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Um die Beute. Kriminal-Roman von Reinhold Ortmann. Hartmann mußte seine scharfen Sinne auf das äußerste anstrengen, um den Verfolgten nicht aus dem Ge— sicht zu verlieren und sich doch nicht durch zu kühne Annäherung zu ver rathen. Aber es geschah in seiner Laufbahn nicht zum ersten Male daß er sich so auf den Spuren eines menschlichen Wildes befand, und er bewies die Vorsicht und Kaltblütig— tigkeit eines Indianers. Als er gewahrte, daß Wendriner neben einem halb eingesunkenen Grabhügel stehen blieb, duckte er sich auf der Stelle nieder, wo er sich eben befand, kaum um ein Dutzend Schrit te von dem anderen entferut. Ta—- stend überzeugte er sich, daß sich o— wohl die kleine elektrische Taschen— lampe, die durch den Druck auf einen Knopf zum Leuchten gebracht wurde, des kurze, lederumsponnene Todt—- schläger, den er für den äußersten Nothfall zu sich gestecktt hatte, im Griffbereich seiner Hände befand. Dann harrte er lautlos der weiteren Entwicklung der Dinge. Wendriner hatte offenbar seine Vorbereitungen ebenfalls nach bestem Vermögen getroffen, aber er besaß doch nicht die nöthige Umsicht und Schulung. Sonst würde er vor al lem wohl mit der kleinen Blendla terne, die er jetzt unter seinem Ue— berrock zum Vorschein brachte, etwas hantirt und sie nicht so auf den Hü— gel gestellt haben, daß ihr Lichtschein wie der Schimmer eines großen Leuchtkäfers weithin sichtbar sein mußte. Auch hätte er sich vielleicht mit einem geeigneten Werkzeug ver sehen, um den schweren Stein, unter dem Paul Grevenberg's Schätze ver borgen sein sollten, bequem von der Stelle zu rücken. Nun war er dafür lediglich auf die Kraft seiner Hände angewiesen, und es war augenschein lich, daß seine der körperlichen Arbeit ungewohnten Muskeln dieser Aufga be kaum gewachsen waren. Deutlich hörte Hartmann das keuchende Ath men seiner Brust und die leisen Ver— wünschungen, welche die .vergebliche Anstrengung ihm erpreßte. Fast war er in Versuchung, aufzuspringen und ihm seine Hilfe anzubieten, aber noch schien ihm der geeignete Zeitpunkt nicht gekommen und er empfand so— gar eine Art von satanischem Ver— gnügen bei dem Gedanken an die furchtbare Enttäuschung, die den gar zu Klugen erwartete, wenn er sich in dem Augenblick, da er das Ziel seiner Wünsche erreicht glaubte, um die heiß ersehnte Beute geprellt sah. Mochte er sich immerhin noch ein wenig plagen, denn weshalb sollte er ihm die begonnene Arbeit erleich—- tern!“ Minute auf Minute verrann. Ein kalter Nachtwind strich über den ein—- samen Kirchhof hin und rauschte un heimlich in den herbstlichen Baum— wipseln. Gespenstisch weiß blinkten in unsicheren Umrissen die großen und kleinen Grabkreuze in der Finsterniß auf. Lautlosen Fluges huschte eine Fledermaus dicht über dem Kopfe Hartmanns durch die Luft, und der klagende Schrei eines Käuzchens, der weither aus der Richtung des Tod— tengräberhauses ertönte, ließ furchtlosen Mann, der noch kaum je in seinem Leben das Gefühl des Grauens kennen gelernt hatte, un willkürlich erschauern. Die Situation fing doch an, ihm unbehaglich zu werden. Im Grunde war es ja auch Thorheit, noch länger zu warten. Da verrieth ein dum— pfes Aufschlagen, daß es Wendriner endlich gelungen war, den schweren Stein herabzuwälzen. Er stöhnte vor Erschöpfung, und als sein Kopf jetzt, da er sich auf den Hügel nieder— beugte, in den Lichtkreis der Blend— laterne kam, sah Hartmann, daß ihm die schweißverklebten Haare wirr über die Stirn herabhingen, und daß seine Gesichtszüge grauenhaft verzerrt wa— ren. Mit beiden Händen begann er, da er offenbar noch nichts von dem ge—- hofften Schatze zu erblicken vermoch te, das von dem zentnerschweren Stein in jahrzehntelangen Lasten festge— drückte Erdreich des Grabhügels zu durchwühlen, in seiner wilden Gier nach dem erträumten Reichthum blind und taub für die Schrecknisse des Or tes und für alles, was um ihn her geschehen mochte. 