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3 Die Ansiedler em St! B»n Kranz Hoffmann. 19. Noch mehr Ansiedler. Der Stand der Colon isten wurde ich und nach ein Zufluchtsort fti mnnchfs arme, verlassene Geschöpf, wel che« Lebensmittel tmb ein Obdach suchte. Eines Tages fesselte ein kalter Regen und heftiger Sturm unsere Freunde in ihrer kleinen Hütte, als sie plötzlich, während sie ihre einfache Mahlzeit hiel ten, ein Stöhnen vor ihrer Thüre hoc ten. Jsabelle sah nach und öffnete die Thür. Ein armer, halb verhungerte Pudel sprang sogleich mit einem Satze in die Stube und schüttelte tüchtig ihren ganz von Regen eingeweichten Pelz. Diese kleine Freiheit, die er sich heraus «ahm, wurde ihm wegen der stürmi schen Liebkosungen verziehen, mit denen er alle Anwesenden überhäufte. Seine sehnsüchtigen Blicke verriethen seinen Hunger mitleidig reichte man ihm den Rest Suppe, der sich noch im Topfe vorfand, und von Stund an gehörte der Pudel zu den Hausgen ossen, und empfing den Namen Kantal, an den er se?r bald gewöhnt wurde. Ein anderes Mal zog Andreas eine junge, weiße Katze aus dem Flusse, die von grausamen Kindern in daS Wasser geworfen war, um sich an ihrem Zap peln und Pruhsten zu belustigen. An dreas nahm sich ihrer an, »tzttete sie und brachte sie nach Hause. Man nannte sie Minette sie wurde die muthwillige Freundin des mehr ernsthaften und würdigen Keniat, und theilte mit ihm die Liebe seiner Herren. Genau betrachtet waren eigentlich beitu unnüije und überflüssige Mäuler, da man weder Mäuse noch Diebe in der Hütte zu fürchten brauchte, indeß die neuen Ankömmlinge bezaHAlr^ 1 (Fortsetzung) Karl, nach seiner Gewohnheit, nichts «nbcnutzt zu lassen, zog manchen Vor theil für seinen Küchengarten aus aller lci Dingen, die sein reicher Nachbar nicht mehr achtete und brauchte. Die überflüssigen Abgänge seines reichen Gartens wurden von Karl fleißig ge sammelt, und belohnten durch fröhliches Gedeihen gewöhnlich die Sorgfalt, die man ihnen zuwendete. Hatte man B. Erdbeer-Stauden über die Hecke ge werfen, so wurden sie gewiß von auf merksamen Händen aufgelesen. Und der so gefundene Reichthum an den Strand in Sicherheit gebracht. In dieser Weise wurden hier allmählig die besten und feinsten Gemüse und Kräuter, und so gar Melonen und Gurken angebaut, und sehr bald sahen sich unsere Ansiedler im Stande, mancherlei zu verkaufen, ohne einen Hellet für Ankäufe ausgegeben zu haben. Per Gärtner Herrn Meißners hätte überhaupt, ohne seinem Herrn zu scha den, den fleißigen, armen Leuten man chen Vortheil zuwenden können, und etwas dieser Art lag auch ohne Zweifel in den Absichten des freundlichen Grei ses, aber der Gärtner zeigte sich wenig geneigt dazu. Dieser Mensch hatte einen harten, mißgünstigen Charakter, ynb war von Anfang an mit Karls Unternehmungen so unzufrieden gewe sen, daß er höhnisch prophezeit hatte, es würde niemals etwas Rechtes daraus werben.