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WW. mü Gwschtsg. Eine Erzählung auS der Zeit der Baum« wollennoth in Manchester i »5» I. F. Smitb. Nebersetzt von Dr. *etl tili. (Fortsetzung.) A u n s e s z i s e s K a i e Während der Rechtsgelehrte sich nach feinem Zimmer begab, fühlte er Plötzlich eine Hand aus seiner Schulter. „Wie Doktor," rief er, „Sie baden Ihren Pa tienten verlassen?"- „Er kann ohne mich fterben, rechn ich," lautete die Antwort Sterben?"—„Der arme Mensch hat keine vierundzwanzig Stunden mehr zu leben. Kein Alligator hätte das ausge halten."—„Ich habe nie gehört, daß diese interessanten Kreaturen der Apoplexie unterworfen find."— „Avoplexie?" fragte der Mann der Wissenschaft den Advokaten mit einem eigentümlichen Ausdruck in'S Auge fassend. „Das wissen Sie Wohldes fer." „Sprechen Sie deutlich. Man«. Ich bin lein Freund von Rathseln." „Wohlan, ich vermuthe wohlgemerkt, es ist für den Augenblick nur eine Ver muthuug—daß der Patient vergiftet wor den ist. Es wird sich bald herausstellen, ob ich Recht habe, und deßhalb bitte ich mit mir zu ihm zurückzukommen." leuchteten Waren ste ihrer Sache gewiß, so durfte sich Ihre Lage höchst boten haben. Ich habe Sie von meinet Verwandtschaft mit dem General und mei net Hoffnung, er werde mir zu lieb bei der Sache ein Auge zudrücken, in Kennt* ttiß geletzt. Fanden Sie ei anders, als ich .Nein." „Je mehr wir uns Gefahr ausgehoben zu werden. Aber wenn es dennoch geschehe" sein Associe faßte ihn fest in'S Auge „wäre es gerecht, Mick des Verraths zu beschuldigen?" ^Vielleicht nicht," entgegnete der Englän der, „Doch lassen wir diesen unangeneh mm Gegenstand fallen. Ich beurthctle die Menschen nach ihren Handlungen, mcht nach ihren Worten."—3m Laufe des Ta ges beschied Mr«. Drake ihren Gatten nach Blanche's Kajüte sie konnte die Un gewißheit nicht langer ertragen und be ichloß, ihrem Zweisel mit einem Mal ein Ende zu machen. „Du mußt es einleiten, Drake, daß Welby wenigstens eine Stunde auf dem $)tc? festgehalten wird. Mache so lange den Angenehmen gegen ihn." „Wenn Du wünschest, so will ich es ver suchen, meine Liebe." Mcht versuchen eS muß geschehen. Du verstehst mich." „Aber waS soll ich zu ihm sagen?"—„Was. Du willst es ist nichts Unrechtes der Ver stellung mit Verstellung zu begegnen. 3m schÜmmsten will'«—„Thu' Deine Pflicht als Mann!" versetzte feint bessere Hälfte mit funkeln den Augen. „Schade, baft ich nicht auf's Deck kann, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen,- aber ich habe da? Wort ge geben, dieses hülfiose Wesen nicht zu ver lassen, und will es halten. Merke Dir, er muß eine volle Stunde festgehalten wer den." Wir wollen nicht auseinander setzen, wie der Kapitän die Erfüllung die ses Befehls angriff, und bemerken nur, daß es ihm gelang, ihn nach dem Buch- ftaben auszuführen. Eine halbe Stunde nach der eben erwähnten Besprechung nä herte sich einet- der Schiffsjungen Mr Bentley und sagte ihm, daß Mrs. Drake ibn zu sprechen wünsch». Als er dieser Aufforderung gemäß tn Blanche's Kajüte trat, erkannte er auf den ersten Blick, was vorgefallen war. Mrs. Drake hatte Wel by's Reisekoffer öffnest"lasten, und zu cbetst darin eine amerikanische Flottenof fieziersunisorm nebst der Bestallung des Verräthers zum Lieutenant gefunden. Jeder Zweifel war damit gelöst. „Was ist nun anzufangen?" wiederholte die Da me, „£, daß ich ein Mann wäre? Ehe ich mem Schiff in die Krallen eine? dieser nordischen Kreuzers fallen ließe—" Bent ley wartete auf die Vollendung dieses Satzes ober MrS. Drake hielt inne und fügte nach einer Pause bei: „Möge mir der Himmel verzeihen, aber wir find alle sün i e s ö e E s s i n i s machen, und doch ist es hart, daß wir verlieren sollen, waS mein Mann und ich in dreißig Jahren zusammengespart ha ben. Die Schlange wird eine reiche Prise (j$\t Twistelton entsprach dieser Aufforderung Der Arzt nahm dann die halbleere Wein stasche zur Hand und begab sich, von dem geben."