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; A 5 7 Erster Theil. eeee2 e 2 2 e 2 * Ereignisse der Woche. - e e ee Jlnland., In Texas Heccsht eine solche Dürre, dab uon einen Fehlschlag der Maisernte— rtet. Nur im mitt— leren Theil von Texas soll es etwas besser sein. Im Staat Wyoming haben in mehreren Distrikten starke Fröste stattgefunden, 'u. die Feldfrüchte sol— len bedeutenden Schaden gelitten ha ben. 2 n In New York erschoß Hartr Kendall Thaw, ein junger Millionär aus Pittsburg, den Architekten Stan ford White aus Eifersucht. Die That voltzog sich während einer Theater— vorstellung in einem sog. „Roofgar— den.“ Der brave Bürgermeister David Hammel von Appelton in Wis consin hat einen stadträthlichen Be— schluß, welcher verfügt, daß vom 1. Juli an alle Wirthschaften der Stadt Appelton Sonntags geschlossen sein müssen, mit seinem Veto belegt, ge gen welches die Mucker nicht die er forderliche Zweidrittelmehrheit im Stadtrath zusammenbringen können. Frau James Tanner, Gattin des Chefkommandeurs der Grand Army of the Republie, ist Freitag in He— Lena, Mont., bei einem Automo— bilunfalle getödtet worden. Das Au— tomobil stürzte beim Ausbiegen an einer schmalen Stelle von der Land— straße ab und stürzte um, wobei die Insassen begraben wurden. Frau Tanner wurde nach dem Hospital ge—- bracht, wo sie bald darauf starb. Der Stadtrath von San Fran— cisco hat den Vorschlag des Ma— dors Schmitz angenommen, die Schanklizensen auf SSOO das Jahr festzustellen und keiner Grocerie die Verbindung mit einem Schanklokal zu gestatten. Die Wiedereröffnung der Schankwirthschaften soll am d. Juli gestattet werden. h Mayor Tom Johnson von Cleve— Land geht mit dem Plane um, die dortigen Straßenbahnen in den Be— sitz der Stadt zu bringen. Der An— kauf der Bahnen würde zirka 20 bis 25 Millionen kosten, und die Geld— leute reißen sich um die Gelegenheit, der Stadt dieses Kapital zu borgen. Dieselben scheinen volles Vertrauen darein zu setzen, daß Herrn Johnson die Ausführung dieses Projekts ge— lingt. Die Demokraten in Maine ha— ben dießekämpfung der Prohibitions— gesetze zur Hauptfrage für die dies jährigen Herbstwahlen gemacht. Ihre Platform verlangt eine Volksabstim— mung, über die Aufhebung der Ver— botes, welches den Handel mit geisti gen Getränken ungesetzlich macht. Es ist ja keine Aussicht vorhanden, daß die Demokraten in diesem Prohibi tionsstaate jetzt schon eine Bresche le— gen können, allein es ist gut, wenn der Kampf schon jetzt energisch aufge nommen wird. Er wird später auch einmal zum Siege führen. Letzten Sonntag begann in Ne w— ark, N. N., das 21. Sängerfest. 6,- 000 Sänger und 400 Musiker haben sich an demselben betheiligt. Großes Interesse erregt der Kampf um den Kaiserpreis, um den sich namentlich der Arion von Brooklyn und der Jun— ge Männerchor von Philadelphia be mühen. In. Toledo, 0., sind 5 Eis— In. Toledo, 0., sind 5 Eis— A händler, Vertreter dortiger Gesell— 17— schaften, welche wegen Uebertretung des Antitrustgsetzes schuldig befunden ; wurden, um je Bssooo und zu einem Jahre Arbeitshaus verurtheilt wor— ; den. Die Verurtheilten sind Joseph A. Miller, R. A. Beard, R. C. Lem— j mon, H. P. Breining und Peter H. Waters. Die vier Letzten hatten sich schuldig bekannt. ; Wie es heißt, haben die Müller von Minneapolis die Absicht, die ehema—- lige direkte Dampferverbindung zwi— A schen den Schwesterstädten und