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Andiana Tribüne, Zonnta$, 4. November 1900. Resignation. Jon R. Zozmann. ti raschelnd unter meinem Fuße Häuft sich des Herbstes goldner Raub. Vergänzlick';:: die Welt zur Buße Zu mahnen schüttelt welkes Laub Und fr richt: So bleichen deine Träume Und alle Hoffnungen sind Schäume Tu selbst. 0 Mensch, zerfällst inStaub! Und wo sind all die großen Träume, Du stolzes Herz, die dich bewegt? Entblättert stehn die grünen Bäume Der Hoffnung, d du froh gehegt. Die Ideale sind zertrümmert. X :e km mit eigner Hand gezimmert Und selbst der Schmerz hat sich gelegt. Nun prüfst du dich mit kühlen Sinnen, Wie du enttäuscht wardst oft und schwer. Eh' dir der letzte Muth tiefinnen Erstard in ewiger Gegenwehr. Um dich ist Herbst und ach wie lange, Der Winter kommt.der trostlos-bange. Der fürchtet und der hofft nichts mehr! BiKi. Von M. Schiwett. Dicht beim P.irk Monceau hatte tyau Georgine Evans Doretti sich ihr Heim eingerichtet, und zwar, da ihr Bibi dabei zur Seite stand, mit ta dellosem Geschmacke. Das Schönste in dem ganzen Hause war das Atelier. Wenn die Landsleute der Hausfrau über das große Wasser" herüber nach Paris kamen, so versäumten sie nie mals, ihr und dem Atelier einer. Be such zu machen. Bibi freute sich dann, wenn die enthusiastischen Misses: Ys quite splendid! oder 't's too nice! schrien. Daß sie mit den gleichen Ausrufen auch die Kleiderwunder bei Worth und Felix, oder die Venus von Milo, oder die Eisbabn vom Pol du Nord" begrüßten, wußte Bibi nicht. Er kam wenig unter die Leute: seine Gattin und seine Kunst hielten ihn da von ab. Aber es war merkwürdig, trotzdem ' er jetzt Zeit und Geld genug hatte, sich seinen künstlerischen Intentionen ganz hingeben zu können, arbeitete er d?ch sehr, sehr wenig. Tamals, als der junge Pierluigi Doretti hungernd und sorgenvoll in Rom den halben Tag um einige elende Lire Copien malte, um den anderen halben Tag an seinen Entwürfen arbeiten zu können, da war er fleißig gewesen jetzt in seinem wundervollen Atelier fand er die rechte Stimmung so selten. Vielleicht Bibi wollte nicht ungerecht sein, aber manchmal blitzte flüchtig dieser Ge danke durch sein Hirn vielleicht lag die Schuld an Georgine und an ihrem Reichthum. Man stand spät auf und dann macht man umständlich Toilette, und der Doretti von einst, der noch vor wenigen Jahren überhaupt nur einen halbwegs anständigen Rock besessen hatte, der wußte jetzt oft nicht, was er seinem Kammerdiener anbefehlen soll te. Dann folgte ein luxuriöses Früh stück, bei dem ihm Georgine oft vorlas, das. was ihn am meisten interessirte: Kunstnotin aus den Journalen, di? Beschreibung eines neuen Meisterwer fcs oder Künstlermonographien. Geor gine lächelte stets ein wenig, wenn ibr Bibi dabei in Enthusiasmus gerieth. von seinen Plänen sprach oder scharfe Kritik an Anderen übte. Dieses Lä cheln war so liebenswürdig, daß Nie mand, an wenigsten aber Bibi merken konnte, daß ein Zug von leisem Spott und überlegener Weltklugbeit sich hin einmischte. Denn Frau Georgie war so klug, daß sie ihre Klugheit nicht zeigte. Sich daran zu freuen, im In ersten und ganz heimlich, das war ein Genuß aber nur Niemandem von dieser heimlichen Freude sagen, ode? gar damit einem Menschen lästig fal len! Oh. Frau Georgine hatte neben ihrem ersten Gatten, einem echten Aan kee, viel gelernt! Auch das Talent, jede Situation voll auszunützen und ganz zu genießen eine Gabe, die so we nige Menschen haben. Auch Bibi besaß sie durchaus nicht, das hatte Georgine schon gewußt im ersten Momente des Gespräches mit dem schönen jungen Italiener, dem sie eine Copie abkaufen wollte. Was für einen Spottpreis hatte er gefordert angesichts ihrer Brillanten! Diese Unterschätzung war eigentlich ko misch! Aber sie rührte Georgine. Und spä ter: wie unterschätzte er sich selbst, wie ahnungslos war er und wie überrascht, als sich ihm die Huld der reichen Ame rikanerin zuwandte. Welcher Künste hatte es bedurft, um seine Bescheiden fje.it zu besiegen ach. im Elend wird man so bescheioen: Ja, diese lächer liebe, ganz unmodern gewordene Tu gend kostete Georgine viel mehr Kampf, als der offensivste Gegner. Endlich, endlich Georgine hatte ihm die Werbung förmlich suggeriren müssen verstand Doretti! Der gute Junge! Die weltkluge Frau liebte ihn darum nur noch mehr, weil sich ihrem Gefühle dadurch ine fast mütterliche Zärtlichkeit beimischte. Er