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Zweiter Theil. Weihnachtsnãhe. Immer dunkler die Tage, immer ernster die Zeit, trauriger und stür mischer das Wetter! Immer größer deshalb die Sehnsucht nach Licht, Lie be, Freude und Frieden! Da naht denn die freundliche Hoffnung und der selige Glaube und zeigen uns den Stern, der uns alles verheißt, was unser Herz verlangt und der uns zu unserem Heil führen soll. Wir folgen ihm vertrauensvoll, und mit dem Er— scheinen des Weihnachtsfestes, dieses Stern's am Himmel aller Feste, er— freut sich alle Jahre wieder das gro-- ße Wunder. Wie das Christkind den dunklen Stall, darin es geboren, mit Licht erfüllte, so verwandelt sich das Dunkel der Tage alsdann in Licht, der Ernst in Fröhlichkeit, die Trauer in Freude, die innere und die äußere Unruhe in Frieden und selige Stil— le. - 1 O daß. wenn die Zeit gekommen, doch alle Herzen offen wären diesem Heil! O daß doch einer dem andern behilslich wäre, dies erhoffte Ziel für sich und sein Haus zu finden. Tau— send Herzen und Hände regen sich ja schon, des Heils würdig zu sein und fich in Werken der Liebe zu bethäti— gen. Das ist ein Lauschen auf Fe heime Wünsche, ein Schaffen und Sorgen für einander wie nie zuvor! Je kürzer die Tage, desto hastiger das Streben, sie auszunutzen im Dienste der Liebe und zum Heil für die Mitmenschen. Wer reich ist, der swendet mit vollen Händen, wer we— nig hat, gibt sein Scherflein doch mit Liebe, um auch solche zu beglü— cken, die mittellos sind, auf daß auch sie nicht die Weihnachtsfreude entbehren brauchen, denn keine Zeit regt die be sten Gefühle des Herzens mehr an, als die nahende Weihnachtszeit. 2 Kinder lernen eifriger in der Hoff nung, der Eltern Freude zu erhöhen und sich selber die Weihnachtsfreude zu verdoppeln und zu verdienen. Ach, wie viel gute Triebe sprießen gera—- de jetzt in der nahen Weihnachtszeit in ihren Herzen und vereinigen sich mit dem frisch grünen, der fröhlich sten Hoffnung, seligster Erwartung! Und wie leicht ist ein Kinderherz zu erfreuen und zu beglücken! „O selig ein Kind noch zu sein!“ Wer denkt das nicht gerade zur Weih— nachtszeit und träumt sich zurück in ie eigene ferne KHinderzeit, fieht im Geist die längst erkalteten lieben Hände der Eltern, die wieder warm und lebensvoll, ihm den Baum schmü— ckend, die Geschenke unter denselben breiten und ihm die eigenen Hände zu frommem Gebet falten! Ja, zum Weihnachtsfest gehören Kinder, die mit ihrem warmen impulsiven Her— zen das Heil der Christnacht empfin— den und mit ihrem Jubel des Hau— ses Raumi erfüllen! Wer sie nicht sein eigen nennt, der verschafft sich gern solch' echtes Weihnachtsglück, in— dem er im Freundeskreise einer Be—- scheerung derselben beiwohnt. Möchten doch Herz und Verstand auch in der Weihnachtszeit Hand in Hand gehen, um stets das Rechte zum Heil für andere, auch in der Wahl der Geschenke, zu treffen. So gibt es für Kinder, Verwandte, Freunde oft gar zu viel Balast in Geschenken, die oft wenig zweckentsprechend, we— nig individuell gewählt sind, daher unnöthige Zeit, Geld und Auslagen kosten und doch nicht Freude wecken und Nutzen haben. Echte Liebe frei lich weiß mit seinem Sinn und Ver ständniß leicht das Rechte