—„Sie isttoch nicht genommen," Advokaten begleitet, zu einem berühmten i bemerkte der Gentleman kalt. Mrs. Chemiker, welcher den Wein mit verschie-! Drake legte ihre Hand auf seinen Arm. denen Reagention prüfte. Kein Resultat.' „Ich habe vorhin übereilt gesprochen. .So muß es etwas Anderes gewesen sein,"! Wissen Sie, was der Widerstand gegen murmelte der Doktor. „Fremder, wie ein Kriegsschiff für Folgen hat? Verspre lange befinden Sie sich schon tn diesem er- 'chen Sie mir. den Kapitän und die Mann« Lande derFreiheit?"—„Meinen schaff, die ihm durch Feuer und Wasser Sie Amerika?"—„Natürlich. Was könnte ich sonst meinen?" „Ungefähr zwölf Tage." „Und wie lange in New Or leans?" „Seit diesen Morgen." „Möglich, daß ich ihm Unrecht thue," dachte der Amerikaner. „Nun ja, ich kann zuwarten bis morgen." ,,-r* „Wenn, wie Sie andeuten, bei dem Zustande meines Klienten ein böfc8 Spiel im Werke ist," sagte TwisseUon auf dem Rückwege nach dem Hotel, „so ist meine Pflicht klar.. 3ch muß dem britischen Konsul Anzeige davon machen und nach seinen Weisungen han dein." „3st Ihnen tzies Ernst, Briti# scher?" fragte der Doktor, -ihn überrascht betrachtend. „Warum nicht?" „Nun, man kann nicht warten. Nicht, daS ich viel werde machen können abtt es ist doch by's Benehmen Anlaß gegeben, gemin dert hätte. Er fühlte selbst, daß er be wacht wurde, und bereute bitter seine Un Besonnenheit. Bentley that zwar, als sei nichts vorgefallen, was geeignet wäre, die Harmonie ibrer Beziehungen zu stören, aber der ehrliche Kapitän verstand sich nicht auf Verstellung, und nur die ent» schiedene Einsprache seines Weibes konnte ihn hindern, daß er nicht den anrüchigen Amerikaner seiner Negerin unter den Lu ken Gesellschaft leisten ließ. „Ich möchte gut wissen, was den Kapitän so völlig umgewandelt hat," sagte der Heuchler, als et mit Bentley auf dem Deck auf- und abging. „Seit drei Tagen gebehrdet er sich eher wie ein verwundeter Alligator, als wie ein vernünftiges Wesen. Ich hätte nicht gedacht, baß ihr Engländer so der wünscht tugendhaft seid." „ES ist nicht die Geschichte mit Blanche," versetzte Bent leg. —„SBas zum Henker sonst?" „Ihr Staunen ist zu künstlich, um ganz natu*, lich zu sein. Haben Sie die Drohung oder ine Warnung, daß der Mississippi naher ist als der Mersey, vergessen?" „3st'S möglich, daß man einem in der Leide» schaft ausgestoßen^ Wort Bedeutung bei legen kann? Th^l^Me den Argwohn?" __ Ich? Nein. ffcafr aber der Kapitän folgen würde, nicht zu einer tollkühnen Handlung zu verleiten. Sie hätten eS faimnt Allen an Bord mit dem Leben zu büßen. Kehren Sie auf's Deck zurück, Mr. Bentley. Wir wisse? jejjt das Schlimmste, und das ist jedenfalls besser als die Ungewißheit. Was auch kommen mag, wir müssen uns unterwerfen."—Ehe Bentley nach dem Deck ging, wie ihm die Dame geheißen, begab er sich auf einige Minuten nach seiner Kajüte und kam mit einer Zigarre zwischen den Lippen zurück es war "eine der duftigen Havannas, die wir bereits kenne«. „Was Henkers haben Sie mit Drake gesalbadert?" sagte er, als Welby sich ihm anschloß. „Weiß selbst nicht," versetzte der Amerikaner lachend. „Ich glaube, der alte Narr bereut seinen Hinweisung aus die Sektion überlies es Iren, und zum Beweis will ich mir von seinem Zuhörer kalt.