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was hier vorgeht. Wir indeß können weit hinausspähen.“ Annei hörte mit tauben Ohren zu. Ihr ganzes Henz bebte vor dem Wieder sehen mit dem Vater zurück. Es war ihr tief zuwieder, ihn unter seinen rohen Spiesgesellen begrüßen zu müssen. Jetzt trat Sepp, so hatte sich der Fremde ge nannt, in die Höhle, Annei bei der Hand nach sich ziehend. „Nun rathet einmal,“ rief er den Kreis an, der um die Flamme saß, „was ich euch hier mitbringe ? Rathet Ihr einmal, alter Klaus, denn Ihr bekommt's vor Al len. Ja, reißt nur die Augen auf, alter gieriger Rabe! keinen Tabak, keinen Kirschbranntwein, keine neue Karten!“ „Nun, was denn ins's Teufels Namen, der aller ächten Pascher Vater ist,“ schrie Einer aus dem Haufen, indeß der Alte mit seinen kleinen weingerötheten Augen nach dem Eingang der Höhle hinblinzelte. Jetzt, als hätte Sepp einen Theatercoup machen wollen, drückte er sich schnell bei Seite und Annei wurde plötzlich allen sichtbar. Ein lautes Halloh brach nun los. „Das heiß' ich gut paschen! das ist besser als Tabal, das ist besser als Kirsch wasser! Schönes Dirndl, sei uns will rommen!“ Alles lärmte und schrie; eine lebendige Mauer wälzte sich zwischen Annei und ih ren Vater, der sich mit seinen schwachen Gliedern keinen Weg zur Tochter bahnen, ja nicht einmal mit der heiseren Stimme den brüllenden Chor durchdringen konnte. Wohl kam es der Annei jetzt zu Statten, daß sie derbe Hände und einen festen Muth besaß. Im Nu hatte sie die überraschten Männer, welche leinen Widerstand erwar teten, bei Seite geschoben und stand vor dem Vater. Wie stumpf den Mann auch ein Leben voll Noth und Gemeinheit ge macht, bei dem unerwarteten Anblick sei nes Kindes regte es sich mächtig in seiner Brust. Die Frage, warum sie gekom— men, drängte sich ihm zuerst auf die Lip— pen, aber ehe fie noch ausgesprochen war, hatte Annei schon beantwortet. „Vater,“ sagte sie zu dem Alten, „ich hab' lange meine Pflicht versäumt; nun komme ich zu Euch, meine Schuld wieder gut zu machen.“ Der alte traute seinen Ohren nicht. Er war der Schuldige, er hatte das Kind gleichsam ausgesetzt, ja, nicht genug, er hatte unter dem Vorwand, es wieder mit foxt zu nehmen, der Müllerin manchen Zwanziger abgeschwatzt. Und wie konnte es ibm auch nur im Traume einfallen, sich ein Kind, das er glücklich los war, wie einen Mühlstein um den Hals hängen zu wollen. Jetzt freilich war ihm die Toch ter nicht mehr unwillkommen. Groß und stark, konnte sie ihn unterstützen, ihn pfle— gen, hier oben für ihn und die Spießge— sellen das Essen bereiten, konnte, das fiel ihm zuletzt auch noch ein, Heiterkeit und Behaglichkeit um sich verbreiten. Dieses schöne Amt des Weibes, Licht und Blume selbst im ärmsten Hause zu sein, verkennt auch ein roher Mensch nicht. So wie selbst ein schlechtes Weib diese Gabe nie ganz eingebüßt, so fühlt auch ein verderb tes Gemüth noch immer dumpf diesen von der Natur geschaffenen Zauber durch. Das empfanden auch alle diese rohen Männer, als Annei in ihre Mitte trat; sogleich ward sie Herrin in dem kleinen Reiche. Der Bursche, welcher am Herde die Suppe rührte, ließ sich willig von ihr den Löffel aus der Hand nehmen ; ein Anderer, der eben die Eier in den Tiegel klopfen wollte, sah ihr voll