- Durch die Erfolge des jungen Cswnisten in seiner Eigenliebe verwun bet, erregte es nun seinen Unwillen, daß ein Fremder Vortheile aus dem zu zie-. hcn wußte, was er selber vernachlässigt hatte. Dieser neidische Zorn stieg, als er sehen mußte, daß der Wohlstand der Familie Bodry sich schnell genug be ftstii}te,. um vermuthen zu lassen, daß sie sich für immer auf den Grundstücken festsetzen würden, die seiner Aussicht übergeben waren. Bisher hatten sein Aerger und seine Mißgunst sich zwar nur in Spöttereien und Grimassen kuudgethan, bald aber trat er deutlicher mit seinen schlechten Absichten hervor. Er suchte zu verhindern, daß den armen Leuten die Abfälle seines Ueberflusses zu Theil würden. Susanne bemerkte es wohl, und beunruhigte sich darüber. Sic sagte: „Ich höre den Donner von weitem grollen. Gebe Gott, d'oß wir vor Unglück bewahrt bleiben!" „Pah," crimeberte Karl sorglos, „was kümmert mich der Gärtner Ist doch sein Herr für uns Pflege sollen Sie die Wolle des armen Thieres und seine Lämmer bekommen." „Einverstanden," erwiederte Karl zu frieden. Man behielt das Schaf, behandelte es mit einiger Sorgfalt, und heilte sei nen Schaden. Bald darauf warf es zwei Lämmer, welche die Stammeltern von mehreren anderen wurden. Diese Vermehrung machte den Bau eines Stalles nothwendig, und Karl, der sei ner Familie ein Obdach verschafft hatte, war we^en der Schafe nicht sonderlich verlegen. Bald glich der Strand einer kleinen Pachtung mit Haupt- und Ne bengebauden, und die Kinder hatten wieder einen willkommenen Zeitvertreib gefunden. Sie trieben die Schafe aus, um sie an den Hecken weiden und das sonst unbenutzte Gras an den Wegen aufsuchen zn lassen. Bald gab es auch genug Abfälle aus dem Garten, um eine junge Ziege zu ernähren, welche von Susanne gegen Schafwolle einge tauscht, und so aus den Händen eines Bauers gerettet worden war, der sie nach der Stadt zur Schlachtbank hatte führen wollen. „Wie viele Leben doch unser Karl ge rettet hat," sagte Jsabelle eines Tages, indem sie mit vergnügten Blicken Hund und Ziege, Katze und Lämmer betrach tete, die fröhlich und munter den Strand bevölkerten. Wir Alle müssen ihm dankbar dafür sein!" Nur Geflügel fehlte noch. Aber auch dafür sorgte Karl. Zuerst zähmte er ein Paar wilde Tauben. Dann sorgte er für junge Hühner den Hühnern wurden Enteneier zum Ausbrüten un tergelegt, und nicht lange, so wimmelte es von Vögeln, die sich auf dem Strande vortrefflich befanden, da es 'weder an Wasser, noc!. an Nahrung fehlte. Die kleinen Ansiedler hatten ihre Freude daran, sie fpefulirten weiter, und bald darauf schwammen auf dem See nicht mir Enten, sondern auch ein halbes Dutzend junge Gänse, die man sich aus Eiern zu zerschossen gewußt hatte. 20. Em Schiffbruch. In solcher Weise verbessertensich die Umstände dieser fleißigen und lugend hasten Familie mehr und mehr. Der eine Gewinn führte zu einem andern, der andere zum dritten und vierten. Vom Erlöse der Gemüse wurde Korn für den Geflügel-Hof gekauft, und für die Eier und jungen Hühner bekamen sie Geld genug, um sich selber zu erhal ten. Bei aller Armuth unserer Ansied ler hatten sie doch so viel, um niemals auch nur einen Grashalm auf unrecht mäßige Weise sich anzueignen. Da geschah eines Morgens, daß Karl nach einer stürmischen Gewitternacht, während seine kleineren Geschwister, ge wohnt an das Brausen und Rauschen der Wellen, noch fest schliefen, den gan zen Strand mit Holzstücken bedeckt sah. Es war augenscheinlich die Ladung eines untergegangenen Schiffes. Wie sich später herausstellte, hatten die