—„Es wird mir nicht Ihnen eine Zigarre erbitten." Bentley gelingen, diesen Bentley vor dem Galgen reichte ihm ruhig das Etui hin Sie gin zu bewahren," dachte er. „Schade, daß gen einige Mal miteinander über daS bei seinen schönen Geschäftstalenten die' Deck dann fuhr der Amerikaner mit der MSralität so abgestumpft ist* 1 |Hand über die Stirn, als ob ihn plötzlich Wir kehren jetzt an Bord der Schlange ein Schmerz oder Schwindel anwandle, zurück. Dieses wackere Schiff war schon. Sein Begleiter schien es nicht zu bemer seit zwei Tagen von dem Kurs, den sein ken Vom Mastkorb aus der Ruf: „Schiff Frachtbrief vor/chrieb, abgegangen, ohne'in Sicht!" ..Welche Farben?" tief der daß sich der Argwohn, zu welchem Wel- 'Kapitän. „Amerikanisch. Nordischer Kreuzer."—„Wer Henkers hätte auch er wartet, auf einen von unseren Kuttern in sie." Der Amerikaner lächelte. Die Jagd brachte nach drei Stunden die mne rikanische Schaluppe in eine solche Nähe, daß eine ihrer Kugeln über den Vug der Schlange wegstrich. „An die Kanonen!" riefen mehrere von der Mannschaft. „Nicht gerührt!" befahl der Kapitän. „Kein Leben soll auf's Spiel gesetzt werden. Wir haben unser Bestes gethan, und ohne den Verrath „Verrath!" wiederholte Welby ironisch.— „Mr. Welby, Sie sind ein Schurke!" rief 2ohn Bentley.— „Ich kann Nachsicht haben mit einem verlie renden Spieler," versetzte sein Apeie. „Legt bei, ihr Leute, wenn ihr nicht von dem Spitfire eine volle Ladung kriegen wollt," „Er kennt den Namen," sagte Drake ächzend, „Werde wohl, da ich lange genug auf ihm gedient habe." Ein Zischen der Matrosen folgte auf diese cy nifche Bemerkung. 3n diesem Augenblick erschien Mrs. Drake aus dem Deck, um einem etwaigen fruchtlosen Widerstand Einhalt zu thun. „Werft den Verräther in's Meer!" rief Sands.—„Und laßt euch und" seine ftr au schar ken Verdacht gegen hängen Mann für Mann," entgegnete! mit Fassung. Sie sind mcht mehr über Sie beaen müssen &ie gesehen habend Welby spottend. „Die'Rache ist ,'üß, aber jung, und uns Allen steht das Gleiche Wäre" ne 'ihrer Sache gewiß,' so dürfte nicht tut diesen Preis." Als das Boot bevor." „Daß ich am Schlag sterben unangenehm gestal-! des Spitfire heranruderte, sprang der ten Und was sagen Sie dazu?" Amerikaner in die Puttmgen und ties der Nichts. "Ich warte ab." —„Hören Sie! Mannschaft etmuthigend zu. Seine Auf» nttch an suhr der Amerikaner mit er- regung schien sich zum Wahnsinn geltet» künsteltet Zutraulichkeit fort. „Ich sagte gert zu haben. Plötzlich befiel ihn ein Ihnen von Ansang, daß die Spekulation i Schwinde! er fuhr nut der einen Hand nicht ohne Gefahr sei, und Sie erinnert übet die Augen, wahrend er mit der an. sich, daß S'.e sich selbst zu derselben ange-1 deren sich am Tauwerk festhielt. „Ra,cher rascher! Das Schiff ist unser— falsche Papiere, falscher Bestimmungsort. Süd liche Baumwolle auf englischem Kiel." Die Amerikaner stießen ein lautes Hurrah aus. Welby versuchte es zu erroiebern,— aber seine Kräfte schwanden, und er sank rtlant nähern, desto geringer wird did wie ein Bleiklotz zwischen dem Boot und KA AT AM CT\ I A CfT7v* »(i der Schlange nieder Die Mannschaft wartete vergeblich auf fein Wiederauf tauchen. „Ertrunken!" riefen sie mit ei nem Fluch. John Bentley lächelte, aI8 dieses Wort an sein Ohr schlug. Reunnndsechszigste» Kapitel. „Aus mit ihm," sagte der Kommandeur der Schlange einige Minuten später, wah rend welcher die Mannschaft an Bord mit größter Spannung dem Wiederaus, tauchen deS Amerikaners entgegen gese hen hatte. „Möge Gott ihm vergeben," fügte Mrs. Drake in ihrer gewöhnlichen ruhigen Weise bei. „Ich fürchte, es ist ein schlimmer Mann gewesen." „Ein höllischer Schurke, dem nur widerfuhr, waS er verdient hat," rief Bentley.