3
Die
Ansiedler em St!
B»n Kranz Hoffmann.
19.
Noch mehr Ansiedler.
Der Stand der Colon isten wurde
ich und nach ein Zufluchtsort fti
mnnchfs arme, verlassene Geschöpf, wel
che« Lebensmittel tmb ein Obdach suchte.
Eines Tages fesselte ein kalter Regen
und heftiger Sturm unsere Freunde in
ihrer kleinen Hütte, als sie plötzlich,
während sie ihre einfache Mahlzeit hiel
ten, ein Stöhnen vor ihrer Thüre hoc
ten. Jsabelle sah nach und öffnete die
Thür. Ein armer, halb verhungerte
Pudel sprang sogleich mit einem Satze
in die Stube und schüttelte tüchtig ihren
ganz von Regen eingeweichten Pelz.
Diese kleine Freiheit, die er sich heraus
«ahm, wurde ihm wegen der stürmi
schen Liebkosungen verziehen, mit denen
er alle Anwesenden überhäufte. Seine
sehnsüchtigen Blicke verriethen seinen
Hunger mitleidig reichte man ihm den
Rest Suppe, der sich noch im Topfe
vorfand, und von Stund an gehörte
der Pudel zu den Hausgen ossen, und
empfing den Namen Kantal, an den er
se?r bald gewöhnt wurde.
Ein anderes Mal zog Andreas eine
junge, weiße Katze aus dem Flusse, die
von grausamen Kindern in daS Wasser
geworfen war, um sich an ihrem Zap
peln und Pruhsten zu belustigen. An
dreas nahm sich ihrer an, »tzttete sie und
brachte sie nach Hause. Man nannte
sie Minette sie wurde die muthwillige
Freundin des mehr ernsthaften und
würdigen Keniat, und theilte mit ihm
die Liebe seiner Herren.
Genau betrachtet waren eigentlich
beitu unnüije und überflüssige Mäuler,
da man weder Mäuse noch Diebe in
der Hütte zu fürchten brauchte, indeß
die neuen Ankömmlinge bezaHAlr^
1
(Fortsetzung)
Karl, nach seiner Gewohnheit, nichts
«nbcnutzt zu lassen, zog manchen Vor
theil für seinen Küchengarten aus aller
lci Dingen, die sein reicher Nachbar
nicht mehr achtete und brauchte. Die
überflüssigen Abgänge seines reichen
Gartens wurden von Karl fleißig ge
sammelt, und belohnten durch fröhliches
Gedeihen gewöhnlich die Sorgfalt, die
man ihnen zuwendete. Hatte man
B. Erdbeer-Stauden über die Hecke ge
werfen, so wurden sie gewiß von auf
merksamen Händen aufgelesen. Und der
so gefundene Reichthum an den Strand
in Sicherheit gebracht. In dieser Weise
wurden hier allmählig die besten und
feinsten Gemüse und Kräuter, und so
gar Melonen und Gurken angebaut, und
sehr bald sahen sich unsere Ansiedler im
Stande, mancherlei zu verkaufen, ohne
einen Hellet für Ankäufe ausgegeben
zu haben.
Per Gärtner Herrn Meißners hätte
überhaupt, ohne seinem Herrn zu scha
den, den fleißigen, armen Leuten man
chen Vortheil zuwenden können, und
etwas dieser Art lag auch ohne Zweifel
in den Absichten des freundlichen Grei
ses, aber der Gärtner zeigte sich wenig
geneigt dazu. Dieser Mensch hatte
einen harten, mißgünstigen Charakter,
ynb war von Anfang an mit Karls
Unternehmungen so unzufrieden gewe
sen, daß er höhnisch prophezeit hatte,
es würde niemals etwas Rechtes daraus
werben.- Durch die Erfolge des jungen
Cswnisten in seiner Eigenliebe verwun
bet, erregte es nun seinen Unwillen, daß
ein Fremder Vortheile aus dem zu zie-.
hcn wußte, was er selber vernachlässigt
hatte. Dieser neidische Zorn stieg, als
er sehen mußte, daß der Wohlstand der
Familie Bodry sich schnell genug be
ftstii}te,. um vermuthen zu lassen, daß
sie sich für immer auf den Grundstücken
festsetzen würden, die seiner Aussicht
übergeben waren. Bisher hatten sein
Aerger und seine Mißgunst sich zwar
nur in Spöttereien und Grimassen
kuudgethan, bald aber trat er deutlicher
mit seinen schlechten Absichten hervor.