Bewunderung zu, wie schnell sie, statt seiner, den, Schmar ren zu bereiten wusßte. Zierlich trug sie das Mahl auf und verbreitete durch ihr sit tiges Wesen einen ungewohnien Anstand über das eben noch so rohe Fest. Dennoch ersehnte Annei den Augenblick, wo die Schmuggler abziehen wüürden, die hier und dort in Dörfern und Sennhütten ihre Wohnung hatten und diese Höhle nur be— suchten, um ihre Waaren einstweilen in Sicherheit zu bringen. Endlich wurde die Höhle leer und sie blieb mit dem Va—- ter allein. Mit weiblicher Schlauheit hatte sie sich schon einen Weg vorgezeich net, wie sie den Alten zu ihren Plnen für die Zulunft bestimmen wollte. So llopf- te sie denn auch gleich an der richtigen PNforte an. „Vater,“ sagte sie, nachdem sie seinen neugierigen Fragen so viel als möglich ausgewichen war, „es muß Euch doch recht beschwerlich sein hier oben auf dem Berge. Das ist kein Weg für Euere alten Beine, und dieß Lager von Blättern kein Bett für Euern Leib. Da ist's doch unten in den Dörfern besser.“ Als der Alte nickte, fuhr sie fort: „Ich will's Euch nur gerade heraussagen : ich komme, Guch abzuholen. Wir wollen hinabziehen nach Gollingen oder Hallein. Ich arbeit' im Taglohn und Ihr helft, wo Ihr könnt. Da schlagen wir uns schon durch und sind doch unter ehrlichen Leuten.“ „Ehrliche Leute !“ fuhr der Vajzer auf, „das ist gerade der kitzliche Punkt. Na, ich mein', du mußt genug von ehrlichen Leu— ten erfahren haben, denn umsonst hast du doch nicht die Mehlkasten da unten verlas sen. Arbeiten willst du ? aber was gilt's, du bekommst vielleicht nicht einmal Ar— beit wenn's heißt, der „Lump“ der Klaus, ist dein Vater, er kann ja in's Haus kom men, um mit dir zu reden und nimmt dabei hier und da ein Ei, ein Brod oder gar ein Stück Geld mit: er kann auf's Feld kommen und stiehlt sich Kartoffeln, macht sich an den Bauern und preßt ihm ein paar Kreuzer für einen Schnaps ab. Und wenn ich's auch nicht thäte, die Furcht davor ist schon genug ; 's gibt ja viel starke Mädel was braucht man gerade dich, wo der Alte hinter dir steht wie ein Gespenst. Und du, wenn du unter die Leute gehst, wirst angeglotzt und bemäkelt. Hast in der Kirche ein nettes Kleid an, heißt's gleich: das Tuch wird wohl gepascht sein; pfui, wer möchte unrecht Gut tra— gen. Kommst an den Brunnen, wo die Mädel plaudern, laufen sie gleich weg; und gar ich, darf nicht in die Schenke ge— hen, darf keine Karten anfassen, heißt's gleich: rũückt von dem „Lump“ fort, der spielt falsch. Geächtet und verfehmt sind wir. In alter Zeit bat es Menschen ge geben, die waren vogelfrei, wiet man sagt; auf die durfte Jeder seinen Stutzen an— legen. So ist's jetzt noch, nur daß man statt des Stutzen die Zunge gebraucht, und die thut ebenso weh.“ „Ja, ja,“ stimmte Annei traurig bei, „wenn das Reh verwundet ist, steckt's sich in's Dickicht, denn der Hexrde graust vor der blutigen Spur. Aber können wir denn nicht hier oben für uns allein leben und das wüste Volk los sein?“ „Das,“ erwiederte der Alte, “wirst schon erfahren ! so ganz allein kann man nicht leben. Lieber mit den Dieben unter dem Galgen schwatzen, als ewig schweigen müssen. Da möcht' einer ja lieber ein tod— ter Stein sein.