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Sj Der Doppelgänger. TrzShlung von Emilie Heinrichs. (Fortsetzung.) ^Jch habe den Fürsten allerdings in Hamburg nicht gesehen, da ich in jener Zeit mich in London befand, erwiederte er nach emer Pause, „doch giebt eS, mei ner Ueberzeugung nach, nur einen der beiden Doppelgänger, welcher Ursache haben könnte, einen fremden Mmen an zunehmen und dieser eine ist sicherlich nicht der legitime Fürst *, son dern vielmehr der andere, welcher sich Eduard Fürst nennt und nach seinem letz teil Auf treten in Hamburg allen Grunds hat, unter fremder Firma zu reisen WaS nun die Meinung der jungen Da me betrifft," fuhr er lächelnd fort, „so mag ich es ihr nicht verargen, hieß eS doch sogar auf's Bestimmteste, daß der bildschöne Volontair in die allernächsten Beziehungen zu der Familie Erdmann treten sollte." „Er sollte Fräulein Clementine hei rathen?" ftagte der Hauptmann nach denklich. „So hieß es allgemein in unfern Krei sen, haben Sie nichts davon vernom rneit?" „Nein, wir find Ihre Kreise, wie Sie wissen. ziemlich fern geblieben." „Richtig man nannte Sie deshalb eine Zeitlang den Misanthrop außer Dienst," lachte Karl, „nun also, die Einen pro Gezeiten eine Hochzeit, während Andere tmtfber von natürlichen Banden faselten, welche das Interesse der alten Firma für den geheimnißvollen Vol»nt«ir erklä ren sollten. Die'Geschichte bei dem Fe ste des Gesandten, sowie das rätselhaf ten Verschwinden des jungen Adonis straft die letzte Version Lügen. Tie Hochzeit wäre sicherlich realisirt worden, wenn Fürst nicht in die Scene getreten wäre, daß feine Hand bei dem Schicksal seines Doppelgängers thätig gewesen, bezweifle ich durchaus eicht. Sie müssen zugestehen, lieberHauptman», daß ein derartige Dv^pelgängen in der That etwaS Fatales haben muß und begreife ich den Fürsten sehr wohl, wenn er sich desselben zu entledigen gesucht hat." „Mein Gott, Sie spreche» von dieser unheimlichen Geschichte in so bestimmten Ausdrücken, als ob Sie der Vertraute des Fürsten gewesen wären." „Allerdings weiß ich «ehr davon, al» Die oder irgend ein Anderer ahnt, ver setzte Karl sehr ernst, „vielleicht könnte eS mir gelinger, ein wenig Licht in die Sa che zu bringen, wenn der Bursche, um den es sich handelt, nur halbwegs eS ver diente. Herr Eduard Fürst indessen ist meimt Überzeugung nach ein vollstän 1 ig übersparnt.'r Kopf, wie sei» letzter tolUr Streich hinlänglich bekundete halb Cavalier, halb Kcu'mann, war er weder das eine noch das andere und hätte ein Mädchen wie diese wiese Cleme^ltine un bct tilgt elend gemacht. Der Bursche litt am Größenwahn, das sürstliche Blut war ihm tn'S Gehirn gestiegen. Bin ich nun unlogisch, wenn ich behaupte, daß nicht Fürst sondern sein Dop pclgänger gegenwärtig unter der MaSke (ines Grafen Rheina, Helgoland unsicher macht?" „Nein, nein, unlogisch ist daS sicher Hch nicht, rief der Hauptmann erregt, „aber rote wollen Sie feine Liebschaft mit einem einfachen Fischermädchen und die Behauptung des Größenwahns zusam incnreimen?" „Wie, dieser sogenannte Graf." „Liebt die schöne Anna Weiß und wird von ihr leider Gottes wieder geliebt," er gänzte Witzleben düster. Karl blickte ihn scharf an. „DaS scheint Sie sehr zu betrieben, Herr Hauptmann!" sagte und lachte heimlich. „Freilich