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Der Nordstern. [volume] (St. Cloud, Minn.) 1874-1931, August 31, 1905, Image 6

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Seite 6
„Durch Dornen“
Noman in drei Büüchern von H. v. Schreibershofen.
(Fortsetzung.)
„Sie hat lange nichts genossen,“
sagte Agnes, flößte ihr etwas Wein
ein, überließ sie dann aber der Wär—
terin und ging an das Sterbebett zu—
rück.
„Armer, armer lieber Vater! Wel—
che Enttäuschung nach einem Leben
voller Arbeit! Und hast Du geirrt,
hättest anders handeln sollen, wie
schwer hast Du gebüßt. Ach, jetzt ist
es ganz einerlei, ob Du jahrelang
Millionen besessen oder ein armer
Handwerker warest. Ist es der Mü—
he werth, sich immer zu quälen, nur
um zu besitzen? Im letzten Augen—
blick ist Dir die goldene Schüssel ent—
rissen. Du konntest sie nicht mehr
genießen.“
Es war, als suchte sie Beruhigung
im leisen Aussprechen der Gedanken,
die sie während der letzten Zeit ge—
quält und verfolgt hatten. Das Bild
des Mannes, den sie geliebt, aber nicht
über alles geliebt, zog wieder an ih—
rem Geiste vorüber. Sie hatte den
Reichthum und Glanz, deren Nichtig—
keit sie jetzt erkannte, seinetwegen nicht
aufgeben wollen, hatte damals hinge—
geben, was sie jetzt hätte trösten und
halten können. Welche Stütze hätte
sie Elisabeth jetzt sein können! Die
Wahl zwischen Geld und Liebe o,
daß sie so verblendet nach dem glän—
zenden, vergänglichen Schimmer, ge—-
griffen hatte!. . . . . . . Sie drück-
te einen Kuß auf die Stirn des Tod—
ten, die Thränen liefen ihr über das
Gesicht. Das Leben hatte nur noch
schwere, harte Kämpfe für sie, und sie
stand allein, ganz allein.
Es war spät, als sich Werben end—
lich entschloß, seine Frau aufzusuchen.
Und was wollte er eigentlich mit ihr
beiprechen? Seiner Schwägerin Be
merkung, eine Trennung sei das Be—
ste, fiel ihm ein. Hatte sie nicht im
Grunde recht? Wie konnte er und Eli—
sabeth —! Er dachte den Gedanken
nicht aus, er liebte seine Frau und
nur ihretwegen war ihm die Zukunft
so dunkel. Er hatte sie längst ge—
liebt, ehe ihr Vater den ersten Schritt
gethan, er selbst hätte nicht den Muth
gehabt, um sie zu werben. Der alte
Mann war gerührt über sein Glück
gewesen, er hatte erkannt, daß ihm
das Geld nichts gegen Elisabeths Be—-
sitz dünkte. „Sie ist sehr verwöhnt,
aber ich werde Ihnen genügende Mit—
tel geben.“ Und Werben hatte es
sich nicht ungern gefallen lassen.
Elisabeth war noch nicht wieder nach
Hause gekommen, und so ging er ihr
nach, er mußte sich doch auch nach sei—
nem Schwiegervater erkundigen. Ag—-
nes war unten. „Elisabeth ist krank,
wenigstens schwach; sie liegt oben bei
mir. Sie ist wohl nur total erschöpft
und sehr erschüttert. Vater ist todt.“
Sie schwieg, wie um sich zu fassen.
„Sie war bei ihm, als er starb.
Willst Du sie sehen, so komm.“
„Vater todt!“ rief Werben aus, er—
schütterter, als er es noch vor kurzem
selbst für wahrscheinlich gehalten hät
te. „Ich hätte ihn gern wiedergese—
hen, ich bin ihm vielen Dank schuldig
und hätte es ihm gern noch einmal
ausgesprochen. Er war immer sehr
gut zu mir.“
Er dachte daran, wie rücksichtsvoll
und freundlich der alte Mann immer
gegemihn gewesen war. Agnes ward
roth, ein weicher, schöner Ausdruck
zeigte sich auf ihrem Antlitze.
