen mit den : Gärten am untern Jhl wohnten meh rere Schifferfamilien, die Kristensens gut kannten, und mit denen Madam, wenn sie am Lande war,Kaffee getrun ken hatte. Die Männer waren zumeist noch draußen auf See; aber die Ge nichte von Aepfeln, die Madam Kri stensen verschiedenenorts den „Kin dern" hinterlassen hatte, verbreiteten sich merkwürdig rasch über immer wei tere Kreise der Jugend. Bald duftete die ganze Schalupe zu stark nach Aepfeln, als daß es auf die Dauer rätlich erschien, dort liegen zu ! bleiben. Die Jugend vom Jhlelv, die jihre Badeplätze zwischen den nahelie genden Zimmerplätzen hatte, wim melten wie Fliegen auf und um das Fahrzeug, und Bernt, der sich über dies ihre höchst schmeichelhafte Auf merksamkeit und Bewunderung errun gen. indem er sich ohne Keider auf der Saling präsentierte und mitten zwi schen ihnen in das Wasser sprang, hatte der Bittsteller genug zu befried! gen. Madame Kristensen sorgte aller dings schlau dafür, daß ihr Sohn nicht ganz Bankerott machte, indem sie ihm nur den schlechtesten Sack mit den ver dorbenen und ausrangierten Aepfeln zur Verteilung überließ. Aber hatte es keinen Zweck, länger da liegen zu bleiben, und so wurde die Schaluppe nach der „Rabenklaue" gewerpt und von dort — da mit einemmal die Rede I davon war, die ganze Restpartie der Kartoffeln loszuwerden — elbauf wärts vor die Speicherbude, vor der sie nun die Löschung vornahmen. Mittags war Arbeitspause. Die Mannschaft sollte ihre Rast haben, und , Kristensen ging in die Küche hinab. Eine Weile später kam Madam Kri- ! stensen zurück in ihrem karierten Um hängetuch und blauen Halbwollkleid. ! am Arm einen Beutel und mit langen flachen Paketen bepackt. Sie hatte of- l fenbar Eile und ging rasch in die Ka- l jüte hinab. Die Pakete warf sie hin- l ter sich in die Koje, während sie zu- i gleich das Tuch abnahm. j „Na, Kristensen!" sagte sie aufge- s räumt — kannst du raten?" Kristensen saß an den Ausziehtisch < und aß seinen Fisch; ihm gegenüber - war für sie gedeckt. > „Wie sollt' ich das können? Mut- i ter!" erwiderte er gelassen. „Du hast i die ganze Stadt Trondhjem durch- < wandert, und die Munkegasse ist lang." ! „Schnack, Kristensen! Ich habe ge- l tan, was du jedoch nie erraten würdest, I habe alle Heringe um den Preis be- > kommen, den ich nannte. Du hast bloß i zu unterschreiben. Wir gehen mit ei- genen Heringen südwärts und streichen mindesten einen Taler per Tonne ein i mindestens, sage ich. Du hast nichts zu tun, Mann, als Nordwind i zu bestellen, damit wir fortkommen, i Na, was sagst du dazu?" i „Ich sage,' daß du vielseitig bist!" „Und du fragst nicht, wie das zuge- I gangen ist?" „Ich frage lieber, ob wir das Geld < für den Hering wieder aus der Bank nehmen müssen." ! „Ja, das ist wohl selbstverständlich. Aber willst du mich nun hören oder ! nicht. Du kannst mir glauben, es war ein Stück Arbeit, denn ich merkte es Bergan gut an. daß er uns nicht für so ganz zahlungsfähig hielt, weil ich ! soviel von Zablungsfrist bis Weihnach ten und bis zum Frühjahr sprach. Wenn wir bar bezahlten, wäre das eine andere Sache. Das sei schwer, sagt' ich; denn mein Mann sei keiner von denen, die leicht für Barzahlungen zu haben wären, und könnt' er sich dazu verstehen, so verlöre er