“ Annei sah ihr Schiff schon beim Aus— laufen aus dem Hafen zu scheitern. Sie beschloß, einstweilen zu schweigen und ab— zuwarten, ob ihr die Zeit vielleicht einen Ausweg zeigen werde. Tief in ihrem In— nern mochte sich auch wohl die Hoffnung regen, Mar werde sie suchen und in das verlorene Pavadies zurüekführen. Freilich nahm sie sich vor, ihn, wenn er kommen würde, streng abzuweisen. Aber gerade, daß sie sich, Wort für Wort, Rede und Ge— genrede aussann, gerade das war der beste Beweis, wie lebenskräftig die Hoffnung sich regte. In der ersten Zeit vermied sie es ängst lich, den Bergkamm zu üuberschreiten ; sie wollte nicht nach Berchtesgaden hinunter—- schauen. Und wenn der Mar vielleicht den Weg zur ihr fnde, zufällig auf sie stieße, da sollte es nicht aussehen, als sei sie ihm entgegengelaufen. Stundenlang konnte sie an dem stillen, kleinen Felsen grund sitzen, in welches das Wasser glatt wie Oel aus dem Berge fließt. Hier plãt schert kein Welchen; eben ist der kleine Spiegel und dunkel von dem Schatten der dichtverzweigten Tannen ; Farrenkraut und Valeriana-Dolden umsäumen das Becken. Kaum aber tritt das Wasser über den Felsenrand, so tobt es in rasender Wuth hinunter. An dem dmmerigen Alage, der fur ein schwermüũthiges Herz ge schaffen zu sein scheint, gedachte sie des ar men Mägdleins, von der ihr Sepp erzählt hatte. Vor vielen Jahren fuhr eine schö ne Schisferin die Pilger üüber den Koönigs- Lu remburger Gazet see nach St. Bartholomä. Das Mägd— lein hatte einen Liebsten, den wildesten Burschen in der ganzen Gegend; dem war sie im Herzen treu, mochte aber doch gern mit jedem Andern schön thun. Da kam einmal ein adeliger Junker in's Land, der war über alle Maßen fromm, was man daraus ersehen mag, daß er nicht al— lein an Festtagen, sondern an jedem Tage, den Gott geschaffen hat, sich nach St. Bartholomä rudern ließ, allda seine An— dacht zu verrichten. Der wilde Johann, so hieß jener böse Bursche, ergrimmte da— rüber so sehr, daß er seiner Geliebten Ver— derben schwur. „Rudere mich auch ein— mal in den See,“ sagte er zu ihr, „kannst du den Junker fahren, so adu auch mich.“ Als sie an der kleißen Insel „Christling“ vorüber kamen, seufzte es in den Tannen: kebhre um, kehre um! Da wollte sie den Nachen wenden, aber Jo— hann zwang sie, weiter zu rudern. End— lich an der tiefsten Stelle des Sees gebot er ihr zu halten. Zitternd gehorchte sie. Sie sah, daß er ihren Tod beschlossen hat te und betheuerte laut vor Himmel und Erde ihre Unschuld. „Das Goldring— lein,“ sagte sie, „das du mir beim Verlöb— niß gegeben, wird wiederkommen, dich zu verklagen!“ Aber Johann antwortete: „Was hier begraben ist, kbommt niemals wieder.“ Und damit stürzte er sie in den See. Nach vollbrachter That aber floh er dennoch aus der Gegend, denn die Prophe zeiung des Mädchens kam ihm nicht aus dem Sinn und hinderte ihn, den See zu befahren und dort zu fischen. So siedelte er sich auf der andern Seite der Berge, un— weit Gollingen, an. Da bin ich sicher, dachte er, dahin schwimmt mir kein Ring— lein nach. Als er eines Tages über dem Wasserfall Holz gefällt hatte, setzte er sich müde an dem kleinen Wasserbäcken nieder. Gedankenlos stierte er hinab, siehe, da spũlt etwas glänzendes heran, dicht vor seine Füße. Barmhewiger Himmel! Das ist ein Ringlein, das ist das Goldringlein der Schifferin. Dem Moörder dünkt es ein