„Für das Wort danke ich Dir, und
will es Dir nie vergessen, daß Du kei—
ne Anklage, kein hartes Wort, nur
einen Dank für ihn hast. O, das
thut meinem Herzen wohl, jetzt kann
ich alles ertragen.“
Werben sah sie überrascht an. Das
sonst so kühle, nüchterne Mädchen
sprach mit seltener Wärme und In—-
nigkeit, aber schon hatte sie die Thür
geöffnet und ließ ihn eintreten. Eli—
sabeth hatte sich erholt, erklärte aber,
hier bleiben zu wollen, im väterlichen
Hause, bis nach dem Begräbniß. Für
die Theilnahme ihres Mannes hatte
sie keine Antwort, fragte nicht wie
er sich allein einzurichten gedenke
und schien über sein Kommen wenig
erfreut.
„Wir haben sehr viel zu bereden,
Elisabeth,“ sagte er und nahm ihre
Hand. Die schlanken, kühlen Finger
erwiderten seinen Druck nicht. „Es
hat leider auch Eilen, wir dürfen es
nicht bis nach des Vaters Begräbniß
aufschieben. Das eine muß ich dir
sogar gleich sagen, ich muß unsere
Wohnung loswerden versuchen. Hast
Du Wünsche, in welcher Gegend ich ei
ne andere sie kann natürlich nur
CAS TORIA
für Sãuglinge und Kinder.
Die dorte, bie lir inmer (ekautt faht
Trägt ie
Vnterschrift von A
“ Werben stockte und
klein sein.
sah sie an.
„Es ist mir ganz einerlei. Wieviel
Zimmer denkst Du zu nehmen?“
Ein Stein fiel von seinem Herzen,
sie war also vernünftig und hatte sich
ihre Lage klar gemacht. „Der Preis
wird wohl den Ausschlag geben
müssen. Wir können aber gleich über—-
legen. Ich habe eine Stube nöthig
und kann leider nicht darauf verzich
ten, des Dienstes halber. Du hast
ein Zimmer nöthig, unsere Schlafstu
be, ein Eßzimmer macht vier —“
Elisabeth richtete sich auf. „Salon,
Ankleidezimmer, Leutestuben —“
„Ein Gelaß für die Köchin giebt es
immer, und mehr als ein Mädchen
wird für uns unmöglich sein. Der
Bursche muß irgendwo untergebracht
werden.“
„So sollen wir leben? Das ist ja
wie bei einem Handwerker!“ schrie
Elisabeth auf. „Ohne Salon, ohne
Toilettenraum, nur mit einem Mäd.
chen das ist unmöglich das kannst
Du mir nicht zumuthen.“
Werben preßte die Lippen aufein—-
ander und seine Finger trommelten
auf dem Tisch. Sie hatte es also doch
noch nicht begriffen, nannte es eine
Zumuthung. Nicht war er schuld
an dem Unglück auch sie nicht,
aber es kam doch von ihrer Seite. ..
Es war nothwendig, daß sie endlich
klar einsah, wie sie standen, und so
sprach er weiter, setzte ihr die Verhält—-
nisse auseinander, begründete seine
Vorschläge, legte ihr die Berechnung
vor, aber sie wollte oder konnte es
nicht verstehen. Vielleicht war sie
wirklich noch schwach und angegrif—
fen, bedurfte der Ruhe und Schonung
Werben entschuldigte sich gegen
sich selbst, so viel er vermochte und
ging endlich weg, in der Hoffnung,
sie am nächsten Tage zugänglicher zu
finden.
Aber in seiner großen, eleganten
Wohnung war es ihm unheimlich, und
bis tief in die Nacht hinein wanderte
er darin herum, den Kopf voller Zah—-
len, das Herz voll bitteren Wehes.
Sich selbst wollte er gern alles entzie—
hen, aber er konnte Elisabeth den ge—-
wohnten Luxus nicht bieten, sie muß—
te verzichten lernen. Und wie sollte,
wie konnte er sie das lehren, wenn
sie selbst die Nothwendigkeit davon
nicht einsah! . . ..
Bei einem Besuche am nächsten Ta—
ge sah er Elisabeth nicht. Agnes rieth
ihm, sie zufrieden zu lassen, die Ein—
samkeit thue ihr gut. Sie weine viel
und scheine matt zu sein. Daß sie
gerade jetzt kein Verlangen nach ihm
hatte, ihn in seinen Sorgen allein
ließ, schmerzte ihn unsäglich.