betrübt eS mich, der Sohn meiner Hauswirthin, der wackere ClaS Willing hofft sie heimzuführen, der Ba ter hat ihm ihre Hand zugesagt und sie .hätte ihn jedenfalls geheirathet, wenn dieser Graf nicht dazwischen gekommen wäre." »Hm, daS ist interessant, Hauptmann!" verfetzte Karl lebhast, „da. ich annehmen muß. taf Sie bereits mit Frnlein Erd mann einen Bund der Rache geschlossen habe«, so nehmen Sie mich als hen Drit tüit darin auf." Er streck:e ihm die- Hand entgegen, worin der Hmtphiifiin nach kurzem Zö gern r. „Vor allen Dingen," fuhr Karl Mit gedämpfter Stimme fort, „müssen wir ei ne schnelle Taetik befolgen, um den Feind nicht entschßüpfen zu lassen, ihn folg? lich schon heute angreifen. Ich werde mich also demnach sofort zu ihm tiege* ben." „DaS wäre unklug, mein Lieber!" „Pah, von Ihnen allerdings, von mir, der ich den Volontair gekannt, durchaus nicht, Auge in Auge werde ich mich am Leichtesten vo» der Identität seiner Per son überzeugen können." „Nun und dann?" fragte Witzleben ein wenig ironisch. „Ja, dann werde ich thuu, was der Augenblick erheischt, mein Verehrte ster! Es ist vorauszusehen, daß der Pseudo-Graf mich nicht kennen wird, in diesem sehr wahrscheinlichen Falle werden wir doch den Bortheil haben, ihn auS seiner Stühe aufgeschreckt und auf den Kriegsfuß gesetzt zu haben." „Sehr schön," lachte der Hauptmann, desto besser kann der Feind sich vorsehen und seine Gegenminen lege«, oder aber zwingen Sie ihn dadurch zur sofortigen Fl»cht." „WaS ich gerade beabsichtige, theuer ster Hauptmann," versetzte Karl mit ei nem siegreichen Lächeln. „Sofortige Flucht nach dem ersten Angriff wäre ein Sieg, wie ich ihn mir nicht vollständiger wünschen könnte." „Und wenn er daS Fischermädchen mit sich entführen würde?" fragte Witzleben düster. Karl zuckte die Achseln. „Ich würde ihn wahrlich nicht daran hindern, im Gegentheil, mein Sieg wä re nun vollständiger durch ein solches Attentat." „Ach, ich verstehe," sprach der Haupt mann, vor Unwillen erröthend, „S verfolgend ein persönliches Ziel bei der Entlarvung des Grafen, den Sie des« halb um jedes Preis zu dem verschwurt' denen Volontair stempeln wollen, s» un wahrscheinlich diese Behauptung auch ist. Ob dieser Mensch nebenbei eilt Verbre chen an einem unbescholtenen Mädchen, att dem grauen Haupte eineS achtungs werthen Mannes begeht, das ist Ihnen nicht allein gleichgültig, im Gegentheil, es paßt sogat ganz in Ihrem Kram. Ich kenne Ihr Ziel, Herr Gebhard!" setzte er ungewöhnlich erregt hinzu, „schwöre indesse"n' „Schwören Sie lieber nicht, bester Herr Hauptmann!" unterbrach Karl ihn kalt, „wozu überhaupt eine solche mittel alterliche oder theatralische Wendung? Ich will nicht weiter untersuchen, auf wessen Rechnung Ihr ungewöhnliches Interesse für die schöne Anna Weiß kommt, muß aber doch bemerken, daß weder Sie noch ihr Protege, der brave ClaS Willing, der im Grunde durchaus nicht für das Mädchen paßt oder irgend ein Anderer einen Einfluß auf den Wit ten und die Neigung der ziemlich energi schen Kleinen auszuüben vermögen, zu mal wenn sie sich bereit« eine Ärästn träumt. Zum Glück kann so leicht Hie mand ungesehen von dieser Insel ent schlüpfen." „Glauben Sie, die Anwesenheit der schwedischen Brigg sei bedeutungslos?" fragte Witzleben heftig „haben Sie die Beiden, den Grafen und den Capitän je nes Schiffes nicht beisammen gesehen.