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FSeuillelon. De - 7 Sünders Entlarvbung am Römergrabe, oder: „Mensch bedẽnle das Ende!“ —o Ein Charakter-und Sitttenge-- mälde aus unserer Zeit. von Edunard von Ambach. (dortseung.) „Mensch! sündizen Sie nicht auf meine Güte, und unterlassen Sie Scherze, wenn Sie mich wüthend sehen, denn auf's! Höchste · getrieben, stelle ich mich einer ganzen Hölle gegenüber, um wie viel mehr einem Menschen, derin mit einem Griffe wie Glas zer reche.“ : Der Alte kaute an den Lippen, trat aber dieß Mal verblüfft einen Schritt zurück, denn an den ausgedehnten Nüstern Wind-- heims, wie an seinem wilden, Verderben drohenden Blicke, sah er nur zu deutlich, daß dieser in einer Stimmung sei, die ihn zu Allem fähig mache. Wie ein wildes Thier, das seinen engen Zwinger mit tückischer Wuth durchschreitet, schritt der Graf in dem Zimmer auf und nie der. „Schutzengel!“ lachte er plötzlich. „Ammenmährchen, Tollheit! Ich habe mich bei manchen Personen“, rief er in frevel haftem Uebermuthe aus, „von der Abwe— senheit ihrer Schutzengel überzeugt, und ich wäre wirklich lüstern, die Macht eines sol— chen behütenden Geistes ein Mal zu em— pfinden. Dann zegt auch ich den Hut, wenn ich an einer Kirche vorüber ginge; bis dahin aber lasse ich ihn fein sitzen, weil ich nie etwas, was einer göttlichen Strafe gleich sah, empfand und in der ganzen Bet- und Kirchengeschichte nichts weiter, als eine listige Gaulelei ersehe, wodurch Hohltöpfe sich kirren lassen.“ In dieser gottverlassenen Weise eiferte Windheim noch lange fort, ohne nur im Mindesten daran zu denken, daß jedes die ser Worte von einer gewaltigen Hand in das Buch der Vergeltung eingetragen wer de, und daß die Vorsehung vor der Zeit ein schreckliches Gericht über ihn hereinbre qhen lassen könne. Ein minutenlanges Schweigen trat ein. Da faßte der Geheimschreiber endlich wie der ein herz und sagte, jedoch in respelt vollem Tone, wie es sich für den Diener dem Herrn gegenüber geziemt: „Wenn es mir erlaubt ist, so frage ich, wie viele Pläne schlugen Ihnen schon fehl? ai uele Ihrer Wünsche blieben unbefrie gt?“ „Keiner“, antwortete der Graf stolz, „denn ich wünschte nie etwas, was mir zu erreichen unmöglich gewesen wäre.“ „Gut; weßhalb aber“, bemerkte demü—- thig der Geheimschreiber, „verzagen Sie jetzt bei dieser geringlugigen Sache, wo es sich nur darum handelt, die Neigung einer jungen Dame zu erringen, die überdieß ih ren Vater über Alles liebt, und bereits so viel Einsicht gewonnen zu haben scheint, daß dieser geliebte Vater, ohne die Verbin dung mit Ihnen, in einer Fluth von Sthulden untergehen muß.“ „Glauben Sie denn“, fragte jetzt Wind— heim in milderem Tone, daß es mit Baron Schaumberg wirklich so schlecht steht? Sein Aufwand ist doch ein so bedeutender, sein Luxus oft übertrieben, und ich halte den Baron wuhrlich für zu klug, handvoll weise das Geld hinaus zu werfen, wenn er wirllich seine Lage kritisch fände.“ „Das geschieht aus Verzieiflung“, be merkte der Geheimschreiber; „er will sich vor Ihnen keine Bloöße geben, und hofft wahrscheinlich nebenbei, daß durch Luciens Verehelichung mit dem als reich und mäch tig bekannten Grafen Windheim sein Cre— dit wieder hergestellt werde.“ „Mein Lieber, Sie lönnen sich aber auch irren, denn so lange in dieser Sache keine Gewißheit erlangt wird, ist Alles Problem, was man darüber. spricht.“ „Allerdings“, lächelte tückevoll der Alte. „Wenn man sich aber diese zu verschaffen gewußt hätte ?“ „Wie! Sie bätten —?“ „Ja, ich habe das gethan; ich habe es gewagt, auf die Gefahr hin, Ihre Gnade auf immer zu verlieren. Gnade, Herr Graf, Gnade!