zu finden, sie lauscht und erräth, beobachtet und denkt und sinnt und beginnt schon bei Zeiten zu schaffen und zu sorgen, da— mit später keine Hast und Flüchtig keit die Gabe unvollkommen macht und ihren Eindruck schmälert. Nein, ihr ist dies still-geheime Walten in der vorweihnachtlichen Zeit schon eine Seligkeit und heiligt ihr noch mehr die Adventszeit. Sorgen wir doch alle dafür, uns so in ersprießlichem Liebeswirken auf das hohe Fest vorzubereiten, damit die Weihnachtstage uns nicht abge— mattet und abgespannt, nur als Ta— ge der endlosen Ruhe gelten, sondern erst recht unserer Seele einen Auf schwung geben, in dem gelungenen Bestreben, Freude gemacht zu haben. Doch, daß unsere Seele sich froh auf— schwingen kann, muß sie auch frei sein; es darf kein schweres Gewicht an ihr hängen. Drum werft ab, alles, was an Haß. Zorn, Mißgunst gegen den Nächsten im verstecktesten Winkel noch verbor—- gen, die Weihnachtsfreude schmälern könnte und macht Frieden! Verzeiht, wo Ihr gekränkt euch fühlt, so wird eure Seele froh und leicht sein, und fröhlich jauchzend könnt Ihr dann einstimmen in den Weihnachtsruf: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frie de den Menschen auf Erden, die ei—- nes guten Willens sind!“ O A.. ordri e : mt ; —2 —— 2 714 3 c 0 0 I6C L 1 9 e Bereitet den Armen fröhliche Weih- Wenn der kalte Nordwind durch die entblätterten Bäume saust und dich— tes Schneegestöber die Straßen ein— shütt lebt es sich recht behaglich im warmen Stübchen. Leider aber ist snicht llen dieses glückliche Loos be schieden. Reichthum und Armuth wohnen nicht selten in den Großstäd— sten nicht weit von einander. Das Freudenfest im eigenen Heim wird eine himmlische Weihe durch das be— seligende Bewußtsein erhalten dazu beigetragen zu haben, dasselbe in den Hütten der Armen, Kranken und Elenden so viel als möglich zu einem Freudenfeste zu machen. Die Freu— denthränen der Wittwen und Waisen trägt ein Engel zum Throne Gottes lund sie werden da aufbewahrt für den Vergeltungstag; denn der Hei— land hat ja selbst gesagt: „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder ge— than, das habt ihr mir selbst gethan.“ Und seine Verheißung wird in Erfül— lung gehen: „Selig sind die Barm— herzigen, denn sie werden Barmher— zigkeit erlangen.“ Während jetzt in den Palästen der Millionäre Hirn und Herz sich nur noch mit Weih—- nachts - Geschenken beschäftigt, weiß man in mancher Hütte nicht, woher die Mittel nehmen, am hl. Weih— nachts- Feste den Wolf von der Thü— re zu halten. Und wie manches Haus wurde durch Krankheit oder Todesfälle in der Familie in ein Trauerhaus verwandelt? Welch' ei— ne schöne Gelegenheit bietet sich da für den Bemittelten, Herz und Hand zu öffnen, die Kümmernisse der Ar— men zu lindern, die Trauernden zu trösten, die Thränen von Wittwen und Waisen zu troöcknen! Am 11. December ist in Frank— reich das Gesetz für die sogen. Tren—- nung der Kirche vom Staat in Kraft getreten und die Jacobinerbande, welche durch dieses Gesetz die persön— liche und Gewissensfreiheit geradezu mit Füßen tritt, hat ihr verbreche— risches Treiben nunmehr mit voller Wuth begonnen. Das Kesseltreiben wird zunächst mit der Sequestirung des Kircheneigenthums oder