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12 Feuilleton. HistorischerNomanausdtN Jahre« 1816 i s 1849. Au« demItalicnischenNebersetzt. Bartolo EapegU. (Fortsetzung.) Eine große Wohlthat für Bartolo bet. seiner Unerfahrenheit und seinem angM dornen Leichtsinne war der vertrat« Umgang mit dem Abbe Graziosi^dG ihm mit seinen Rathschlägen zur ©ettf stand, und ihn von den schlimmen Pfa den, auf die er unversehens gerathen war, auf den rechten Weg der Ordnung zurückführte. Dies verdanken diesem ausgezeichneten Manne viele junge Rö mer, und wohl ihnen, wenn alle bei den Ereignissen nach dem Tode des Papstes Gregor ihr Ohr noch seinen Worten offen gehalten hätten. Unter den Mit teilt, welche Graziös: in Anwendung brachte, war eines der besterdachten, daß er ihnen eine große Vorliebe für die Al terthumSkuudè beibrachte Er nahm Bartolo alle Woche zwei oder drei Mal mit in daS Vatikanische Museum, wo er mit Monsignore Mezzofanti bekannt wurde, der die Jugend herzlichst liebte und mit bewunrerungswürdiger Milde in die guten Wissenschaften und in die Lebren der Tugend einführtemanch mal hatte Bartolo das Glück, mit Mott signore in die Stadt in seiner Carosse zurückzufahren, und dieser vertraute Ver kehr mit dem großen Manne war für ihn eine lebendige Schule der Weisheit und tiefer Kenntnisse. Auch als Cardinal entzog Mezzofanti ihm die Liebe nicht, vie er ihm bethätigt hatte, als er das Museum und die Baticanische Biblio tbek besuchte. Als rer Cardinal daher von Flavia gehört hatte, daß Bartolo im Hause einer englischen Abenteurerin, eines bizarren, verschwenderischen und überaus verführerischen 'Weibes, viele Nächte einsprach und sich dort mit der heftigsten Leidenschaft dem Spiele ergab, suchte er ihn aus Mitleiden und um ihn vor rem Ruin seines Vermögens und Rufes zu retten, auf ehrenvolle Weife aus dieser gefährlichen schlinge zu lö sen. Als eaher der Papst höchstselbst einige Monumente der pelasgischen und cnclopischen Mauern von Latium be suchen wollte, sandte ihn der Cardinal mit einigen Kunstverständigen ab, um zu sehen, welche rarunter die schönsten und besterhaltenen seien. Bartolo rechnete sich das zur Ehre an, nahm mit den be rühmtesten Alterthumsforfcher und rö mischen Baumeister!:, Uli! dem Ritter Canina, dem Marchese Melchiorri, mit Bisconti und Campana und mit allen Andern, welche in dieser Sache eine Stimme haben konnten, Rücksprache dar über, besuchte alle Bergsoche der Abori qener. um die Spuren jener vieleckigen, riesigen Mauern aufzufinden, nahm Ameria und Spoleto in Umbrien in Besichtigung, durchzog die Lande der Aeqner und der Voksker und sah den Umkreis von Praeneste, suchte Norba, Segni, Sezze, Terracina und Circei auf, aber nichts dünkte ihm großartiger, als die hernikischen Mauern von Ferentino und die Citadelle von Alatri. Mit Verwunderung sah er die großen eckigen, verschiedenen, so fest in einander gefügten und verbundenen Felsmassen, maß ihre Länge, nahm ihre Form auf und betrachtete ihreMannigfaltigkeit. In der Porto sanguinaria und in dem zweiten Ringkreise der Akropolis von Ferentino ahnte er.die hohe Meisterschaft der Baumeister wie er aber auf die starken Befestigungen des Felsens von Alatri zurückblickte, die so fest, so wohl in einander griffen und so künstlich in den Ecken und Vorsprängen der Basteien durchgeführt waren, konnte er sich kaum mehr