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Der Tag, den wir keiern. Vor 1380 Jahren am 4. Juli in Philadelphia! Der continentale Congreß hatte einen letzten Versuch gemächt, um die Beschwerden der ameritanischen Colonien gegen die englische Vergewaltigung Kiedüch beizulegen. Er hatte sich Ende 1775 dirett an den englischen König mit einer Denkschrift gewandt, in welcher in ruhiger und sachgemäßer Sprache um Recht und Billigteit ersucht wur— de. Er hatte lange zu warten, bis die Antwort darauf eintraf. End— lich, nach sechs Monaten erhielt man in Philadelphia jene Antwort der britischen Regierung. Sie war knapp und kurz und grob, ging gar nicht ein auf die vorgebrachten Beschwer—- den und sagte, der König kenne gar keine Körperschaft wie den Con—- tinental Congreß. Der König ver— — lange vor Allem sofortige Entlassung der von den Kolonien aufgebrachten „Armee und bedingungslose Unterwer— fung. Erst dann werde er mit jeder Kolonie einzeln verhandeln. Diese Entgegnung hatte den letzten Rest von Lohalität gegen die englische Regierung erstickt. Der allgemeine Unwille fand bald auch seinen Aus— druck in einem am 7. Juni 1776 von Richard Henry Lee im Auftrage der Legislatut von Virginien beim Kon— tinentaltongreß eingebrachten Antrag, die Kolonien sollten sich in aller Form von England lossagen und einen unabhängigen Staat bilden. Die Beschlußfassung über diesen Antrag wurde auf den 1. Juli fest gesetzt. Inzwischen sollte ein Fünfer— ; Comite die Unabhängigkeitserklä— rung, welche ursprünglich von Bür— gern der Stadt Charlotte in Nord Carolina entworfen worden war, in eine präzisere Form kleiden und die Gründe aufzählen, warum die drei— zehn Kolonien frei sein sollten. Da der Antragsteller Lee durch „Krantkheit verhindert war, dem Aus—- schuß anzugehören, so machte man x » Tisch und Stuhl, welche bei Unterzeichnung der Unabhängigkeits- Erklärung benutzt wurden. Jeffersfon zum Vorsitzenden des ; selben. Die übrigen Mitglieder wa— ; ren John Adams von Massachusetts, ; Benjämin Franklin von Pennsylva— nien, Roger Sherman von Connecti cut, und Robert R. Livingston von f New York. Das Comite beauftragte den federgewandten Jefferson mit der Abfassung des wichtigen Dokumentes. Er löste seine Aufgabe zur vollsten „BHufriedenheit seiner Kollegen, welche An seiner Vorlage nur einige geringe Aenderungen vorzunehmen wußten. m Als am 1. Juli Lee's Antrag zu— gleich mit dem Bericht des Ausschus ses dem Kongreß zur Berathung un—- terbreitet wurde, entspann sich über ihre Annahme eine scharfe, drei Tage dauernde Debatte. Kein Wunder, war der Entwurf Jefferson's doch ein Dokument, wie es nie zuvor einer BLersammlung zur Beschlußfassung vorgelegen hatte. Es bedeuteie nicht Hlos eine entschlossene Lossagung von „inem mächtigen Monerchen, dem Anan in der unverblümtesten Weise sein Sündenregister vorhielt, sondern es bedeutete zugleich einen geharnisch— — ten Protest gegen die bisher unange—- 1 tastet gebliebene Lehre vom Got— sAtesgnadenthum der Herr— scher. Gleich die zu Anfang des Schrift stückes niedergelegten Ertlärungen waren von weltumwälzender, alle bis—- herigen Anschauungen umstoßender Bedeutung. Sie lauteten: „Wir halten die folgenden Wahr— heiten als erwiesen: Daß alle Men— schen gleich erschaffen und von ihrem Schöpfer mit gewissen, unantastbaren Rechten ausgestattet sind; daß zur Sicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingesetzt wurden, welche ihre Befugniß von der Zustim— »mung der Regierten empfangen. Ver—- stößt jemals eine Regierung gegen ibren Zweck, so hat das Volk das Recht, dieselbe zu ändern oder abzu—- schaffen und eine neue Regierung ein zurichten und dabei die Grundlagen derselben auf solche Grundsätze zu legen und ihre Gewalt in solche For—- men zu kleiden, wie sie ihm für seine Sicherheit und Wohlfahrt am zweck dienlichsten scheinen.