New rleans wieder herzustellen, weil ie über New Orleans ihr Mehl zu 3 einem Bruchtheil der Frachtraten, die sie jetzt über New York zu zahlen ha— -23. ben, verschiffen können. Die Wieder— aufnahme der Wasserverbindung mit New Orleans würde nicht nur dem Mehlgeschäft, sondern tausend ande— ren Industrien beider Städte zugute kommen. In Aurora in Illinois sind Freitag zwei Personen getödtet und viele verletzt worden, als das große Zelt des Cirkus der Gebr. Ringling einstürzte; ein von einem gewaltign Sturme begleitetes Gewitter hat das 7 Unglück angerichtet. Es folgt eine Panik, die noch viele Menschenleben gefährdete. a Die Erklärung des Versicherungs kommissärs Host, daß sogenannten brüderlichen Versicherungsge. -12 sellschaften, gemeinhin den genannt, ihre Raten auf dieselbe Grundlage stellen müssen, wie die Ge- 1 ta —— t 1 22 222 torioa- Ibrgang. schäftsgesellsch. e durch Erfah— rung festgestellt haben; dies sollte von allen den Orden beachtet werden, die dies noch nicht gethan haben. Einige der älteren Orden, wie zum Beispiel der Alte Orden der Vereinigten Ar— beiter, haben den Uebergang zu den regulären Raten schon seit einiger Zeit vollzogen. Senator Tillman hat in der Per— son eines Col. W. Lumpkin einen Mitbewerber um den Sitz im Bun— dessenat bekommen. Der Mann war in der Armee der Konföderier— ten, ist Neffe eines Oberrichters, Bru der eines anderen hochgestellten Rich ters und Enkel eines früheren Gou— verneurs von Georgia, hat somit gu— te Beziehungen, soll auch sonst ange— sehen sein, ob es ihm aber gelingen wird, Tillman, der jetzt schon fünf zehn Jahre seinen Staat in dem ho— hen Amte vertritt, aus dem Sattel zu heben, scheint fraglich. Die erwartete Verbindung der Lincoln-Republikaner von Penn— sylvania mit den Demokraten ist auf der Convention in Harrisburg zustande gekommen. An der Spitze des Tickets steht der Republikaner Emery, die übrigen Kondidaten, bis auf einen, sind Demokraten, und die—- ser eine ist ein Prohibitionist, na— mens Creasy, dem man die Nomina— tion für das Amt des Auditor-Gene— ral einstimmig zuerkannte, um auf diese Weise das Votum der Prohibi— tionisten vor den Wagen der Reform zu spannen. Um sich eine gerechte Behandlung seitens der Versicherungsgesellschaf ten zu sichern, haben die Geschäfts— leute San Franciscos eine Organisation unter dem Namen Po— licy Holders' Protective League ge—- gründet. Der Versammlung, in wel— cher die Gründung stattfand, wohnten Bankiers, Fabrikanten, Kaufleute, Rheder usw. bei, deren Feuerverluste sich insgesammt auf F 5100,000,000 belaufen. Es wurde ein Komite aus Mitgliedern der Stadt gebildet, das einen Plan zu entwerfen hat, nach welchem die Poliey Holders Protec— tive League vorzugehen hat. Der Stadtrath Chicagos hat am Montagabend eine Verordnung angenommen, nach welcher innerhalb des Weichbildes der Stadt nach dem 31. Juli nicht eher neue Schankwirth— schaften eröffnet werden dürfen, als bis sich die Einwohnerzahl der Stadt nahezu verdoppelt hat. Die Verord— nung beschränkt die Zahl der von dem genannten Datum an auszustellenden Wirthschaftslizenzen in dem Maße, daß keine neuen mehr werden aus— gestellt werden können, so lange sich die Verhältnißzahl der Einwohner zu jener der bestehenden Wirthschaften nicht um 500 vermehrt hat. In Comfort, Terx., erschoß in Gegenwart der versammelten Hoch—- zeitsgäste Joseph Reinhardt seine Braut Ernestine