kam ihr wie ein Unmündiger vor. wie ein liebeus würdiges Kind! Wie glücklich machte ihn der unzeahnte Reichthum und wie vcuoß Georgine diese Freude mtt ihm! Nur einen wunden Punkt gab es :n diesem genußreichen Leben: den Künst lerehrgeiz Pierluigis. Diesen brennen den Ehrgeiz konnte man wohl zeit weise einschläfern, aber nicht stillen. Wie thöricht!" sagte sich Georgine im Geheimen oft, "Ehrgeiz haben ohne Können!" Denn sie übersah auch hier die Si tuation ganz klar ihr Bibi war kein großes Talent! Aber das verschlug ihr nichts; mochte er doch die Malerei als einen angenehmen Zeitvertreib be treiben Aber in diesem einen Punkte zöuschte ich Georgine, weil sie ein 9u fühl nicht schätzen konnte, dessen Tiefe sie nicht verstand. Wenn man ihr ge sagt hätte, daß der Ehrgeiz eine Krankheit werden könne, ein zehrendes Gift, so hätte sie gelächelt ihr welt kluges Lächeln sie glaubte nicht an dieses Märcken! Das Ringen und Streben nach Gold, nach Ruhm, nach Ebren, ja, das verstand sie! Aber den stillen Herzensdrang, sich selbst genug zu thun, den verstand sie nicht. Und doch ist dieser Ehrgeiz nur ein Syno nnm für Selbstachtung, und der ge sährlichste für einen fein empfindenden. Menschen. Doretti war leider! hätte sich Georgine gesagt ein sol cher Mensch. Er glaubte an sein Kon- nen, er seufzte oft über die Zerstreu- unaen seines iefeiaen lururiösen L- bens. das ihn abhielt, seine Ideen auch malerisch auszuführen. Doch über schlich ihn manchmal ein leises Zagen, ein dumpfes Unbehagen, das er sich nicht reckt zu deuten wußte und das it der klugenGeorgine zu erörtern irjn eine seltsame Scbeu abhielt. Seine Bilder ihre Zahl war spar lich genug erbat sich Georg'.ne als Beweise seiner Liebe zum Geschenke. Sie hingen alle in ihrem Boudoir oder im Schlafzimmer, den Besuchern des Hauses unsichtbar. Wenn sie auch während ihres Entstehens im Atelier von den Landesgenossen seiner Frau starke Bewunderung fanden, so hatte Pierluigi doch keine rechte Freude da ran! Das war keine Kritik! Ein wahrer Durst marterte ihn zuletzt heimlich, eine unparteiische, harte, ze rechte Kritik herauszufordern, und schließlich sandte er ein paar Bilder und Skizzen in den ?a Ion hinter dem Rücken seiner Frau, denn diese hatte ihm stets abgerathen. seine Eigenart in dieser Schaubude zu profaniren.,! Das klang ja so schön, so liebevoll, so schmeichelhaft von ihren Lippen, aber es beschwichtigte den nagenden Zweifel in seinem Hcr;en doch so wenig den konnte nur der Erfolg zur Ruhe bringen! Mit heimlichem Herzklopfen erwar tete Pierluigi die Antwort. Endlich traf sie ein: eine Zurückweisung! Aber der Maler sprach angesichts ihrer nur das Eine aus. was wohl die Meisten in demselben Falle tröstet: ..Das ist eine Ungerecrtigkeit!" Erstaunt sah Georgine bei diesen Worten auf und nahm den Brief, den Pierluigi ihr reichte. Sie ahnte nichts schlimmes, denn sie hatte die alle Frübjahr vor der Saloneröffnung wi:- derkehrenden ehrgeizigen Gelüste ihres Mannes dieses J-ahr gar nicht zu be kämpfen gehabt. Nun dieser Schlag! In der ersten Ueberraschung und Empörung über das so ganz Unerwartete sagte sie; Das wundert Dich? Das war doch vorauszusehen!" Das hast Du gewußt?- stammelte Doretti. Aber schon bereute Georgine ihre unbedachten Worte. Mit tausend Zärt lichkeiten und Tröstungen überschüttete sie ihren Gatten, der stumm blieb und vor sich hinstarrte. Nur einmal sagte er, mitten in ihre Liebesworte hinein, ganz rauh: Nenne mich nicht mehr Bibi ich will nicht mehr Dein Spiel zeug sein!" Schließlich schien er sich beruhigt zu haben. Er küßte seine Frau auf die Stirn und ging hinüber in sein Ate lier. Georgine blieb zurück. Sie wollte sich sammeln und dem Armen. Lieben eine Minute des Alleinseins gönnen. Kaum war Doretti gegangen, so nahm sie ren unseligen Brief und verbrannte ihn im Kaminfeuer. Tann versank sie, in die Asche starrend, in Nachdenken. Wie schlecht hatte sich heute ihre vielge rühmte Klugheit bewährt! Muß man in einem Moment der Selbstvergessen heit Alles sagen, was man weiß und denkt? Erkenntniß ist in solchen La gen fast immer ein tief schmerzliches Gefühl. Was mußte der arme Bibi unter diesem jähen Erkennen der Sach läge leiden! Ein Glück nur. daß er es verwinden würde; konnte er doch jede Freude des Lebens genießen, bis auf die eine: die Befriedigung seines Ehrgeizes. Ar mer Bibi. warum gerade das Ber sagte begehren? Nichts, gar