Er suchte zu verhindern, daß den armen
Leuten die Abfälle seines Ueberflusses
zu Theil würden. Susanne bemerkte
es wohl, und beunruhigte sich darüber.
Sic sagte: „Ich höre den Donner von
weitem grollen. Gebe Gott, d'oß wir
vor Unglück bewahrt bleiben!"
„Pah," crimeberte Karl sorglos,
„was kümmert mich der Gärtner Ist
doch sein Herr für uns
Pflege sollen Sie die Wolle des armen
Thieres und seine Lämmer bekommen."
„Einverstanden," erwiederte Karl zu
frieden.
Man behielt das Schaf, behandelte
es mit einiger Sorgfalt, und heilte sei
nen Schaden. Bald darauf warf es
zwei Lämmer, welche die Stammeltern
von mehreren anderen wurden. Diese
Vermehrung machte den Bau eines
Stalles nothwendig, und Karl, der sei
ner Familie ein Obdach verschafft hatte,
war we^en der Schafe nicht sonderlich
verlegen. Bald glich der Strand einer
kleinen Pachtung mit Haupt- und Ne
bengebauden, und die Kinder hatten
wieder einen willkommenen Zeitvertreib
gefunden. Sie trieben die Schafe aus,
um sie an den Hecken weiden und das
sonst unbenutzte Gras an den Wegen
aufsuchen zn lassen. Bald gab es auch
genug Abfälle aus dem Garten, um
eine junge Ziege zu ernähren, welche
von Susanne gegen Schafwolle einge
tauscht, und so aus den Händen eines
Bauers gerettet worden war, der sie
nach der Stadt zur Schlachtbank hatte
führen wollen.
„Wie viele Leben doch unser Karl ge
rettet hat," sagte Jsabelle eines Tages,
indem sie mit vergnügten Blicken Hund
und Ziege, Katze und Lämmer betrach
tete, die fröhlich und munter den Strand
bevölkerten. Wir Alle müssen ihm
dankbar dafür sein!"
Nur Geflügel fehlte noch. Aber auch
dafür sorgte Karl. Zuerst zähmte er
ein Paar wilde Tauben. Dann sorgte
er für junge Hühner den Hühnern
wurden Enteneier zum Ausbrüten un
tergelegt, und nicht lange, so wimmelte
es von Vögeln, die sich auf dem Strande
vortrefflich befanden, da es 'weder an
Wasser, noc!. an Nahrung fehlte. Die
kleinen Ansiedler hatten ihre Freude
daran, sie fpefulirten weiter, und bald
darauf schwammen auf dem See nicht
mir Enten, sondern auch ein halbes
Dutzend junge Gänse, die man sich aus
Eiern zu zerschossen gewußt hatte.
20.
Em Schiffbruch.
In solcher Weise verbessertensich die
Umstände dieser fleißigen und lugend
hasten Familie mehr und mehr. Der
eine Gewinn führte zu einem andern,
der andere zum dritten und vierten.
Vom Erlöse der Gemüse wurde Korn
für den Geflügel-Hof gekauft, und für
die Eier und jungen Hühner bekamen
sie Geld genug, um sich selber zu erhal
ten. Bei aller Armuth unserer Ansied
ler hatten sie doch so viel, um niemals
auch nur einen Grashalm auf unrecht
mäßige Weise sich anzueignen.
Da geschah eines Morgens, daß Karl
nach einer stürmischen Gewitternacht,
während seine kleineren Geschwister, ge
wohnt an das Brausen und Rauschen
der Wellen, noch fest schliefen, den gan
zen Strand mit Holzstücken bedeckt sah.
Es war augenscheinlich die Ladung
eines untergegangenen Schiffes. Wie
sich später herausstellte, hatten die
Schiffer nur einen kleinen Nachen, und
mit ihm ihr Leben gerettet, waren aber
vom Sturme weit verschlagen worden.