Kutzer und verwun— dete sich selbst tödtlich. Die Tragö— die war eine vollständig unerwartete. Während die Gäste auf den Anfang der Ceremonie im Hause des Braut— vaters warteten, trat Joseph Rein— hardt plötzlich in's Zimmer, ging auf seine Braut zu, zog einen Revolver und feuerte auf das Mädchen drei Schüsse ab. Schon der erste Schuß war tödtlich, denn die Kugel durch— bohrte das Herz. Reinhardt richtete alsdann die Mündung der Waffe ge— gen seine eigene Brust und feuerte zweimal, worauf er schwer verletzt zu— sammenbrach. Infolge der unsicheren Zustände in Rußland kommen wieder sehr vie— le Auswanderer aus dem Zarenrei— che nach New Yor k und das Resul— tat dieser Einwanderung ist, daß die Detentionsräume auf Ellis Fs— d eine Fülle aufweisen, die vom normalen Verhältniß zu der Zahl der Einwanderer bedeutend abweicht. So wurden Dienstag von 3500 Einwan— derern 476 Personen für die Inquisi tion detiniert, der größte Prozentsatz, der in diesem Jahre erreicht wurde. Die um die Stadt Palo Verde gebaute Levee im Ostende von Ri—- verside County, Cal., ist gebrochen und die ganze Ansiedelung ist über— fluthet. Die Bewohner haben ihr Vieh in die Berge getrieben und ih re Häuser verlassen. Der Colorado- 7 it 1 A —7 5 St. Cloud, Minnesota, D Fluß ist 8 Meilen breit, und Tausen— de von Ackern mit Alfalfa und Ge—- treide stehen unter Wasser und wer-- den vollständig verloren sein. I. F. Ball von Middlesbo— r o, Ky., einer der desperatesten Cha-- raktere im östlichen Kentucky und der Anführer einer Bande von Banditen in Bell County, entkam am Donner—- stag Abend um halb acht Uhr aus dem Gefängniß zu Richmond, Ky. James Saylor, ein Mörder aus Leslie Coun-- ty, Steve Turner, ein anderer Mör— der und James Turner, ein Viehdieb, entkamen ebenfalls. Die Antisaloon - Liga in Kan— sas City, Mo., hat ihre Thätigkeit mit großer Energie wieder aufgenom— men. Vorräthe von Getränken und Mobiliar wurden zerstört, den Ei— genthümern der Gebäude, in denen Wirthschaften bestehen, gab der Hilfs generalanwalt C. W. Brickett, der vom Gouverneur Hoch beauftragt wurde, die Prohibitionsgesetze durch— zuführen, Nachricht, daß die Gebäude dem Erdboden gleich gemacht würden, wenn die Wirthe dort wohnen blie ben. In vielen Fällen sind Braue— reibesitzer die, Hauseigenthümer. In der betreffenden Notiz heißt es: „Wenn Sie Ihr Gebäude noch wei— ter für Saloonzwecke vermiethen und so die Ausstellung eines zweiten Be— fehls zur Beseitigung eines Gemein— schadens nöthig machen, so werde ich die betreffenden Gebäude demoliren lassen, sodaß kein dritter Befehl nö— thig wird. Außerdem werde ich Sie wegen Mißachtung eines richterlichen Befehls vorladen lassen, weil Sie ei— nen Gerichtsbefehl zu hintergehen versuchen.“ Sonntag Abend ging ein Wolken— bruch nieder, welcher der schwerste war, den die Gegend seit langer Zeit erlebt hat; der angerichtete Schaden beläuft sich auf viele Tausende. In den Geschäftsstraßen stand das Was— ser über 2 Fuß hoch: da die Abzugs— kanäle diese Massen nicht aufnehmen konnten, lief das Wasser in die Kel— ler der Läden und richtete bedeutende Beschädigungen an. Die Departe— mentsläden, welche auch die Keller— geschosse als Läden benützen, haben die schwersten Verluste erlitten. Die Pumphäuser waren überfluthet und konnten kein Trinkwasser schaffen. Auch in den Wohnungstheilen der Stadt ist der Schaden groß. Die Flüsse im südöstlichen