“ In diesen Sätzen haben wir die erste Formulirung der allgemeinen Menschenrechte, deren Andenkten mit der amerikanischen Unabhängigteits erklärung unlöslich verbunden ist. Während die Verhandlungen über das wichtige Dokument im Staats—- hause ihren Fortgang nahmen. drängte sich draußen ungeduldig eine tausendköpfige Menge und richtete die Blicke erwartungsvoll nach oben, ob nicht bald der Klang der im Thurm hängenden Glocke gemäß ihrer pro— phetischen Aufschrift: “Proclaim li— berty throughout the land unto all the inhabitants thereof!” der Nation die erfolgte Annahme der Unabhängigkeitserklärung und damit die so heiß ersehnte Selbständigkeit verkündigen werde. Aber Stunden auf Stunden ver— rannen. Vergebens harrte der alte Glöckner im Thurm auf das entschei— dende Zeichen, so daß er endlich an dem Muth der Abgeordneten zu zwei— feln begann und unwirsch vor sich hinmurrte: “Nhey will never do it! They will never do it! Da endlich um 2 Uhr Nachmittags des 4. Juli stürmte der unten im Gebäude stationirte Knabe des Glöck ners hinaus auf den Platz und schrie mit vollen Lungen zum Thurm hin— auf: “Ring! Ring!“ „Lãute! Läute!“ Und als in der nächsten Minute die Glocke mächtig ertönte, da ging durch die Menge ein Brausen und Frohlocken, das sich von Straße zu Straße fortpflanzie und bald die ganze Stadt erfüllte. Reitende Eil— boten trugen die frohe Kunde von Ort zu Ort, biẽ Jedermann inner— halb der Grenzen der nunmehr unab— hängigen Vereinigten Staaten von Amerika wußte, daß der Tag der Freiheit gekommen sei. Ueber die erste 4. Julifeier in Philadelphia wissen wir leider nuc wenig. Wir wissen nur, daß am Abend alle Häuser illuminirt hatten und daß Kanonendonner ertönte. John Adams, der Abgeordnete von Massachusetts, welcher die Annahme der Unabhängigkeitserklärung mit am eifrigsten befürwortet hatte, schrieb zu später Nachtstunde noch an seine Frau: „Dieser Tag wird der denkwürdigste in der amerikanischen Geschichte fein und von künftigen Ge— nerationen als das große Jahresfest und als der Tag der Befreiung durch Gottesdienst, festliche Umzüge, Wett— kämpfe, Glockengeläute, Freudenfeuer, Illumination und Kanonendonner verherrlicht werden von dem einen Ende des Kontinentes bis zum an— deren, von jetzt ab für immerdar!“ Aus George Washing tun's Privatleben. Alle historischen Gestalten werden mehr oder weniger idealisirt. Wenn der Mensch es erst einmal dazu ge— bracht hat, daß sein Name in die Schulbücher gelangt, so kann er mit dem Bewußtsein sterben, daß die Nachwelt ihn entweder als den Aus— bund aller Scheußlichteiten, oder als einen unbefleckten Heiligen verab— scheuen oder feiern wird. Es ist unter solchen Umständen nicht zu verwundern, daß der George Washington, wie er in diesen Tagen gefeiert und geschildert wurde, auch nur ein Idealbild jenes Generals. Staatsmannes und virginischen Landbesitzers ist, welcher so gut, wie alle anderen Leute, neben vielen gro— ßen und ktervorragenden Eigenschaf- en; uch seine menschlichen Schwã-- chen hatte. Vor einigen Jahren wurde einmal ein bekannter Schriftst-ller von einer Bostoner Verlagsfirma beauftragt. sich nach Washington und dann nach Virginien zu begeben, um dort aus noch vorhandenen Quellen und den Archiven ein nicht idealisirtes Lebens- und Charakterbild Washington's zu schreiben. Der Herr kam nach einem mehrwöchentlichen Aufenthalt in Vir— ginien in der