“ Bei diesen Worten warf sich die listige Schlange Windheim zu Fü— ßen und blickte mit u Geberde zu ihm auf. Das war das erste Mal, daß der Graf diesen unbeugsamen trotzigen Geist in einer solchen Stellung vor sich sah. Es mußte etwas Aubergtwbtnlihet geschehen sein, was diesen bewegte; eine große Schuld mußte auf ihm sen „Stehen Sie auf, stehen Sie auf!“ rief der Graf, „denn ich bin nicht gewohnt —“ „Mich vor ihnen knieen zu sehen.“ . „Ja, das weiß ich“, fiel ihm der Knieende in's Wort. „Doch dieß Mal fühle ich, daß das, was ich that, wirklich gewagt ist.“ „So reden Sie“, befahl der Graf in ängstlicher Spannung. „Sie erschrecken mich; doch bei Ihrer steten Klugheit und Berechnung kann ich Ihnen doch keinen tol len Streich zutrauen.“ „Nun, so erscheint Ihnen der etwa als toll“, stotterte der Geheimschreiber; „doch meine Absicht war eine gute“, gelobie er, drückte wie bei vorkommenden Fällen blin zelnd auf die Thränendrüsen, und wie im— mer wurde der Erfolg mit ein paar Zähren gelrönt, die an seinen röthlichen Wimpern zitterten. „Zur Sache, zur Sache“, rief der Gra jetßzt ernstlich, und der Eett d ral sprach mit erstickter Stimme, denn wie die Thränen, so lonnte er jere beliebige Re gin affeltiren: „Ich habe 350,000 hanc in Bantnoten aus Ihrer Kasse genommen.“ „Wie ! Sie sahlen nid fuhr der Graf mit zornglühendem Gesichte auf. „Hören Sie mich an, gnädiger Herr“, flehte der noch immer L oeei „Ich hoffe Sie zu versöhnen.“ „Gott verdamm' mich; da bin ich neu gierig!“ rief der Graf gereizt. „Erklären Sie kã rasch und deutlich, denn ich fühle, daß mir die Geduld reißt.“ „Ich ecfuhr“, begann der Geheimschrei ber mit einer wahren Armensündermiene, „daß der Baron Schaumberg dieses Jagd schloß, nebst den umliegenden Gründen um 250 000 Francs einem Bankier verpfändet habe, der, wie man mir sagte, die Ver schreibung gerne vor der Zeit zu Geld ge macht hätte. Ich öffnete ihre Kasse, und kaufte dieselbe.“ „Wo ist die Verschreibung ?“ ‘ „Hier!“ Der Selretär griff in seinen abgetragenen Rock und reichte dem Grafen ein zusammengelegtes Papier.. Mit zitternder Hast entfaltete es dieser. Eine wilde Freude leuchtete bei dem Durch sliegen der Zeilen in seinen Augen, und als er nun das Gesicht, über das Papier hin—- weg sehend, dem Geheimschreiber zuwendete, war der Ausdruck des Zornes ganz daraus verschwunden. „Wenn ich recht gehört habe“, sagte der Graf in recht gütigem Tone, „so rannten Sie vorher die Summe von 350,000 Fres. Diese Verschreibung ist aber nur für 250,- 000 Francs. Die weitern 100,000 —?“ „Schuldet Baron Schaumberg zwei Privatmännern; einem siebenzig dem andern dreißig Tausend. Hier auch diese Schuldscheine mit Siegel und Unter schrift des Barons versehen. In beiden ist sein Ehrenwort verbürgt, zur festgesetzten Frist sie einzulösen.“ Wieder griff der Alte, der noch immer kniete, in seine Tasche und gab zwei fernere Papiere an den Gra— fen ab, der nach kurzem, flüchtigen Lesen ein „vortrefflich! ausgezeichnet!“ heraus stießk. Wie man sich zu einem Freunde wendet, wendete er sich dann an den Knie—- enden, hob ihn fast zärtlich auf, drückte ihm beide Hände, und rief: „Auf meine Ehre, das ist der genialste Streich, den Sie je ausgeführt, und damit Sie bei diesem Ge— schäfte nicht leer ausgehen, so haben Sie am Einkassirungstage nur 300,000 Francs meiner Kasse zu geben. Die 50,000 gehö ren Ihnen. Nun, sind Sie mit mir zu-- frieden ?“ lächelte der Graf großmüthig; als. er aber sah, daß dieses so bedeutende Geschenk nicht den leisesten Ausdruck der Freude in dem Gesichte des Geheimschrei bers errege, sagte er etwas ungehalten: „Ich dächte doch, daß 50,000 Francs ein Wörtchen des Dankes verdienten.