losmachen. Nachdetn er seinen Auftrag vollzogen, kehrte er nach Rom zurück, und hatte für die Wunder des Geistes und der Stärke der ersten Be wohner Italiens des Lobes so viel, daß rer Papst sich entschloß, die satumische Cèâdelle von Alatri zu besuchen. II. Alisa. Im Maianfange des JaPes 1846, an einem jener herrlichen Morgen des römischen Himmels, welche das Auge des fremden mit Verwunderung erfüllen, sah man auf dem Quirinalsplatze eine Reisekutsche daherrollen, in gutem Trotte bei den Quattro Fontane in die große Straße Santa Maria Maggiore emlen ken und vor der. Pforte des St. Diony siusklosters*) halten. Auf das Ziehen der Thürglocke hörte man die Pförtnerin zu einer andern Laienschwester sagen: „Rufet Alisa!"—Gesagt, 'gethan.—O, schon so frühe! Wohlauf!—Alisa, der Vater ist da i" Hr hättet da ein Mädchen von kaum §BkHn Jahren gesehen, die eine Reise- »••tett weißen Falten kragen und ein Jp rosafarbig gestreiftes Kleid mit WMem Leib,Perlmutterknöpfen, himmel blauen Bändern und feidnen Quasten und Stiefelchen von der Farbe des Tau senrschön trug, und die überaus leicht einherhüpfte und voll jungfräulichen Liebreizes war. Ihre Haare, von glän zendem, dunkelem Kastanienbraun, liefen vorn Scheitel glatt herab und nur unter den Ohren waren sie zu einem kleinen Zöpfchen geflochten, während sie, hinten hinaufgeknüpft, dem Kopfe einen unbe schreiblichen Reiz verleihen. Als sie hörte, daß ihr Vater sie an der Pforte er wartete, siel sie, mit flammenden: Gesicht und die Augen voll Thränen, bald ihren liefen Freundinnen um den Hals, welche gleichfalls unter Weinen und Schluch zen ihr ein schmerzliches Lebewohl sagten, balv warf sie sich ihren liebevollen Leh rennen in dieArme, hatte riefe und jene tausend Mal zu liebkosen und zu küssen Und während die Eine ihr den Saum der Jacke zurecht richtete und eine Ande re ihr eine Stecknadel in die Garnirung steckte, setzte ihr eine Laienschwester den Stohhut auf den Kopf, und ein Mäd chen, das unter ihnen war, tanzte vor ihr her, um ihr das seidene Band unter dem Kinne festzuknüpfen und ihr noch einen Kuß auf die Stirne zu drücken. Inzwischen kam Alisa durch das Ar beitszimnter, neigte sich einen Augenblick über eineZwillichstickerei, und wandte sich dann an eine Freundin mit den Worten: „Brav, Lauretta, wie wird das Deine Mutter an ihrem Festtage freuen O wie glücklich bist Du, daß Du noch eine Mutter hast!"—Und dann seufzte sie traurig. Als sie das Pianoforte sah, wollte sie ihre Finger nach einander dar über geleiten lassen unv noch ein Prälu dtutn und ein paar Läufe spiele», aber da sie an die Wendung eines Ganges kam, wo ein theures Mavonnenbilv war, welches alle Schülerinnen sehr verehrten, neigte sie sich vor dem Bilde, betrachtete eS mit der freudigsten Hingebung und sprach „O meine Mutter, sei Du mei ne Hüterin,—und Tu, Julie, vergiß mir doch dieBlumen an keinemTage Du weißt, raß sie von reit ersten Veilchen res Frühlings an bis zu reit letzten Astern des Herbstes jeVeu Tag ihren fri schen Strauß von mir bekam o, nimm doch diese Carafsine in Acht, sie ist von Porzellan von Sevres, zerbrich sie nicht, hörst Du V sie ist für rie Festtage das brennende Herzchen, das in die Mitte gemalt ist, ist meines."