Am Begräbnißtage sah er Doktor
Reimarus, der auf seiner Rückreise
war, wie er sagte, und einige Tage
hier bleiben wollte. Daß der Wunsch,
sich von der Größe der Katastrophe zu
überzeugen, seinen Aufenthalt in den
Bergen abgekürzt, verschwieg er. Der
Anblick von Elisabeth hatt die al—
ten Zeiten wieder wachgerufen, er
wohnte der Beerdigung bei, und be—
grüßte Werben wie einen alten
Freund.
„Ein Mann wie Ihr Schwiegerva—
ter konnte einen solchen Schlag nicht
überleben,“ sagte er hernach, als sie
eine Strecke zusammengingen.
„Aber uns überläßt er es, wie wir
uns mit dem Leben nun abfinden,“
versetzte Werben mit Bitterkeit.
Reimarus hatte einen ernsten, bei—
nahe besorgten Blick auf ihn gerich—
tet gehabt. „Ja, es wird ein schlim—
mer Uebergang für Sie werden,“
sagte er, „aber in solchen Zeiten lernt
man viel und unter Hammerschlägen
zeigt sich der tüchtige Kern. Wie
trägt es Ihre Frau Gemahlin?“
Werben seufzte. „Als habe sie ein
Recht, mir darüber zu zürnen, wäh—
rend doch —“ Er schwieg, bestürzt
über seine Offenheit gegen einen
verhältnißmäßig Fremden; er begriff
sich nicht.
Doch Reimarus schien es ganz in
der Ordnung zu finden.
„Sie ist von klein auf immer ver—-
zogen und verwöhnt worden, es ist
ihr noch niemals etwas in den Weg
getreten, und das lernt sich nicht
gleich. Auch zum Ertragen von Wi—
derwärtigkeiten und Schicksalsschlä—-
gen muß man erzogen werden.“
„Ich fürchte, ich habe kein Talent
dazu,“ bemerkte Werben finster.
„Das besorgt das Leben meist auch
besser,“ sagte der Doktor und empfahl
sich.
Auch jetzt nach der Beerdigung
machte Elisabeth keine Anstalt, zu ih—
rem Manne zurückzukehren, und Ag—
: Chas. Ca-
Vergeszt nicht ttnen
Cumber--
landWyo., sagt daß er dies nie wird. War
ne White int 2 Tor yetie ihn u eint;
en Tagen von immsten Husten der je
hen Mann hatte M. Molitor 1
Der Nordstern, Donnerst
nes ließ sie gewähren. Werben hatte
sich ihre Einmischung verbeten, so
wollte sie auch danach handeln. Moch—-
te er sie darum bitten, wenn er ih—
rer bedurfte.
4. Kapitel.
Es war am Tage nach dem Begräb
niß. Agnes saß im Gartensalon und
vor ihr Reimarus. Prüfend sahen
sie sich an. Agnes dachte des Tages,
an dem sie sich mit harten Worten von
dem Doktor losgesagt er schien
nicht daran zu denken, sprach ruhig,
gleichmüthig, freundlich und theil—
nehmend wie zu einer guten Bekann—
ten, deren Geschick ihn nur eben inte—
ressirte. Es wäre sonst auch wchl
kaum zu ihr gekommen, wie sie sich
sagte.
Zehn Jahre und mehr lagen zwi—
schen jenem Tage und heute. Agnes
war alt geworden, sie fühlite es und
las es in seinem Blicke, der über sie
in der tiefen Trauerkleidung. die ihr
schlecht stand, hinglitt. Er war, wie
sie meinte, kaum verändert. Sie
horchte auf den Ton seiner Stimme,
wußte im voraus, welchen Ausdruck
er gebrauchen werde und wunderte
sich, daß sie gar nichts vergessen hatte.
Und er fragte sich, ob Agnes den
harten Schlag besser ertragen, als
ihre Schwester. „Was denken Sie
anzufangen?“ fragte er aus diesem
Gedanken heraus und wartete ge—
spannt auf ihre Antwort.
Sie sah unschlüssig vor sich hin.
„Ich weiß es doch nicht. Für den
Augenblick muß ja doch alles so blei—
ben.“
„Warum! dJe schneller Sie einen
Abschluß herbeiführen, umso besser
für alle Theile, besonders für ihre
Schwester, die sich dann am rasche—
sten in die veränderte Lage hinein—
finden wird. Welcher Mann läßt sich
denn das gefallen. Sie hat doch
wahrlich allen Grund—“ Er stockte,
er hatte ja gar kein Recht, so zu. spre—
chen, er war ja ein Fremder und sei—
ne Bemerkung höchst unpassend.