nichts Anderes sollte ihm von nun an versagt bleiben das schwur sich Georgine , was dem geliebten Manne Freude machen konn te! Hatte ihm nicht neulich der kost bare Gobelin bei Bontout. dem Anti quar am Quai Voltaire, gefallen? Noch heute, gleich jetzt, wollte sie mit Bibi hinfahren, das schöne alte Web stück zu kaufen. Das würde ihn zer streuen, ihn von seinen trüben Gedan ken ablenken! Das war ein guter Ein fall! Mit wieder gewonnener Sicher heit stand Frau Georgine auf und ging in das Atelier. Bei ihrem Eintritt schrie sie auf: Neben seiner Staffelei lag Doretti in einer Blutlache todt! In seiner Brust steckte ein langer, halb trncm: ter Dolch das einzige Eigenthum aus seiner armseligen Jugendzeit! r glaubt's. Gutsbesitzer: Du. Jochem. hör' mal. gestern Abend soll der Krüger Dir gegenüber auf mich geschimpft ba bcn, was hat er gesagt? Raus damit, ich will Alles wissen!" Knecht: Er hat gesagt, gnädiger Herr wär'n ein Schafskopp. un un wenn ich's nicht glauben wollte, würde er mir's schrift lich geben." Gutsbesitzer: Was? und das hast Tu so hingenommen V Knecht: Nee. nee. ich habe gesagt., das wäre nicht nöthig, ich glaub's auch f!" Neckerei. Oberförster: Was meinen Sie, Herr Doctor. was für ein Bad suche ich am besten auf?: Arzt: .Ein Schwefelbad!- Geschieden. Von t. Migerla. Wenn Frau Melitta Bälde einen Blumenstrauß auf ihrem Fenster ste hen hatte sie pflegte erhaltene Blu wen immer vors Fenster zu stellen wußte ganz Jngenheim, daß der nur von Hermann Kaiser, dem großen Violinvirtuosen, kommen konnte. Das war c.llerdings nicht schwer zu erra then. denn in Jngenheim gab es keinen Kurgast, den man einer Blumenspende an eine Dame für fähig gehalten, noch weniger einen, der sich im Ernste dazu aufgerafft hätte. Jngenheim ist ein kleines Nest, das einige kleine warme Quellen besitzt, aber keine Unterhaltungsquelle. Seine sonnige Lage hat ihm, der neueren Zeitrichtung naturgemäßer Lebens weise ist es zu danken, einen gewissen Ruf erworben, indem es als für na türliche Sonnenbäder geeignet, sehr empfohlen werden kann. Seinen Quel len soll eine verjüngende Kraft inne wohnen. Der Sonne und verjüngenden" Bädern setzen sich öffentlich doch nur wirklich alte, oder sagen wir ältere Leute gern aus. So kam es. daß In genheim ein Stammpublikum hatte, von dem jeder Mensch, Mann oder Frau unter 50 Jahren halb neidvoll, halb verwundert angesehen wurde. In diesem Sommer war es gar merkwür big: erst hatte die Ankunft Hermann Kaisers die Kurgäste außer Fassung gebracht! Nach dem Künstlerlexikon war er 42 Jahre alt und einer der be sten Violinspieler der Gegenwart. Was wollte der in Jngenheim? Einige Tage nach ihm traf Frau Melitta Bälde ein. Sie war Malerin, eine reizvolle Erscheinung, wußte sich mit großem Geschmack zu kleiden und geist reich zu plaudern. Selbst nach Schätz ung der Frauen konnte sie nicht über 35 sei?-.. Man fand es natürlich, daß die beiden sich zu einander hingezogen fühlten und begnügte sich damit, diese bevorzugten Geschöpfe zu beobachten und ihnen den Hof zu machen. Ob sie sich wohl ein Rendezvous hier gegeben hatten? Die Wahl von Jngenheim sprach eigentlich dafür. Er kam aus Wien, sie aus Prag, das Be- dürfniß. in einer Stadt zu' leben, hat- ten sie also nicht. Daß sie sich schon längere Zeit kannten, merkte man. doch in einem intimeren Verhältniß schienen sie nicht zu stehen. Sie wohnte im Kurhotel, er in einem kleinen, bgele- genen Pensionshausweil er unge- stört" sein wollte. Sie sahen sich täg lich. gingen bei gemeinsamen Ausflü gen der Kurgesellschaft immer zusam men, sonderten sich aber durchaus nicht ab von den anderen und wurden nie gereizt, wenn man sie bei einem Gespräch unterbrach oder störte. Ter feine Spürsinn Fräulein Jä- gers. des ältesten Kurgastes von In genheim, hatte herausgebrocht, daß Melitta Bälde ein: geschiedene Frau war. Sie hatte es gleich gemerkt, wie sie ihren ZuHörerinnen versickerte. Daß sie allein lebe, hatte Frau Melitta selbst gesagt, eine jange Wittwe aber spräche doch von ihrem Manne, und dann haben geschiedene Frauen über Haupt so etwas Eigenes" an sich. Worin dieses Eigene" bestand, dar über drückte sie sich nicht näher aus. doch die Damen verstanden sie und warfen sich vielsagende Blicke zu. Um ganz sicher zu gehen, erwähnte Fräu lein Jäger noch' einmal in künstlich verschlungenen Redewendunaen ...frerm atoe, ncy gieiro oaraus euserugn entschuldigend, wenn sie