“ „Aber Herr Graf“, stotterte der Selre— tär, neuerdings den Besturtien spielend, Lich muß ja wiederholt fürchten, daß die ganze Schwere Ihres Zornes auf mich fal len wird, denn ich bemerle mit Schrecken, daß der Herr Graf am Zahltage auf die Summe rechnen; ich aber nahm das Geld aus Ihrer Kasse in der Absicht, daß Sie dem Baron, der erstaunt sein wird, in Ih nen seinen bedeutendsten Gläubiger zu er—- kennen, die Zahlüng erlassen sollen. Herr Graf, wenn das Luciens Neigung nicht wirkt, so mögen sie mich in Oel sra las sen, wie es die Heiden dem heiligen Vitus thaten. Natürlich meine ich nicht, daß Sie die so beträchtliche Summe ganz und gar verschenken sollen, denn es däucht mir groß müthig genug, dem über und über ver— schuldeten Baron während eines Jahres eine gänzliche Erholung zu gönnen, und ihm dann Zahlungstermine einzuräumen, welche die Möglichkeit seiner urtumen nicht übersteigt. Das heißt mit andern Worten, Sie retten dem Baron seine Be—- situng und die Ehre, denn würde er für diese drei Forderungen, die noch obendrein durch einen verhängnißvollen Zusall an ein und demselben Tage fallen, Zahlung lei— sten, so wäre der lezte Sprosse der Schaum berge bankerott.“ „Fünfzig tausend Francs habe ich Ihnen zugesichert, und zum Beweise, daß ich unter allen Umständen Wort halte, gebe ich Ih nen die Erlaubniß, diese Summe aus mei—- ner Kasse zu nehmen. Ihre Spelulation, die Sie bei dieser Sache auf Luciens Ge—- müth machten, ist vortrefflich· Ha! es wird Sensation erregen“, rief det stolze Graf, indem die unreine Freude des Ueber muthes ihm das Gesicht dunkelroth färbte. „Wann Freund“, fragte er dann rasch, „dämmert dieser gottvolle Tag herauf ?“ „Es ist der siebente November. Ueber— morgen haben wir den ersten“, sprach mit vor Frude bebender Stimme der Geheim-- schreiber, der über die großmüthige Schen kung fast außer sich kam. Der alte Mensch wurde plötlich so beweglich, als sei er um dreißig Jahre jünger geworden. Er um— hüpfte und umtanzte den Grafen, und seine Dantsagunge war ein völliges Stegreifge— icht. Graf Windheim würdigte die Gesten, die der Beschenkte im sinneberauschenden Taumel der Freude machte, keines Blickes. Starr schaute er vor sich hin, und in seinem genqte malte sich eine unheilige Entzüückung ab. „Also noch neun Tage?“ rief er, einen gepreßten Seufzer ausssoßend. „Ich gäbe tausend Dukaten, wenn ich die Zeit, die zwischen dem ersehnten, für mich so glorrei chen Tage liegt, mit einem Federzuge aus dem Kalender streichen dürft-. Vide Zeit wird sich für mich zu einer lleinen Ewigkeit ausdehnen. In was soll ich Zerstreuung finden? In was? Reden Sie, Sie Gold— mann, der für Alles Rath zu schaffen weiß reden Sie!“ „In dem Umgang mit Lucie“, lächelte der Geheimschreiber, „denn da Sie sagen, Sie vermissen bei dem Fräulein ganz und gar eine Neigung für Sie, so ist es vielleicht nur ganz allein 3 Schuld. Sie stehen ir immer so Hrubiens gegenüber, wie ein age seiner gerrin. und das däucht mir, sei ein ungeeignetes Benehmen, um zum Ziele zu gelangen. Die Damen sind in diesem Punkte eigen, und wenn sie auch selbst überall die personificirte Tugend vor stellen, so lieben sie es des wenn der, der ihr Gatte werden soll, nicht aluia- und ängstlich thut. Sehen Sie einmal eine Dame an, wenn E mit der Vertrau— ten von dem Freunde ihres Herzens spricht, und ihr unter leisem Erröthen gesteht, daß Zuxemburger Gazette. er ein Wildfang und ein heftiger Mensch mit einem unbeugsamen Willen sei. Sind Sie nun, während einer solchen Beobach-- tung, ein Bischen Menschenlenner, so wer den Sie unschwer errathen, daß