Schiffer nur einen kleinen Nachen, und mit ihm ihr Leben gerettet, waren aber vom Sturme weit verschlagen worden. Karl wußte sogleich, was hier zu thun sei. Er rief die ganze Familie zu Hülfe, und Alle zeigten sich so geschäftig, daß in wenigen Stunden alles in ihrem Be- ~w toWta ch Jen sie srHAlich WiedexH^» anders Mal zog ein! Heerde Menno-Schafe, den Schäfer an ihrer Spitze, diwHund hinten drein, an der Hütte vorüber. Weder tyafl Bellen des Hundes, noch das Locken dil Schäfers konnten ein armes Schaf, das hinkend den einen Fuß nachschleppte und weit hinter den übrigen zurückblieb, bewegen, mit der Heerde gleichen Schritt zu halten. Karl bat um Mitleid für dieses arme Thier. „Aber was kann ich thun?" antwor tete der Schäfer. „Das Thier kann nicht mehr weit gehen, man sieht es wohl, und jedenfalls wird es nimmer mehr nach Deutschland kommen, wohin ich die Heerde führen muß." „Nein, gewiß nicht!" sagte Karl. „Es kann nicht eine Meile mehr laufen, und dann wird es umfallen, um nicht wie der auszustehen." „Nun denn, so nehmen Sie es, jun ger Freund," sagte der Schäfer, „und wenn ich nach der Schweiz zurückkomme, geben Sie mir es wieder. Für ihre reiche lieg«chd Holz in Sicherheit ge bracht war. (&£vi)a# HerrlichxSBu brennen und Hre Hütte heiW en, M^r ein solcher (Spante Jjjjp ihn'th fern sie woitii keilten 9fu|S vom Strandrechte ziehen, oder sich an dem Unglücke Anderer bereichern. Als einige Tage spater die armen Fischer kamen, um die Ueberbleibsel ihrer La» düng aufzusammeln, rief sie Karl her an. „Da nehmt Leute," sagte Karl, „es ist Alles, was wir in Sicherheit brin gen konnten!" N Die Leute, gerührt von diesem Be weise der Rechtschaffenheit, überhäuften Karl mit Danksagungen, und wollten ihm wenigstens einen Theil des Holzes zum Geschenk für seine Mühe aufdrin gen. Aber Karl wies Alles zurück, und die Mutter sagte: „Was wollt Ihr? Wir haben nur unsere Schuldigkeit ge than. Nehmt Euer Holz, und fahrt mit Gott!" „Oh, warum ist nicht unsere ganze Ladung in Eure Hände gefallen spra chen die Leute, und zogen gerührt da von. 21. Ein Gast. Als Karl eines Abends nach Hause ging, sah er einen Mann von ziemlich schlechtem Aussehen auf sich zukommen seine Kleider hingen ihm unordentlich am Leibe, und er zeigte Aufregung und Unruhe. Nach den Runzeln seines Ge sichts und seinen grauen Haaren zu schließen, konnte man ihn für etwa sech zig Jahre alt halten. Indem er mit dem Finger auf den Kahn deutete, sagte er: „Fahren Sie mich über, ich bitte darum, aus Barmherzigkeit!" „Unmöglich!" erwiederte Karl. Der Kahn ist morsch und gebrechlich, und Sie sehen selbst, wie aufgeregt der See ist. Aber selbst wenn er ganz ruhig wäre, würde ich es nicht wagen, Sie in einer so elenden Barke überzusetzen." „Aber, mein Himmel, wo werde ich dann die Nacht zubringen!" sagte der Unbekannte ängstlich. „In meiner Hütte, wenn es Ihnen recht ist, antwortete Karl treuherzig. „Ich kann Ihnen eine einfache Suppe und ein Strohlager anbieten." Der Fremde nahm diesen Vorschlag auf der Stelle an, und sie begaben sich nach der Hütte. Die Mutter stutzte. Der Mensch ge fiel ihr nicht, und sie empfand ein ge wisses Mißtrauen gegen ihn. Karl selbst hatte kein rechtes Vertrauen auf seinen Charakter indeß der Mann