— „Bst!" verwies ihm die Kapitänsfrau. ES ziemt uns sündigen Geschöpfen nicht, dem Erbarme» Gottes vorzugreifen." Blanche wußte, daß die Schlange von ei amerikanischen Kriegsschiff gejagt Falle schickst Du ihn unter^die'wurde, und die Furcht, auf s Neue in'die! zwar nichts behaupten, fiber die Sache jzuken." „Aber wenn er nicht gehen Gewalt ihres Verfolgers zu kommen, lag sieht verzweifelt garstig aus.- Gewißheit ititiäi KoMAgsblatt ües Ciurmmti UMMsti. wie ein lähmender Alp auf ihr. MrS.'^gibt nur Drake fand ste aus den Knicen liegend „Verloren! verloren!" murmelte sie, ih ren starren Blick auf das blasse Gesicht ihrer wohlwollenden Beschützerin heftend. —„Die Schlange, ja, meine Liebe," ver setzte ihre Freundin, „aber Sie sind sicher." „Und er der schreckliche Mann?" —t „Todt im Augenblicke seines Triumphes. Er stürzte, als er eben die Mannhaft un serer Feinde begrüßte, von den Puttingen in's Meer, um nicht wieder aufzutauchen." —„Dem Himmel sei Dank!" rief Blanche, sich von den Knieen aufrichtend und ihre Beschützerin umarmend. „Ach, das ist ein gottloses Gebet," fügte sie nach einer Pause bei. „Ich hätte nie geglaubt, daß ich mich über den Tod eines Menschen werde freuen können, und doch ist es jetzt so weit gekommen. Aber bedenken Sie, was ich von seiner Verfolgung gelitten habe^ Bin ich nickt von meinem Manne und tum meinen Freunden getrennt? Hat er mich nicht fast so weit getrieben, daß tch zweifelte an der Gerechtigkeit der Vor sehung?"—„Ihre Führungen sind weise," bemerkte die Dame ernst. „Doch kann ich, obfchon ich mich nie in einer ähnlichen Lage be sand, in Ihre Gefühle hineinden ken."—„Und Sie mir verzeihen?"—„DaS muß der Himmel thun aber Sie scheinen mir natürlich zu sein. Ich verlasse Sie jetzt für eine kurze Weil«, da ich eine Pflicht zu erfüllen habe denn mein Rath, meine Zustimmung ist schuld, daß di?ses Unglück, welches uns der Frucht vieljäh tiger ehrlicher Bemühungen beraubt, über uns hereinbrach. Sie selbst dürfen unbe sorgt sein. Unsere Eroberer werden Jh nen nichts zu Leide thun, da sie damit nur unserer Mannschaft die Berechtigung zum Widerstand in die Hand geben würden." Sie entfernte sich und erschien in demsel ben Moment, in welchem die Schlange förmlich in Besch genommen worden war, wieder aus dem Deck. „Wir sind zu Grunde gerichtet, Anna," Musterte ver Ka pitän, aus den amerikanischen Lieutenant und ferne Leute deutend. „Die Schlange wird verurtheilt werden." „Vielleicht nicht."—„Was meinst Du damit? Siehst Du einen Ausweg?"—„Wo er nicht klar ist, müssen wir danach tasten. Nach wel chem Hafen geht'S?" „Nach New Or leans." Mrs. Drake lächelte. „Sie! hätten für ihren Zweck einen besseren wählen können," sagte sie. „Aber jetzt keine Fragen mehr, John. Seien wir nur getrost. Wir müssen eben wieder von vorn anfangen."—„In unserem Alter, Anna?" „Kein Alter hindert die Thä tigkeit, wenn man noch gesund und kräftig ist Anfangs wird es uns zwar hart an kommen, aber man muß es überwinden. Was sagt Mr. Bentley?" Er ist reich und kann mit finsterer Gleichgültigkeit sich übet den Unfall wegsehen." Die Er werbung einer so werthvollen Prise ver setzte die Mannschaft des Kutters in die beste Laune, so daß sie sich aller zwecklo sen Rohheit enthielt. Sie hatte Wclby'S Verschwinden mit angesehen und betrach tete eS als einen Zufall, der $1 See nicht selten vorkommt. Blanche klopfte das Herz dieser Breite zu stoßen?" bemerkte Welby,1 Itch fühle," sagte sie. „Die Freude macht „Sitzt Jeden Zoll Tuch aus!" rief -mich selbstsüchtig."