— Mit diesen Worten waren sie an ver Pforte angekommen, wo sich Alle auf ei nen Haufen drängten, noch einmal KÜU, Liebkosungen und Thränen austauschten, und wo sie dann von der Oberin dem Vater übergeben wurde, der sie in den Arm nahm und an den Kutschenschlag führte mit einem Sprunge war sie in der Chaise und fort. Sie setzte sich ein wenig in den Hintergrund und ließ den Kopf auf der Brust herabhangen, hielt ihr Taschentuch vor die Augen und sprach keine Sylbe, während ihr Vater, der sich lang hinstreckte und seine Füße auf dem Vordersitze aufstellte, die Ge fühle des Kindes achtete mt sie schweigend betrachtete. Es war Bartolo. Seit drei und einem halben Jahre hatte er seine gute, verständige Frau, die Flavia, verloren sie war nach der Geburt eines Knäb chens gestorben, nach welchem sie sich so sehr gesehnt, dem sie auch das Leben ge schenkt hatte aber es starb unter hefti gen Krämpfen der geängstigten Mutter in den Armen diese ward dadurch so heftig erschüttert, daß sie bald ihren Lei den erlag. Bartolo hatte jetzt nur noch seine erstgebome Tochter, die Alisa, wel che mit seiner Einwilligung von der Mutter schon als kleines Kind in das Kloster San Dionysio gebracht worden war, wo sie bei jenen frommen, gebilde- Die Nonnen von San Dionysia sind die Erzieherinnen der vornehmsten römischen weibli chen Jugend. ten Nonnen eine tugendhafte, sittsame und zugleich mit Allem wohl ausgestat tete Erziehung fand, wie sie sich für ein gebildetes und liebenswürdiges Mäd chen in und außer dem Hanfe geziemt. Alisa war schön, sie hatte einen feinen, scharfen Verstand, abe: eine überaus leb hafte Phantasie und einen leichten und munteren Sinn, ein weiches, reines und offenes, aber nur allzu leidenschaftliches, empfindsames und glühendes Herz. Bartolo hatte sich nach dem Tode sei ner Flavia zwar keinem ungeordneten Lebenswandel überlassen, allein gleich wohl fand er sich mehr alß nöthig in Gesellschaften von Fremden ein, welche inmitten aller Genüsse des Reichthums sich mit der Politik beschäftigten und bei den Tassen'und Gläsern die tiefsten und verwickeltsten Staatsfragen verhandelten. Gregor XVI. war ein Greis, aber er zeigte sich stets als einen großen Papst in der Lenkung der Kirche, als einen un besiegbaren Streiter gegen die Hinterlist einer kirchenfeindlichen Diplomatie: er war immer fest und unerschüttert in Auf rechthaltung des erhabenen Ranges des heiligen Stuhles gegenüber den katholi schen Cabinetten, stark und muthig, um die Gewalt und die Angriffe der hetero dorm Regierungen zn brechen, stets ein Freund, Unterstützer und Beförderer der Künste und der Wirtschaften, nament lich der philologischen, indem er bis an vas Enve seines Lebens eine große Freu de au den reichen, herrlichen Anstalt des etruskischen Museums im Vatican hatte. „Das ijt Alles recht", sagten die Freunde Bartolo's, wenn er, wie dies oft geschah, den alten Papst mit solchen Lob sprächen bedachte „aber Gregor ist für den Fortschritt der gegenwärtigen euro päischen Civilisation zu unbeugsam und unzugänglich er ist ein Feind des Lich tes, befehdet die neuen Erfindungen und macht sich eine Freude daraus, die auf lodernden Flammen italienischer Geister niederzudämpfen. Auch hat er von der Verwaltung gar keinen Begriff und läßt den Staat zu Grunde gehen, indem er ihn erbarmungslos mit immer neuen Schulden und Lasten beladet." „Es mag wahr sein," entgegnete Bar tolo, „was Ihr da von seiner Abneigung gegen den „Fortschritt" saget, der ihm von seinem Standpunkte