besser ge— sagt mit Rauben desselben beginnen um die schmähliche Gier der rothen Meute zu befriedigen. Bischöfe und Clerus, die sich dem unnatürlichen Gesetz nicht unterwerfen, werden pro— cessirt und hinter die Gefängnißman—- ern gesetzt, wie es während des deut— schen Culturkampfes Mode war und das katholische französische Volk wird auf eine Bahn getrieben, welche viel— leicht jener von 17938 kaum nachste— hen dürfte. Die dem französischen Episcopat nahegelegten Vorschläge, sich jetzt dem Gesetze zu unterwerfen und bei jeder gottesdienstlichen Hand— lung die Bewilligung bei der Polizei einzuholen, können von demselben nie und nimmer angenommen werden. Die katholische Kirche ist nicht das Machwerk eines Menschen, sondern sie ist göttlichen Ursprungs und folge— rechtlich keiner menschlichen Autorität unterworfen. Die Gleichstellung der— selben mit irgend einem unter Poli— zeiaufsicht stehenden Verein oder ei—- ner derart controllirten Gesellschaft ist ein unerhörtes Verbrechen an der von den meisten Staaten garantirten Gewissensfreiheit, ein Verbrechen an der individuellen Freiheit, eine Schmach für die ganze christliche Welt. Die in der französischen Republik so sehr gepriesenen Menschenrechte nnd die Devise: Freiheit, Gleichheit, Brü— derlichkeit, sind eitel Trug und Hohn auf die ganze menschliche Gesellschaft. Die Mitglieder des Millionär— Klubs, kollektiv als Bundessenat der Ver. Staaten bekannt, haben dem Präsidenten zu kund und wissen ge than, daß sie sich in Zukunft nicht länger von ihm „bossen“ lassen wol—- len, da sie als berathender Zweig der Bundesregierung auch etwas zu sagen haben. Theils im Gefühl allgemei— ner Feindseligkeit gegen die fort— schrittliche Gesinnung des Herrn Roo sevelt, theils, weil er sie in dem vor liegenden Falle bei der Umkrempel- 32 Jabhrgang. St. Cloud, Minnesota, Donnerstag, den 20 Dezember, 1906. nachten. Der Kampf gegen die Kirche in Frankreich. Gewissermaßen ein Empfehlnngs brief. 2 22 2 ung seines KHabinetts nicht in's Ver— trauen zog, haben die Togaträger ihm ein Mißtrauensvotum gegzollt, indem sie. die Ernennung verschiede ner Kabinetts-iMtglieder nicht sofort bestätigten. Sie wollen erst das Wie, Wann und Warum höron.. Diese Animosität gegen den obersten Beam— ten unserer Republik, welche, irren wir nicht, durch den ganz besonderen Freund Roosevelt's, Foseph Benson Foraker, noch geschürt und angefacht wurde, kann der Präsident sich gefal— len lassen, da sie ihm bei allen an ständigen Menschen gewissermaßen als Empfehlungsbrief dient. Die offene, oder versteckte Anfeindung der Trust - Vertheidiger und Mono— pols - Anwälte bildet für ihn ein sehr werthvolles politisches Kapitel. Es heißt schon jetzt, daß die Herren Senatoren, welche nur die Verthei— lung der Patronage bestimmt, dem Präsidenten widerwillig . Heeresfolge zu leisten, ihn im nächsten Winter, wenn wichtige wirthschaftliche Fra— gen angeschnitten werden sollen, of— fen bekämpfen werden. Für Herrn Roosevelt persönlich und die demokra—- tischen Prinzipien, für die er als re— publikanischer Präsident eintritt, wäre das ein wahres Glück. Je fre cher und offener die Brigade des Standpatthums im Bundessenat auf- 2 - S S ———— —— 72 : S 2 —3O —— —— ——— —— E ——— / —— A ; —— —— —— N 8 —— —3 & A —— ——— & —— - —— —— S —— ——— —— —— —— —— —— ——— ——— ——— ——— E 7 A S —— —— » 8 —— —— ; & - ;—— - —l 6 —— - ; —— —- ; —. —— —— —— AE3—— —— —— —— —— 0// —— —— 2 —— —7 A E —— tritt, desto sicherer und rascher wer— den die politischen und wirthschaftli— chen Reformen kommen, welche zum Wohle des ganzen Volkes unerläß— lich sind. Der Geist der Autorität und des Ge horsams in der kath. Familie. (Ein kleiner Beitrag zur Lösung der socialen Frage.) Was können die Eltern thun, um sich Autorität zu verschaffen und sie zu erhalten? Antwort: Alle Autori— tät ruht auf der Ehrfurcht, deßhalb müssen die Eltern sich zuerst Ehr—- furcht verschaffen, d. h. sie müssen selbst ein gutes Beispiel geben. Wie kann ein Vater zur Frömmigkeit er ziehen, dem Kinde wirksam befehlen, das Morgen-, Abend- und Tischgebet gut zu verrichten, die Kirche andäch tig zu besuchen, zu den hl Sakra— menten zu gehen, die allerseligste Jungfrau zu verehren, den Armen Seelen durch gute Werke zu Hilfe zu kommen, wenn er selbst auf all das mit Verachtung herabsieht, alles das selbst vernachlässigt, Nichts von all' dem selbst thut? Wie kann ein trun kener Vater zur Nüchternheit, ein jähzorniger Vater zur Sanftmuth, ein streitsüchtiger Vater zur Frie densliebe, ein sittenloser Vater zur Reinheit und Keuschheit erziehen? Wie kann eine putzsüchtige Mutter zur Bescheidenheit eine leichtsinnige, bergnügenslustige und üchtige Mut ter zur Eingezogenheit, eine unor—- dentliche Mutter zur Häuslichkeit, ein arbeitsscheue Mutter zum Fleiß, ein verschwenderische Mutter zur Spar samkeit erziehen? Fruchtlos ist all ihr Bemühen! Sie müßte erst sich selbst erziehen. O Eltern, eure Kin der kennen euve kleinsten Fehler, sie DEFECTIVE PAGE A t 1— haben ein scharfes Auge, sie benutzen fie zur Entschuldigung ihrer eigenen Fehler. Eure Autorität aber schwin det immer mehr und mehr und schtießlich gänzlich. Und in der That, wqs soll Rath, Mahnung, Lohn und Strase helfen, wenn sich das Kind im— mer sagen muß: „Vater und Mut— ter thun ja selbst nicht, was sie mir besehlen!“ Schwindet die Ehrfurcht vor den Eltern, so schwindeẽt ihre Au— torität. O Eltern, erforschet euch, ob iht wirklich selbst das thuet, was ihr den Findern befehlet! Und wenn ihr übẽr schlechte Früchte eure Erziehung zuKlagen habt, sehet zu ob nicht hier der Grund liegt. Was können die Eltern thun, um sich Autorität zu verschaffen und sie zu erhalten? Antwort: Alle Auto— ritt beruht auf Liebe. Zeiget eu— ren Kindern, daß ihr sie liebt. Da— mit soll nicht gesagt sein, daß ihr sie besindig mit den Schmeicheleien der modernen „up-to-date“ Affenliebe umdebet, sie beständig „sweet Dar— ling“ usw. bekennt, sie mit Liebko— sungen und Küssen verzärtlicht und vereichlicht, mit Geschenken über— häufet, mit Candies und allerlei Nasehwerk überfüttert, jede ihrer Vilondauherungen erfüllet, jede ih— rer Paunen befriedigt, jeder Bitte elan durch jede ihrer Thränen euch bewegen lasset. Nein, nein, das ist nicht Liebe, das ist übertriebene Anhänglichkeit, das ist Ueberströmen einer ungesunden Gefühlszuneigung, das ist erbärmliche Schwäche. Ihr zeiget euren Kindern wahrhafte Lie be, wenn ihr ihnen zeigt, daß ihr in Allem