war alt, und seine Verlegenheit hatte ihm Mit leid eingeflößt. Nach dem kärglichen Abendessen unterhielten sie sich mit ein ander, und unsere Ansiedler bemerkten bald, daß, wie alt der Fremde auch sein mochte, doch die Weisheit des Alters nicht unter seinen grauen Haaren wi hnte. Der Unbekannte sprach sehr leidenschaftlich und unüberlegt. „Sie haben eine recht elende Woh nung," sagte er, indem er einen Blick be§ Mitleids um sich her wari. „Möge Gott sie uns erhalten!" er wiederte die Mutter. „Welch' ein Unterschied zwischen die ser Hütte und den Schlössern in der Nachbarschaft!" „Ei nun, man hat fast zu allen Zei ten Schlösser und Hütten gesehen." „Aber die Bewohner der Schlösser waren nie härter gegen die Armuth, als jetzt „Das kann ich nicht glauben, mein Herr, denn wir beweisen gerade das Gegentheil. Unser gütiger Nachbar hat uns gvoßmiithig ein Stück Land über lassen, .ohne irgend eine Vergütung da für zu ford-rn." „Ah, buser Grund und Boden ge hört Ihnen?" „Das nicht, aber..." „Ei nun, der Mann wartet, bis die Birne reif ist, und dann pflückt er sie," rief der Fremde höhnisch. „Aber kennen Sie diesen Mann?" fragte Karl aufgeregt und empört. „Pah, iglinge, n, waS sonst man „teefoi jutf! Mir haben also auch unftatitiredjt! ihn dies gut zu ma chen. Mißten wir demnach die Schlösser niederbrennen, und toötben bann besser wohnen, nicht wahr?" $ .Nein, nicht so, gute Frau. Die Schlösser müßten geschont, ihre Besitzer aber vor die Thür geworfen werden. Dann wären wir die Reichen und könnten Vergeltung üben!" „Ei, sehen Sie doch, das ist eine vor treffliche Moral! Wenn Ihnen mein Sohn Wein statt Wasser eingeschenkt hätte, so würde ich glauben .... Sie verstehen .... doch, entschuldigen Sie meine Heftigkeit! Aber ich bin Mutter, und da meine Kinder Ihnen zuhö ren..." „Sie wollen also, daß Ihre Kinder in der Täuschung erzogen werden „Ich bin eine Christin und will Chri sten in ihnen erziehen." „Die ersten Christen hätten Alles mit einander gemein." „Einige, aber nicht Alle! Das Evan gelium läßt Jedem die Freiheit." „Ja, es empfiehlt Barmherzigkeit, und die Reichen spotten darüber." „Einige, ja! Aber Sie thun jetzt dasselbe, denn Barmherzigkeit ist Liebe, und Sie predigen Haß!" „Sie sprechen sehr gerade heraus, und schonen Ihren Gast nicht, gute Frau!" „Und Sie vergessen, ich wiederhole es Ihnen, meine Kinder!" „Wie kann man an sich halten, wenn man sieht, daß die Hand der Bedrän ger noch geküßt wird!" Karl ergriff das Wort. „Ich leide nicht, man bedrängt mich nicht, noch küsse ich Jemandes Hand," sagte er. „Ich bin wohl arm, aber die ch wenigstens haben mir nichts genom men. Gott hat mir Kraft und Ver stand gegeben, ich benutze sie, und meine Umstände verbessern sich. In solcher Weise werden sich die meisten Reichen ihr Vermögen erworben haben, nämlich durch Fleiß und Einsicht." „Aber die jetzigen Besitzer?" „Sie sind die rechtmäßigen Erben Derer, die doch wohl mit ihrem recht mäßigen Eigenthum machen konnten, was sie wollten!" „Das bestreite ich!" „Also, wenn ich etwas verdient habe, steht mir nicht die Verfügung darüber zu?" „Nein!" „Nun denn, leben wir lustig!" sagte Karl spöttisch. „Ich werde mir gute Tage machen! Kein Sparen mehr! Alle gescheiten Menschen müssen