als Papst in gewissenBeziehitngen nicht zusagen kann aber was die Ausgaben betrifft, so rührt die Schuld unserer Schäden nicht von ihm her, sondern von den Parteiitngett und Empörungen, welche in den römi schenStaaten und anderwärts ih^Haupt erhoben deshalb muß man die Schwei zer und Deutschen besolden. Aber glatt bet mir, wenn ein anderer Papst kommt und Italien in einen Bund zusammen tritt, wie das Gioberti in seinem „Pri mat" so meisterhaft andeutet, so werden wir Rom wieder erstehen unv unter dem Vorsitze des Papstes seine alte Würde wieder erlangen, dann.werden wir es in seiner ganzen Größe wieder aufblühen sehen." „Bah! glaubst Du," entgegnete ein Anderer, „daß der Deutsche sich einem italienischen Bunde fügen würde? Wie gutmüthig Du bist!" „O, was den Deutschen betrifft, so lei stet uns Casare Balbo in seinen „Hoff nungen Italiens" Bürgschaft dafür er hat ein ganz einfaches Mittel gefunden, sich seiner zu erwehren. Kurz, stellet nur ven Papst an die Spitze des italienischen Bundes, und Rom wird nicht allein sei ne Schulden bezahlen, sondern es wird groß und reich sein, und den andern Völkern Schätze leihen können, wie das in den verflossenen Jahrhunderten oft der Fall war, wo der Papst noch der Papst war und die Geschicke der christli scheu Welt lenkte." Der Eine sagte: „Das ist richtig!" Ein Anderer meinte: „Bartolo denkt immer an Alerander III. und den lom bardischen Städtebund und hat sich nun seinen Papst als das Haupt des italic Nischen Bundes in den Kopf gesetzt aber wenn wir keinen jungen Papst be kommen, der zu Pferde steigen kann und ein Herz wieNapoleon hat,—dann wird Dein Papst, mein lieber Bartvlo, sein Pluviale nicht ausziehen, und anstatt auf das Schlachtfeld zu reiten, wird er sich ans dem Tragfessel in den Vatican tragen lassen,—um uns den Segen zu geben." „Sachte, sachte, Freunde! Urban IV. war auch alt, und doch hat er zuerst an der Spitze seiner Wackeren sein Roß in den Garigliano getrieben, und Julius II. hatte auch schon manchen Freitag auf dem Rücken, als er in das Herz der Lombardei vordrang, die Seinigen zum Stunne führte und muthig durch die Bresche der überwundenenStavt einzog." —Bei diesen warmen Worten lachte die Gesellschaft, zwei aber sahen nicht gut dazu uud schwiegen. III. Einen solchen Lebenswandel führte Bartolo feit einigen Jahren: dem Papste treu aus Religiow und im Interesse Roms, aber begeistert für die Erhebung Italiens aus Liebe zum gemeinsamen Vaterlande ein Feind der geheimen Gesellschaften vermöge des Hochsinns seiner freien Brust hingegen wiederum ein Freund vieler Parteigänger theils aus Leichtsinn, theils aus Unwissenheit. Außer Alisa hatte er Niemanden mehr, und darum beschloß er, dieses kostbare Kleinod, das er über Alles in der Welt liebte, heim zu neh men, sich mit ihr zu brüsten, sie in Rom glänzen zu lassen und durch sie sein häusliches Leben gleichsam wieder zu verjüngen. Inzwischen war die Chaise bereits über die Porta San. Giovanni hinausgekommen und eilte rasch der Richtung von Albane zu hier wandte er sich an seine Tochter und brach das lange Schweigen: „Wohlauf", sagte er, trockne Deine "Thränen und heitere Dei ticn Vater auf. Du kannst nicht glau ben, wie sehnsüchtig ich diesen schönen Tag erwartete, der'mir der Anfang eines langen Glückes fein soll. Die Lust des Mai werden wir auf der Villa genießen, und hernach denke