vielleicht eine Wunde berührt hätte. Nebenbei be merkt, hatte Fräulein Jäger entschiede nes Talent zu einem untersuchenden Arzt, nach ihrem großen Geschick in der Auffindung wunder Stellen. Frau Melitta bemerkte die mit Redeblumen geschmückte Falle nicht und erwiderte: Es gibt keinen Herrn Bald. mein Vater ist todt." 0 und Sie haben einen Ber wandten geheirathet? Verzeihen Sie derselbe Name " Nein," sagte Frau Melitta kurz, ich habe meinen Mädchennamen wie der angenommen." Sie hatte ihren Mädchennamen wie der angenommen! Das wurde inter essant! Kennen Sie Herrn Kaiser schon lange?" fragte jetzt die Frau Oberge richtsrath. Ach. kann man denn jemals saaen. daß man Jemand kennt ?" bemerkte Frau Melitta, offenbar ausweichend. Aber die Frau Obergerichtsrath gab nicht nach. Treffen Sie sich regelmä ßig im Sommer?" Seit zwei Jahren." erwiderte Frau Melitta diesmal correct. Seit zwei Jahren! Der Grund ih rer Ehescheidung war er also nicht gß Wesen, sie lebte schon die Jahre ge trennt von ihrem Manne. Dazu ver Zehrten sie auch zu ruhig und gelassen. Und dann wir sehen uns jedes Jahr vier Wochen, und das genügt." liatte sie noch gesagt. Spricht man so, wenn man einen Mann liebt? Und doch hatte sie großes Interesse für ihn und er für sie, darüber gab es keine Täuschung. Die Sache wurde immer räthselhafter. Hermann Kaiser war offenbar ein freier Mann. Der fehlende Ehering wäre bei einem Künstler allerdings noch kein Beweis gewesen, namentlich in der Sommerfrische nicht. Aber er hatte gar nichts Berheirathetes" im Wesen und Benehmen, nach demUrtheil aller weiblichen Kurgäste. Gerne hät ten sie seinem früheren Leben nachge forscht durch briefliche Erkundigungen an Ort und Stelle. Aber er war so viel herumgereist, daß man seinen Le bensgana nicht verfolgen konnte; in Wien lebte er erst seit ganz kurzer Zeit. Die vier Wochen des interessanten Paares näherten sich dem Ende, und noch immer kein VerlobuRg! Daß es schließlich doch dazu kommen würde cr id r-rfi r r i ri war die Ueberzeugung von ganz In genheim. sowie der höchste Wunsch des Kurhausbesitzers. Eine Verlobung unter den Kurgästen Jngenheims sprach der weisen Lehre Ben Akibas Hohn. Das war noch nie dagewesen! Vor Kurzem erst hatte Hermann Kaiser ganz entzückt vor einer Land schaft Frau Melittas gestanden und ihr dann wieder einen großen Rosen strauß geschickt, während bei ihm ein Korb mit Früchten von ihr stand und sie einer Komposition von ihm aufmerk sam lauschte, ja sogar einen kleinen Mangel darin fand, was Frauen be kanntlich nur thun, wenn sie ihre Liebe vor anderen verbergen wollen. Ja. die Zwei mußten zusammen kommen! Die diesjährigen Stützen der Kurge- sellschaft. Onkel John und Tante Ly- dia, entschlossen sich nach langer Bera thung endlich in diplomatischer Weise da fördernd einzugreifen. Sie hatten die gemeinsame Eigenschaft, in jedem Sommer, in jedem Kurort mit jedem Menschen innige Freundschaft anzu knüpfen, verbunden mit endlosen Rath schlügen ihrerseits. Deshalb waren ihnen die Spitznamen Onkel" und Tante" beigelegt worden. Onkel John wollte Frau Melitta sondiren und Tante Lydia Herrn Kaiser. Vielleicht waren sich die beiden noch nicht klar über ihre Liebe und mußten erst darauf aufmerksam gemacht wer den. In Romanen wissen es stolze Na turen oft durch das gange Buch nicht, daß sie den anderen lieben, und das muß seine Begründung im Leben ha ben," bemerkte Tante Lydia tiefsinnig. Hermann Kaiser ist doch ein gro ßer Künstler." leitete Onkel John ge schickt und vorsichtig seine Mission ein. Gewiß." entgegnete Frau Melitta, ein genialer Mensch!" Hm. es müßte doch eine herrliche Aufgabe sein, das Leben eines solchen Künstlers erleuchten und verschönen zu können, glauben Sie nicht, gnädige Frau?" deklamirte Onkel John pathe tisch. Sie lachte spöttisch. So versuchen Sie's doch!" Ich? O aber, meine Gnädi ge, ich meine natürlich für eine Frau." Ich weiß nicht, ob es gut ist, einem Künstler Fesseln anzulegen," sprach Frau Melitta sinnend," und dann r.a, das Violinspiel ist ja recht schön, aber das Ueben, das muß einen ver rückt machen!" Das läßt sich abhelfen, durch dop pelte Thüren," schlug Onkel John schüchtern vor. Möglich, doch all die Launen, die Reizbarkeit, die ein solcher Mann hat, wollen Sie dagegen auch die Tbüren verschließen?" Herr Kaiser macht doch einen ruhi gen Eindruck und hat ein so ritterliches Wesen gegen Frauen." Ja, ja, als freier