in den Tag hinein leben, wie die Wilden, und wenn wir Korn haben, so fressen wir uns unter einander auf, wie sie!" Der Fremde wollte eine heftige Er wiederung geben, aber die Mutter fiel ihm in's Wort. „Es ist schon spät, mein Herr, und wir müssen früh auf stehen," sagte sie rasch. Das wird Sie nicht wundern, denn wir armen Leute leben von der Arbeit. Gute Nacht!" Nach diesen Worten entfernte sie sich mit den jüngeren Kindern. Karl be redete dem Fremden ein Strohlager, und sagte: „Ich möchte Ihnen etwas Besseres anbieten können, indessen hoffe ich, daß Sie gute Ruhe finden werden dos Bett macht nicht den Sch las." 22. Da« Glück der Armen. Am nächsten Tage verli- der Fremde seine Wirt he sehr zeitig, ohne seinen Namen zu nennen oder etwas von sei nen nächsten Absichten zu öerrathen. AIS er in's Freie kam, sah er sich miß trauisch un, wie Jemand, der verfolgt z» werden fürchtet, und eilte rasch da von. »Er geht sehr unzufrieden von uns," sagte Jsabelle, „weil-er uns nicht ein reden konnte, daß wir die unglücklich sten Menschen von der Welt wären." Allerdings war dies dem Menschen mißlungen, denn unsere Freunde fühl alle Reichen sind einander sich in der Thal glücklich. Und.mit gleich, junger Mann, egoistisch, hart und arglistig!" „Ich gebe zu, sprach Susanne, „daß man von allen Menschen viel BöseL sagen kann, ta Gottes Sohn um der Menschheit Sünden willen sein Blut vergießen mußte. Aber Sie tadeln nur die Reichen! Die Armen besitzen also Ihrer Meinung nach alle Tugenden Recht! Hatten sie denn nicht Alles, was das wahre Glück ausmacht? Ein reines Gewissen, Gesundheit, Arbeit, die Anwesenheit aller ihrer Lieben, und die herrlichste Natur, deren schönste Seiten vor ihnen aufgeschlagen lagen.? Su sänne, von ihren Kindern umgeben und von ihren Liebkosungen überhäuft, sagte manches Mal: „Ihr habt eingesehen, daß die 9tci chen Euch. MaiiHeS überlassen bähen., was zum Leben dienlich Ihr und habt geeriGtet, gingen, nützlich ist wo Viele vorüber- ohne ÄwaS für sie res zu sehen. Brauchba- Und noch köstlichere Vor- theile sind Euer, Der Ehrgeizige, der sich in große Städte vergräbt, wo cS ihm an Licht, Luft und Rannt mangelt, verzichtet auf das Schönste: die Natur. Andere, die auf dem Lande wohnen, aber ihr Herz an den Mammen hau gen und nur leben, um Gold anfzu häufen, finden nie Zeit, ihre Augen zu erheben und den Urheber aller Dinge zu preisen. Der blaue Himmel wölbt sich über ihnen, und sie denken nicht daran! Die grünen Felder, die Berge, der See mit seinen köstlichen Ufern, die Euch schönere Bilder zeigen, als ein Künstler sie malen kann, Alles ist für die habsüchtigen Menschen nicht da! Sie durchschreiten diese prachtvolle Na tur und sehen nichts, als ihre Thaler, die ihnen nur Sorge machen. Laßt Anderen die Mühe, Gelder aufzuhäu fen, zu verwalten und zu erhalten! Das tägliche Brot) fehlt unserem Tische nicht, und wir verdienen es redlich durch Ar beit, die zugleich unsere Freude ist. Ich bin eine arme Wittwe und besitze nur un sere kleine Hütte! Aber diese Hütte ver danke ich der Liebe meines Sohnes, und ich schlafe in ihr unter seiner treuen Hut, während die reiche Mutter in ihrem prächtigen Paläste vielleicht um ihren abwesenden Sohn weint, der bis an das Ende der Welt