Karl wußte sogleich, was hier zu thun
sei. Er rief die ganze Familie zu Hülfe,
und Alle zeigten sich so geschäftig, daß
in wenigen Stunden alles in ihrem Be-
~w
toWta ch
Jen sie srHAlich
WiedexH^» anders Mal zog ein!
Heerde Menno-Schafe, den Schäfer
an ihrer Spitze, diwHund hinten drein,
an der Hütte vorüber. Weder tyafl
Bellen des Hundes, noch das Locken dil
Schäfers konnten ein armes Schaf, das
hinkend den einen Fuß nachschleppte
und weit hinter den übrigen zurückblieb,
bewegen, mit der Heerde gleichen Schritt
zu halten. Karl bat um Mitleid für
dieses arme Thier.
„Aber was kann ich thun?" antwor
tete der Schäfer. „Das Thier kann
nicht mehr weit gehen, man sieht es
wohl, und jedenfalls wird es nimmer
mehr nach Deutschland kommen, wohin
ich die Heerde führen muß."
„Nein, gewiß nicht!" sagte Karl. „Es
kann nicht eine Meile mehr laufen, und
dann wird es umfallen, um nicht wie
der auszustehen."
„Nun denn, so nehmen Sie es, jun
ger Freund," sagte der Schäfer, „und
wenn ich nach der Schweiz zurückkomme,
geben Sie mir es wieder. Für ihre
reiche lieg«chd Holz in Sicherheit ge
bracht war. (&£vi)a# HerrlichxSBu
brennen und Hre Hütte heiW
en, M^r ein solcher (Spante Jjjjp
ihn'th fern sie woitii keilten 9fu|S
vom Strandrechte ziehen, oder sich an
dem Unglücke Anderer bereichern. Als
einige Tage spater die armen Fischer
kamen, um die Ueberbleibsel ihrer La»
düng aufzusammeln, rief sie Karl her
an.
„Da nehmt Leute," sagte Karl, „es
ist Alles, was wir in Sicherheit brin
gen konnten!"
N
Die Leute, gerührt von diesem Be
weise der Rechtschaffenheit, überhäuften
Karl mit Danksagungen, und wollten
ihm wenigstens einen Theil des Holzes
zum Geschenk für seine Mühe aufdrin
gen. Aber Karl wies Alles zurück, und
die Mutter sagte: „Was wollt Ihr?
Wir haben nur unsere Schuldigkeit ge
than. Nehmt Euer Holz, und fahrt
mit Gott!"
„Oh, warum ist nicht unsere ganze
Ladung in Eure Hände gefallen spra
chen die Leute, und zogen gerührt da
von.
21.
Ein Gast.
Als Karl eines Abends nach Hause
ging, sah er einen Mann von ziemlich
schlechtem Aussehen auf sich zukommen
seine Kleider hingen ihm unordentlich
am Leibe, und er zeigte Aufregung und
Unruhe. Nach den Runzeln seines Ge
sichts und seinen grauen Haaren zu
schließen, konnte man ihn für etwa sech
zig Jahre alt halten. Indem er mit
dem Finger auf den Kahn deutete, sagte
er: „Fahren Sie mich über, ich bitte
darum, aus Barmherzigkeit!"
„Unmöglich!" erwiederte Karl. Der
Kahn ist morsch und gebrechlich, und
Sie sehen selbst, wie aufgeregt der See
ist. Aber selbst wenn er ganz ruhig
wäre, würde ich es nicht wagen, Sie in
einer so elenden Barke überzusetzen."
„Aber, mein Himmel, wo werde ich
dann die Nacht zubringen!" sagte der
Unbekannte ängstlich.
„In meiner Hütte, wenn es Ihnen
recht ist, antwortete Karl treuherzig.
„Ich kann Ihnen eine einfache Suppe
und ein Strohlager anbieten."
Der Fremde nahm diesen Vorschlag
auf der Stelle an, und sie begaben sich
nach der Hütte.