2 - Jetzt war für Hartmann der Au— genblick des Handelns gekommen. Er CAS TORIA für Sãuglinge und Kinder. Die dorte, bie lhr lmmer (ekautt saht A richtete sich aus seiner unbequem ge duckten Stellung auf, willens, mit einigen lautlosen Schritten den Schatz gräber zu erreichen. Aber sein Fuß strauchelte unglücklicherweise über die Bruchstücke eines am Boden vermo dernden hölzernen Grabkreuzes, und er fiel mit dumpfen Aufschlagen über einen der Hügel hin. : Ein Schrei, wie ihn nur die gräß— lichste Todesangst einem Menschen erpressen kann, kam von Wendriners Lippen, aber er dachte trotzdem nicht daran, vor dieser furchtbaren Ueber— raschung die Flucht zu ergreifen. Wohl stand er für die Dauer einer Sekunde wie von Entsetzen gelähmt, dann aber Hartmann hatte nur eben Zeit gehabt, sich aufzurichten stürzte er sich wie ein wildes Thier auf den gleichsam aus den Gräbern emporgestiegenen Feind, dessen Ge— sicht er in der Dunkelheit nicht erken nen-konnte und den er in seiner un— sinnigen Aufregung vielleicht eher für ein gespenstisches Wesen als für einen lebendigen Menschen hielt. Hartmann konnte so wenig feine Taschenlaterne in Funktion setzen, als er sich seines Todtschlägers zur Ver theidigung zu bedienen vermochte, so jäh und so wuchtig war der unerwar tete Angriff erfolgt. Aber seine Gei— stesgegenwart hatte ihn trotzdem kei— nen Augenblick verlassen und noch zur rechten Zeit hatte er das schwache Aufschimmern des blanken Pistolen— laufes in Wendriners Hand gesehen. Wie mit eisernen Zangen umklam— merten seine Finger das Handgelenk des Angreifers und drückten seinen Arm nach oben, und nicht um den Bruchtheil einer Sekunde hätte er diese energische Abwehr verzögern dürfen, denn im nämlichen Moment schon erkrachte der Schuß, der ihm ge—- golten hatte, lang nachhallend in der Hefen nächtlichen Stille. „Werfen Sie die Waffe fort Sie sind ja verrückt!“ zischte Hart— mann. „Ich thue Ihnen doch nichts zuleide.“ Aber der Andere' schien wirklich den Verstand verloren zu haben. Er ächz—- te und keuchte in rasender Wuth, in dem er sich mit dem Aufgebot seiner ganzen Kraft von dem Griffe des ihm an Körperstärke weit Ueberlegenen zu befreien suchte. Er hatte Hart— mann offenbar noch immer nicht er—- kannt, und während dieser kritischen Augenblicke, in denen er allen Ern—- stes um sein Leben kämpfen mußte, dachte dieser auch nicht daran, sei— nen Namen zu nennen. Er wußte ja nicht, ob er es noch mit einem zu— rechnungsfähigen Menschen oder mit einem Verrückten zu thun habe, und in der furchtbaren Anspannung aller Nerven hörte er auch das Rufen menschlicher Stimmen, die vom Tod— tengräberhause her laut geworden waren, nicht früher, als bis auf und nieder zuckender Laternenschein schon bis auf wenig mehr als hundert Schritte nahe gekommen war. Da nahm er noch einmal all' seine Kraft zusammen, und mit einem ge— waltigen Stoße schleuderte er den Anderen von sich, so daß er strauchel te und zwischen den Grabhügeln nie— derstürzte. Mit einigen raschen Sä— tzen flüchtete