soviel, wenn er das Geld auf anderer Seite heraus nähme. daß es schon ein besonders gu ter Handel sein müsse, der ihn dazu brückte. Und da setzte er den Preis für bar fest, und ich versprach heimzu gehen und Sache zu probieren: aber ich müßte Preise haben. Und hier hab' ich sie!" sie warf dasPapier triumphie rend auf den Tisch. „Ick fange an zu glauben, daß wir es noch einmal zu etwas bringen. Kristensen. Na, willst du den Handel machen?" „Muß ich denn unterschreiben?" „Na, sag' ich's nicht, Kristensen! — läge es an dir, würdest du in Ewigkeit kein Geschäft zustande bringen. Du fängst damit an, dich zu drehen und zu winden und hörst bis zuletzt nicht da mit auf. „Nein! Nein!" und nichts anders als „Nein!" — Ein Geschäfts mann muß glatt sein wie Grünseife und immer ja sagen können." „Bargeld ist besser als eine Unter schrift, Mutter!" „Wenn er aber das Angebot bereut, kann er morgen zurücktreten." „Zurücktreten? Du glaubst, der tritt zurück?... Na, das sähe ihm ähnlich, einem solchen ... Wo ist die Tinte? Nein... den nagle ich mir fest!" Diese letzten Worte sagte er verbissen vor sich hin, während er unterschrieb. — „So, Mutter — jetzt mag er dich prellen!" „Na also, endlich hab' ich's. Mit dir ist nicht so leicht fertig zu werden, Kristensen!" — Sie steckte das Papier wieder in den Beutel zurück. „Aber siehst du, als ich seinen Namen unter dem Handel wußte, da glaubte ich, ich könnte mir was spendieren — na. du weißt, Kristensen, ich bin nicht die, die das Geld auf die Gasse wirft. Als ich aber heute vormittag den Handel zu stande gebracht hatte, da war ich so froll, daß ich dachte: laß was springen. Und da lief ich zur Klaebo hinein und fragte nach schwarzem Bombasin. Ich muß ja einmal ein neues schwarzes Kleid haben, und da dachte ich, je frü her je besser, wenn es nur haltbar ist. Uno von Klaebo ging ich zn Tiller und von Tiller zu Braekkan, und da guck, was ich da bekam!" Sie begann das Zeug in dem schma len Raum zwischen Bank und Tisch auszubreiten. — „Na, was sagst du? Doppelte Breite. Fühl' nur, wie dick es ist... Ja, du mußt es angreifen. So fühl doch!" „Ich denke, ich werd's schon fühlen — im Beutel, Mutter." „Ja, weißt du denn, was es kostet — das ist das lustigste. Rate nur. Ach, du und raten! Um acht Taler kriegte ich das ganze Stück." Er legte Messer und Gabel nieder. „Acht Taler! Ich bin sicher, wenn wir einmal nach Amsterdam gekommen wären, hättest du es um vier — um drei Taler bekommen ... Acht Taler!" „Wenn wir einmal nach Amsterdam kommen? — vielleicht in einem Jahr! — Was sollte ich bis dahin im Winter zur Kirche haben? Du bist gerade nicht sehr freigebig, wenn du deiner Frau was spendieren sollst." „Ja, aber acht Taler!... acht Ta ler!" „Aber weißt du denn nicht, daß das ein Stoff ist, der die ganze Lebenszeit ausheilt, rein Wolle. Sieh doch!" — Sie schlug ihn aus und ein und rieb ihn dicht vor seinen Augen mit den Fingern ... „Du glaubst vielleicht, er färbt ab?" „Hm ... Hm ... viel Geld ist es, ob er nun abfärbt oder nicht. Und noch eins, Mutter," fügte er besorgt hinzu, während er den halbaufgerollten Stoff mit den Augen maß — „hast du nur nicht zu wenig genommen, Mutter? Es ist nur ein Rest, sagst du, und man kann an Festtagen nicht in einem zu kurzen oder