Die Mutter stutzte. Der Mensch ge
fiel ihr nicht, und sie empfand ein ge
wisses Mißtrauen gegen ihn. Karl selbst
hatte kein rechtes Vertrauen auf seinen
Charakter indeß der Mann war alt,
und seine Verlegenheit hatte ihm Mit
leid eingeflößt. Nach dem kärglichen
Abendessen unterhielten sie sich mit ein
ander, und unsere Ansiedler bemerkten
bald, daß, wie alt der Fremde auch sein
mochte, doch die Weisheit des Alters
nicht unter seinen grauen Haaren
wi hnte. Der Unbekannte sprach sehr
leidenschaftlich und unüberlegt.
„Sie haben eine recht elende Woh
nung," sagte er, indem er einen Blick
be§ Mitleids um sich her wari.
„Möge Gott sie uns erhalten!" er
wiederte die Mutter.
„Welch' ein Unterschied zwischen die
ser Hütte und den Schlössern in der
Nachbarschaft!"
„Ei nun, man hat fast zu allen Zei
ten Schlösser und Hütten gesehen."
„Aber die Bewohner der Schlösser
waren nie härter gegen die Armuth, als
jetzt
„Das kann ich nicht glauben, mein
Herr, denn wir beweisen gerade das
Gegentheil. Unser gütiger Nachbar hat
uns gvoßmiithig ein Stück Land über
lassen, .ohne irgend eine Vergütung da
für zu ford-rn."
„Ah, buser Grund und Boden ge
hört Ihnen?"
„Das nicht, aber..."
„Ei nun, der Mann wartet, bis die
Birne reif ist, und dann pflückt er sie,"
rief der Fremde höhnisch.
„Aber kennen Sie diesen Mann?"
fragte Karl aufgeregt und empört.
„Pah,
iglinge,
n, waS
sonst
man
„teefoi jutf! Mir haben also auch
unftatitiredjt! ihn dies gut zu ma
chen. Mißten wir demnach die Schlösser
niederbrennen, und toötben bann besser
wohnen, nicht wahr?" $
.Nein, nicht so, gute Frau. Die
Schlösser müßten geschont, ihre Besitzer
aber vor die Thür geworfen werden.
Dann wären wir die Reichen und
könnten Vergeltung üben!"
„Ei, sehen Sie doch, das ist eine vor
treffliche Moral! Wenn Ihnen mein
Sohn Wein statt Wasser eingeschenkt
hätte, so würde ich glauben .... Sie
verstehen .... doch, entschuldigen Sie
meine Heftigkeit! Aber ich bin Mutter,
und da meine Kinder Ihnen zuhö
ren..."
„Sie wollen also, daß Ihre Kinder
in der Täuschung erzogen werden
„Ich bin eine Christin und will Chri
sten in ihnen erziehen."
„Die ersten Christen hätten Alles mit
einander gemein."
„Einige, aber nicht Alle! Das Evan
gelium läßt Jedem die Freiheit."
„Ja, es empfiehlt Barmherzigkeit,
und die Reichen spotten darüber."
„Einige, ja! Aber Sie thun jetzt
dasselbe, denn Barmherzigkeit ist Liebe,
und Sie predigen Haß!"
„Sie sprechen sehr gerade heraus,
und schonen Ihren Gast nicht, gute
Frau!"
„Und Sie vergessen, ich wiederhole es
Ihnen, meine Kinder!"
„Wie kann man an sich halten, wenn
man sieht, daß die Hand der Bedrän
ger noch geküßt wird!"
Karl ergriff das Wort. „Ich leide
nicht, man bedrängt mich nicht, noch
küsse ich Jemandes Hand," sagte er.
„Ich bin wohl arm, aber die ch
wenigstens haben mir nichts genom
men. Gott hat mir Kraft und Ver
stand gegeben, ich benutze sie, und meine
Umstände verbessern sich. In solcher
Weise werden sich die meisten Reichen
ihr Vermögen erworben haben, nämlich
durch Fleiß und Einsicht."
„Aber die jetzigen Besitzer?"
„Sie sind die rechtmäßigen Erben
Derer, die doch wohl mit ihrem recht
mäßigen Eigenthum machen konnten,
was sie wollten!"
„Das bestreite ich!"
„Also, wenn ich etwas verdient habe,
steht mir nicht die Verfügung darüber
zu?"
„Nein!"
„Nun denn, leben wir lustig!" sagte
Karl spöttisch. „Ich werde mir gute
Tage machen! Kein Sparen mehr!