— Ein Unglück ist'S, daß just heute der al te Peter Weiß auf den Fischfang hinaus ist." „Alle Wetter, Sie mögen Recht ha ben," rief Karl und brach dann plötzlich ab, den Blick starr nach der geöffneter Thür richtend, durch welche in diesem Augenblick Graf Rheina mit dem langen Engländer eintrat.' Des Letzteren Au gen schweiften suchend umher und blieben dann an Karl haften, wobei er mehrere Male energisch nickte. „So nun gibt'S was," brummte Karl, vergügt die Asche von seiner Cigarre klopfend, „sicherlich eine Herausforderung, bn welcher Sie mein Seeundant fein müssen Hauptmann.- Wirklich schritt der Engländer langsam auf ihn^zn, während der Graf zögernd lich zurückhielt. „Goddam Sir!«' schnarrte der Brite, „I fordere Sie außen to schießen in Duell." „Ich bin bereit, wann soll'S losgehen fragte Karl ruhig. „Sie* haben offendet mir," fuhr der Engländer fort, „ich will schießen first to first, Graf Rheina steht sehr zu mir/',. b- f.* wird mir secundiren. Bestimmen Sie nur Zeit und Ort, am liebsten milchte ich die Sache sogleich abmachen/' „Aber was haben Sie denn nur?" fragte der Hauptmann erstaunt. „Ah, nur eilte Bagatelle, eine Dünen Erinnerung, für welche wir uns gegen seitig umbringen wollen," lachte Karl, „kommen Sie, lieber Freund, Mylord hat Eile mit dem Sterben." „Ich bin'S zufrieden, Sir!— Dieser! „Ah, dorttonrntt Gesellschaft," rief Herr hier, Hauptmann von Witzleben, Karl nach der entgegengesetzten Seite Der Engländer blickte erst verdutzt, dann aber grimmig aus den jungen Mann und folgte ihm und dem Hauptmann ebenso langsam, wie er gekommen. Einige Badegäste waren aufmerksam geworden, da ste die Rutschparthie des Briten mit angesehen hatten und schiene» etwas besorgt zu werden, Karl aber nick te ihnen bedeutungsvoll lächelnd zu und bewog sie mit einer energischen Handbe wegung zu« Oleiben. „Ich denke, wir wählen die Klippe," wandte er sich draußen zu seinem Geg ner, „haben Sie Waffen?" „I have zwei Pistolen." „Gut, wo ist Ihr Seeundant?" Der Engländer blickte sich verwundert um und kehrte dann zurück, um den Gra fen zu holen, welche Zeit Karl dazu be nutzte, dem Hauptmann in Kürze daS Nöthige mitzutheilen. „Und Sie wollen sich wirklich mit ihm schießen?" fragte dieser erstaunt. „Glau ben Sie den» solches hier auf diese« Jel sen so leicht angeht?" „DaS ist mir gleichgültig, lieber Hauptmann,—ich kann doch nicht zurück treten? Wenn der Gouverneur Einspra che erhebt, gut, ich bin's zufrieden. Se hen Sie denn nicht daß der Himmel unS sichtlich beisteht, indem er das Wild unS geradewegs vor den Schuß treibt?" „Uns un»" lachte Witzleben halb ärgerlich,,,was geht mich Ihr Engländer an?" Der Graf muß ihn »it eilte« vor nehmen, verächtlichen Blick und lachte dann kurz auf. Sie sind ein Narr!" sprach er achsel zuckend. „Wären Sie mir ebenbürtig dann könnte ich Ihnen sogleich einen Denkzettel für Ihre Alberntheil geben, so aber, mag ich meine Hand nicht besu deln." Eine dunkle Röthe bedeckte Karl'S Ge ficht, die schimpfliche Beleidigung brachte ihn um seinen Gleichmnth, bevor der Hauptmann er verhindern konnte, sprang er, vor Zorn Glühend, auf den Grafen zu und versetzte ihm einen Faust schlag in'S Gesicht. Dieser taumelte mit einem Wuthschrei zurück, doch schon im nächsten Augenblick hatte er dem ob dieses Jntermezzo'S ganz verdutzten Engländer eine der Pi stolen entrissen, um seinen Gegner nieder zuschießen. „Hold!" rief Sir Henderson im sel ben Moment, „whät do you want, Sir" Ruhig hielt er dem Wüthenden die an dere Pistole entgegen. „Nun schießen Sie aus mich, Sir!" „Geben Sie dem Menschen dort die Waffe, Sir Henderson!" rief der Graf, mit dem Fuße stampfend, „Einer von uns Beiden darf nur lebend von diesem Platze." 