—„Natürlich," versetzte Drake. „Wir find vielleicht schneller als Mrs. Drake. „Es würde mir an Ihrer vor Freude, als sie von ihrer Beschützerin mordung gehört?"—„Alle Zeitungen wa hörte, nach welchem _Hafen das Schiff ten voll davon."—„Faßten Sie nie gegen Jemand einen Verdacht?" „Verdacht? nein," antwortete Twisselton ausweichend. „Es muß heraus," fuhr der Zigeuner ruhig sort. „Nicht, daß ich der Gesellschaft steuerte. In wenigen Tagen sollte sie ih rem Gatten, ihrer Schwägerin und ihrem wohlwollenden Onkel zurückgegeben sein „Verzeihen Sie mir, wenn ich mich glück- Stelle ebenso ergehen.". Während der Kutter seine Prise nach dem Ha fett bringt, wollen wir unS wieder nach Mr. Twisselton und seinem Klienten umsehen.— Die reichliche Blutentziehung und die Geschicklichkeit deS Arztes hatte Lin's Leben nur um einige Stundender längern können. Er war wieder so weit zum Bewußtsein gekommen, um seine Lage zu erkennen. Die Nähe des Todes erfüllte den Schuldbeladenen mit Schre cken. „Können Sie nichs sür mich thun?" fragte er, stehend zu dem Doktor aufbli ckend. „Ich bin reich und kann gut bezah ten." —„Ich rechne, Britischer," versetzte der Amerikaner, „daß ich all' mein Wis sen ausgeboten habe. Sind Sie nicht zu friebttt, so können Sie nach einem anderen Doktor schicken. Es gibt ihrer die Menge in New Orleans, und auch Pfarrer, wenn Sie einen zu sehen wünschen."—„Gibt eS keine Hoffnung?" „Sie ist allmächtig klein, Fremder," entgegnete der Arzt mit einem Blick auf den Advokaten. Sein Patient ächzte tief auf. „Nehmen Sie's bevor." „Daß ich am Schlag sterben muß!" seufzte der Zigeuner. „Ich denke nicht, daß es ein Schlagfluß ist," bemerkte der Amerikaner. „Was denn? Was denn?" wiederholte Litt ungestüm, als der Arzt mit der Antwort zögerte. „Nicht so hitzig, Fremder, wenn Sie nicht das Ende um ein paaix Stunden srüher her» beisühren wollen 's ist freilich hart, feine Dollars nicht verbrauchen zu fönnen, wenn man Niemand hat, hinterlassen möchte." „Mr. Lin hat Verwandte in England," bemerkte Twis selton.—„Sie sollen keinen Schilling von meinem Gelbe zu sehen kriegen," sagte sein Klient, eingedenk der ärztlichen Warnung, mit erzwungener Ruhe. ,Sie haben mich Alle zu Grunde gerichtet. Ich lasse mich damit begraben. Dies ist doch durch kein Gesetz verboten?"—„Nein aber das Ge heiß wird Niemand erfüllen," versetzte der 'Doktor lächelnd. „Ich erkrankte beim Rauchen einet Zigarre, die ich von Bent ley erhielt," sagte der Zigeuner nachdenk (ich. „Einer Zigarre? Haben Sie noch mehr davon?" „3a das Etui liegt in dem Zimmer, in welchem wir Wein trän# ken."—„Es wird oft in einer Zigarre ge geben," murmelte der Arzt.—„Was wird gegeben?" fragte Lin mit erstickter Stim me. „Warum antworten Sie mit nicht? Doch ich lese es in Ihren Augen. Gift! Ich wußte wtht, daß ich vergisttt bin." „Sie vergessen, daß ich mit Ihnen rauchte," bemerkte der Rechtsgelehrte mit einem unwillkürlichen Schauder. „Dieser Umstand beweist —„Beweist nichts," unterbrach ihn der Arzt. „Nur ein Dumm kopf würde alle gepfeffert haben. Ich will ,Was?" fragte de*: Ster bende. /.Sprechen wir lieber nicht von solchen Dingen," erwiederte der Ameri kaner mitj einem komischen Blick. „Es könnte aus Ihre Nerven wirken." —.„Ich will mich überzeugen," rief Lin. „Wo ist das Zigarrenetui?" Memnon wurde ge rufen und aufgefordert, es zu suchen gab sich aber vergebliche Mühe. „Beweis!" murmelte der Sterbende. „Beweis! Bent ley ist mein Mörder, und er soll mir da für hangen." „Abgeschmackt!" unter brach ihn Twisselton. „Welches Interesse könnte er bei Ihrem Tode haben?"