engenKleid kommen. Klein bist du ja nicht, vergiß das nicht. Und auch nicht mehr so schmal um die Mil te. wenn man dich zum Kirchgang schnürt." Sie sagte nichts, legt: da? Zeug zu sammen und setzte sich zum Essen. „Ja richtig, Mutter, cs ist hier ei ner an Bord gewesen. Man hat nack dir gefragt — so ein mnger Tursck mit Brillen. Er hieß Werring." „Er wollte wohl etwas verfrachtet haben?" „Ach was, verfrachtet! — Es war ein Student oder etwas Aehnliches; er frug, ob wir nicht zu den Oesterris- Jnseln hinaufkämen." Madam Kristensen hielt plötzlich im Essen ein. „Werring?" fragte sie gespannt. „Ein blonder großer Junge, der den Kopf so hält" — sie legte den ihrigen ein wenig schief. „Weißt du, wer das war? Kein andrer als der von Mina Nörregaard ... „Nein," unterbrach sie sich selbst —„davon weiht du ja nichts. Aber es war kein anderer, sage ich dir." „Ja, ich konnte mirs denken, daß es einer von denen ist, über die du deine eigenen Papiere hast, Mutter." Er hatte seine schwere Lederbrieftasche her vorgeholt und begann einen Bund gro ßer zerknüllter 'Papiertaler langsam zu zählen, wobei er jedesmal den Fin ger näßte, um sich zu überzeugen, daß nicht zwei Banknoten zusammenkleb ten. „Und nach mir hat er gefragt? ... ob wir nach den Oesterris - Inseln gingen!" sagte sie, ganz aufgeregt auf stellend. „Ich denke, ich weiß, welche Pflichten Eltern ihren Kindern gegen über haben, wenn es auch Nörregaards selbst sind. Aber im vorigen Som mer. als wir auf den Oesterris - In seln waren, erzählte Fräulein Mina mir alles, und daß er gegen Norden reisen und Hauslehrer werden mußte, weil der Hardesvogt durchaus nichts davon wissen wollte, daß sie sich lieb ten. Und sie hatte ihrem Vater ver sprechen müssen, nicht zn schreiben ... Na ja, ich habe über derlei Dinge meine eigene Ansicht, Kristensen, — wenn es auch ein noch so großer Mann ist wie Hardesvogt Nörregaard." Sie stemm te die Hand in die Seite und blitzte ihn mit ihren Augen an. als sei er selbst der Schuldige. — „Ich habe Mina Nörregaard angekleidet und zu Bett gelegt, als sie ein Kind war." Kristensen schenkte ihren Betrachtun gen weiter kein Gehör. Er war ganz in Anspruch genommen, sein Geld zu zählen und zu ordnen. Sie wollte eben ihre unterbrochene ,!Mahlzeit wieder aufnehmen, als die - Kajütentür ein wenig geöffnet wurde - und Nils seinen rothaarigen Kopf mit 'Per krummen Nase hineinstcatc. > l „Er ist wieder da, der Befrackw von : j Vormittag. Er möchte gern mit Ma >! dam sprechen. Und ich soll vom Kai >l mcister ausrichten, daß die Löschung wieder um drei Uhr anfangen > j kaun." „So? Na gut! Aber der Junge mit l den Brillen ist für dick, Mutter. Du wirst sehen, der will einen Gruß durch dich verfrachten." „Er ist dort aus der Brücke gestan den und hat sich gedreht und ver neigt " Nils mußte rasch Madam xristen sen Platz machen, die, ohne ihn weiter anzuhören, die Treppe hinauseilte. Als Kristensen mit dem Geldzänlen fertig war, steckte er die Brieftasche sorgfältig unter das Zeug in seine Schifsskiste, die er verschloß, und legle sich hierauf in seine Koje. Er meinte die Stimme seiner Frau einen Augenblick durch das offene Sky light zu hören und versuchte zu hor chen. Gleich darauf aber verkündete ein vernehmbares Schnarchen, daß