Theil des Staates sind aus den Ufern getreten und haben die Ernte beschädigt. Sekretär Shaw hat Montag dem Publikum Panamabonds in der Summe von $30,000,000, wel— che einen Theil der vom Congreß au— torisierten Anleihe ausmachen, ange— boten. Die Bonds tragen zwei Pro— zent Zinsen und laufen dreißig Jah— re, können aber von der Regierung nach Belieben nach zehn Jahren ein gelöst werden. Sie sind vom 1. Au— gust 1906 datiert und zahlen viertel jährliche Zinsen. Der mehrere Wochen dauernde Prozeß in Washington gegen die Herren Green und Doremus we— gen einer angeblichen Verschwörung zum Betrug der Regierung bei der Lieferung von Vorräthen für das Post Departement hat mit Freispre— chung der Angeklagten geendet, und die großen Summen, welche die Re— gierung dafür verausgabt hat, sind zum Fenster hinausgeworfenes Geld. Unele Sam ist in seinen Prozessen nicht knickerig, einerlei wie dieselben ausfallen. Es stellte sich z. B. diese Woche heraus, daß die Bundesregie rung nicht weniger als SIOO,OOO für die Auslieferung der nach Canada geflüchteten Kontraktoren Gaynor und Greene und für ihre Prozessi rung verwendet hat. Ausländische Anwälte allein verdienten bei dieser Geschichte 22,500. : Die Glocken der alten Kathedrale, welche 200 JFahre, ehe Columbus Amerika entdeckte, gebaut wurde, läãu— teten Sonntag für einige zwanzig Amerikaner, welche in einem entsetz lichen Eisenbahnunfall den Tod ge— funden haben. Es haren des soge— nannten amerikanischen Dampferzu ges, der Plymout h verläßt, so bald die aus Amerika ankommenden „Dampfer landen, und der die 230 l Meilen lange Strecke nach London 2 27 jn rasender Eile zurücklegt. Das Unglück ereignete sich gegen 2 Uhr am Sonntag Morgen. 23 Passagie— tke sind getödtet und sieben verletzt worden; von allen Reisenden entgin— den nur 13 dem Tode oder Verletzun gen. Sämmtliche Verunalcte sind Amerikaner oder Canadier. In St. Louis hat die Peoples Party eine Versammlung abgehalten Und eine Kundgebung erlassen. Sie verdammt den gegenwärtigen Ge— brauch, welcher den Nationalbanken die Ausgabe von Papiergeld gestat tet. Ferner wird darauf hingewiesen, daß die Nothwendigkeit, wonach alle Monopole vom Staat in die Hand genommen und betrieben werden müssen, sich mehr und mehr geltend mache, daß die Einführung einer Pa— detpost nicht länger aufgeschoben wer— ES dürfe und der Schutzzoll abge schafft werden müsse. Die Partei ist zu Gunsten der Uebernahme öffent licher Nutzanstalten durch den Staat oder die Gemeinde und erklärt sich mit großer Entschiedenheit gegen ei ne Regierung durch Einhaltsbefehle. Die Vereinigten Kohlengräber von Pennsylvania gewannen einen wichtigen Sieg im Staatsobergericht. als dasselbe ein dahinlautendes Ur—- theil abgab, daß einßefähigungsnach— weis verlangt werden solt, ehe ein Kohlengräber in den Anthrazitgruben des Staates arbeiten kann, und daß eine zweijährige Erfahrung als An— thrazitekohlengräber oder Arbeiter nothwendig ist, ehe der Befähigungs nachweis ertheilt werden darf. . Ausland. Die Hamburg - Amerika Linie hat in dem Prozeß, welchen sie gegen 142 Steuerleute anstrengte, weil diese sich weigerten, am Montag zu arbeiten, den Sieg davongetragen. Das Gericht entschied, daß die Ver— klagten sich eines Kontraktbruches schuldig gemacht haben und zur Lei— stung von Schadenersatz verpflichtet sind. VE PAGE erstag, den . Juli, 1906. Eine für die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankre ich be zeichnende Meldung bringt die „Frankfurter Zeitung.