'v „Well l" versetzte derEngländer phleg matisch, „schieß' ihn todt, aber quite not, I will boxen mit ihne." Er reichte Karl mit diesen Worten seine Pistole, welche dieser kaltblutig un tersuchte. Der junge Mann hatte feine ganze Selbstbeherrschung wieder gewon neu und war entschlossen, seinem Gegner keinen Schritt zu weichen. „Ich danke Ihnen, Sir Henderson!" sprach er ruhig, „diesen Augenblick läßt es mich unendlich bedauern, Sie zum Ge genstand dieses kleinen Scherzes gewählt zu haben, anstatt mich mit Ihnen her umzubalgeu, möchte ich Sie vielmehr meinen Freund nennen." „I thank you Sir!" bemerkte der Brite nachlässig, „kann not machen Ge brauch davon." 1 „Vorwärts!" rief derOraf, vor Wuth und Ungeduld zitternd, „oder ich vergesse «ich!" »Sie scheinen überhaupt a» diesem Fehler zu leiden," hohnlächelte Karl, nur zu, mein Herr, auf einige Schritte mehr oder weniger kann'S am Ende nicht ankommen." $a« ^re^3RoA,- miWe bcr, "i Beeilen Sie sich, Herr Haupt- bietend. mann!" Wirklich zeigten sich in der fogenann ten Kartoffel-Allee eine Anzahl Badegä ste, die offenbar diesem Ziele zusteuerten! und was das Bedeutsamste war, den Gouverneur an ihrer Spitze hatte. Ueber des Hauptmanns ernstes Ant litz zog ein flüchtiges Lächeln. „Schießen Sie ins T. Namen!" schrie der Graf, „oder ich knalle Sie nieder wie einen feigen Hund!" Karl hob die Waffe nnd drückte blind lingS ab, der Schuß streifte des Grafen Hut. „Halt, im Namen des Gesetzes!" rief der Gouverneur auS der Ferne. Der Graf zielte genau. „Sputen Sie sich, mein Bester!" rief Karl, ohne mit der Wimper zu zucken, „doch schießen Sie mich nicht mausetodt, Sir Henderson will auch noch seinen An theil haben." Der Sckuß knallte, er hatte sein Ziel getroffen, Karl stürzte lautloS zusam meu. In diesem Augenblick erschien der Gouverneur mit der Gesellschaft, die be stürzt und athemlos der Scene zuschaute. „Also doch zu spät," sprach der Gon verneur, Sir John Hindmarsch mit ei nem Ausflug von Bedauern, „Sie haben soeben diesen Herrn erschossen, Sir?" wandte er sich an den Grafen. „Im regelrechten Duell, Sir!" ver setzte dieser trotzig. „Gleichviel, ich muß Sie ersuchen, mir zu folgen. Der Graf verbeugte sich und schritt mit stolz erhobenen Haupte an der Seite deS Gouverneurs zurück, als sei er der Freund und Gebieter desselben, während der Hauptmann und der Engländer, Sir Henderson, von einigen andern Herren unterstützt, sich anschickten, den Berwun beten oder Tod ten in sein Hotel zu tra gen. Der Bankier Gebharb war außer sich, als er bie traurige Talvacade erblickte, währenb seine Gemahlin in Ohnmacht fiel. A« gefaßtesten zeigte sich Siemen tine bei ben furchtbaren Anblick. Sorgen Sie für Frau Gebharb, Mamsell Günter! sprach sie zu ihrer Gesellschafterin welche bie größte Lust be zeugte, ebenfalls als