Aber Agnes fand das nicht und
setzte seinen angefangenen Satz ein—
fach fort. „JFa, allen Grund, ihn zur
Milde zu stimmen, denn von ihrer
Seite kommt das Unglück. Ich
glaube nur, daß Werben sie nicht hin—
reichend liebt —“
„War es keine Neigungsheirath?“
fragte er rasch.
In der so lange entbehrten, ihr jetzt
so wohlthuenden Sicherheit des frü—
heren Vertrauens, dachte Agnes an
keine Zurückhaltung. „Ich kann es
kaum genau sagen, aber Elisabeth hat
nie Grund gehabt, sich zu beklagen.
Sie waren ja wohl zugegen, als die
Nachricht sie in Berchtesgaden traf.
Elisabeth sprach von Ihnen. Was
hatten Sie für einen Eindruck von
den beiden?“
„Ich hatte eine Fußtour mit Wer—
ben gemacht,“ antwortete Reimarus.
„Uebrigens ein prächtiger Mensch,
Ihr Schwager, dem ich nicht zuge—
traut hätte, eine Geldheirath zu ma
chen.“
„Von Elisabeth's Seite war es
Neigung,“ sagte Agnes.
Der Doktor wiegte nachdenklich den
Kopf. Umgekehrt wäre es jetzt bes—
ser, er würde dann leichter darüber
hinwegkommen. Aber ich wiederho—
le meinen Rath, lösen Sie den Haus—
stand auf und —Sie haben doch Ver—
wandte, zu denen Sie gehen können?“
Eine sonderbare Frage von dem
Manne, der einst als Sohn des Hau—
ses angesehen worden war. Es wall—
te heiß in Agnes auf. Aber zehn
Jahre sind eine lange Zeit. Wir hdc—-
ben keine Verwandten, und von ande—
rer Gnade abhängen, ist auch nicht
leicht. Jetzt fühle ich, wie ungenü—
gend meine Erziehung und meine
Bildung sind für das eben, wie
es jetzt vor mir liegt, sind sie nichts
werth, ich kann damit nichts anfan—
gen. Nein, das ist vielleicht zu viel
gesagt, ich werde schon etwas finden,
mir ist nicht bange.“ Sie sah ihn
stolz an. „Wenn Sie auch vielleicht
glauben, ich bedürfte des Reichthums
noch mehr als Elisabeth, weil ich
meinte, ich hätte ein Recht auf ihn,
solange er da war, ja eine Verpflich—
tung —“ Sie stockte, strich sich über
die Augen und sagte ruhiger: „Mir
ist bange für Elisabeth und ihren
Mann. Ich schlug Werben vor, sich
von ihr zu trennen, er hätte ein Recht
dazu —“
„Unmöglich, Agnes, das können
Sie doch wirklich nicht gesagt haben!
Jetzt seine Frau verlassen, wo sie der
Führung und Unterstützung mehr als
je bedarf!“ Reimarus sah Agnes
an, und jede wärmere Neigung
mit einem unverkennbaren Entsetzen
schwand, auch in seiner Erinnerung.
Sie lächelte trübe, sie verstand ihn
besser, als er ahnte. „Was soll er
Eigenthümliche Erscheinung.
I. D. Runyan von Butlerville, 0.,
legte die eigenthümliche Erscheinung
seiner schmerzvollen Symptome der
Unverdaulichkeit und Biliösität den
Dr. King's Neuen Lebenspillen zu.
Er sagt: „Dieselben sind ein voll—
ständiges Mittel gegen Schwindel,
sauren Magen, Kopfweh, Verstopfung
etc. Garantirt in Martin Molitor's
Apotheke. Preis 25 Cents.
DEFECTIVE
den 31. August, 1905.
denn mit einer Frau anfangen, die
durchaus nicht einsehen will, daß sie
nicht mehr wie bisher weiter leben
kann!“ Sie sprach ganz ruhig, aber
es hatte sie doch durchzuckt, als er ih—
ren Namen ausgerufen, er aber hat—
te es selbst nicht bemerkt. „Es ist für
Werben eine einfache Existenzfrage,
er sieht es selbst auch ein —“ Und
nun setzte Agnes dem Doktor alles
auseinander, was sie sich überlegt,
theilweise ihrem Schwager gesagt,
und Reimarus mußte ihr schließlich
in manchem recht geben.