geht und tau send Gefahren trotzt, nur um sein gro ßes Vermögen noch zu verdoppeln. Un sere Wohnung ist klein, Kinder, ja! aber ist sie Euch schon zu eng geworden bei Tische oder am heimischen Herde Wenn wir Raum haben wollen, so brauchen wir ja nur in's Freie zu gehen unter die herrliche Kuppel, die des All mächtigen Hand über uns ausgespannt und mit unzähligen Sternen geschmückt hat! Unsere Zukunft, sagt man frei lich, ist nicht gesichert! Aber Wessen Zukunft wäre dies? Reich oder arm, Niemand vermag auf die nächste ©tun de zu zählen! Sind die Reichen bei all' ihren Gütern ruhiger, als wir? O nein, sie empfinden tausend Mal mehr Unruhe, und oft genug rechtfertigen die Ereignisse ihre Befürchtungen. Sie verlassen sich aus sich selbst und müssen häufig erfahren, daß Menfchenweisheit nur eine schwache Stutze ist. Der Arme dagegen verläßt sich auf Gott den Herrn, und siehe, der Ewige beschützt ihn wunderbar! 23. Die Schule am Strände. Eine so weise Mutter konnte natür lich nicht versäumen, den Geist ihrer Kinder auszubilden. Die häuslichen Andachten wurden regelmäßig am häuslichen Hcrde gehalten, und einige gute Erbauungsbücher ersetzten den Mangel an gelehrten Schriften. Wie schon erwähnt, war Susanne nicht ohne Bildung. Von ihrem Va ter sorgfältig erzogen, übertrug sie auf ihre Kinder diese Erbschaft der Weis heit. Die Hütte war zugleich der Schul saal, und an demselben Tische, wo die Kinder ihre leibliche Nahrung erhiel ten, empfing auch ihr Geist die Speise, die ihm nothwendig ist. Die langen Winterabende waren besonders dem Lernen gewidmet, und Karl hatte zu diesem Zwecke ein große? Brett polirt und schwarz gefärbt, welches die ge wöhnliche Wand-Tafel in den Schulen ersetzen mußte. Es erfüllte auch ganz gut seine Bestimmung. Wenn es auch jeden Tag abgewischt wurde, ließ es doch im Gedächtnisse der Kinder die Lehren zurück, welche am Abend vorher auf der Tafel verzeichnet standen. Wenn Frau Susanne ihren Kindern auch nicht Vieles lehrte, so leitete sie sie wenigstens an, einen richtigen Gebrauch von ihren Fähigkeiten zu machen, alle Dinge genau zu beobachten, geduldig zu suchen, was sie zu finden hoffen durften, ohne Bedauern auf Alles zu verzichten, was ihnen unerreichbar lag, a N a selbst nicht zu sehr, das war der Grundkern aller ihrer Lehren. Wie oft wurde das Leben unseres Heilan des in dieser Hätte in Betrachtung ge zogen, und gewiß, nirgends konnte man dieses Leben besser verstehen. Die Kinder SusannenS sahen um sich den 6« chenezareth, die Berge von JudSa^ den Stall von Bethlehem, feine Wei* den, feine Heerde»! Wären sie denn nicht auch Schäfer, wie die ersten An Hänger Jesu I Waren sie denn nicht auch Fischer, wie seine Apostel? .. Einige Elementar-Bücher machten die Kinder genauer mit Geschichte, Geo graphie, Rechnen und Grammatik be könnt, als wenn sie in eine der dama ligen Schulen gegangen wären, denn: Alles wurde hundert Mal wiederholt, und gesprächsweise theilten die Mutter und Karl den Usbrigen mit, was sie selbst wußten. Die Gelegenheiten, pas send benutzt, thaten das Uebrige. Klei nere und größere Aufgaben im Rechnen u. f. w. wurden gestellt und gelöst, wie es der Augenblick mit sich brachte, und fast ohne Anstrengung machten die Klei nen