Umgegend von Ale— xandria mit einem langen Gesicht nach Washington zurück und ertlärte hier in einer Gesellschaft, daß er jener Firma geschrieben habe, es sei ihm unmöglich, die verlangte Arbeit zu liefern. Denn einmal sei ihm der idealisirte Washington selbst so lieb geworden, daß er nur mit Widerwil—- len sein eigenes Ideal zerstören wür—- de, und zweitens müsse es unbedingt sein eigener literarischer Tod sein, wenn er den Unwillen des ganzen amerikanischen Volkes durch Wieder— gabe Dessen erregen würde, was er über das Leben des großen Todtet aus durchaus glaubwürdiger Quelle und Ueberlieferungen erfahren habe. Nun darf man nicht annehmen. daß deshalb der große Washington etwa ein moralisches Scheusal gewe— sen, oder daß er in unehrliche Speku— lationen oder politische Schwindeleien verwickelt gewesen sei. Was der gute Mann über Washington gehört hatte und was er sich scheute, einem ame— rikanischen Publiktum offen mitzu— theilen, ist die einfache Thatsache, daß Washington ein Mensch wie alle an-- deren war und genau dasselbe Leben führte, welches alle reichen Sklaven—- halter des Südens Washington hatte über 300 Sklaven für un— bedingt standesgemäß und vollständig moralisch hielten. Zuerst mag aus verschiedenen Erin— nerungen, welche jetzt wieder gerade hier auftauchen, erwähnt werden, daß Washington bei seiner Großheit und Kraft der Entsagung, die er im öf— fentlichen Leben bezeigte, in seinen geschäftlichen Transaktionen nicht al— lein eine große, geschäftliche Ge— wandtheit, sondern auch eine Fähig— teit bewies, genau zu rechnen und alle Einzelheiten des großen Farmbe— triebs, welcher die Grundlage seinec Einnahmen und seines Vermögenz bildete, zu überwachen. Diese große Farm, eine der größten im Staate Virginien, hatte er zu einem Theile ererbt, und daß er das Angenehme mit dem Nügtlichen zu verbinden wußte, zeigte schon die Thatsache, daß die schöne und gefeierte Wittwe Cur tis, welche er heirathete, zufälliger Weise die Besitzerin sehr großer, sei— nem eigenen, kleineren Besitze benach— barter Ländereien war. Bei Mount Vernon wurde Mais, Weizen und anderes Korn in großen Mengen ge— baut, und Washington hatte sogar eine Branntweinbrennerei auf seinem Gute, deren Produkte in weitem Um— kreise bekannt waren, und denen er und seine Freunde bei Gelegenheit kräftig zusprachen. Washington selbst pflegte bei allen Mahlzeiten entweder einen großen Steinkrug mit Ale zu leeren oder mit Wasser verdünnten Whistktey zu trinken, und die Samm— lung von noch erhaltenen Weinglä— sern der verschiedenen Größen und Gestalten, welche sich im National— Museum befinden, beweist, daß er den Freuden der Tafel in allen ihren Formen keineswegs abhold war. Wie alle seine Freunde liebte er auch das Spiel und war namentlich ein sehr guter Kunde aller Händler mit Lot—- terie-Loosen; ja, als das Kapita! zum Bau einer Landstraße nicht schnell genug erlangt werden konnte, stellte er sich selbst an die Spitze einer Lotterie, und es sind heute noch Loose vorhanden, welche die Unterschrift des Vaters der Republik tragen. Ueber alle diesé Dinge sieht natür lich der vernünftige Mensch und na— mentlich der Eingewanderte lächelnd hinweg, aber die fromme Schaar der scheinheiligen Amerikaner kann es nicht auftommen lassen, daß der Va—- ter des Vaterlandes sich jemals sol—- cher Sünden schuldig gemacht habe. Auch in einer anderen Beziehung DEFECTIVE PAGE stand Washinglon weder hinter seinen Nachbarn zurück, noch über ihnen. Einer seiner Zeitgenossen sagt darü—- ber, daß er eine sonderbare Schwäche gezeigt habe, sich zu verlieben, und daß es ihm außerordentlich