ohnmächtige zu fuu giren, um miubestenS für sehr gefühlvoll zu gelten. Sie selber aber entwickelte jetzt im Verein mit be« Hauptmann unb mit Sir Henderson, der seinen Haß gegen Karl n»b seine Misa»thropie gänzlich vergessen zu haben schien, eine bewuube rungSwürdige Energie um die überflüs sige Theilnahme unb Neugierde der Ba begäste abzuwehren unb dem Arzte freien Spielraum zur Untersuchung der Wunde zu verschaffen. Die Kugel war mitten in die Brust ge drunge? und eS währte recht lange, bevor der Arzt dieselbe zu finden und auch glücklich heraus zu ziehen vermochte sie hatte zwar nicht absolut tödtlich getroffen, doch schien wenig Hoffnung vorhanden zu feilt, den Unglücklichen zu retten, ob wohl der Arzt ihn nicht aufgab, sondern bei sorgsamster Pflege eine Wiederher stellung für möglich hielt.' So war unplötzlich auS Heilerin Him mel ein jäher Blitzstrahl auf das Felfen Eiland herabgefahren, der momentane Trauer und Bestürzung angerichtet, aber auch hinreichenden Stoff.zur ttnterhol- tung der Gesellschaft geliefert hatte. Die eigentliche Ursache dieses Duells zwischen Karl Gebhard und dem Grafen Rheina erfuhr nur Clementine Erdmann, welche ein besonderes Interesse daran ha ben mußte. Ihre Bestürzung barüber war nun keine geringe, zumal Karl, wie ber Hauptmann ebenfalls ihr mitgetheilt, ihr Berbünbeter gewesen war, unb ließ sie es deshalb um keinen Preis sich neh men, dieses zweite Opfer jener »erHang nißvollen Aehnlichkeit, besten Räthfel in Betreff des Grafen Rheina noch durch aus nicht gelöst worden war, selber zu verpflegen, während Witzleben ihr gelo ben mußte, Alle» aufzubieten und die ge genwärtige Lage der* Dinge zu benutzen, um das Geheimniß zu erforschen und die Identität dieses Grafen festzustellen, ein Versprechen, dessen Erfüllung ihm ehe« so sehr eine Ehrenfache erschien, als dieselbe mit seinem eigenen Herzen über- i|lftimmtt- Hauptmann letzt energischem. ,,^!emils- jj, !sen mir erlauben, meine Herr-n, die Di-! Die Flucht. jfteuiiu messe«." Am Abend dieses verhäng, Ken 4% —i fci7, rfgfe* Badegast zu fehlen pflegte, da man sich in der That kein effektvolleres Schauspiel denken kann. DaS Wetter war prachtvoll, still und hehr zog der Mond feine ewige Bahn am klaren Himmelsdom durch Myriaden fun feindet Welten und spiegelte sich in der leise rauschenden Fluth, »ber deren blitz enden Wellen die Fahrzeuge rasch und ge räuschlos dahinglitten. Da praffelten plötzlich die 'Flammen, welche magisch die dunkeln Grotten er leuchteten und einen wunderbaren Eon» traft zu dem bleichen Mondlicht bildeten. Musik und Gesang erklangen zauberhaft in die wunderbare Nacht hinaus und lu stig zischten v»n allen Seiten die Raketen hinaus in den reinen Aether. Ueberau Lust und Freude um dieses märchenhafte Eiland, um die einsamen Klippen der träumenden See. Am Strande ging still und in sich ge kehrt ein Mann, sein Blick schweifte über die See dorthin nach jener Gegend, wo daS schwedische Schiff auf den Wellen sich schaukelte. Er gedachte des Mannes, der im Hause des Gouverneurs Zimmer Arrest hatte sowie seines heutigen Opf erS, und schließlich weilten seine Gedan ken bei dem schönen Fischermädchen. Plötzlich schreckte er empor, eine Hand legte sich auf feilte Schulter. „Ah, Sie sind's, Sir Henderson, wie haben Sie mich