Alle gescheiten Menschen müssen in den
Tag hinein leben, wie die Wilden, und
wenn wir Korn haben, so fressen wir
uns unter einander auf, wie sie!"
Der Fremde wollte eine heftige Er
wiederung geben, aber die Mutter fiel
ihm in's Wort. „Es ist schon spät,
mein Herr, und wir müssen früh auf
stehen," sagte sie rasch. Das wird Sie
nicht wundern, denn wir armen Leute
leben von der Arbeit. Gute Nacht!"
Nach diesen Worten entfernte sie sich
mit den jüngeren Kindern. Karl be
redete dem Fremden ein Strohlager,
und sagte: „Ich möchte Ihnen etwas
Besseres anbieten können, indessen
hoffe ich, daß Sie gute Ruhe finden
werden dos Bett macht nicht den
Sch las."
22.
Da« Glück der Armen.
Am nächsten Tage verli- der Fremde
seine Wirt he sehr zeitig, ohne seinen
Namen zu nennen oder etwas von sei
nen nächsten Absichten zu öerrathen.
AIS er in's Freie kam, sah er sich miß
trauisch un, wie Jemand, der verfolgt
z» werden fürchtet, und eilte rasch da
von.
»Er geht sehr unzufrieden von uns,"
sagte Jsabelle, „weil-er uns nicht ein
reden konnte, daß wir die unglücklich
sten Menschen von der Welt wären."
Allerdings war dies dem Menschen
mißlungen, denn unsere Freunde fühl
alle Reichen sind einander sich in der Thal glücklich. Und.mit
gleich, junger Mann, egoistisch, hart
und arglistig!"
„Ich gebe zu, sprach Susanne, „daß
man von allen Menschen viel BöseL
sagen kann, ta Gottes Sohn um der
Menschheit Sünden willen sein Blut
vergießen mußte. Aber Sie tadeln nur
die Reichen! Die Armen besitzen also
Ihrer Meinung nach alle Tugenden
Recht! Hatten sie denn nicht Alles,
was das wahre Glück ausmacht? Ein
reines Gewissen, Gesundheit, Arbeit, die
Anwesenheit aller ihrer Lieben, und die
herrlichste Natur, deren schönste Seiten
vor ihnen aufgeschlagen lagen.? Su
sänne, von ihren Kindern umgeben und
von ihren Liebkosungen überhäuft,
sagte manches Mal:
„Ihr habt eingesehen, daß die 9tci
chen Euch. MaiiHeS überlassen bähen.,
was
zum
Leben
dienlich
Ihr
und
habt geeriGtet,
gingen,
nützlich ist
wo Viele vorüber-
ohne ÄwaS
für sie
res zu sehen.
Brauchba-
Und
noch köstlichere
Vor-
theile sind Euer, Der Ehrgeizige,
der
sich in große Städte vergräbt, wo cS
ihm an Licht, Luft und Rannt mangelt,
verzichtet auf das Schönste: die Natur.
Andere, die auf dem Lande wohnen,
aber ihr Herz an den Mammen hau
gen und nur leben, um Gold anfzu
häufen, finden nie Zeit, ihre Augen zu
erheben und den Urheber aller Dinge
zu preisen. Der blaue Himmel wölbt
sich über ihnen, und sie denken nicht
daran! Die grünen Felder, die Berge,
der See mit seinen köstlichen Ufern, die
Euch schönere Bilder zeigen, als ein
Künstler sie malen kann, Alles ist für
die habsüchtigen Menschen nicht da!
Sie durchschreiten diese prachtvolle Na
tur und sehen nichts, als ihre Thaler,
die ihnen nur Sorge machen. Laßt
Anderen die Mühe, Gelder aufzuhäu
fen, zu verwalten und zu erhalten! Das
tägliche Brot) fehlt unserem Tische nicht,
und wir verdienen es redlich durch Ar
beit, die zugleich unsere Freude ist. Ich
bin eine arme Wittwe und besitze nur un
sere kleine Hütte! Aber diese Hütte ver
danke ich der Liebe meines Sohnes, und
ich schlafe in ihr unter seiner treuen
Hut, während die reiche Mutter in
ihrem prächtigen Paläste vielleicht um
ihren abwesenden Sohn weint, der bis
an das Ende der Welt geht und tau
send Gefahren trotzt, nur um sein gro
ßes Vermögen noch zu verdoppeln. Un
sere Wohnung ist klein, Kinder, ja!