die Dame, obgleich sie sich über den Freund bellagt, doch innig verguia ist, ihn so schildern zu können. Verbannen Sie also Ihre allzu große Ehrfurcht, und sind Sie mehr natür lich, mehr dreist. Kurz, nähern Sie Sich ihr, auf Gesahr sie zu erzürnen, und sehen Sie sie dann wirklich entrüstet, so denken Sie, es sei nichts weiter als Schein und Ziererei. Verdoppeln Sie dann Ihren Muth, und Sie werden bald am erwüünsch-- ten Ziele anlangen. Wenigstens werden Sie dem Fräulein näher kommen, und er— fährt Sie dann die Großmuth, die Sie ge en ihren Vater üben, so ist sie Ihnen mit ha und Seele ergeben, und bittet Sie gewiß mit Thränen in den Augen um Ver-- gebung, Sie so gleichgültig behandelt und sehr verkannt zu haben.“ „Auch hierin haben Sie vollkommen meinen Beifall“, jubelte der Graf, des Er folges von diesen gemeinen Rathschlägen im Voraus überzeugt. „Aber sehen Sie“, sagte er mit verdrießlicher Miene, „so oft ich Lucien gogenüberstehe, hält mich immer ein unbekanntes Etwas von ihr zurück. Ihr ernster Blick übt eine eigene Gewalt über mich aus. Wie gesagt, sie beherrscht mich vollkommen.“ „Ei, ei! Da möchte man ja doch an ei— Schutzengel glauben“, lächelte der schlechte Rathgeber, indem eine gotteslästerliche Ironie sein häßliches Gesicht abschreckend verzerrte. „Osft hörte ich sagen“, schwatzte er dann fort, „daß man verloren sei, wenn man sich bei einem Duelle durch den Blick des Gegners verwirren lasse; da aber der Herr Graf bei solchen Vorkömmnissen fast immer den Sieg davon trugen, so muß ich annehmen, daß solche Blicke Sie nie viel genirten. Wie können Sie sich nun von dem Blicke einer Jungfrau beherrschen las-- sen? Das ist ja, mit Ihrer Erlaubniß ge— sagt, eine lächerliche Schwäche.“ „Sie haben recht“, lachte der Graf, „es wird nicht mehr vorkommen. Ich brenne wirklich vor Begierde, das stolze Fräulein von dem Gegentheile meiner Bloödigkeit zu überzeugen, und es ist nur fatal, daß ich sie nie an einem einsamen Orte sprechen kann.“ „Dank meiner Aufmerklsamteit“, schmün zelte der listige Schwätzer; „auch hierin weiß ich Rath “ „Wie! Sie ?“ fragte der Graf rasch. „Ja ich, der Alles beobachtct, und dem auch das unbedeutend Scheinende bedeut sam scheint.“ Diese Worte sprach der Selretär mit einem gewissen Stolz, trat seinem Herrn mit einem Schritt näher, und flüsterte so leise als fürchte er gehört zu werden: „Das Fräulein geht alle Abend zwischen sechs und sieben in den Garten, wählt sich dort die abgelegensten, von Baumgruppen- schweigsam beschattetsten Plätze, und kehrt erst, wenn sie saitsam ih ren Gedanken nachgehangen, bei völligem Duntkel wieder in das Schloß zurück. nd da sie bei dieser Promenade nie eine Be— gleitung mitnimmt, so meine ich, daß sich der Herr Graf über das Günstige einer Gelegenheit nicht zu bellagen haben dürfte.“ „Ich weiß genug“, unterbrach ihn dieser. „Lassen Sie mich nun allein.“ Der Se— kretär verbeugte sich und ging. In einer ungemeinen Aufregung brachte der Graf den Tag über die Zët zu. Plan— los trieb er sich in der nächsten mgebung des Schlosses herum. Bisweilen dürchrie selten unheimliche Schauer seinen Leib, und als er die Stunde sich nähern sah, in wel« cher Lucie in den Garten zu gehen pflegte, lehrte er auf sein Zimmer zurück. Dort schloß er sich ein, denn er fühlte, daß ihn die unschuldigste Frage, die bloße Stimme eines Freuudes erzürnen würde. Er griff nach einem Buche, und versuchte zu lesen. Allein sein Blick glitt unsicher über die Seiten hinweg. Er las Silben und Worte, allein Alles abgerissen, ohne Zusammen— hang, und warf endlich sein fruchtloses Mühen einsehend, das Buch hinweg. Sein Blut