erschreckt!" „Ich Hab' Sie gesucht everywhere, Sir!" sprach ber Englänber, „kommen Sie, ber Graf wirb fortgehen. „Graf Rheina?" rief Eäsar Witzleben überrascht, „unmöglich, er hat bem Gou verneur sein Ehrenwort gegeben, nicht zu entfliehen." „I am teil mg no fibs," versetzte Je ner ungebulbig, „es ist so bie Königin travel mit, quiekly, Sir!" „Anna Weiß begleitet ihn? Ich kann'S nicht glauben, Sir! „Sie macht ihn frei, as eure as I live, ist ber Mensch ein ungläubiger Thomas, make haste, Sir, ich Hab' Al les gehört." Der Hauptmann ergriff letzt in furcht barer Aufregung beS Englänbers Arm unb zog ihn mit sich fort. „Erzählen Sie mir Alles," preßte er hervor. „Rix erzählen, Sir! away!" Sie schritten schweigenb weiter. AuS ber Ferne tönte bie Musik herüber, sie zog wie ein schneibenber Meßklang bnrch bes Hauptmann's erregte Seele. Rasch stiegen sie bie Treppe hinauf, zwei Hel golänber Fischer gingen schweigenb an ihnen vorüber, Weber ber Cngläuber noch Witzleben achteten ihrer sie demerkten es mcht, wie bie beiben Fischer nun ih ren phlegmatischen Schritt mit einem pfeilschnellen Laus verwechselten »nb nach wenigen Minute» schon auf ber See ba hinschwammen, mit eiligen Ruberschlä vorwärts strebend. Doch nicht nach bem Grottenfeste lenkten bie beiden Fischer ih re Bahn, geradewegs auf den Schweden zu hielten sie das Boot, welches einsam dahingesegelte auf der schimmernden Fluth. Oben an dem Falm wandte Witzleben noch einmal den Blick über die See und preßte dann krampfhaft feines Begleiters Arm. „Sehen Sie dort Sir Henderson!" rief er athemlos, „jenes Boot war vor hin nicht auf der See, es segelt nach dem schwedischen Schiffe hinaus." „Godbam, Sir, bann werben es sein die Zwei, welche uns begegneten. Wir nehmen auch ein ship, come back!" „ES wäre entsetzlich, ich kann's nicht glauben," murmelte ber Hauptman, „aber gleichviel Gewißheit um jeben Preis," setzte er laut entschlossen hinzu, „vorwärts, Sir Henberson!" Hastig eilten Beide jetzt die Treppe wieder hinab, und waren so glücklich, noch ein keines Boot disponibel zu fin den, das ste indessen selber regieren muß ten, da die Fischer einertheils auf den Fischfang, anderntheilS bei der Grotten Beleuchtung und bei« Rudern befchäf. tigt waren. DaS fremde Boot einzuholen, war nun freilich, selbst für den tüchtigsten Ru derer eine Unmöglichkeit es lag dem Hauptmann vor allen Dingen daran, die TageS fand, trotz deS Mißtons, ben bie „ES können Matrosen jenes Schiffes Duell'Geschichte in der Gesellschaft her- sein," bemerkte er, feinem Jdeengange vorgebracht, dem Programm zufolge die folgend. Grottenbeleuchtung statt, bei welcher fein) „No, Sir, sind Helgoländer," behaup tete Heuderfon mit Bestimmtheit. Ueberzeugung zn erhalten, daß die In- über, wie Alles im Menschenleben, ber fassen desselben mit dem schwedischen Morgen brach an und mit dem Echiff in Verbindung standen. Vorwärts fchoß das Boot, der Eng länder war ein vortrefflicher Ruderer, auch der Hauptmann hatte als solcher ei« ne ziemliche Gewandtheit. Dort weigte sich daS stattliche Schiff angesichts der Düne, auf der jetzt von ei« ner leichten Brise, die wie ein blitzschnel ler Hauch über die Fläche fuhr, bewegten Fluth von dem Boote war nichts mehr zu sehen. Jetzt aber wurde der Anker ausge wunden, geschäftige Hände spannten