Wunder, denn damals war die unterirdische Verbindung der Quelle mit dem Königsee noch nicht bekannt. Er ging in sich, zeigte sich den Gerichten an und starb unter dem Schwerte des Nachrichters. Wenn Annei nach solchen wachen Träu— men zu der Höhle zurüückkehrte, zitterte ihr das Herz. Gewiß, der Mar hatte den Pfad endlich gefunden, er hatte das Ge— heimniß ihres Aufenthaltes ausgekund— schaftet, er harrte wohl schon ihrer. Von Ferne strengte sie sich schon an, eine Spur seiner Gestalt in dem Dämmerlicht der Höhle zu entdecken. Weh, die Stelle war leer, oder noch schlinmer, der Alte kauente in einem Winkel, nach einem herzhaften Schluck aus der Flasche von Schlafe über— mannt. Endlich ließ ihr die Sebnsucht keine Ruhe mehr. Wozu der Stolz, den ihr Niemand dankte? Keiner wußte ja um ihr Leid, vor keinem konnte sie sich mit ihrer hochmüthigen Unempfindlichkeit brüsten. Wohl, so will sie wenigstens ihr Auge sättigen. Bald ist das Bergjoch üüberstiegen und tief unter ihr breitet sich das gesegnete Thal von Berchtesgaden aus. Heiterkeit, Fülle, Ueberfluß, so weit die Blicke reichen. Den dreifach getheil ten Lauf der Acher verfolzt sie, wie man die Schritte eines Freundes verfolgt. Ihr Auge vertieft sich in die laubigen Flußthã ler, aus denen das Wasser lodend hervor blitzzt, dann irt der Blick wie ein Wande-- rer von einem weißen Häuschen zum an— dern, deren unzählige in den Wiesengrün—- den zerstreut sind, um schlßlich auf einem, dem Brennpunkt ihrer Cedanken auszu— ruhen. Der Abend dämmerte bereits, aber sie konnte nicht von der Stele. Ihr Henz hatte sich bei dem holden Anblid der Freu— de geöffnet und es dünkte ihr, der Himmel schulde ihr jetzt nach solchen Handgeld die volle Summe des Glückes ihr Mar müs se lommen. Was dann gechehen wurde, wußte sie nicht, wollte sie auh nicht wissen; Eines nur stand llar vor ihr: statt der stolzen Worte, die sie fur iht zurecht gelegt, wollte sie ihm an den Hals springen, ihn herzen und küssen. Aber Minute nach Minute zerrann. Sie setzte sich nun ein Ziel ihres Harrens: so lange noch die Sonne die höchste Felsenspide des Watz mann vergoldet, bleibe ich. Aengstlich, wie ein zum Tode Verdaminter die Körnchen der Sanduhr verrinnen sieht, folgt sie dem nach der Höhezurückweichenden Schimmer. Endlich ist er verglommen. Sie hebt den Fuß, sie setzt ihn wieder n·der; soll sie sich ein neues Ziel stecken? Wie rurh einen Zauber hält sie dieß Stückhen Ee. Da nahen sich Stimmen und tritte. Das kann Mar nicht sein, er muß ja allein kommen. Gewiß, es sind die Spießa sellen des Vaters, vielleicht gar der Sepp. der sie mit seiner rohen zudringlichen Zärt— lichkeit verfolgt. Rasch flieht sie der Höh— lezu. Wie sehr auch die Gefellschaft der Schmuggler im Anfange der Annei zu wider war, doch mußte sie zuletzt dem Ba— ter darin Recht geben, daß der Mensch den Menschen nicht entbehren kann. Be— täubte doch der Lärm die ausgelassenr Lust igkeit die arbeitenden Gedanken in ihrem Innern. Ja, der Sepp hätte ihr sogar gefallen können, wäre sie hier oben unter dem rauhen Volke aufgewachsen. War er doch schön u. groß u. tapfer, u. durfte darin den Bergleich mit ihrem Geliebten wohl aushalten. Heute gleichwohl sah sie den Sepp, der zuletzt in den Kreis trat, nicht ungern kommen. Wollte sie doch in tol— ler