er dann in das umge— bende Dickicht, um wenigstens einem sofortigen Zusammenstoß; mit den Herbeieilenden auszuweichen. Die hatten es nicht schwer gehoht, die Stelle zu finden, wo der alarmi—- rende Schuß gefallen sein mußte. Das röthliche Leuchtkäferlicht von Wen— driners Blendlaterne hatte ihnen den Weg gezeigt. Sie waren ihrer Drei, der grauhaarige Todtengräber und zwei seiner Gehilfen. Auf das Noth— dürftigste bekleidet, so wie sie aus ih— ren Betten gesprungen waren, hatten sie sich aufgemacht, den vermeintlichen Selbstmörder zu suchen, und sie zwei— felten nicht, ihn in dem verstört aus— sehenden- Manne gefunden zu haben, der sich da mühsam vom Boden auf— richtete. „Hartmann war noch nahe genug, um zu hören was sie sprachen; aber bei dem Durcheinander aufgeregter Stimmen vermochte er zunächst den Sinn ihrer Rede nicht zu erfassen. So viel jedoch wurde ihm bald klar, daß die Leute Heinrich Wendriner, der sich wüthend gegen seine Fest— nahme sträubte, für einen Verrückten hielten. Und in der That mußte er wenigstens in diesem Augenblick die Klarheit seines Verstandes eingebüßt haben, da er fortwährend nach dem Gelde schrie, das Niemand gehöre alsz ihm, und da er unaufhörlich versich—- erte, jeden niederzuschießen, der sich dem Grabe nähern würde. Natürlich war sein Widerstreben dieser Uebermacht gegenüber eite' Thorheit. Sie hatten ihn sehr balt vehrlos gemacht, und der Todtengrã ber sagte: „Wir werden ihn in die HONEVxuTAR The original LAXATIVE cough remedy. For coughs, colds, throat and lung troubles. No opiates. Non-alcoholic. Good for everybody. Sold everywhere. The genuine FOLEYS HONEY and TAR is in a Yellow package. Refuse substitutes. Prepared only by Foloey & CGompany, Cnicago. Martin Molitor St. Cloud. Minn. Leichenkammer sperren, bis wir ei— nen Gendarmen herbeigeschafft ha— ben. Vorwärts also und laßt ihn unterwegs nicht entwischen.“ Aber einer der Knechte zögerte noch, dieser Weisung zu gehorchen. „Vielleicht ist aber doch was in dem Hügel versteckt,“ meinte er. „Es wär' doch nicht das erste Mal. So ver— rückt ist der Kerl am Ende nicht, daß nicht irgend etwas dahinter steckte. Sehen Sie nur, er hat den schweren Stein ganz allein umgeworfen und schon ein ganz tüchtiges Loch gebud— delt. Wie wär's, wenn wir den Hü— gel umschaufelten? Die ganze Grä— berreihe sollte ja doch im nächsten Frähling eingeebnet werden.“ Es mochte für den Todtengrber etwas Einleuchtendes in der Rede des Burschen sein. „Schafft den Mann zunächst in die Leichenkammer,“ meinte er nach kur zem Ueberlegen, „und dann kommt mit Schaufeln zurück. Wir können uns ja immerhin überzeugen.“ Die Knechte verschwanden mit ih— rem Gefangenen, der jetzt plötzlich ganz apatisch geworden war und mehr geschleppt als geführt werden muß— te, in der Dunkelheit. Bruno Hart mann aber ging mit sich zu Rathe, ob er sich dem am Grabe zurückgeblie— benen Todtengräber offenbaren soll— te oder nicht. Es konnte ihm ja schließlich nicht viel geschehen, aber er sagte sich doch, daß es kaum mög— lich sein würde, diesen Leuten den Zusammenhang der Dinge klar zu machen, und daß er jedenfalls Ge— fahr lief, zunächst in Haft genom— men zu werden. Das aber wollte er unter allen Umständen vermeiden. Denn wenn Wendriner sich in der Stelle, wo der Schatz versteckt war, dennoch geirrt haben sollte, oder wenn alles nur ein von Grevenberg im Einverständniß mit Hanna ersonne—- ner Betrug gewesen war so war al—- les verloren, wenn er für einen oder mehrere Tage