wallte, und nun stoörte er den friedli chen Gang seiner Uhren. Er machte und rückte in kurzen Unterbrechungen immer an den Zeigern, so daß sie um fünf Uhr drei Viertel auf Sechs zeigten. Nun sagte er sich, es sei Zeit in den Garten zu gehen, und gleich darauf durchwandelte er die Lautlunne desselben. Doch nein; es war lein Wandeln, es war ein Schleichen, ein ängstliches Spähen, wie es ein Mensch macht, der ein finsteres Werlk auszuführen gedenkt, und jede Sekunde fürchtei, daß man ihn entdecken lönnte. Unter hämmerndem Herzpochen schaute er unablässig nach dem eisernen Gitter hin, das nach dem Schlosse führte. Da drehte sich knarrend das alte Uhrwerk in dem klei nen Thurme des Jagdschlosses, und der Graf zählte fünf helle Schläge. Diesen folgten fünf dumpf nachdröhnende. Es war klein Zweifel mehr; er hatte sich um eine Stunde geirrt. Er ärgerte sich darü ber, es seine Taschenuhr, der er ebenfalls vorhin eine falsche Richtung gegeben, und stellte die Zeiger um eine Stunde zurück. Dann ging er unruhig auf und ab, und jede Viertelstunde, die endlich hinschwand, diugte ihm entsetlich lang gewährt zu ha en. Nach und näch neigte sich der Tag denn doch zum Ende. Das Laubwerk des Gar tens, auf das noch eben das verglimmende Abendroth einen brennenden Schimmer trerl- gruppirte sich in dichte Massen, ie nach und nach eine undurchsichtige Schwärze annahmen. Nun olue es Sechs. Wieder zog der Graf seine Uhr, die in diesem Augenblice die nämliche Stunde anein und mit hel len Silberklängen repetirlk. Er erbebte, und nun fiel jede Sekunde mit dem Gewichte eines bleiernen Hammers auf seine Brust. Die Stimme der Thurmglocke sprach wie ein ernsier Mahner zu seinem Gemüthe, in dem sich jeht das leßte Aufflackern der ster benden Tugend regte. Das boöse Prinzip, das jedoch seinen Einfluß schon seit des Grasen Knabenjahren auf ihn äußerte, er qticte dieses Gefühl im Aufstuuchen schon, und mit verhülltem Antlitz sor sein guter Geist, der ihn bis jetzt noch immer vor dem gänzlichen Verderben geschützt. Stoßweise brach nun das Dunkel auch auf jene Plätze herein, die bis dahin noch helle geblieben, und noch immer suchte des Grafen Auge vergebens nach dem leise rau schenden weißen Kleide, das Lucie heute trug. Der geringste Laut des Windes, ein kaum merkbares Säuseln im Laubwerlke, berührte ihn wie ein eleltrischer Funke, und triebihm den Schweiß auf die Stirne Wiederholt ging er nach dem Eisengitter hin, drückte immer mehr erglühendes Gesicht an die kalten Eisenstäbe, und als es endlich mitten in diesen Schwellungen und Krämpfungen, in welchen des Grasfen Herz sich befand, von dem alten Schloßthurme herab Sieben schlug, so glaubte er nicht mehr, daß Lucie sich einfinden werde. Schon streckte er die Hand nach dem Gitter aus, um es zu öffnen, in der Absicht auf sein Zimmer zurückzulehren, als ihm die Luft, die seit einigen Minuten mit stärkerm Hauche durch das Laubwerk blies, ein Ge räusch zuwehte, das durch das Oeffnen ei— ner Thüre verursacht wurde. Bützschnell drückte sich der Graf in das Laubwerk. Seine Schläfen pochten gewaltig, Wolken glitten vor seinen Augen vorüber, und als er jetzt dieselben anstrengte, um durch das Dunkel zu spähen, und über die Wendel— treppe, die in den Schloßhof führte, eine weiße Gestalt niederschweben sah, überkam ihn ein nervöses Zittern. Kaum vermochte er, sich auf den Füßen zu erhalten. Einige Augenblicke darauf erschien die weiße Ge stalt vor dem eisernen Gitter, öffnete es, und trat ein. Jetzt tauchte der Mond aus dunkelm Ge wölke empor, das ihn bis jetzt verhüllte, und der Graf mußte sich Gewalt anthun, einen Ausruf freudiger Ueberraschung