„Aber eine Frau, die ihren Mann
wirklich lieb hat, lernt viel,“ sagte er
zuletzt und dachte nun auch an jene
vergangenen Kämpfe zwischen ihnen.
Agnes erröthete. „Die Liebe muß
allerdings groß, echt und tief sein,“
fuhr er fort. „Ein oberflächliches
Gefühl bricht zusammen.“
„Elisabeth ist ein oberflächlicher
Charakter,“ sagte sie leise.
„Ja, dann da er sie nicht aus
Liebe geheirathet hat, und allerdings.
so kurz ich mit ihnen nur zusammen
war es ist möglich —“
„Begreifen Sie nun, daß ich
schwarz sehe? Sie meinen vielleicht,
ich hätte das alles nicht sagen sollen
und mich nicht einmischen, Werben
selbst meinte es auch und sagte, er
wollte lieber allein alles mit Elisabeth
ausmachen —“
„Das einzig Richtige,“ unterbrach
Reimarus sie. „Aber dann müssen
Sie sich Ihrer Schwester annehmen,
allein kann sie nicht stehen, sie ist ja
noch wie ein Kind—“
„Und wie ein verwöhntes, unerzo—
genes Kind,“ antwortete Agnes seuf—-
zend. „Halten Sie mich nicht für
herzlos, weil ich mich ausspreche. Es
ist seit vielen Jahren das erste Mal
und wir sind uns ja nicht so fremd.
Doch genug davon. Ich danke r
für Ihren Besuch, er hat mir unbe—
schreiblich wohl gethan. Ja, ich dan—
ke Ihnen dafür mehr, als ich in Wor—
te fassen kann. Ich bedurfte eines
Gegengewichtes gegen die erschüttern—
den erdrückenden Eindrücke der letz—
ten Wochen. Ich habe die qualvolle
Zeit der schwindenden Hoffnung und
der Verzweiflung mit Vater durch—-
gemacht und seine Sehnsucht nach dem
Tode begriffen. Ich kann deshalb
auch nicht darüber klagen, ich fühle
nur meine Einsamkeit schwer. Wä—
ren Sie hier, würde ich Sie bitten,
sich Werbens anzunehmen, für den ich
· schlimme Stunden fürchte.“ Sie
reichte Reimarus die Hand.
Als er das Haus verließ, sagte er
sich, sie habe sich nicht verändert. Die—
selben Gegensätze, die ihn stets gepei—
nigt, liebevolle Sorgfalt für andere
und schroffe Härte in der Beurthei
lung:· So viel Gutes in ihr lag,
glücklich konnte sie nicht machen. Für
ihn hatte sie jeden Reiz verloren, er
dachte mit Staunen daran zurück, daß
er sie einst geliebt hatte.
Kaum hatte auch Agnes den Salon
verlassen, so huschte eine kleine Gestalt
aus der kleinen Veranda, die daran
stieß, und eilte hastig die Treppe hin
auf. Es war Elisabeth, die hinter
großen Blattpflanzen verborgen dort
gesessen hatte in Erinnerungen ver—
sunken an ihres Vaters stets gleiche
Liebe und Güte. Sie hatte durch sei
nen Tod erst ihren vollen Werth er—-
kannt jetzt, wo ihn kein Wort mehr
erreichen konnte, wußte sie, wie theu—
er er ihr gewesen war.
Die beiden Stimmen weckten sie
aus ihren Träumen. Sie konnte die
Veranda nur durch den Salon ver—-
lassen, und ihre Abneigung gegen
den Doktor ließ sie vorziehen, sich hier
zu verbergen, bis er wieder wegge—
hen würde. Und was sie dann hörte,
nahm ihr die Kraft, sich zu rühren,
und ließ ihr Herz vor Schrecken er
starren. Werben hatte sie des Gel—
des halber geheirathet, liebte sie nicht
sie war ihm eine Last er wollte
sich von ihr trennen Agnes, ihre
eigene Schwester, rieth ihm dazu
Reimarus, fand sie, habe Recht
das Geld war sein Zweck gewesen.
Nun verstand sie Werbens plötzlich
verändertes Wesen in Berchtsgaden.
Auch hier hatte er sich so gut wie gar
nicht um sie gekümert. Reimarus
schien zu glauben, auch sie habe kei
ne Liebe für Arwed gehabt und Ar—
wed selbst verlangte auch wohl nicht
danach; er hatte ja ihr Geld gewollt.