ich Dich nach Tosca na zu führen, wo ich Freunde habe und in Florenz, St'ena, Pisa und Livorno kannst Du jene Vergnügungen genießen, welche so blühende und schöne Städte gewähren und Dein Herz und Deinen Geist mit allen Kenntnissen schmücken, die Deiner Jugend geziemen. Und da mit Du daheim nicht allein seiest und Dich langweilest, habe ich Dir eine gute, tugendhafte Gesellschafterin erworben, die mit Dir leben und Dir mit ihrer Erfah rung, ihrer Annehmlichkeit und ihrem Wissen zur Seite stehen soll sei ihr eine Schwester und Freundin, damit sie Dir Beides auch sei, und zugleich wird sie Dich in den Wissenschaften und schönen Künsten üben, die sie meisterhaft ver steht." Und wirklich fand Alisa bei der An kunf in Albano im Gärtchen, das zum Hause führte, ein anständiges junges Frauenzimmer von etwa 28 Jahren, das sie erwartete und ihr dann freudig und lachend um den Hals fiel, sie küßte, in die Arme schloß ihren Arm nahm und sie in einen Salon führte hier knüpfte sie ihr das Hutband, strich ihr, wie das die Frauen thun, vie Haare über der Stirne ein wenig zurecht, und führte sie aus einen Divan, der nach der Glas thüre des den Garten beherrschenden Erkers schaute. Diese Gesellschaftsdame und Hos meisterin Alisa's war, wie angedeutet, gut und tugendhaft nach der frommen ^Meinung desjenigen, der sie dem Barto lo als geeignetste Lehrerin ves unschuldi gen Kindes in Vorschlag. brachte, das eben voll dummen Klosterglaubens aus der Hand von Betschwestern kam, wie es für ein schönes reiches Märchen JO I achtzigtausend Thalern—so viel hatte sie von ihrer Mutter—nicht passen konnte. Signora Polissena, eine Toscanerin, war in dem Mailänder Conservatorio für das Theater erzogen worden, und war bis in ihr zwanzigstes Jahr Tän zerin durch irgend einen Zufall kam sie durch einen ungarischen Mäcen von den Brettern in Berlin weg, unv begab sich varauf wieder nach Italien, wo sie in mehreren Städten Krankheiten homöo pathisch und magnetisch curirte. Sie war dabei eine „Italienerin" vom reinsten Wasser, voll heiliger Liebe zum Vaterlande, so daß sie kein Haar auf dem Kopfe hatte, das sie nicht dem jungen Italien geweiht hätte sie wußte aber das Geheimniß so gut zu verwah ren, daß der kleine Finger nicht merkte, was fein Nachbar trieb und dachte. Reiste sie von einer Stadt in eine an dere, so hatte sie immer gewisse mündliche Aufträge, die man dem Papiere nicht anvertrauen konnte sie war de^ keckste Böte, nahm die auf weißeSeide geschrie benen Nachrichten, nähte sie in den Hau benstock oder in Fischbeinzwischenräume ein, und da Seide nicht so knistert wie Papier, so war, wenn auch dann und wann ein Polizeibeamter nachsah, der Bösewicht immer der Gefoppte. Von diesen und ähnlichen Geschicklich feiten ahnte jßartolo im Geringsten nichts. PoliMa hatte ein jugendlich munteres Aussehen, ein offenes Gesicht, aufgeräumte, heitere Augen und wußte sich besser zu benehmen, als irgend Je mand auf der Welt für jede Unterhal tung hatte sie gewisse Sentenzen bei der Hand und verstand sie immer so am rechten Orte anzubringen, daß man nicht ernster und feierlicher reden konnte. Da und dort brachte sie betreffs der Er Hebung Italiens gewisse Ausrufungen an, die Bartolo ganz und gar zusagten, und beim Mittagstische unter der Jas minlaube wußte sie lang und breit von den geeignetsten Mitteln zu sprechen, um jene schöne