nur ihr wahres Bestes wollt, daß ihr für eure Kinder sinnet und sorget, daß ihr für sie arbeitet, für sie entbehrt und leidet, daß ihr euch für sie opfert, daß ihr sie gerne um euch sehet. daß ihr selbst ihre Erzie— hung in die Hand nehmt, daß ihr euch für ihr Wohl interessirt daß ihr mit ihnen euch freut, mit ihnen Schmerz empfindet, daß ihr theilnehmet an ih— ren kleinen Bedürfnissen und Sor— gen, daß ihr sie nicht als Last ansehet, sondern wirklich in ihnen euch selbst und das Glück eures Lebens findet, daß all' eure Sorge darauf ausgeht. sie glücklich zu machen für Zeit und Ewigkeit. Zeigt euren Kindern eure innige Herzensfreude, wenn sie brav sind, und euren Elternschmerz, wenn sie eure Unzufriedenheit erregen, er freut sie, wo ihr könnt, aber zeiget ihnen auch, daß ihr zu ihrem eige— nen Besten häufig ihren Willen un—- erfüllt lassen müsset Manches ih— nen untersagen und entziehen, man—- che Unannehmlichkeiten ihnen berei ten müsset. —— Kein geringer Kummer ist es für die Eltern, wenn die Kinder das El ternhaus verlassen· und hinausgehen müssen in die weite, heutzutage so verdorbene Welt. O Eltern, ehe ihr eure Kinder aus dem Vaterhaus ent—- lasset, räth euch “Utinam:“ Haltet ihnen noch einmal eine eindringliche Predigt, zeichnet ihnen vor die Le— benspfade die sie nicht verlassen sol len, um nicht aus der Art zu schla— gen. Saget ihnen mit Thränen im —— & 2 2 Nummer 4. Auge: „Hart fällt mir die Trennung, aber noch schwerer fiele mir das Un— glück, wenn ihr verdorben zum El— ternhaus zurückkehren würdet. Da— rum habet jederzeit Gott vor Augen!“ Dann segnet sie noch einmal, drückt ihnen noch einmal die Hand, umarmt sie noch einmal, schauet noch einmal in ihr liebes, unschuldiges Auge, kurz zeiget ihnen noch einmal eure elter—- liche Liebe und Sorge in ihrer gan— zen Wärme, ehe ihr euch von ihnen losreißt, und ihr tkönnt versichert sein, daß derlei Scheideworte zum Herzen dringen und lange nachhalten werden. Die Kinder wissen die wah— re Elternliebe wohl zu erkeunen und von der schwächlichen Affenliebe zu unterscheiden. Die wahre Liebe wird respectirt, eure Schwäche da—- gegen von den Kindern selbst bekrit— telt und verlacht, ja durch allerhand Bosheit und Hinterlist hintergangen, ausgenützt und mnit Undank und Un— gehorsam belohnt. Aber auch die Härte, ded kalte, abstoßende, mürri— sche, launische, tadeljüchtige Weien der Eltern mindert die Autorität. Wenn die Kinder nicht geliebt sehen; wenn sie nur immer das Commando des polt·rnden Vaters oder auch der schreiende'· Mutter hören, keines Lo— bes und keiner Ermunterung gewür— digt werden, wenn jede ihrer kindli— cher Unvorsichtigkeiten wie ein Ver— brechen angesehen, jeder kindliche Streich gezüchtigt und geahndet wird wie eine Todsünde, wenn ihnen al— les Vergnügen untersagt wird mit einem Wort, wenn über ihrer Kindheit nicht die Sonne der Liebe strahlt, dann wird da Kind von sei— nen Eltern losgerissen, es muß dann die Aulorität als Fessel als JFoch betrachten, es hält die Sklaverei nicht mehr aus, es wird eigensinnig wi— derspenstig, zucht- und autoritätslos, es verachtet seine Eltern und un— möglich ist die Erziehung, verschwun— den ist der Friede und die Ordnung im Hause, dahin ist