unange—- nehm gewesen sei, wenn hübsche junge Damen, denen er den Hof machte, sich weigerten, die Liebe des großen, aber schon alternden Washington zu er— widern. Während Washington, wie schon oben erwähnt, in seinen Geschäfts— transaktionen außerordentlich schlau war, so schlau, daß noch heute unter den alten Farmern Virginias die Re densart: „Pferde mit Washington tauschen“ soviel bedeutet, wie „über das Ohr gehauen werden“, und wäh— rend er auf diese Weise ein für da— malige Zeiten sehr großes Vermögen von über einer halben Million sich erwarb, zeigte er eine Hinneigung zur Pracht und Verschwendung in seinem Privatleben, die oft mit seiner durch— weg demokratischen Natur in sonder—- baren Widerspruch kam. Ails La— fayette mit Empfehlungsschreiben an den Präsidenten nach Philadelphia kam, fiel ihm eine vierspännige Gala—- Kutsche auf, welche mit großem Pomp durch die Straßen rasselte. Er frug, wer der Besitzer derselben sei und er— hielt die Antwort: „Der Präsident“. Enttäuscht foll Lafahette damals ausgerufen haben: „Cincinnatus mit Livreebedienten und vier Pferden!?“ Aber er erzählt selbst, daß, als er am nächsten Tage in das æinfache Haus Washingtons kam, ihm dort ein Dienstmädchen auf sein Klopfen die Thür öffnete und ihn in ein einfa—- ches Empfangszimmer brachte, wo später Washington ihn mit bürgerli— cher Schlichtheit und Herzlichkeit em— pfing, er zu sich selbst gesagt habe: „Jetzt hast du wirklich den alten Rö— mer gesehen.“ Die Prachtliebe bei einem gewissen ötkonomischen Zuge führte dazu, daß Washington einen großen Theil sei— ner Bedürfnisse aus dem Auslande importirte. Es ist Thatsache, daß er sich ünter Anderem seine Anzüge aus Europa verschrieb, daß er ebenso eine in der Schweiz auf Bestellung ange— fertigte Uhr trug und durchaus nichi abgeneigt war, alles da zu kaufen, wo er es am besten und billigsten taufen konnte. Sehr freigebig war Washington in der Bewirthung sei— ner Freunde. Bei allen passenden Gelegenheiten liebte er es, nicht allein seinesgleichen, sondern auch die Ar— beiter seiner Farm mit ihren Frauen und Töchtern um sich zu versammeln, Die Flagge von Fort McHenry. um sie nach alter, guter Sitte mit Wein, Bier und den Produktten der Farm zu bewirthen, wobei dann ge— wöhnlich bis in die Nacht hinein ge— tanzt, gesungen und nicht wenig ge—- trunken wurde.. Das sind nur wenige menschliche Züge aus dem Charakter Washing— ton's, die hier und da aufgegriffen und flüchtig zusammengestellt sind; aber sie können wenigstens dazu die— nen, den großen Washington uns et— was näher zu bringen, und ich glaube nicht, daß durch ein solches Näher— bringen der imposante Eindruck, 'den sein öffentliches Leben auf Jeden machen muß, in irgend einer Weise geschwächt wird. Blickt man doch auch um so höher zu einem Thurm empor, je näher man an ihn herantritt. Das Lied vom Ster nenbanner. Sein Dichter, und die Veranlassung zur Dichtung. Wir lassen hier, nebeneinanderste hend, das englische Original des Lie— des vom Sternenbanner folgen, nebst der vortrefflichen Uebersetzung dessel ben in's Deutsche, welche von Eduard Leigh besorgt worden ist: THE STAR SPANGLED BANNER. By Francis Scott Key. Oh! say can you see by the dawn's early light, What s 0 proudly we hail'd at the twi light's last gleaming. Whose stripes and bright stars, through the perilous fight, Oer the ramparts we watch'd were s 0 gallantly streaming; And the rocket's red glare, the bombs bursting in air, Gave proof to the night that our flag was still there. Oh! say does that star spangled banner yet wave, ; O'er the land of the free and the home of the brave! On the shore dimly seen through the mist ot the deep, Where the foe's haughty host in dread silence reposes; What is that which the breeze o'er the towering steep, As it fitfully blows half conceals, half discloses? Now it catches the gleam of the morn ing's first beam, In full glory reflected, now shines in the stream. 