in seiner Bewegungs—- freiheit behandert wurde. Deshalb hielt er es für gerath—- sam, n seinem Versteck zu bleiben und sich mäuschenstill zu verhalten. Er hatte keine Ursache, es zu be— reuen; denn als eine Stunde später die mit ihren Werkzeugen zurückge kehrten Gehilfen des Todtengräbers ihre Arbeit beendet hatten, ohne daß in dem sorgfältig durchsuchten Erd— reich des Hügels irgend etwas von Geld&oder Geldeswerth zum Vorschei gekommen wäre, durfte er sich über— zeugt halten, daß Wendriner das Opfer eines Irrthums oder eines Be— trugs geworden war. —— Er wartete, bis die Leute mit ih— ren Laternen wieder im Inneren des Todtengräberhauses verschwunden waren, dann richtete er sich auf und verließ auf demselben Wege, den er gekommen war, unbehelligt den Friedhof. Ziebzehntes Kapitel. In Doktor Ruthardts Wartezim— mer pflegten sich sonst die Patienten nicht gerade zu drängen, aber als Grevenberg am Morgen nach seiner Unterredung mit dem Oberstleutnant das Haus betrat, dessen Erdgeschoß der junge Arzt bewohnte, traf es sich doch, daß Ruthardt eben mit einer zeitraubenden Untersuchung beschäf— tigt war, und daß der neue Ankömm— ling deshalb von der Haushälterin aufgefordert wurde, sich ein wenig zu gedulden. Grevenberg sah heute erschreckend abgespannt und elend aus. Die müde Haltung, in der er auf seinem Stuhle saß, und die bläulichen Schatten un ter seinen Augen ließen vermuthen, daß er in det Nacht nur wenig Schlummer gefunden habe, und von Zeit zu Zeit erschütterte ein trocke ner kraftloser Husten seine Brust. Tcotzdem musterte er seine Umge—- bung mit gespanntem Interesse, und nachdem er die sehr bescheidene Ein— richtung des Wartezimmers bis in die kleinsten Einzelheiten studirt hat— te, stand er auf und trat an das Fen— ster, das nach der Hinterseite des Hauses hinausging und den Ausblick Der echte Dr. Bell's Pine- Tar-Honey hät die Giode auf der Fiasche DEFECTIVE PAGE —— in einen kleinen, schon herbstlich kah len Garten gereährte. Das Fenster mochte wohl manns hoch üker dem schmalen Rasenstrei fen liegen, der sich längs der Haus— mauer dahinzog, aber die Latten ei nes Obstspaliers, das den unteren Theil der Mauer bedeckte, hätten es einem leidlich gewandten Turner wohl nicht allzu schwer gemacht, vom Garten aus die Brüstung zu gewin—- nen. Paul Grevenberg lauschte nach dem anstoßenden Sprechzimmer hin, und da er aus dem Tonfall der sonoren Männerstimme, die da drinnen laut wurde, den Schluß zog, daß der Arzt noch immer mit der Befragung seines Patienten beschäftigt sei, öffnete er so geräuschlos als möglich einen der beiden Fensterflügel. Nun konnte er, sich hinäuslehnend, das Terrain da draußen besser überblicken. Er sah, daß sich zwischen dem Garten und dem Nachbargrundstück ein nur durch nicdrige Holzgitter eingefriedigter Gang hinzog, der offenbar die Be— stimmung hatte, ein weiter rückwärts gelegenes, schuppenartiges Gebäude mit der Straße zu verbinden. Ande— re bemerkenswerthe Entdeckungen wa— ren nicht zu machen, man hätte denn die auf einem angrenzenden Hofe im Winde flatternde Wäsche dahin rech nen wollen, oder eine Schaar zanken der Spatzen, die in lebhaftem Mei— nungsaustausch zwischen den entlaub— ten Wipseln einiger Obstbäume hin und her flogen. ; Eben hatte er das Fenster wieder geschlossen, als sich die Thür des Ne— benzimmers aufthat. Der Patient kam unter Danksagungen heraus, und der Doktor dessen jugendliches Aus— sehen den Verlobten Marthas über—- raschte, lud den Fremden mit höfli