das wahre Fa— milienglüück. Utinam. Reise Eindrücke. Von Karl Thiele. Im Thüringer Walde. Das Vergnügen, eine längere Fahrt auf der elektrischen Eisenbahn zu machen, genoß ich auf der Strecke von Hettstadt nach Eisleben, wobei wir durch die sogenannten dazwischen— liegenden „Bergmannsdörfer“ fuh— ren, deren tausende Einwohner mit wenigen Ausnahmen Bergleute sind. In Eisleben, der alten Lutherstadt, besuchte ich dessen Geburts- und Ster— behaus, welche vorzüglich erhalten sind und Vieles von Interesse bieten. Die Berühmtheit des „Nordhäuser— Kornbranntweins“ veranlaßte mich, auch diese Stadt zu besuchen, denn ich hätte ja keine ruhige Stunde mehr gehabt mit dem Bewußtsein, nicht in Nordhausen gewesewn zu sein, und nicht einen „Nordhäuser“ getrunken zu haben. Ich kam bei dieser, Schnaps— probe“ zu der Ueberzeugung, daß dieser bedeutend „echter“ ist, als der „echte“ in St- Cloud und Umgegend. In Duderstadt, wo ein lieber Freund von St. Louis, Mo., jetzt sein Heim aufgeschlagen, verlebte ich einen recht angenehmen Tag. Und in der alten ehrwürdigen Stadt tauschten wir alte Erinnerungen an Erlebnisse in der „neuen Welt“ aus. Das alte wohlerhaltene Rathhaus und die al— terthümlichen Straßen, fast alle aus Häusern uralter Zeiten bestehend, bringen machen Fremden her. In Dingelstedt, auf den Wege nach Mühlhausen, nimmt das großartige Mädcheninstitut für „höhere Töchter“ den hervorragendsten Platz ein. Das— selbe ist ein moderner Bau von enor—- men Dimensionen, die ich nicht anzu geben vermag. Es genüge zu sagen, ; daß es ein großartiges Institut ist! Der Bierkonsum in den Vereinig— Durch die Liebenswürdigkeit einer ten Staaten nimmt trotz aller Tem— früheren Leiterin jener Anstalt, Frl. perenzgeseßgebung und Mucker · An- Voiagt, erhielt ich Adressen der Verfeindung stetig zu. Aus dem Bericht wandten des in Wadena Minn. als des Binnensteuer - Kommissärs geht Pfarrer stationirten hochw. Herrn H. hervor, daß während der Monate JZu- Gundermann, welche in dem nahe ge- li, August und September dieses legenen Keferhausen wohnen, und Jahres $17,786,144 an Biersteuern denen ich meine Aufwartung machte. eingenommen wurden gegen dls, In dem an dem Wege dahin gelegenen 907,541 während derselben Periode Franciskaner - Kloster kehrte ich ein des Vorjahres. Das Mehr betrãgt Ich machte darin die angenehme Be- mithin beinahe 2 Millionen Dollars, Vantshaft von mebreren der doch· welche edensovieie Fah Bier die mehr würdigen Väter, u. als ich dann „ge- getrunken, repräsentiren. 8 Seite 9 luo. stärkt“ wieder meine Pilgerschaft an— trat, gab mir hochw. Pater Domini— cus in liebenswürdigster Weise sein Geleite bis zu meinem Ziele. Da hochw. Pater Dominicus früher in Amerita war und mit den dortigen Verhältnissen wohl vertraut ist, ge staltete sich unsere Konversation zu einer recht angenehmen. Im Hotel Berliner Hof fand ich ausgezeichnete Aufnahme und hier aß, trank und schlief ich, im vollen Sinne des Wortes gut und bil— lig. Auf dem Kerbschen Berge, ei— ner Wirthschaft, hatte ich Gelegenheit zu beobachten, wie lange es nimmt, eine Tasse Kaffe zu kochen und zu ser— viren. Na, der Mensch ist ja kein Eilwagen. Jetzt nun endlich komme ich zu dem Platze, woran sich für mich