“ Das Blatt berichtet, daß eine Pariser Banken— gruppe eine dreieinhalbprozentige Anleihe der Stadt Frankfurt im Be— trage von fünfzehn Millionen Mark übernommen habe. Der bayerische Minister des Innern Graf von Feilitzsch hat sein silbernes Amtsjubiläum gefeiert. Direktor Leon Wachsner von Mil— waukee hat für das dortige Papst- Theater Conrad Bolten von Ber— lin für das Heldenfach engagirt, ferner Martha Wilson von Hamburg als Sentimentale und Martha San dor von Budapest als erste Liebhabe— rin. : Eine Angelegenheit, welche die handelspolitischen Beziehungen zwi—- schen Deutschland und den Vereinig— ten Staaten berührt beschäftigt die Berliner Oeffentlichkeit. Es sind nämlich die Beschlüsse bekannt gege ben worden, welche unlängst von den Vorständen der preußischen Land— wirthschaftskammern auf der Konfe— renz in Posen anläßlich der Enthül— lungen über die Mißstände in den Chicagoer Schlachthöfen gefaßt wur— den. Darnach wird das Ersuchen an den preußischen Landwirthschaftsmi nister, Generalleutnant z. D. von Podbielski, gerichtet, dahin zu wir— ken, daß eine gesetzliche Neuregelung der Bedingungen für die Fleischein fuhr erfolge und der Import von Pökelfleisch und Schmalz ganz auf— höre. In den Beschlüssen wird aus— drücklich Bezug genommen auf die einschlägige Botschaft des Präsidenten Roosevelt an den Kongreß, welche die vollste Rechtfertigung für die Ergrei fung der energischsten Ausschlußmaß regeln liefere. Der den Beschlüfsen beigegebene Bericht besagt, daß der amerikanische Fleischskandal abermals die äußerst gefährlichen Praktiken fremdländischer Fleischproduzenten dargethan habe. Die Reichsregierung könne deshalb nicht länger, zögern, die Einführ solch' ungesunden, ekel— erregenden Fleisches zu verhindern. Die Kölnische Zeitung bestätigt in einem inspirirten Artikel, daß der jetzige Stand der deutsch-am rikanischen Zollfrage ein tmnt I—7l 22 Nummer 32. aus unbefriedigender sei und daß, um die Schwierigkeiten überwinden zu können, beide Länder ihre eingegan— genen Verpflichtungen streng erfüllen müßten. Deutschland hoffe, daß die Ver. Staaten dies thun und nicht sei— nen eingegangenen Verpflichtungen aus dem Wege gehen werde. Kubas Präsident Palmer schick te Donnerstag eine Botschaft an den Kongreß und ersuchte um sofortige Bewilligung von $2,500,000 für Se— werbauten und $1,00,000 für Ver— mehrung der Wasserzufuhr von Ha— vana, welch' letztere eine Nothwen— digkeit bei Anlagen von Sewers ist. Die Botschaft führt die internationa le Nothwendigkeit, die Stadt mit Sewers zu versehen, an, um den Ver trägen mit den Vereinigten Staaten nachzukommen. Im ganzen westlichen Europa herrscht seit mehreren Tagen eine furchtbare Hitze. In London haben sich Hunderte von Fällen von Son— nenstich ereignet und viele Personen, meistens Frauen, begehen, durch die unerträgliche Temperatur zur Ver— zweiflung getrieben, Selbstmord. Noch schrecklicher, als in England ist die Hitze in Frankreich und in Spa— nien. Die öffentliche Feier des Geburts— tages des Königs Edward von En g— lan d mußte infolge eines gewalti— gen Regensturms ausfallen. In London fielen in acht Stunden über zwei Zoll Regen. Es ist das eine un— erhörte Menge. Mehrere Stadtheile stehen unter Wasser. Die Unter— grundbahn mußte den Betrieb ein- Atellen: Die Paraden in Aldershot