der Schiffer von Rutland den Schlaf des Gerechten schlief... Er hatte bei der Hinfahrt an den Stettiner Kartoffeln ausgezeichnet verdient, und nun sah es mit dem Hering auch nicht gerade schlecht aus ... Kristensen schlief lange und gut, und er schlief noch ebenso unverdrossen, als seine Frau eine ganze Stunde später sehr bewegt in die Kajüte zurückkehrte, wo sie sich auf die Bank unterhalb der Koje, in der ihr Mann lag, mehr fallen ließ, als setzte. Sie blieb sitzen, die Hände im Schoß, ganz überwältigt von ihren Gedanken. Ab und zu wie derholte sie mit einem tiefen oms der Brust geholten Seufzer: „Armer Mensch!" „Das ist nicht das ärgste, Mutter. Es machen viele dort ihren Weg, wie ich weiß." Madam Kristensen sandte ihrem Gatien nur einen indigniertenBlick zu; einer Antwort würdigte sie ihn nicht, sondern versank wieder in ihre Seuf zer und ihre erregten Betrachtungen. „Ja, der hat es verkosten müssen, so jung er ist! Und Fräulein Mina auch! Sie hätte ja keinen andern in der Welt als mich, mit dem sie davon sprechen könnte, sagte sie. Aber dabei weiß sie gar nichts von alledem, was er mir da erzählte. Der Hardesvogt hatte ihn unter vier Augen in sein Kontor ge nommen und ihn gefragt, ob er denn eine Ehre im Leibe finde von einem armen Hauslehrer, um ein junges Mädchen zu werben, das man ihm an vertraut habe und das er niemals würde ernähren können — denn es war Geldmangel, der ihn gezwungen hatte, von der^Universität fortzugehen und ein Hauslehrer zu werden. Und daraufhin war Werring desselben Abends von dort gereist. Der arme hübsche Mensch saß da oben auf Deck, blaß wie eine Leiche, als er mich bat, sie zu grüßen und ihr zu sagen, er würde sie niemals vergessen. Tu kannst mir glauben, in diesen Augen ist Auf richtigkeit! Er hatte gehosst.von seinem Onkel vierhundert Taler zu erben. Damit hätte er studieren und sich für das Amt vorbereiten können — aber nun hat es sich gezeigt,daß nichts übrig geblieben war." „Ja. ja, Mutter. So ergeht es gar sebr vielen. Die Welt ist nun einmal so." „Ist mal so?... Ist so. sagst du?" Sie erhob sich in voller Wut. „Mir hätte jemand es verbieten sollen, dich zu nehmen! Hardesvogt Nörregaard l hätte das nur versuchen sollen, als ich das Sparkassenbuch aus seiner Hand verlangte, um es dir zu geben! Nein > — aber diese beiden sind eben so, daß l man sie zwischen den Händen zerdrük ken kann wie Teig. Jawohl! Das ! hätte jemand bloß mir bieten sollen!" ' „Du bist eben etwas ganz Extras, > Mutter!" „Und nun reist er nächsteWoche nach Amerika! Wenn der Hardesvogt wüß > te, was er da an seiner einzigen Toch > ter verschuldet hat... Na ja, der ist > gestraft genug, verlaß dich drauf! ES ! war nicht wenig öde und trift imHause im vergangenen Jahre, als der letzte der vier Söhne das Elternhaus ver - ließ und Fräulein Mina mit ihrem : traurigen Gesicht allein umherschlich." l „Beim Hardesvogt, meinst du?" ' «Ja. Das weissage ich dir, Kri - stensen — gute Tage sieht der nicht auf > sein Alter, und er verdient auch keine, t Es wird nicht mehr viel Freude in die > sein Hause vorherrschen." t „Beim Hardesvogt?" (Fortsetzung folgt.) l Taö Pliflkiidsic. * Frau: „Was für einen Schmuck schen ken wir nur unserer limine?" e Mann: „Selbstverständlich: Anicthysll"