ansehnliche Fortschritte. Das Ufer des See's war zum Theil. mit feinem Sande bedeckt. Man be nutzte die Fläche bei Spaziergängen,, um mit einem Stückchen Holz darauf zu malen und zu schreiben. Karl ließ, die Jüngeren sich belustigen, Dreiecke,. Vierecke und andere mathematische Fi guren zu zeichnen, ließ sie die Umrisse verschiedener Lander ziehen, und, roenn die Versuche auch nicht immer gelan gen, dienten sie doch dazu, allmählig Gedächtniß und Augenmaß zu schärfen. Eines Tages, als Frau Susanne allein am Strande entlang ging, las sie die Worte im Sande: „Lieber Gott,, erhalte uns unsere Mutter!" Kleine Wellen spielten ganz nahe bis an die Inschrift, aber sie berührten sie nicht.. Dann und wann drohte wohl eine nä her, aber immer zerrann sie wieder an. der äußersten Grenze. Die gerührte Mutter blieb einige Augenblicke stehen,, um zu beobachten, was daraus werden würde. Nach und nach beruhigten sich die Wellen, und das kleine Gebet blieb, noch für einige Zeit erhalten. Nun konnte die gute Susanne ihrerseits einige Worte der Bitte hinzuzufügen.. Mit einem Stäbchen schrieb sie: „Lie ber Gott, erhalte mir meine Kinder!" Es war dies Alles wohl nur eine. Spielerei, aber sie zeigte doch, wie herz lich die ganze Familie einander liebte,, und ich wollte sie deshalb nicht uner wähnt lassen. Oft las Karl last vor, und zwar im mer gute einfache Bücher, die auf die Vergänglichkeit des Irdischen hindeute ten und alles Heil allein in der Er kenntnis! Gottes finden lehrten. Es wurde in der Hütte zuweilen auch gesungen, man fang im Garten, am Strande, auf dem See. Unsere Freunde fangen wie die Vögel, kunstlos und ein fach, nur um ihrer immer heiteren Stimmung einen Ausdruck zu geben. Sie lernten diese Gesänge von ihrer Mutter, die sie einst auf den Knieen ihres Großvaters gesungen hatte. Es waren Bilder aus dem ländlichen Leben, Gebete des Schäfers, des Fischers, des Matrosen. Die Melodien, eben so ein fach wie die Worte, paßten für wenig gebildete, aber '.eine und sichere Stim men. Oft wohl frug sich still ein Wan dcrsmann, der auf der Landstraße Abends vorüberging und die rührende Harmonie hörte, ohne die Sänger zu bemerken, ob vielleicht Engel dies Uf.r bewohnten, und was für lieblich-from me, von weltlichen Liedern fo ganz ver fchiedene Gesänge dies wären? 24. Neue Pläne. Zwei Jahre verstrichen so, von denen jeder Tag Zeugnis} von neuen Fort schritten gab. Die Ländereien hatten sich fortwährend vergrößert, indem KarL immer besser lernte, den Fluß zu be herrschen, und sune Eroberungen durch immer höhere und festere Dämme zu* schützen. Er entnahm dem See selbst Waffen gegen ihn, indem er große Cra nilblöcke aus dem Wasser walzte, unt einen Wall daraus zu errichten, an wel chem die grimmigste Wuth der Wogen zerschellen mußte. Zwei zufällige Umstände waren un iern Ansiedlern äußerst günstig. Matt besserte die Landstraße aus, was die Wegschaffung vielen Erdreichs zur Folge hatte. Karl bot sogleich seine Ufer ftrecke zum Ablade» Platze an, der In genieur ging darauf ein, und nun. brauchte er nur die Stellen zu bezeich nen, wo man die Erde hinbringen sollte Dies war für ihn eine gerade vom Him mel gefallene Wohlthat, wie der Rege» eine solche für den Gärtner ist, (Fortsetzung folgt.).