Ein Zerrbild ihrer Ehe stand vor ihr;
vergessen war alles Glück, alle Bewei
se von Werbens Liebe, Nachsicht,
Sorgfalt und Zärtlichkeit, als wären
sie nie gewesen.
Bleich und bebend hörte sie alles
an. Ach, lebte doch ihr Vater noch, zu
ihm hätte sie mit diesem grausamen
Kummer gehen können! Aber was
sie soeben verloren, hätte auch er ihr
nicht ersetzen können. Dies war noch
schwerer als sein Tod, es war ihr
ganzes Lebensglück, das ihm in das
Grab nachsank. Sie fragte nichit,
ob die beiden eine Berechtigung zu
ihren Worten hätten, sie dachte auch
Ein Deering Harvester, so gut
wie neu, auf Credit unter günstigen
Bedingungen zu kaufen. Nachzufra
gen bei Peter Wolf, No. 318
Ave. nördlich. ba
PAGE
nicht an die Möglichkeit, ihn selbst,
Werben zu fragen, ob es so sei, ab er
sich ohne Liebe ihr genähert, sie wuß—-
te nur, daß das, was sie jetzt gehört,
sie für immer von ihrem Manne
trennte. Und er konnte mit ihr nicht
weiterleben, weil sie kein Geld mehr
hatte und verwöhnt war. . . Alles,
iwas er ihr gesagt, erhielt ein krän
kendes, häßliches Aussehen. „Es war
nur das Geld, ich bin bei ihm nichts,“
flüsterte sie vor sich hin.
Sie flog die Treppe hinauf in ihr
Zimmer. Ihr Zimmer? Gehörte sie
denn nicht zu ihrem Manne, in sei—
ne Wohnung, so klein und gering sie
auch sein würde! . . . Nein, tausend—
mal nein, denn er wollte sie ja nicht
darin haben, weil sie verwöhnt
war.. . Es klang ihr wie eine schwe—
re Beleidigung. Konnte sie dafür,
daß sie im Schooße des Reichthums
aufgewachsen war und gelebt hatte,
wie Agnes und ihr Vater es sie ge—-
lehrt und selbst gethan hatten! . . ..
Sie glaubte, ihren Mann zu hassen,
sie konnte ihn nicht wiedersehen, sie
mußte sie wollte —. Ja, was
denn?... Weggehen!
hin? Mit Agnes leben? Nein,
unter keiner Bedingung, hatte sie doch
Arweds Partei genommen . . . Sie
mußte sich selbst ein Unterkommen su—
chen. . . Und dann stürzten ihr die
Thränen aus den Augen, und sie sag—
te sich, sie müsse das Unrecht, kein
Geld mehr zu haben, durch ihr Ver—
schwinden sühnen. . . Stundenlang
kauerte sie, unbeweglich auf einem
Sessel, den Kopf zwischen die Hände
gepreßt, vergebens bemüht, sich klar
zu werden, was sie thun müsse.
Sie gewann es über sich, Agnes
noch einmal zu sehen, ja, eine kurze
Weile bei ihr zu sitzen, war aber zer—-
streut und einsilbig.
„Es wäre wohl Zeit, Du gingest
wieder zu Deinem Mann zurück,“
sagte Agnes nach einer Weile. „Ich
verstehe nicht recht, was Du hier noch
willst, ich möchte anfangen, hier al—
les aufzulösen. Werben hat eine bei—
-2 Geduld mit Dir gehabt.“
„Du sollst morgen von mir befreit
werden,“ antwortete Elisabeth und
legte die Hand über die Augen, stand
dann auf und sagte kurz Gute Nacht!
Agnes sah ihr ernst nach. „Wer—
ben ist zu ehrenhaft, um den ersten
Schritt zu thun, aber wie sie zusam—
men weiter leben wollen, ist mir un—
klar. Freilich auch, was aus Elisa—
beth werden soll.“ Agnes hatte ent—
schieden größere Theilnahme für
Werben als für ihre Schwester, sah
aber doch mit Ergebenheit der Mög—
lichkeit ins Auge, für sie sorgen zu
müssen. Sehr bald waren ihre Ge—
danken bei den mannigfachen Geschäf
ten, die ihr jetzt zufielen. Sie wollte
Reimarus' Rath befolgen und hatte
bald einen Zettel mit Zahlen ange
füllt, ein Versuch, sich ihre traurige
Lage klar zu machen und die Einrich
tungsstücke zu verzeichnen, die sie als
ihr persönliches Eigenthum betrach
ten durfte.