Mann, man kennt das!" Arme Frau," dachte Onkel John, wie verbittert sie ist; ihr Mann muß ein Künstler gewesen sein." Laut sagte er: Ich glaube, das sind unnöthige Skrupeln, wenn ich auch zugebe, daß Herr Kaiser etwas heftig zu sein scheint " Wem sagen Sie das," unterbrach ihn Frau Melitta und sah dann mit so abweisendem Schweigen zum Fen ster hinaus, daß Onkel John befangen wurde und vom Wetter zu sprechen begann. Mehr Erfolg hatte Tante Lydia: sei er, daß sie als Frau zudring nickt doch, eindringlicher sprach oder daß Hermann Kaiser mittheilsamer war als Frau Melitta. Aehnlich wie Onkel John begann auch sie mit Frau Baldes Genialität und ihrem neuen Gemälde, von dem Hermann Kaiser bestätigte, daß es großartig" sei. Wenn ich ein Künstler wäre, könnte ich mir nichts Schöneres denken, als mit einer gleichgesinnt? Künstlerseele durchs Leben zu pilgern," flöthetk Fräulein Lydia. Kaiser lachte. Mein Nebes $t6tt lein. Sie i'eben nur das Bild und ver gessen die Oelfarben. Stellen Sie sich das Leben vor, wenn alles voll Oel färbe ist und nachTerpentin riecht, kein Sessel im Haus, auf dem nicht eine feuchte Skizze lehnt, gräßlich! Und dann die wechselnden Stimmungen, die Nervosität einer solchen Künstle rin!" Sie böser Mensch." kicherte Tarnte Lydia, in diesen Wochen haben Sie Frau Melitta doch immer aufgesucht. Und sie ist eine entzückende Frau! Oder nicht?" Hermann Kaiser schritt auf und nie der und sah die Sprecherin etwas spöt tisch von der Seite an. Gewiß, die vier Wochen waren wieder reckt erfri schend; wir haben Gedanken ausge tauscht, uns gut unterhalten. Und das ist genug. Frau Melitta ist hochbe gabt, wirklich reizend als geschiedene , ,, im rau! Nun werfen Sie ihr das auch noch vor." grollte Tante Lydia, seien Sie doch froh, daß sie frei ist. Ach, die Arme muß viel durch ihren Mann ge litten haben." Sagte sie das?" fuhr er auf, plötz lich stchen bleibend. Ha, er ist eifersüchtig!" frohlockte innerlich Tante Lydia. Nein, gesagt hat sie's nicht, sie ist so zartfühlend, sie spricht nicht von ih rem Mann. Aber bei einer so reizen den Frau muß doch 'btx Mann an der Scheidung schuld sein, meinen Sie nicht?" Möglich," sagte Kaiser achselzu ckend und vor Tante Lydia stehen blei bend fuhr er fort: Mein gnädiges Fräulein, ich weiß, wo Sie hinaus wollen, aber das sage ich Ihnen: Fra Melitta und mich bringen Sie nicht zu sammen, nie!" Aber Sie interessiren sich doch so für einander, warum denn nicht?" forschte Fräulein Lydia ganz bestürzt. Warum? Sie wissen, daß Frau Melitta geschieden ist." sagte Kaiser ungeduldig. Nun wohl, aber sie denkt gewiß nickt mehr an ihren Mann und sie ist protestantisch." Hermann Kaiser lachte. Ach des wegen! Aber ihr geschiedener Mann der bin ja ich!" ZZrau Mama. Von Jane Madeline. Sie hatte ihn schon reizend gefun den, als sie noch ganz klein war und er auf dem Weg von und zu der Sckule bei ihrem Hause vorüberging. Sie sah ihm immer nach, und als sie größer wurde und eine Ahnung von der Liebe in ihrem Kinderherzen er wachte, hob sie stets ein Eckchen des Fenstervorhanges, um ihm mit den Augen einen Kuß nachzusenden der nie ankam. Er wurde der Abgott ihre? Herzens, der Inhalt ihrer Mädchen träume. Er wußte nie etwas davon. Es ist ein Verbrechen, wenn ein Mäd chen, das liebt, etwas davon merken läßt. Sie hat nur die Hoffnung, er rathen zu werden. Sie wurde es nicht. Er reiste c.b und blieb einige Jahre in der Fremde, dann kehrte er zurück. Aber an seinem Arm hing eine reizende Frau. Er war verheirathet! In dem Park, in dem sie sich manch mal mit einem Buche in der Hand nie derließ, bemerkte sie eines Tages zwei kleine Kinder, die von einer dicken Bäuerin aus der Normandie bewacht wurden. Sie. die Kinder so sehr lieb te, frug die Bonne: Wem gehören diese hübschen, kleinen Dinger?" Und die Antwort ließ ihren blonden Kopf mit dem feinen Profil tief auf ihr Buch sinken. Es ware seine Kinder! Ten anderen Morgen erschienen sie wieder. Sie rief sie an. Ihr fürchtet Euch doch nicht vor mir, cht wahr? Setzt Euch, so " eie nahm sie, Jedes auf ein Knie, und über ihr dichtes Lockenhaar ge neigt, betrachtete sie die Kinder voll Zärtlichkeit. Sie ließen es sich mit der Kindern eigenen schnellen Vertraulich- keit gefallen. Sie frug: Wie heißt Ihr?" Eines der Beiden antwortete: Pierre. . ." Sie zitterte. . . sein Name. . . Pierre" und sie gab dem Kleinen den ersten Kuß. Seit dieser Zeit setzte sie