—„Sie wissen nicht Alles," fegte Lin mit einem tiefen Seufzer. ,ßch weiß genug, um von der Grundlosigkeit dieser Bermuthung überzeugt zu sein," entgegnete derAdvo tat, welcher jede, die Sicherheit seines Klienten gefährdende Auseinandersetzung im Beisein eines Zeugen abzuschneiden wünschte. „Ich will Ihnen sagen, warum dieser Mann Ihnen Ideen von einem heillosen Spiel in den Kops se|t. Er will Sie nach Ihrem Tod?, ohne Zweifel im Interesse der Wissenschaft, seciren, und das ist kein behaglicher Gedanke." Lin schauderte. „Sie lebten ia so lange in Manchester und erinnern sich ohne Zwei sel zweier Skelette in Doktor Bellows Museum? Sie waren von zwei Brüdern, zwei Zigeunern, glaube ich, die ihr Bru der an den Doktor verkauft hatte." „Teufel! Kein Wort mehr davon!" rief Lin in furchtbarer Aufregung. „Ich sah sie dort, da« Fleisch von den Knochen ab gekratzt, die in der Hand des Auktionators klapperten, als wollten sie mich anklagen. Aber ich habe sie wieder angekauft und unter den Bäumen'begrabe«, unter denen sie als Knaben spielten." „Sie haben keinen Bruder, glaub' ich, der Sie zurück kaufen könnte," bemerkte Twisselton lang fam. „Achten Sie so mein Vertrauen, Britischer?" nahm jetzt der Arzt das Wort. „Das hat man davon, wenn man sich mit Advokaten einläßt. Wie kann ich anders dem heillosen Spiel auf den Grund kommen? lind was die Sektion betrifft, so haben nur unwissende Thoren Angst davor." „Fort mit Ihnen!" rief Lin in fast kindischem Schrecken. „Wenn ich ster bett muß, so will ich's thun wie der wilde Fuchs allein.* Vergebens suchte ihm der Amerikaner sein Vorurlheil, wie er's nannte, auszurede«. Der Zigeuner ge rieth in solche Aufregung, daß er ihm end lich den Willen that und sich entfernte. „Aber ich bin noch nicht fertig mit ihm," sagte et zu Twisselton. „Mag ihn der Advokat behalten, so lange er lebt nach dem Tode gehört er dem Doktor. Jedem das Seinige." „So, jetzt sind wir allein," sagte Lin. „Schließen Sie die Thür,"—Twisselton entsprach dieser Auf forderung, „und versprechen Sie mir, daß mir weder im Leben noch im Tode dieser Bemsager wieder in die Nähe kom men soll." „Ich verspreche eS Ihnen, wenn ich's hindern kann." „Nehmen Sie jetzt Ihre Feder und schreiben Sie." „Doch keine Anklage gegen Bentley?" —„Zunächst gegen mich selbst. Sie haben ohne Zweifel von Michael Hainan's Er eine Sühne zu leisten wünsche ich habe ihr nie etwas zu danken gehabt denn sie verachtete mich, als ich arm, und haßte mich, als ich reich war. Aber was ich Jh den mittheilen will, wirb Ihnen einen Halt an Bentley geben." „Wie so?"— „Er stahl seines Schwiegervaters Testa ment." Der Advokat versuchte, eine Miene der Ueberrafchung anzunehmen. „Und ich töbtete Michael Hainan." „Sie?" „3a doch lag dies nicht in meinet Ab sicht, als ich Bentley bei dem Diebstahl begleitete. Et hat mich in die Falle ge hetzt."—„So hätte er Sie veranlaßt, den ölten Mann zu ermorden?" tief der Ad, vokat. „Das nicht. Ich will nicht mit einer Luge auf den Lippen sterben. Ha man ertappte mich in seinen: Bureau, und ich mußte mir mit dem Messer helfen. Haben Sie alles dieS niedergeschrieben?" „Ja, und Sie müssen eS unterzeich« nen."—„Ist wirklich keine Hoffnung mehr für mich—keine? Nun, fo geben Sie her." Der Hotelbesitzer wurde herbeigeschieden, um die Unterschrift zu bezeugen. Dieser wollte acht amerikanisch wissen, was aus dem Papier stehe Twisselton aber be schwicht!gte ihn mit der Erklärung, daß der Inhalt erst nach dem Tode deS Pa» tienten bekannt werden dürfe. «Und nun dem man sie empfehlen, sich nach dem Beistand eines Manned umzusehen, der sich durch sein Leben und seinen Berus für einen solchen Dienst qualisizirt. Vergessen Sie nicht, daß eS eine andere Welt gibt, in der Sie für Ihr Handeln auf dieser Rechenschaft abzulegen haben."