Sehr zeitig am nächsten Morgen
ließ sie Hennig rufen, mit dem sie lan—
ge berieth. Sie begleitete ihn dann
auf verschiedenen Gängen;; sie fühl—
te, es sei höchste Zeit, daß sie anfing,
selbst etwas zu thun und zu lernen,
wie sie alles einrichten müsse. Schon
am nächsten Tage hatte sie die Ent—
lassung der Dienstboden, den Verkauf
ihrer Möbel eingeleitet und sich in
allem von Hennigs Rath leiten lassen.
„Ich verstehe nichts davon, Sie
wissen es besser,“ hatte sie gesagt.
Und als sie Abends für seine Hülfe
dankte, fragte sie, einer plötzlichen
Eingebung folgend:
„Was werden Siee denn anfan—
gen?“
In des alten Mannes Gesicht zuck
te es.
„In meinem Alter kann man nichts
mehr „anfangen. Mein Erspartes ist
weg “
„Alles?“ fragte Agnes mit einem
innerlichen Schrecken. „Auch durch
—“ Er nickte nur. „Was kann ich
für Sie thun?“ stieß sie hervor. Wie
ein Blitzstrahl brach die Erkenntniß
über sie herein, daß sie und Werben
nicht die Einzigen, die zu beklagen
waren, daß sich das Unglück weiter
erstreckte, und daß sie noch gar nicht
daran gedacht hatte. Sie stand tief
innerlich beschämt vor dem altem
Manne, der als Lohn seiner Treue
den Bettelstab in der Hand hielt, den
sie nur als Diener benutzt und der
noch kein Wort der Klage hatte hö—
ren lassen. „Wovon wollen Sie denn
leben?“ fragte sie und hätte ihm das
Unglück abbitten mögen, das über ihn
gekommen war durch sein Vertrauen
auf meinen Herrn.
„Ich weiß es noch nicht, vielleicht
finde ich bei einem Schreiber es
ist noch zu kurze Zeit, ich muß erst
überlegen.“ Die Theilnahme der
Tochter des Hauses war ihm so neu
und unerwartet, daß er nicht wußte,
was er darauf antworten sollte.
Sie winkte ihm zu, Thränen dran—
gen aus ihren Augen, die Gewiß—
heit vor dem Elende, das vielleicht
noch viele gtroffen, legte sich ihr wie
ein schwerer Druck auf die Brust.
Nach ihrem ersten Ausgange höör
te sie, Elisabeth sei nicht mehr da und
fühlte es als eine wahre Erleichte·
rung. Wenn irgend möglich, wollte 2
sie sich von den Verhandlungen des
Ehepaares fern halten. Werbens
Abweisung ihres gut gemeinten Vor
schlags war ihr sehr empfindlich gee
wesen. Als sie sich aber Abends nie·
derlegte, fragte sie sich doch, wie sich
beide jetzt wohl in ihre so traurig F
veränderte Lage gefunden und obb
Elisabeth es ihrem Manne nicht all- ;
zusehr erschweren werde. ; 2
Da sie auch am nächsten Tage
nichts wieder von Werben noch von
Elisabeth hörte, nahm sie an, sie seien
ähnlich beschäftigt wie sie, Ueberflüs
siges zu Geld zu machen und eine ;
Möglichkeit zu finden, ihre Lebens- ;
weise ihren veränderten Mitteln an
zupassen.
14
(Fortsetzung folgt.) 3
—— -
The right kind of
house paint saves
money. Forty years
practical paint ex
perience proves that
-
nioch
AOO FANT
- ce
is the “right Kind.“.
Write Kinloch Paint Company, St.
Louis, for free booklet on “What
the Householder Ought to Know.
n:
3. B. Dirkes, Freeport, Minn.
îs 1
- 1
Verkaufsnotiz in Grabenr
verbhandlungen. Zion und :
PVtunson Graben.