aber ist sie Euch schon zu eng geworden
bei Tische oder am heimischen Herde
Wenn wir Raum haben wollen, so
brauchen wir ja nur in's Freie zu gehen
unter die herrliche Kuppel, die des All
mächtigen Hand über uns ausgespannt
und mit unzähligen Sternen geschmückt
hat! Unsere Zukunft, sagt man frei
lich, ist nicht gesichert! Aber Wessen
Zukunft wäre dies? Reich oder arm,
Niemand vermag auf die nächste ©tun
de zu zählen! Sind die Reichen bei all'
ihren Gütern ruhiger, als wir? O
nein, sie empfinden tausend Mal mehr
Unruhe, und oft genug rechtfertigen die
Ereignisse ihre Befürchtungen. Sie
verlassen sich aus sich selbst und müssen
häufig erfahren, daß Menfchenweisheit
nur eine schwache Stutze ist. Der Arme
dagegen verläßt sich auf Gott den
Herrn, und siehe, der Ewige beschützt
ihn wunderbar!
23.
Die Schule am Strände.
Eine so weise Mutter konnte natür
lich nicht versäumen, den Geist ihrer
Kinder auszubilden. Die häuslichen
Andachten wurden regelmäßig am
häuslichen Hcrde gehalten, und einige
gute Erbauungsbücher ersetzten den
Mangel an gelehrten Schriften.
Wie schon erwähnt, war Susanne
nicht ohne Bildung. Von ihrem Va
ter sorgfältig erzogen, übertrug sie auf
ihre Kinder diese Erbschaft der Weis
heit. Die Hütte war zugleich der Schul
saal, und an demselben Tische, wo die
Kinder ihre leibliche Nahrung erhiel
ten, empfing auch ihr Geist die Speise,
die ihm nothwendig ist. Die langen
Winterabende waren besonders dem
Lernen gewidmet, und Karl hatte zu
diesem Zwecke ein große? Brett polirt
und schwarz gefärbt, welches die ge
wöhnliche Wand-Tafel in den Schulen
ersetzen mußte. Es erfüllte auch ganz
gut seine Bestimmung. Wenn es auch
jeden Tag abgewischt wurde, ließ es
doch im Gedächtnisse der Kinder die
Lehren zurück, welche am Abend vorher
auf der Tafel verzeichnet standen.
Wenn Frau Susanne ihren Kindern
auch nicht Vieles lehrte, so leitete sie sie
wenigstens an, einen richtigen Gebrauch
von ihren Fähigkeiten zu machen, alle
Dinge genau zu beobachten, geduldig
zu suchen, was sie zu finden hoffen
durften, ohne Bedauern auf Alles zu
verzichten, was ihnen unerreichbar lag,
a
N a
selbst nicht zu sehr, das war
der Grundkern aller ihrer Lehren. Wie
oft wurde das Leben unseres Heilan
des in dieser Hätte in Betrachtung ge
zogen, und gewiß, nirgends konnte
man dieses Leben besser verstehen. Die
Kinder SusannenS sahen um sich den
6« chenezareth, die Berge von JudSa^
den Stall von Bethlehem, feine Wei*
den, feine Heerde»! Wären sie denn
nicht auch Schäfer, wie die ersten An
Hänger Jesu I Waren sie denn nicht
auch Fischer, wie seine Apostel? ..
Einige Elementar-Bücher machten
die Kinder genauer mit Geschichte, Geo
graphie, Rechnen und Grammatik be
könnt, als wenn sie in eine der dama
ligen Schulen gegangen wären, denn:
Alles wurde hundert Mal wiederholt,
und gesprächsweise theilten die Mutter
und Karl den Usbrigen mit, was sie
selbst wußten. Die Gelegenheiten, pas
send benutzt, thaten das Uebrige. Klei
nere und größere Aufgaben im Rechnen
u. f. w. wurden gestellt und gelöst, wie
es der Augenblick mit sich brachte, und
fast ohne Anstrengung machten die Klei
nen ansehnliche Fortschritte.