cher Handbehegung zum Eintritt in das Sprechzimmer ein. Grevenbergs erster Blick fiel auf die Vase neben dem Schreibtische. Das Blut stieg ihm heiß zu Kopfe, und es wurde ihm schwer, seine Augen von dem Kunstwerk loszureißen. Aber er wollte sich heute besser beherrschen, als es ihmgestern dem Oberstleutnant gegenüber gelungen war, und auf desz Doktors ruhige Frage nach seinem Begehr begann er mit gutem Geschick die in den schlaflosen Stunden die— E Nacht ersonnene Homödie zu spie— en. ; Er nannte seinen Namen nicht und begnügte sich, zur Aufklärung über seine Person zu sagen, daß er nur zu vorübergehendem Aufenthalt in Liebenfelde sei. Ein Unwohlsein, von dem er schon seit einiger Zeit geplagt werde, habe sich in den letzten Tagen derart gesteigert, daß er sich nun doch entschließen müsse, einen Arzt zu konsultiren. Er fürchte, daß mit sei— nem Herzen etwas nicht in Ordnung sei, und bitte um eine gründliche Un— tersuchung. ——— Georg Ruthardt, der ihn während des Sprechens sehr aufmerksam beob— achtet hatte, ersuchte ihn, seinen Obe— rkörper zu entkleiden, und begann mit der Auskultation. „Sie sehen schlecht genährt aus,“ sagte er. „Es scheint, daß Sie Ihren Körper längere Zeit über Gebühr angestrengt haben.“ „Ich war lange auf Reisen, Herr Doktor. Vielleicht habe ich mir da mehr zugemuthet, als ich ertragen konnte. Aber es hat doch wohl nichts zu bedeuten.“ : „Wir werden sehen,“ lautete die kurze Erwiderung, und wenn nicht Grevenbergs Gedanken ausschließlich auf die Vase gerichtet gewesen wä— ren, würde ihn der ernste Klang die— ser drei Worte wahrscheinlich mit ei— niger Besorgniß erfüllt haben. Die Untersuchung währte ziemlich lange, und er mußte auf eine Reihe von Fragen Auskunft geben, wie sie ihm ähnlich vor einigen Tagen auch der von seinem besorgten Gastfreun— de geholte Arzt vorgelegt hatte. Er beantwortete sie ganz ehrlich, denn sein Gesundheitszustand war ihm in diesem Augenblick so gleichgiltig, daß es ihm durchaus nicht der Mühe werth schien, sich irgendwie zu ver— stellen. „Bitte Sie können sich wieder ankleiden,“ sagte Ruthardt endlich, indem er das Stethoskop fortlegte. „Ich werde Ihnen etwas Anregendes verschreiben, aber ich verhehle Ihnen nicht, daß Sie davon nur vorüberge— hend Nutzen haben werden. Ich em— pfehle Ihnen dringend, sich an Ih— rem ständigen Aufenthaltsort sofort in andauernde ärztliche Behandlung zu geben.“ „Ah Sie wollen mich doch nicht ängstlich machen, Herr Doktor?“ lä— chelte Grevenberg. „Haben Sie denn etwas Bedenkliches gefunden?“ „Ihre Lungen sind angegriffen, u. Ihr Herz arbeitet nicht so, wie es sollte. Sie müssen jedenfalls sehr vorsichtig leben, jede Aufregung, An strengung oder Ausschweifung ver—- meiden und für die Pflege Ihres stark heruntergekommenen Körpers Alles thun, was nur immer in Ihren Kräften steht.“ So eindringlich auch das Alles ge— sagt war, so wenig Eindruck machte es doch in diesem Moment auf den, ——— ——————— mir's merken, Herr· Doktor,“ sagte er leichthin.- —— Und dann, während er seine Kra-- watte knüpfte, stellte er sich vor die japanische Vase. „Was für ein herr liches Kunstwerk Sie da besitzen!“ plauderte er. „Vielleicht wissen Sie nicht einmal, welchen Werth es für einen Sammler solcher Alterthümer haben würde.“ „Doch, ich weiß es,“ warf Georg Ruthardt, der eben mit der Abfas— sung des Rezepts beschäftigt war, kurz hin. „Man hat es mir wieder— holt gesagt.