Königin der Völker, die schlaff und träge in ihrem langen Elmd lag, wieder aus den Thron zu fetzen. In den ersten Tagen machte Alisa mit dem Vater oder mit der Polissena lange Spaziergänge unter den grünen, schatti gen Bucheichen-Alleen, die um die hohen Ufer des Albanerfee's stehen, bestieg den Monte Laziale, besuchte den alten Wald von Ferento oder das Wäldchen von Ncmt, dessen dunkele Schatten an den blutigen Dienst der Diana Ericina er innern hie und da besuchte sie die Ca pelle von Galloro, welche Jesuiten bedie neu, und wo die Bevölkerung von Ariern und das ganze Latium ein sehr altes wunderthätiges Bild der Himmelsköni gin verehrt, die das süße, sanfte Opfer unserer Herzen an die Stelle des grau sinnen Gebrauches der Menschenopfer der Beherrscherin der Walter, Diana's setzte. Inzwischen waren bereits vierzehn Tage verflossen, und das gute Kind bat nun die Polissena herzlich, sie möchte sie doch begleiten, da sie in der Liebfrauen tische von Galloro bei einem großen Je fuiten beichten wolle, den ihr ihre Lehre rin, die Mutter Oberm von Sanct Dio nysiuskloster, bezeichnet hatte. Bei die sent unerwarteten Verlangen umdüsterte sich die Stirne der Polissena sie konnte die Wuth, welche ihr die Nase schwellen machte, nur schlecht verhehlen und sagte. dann giftig, jedoch mit sanfter Stimme: „Wie meinst Du, mein lieber Engel? einem Jesuiten beichten Du bist so gut, hast eine so reine, edle, fromme Seele— und einem Jesuiten beichten? Das ist gerade, als wenn Du Dich selbst in das Grab legen wolltest. Weißt Du, daß die Jesuiten die größten Feinde jeder Tugend sind? daß sie mit vollendeter Schlauheit die jugendlichen Geister bet'r reit, in ihnen jede Lust und Freude zer stören und das Feuer der zartesten Ge fühle völlig auslöschen? Fielest Du in ihre scharfen Klauen,— dann wäre es aus mit der Liebe zu Deinem Vater sie würden es Dir zum Gebote machen, ihn nicht zu lieben. Und dann—Gott möge Dich davor bewahren, daß Du ihnen beichtest!—Deine Sünden würden jeden Samstag auf die Post und vor die Au gen des Generals kommen, der allemal an diesem Tage über das Sündenregi ster von allen Mädchen Betrachtungen hält, so daß, wenn ein junger Mann heirathen will, er nur von dem General das Register verlangt und sich über das ganze Thun und Trachten der armen Braut Licht verschafft. Die Jesuiten sind, wie Du siehst, elende, tückische, grausame Füchse im scheinheiligen Felle der Frömmigkeit vertraue Dich ihnen nicht an, wenn Du Deine Seele retten willst." Alisa war über tieft Vorlesung mehr als erstaunt, und fast ganz außer sich sagte sie: „Aber meine Mutter berichtete doch auch dem Pater Bonvicini, und sie war doch so gut und lieb, so geduldig nnd großherzig, daß sie für das Muster der römischen Frauen galt. Und im St. Dionysiuökloster sieht man doch auch von einigen Fenstern aus in den Gar ten des Jesuitennoviziats, und haben wir mehr als einmal mit der Gigia und der Carolina von einem Dachstübchen heimlich herausgeschaut und die Novi zen zu drei und drei hin- und hergehen und entweder völlig schweigen oder den Rosenkranz beten sehen, und obwohl sie Niemand sah, so hatten sie doch immer die Augen niedergeschlagen, waren doch immer so gefetzt und gesammelt, daß sie lauter kleine Heiligen zu fti schieln*. (Fortsetzung folgt.) \n\n Her Jude von Möns. Von Pater Bre«ciani. Der Wanderer. i e o i s s e n a