—„So sagen die Haus wohner, glauben aber selbst nicht daran, denn ich habe sie nie nach ihrer Predigt handeln sehen."—„Wenn sie ihre Pflich ten vernachlässigen, so gereicht dies ihren Verbrechen nicht zur Entschuldigung. Wol, len Sie feinen Geistlichen kommen lassen?" „Nun, meinetwegen, schaden kann's nicht. Will hören, was et mit sagen kann." Eine Stunde später wurde Mr. Austin in das Zimmer geführt und der Advokat entfernte sich. Wir wollen unS nicht an dem Todtenbette deS Mörders aufhalten, sondern bemerken nur, daß Mr. Twisselton nicht gestattet wurde, daS dem Sterbenden gegebene Versprechen zu halten. Das Gericht befahl die Sektion der Leiche, und die Jury erkannte in Ge mäßheit der ärztlichen Berichterstattung auf „Tod durch Gift". Die Aufregung, welche dieser Borfall veranlaßte, hatte sich noch nicht gelegt, als sich die Nachricht von der Ankunft bei Spitfire mit seiner Prise verbreitete. Bcsfie und Austin waren unter den Er- stcn, die an Bord der Schlanze eilten. Es würde schwer fein, die Freude zu schildern. S:e umarmten die gerettete Manche und überhäuften ihre Beschütze rin mit Dankeskrgüsfen und Segenswün sche», welche die kleine Frau in ihrer ge wohnten ruhigen Weise und mit der Er klärimg entgegennahm, daß sie nur ihre Pflicht erfüllt habe. Zum vollen @tinf fehlte nur der atme Sam, der in einer fast an Wahnsinn grenzenden Stimmung zu New x'lotf der Ankunft der Schlange entgegenfahl Det würdige Pastor brach noch am ftlbigen Tage auf, um ihn zu rückzuführen in die Arme feinet ihn Sehnsucht erwartenden Frqg. Siebenzigstes Kapitel. „Ol Massn Bentley! Massa Bentley! rief Memnon diesem entgegen, als er ftch voll düsterer Ahnungen dem Hotel nä herte, „sehr? stblimme Neukeit sehre schlimme ja wohl!—Massa Lin tobt giftet wie ein Ratz—sehre schlimm,Sirre!" Die Verwirrung, welche Bentley bei die ser Ankündigung zeigte, konnte recht gut für Entsetzen über eine solche Unglücks post gelten. Er faßte sich jedoch bald und fragte: „Wann ist dieses Schreckliche ge schehen?" „Bald nach Ihre Fortgang. Er rauch Sigarr er trink Wein sehte gute Wein nicht acht, was Doktor sag, und fall in seine Stuhl. Affekat ihm schneid Loch in Kopf."— „Was für ein Advokcch, Memnon?" „Twisselton, Sitte." „Wer?" „Twisselton sehre seine Gentleman, t'all Gentleman, Sirre. Er wohn im Hotel, Nummer sechszehn. Sie sroh, daß er hier, Sitte?" Bentley hörte nicht wcEer, sondern eilte noch dent an gedeuteten Zimmer, too et den RechtS- gelehrten schreibend am Tische fand. Er streckte ihm mit gut gespielter Wärme die Hand entgegen und rief: „Mein lieber Freund, die5 ist ein unetwattes Vergnü gen. Wer Henkers hätte gedacht, Sie hier zu treffen?" „Ich wäre Ihnen lieber überall sonst begegnet, als in New Or leans," versetzte Mr. Twisselton, die dar gebotene Hand nicht beachtend. „War* um?" „Weil Sie schon in einet Stunde im Gefängniß sitzen werden." „Ah," entgegnete Bknttcy, sich anstellend, als mißverstehe er ihn, „ich verstehe. Sie ha ben von meiner unglücklichen Spekulation gehört aber da läßt sich nichts ändern. Ein Schurke, den ich für einen Ehren matt hielt, hat mich cm die Nordischen berrathen. Wohl ist der Verlust zu groß, um in meinen gegenwärtigen Verhält nissen leicht verschmerzt zu werben doch die Ladung war bezahlt, und es kann auf keine Schuldhaft gegen mich erkannt wer den." „Ich spreche auch gar nicht von Schuldhast, sondern von Verhaftung we gen Mord." „Wegen Mord?" wieder holte Bentley langsam und sank auf einen Stuhl. „Es thut mir leid um Sie auf Ehre leib wegen des Namens, den. Sie tragen, und wegen der Schmach, die auf Ihre Kinder fällt. Wie konnten Sie auch so unklug fein? Ich hätte Ihnen mehr Verstand zugetraut." „Und Sie glauben an die abgeschmackte Beschuldi gung?"