sich alle Tage auf jene Bank, bei der die Kin der spielten. . . Sie kannten sie gut, die liebe Tame, und sobald sie kam. liefen sie ihr entgegen, um sie zu umarmen. O, diese Kinderkllsse. dieser Druck der weichen Aermchen, in deren Umarmung sie ihn zu fühlen glaubte. Es sind seine Augen, sein Grübchen im Kinn. . Wer weiß, ob nicht einige ihrer Liebko sungen, die alle ihm gelten, zu ihm ge langen? Sie ist die Freundin der beiden Kinder geworden, die Vertraute Frau Mama", wie sie sagen, ihre Zärtlichkeit und ihren Respekt vereini gend. Sie bringt ihnen Bildchen. Bon bons. stets eine andere Kleinigkeit. Und die Kleinen fragen sich nicht, wer die bübscke Dame ist. die sie umarmt, die sie verzieht, und deren Augen ihnen stets folgen, wenn sie in dem kiesde streuten Garten herumlaufen. . . ?ie Zartheit des neuen Laubes ver leiht dem Park ein liebliches Aussehen. Das Wiedererwachen der linden Lüije, während de" Frost noch nickt ganz ent sckwunden ist, die kühlen Lustströme, welche noch über die ersten Sonnen strahlen siegen. Alles ist von einer strahlenden Heiterkeit. In den Alleen werden wieder Schritte laut nach dem langen Winter. Und wieder verleihen die bunten Bänder der Kinderwärte rinnen den Alleen einen vielfarbigen Anblick. Und auch sie hat sich wieder auf ihrer Bank niedergelassen. Aber warum kommen sie nicht, d;e kleinen Blaumäntelchen? Warum feh len sie allein? Eine Angst packt sie nein, es ist nicht möglich. . . und sie späht alle Tage voll Sorge nach dem Gitter tbor. Welche Freude! Sie sind es. Alle Beide. Aber ihre kleinen lieben Ge stalten sind in schwarze Trauermäntel gehüllt. . . Sie kommer daher, ganz ernst wie eingeschüchtert von dem plötzlich verödeten Hause, dem D'äm merlickt bei verschlossenen Fensterläden, den schnell beendeten Mahlzeiten, bei denen man nickt spricht, und dem Schlafengehen, ohne Daß Mama an das Bettchen tritt, um sie zu küssen. Es ist rührend und drollig zugleich, wenn man sie so gehen sieht, einander an den Händchen haltend, mit dem Ausdruck trauriger Verwunderung. Sie will sich erheben. Aber an der Seit der Kinder bemerkt sie deren V.i ter. ihn! Er ist auch ganz in Schwarz gekleidet, mit einem breiten Crepstrei fen am Hute. Sie ist also fort, die junge Frau. er von weither brachte und die an sei nem Arm gehangen war. so reizend. . . Und nicht die geringste Eifersucht blieb ihr gegen die Todte. Die Kinder bemerken sie von Wei tem. aber sie laufen ihr nicht entgegen, um sich Liebkosungen zu holen. Die Anwesenheit Papas , die schwarzen Kleidchen, in denen sie sich genirt füh len, schüchtern sie ein und machen sie unbeweglich und linkisch. Sie zeigen sie nur ihrem Vater mit dem Finger, er grüßt, ohne sich ztf nähern. Und wie sie vorüber sind, bleibt si: auf ihrer Bank zusammengesunken mit einem bösen Kältegefühl im Her zen. Eine Empfindung des Verlassen seins. der plötzlichen Vereinsamung überkommt sie, und sie sitzt da mit her- abhängenden Armen und dun Ichmerz durchwühlten Antlitz einer traurigen, bekümmerten Frau. Brenende Eifer sucht packt sie gegen die Todte, die alle Küsse ihrer Kinder mit sich gcnom men hat. wahrscheinlich auch die sei nen. . . Im Anfange, als. sie beim An blick der trauernden Kleinen das häus liche Drama errieth, hatte sie nur die Empfindung grenzenlosen Mitleids mit der jungen Mutter, die ihre Klei nen zum letzten Male sieht, durchschau ert. Ihre ganze Sympathie war mit der zarten blonden Frau gewesen, ihr H.rz warhrem mit Rosen und Lilien bedeckten Sarg gefolgt. Und nun waren alle diese Gefühle entschwunden, sie dachte nur an die Ri valin, die ihr den Geliebten geraubt hat, der die Kinder gehörten, die sonst die ihrigen wären und ihr Wille, gut zu bleiben, erweist sich ohnmächtig dieser krankhaften Erregung gegen über, die ihre Gemüthsruhe stört. Nach und nach, in den folgenden Tagen, laufen ihr die Kleinen"7?ieder zu. Es war wie ein neuer Anfang. Zu Be ginn die Schüchternheiten der ersten Zeit, dann das wachsende Vertrauen bis zur Freude der vollständigsten Freundschaft. Er begleitete täglich seine Kinder, aber ohne sich jemals zu nähern, er grüßte von Weitem, mit seinem trauri gen, schwarzen Hute. Eines Nachmittags sah sie ihn kom men. Allein. Er schien mit den Au gen zu suchen, und als er sie bemerkte, näherte er sich. Sie stellte sich, als ob sie weiter lese, aber die Finger zitterten auf der offenen Seite. Mein Fräulein!. . Er stand