die Segel und geräuschlos ohne Abschieds« grüß glitt das Schiff wie ein Schwan dahin im hellen Mondlicht, schweigend wie ein Geisterschiff, wie der gespenstische Holländer. Bon einer unerklärlichen Empfindung gebannt, hatten unsere beiden Ruderer unbeweglich das eilfertige und geräufch lose Absegeln der schwedischen Brigg mit angesehen, ohnmächtig, um irgendwie thatkräftig einschreiten oder sich die Ge« wißheit verschaffen zu können, ob die Flüchtlinge mit demselben entführt wor den feien. Als der Wind, welcher sich jetzt kräfti ger erhob, ihr Boot immer weiter trieb, griffen sie wieder zu den Ruder», um heimzukehren. „Dort treibt ein leeres Boot!" rief der Hauptmann plötzlich erschreckt, „hei liger Gott, dann wird's vielleicht doch so sein." In der That trieb ihnen jetzt ein von seinen Insassen verlassenes Boot entge gen und von einem unheimlichen Grauen ergriffen, ruderten die beiden^Männer schweigend und mit großer Anstrengung, um den Strand wieder zu erreichen. Hier drückten sie sich stumm die Hände und schritten ihren Wohnungen zu, ohne daß Witzleben es der Mühe Werth g» halten, den Engländer zu fragen, woher er die Kenntniß jener Flucht genommen, da ihm diese Aufklärung jetzt gleichgültig geworden war. Der Leser indessen wird jedenfalls die nöthige Aufklärung darüber wünschen, und so fügen wir hinzu, daß Sir Hen derfon sich ein wenig auf's Spioniren ge legt und auf diese Weise gesehen hatte, wie Anita Weiß sich mit dem Grafen Rheina heimlich vor dem geöffneten Fen ster desselben unterhalten. War doch der gutmüthige Gouverneur mit hinauf zu Grottenbeleuchtung und Niemand daheity als eine alte Magd. Das Ehrenwort des Grafen galt dem Briten mehr als Schloß und Riegel. Die einzelnen Wor te, welche Sir Henderson von der leise geführten Unterhaltung verstanden, hat ten ihm genügsam den Sinn derselben verrathen, weßhalb er die ganze Insel nach den Hauptmann durchstreifte »nd ihnschließlich einsam am Strande erwischt hatte. Der unheilvolle Ausgang des Duell'K hatte den britischen Misanthropa wun derbar rasch geheilt. Die Fischer kehrten erst spät tu der Nacht heim und vergebens durchsuchte Peter Weiß sein Haus, welches er offen fand, nach der Tochter. Eiae alte Schwe ster, welche er nach der Gattin Tode zu sich iu's Haus genommen, konnte ihm nichts sagen, da sie schon früh sich zur Ruhe gelegt und bei ihrer Taubheit nichts zu hören vermochte, was sich im Hause zutrug. In seiner Herzensangst beschloß der afte Fischer, seinen Miether den Grasen zu wecken er erschrack in dessen nicht wenig, als er auch diesen nicht daheim und sein Bett unberührt fand. Wie von Donner gerührt, starrte er vor sich hin, die Worte des eifersüchti gen ElaS Willing mochten ihm in biesern Augenblick centnerschwer auf's Herz fat= len und das furchtbare Gespenst der noch? nicht ganz begriffenen Schande ihn aus jedem Winkel anstarren. WaS sollte er in dieser rechtlichen Stunde beginnen? Berrath schreien durch alle Gassen? Das ganze Eiland in Aufruhr bringen? Er mußte sich gedulden, ob auch Angst und Unruhe ihm die Brust zersprengen wollten, gebulben bis zum Morgen, um seine Schmach in hellen Sonnenlicht zn erkennen. ES war sicherlich die fürchterlichste Nachr seines Lebens. Aber sie ging vor- ^Sonnenstrahl »erN?ß t*r o'.tc 5 I I 1 :y V* S. erstem