Das Ufer des See's war zum Theil.
mit feinem Sande bedeckt. Man be
nutzte die Fläche bei Spaziergängen,,
um mit einem Stückchen Holz darauf
zu malen und zu schreiben. Karl ließ,
die Jüngeren sich belustigen, Dreiecke,.
Vierecke und andere mathematische Fi
guren zu zeichnen, ließ sie die Umrisse
verschiedener Lander ziehen, und, roenn
die Versuche auch nicht immer gelan
gen, dienten sie doch dazu, allmählig
Gedächtniß und Augenmaß zu schärfen.
Eines Tages, als Frau Susanne
allein am Strande entlang ging, las
sie die Worte im Sande: „Lieber Gott,,
erhalte uns unsere Mutter!" Kleine
Wellen spielten ganz nahe bis an die
Inschrift, aber sie berührten sie nicht..
Dann und wann drohte wohl eine nä
her, aber immer zerrann sie wieder an.
der äußersten Grenze. Die gerührte
Mutter blieb einige Augenblicke stehen,,
um zu beobachten, was daraus werden
würde. Nach und nach beruhigten sich
die Wellen, und das kleine Gebet blieb,
noch für einige Zeit erhalten. Nun
konnte die gute Susanne ihrerseits
einige Worte der Bitte hinzuzufügen..
Mit einem Stäbchen schrieb sie: „Lie
ber Gott, erhalte mir meine Kinder!"
Es war dies Alles wohl nur eine.
Spielerei, aber sie zeigte doch, wie herz
lich die ganze Familie einander liebte,,
und ich wollte sie deshalb nicht uner
wähnt lassen.
Oft las Karl last vor, und zwar im
mer gute einfache Bücher, die auf die
Vergänglichkeit des Irdischen hindeute
ten und alles Heil allein in der Er
kenntnis! Gottes finden lehrten.
Es wurde in der Hütte zuweilen auch
gesungen, man fang im Garten, am
Strande, auf dem See. Unsere Freunde
fangen wie die Vögel, kunstlos und ein
fach, nur um ihrer immer heiteren
Stimmung einen Ausdruck zu geben.
Sie lernten diese Gesänge von ihrer
Mutter, die sie einst auf den Knieen
ihres Großvaters gesungen hatte. Es
waren Bilder aus dem ländlichen Leben,
Gebete des Schäfers, des Fischers, des
Matrosen. Die Melodien, eben so ein
fach wie die Worte, paßten für wenig
gebildete, aber '.eine und sichere Stim
men. Oft wohl frug sich still ein Wan
dcrsmann, der auf der Landstraße
Abends vorüberging und die rührende
Harmonie hörte, ohne die Sänger zu
bemerken, ob vielleicht Engel dies Uf.r
bewohnten, und was für lieblich-from
me, von weltlichen Liedern fo ganz ver
fchiedene Gesänge dies wären?
24.
Neue Pläne.
Zwei Jahre verstrichen so, von denen
jeder Tag Zeugnis} von neuen Fort
schritten gab. Die Ländereien hatten
sich fortwährend vergrößert, indem KarL
immer besser lernte, den Fluß zu be
herrschen, und sune Eroberungen durch
immer höhere und festere Dämme zu*
schützen. Er entnahm dem See selbst
Waffen gegen ihn, indem er große Cra
nilblöcke aus dem Wasser walzte, unt
einen Wall daraus zu errichten, an wel
chem die grimmigste Wuth der Wogen
zerschellen mußte.
Zwei zufällige Umstände waren un
iern Ansiedlern äußerst günstig. Matt
besserte die Landstraße aus, was die
Wegschaffung vielen Erdreichs zur Folge
hatte. Karl bot sogleich seine Ufer
ftrecke zum Ablade» Platze an, der In
genieur ging darauf ein, und nun.
brauchte er nur die Stellen zu bezeich
nen, wo man die Erde hinbringen sollte
Dies war für ihn eine gerade vom Him
mel gefallene Wohlthat, wie der Rege»
eine solche für den Gärtner ist,
(Fortsetzung folgt.).