'Tis the star spangled banner, oh! long may it wave, O'er the land of the free and the home of the brave! And where is that band who so vaunt ingly swore, Mid the havoe of war and the battle's confusion, A home and a country they'd leave us no more? ; Their blood has wash'd out their foul footstep's pollution; : No refuge could save the hireling and slave, ; From the terror of flight or the gloom of the grave, And the star spangled banner in triumph shall wave, O'er the land of the free and the home of the brave. Oh! thus be it ever when free men shall stand, Between their lov'd home and the war's desolation; Blest with vict'ry and peace may the heav'n rescued land, Praise the Pow'r that hath made and preserv'd us a nation. Then conquer we must when our cause ; it is just, And this be our motto, “In God is our trust,“ And the star spangled banner in triumph shall wave, While the land of the free is the home of the brave! Im zweiten Kriege gegen England, den man in der Regel als den Krieg von 1812 bezeichnet, war Francis Scott Keyh als Parlamentär zu dem britischen Admiral Cockburn entsendet worden, als sich derselbe Baltimore näherte. Gegen allen Kriegsgebrauch hielt Cockburne den jungen amerikani— schen Offizier an Bord seines Flag genschiffes zurück und zwang auf diese Weise unseren Dichter, dem Bombar— dement auf das Fort McHenry, am Hafeneingang von Baltimore, beizu— wohnen. Es war am 13. September 1814, den ganzen Nachmittag über war Fort McHenry mit Granaten überschüttet worden, und das Bom— bardement wurde auch während der Nacht fortgesetzt. Plötzlich, kurz vor Morgengrauen hörte die Kanonade auf. Hatte sich das Fort übergeben? Vergeblich bemühte sich Key, zu er— kennen, ob noch die Flagge auf dem— selben wehte. Endlich, endlich bricht der lichte Tag an, der Nebel schwin—- det und die geliebte Flagge wird sichtbar. Auf der Rückseite eines Briefes, ein Faß als Schreibpult be— nutzend, kritzelte Key die volksthüm— lichen Strophen nieder: Oh! say can you see by the dawn's early light. What so proudly we hailed at the twi light's last gleaming; So erzählen die Eingangsstrophen des herrlichen Gedichts gleich die Ver— anlassung zu der Dichtung desselben. Die Singweise zum Sternenban— nerlied ist ebenfalls auf eigenthüm— liche Weise entstanden. Eigentlich ist sie „adoptirt“, um nicht zu sagen „ge stohlen“ worden. Sie ist nämlich dem Gesangstück „Anakreon im Him— mel“ entlehnt worden, und das ge— schah auf folgende Weise. Die Dich— tung Key's wurde in einem Solda— tenlager vorgelesen, und sie gefiel den Kriegern (es waren meistens Deutsch- Pennsylvanier) so gut, daß sie das Lied sofort singen wollten. Aber woher sollte man so rasch eine Sing—- weise nehmen, das Componiren einer solchen ist denn doch nicht so ohne Weiteres möglich, namentlich nicht in einem amerikanischen Soldatenlager. Aber einer der Pensylvanier hatte ein Liederbuch bei sich, und das gab er dem hellsten Kopfe in der Compagnie. Es war das ein Schauspieler Na— mens Ferdinand Durang, ebenfalls ein Pennsylvania Deutscher. Ferdi— nand blätterte eine kurze Zeit in den Noten, und dann rief er aus „Jun— gens, ich hab's! Wir singen es nach der Weise „Anakreon im Himmel“. Und gleichzeitig pfiff er den Kame— raden die Weise vor. Die Pennsyl nanier lernten das Lied bald und