Lust ihren Schmerz ertrnken! Willig räumte sie ihin daher den Platz neben sich ein und duldete sogar seine vlumpen Huldi gungen. Hätte sie aber gewußt, was die— selbe Hand, die jezt die rig- dielt, vor wenig Augenblicken gethan, sie würde ibn wie ein wildes Thier von sich gestoßen ba— ben. Mar hatte die Annei in jener verhäng— nißvollen Nacht lange gesucht und war erst am Morgen todtmüde nach Hause ge kommen. Von Stunde zu Stunde er— wartete man ihre Rückkehr und glaubte, sie demũthig und reuig wiederkommen zu sehen. Aber Annei kam nicht. Durch Zureden der Eltern gedrängt, versuchte er es, das Bild der eigensinnigen Dirne aus seiner Seele zu verbannen. Die Jagd, eine Liebslingsbeschäftigung, sollte ihm zum Heilmittel werden; warum er aber bei diesen Zügen gerade immer in die Ge— gend schweifte, wo er die Annei verborgen glaubte, davon gab er sich natürlich kein- Rechenschaft. An dem Abend, wo eine innere Stimme der Annei seine Nähe verrathen hatte, war er auch an dem Ab— hange des Jenner, der hier über dem Kö— nigssee thront, herumgeklettert und nur wenige Schritte von ihr entfernt gewesen. Da kam der Sepp ihm gerade entgegen. Von innerer Unrube gedrängt, versuchte er es ein Gespräch mit dem fremden Burschen anzuknüpfen. Aber Sepp, grob wie ge— wöhnlich, antwortete auf die Frage nach der Tageszeit: „Auf alle Fälle zu spãt für mich, mit Euch zu schwätzen. Ich muß zu meinamn Schatz auf den Bergen.“ „Ist Euere Sennerin schön ?“ fragte Mar, halb unbewußt, nur eben um zu sra gen. „Keine Sennerin, aber schön, das mein' ich. Groß wie'ne Tanne und einen Mund, wie'n Alpenrösli.“ Obgleich diese Beschreibung auf viele Mädchen paßte, so fuhr es dem Mar doch idie ein Messer durch's Herz, Gott weiß, woher die Liebe, die man doch mit recht blind nennt in manchen Augenbliden so hellsehend werden kann! „Annei beißt sie,“ sagte Mar leise vor sich hin. „Woher wißt Ihr das, Bursche ?“ schrie Sepp. Nnn war er gewiß. Dem Mar kochte das Blut, drohend hob er die Faust auf. „Was soll das ?“ knirschte Jener, „was geht's Euch an? Kennt Ihr sie? wollt Ihr was von ihr ? O dann seid Ihr wohl der Mehlbub' von der Muhle drun ten, wo man sie vor die Thür geworfen hat,“ „Kerl,“ herrschte Mar, „sagt mir augen blicklich, wo sie ist!“ „So will man's mir abtrumpfen!“ schrie Sepp, „wart', du Mehlwurm ! was geht dich die Annei an ?“ In ditsem Augenblicke versezt er dem ahnungolosen Mar einen Stoß, daß dieser taumelnd das Gleichgewicht verliert und über die Felslante hinabstrzt. Sepp wendet sich rasch und ist im Nu hinter den Tannen verschwunden. „Das war Nothwehr murmelt er vor sich hinz,„so ein verliebter Grasaff' hatte doch nicht geruht, bis er unsern Schlupf winkel entdeckt und uns Alle in's Verder ben gebracht hätt. Besser. die Wespe zer treten, ehe sie sticht.