Es wird hiermit bekannt gemacht, daß ich ;
am 8. September 1905, Morgens 9Uhr ahj
einem Puunkte des Ausganges des genannten )
Grabens in Section 35 in Township 128
von Klasse 32 die Reinigungs- und Repara—-
turarbeiten des Zion und Munson County- j
Grabens an den oder die niedrigstbietenden“
verantwortlichen Bieter verkaufen werde, und
daß Angebote für genannte Arbeit entgegen--
genommen werden. Der erfolgreiche Bieter
muß einem zufriedenstelenden Bond geben,
der vom Board der Eounty-Commissäre von
Stearns County bestätigt sein muß mit we—
nigstens zwei Grundbesitzern als Bürgen für —.
die getrene Ausführung seines Contractes,
und er muß auftkommen für allen Schaden,
der entstehen mag, wenn er verfehlte, die Ar
beit in der im Contract bestimmten Zeitzu
volenden. Pläne und Spzifitationen kön-
nen in der Office des Civil-Ingenieren S. ;
S. Chute in St. Cloud, Minn, und an dem
Vlatze, wo der Contract erlassen wnd, ein—- :
gesehen werden. Allen Angeboten muß ein
vbersicherter Wechsel zahldar an den
der County Commissäre des genannten Coun-
ty für nicht weni.er als 10 Prozent des Be
trages eines jeden Angebotes beigelegt sein.
Das Recht, irgend eintes oder alle Angebote j
zu verwerfen, ist hiermit vorbehalten. Den
18. August 1905.
Jacob Weber,
County-Commissär des 3. Distritts.
40-2 t.
R
Verkaufsnotiz in Sachen des Nn.
1. Grabens.
Es wird hiermit bekannt gemacht, daß i A
am 6. September 1905, Motgeus 9 Uhr, ari
Ansgangspunkte des genannten Grabens int
Section 5, Township 25 nördlich von Klasse
29 westlich, die Reinigungs- und Reparatur-
arbeiten des St Wendel und Avon County-
Grabens, der als No. 4 Graben bekannt ist,
an den niedrigsten verantwortlichen Vietet
verkaufen und daß Angebote für genannte ;
Arbeit erbeten sind. Der erfolgreiche Bieter
muß einen zufriedenstellenden Bond geben, /
der vom Board der County-Commissce von ;
Stearns County gutgeheißen und wenigstens “
zwei Grundbesitzer als Bürgen haben muß,
für getreue Ausführung seines Contractes
und für Zahlung aller Schäden, die entstehen
mögen wegen nicht Vollendung der Arbeit
innerhalb der im Contract ängegebenen
Zeit. Pläne und Spezifikationen können in
der Office des S. S. Chute, C. E., St. ;
Cloud, Minn., und am Platze, wo die Con- ;
tracte verausgabt werden, angesehen werden.
Allen Angeboten muß ein versicherter Wech-
sel, zahlbar an den Board der County-Com-
missre des genannten County, für nichtwe
niger als 10 Prozent des Betrages eines je
den Angebotes, beigelegt sein. Das Recht, ;
irgend eines oder alle Angebote zu verwerfen;,
ist hiermit vorbehalten. Den 18. August 1905.
H. F; Mehyher, 2
County-Commissär des 2. Distrikts. 392
Verlangt.
Ein deutscher Mann mit Familie sucht
eine Farm zu pachten, am liebsten in einein
deutschen Settlement. Farm soll 100 bis
120 Acker unter Pflug haben. Zuschriften
rbeten von J· Peschl, St. Cloud, Minn.
39-3 t.
Zu verpachten oder zu verkaufen ime
158 Acker große, nahe der Stadtgrenze ue ;
Melrose gelegene Farm unter günstigen Be
dingungen. Dieselbe kann gleich übernom
men werden. Näheres zu erfrägen im „Nord—-
stern“. 39-At.
Ein tüüchtiger Schmiedegeselle, dem ge
ter Lohn und dauernde Arbeit zugesichert ist,
perlaugt von I· B. Stommes, Free
port, Minn. ;
Füũr Farmgebrauqh.
Gasolin-Maschinen mit küühler Luft, frier
en nicht ein, zum Holzsagen, Wasserpumpen.
zum Gebrauch in der Milcherei. Gerade das
richtige auf einer Farm, um Arbeit, Zeit und
Geld zu sparen. Größere für Getreide-Ele
vatoren.
1 28 ste Avenie Süd.
I. P. Bisenius, Agent, St. Cloud. ;
Verlangt
Wird ein euta lateu der Leterr sürei·-
nen deutsch-katholischen Schul-Distrikt in der
Nähe von Aitkin, Minn. Wegen Näherem /
wende man sich an Joseph Jarken oder an
Bernard Sturre, Aittin, Minn. 38

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