—„Wie kann ich anders? Lin hat vor seinem Tode ein volles Bekenntniß abgelegt übet die Ursache Ihrer Flucht aus Englaub."—„Der Elende!" —„Bst! Lassen Sie die Tobten ruhen., Ich war bei ihm, als et jene Zigarre rauchte. Er bot auch mir eine an— zum Glück wählte ich zuerst. Ein knappes Entkommen das, he?"—„Twisselton, wir kennen uns schon so lange. In welcher Eigenschaft find Sie hier?" „Als Mr. Asywns Agent, um das fehlende Testament herbeizuschaffen» Sie müssen es mir ausfolgen. Wie moch ten Sie ein so verzweifeltes Spiel bei» ben?"—„Ich darf also in Ihnen n:cht auf einen Freund zählen?" „Das wird von Ihnen selbst abhängen." „Gesetzt, ich hätte daS Testament und entspräche Ih rem Wunsch, würden Sie mich wieder alS Ihren Klienten annehmen und mir ra then?"— „Gewiß."—„Wir verstehen unS also." Er nahm ein aus dem Tische lie gendes Federmesser, schlitzte das Futter seiner Weste auf und zog Gilbert Haman'6 Testament hervor. „Nehmen Sie eS. Jetzt Ihren Rath." Mr. Tnnsselion laß bas Dokument sorgfältig, bedeckte bann das Gesicht mit den Händen und schien sich in Gedanken zu vertiefen. „Ich warte aus Ihren Rath," sagte sein Klient. „Sie sollen ihn haben von dem Freund sowohl, als von dem Advokaten. Aber zuerst muft ich Ihnen gewisse Umstände vorhalten. Sie haben Ihr ganzes Leben übet ein verlorenes Spiel gespielt mit Michael Haman, seinem Bruder und mit gebt mir ein Glas Brantwcin," sagte Lin, Ihrer Frau. Ich muß sagen, die Letztere die Feder weglegend. „Ich will wie ein Mann sterben." „Sagen Sie lieber, wie ein Hund," entgegnete Twisselton, der zwar nicht zu den religiösen Leuten gehörte, sich aber doch von diesem Begehr empört fühlte. „Haben Sie keinen ande ren Wunfch?"— „Nein."—„Ich bin zwar wenig geeignet, einer Person in Ihrer Lage zu rathen, möchte Ihnen aber doch hätte cm besseres Schicksal verdient." „War eS meine Schuld, daß ich sie nicht lieben konnte?"—„Nein Sie hätten doch den Schein wahren sollen." „Unmög lich!" versetzte Bentley. „In der Sache deS Herzens konnte ich nie lange den Heuchler machen." „Nun, Sie müssen das selbst am besten wissen. Es ist ein delikater P*nkt wir wollen ifen fallen, lassen." „Zur Sache, Man«!'' rief sein Klient unAeduldig. „Ihren Nalb „Fassen wir zuerst Ihre Lage in's Auge. Lin's Bekenntniß bezüchtigt Sie nicht nur des Testamentsdiebstahls, sondern auch der Theilnahme am Mord nach der That." „Der Schurke! Wo ist fein Bekennt niß?" „Unglücklicher Weise sind ihrer zwei vorhanden cities in meinen Hän den, daS andere, von dem Geistlichen be glaubigt, der seinem Tode anwohnte, in denen der Behörden. Et erklärt Sie in fcüiren Worten sür seinen Mörder. Die Sektion der Leiche bestätigt die Aussage, denn das Gift wurde gefunden. Vielleicht schon nach einer Stunde schleppt man Sie nach dem Gefängniß." „Ihren 9tath,f wiederholte Bentley. „Die Schmach Ihrer Hinrichtung brandmarkt Ihre Söhne."—„Ihren 9tathl" „Nehmen S i e i n W e n n S i e n o e i n e v o n e n e n Z i a e n i haben, fo rauchen Sie sie." „W-s sterben, in der Fülle der That kraft und deS MutheS? Das kann nicht Ihr Ernst sein. Bedenken Sie, wir sind viele Jahre Freunde gewesen. Geben Sie mich nicht auf in meiner gegenwärtigen KrisiS. Ihr Witz wird wohl ein Mittel ersinnen, mir aus diefer Gefahr zu hei» feit." —'„Unmöglich!"—„Kein Ausweg? ... \n\n 1 ... ... v air ... ...