brüllten es laut im Chor. Weage Abende später sang Duranb daẽ Lied nach derselben Weise im Holiday Straßen - Theater in Baltimore, und so ist es bekannt geworden, und noch heute wird es so gesungen. Die Melodie ist also ähnlich entstanden, wie die des berühmten deutschen Kriegsliedes „Prinz Eugen, der edle Ritter“, mit dem Unterschiede jedoch, daß der österreichische Trompeter seine Kameraden mit einer Originalcom— position überraschte. Die Singweise des Sternenbannerliedes ist leider Das Lied vom Sternenbanner. Uebersetzt von Edw. Leyh. O sprich, kannst du seh'n bei der schwin—- ; denden Nacht ; Was wir freudig noch grüßten im ; Abendrothglanze, Unf're Streifen und Sterne, die während 1 der Schlacht Im Winde geflattert, dort hoch auf der Schanze Der Raketen Gesaus und der Bom— — ben Gebraus, Verkünden durch's Dunkel: „Die Flagge - hält aus!“ O sprichl weht das Banner im Morgen— : lichtschein Noch über den Helden, im Lande der Frei'n? Was ist's, das am Strande im Nebel ; dort weht, Wo die muthlosen Heere des Feindes dort rasten? 21— Was ist's, das so stolz auf der Wallhöhe steht, Das die Lüfte des Morgens so flatternd erfaßten? Sieh' es glänzen im Lcht wo der —— Morgen anbricht Hellstrahlend und leuchtend jetzt ist : : es in Sicht! 's ist das sternbesäte Banner; lang weh' —. es allein In der Heimath der Helden, im Lande der Frei'n! Und wo ist das Heer, das so prahlend einst schwur, Durch verheerenden Krieg uns und blu— ; ; tige Thaten ; Die Heimaty zu rauben, die hei— : lige Flur? ; O, ihr Blut hat verlöscht jede Spur, die ; sie traten. . Kein Hort schützte mehr das gemiethete Heer Sie entflohen oder fielen; das Gratb deckt sie schwer. Und das sternbesäte Banner weht sieg—- ; reich allin In der Heimath der Helden, im Lande der Frei'n! O stets sei es so, wenn sich Männer bewehrt, Zu vertheid'gen ihr Land gegen feind— liche Horden! Der Sieg und der Frisgen sei ihnen . bescheert, Preist den Himmel, daß /endlich wir frei sind geworden! Recht siege hinfort an jeglichem Ort. Und dies ist der Wahlspruch: „Sei Gott unser Hortl“ Und das sternbesäte Banner weh' immer allein In der Heimath der Helden, im Lande der Frei'n! ein wenig schwerfällig und als Voltks— lied hat sie sich im liederarmen Ame— rika immer noch nicht genügend ein— gebürgert, wie man bemerken tann, wenn das Lied am 4. Juli von einer großen Volksmasse gesungen werden soll. Den Text kennen ja die Mei— sten auswendig, aber die Melodie will nicht recht in die Köpfe der Massen hinein, trotzdem sie der amerikanischen Jugend fleißig genug eingetrichtert wird. Das Lied „Marching Through. Georgia“, welches dem Bürgerkriege entstammt, ist doch von ganz anderem Schwung und viel dankbarer als Singweise. : * * Francis Scott Key stammte aus Frederick Counth, Maryhland, wo er im August 1780 geboren wurde. Er war jedoch nicht von deutscher Abkunft, was man bei der so überaus starten Besiedelung jener Gegend durch Deut— sche wohl vermuthen könnte. Er starb im Jahre 1843 und liegt auf ei— nem kleinen Friedhofe in Frederick be graben. Verschiedentlich ist der Ver— such gemacht worden, dem Dichter des Sternenbannerliedes dort ein Denk— mal zu setzen, aber aus irgend welchen Gründen schlug der Versuch immer fehl. Aber an jedem Gräberschmü— ckungstage ist Key's Grab mit Blumen bedeckt und eine Flagge mit fünfzehn Sternen (so viele führte im Jahre Francis Scott Keh. 1814 die ameritanische Flagge) weht dann über dem Grabe des Dichters.? Vielleicht ist das doch das beste Mo rument. welches man Key errichten ann. Key war ein Advckat, der sich wäh-; rend jenes rieocs as Solda! hatte anwer? Deti- 2 -