und einer Anzahl anderer Garniso— nen wurden abbestellt. , In Kingston, Ont., sind durch streikende italienische Arbeiter in Diensten der Grand Trunk - Bahn bedenkliche Unruhen hervorgerufen worden, und zwar in der Nähe des dortigen Bahnhofes. Die Italiener gebrauchten Messer und Revolver. Sergeant Nesbit von der Kingstoner Polizei und Detektiv Meßae aus Montreal wurden durch Messerstiche tödtlich verletzt. Schließlich wurde Militär aufgeboten, welches neunzehn der Ruhestörer festnahm. Die Sol— daten machten in sehr energischer Weise von ihren Waffen Gebrauch. Die italienische Regierung reichte bei dem Parlament einen Ge— setzentwurf ein, der eine Herabsetz ung der Zinsen für italienische Con— sols von 4 Prozent auf 3.75 be— stimmt, die mit dem 1. Juli 1906, und von 3.75 auf 3.50 Prozent, die mit dem 1. Januar 1912 beginnen soll. Dies würde eine Ersparniß von jährlich 34,000,000 bedeuten, die sich „von 1912 ab verdoppelt. Um Spe—- kulationen zu vermeiden, ersuchte die Regierung das Parlament, das Gesetz sofort anzunehmen, was geschah. Großes Aufsehen erregt der Ent— schluß des Königs Edward von Eng— land seine Empfänge in Zukunft am Dienstag, statt am Freitag Abend abzuhalten, damit auch die Juden ihm beiwohnen können. Diese Auszeich— nung der Israeliten wird allgemein als ein Ausdruck der Sympathie des Königs für die russischen Juden und ein Wink für den Zaren aufgefaßt, den dieser nicht unbeachtet lassen soll— te. In Frankfurt a. M. stellte die Polizei, nachdem sie von Rom aus Mittheilung erhalten, daß sich meh— rere Theilnehmer an dem Komplott zum Bombenanntentat in Ancona dorthin gewandt, emsige Nachfor— schungen nach verdächtigen Personen an, deren Ergebniß einigeVerhaftun— tungen waren. Ob die Arrestanten auch „die richtign“ sind, blibt freilich abzuwarten. Unter dem starken Ver— dacht, an Frankreich Abschriften ge— heimer Mobilmachungspläne verkauft zu haben, ist ferner in Wiesbaden der dortige Militärbeamte Ullrich ver— haftet worden. Die ursprünglich vom Präsidenten Roosevelt vorgeschlagene und dana vom Zaren einberufene neue Frie denskonferenz im Haag ist, wie be— reits kurz gemeldet wurde, auf unbe— stimmte Zeit verschoben worden. Da der holländische Minister des Aus—- wärtigen die Gründe für diesen Auf schub nicht nannte, so wird von der —— —— Seite I—B. britischen Hetpresse die Schuld nae.— türlich wieder Deutschland in die Schuhe geschoben. Einzelne Blätter oa bekanntlich bereits vor Monaten, daß der Kaiser den aber maligen Zusammentritt eines Welt— friedens - Parlamentes zu hintertrei ben versuche, da er die Abrüstungs frage nicht angeschnitten sehen wolle. Eine weitere große deutsche Petro leum - Gesellschaft zur Ausbeutung der rumänischen Oelfelder ist unter den Auspizien der Dresdener Bank und das Schaffhausener Bankvereins in der Organisation begriffen. Die neue Gesellschaft ist die Folge der Konsolidirung des Königreichs Ru— „mänien, der Moreni - Gesellschaft u. der internationalen Bohr Gesellschaft von Deutschland, eine Gesellschaft, die einen großen Antheil in der Moreni— Gesellschaft besitzt. Die internationa le Bohr - Gesellschaft war seit mehre. ren Jahren damit beschäftigt, Kohlen und Potasche - Lager in Deutschland aufzufinden. Eine andere kürzliche Verbindung deutsch - rumänischer Oelinteressen waren Gesellschaften, die mit der deutschen Bank und der deutsch - russischen Naphtha - Gesell schaft verbunden sind, die russisches Oel nach Deutschland einführt. Alle diese Konsolidirungen haben den all— gemeinen Zweck, Deutschland von der Abhängigkeit von der „StandardOil Co.