“ „Sind Sie nie in Versuchung ge—- führt worden, die Vase zu verkaufen? Aber es verirrt sich wohl freilich nur selten ein wirklicher Kenner hierher nach Liebenfelde?“ : „Das wäre mir auch— sehr gleich— gültig. Denn die Vase ist nicht ver käuflich.“ „Sie sollten das nicht mit solcher Bestimmtheit aussprechen, verehrter Herr Doktor. Am Ende hat jedes Ding in der Welt seinen Preis.“ „Ich wiederhole, daß die Vase nirht verkäuftlich ist. Darf ich Sie viel— leicht um Ihren Namen bitten, da— mit ich ihn auf dem Rezept vermer— ken kann.“ Der Fremde hatte diese Aufforde rung offenbar überhört. Er war jetzt ganz in Betrachtung und Untersu— chung des metallenen Kunstwerkes vertieft. ; „Wie meisterhaft das alles model— liert ist! Geradezu dem Leben abge—- lauscht. Diese Eidechse hier in dem Astloch zum Beispiel ist es nicht, als ob sie im nächsten Augenblick da vonhuschen müßte?“ Als wolle er das Thierchen strei— cheln, fuhr er mit dem Finger in die winzige Oeffnung, die der zierliche Körper der Lacerte noch freiließ, u. als er in der Tiefe der Höhlung ei— ne kleine Papierrolle fühlte, weiterte sich in einem triumphierenden Glücks— gefühl seine Brust. ; Wenn dies Röllchen noch an sei— nem Platze war, so lag sicherlich auch alles andere wohlgeborgen da wohin er es versteckt hatte, und unter allen lebenden Menschen kannte nur er or Geheimniß dieser kostbaren Va e. Mit der gut gespielten Lebhaftig keit eines Menschen, der plötzlich zu einem großen Entschluß gelangt ist, wandte er sich nach dem ungeduldig wartenden jungen Arzte um. „Ich, will ganz aufrichtig sein, lie— ber Herr Doktor. Ich bin selbst zu— fällig ein leidenschaftlicher Liebhaber japanischen Kunstgewerbes, und ich möchte Ihnen die Vase abkaufen. Nein, nein sagen Sie nichts! Es könnte Sie gereuen. Denn ich biete Ihnen nicht, was andere Ihnen viel— leicht geboten haben, denen es um einen vortheilhaften Erwerb zu thun war. Ich habe etwas Derartiges noch nicht in meiner Sammlung, und der etwaige Marktwerth des Stückes ist darum für mich nicht das Entschei— dende. Machen Sie mir Jlhren Preis, Herr Doktor, und machen Sie ihn, so hoch Sie wollen. Nur sagen Sie mir nicht noch einmal, daß Ih— nen die Vase unverkäuflich sei.“ „Und doch kann ich Ihnen nichts anderes sagen. Sie werden sich nicht weiter bemühen, wenn ich Ihnen mit theile, daß das Kunstwerk ein Ge— schenk ist dessen Veräußerung mir en Rücksichten der Pietät verbie—- en.“ „Nun ja, es ist etwas sehr Schö— nes um die Pietät, aber es ist auch etwas sehr Schönes um eine runde Zumme Geldes. Wenn ich Ihnen nun sechs-, nein, zehntausend Mark biete, Herr Doktor? Freund vom Feilschen sagen wir also von vornherein zehntausend Mark.“ Georg war betroffen. Das auf—- dringliche Gebahren des Mannes war ihm mit jeder Sekunde widerwärti— ger geworden. Dies ungeheuerliche Angebot aber, das den Werth der Vase sicherlich weit überstieg, ließ ihn an der Gesundheit seines Verstandes zweifeln. Sie täuschen sich offenbar in Ih—- rer Schätzung,“ sagte er. „Auch oh— ne die Gründe, die ich Ihnen bereits nannte, würde ich mich zu einem der— artigen Handel nicht verstehen.“ „Aber weshalb denn nicht, Herr Doktor? Da es mein freier Wille ist, brauchen Sie sich doch kein Gewissen daraus zu machen, wenn ich den Gegenstand etwa zu theuer bezahle. Siẽ kennen offenbar die Leidenschaft eines eingefleischten Sammlers nicht und wissen nicht, was es für ihn be— deutet, sich eine Seltenheit entgehen lassen zu müssen, in die er sich einmal verliebt hat. Ich bin reich, und die Summe, die ich Ihnen geboten ha— be, bedeutet für mich so gut wie nichts. Die Vase aber bedeutet mir in diesem Augenblick alles. Also lAchlagen Sie ein?