dicht vor ihr, ganz in Schwarz, dem harten Schwarz der fri scken Trauer. Es war das erste Mal, daß sie diese ernste Stimme hörte. Ich bitte um Entschuldigung, für das, was ich sagen werde, mein Fräu lein . . es ist- auch nicht der gebräuck liche Weg. . . aber Sie stehen über dem Conventwnellen. . . meine Kinder ha ben mir so oft von Ihnen gesprochen. . sie liefen Sie so sehr. . Seine Stimme senkte sich: Sie wissen, daß es im Hause keine Mama mehr gibt. . . wollen Sie ihre Stelle einnehmen?" Er hielt ihr die Hand hin. Sie schloß die Augen, betäubt von einem ungeahnten Glück, das sie nie er hont hatte. Und sie war ganz über rascht, daß diese unendliche Freude, die ihr von weit her zu kommen schien, die auf sie einströmte und die ihr ganzes Wesen berauschte, in ihrem Herzen Platz fand. Sie legte ihre Hand in die ihres Ge liebten: Tanke", sagte sie, Sie sind gut. ich bin glücklich über das. was Sie mir sagten. . ." Sie schloß wieder die Augen. Aber, wenn Sie wollen, möchte ich Ihre Freundin sein. . ganz einfach. . . und für die lieben Kleinen werde ich Frau Mama bleiben. . . es wird so besser fein. . " Denn plötzlich, mitten in ihrem Glücke, hatte sie sich ihrer bösen Ge danken von neulich erinnert, der Eiser sucht gegen die Entschlafene. Sie sagte sich, daß, wenn sie in jener Atmo sphäre leben müßte, wie Jene, dort, wo noch der Tust ihrer zarten Blondheit Alles durchströmte, wo sie jeden Augen blick durch Gegenstände, mit denen die Todte in Berührung gewesen, an sie erinnert wurde, sie jene furchtbare Ei fersuckt wieder packen würde; daß sie kämpfen mußte gegen jene unsichtbare Existenz, kämpfen und sich immer von Neuem verwunden! Und er selbst wür de nie ganz der Ihre werden, keine Macht der Welt, keine Zärtlichst könnte dieErinnerung an die Entschlc fene, der seine ganze Liebe zuströmt:, verhindern. Es ist unmöglich, zurückzugehen und die Vergangenheit wieder zu finden. Man kann das Leben nicht von Neue n beginnen. . Als der Abend herankam, verließ sie den Park. Sie ging langsam fort mit dem Schritte einer Wittwe. . . . müde. . . Frauenzimmer. Eine neue Erklärung für die Ablei tung des Wortes Frauenzimmer" gibt Prof. Friedrich Heidenhain. Die übliche Herleitung, wie die Wörter bücher sie geben, ist folgende: ..Frauen zimmer" bezeichnet erstens am Aus gang des Mittelalters das fürstliche Frauengemach, zweitens die Gesammt heit der darin wohnenden Frauen, drittens, seit etwa 1620 nachweisbar, eine Gesammtheit von Frauen über Haupt, und viertens, seit 1730, die ein zelne, besonders die vornehme Frau. Ueber das Erste und Zweite ist weiter nichts zu sagen. Der collektive Ge brauch des Wortes Frauenzimmer" etwa für ..Frauenvolk" ist uns heute fremd, aber er steht in engem Zusam menhang mit der ursprünglichen Be deutung des Wortes, und er läßt sich, wie Heidenhain in eine-r ganzen Reihe von Beispielen zeigt, in älteren Shrift stellern, besonders im Simplicissi mus" oft nachweisen: Frauenzimmer" ist darnach so gut ein Sammelname wie Flotte. Heer, Volk. Die schwersten Bedenken erheben sich dagegen gegen den Uebergang von der dritten zur vierten Bedeutung: aus dem Sammel namen Frauenzimmer" soll sich die einzelne Gattungsbezeichnung ent wickelt haben. Eine solche Bildung wäre ganz wider den Sprachgebrauch; der Verfasser weist auch die verschiede nen Analogien, die man zur Erklärung hat beibringen wollen, entschieden zu-j rück. Ferner zeigt er auch an Beispie-i len. daß das Wort in beiden Bedeu hingen, als Gattungsname und als Sammelname, in Opitz' Zeit neben einander gebraucht wurde, während die Sprache zu einer reaelwidrigen Bil- dunq doch Zeit nöthig 'gehabt hatte Heivenhain meint daher, daß die bei den Worte nichts miteinander zu thun haben, er will den Ursprung dieser Be zeichnung für die einzelnen Frauen auf eine ganz andere sprachliche Bildung zurückführen. Zimmer" bezeichnet im Mittelalter und ebenso noch im An fange des 19. Jahrhunderts nicht nur das Gemach, sondern auch den ganzen Bau. Frauenzimmer" konnte dem nach nicht nur wie bei der ältesten Ber Wendung des Wortes den Bau für die Frau, sondern ebensogut den Bau der Frau, ihren Aufbau, ihre Gestalt be deuten. Das ist eine einleuchtende Be zeichnung für die einzelne Frau, und daß es diese Bedeutung haben kann. wird für unser Empfinden klar, wenn wir, wie Schiller für das früber ein sache Bild" zur Verdeutlichung Ge bild" setzen, für Zimmer" ebenso Ge