“ Während er sich so l-icht mit seinem Ge wissen abfand, erholte sich Mar nach und nach von der Betõubung des Falles. Sein erster hedanke bei wiederkehrender Besin nung war: dem Nichtöwürdigen nachzuei len und einen Kampf auf Tod und Leben mit ihm m rrta Vergebes aber versuchte er sich aufzutlchten. Der eine Fuß war gebrochen, er mußte stille halten wie ein Lamm ; während der Elende jetzt vielleicht be Annei weilt, schmachtete er hier, angetettet an öder Felswand. Zorn und Schmerz fraßen ihm am Herzen. Nachdem er auf alle Andern die Schuld dieses Unheils gehãuft, wandte er sich zu letzt gegen sich selbst. Warum brauchte er auch einem Mädchennach zulaufen, das nichts von ihm wissen wollte ? Konnte er nicht auf den Rath der Eltern hören? Wollte er ihnen daß Herz brechen um einer Fremden willen? Zuletzt übertubten Schmerz und Mattigteit jede Empfindung in seiner Seele. Ernüchtert, kalt, gedan kenleer sah er die Sonne endlich hinter den Bergen aufsteigen. Der neue Tag mußte ihm Hülfe bringen und wirklich war ste nicht mehr fern und kündete sich gar lieblich an. Ein fröhliches Geläut verrieth das Nahen einer Heerde, die noch von dem vor springenden Fels verborgen war. Zu dem Glockengetoön sang eine sanfte Stim— me: Boglein in Tannenwals Vseifet so bel, Vfeift den Wale aus urden: Wo mag mein Sägie sein - Bogele im Tannenwald pfeifet so ben: Mit den letzten verballenden Tönen bog eine zierliche kleine Gestalt um die Felsen— ecke, in kurzem Röckchen und knappen Mie der, die gelben zöpfe rund um den Kopf gelegt, eine Sennerin, die auf der Heim— fahrt von den Alpen begriffen war. Dem Zuge der Thiere voran ging die Leitkuh, ein Blumengewinde um die Hörner, am Halse die große Glocke. Neben der Heer— de trabten die Sennerbuben mit den Büt— ten und Melkstühlen. Einige trugen in großen Bütten den Käse, welchen die Sen— nerin dort oben den langen Sommer hin—- durch bereitet hatte. Die Ordnung des Zuges aber löste sich auf, sobald das Md— chen den hüülfebedürftigen Jüngling ge— wahrte. Nach manchem Klagen und Fragen mußten die Buben eine Tragbah re von Zweigen herrichten, auf der man den Erschöpften in's Dorf hinab trug. An einem stattlichen Hause, nahe dem Salzwerke, hielt der Zug, und bei diesem Anblick wurde es dem Mar plötzlich klar, wie wunderlich das Schicksal mit ihm ge spielt hatte. Das war ja das Haus des Riedelbauern, und diese mitleidige Kleine mußte also Refi sein, die er seit seinen Kin derjahren nicht mehr gesehen hatte, da sie lange in Hallein bei einer Base lebte. Also dieß war jene Resi, die Vater und Mutter ihm so oft gepriesen. Mar wurde n dem Hause des reichen Bauern gepflegt wie ein Fürst, und Vater und Mutter jöhnten sich bald mit dem Unfall aus, der lang gehegten Wunsch ganz von selbst Reife brachte. Den Mar hatte in Folge seiner Körperschwäche eine sanfte, weiche Stimmung überschlichen, die ihn empfind sam und nachgiebig machte. Die zarte Pflege der Resi, ihr Freundliches Wesen mit Eltern und Hausbewobnern, vor Al lem die arglose, hingebende Liebe, welche sie ihm bewies, hatten ihn tief ergriffen. So von den Eltern gedrängt, sprach er endlich ibr gegenüber das entscheldende Vort. Ju kurzer Frist sollte nun die Hochzeit gefeiert werden. Sepp kündete der Annei, von der er in der ersten Zeit je de Botschaft aus dem Thale fern zu hal—- ten wußte, die bevorstehende Hochzeit end lich selbst an. Die Nachricht wurde mit einer Menge boshafter Zusatze verbrãmt. Aber der Entschluß, dem er vor Allem har te vorbeugen wollen, wurde dennoch se gleich von der Annei gefaßt und ausge sprochen. Sie wollte, sie mußte jept /in's Dorf hinunter. Dieß wollte Sepp um jeden Preis hintertreiben. Schluß folgt) 2 vom - Jorter „Er preß“ hat eine Reise um die ette ten. iia College!“ 5000 „Ebstonen“ *