“ zu befreien. Rußlands Kaiser ist durch die Entdeckung, daß sein Leibregiment, das Preobrashensky Regiment, wel— ches bisher als das loyalste in der ganzen Armee gegolten hat, so nie— dergeschlagen, daß er beschlossen hat, nie in seinem Leben die Uniform des Regimentes zu tragen. Der Kaiser hat befohlen, daß das erste Bataillon des Regimentes aus der Liste der Garde gestrichen werde. Die Offi— ziere und Mannschaften des Batail— lons sind auf immer der Privilegien beraubt, welche der Garde bisher be— willigt wurden, und das Bataillon wird in Zukunft als das „Spezielle Bataillon“ bekannt sein. Der Ge— neralstab verbirgt nicht länger seine Befürchtung, daß die Moral der ge— sammten Armee vollständig untergra. ben ist, u. daß die Gefahr nahe liegt; daß im rechten Augenblick die Trup— pen sich auf die Seite des Volkes stel len werden, wenn die Entscheidung fallen sollte, wie dies in französischen Revolution der Fall war. Der deutsche Kaiser hielt bei dem Festessen des „Norddeutschen Re— gattavereins“ eine politische Rede, die viel besprochen wird. Nachdem er mit der Erklärung, daß der Fürst von Bülow wieder vollkommen hergestellt wäre, allen Spekulationen über einen etwaigen Wechsel im Kanzleramt ein Ende gemacht hatte, ging er auf den Ausbau der deutschen Kriegsflotte über. Er wies darauf hin, daß die Zunahme der Streitkräfte zur See mit der Entwickelung der deutschen Handelsflotte, den sie als Schutz und Schirm dienen sollten, nicht gleichen Schritt gehalten hätte. Dieser Rede auf dem Fuße folgten Meldungen, daß in der Leitung des deutschen Ma— rineamts ein Wechsel stattfinden und dem Reichstag im Herbst eine neue Flottenvorlage zugehen werde. Sie wurden aber prompt amtlich demen— tirt. Alle Berichte über neuerliche Meu— tereien unter der deutsch - süd— westafrikanischen Schutztrup— pe werden offiziös nochmals mit größtem Nachdruck in das Gebiet der Fabel verwiesen. Es wird versichert, daß im Süden des Schutzgebietes seit dem Juni des letzten Jahres keine Fälle von militärischem Aufruhu vor einem Kriegsgericht verhandelt zu werden brauchten. Dagegen kam aus Ostafrika wieder eine Hiobsbotschaft. Im Distrikt Übena wurde das Garni— sonlazareth zerstört und der Garnid sonarzt Dr. Wiehe, sein gesammter Stab und 35 eingeborene Lazareth— wärter und Krankenpfleger von re— bellischen Schwarzen niedergemetzelt. Kaiser Wilhelm wird nun, nach—- dem die Herrlichkeit der Kieler Woche wieder einmal ein Jahr über— standen ist, seinen Kurs nach Norden richten und die Hundstage an den kühlen Gestaden Norwegen's ver— bringen. Am 8. Juli wird er in Trondheim anlegen, um dem sieben ten Haakon noch nachträglich zu sei ner Krönung zu gratuliren. Nach seiner Rückkehr vom Norden wird er, wie trotz aller offiziãsen und offiziel— len Dementis auf's Neue und an— scheinend aus guten Quellen mitge— theilt wird, irgendwo in den deutschen Ostsee - Gewässern mit dem Zaren zusammentreffen, um mit demselben auf seinen eigenen Wunsch über die russischen Wirren zu konferiren und ihm auch möglicher Weise gute Rath— schläge zu ertheilen, gerade wie er es im letzten Juli in der historischen Zusammenkunft bei der Insel Bjoörkö im Meerbusen von Finland thut. 72 1— h 357 3 2 * 2 2