“ : Ruthardt schüttelte den Kopf. „Es ist unmöglich. Lassen Sie uns nicht weiter davon reden.“ FOLEYSNONEV TAR Oures Gel--: Pravont- neumentd 2 72 und schmerzios. Neue Ertheduns eurs ; berũ L 1 u den sroßten hemn egnlarer art desen Prarie esirt als absolut darmlos und wirkungsvoll. ertyolles Buch mit voller Information und 1- gige Behandlung frei. Adressire :GNATZ MAYER. M. D. Sulto: 84 Chambeor ot Cammerce derño.,., - MICHIGARN. Grevenbergs Pulse flogen wie im Fieber. „Nun denn fünfzehntau send, Herr Doktor ! Oder, wenn Ihnen sauch das noch nicht genug ist, so ma chen Sie mir selber den Preis, der Ihre Bedenklichkeiten überwindet.“ Der junge Arzt wollte unwillig sseine Verneinung wiederholen. Da durchfuhr ihn ein Gedanke, der ihn zaudern machte. Er wußte, der Oberstleutnant von der Heyde war nicht reich, und er würde einem An— gebot, wie es hier von einem offen bar halb spleenigen Sammler ge— macht wurde, vielleicht nicht wider— standen haben. Wenn er nun doch seine ursprüngliche Absicht zur Aus— führung brachte und die Vase ihrem Spender zurückgab, erwies er dem Vater Marthas damit nicht vielleicht einen Dienst, dem zuliebe er schließ— lich den Vorwurf einer Taktlosigkeit sruhig hinnehmen konnte? Er war darüber mit sich selber noch nicht ganz im reinen, aber es war immerhin der Erwägung werth. „Gut also,“ entgegnete er, „ich wer dede mir Ihr Anerhieten überlegen. Das ist alles, was ich Ihnen im Au— genblick antworten kann. Ich ver— spreche Ihnen nichts, aber es findet sich möglicherweise doch ein Weg zur Erfüllung Ihrer Wünsche.“ Das war der erste Hoffnungsschim— mer, und er leuchtete Grevenberg in einem Augenblick auf, wo er sein Vorhaben fast schon als gescheitert an— gesehen hatte. Vor Freude zitternd, sagte er: „Ich rechne darauf, Herr Doktor. Aber ich bitte, machen Sie die Bedenkzeit kurz. Ich kann mich nicht lange hier auf— halten, und ich wäre Ihnen darum sehr dankbar, wenn wir die Sache noch heute in's reine bringen könn— ten.“. Ruthardt zog sich einen Notizblock heran. „Ich verspreche Ihnen, wie ge sagt, nicht. Aber sagen Sie mir ge—- fälligst, wo einer Benachrichtigung Sie erreichen würde.“ „Ich bin im Bahnhofshotel abge— stiegen.“ „Und Ihr Name?“ „Herbert Lyncker.“ Er hatte der Nothwendigkeit, sich zu nennen nicht länger ausweichen können, er hielt die für die Erfül— lung seiner Wünsche damit verbunde—- ne Gefahr auch nicht für groß, denn er ahnte ja nichts von der Vertraut heit der persönlichen Beziehungen zwischen dem Arzte und dem Hause des Oberstleutnants. Erst das jähe Auffahren des Dok— tors und der Ausdruck höchsten Er— staunens auf seinem Gesicht ließen ihn erkennen, daß er eine schlimme Unvorsichtigkeit begangen habe. „Lyncker heißzen Sie? Herberit Lyncker? Sie sind der Verlobte des Fräuleins von der Heyde?“ „Allerdings, Herr Doktor“ erwi derte Grevenberg unsicher, für den Moment noch völlig rathlos, wie er sich dieser unerwarteten Wendung ge genüber zu verhalten habe. „Setzt Sie das so sehr in Verwunderung?“ „Ja ich verhehle es nicht. Sie denken doch wohl vorläufig nicht da ran, Hochzeit zu machen?“ „Daran dachte ich freilich. Warum sollte ich es nicht dürfen?“ (Fortsetzung folgt.) 2 . IE r ed rt Johnson & Borwick, Händler in Grabsteinen Monumenten. Alle Arbeiten nach Bestellung prompt und zuverlässig zu angemes senen Preisen besorgt. No 5 Breckenridge Ave, St. Cloud, Minn. Ilyr.