ich die schönsten Erinnerungen meines Lebens knüpfen nach Mühlhausen in Th. An diesem Orte ist es, wo ich be— hufs „höherer Bildung“ nach erreich— tem elfsten Lebensjahre eine der Zierden der dortigen Schüler wurde. Daß meine Zeugnisse das stereotype: Kopfrechnen, gut Betragen, unge— nügend enthielten, kann ich mir nur durch das Zusammensitzen mit verdorbenen „Rangen“ erklären. Die— selben „Rangen“ sind es aber, die heute an der Spitze der, „Mühlhäu— ser“ Geschäftswelt stehen und „make it grow.“ Das alte Mühlhausen in Th. ist an der Unstrut gelegen und hat als Wahrjeichen „ein Haus ohne Fach, (das jetzt abgerissene Fleisch haus) zwei Thürme ohne Dach (die Thürme sind bis zur Spitze aus Stein errichtet), und dreimal läuft das Wasser über Kreuz, was durch das Lare Quellwasser bedingt wurde, das in offenen Steinrinnen durch die Stdt lief. Eine frühere alte Reichs sestung, stehen die alten Befestigun gen noch da, erinnernd an die Macht des alten „Mellhusen.“ Jetzt entfaltet es seine Kraft und Macht, indem es sich zu einem bedeu— tendem Centrum für halbwollene und wollene Fabrikate emporgeschwungen und ebenso in anderen Branchen enorme Fortschritte macht. Die 35, 000 große Stadt hat sich weit über die früheren Grenzen in den letzten Jahren ausgedehnt, und sind die zahl— reichen in der Nähe liegenden Gehöl— ze und Vergnügungsorte meistens leicht nit der elektrischen Bahn zu erreichen. Für das Vergnügen, ei nen Monat auf der Straßenbahn „in Abonnement“ zu fahren, bezahlt man 2 Mark (50 Cents), und war es da—- her mein erstes, mir sofort ein „Abon— nement“ zuzulegen. Im Rosenmonat kam ich wieder dort an und hatte den Genuß, in einem „veritable“ Garten von Rosen zu wohnen. Meine Tan— te, Frau Stadtrath Thiele, hat ihre Residenz vor dem Frauenthore, und das Haus steht an der Straße in ei— nem großen Garten. Nun ist aber hinter diesem noch ein kleines Som— merhaus mit zwei Zimmern, und dies hatte ich mir zum Quartier er wählt, wo ich mein müdes Haupt, wenn nöthig, zur Ruhe legen kön—- ne. Der große Garten mit seinem herrlichen Rosenflor und all' den an deren duftenden Blumen, die singen den Vögel und die balsamische Luft vermochten es, mich alte Schlafmütze in einen Frühaufsteher erster Güte zu verwandeln; denn jeden Morgen stell te ich mich um 5 Uhr, frisch gewa— schen, zum Morgen-Kaffe ein. Wie wohl anzunehmen, trinke ich ja in St. Cloud auch meinen Morgen—Kaffe, aber die liebe Gesellschaft einer gu— ten Tante und Cousinen erhebt diesen doch, durch angenehme Unterhaltung und deutsche Herzlichkeit gewürgzt, über das Niveau des Morgentrunkes, wie ein „alter alleinstehender Herr,“ gleich mir, gewöhnt ist. Ich kann es aleich eingestehen: ich war auf dem besten Wege verwöhnt zu werden. (Fortsetzung folgt) Eine Prophezeinung, die Beachtung verdient und von der man nur wün— schen kann, daß sie in Erfüllung ge— hen mag, macht Hill, der bekannte Präsident der Great Northernßahn. Seiner Angabe nach ist der gegenwr— tige flotte Geschäftsgang nur das Vorspiel zu einem bevorstehenden Ge schäftsaufschwung, wie ihn das Land bisher noch nicht erlebt hat. Hill gilt als einer der klügsten Geschäfts leute des Landes; jedenfalls ist er einer der erfolgreichsten. - SOCIETY.