zimmer" sagen. Das Wort führt in einen Anschauungskreis, der noch eine ganze Anzahl von Ausdrücken halb ernster, halb scherzhafter Art geradezu zur Bezeichnung der Frau hergegeben hat. Kommt vom Zimmerhandwert auf den Mann wohl nur das alte fidele Haus", so auf die Frau das .stattliche Gebäude", das gute Ge stell", die ausgetakelte Fregatte" und zuguterletzt die alte Schachtel", wobei der letzte Ausdruck in Verbindung zu bringen ist mit der Burg, die dem Volke s h;u litsm" für achate lau" hieß und auf die Uneinnehmbar keit berechnet war. Zimmer" ist in diesem Sinne mit Bild" gleichzusetzen, das früher vielfach zur Bezeichnung für Mann und Frau benutzt wurde. Wie die Thätigkeit des Zimmermannes in ihrer thatsächlichen Ausübung, so hatte entsprechend auch das Wort zim mern" früher einen viel bedeutenderen Inhalt: es umfaßte nickt nur da- Zu sammenfügen der Hölzer zu einem Bau. sondern auch das Arbeiten am Holze, das bildhauermäßige Gestalten; es war ein Ausdruck des Volkes, des Arbeiters. Fragt man nun. was die Bildhauer - Zimmerleute mit dem Worte bezeichnet haben könnten, so weist Heidenhain darauf hin. daß Frau" in Zusammensetzungen häufig einen ganz besonderen Sinn bat. näm lich die Jungfrau Maria bezeichnet. Solche Bildungen und in Menge vor Handen: Frauenglas", Frauentage". Frauenkirche", u. s. w. Ebenso be deutete Frauenzimmer" gleich Frauenbild" für die Kreise des Hand Werks Marienbild." Ist aber dies der Sinn des Wortes, so wird seine Verwendung in allen Verästelungen klar. Das Holdselige, Anmuthige, Freundliche, zugleich aber auch das Er habene und Königliche war damit be zeichnet, und zwar bezog sick dies auf die äußere Erscheinung. So erklärt es sich auch, daß die Frauen wohl von anderen Frauen die Bezeichnung Frauenzimmer" gebrauchten, aber nie von sich selbst. Die Bescheidenheit ver bot es ihnen, sich unter die Schönen zu rechnen und verlangte wir Wcibsbil der". So erklärt es sich auch, daß wir zwar Mannsbild" neben Weibsbild", aber nicht Herrenzimmer" neben Frauenzimmer" gebrauchen. Vom Tandfahren. Bei der Geburt des kürzlich verun glückten Prinzen Albert von Sachsen herrschte im Palais des Prinzen Georg auf der Langestraße (heute Zinzendorf straße) in Dresden Freude und Jubel. Um der Wöchnerin die nöthige Ruhe zu verschaffen, hat man schon bei der Geburt des vorletzten Sohnes mit Glück versucht, durch Herbeischaffung eines mächtigen Sandhaufens zum Verarbeiten mit Schaufel. Rechen und Händen die prinzlichen Kinder an den Park zu fesseln. Auch diesmal hatte das Experiment den gewünschten Er folg. Die Prinzessinnen Mathilde und Maria Josepha (jetzt Gemahlin des Erzherzogs Otto) und die Prinzen Johann Georg und Max arbeiteten sammt und sonders, das Gesichtchen rgsig gefärbt von glühendem Eifer, an einem Phantasiebau im Festungsstil, zu welchem der neunjährige Prinz Friedrich August in strammer Haltung seine Befehle ertheilte. Prinzessin Mathilde warf zuweilen eine kluge Be merkung dazwischen; die kleinere? Ge sckwister waren eifrig, aber stumm bei der Arbeit. Eine Hofdame ging, die Gruppe überwachend, in der Nähe auf und ab. Auf einmal unterbricht der .'leine Prinz Max seine Arbeit und stützt sich auf seine Schaufel, um seiner Freude undNeugierde Worte zu leihen. Vas mag wohl das Brüderchen jetzt machen? O. wie hübsch, daß wir noch ein Brüderchen bekommen haben! Ma thil.'e. wer hat es denn zu uns ge braot?" Und nun gibtein jeder seine Weisheit zum besten. Die Ansicht, daß der Storch der Bringer sei, wird von der ' leinen Maria Josepha bestritten; nach ihrer Meinung hat ein Engel das Klei, .ste direkt aus dem Himmel her untergeholt. Prinz Friedrich Auguf ist do für, daß die Kinder aus demTeic. im großen Garten von einer kluger. Frau herausgefischt werden. Der fünfjährige Johann Georg aber unter bricht die Unterhaltung der Geschwister mit r em in bestimmter Tonars gemach ten Ausspruch: Ihr wißt alle nicht das Rechte. Aber ich weiß es. Alle mal wenn der Papa Sand fahren läßt, danri kriegen wir ein neues Kind." Zweierlei Auslegung. Pastor (der vom Barbier sehr häufig geschnitten wird): Ja. ja. der böse Schr aps!" Barbier: .Richtig. HGch würden! Die Haut wird sehr empfind lich!" AucheinVorzug. Heiratbs cand'idat: Schon recht, das Mädchen besitzt ein großes Vermögen, aber be denken Sie nur, es hinkt ja!" Hei rathsvermittler: Was macht das. je denfalls wird sie Ihnen nicht überall hin nachlaufen!"