zu unterdrücken, denn die Gestalt es war Lucie von Schaumberg, schwebte durch das bethaute Gartenland gerade jenen Büschen zu, hinter deren meist blätterlosen Gestrüppen er sich völlig unbeweglich uud stumm vergraben hatte. Das bleiche Haupt des Fräuleins war geneigt, wie die Krone einer schlanken schö— nen Weide, und ihr Gesicht trug das Ge— präge eines tiefen Seelenwehes. So geräuschlos als möglich verließ der Graf sein Versteck, und schlich mit angehal—- tenem Athem immer hinter dem Fräulein her. Einige Male blickte er nach dem Schlosse zurück. Eine tiefe Stille waltete dort. Im ersten Stocke war nur mehr das Schlafzimmer des Barons erltuchtei und im Erdgeschosse die Dienerstube matt er hellt. Der Graf hatte sonach von dort her keine Ueberraschung zu fürchten, und da auch Lucie einen Weg einschlug, der so von dichten Zweigen überhangen war, daß am Tage hier ein beständiges Dunkel wal tete, so schien sich Alles zu seinen Gunsten zu gestalten. Endlich erblickte er, an dem Ende dieses Laubganges angelangt, die Umrisse eines antiken Gemäuers, anf das der Mond ei— neu falben Schimmer warf. Sanduhren, Zeitsicheln und Todtenköpfe waren als traurige Sinnbilder an dem eisernen Thore angebracht, das in das Innere desselben führte. Vor diesem Thore blieb. das Fräulein stehen, drückte auf eine geheime Feder, die nur der Kundige finden konnte, und trat ein. Der trübe Schein einer matt flackern den Lampe, gleich jenen, die neben einer Leiche brennen, ließ, als bie Thüre aufging, das Innere dieser unheimlichen Halle in dämmernden ungewissen Formen sehen. Leise schlich der Graf, nachdem er einige Minuten gewartet, zu der halb offenen Thüre hin, streckte den Kopf vor, und ein feuchter, sonderbarer Geruch widerte ihn an. Er konnte nichts mit Sicherheit unterschei den, denn diese Halle dehnte sich gar weit und lang aus. Im Hintergrunde aber meinte er, den weißen Schein von Luciens Gewand zu erkennen. Er erglühte; seine Pulse pochten immer unreine Gedanken zogen durch sein verdorbenes Gemüth, und als er jetzt eintrat, wurde sein Athem so gepreßt, daß es ihm einige Au—- enblicke zu Muthe wurde wie einem Er— sidenden, Die Halle trug die Farbe der Trauer, denn sowohl die Wände wie auch der 80- den waren mit schwarzen Tüchern ausge schlagen, die den Schall der Tritte dämpf ten. Offenbar war dieses Gewölbe eine Art Kapelle, und jeder Andere als der Graf würde einem frommen Wesen in der Feier stille eines geweihten Ortes zum Gebete Ruhe gegönnt haben. Diesem Elenden aber war, wie schon erwähnt, nichts heilig, und es hatte für ihn etwas Pilantes, ein Mal so recht zu erproben, wie groß die Macht jener Schutzengel sei, die der Aber glaube, wie der Graf meinte, frommen Wesen beigebe. Er glaubte ein leises Weinen, ein Schluchzen zu vernehmen. Er lauschte, und vernahm nun wirklich, ein Stoöhnen des Schmerzes. Geräuschlos tappte er an der Wand hin, und erblickte endlich bei dem trüben Scheine der Lampe, die an ei ner eisernen Kette von der Mitte des Pla—- fond niederhing, Lucie. Sie saß neben einem Gegenstande, der einem Kasten, obgleich von sonderbarer Form glich. Ihre Augen waren, durch ein mit Eisenstäben vergittertes Fenster schau end, zum Nachthimmel aufgeschlagen. Dort folgte ihr Blick einer weißlichten Wolte, die durch den Mondschein hinsegelte. Ihr aufgeregter poetischer Geist verglich die Form der Wolle mit einem zum Him-- mel emporschwebenden Schatten mit dem Geiste ihrer abgeschiedenen Mutter. Thränen glänzten an den Wimpern der Ihre Hände waren gefaltet, und ihren Lippen, die sich kaum merklich in leisem Gebete bewegten, entrang sich von Zeit zu Zeit ein lgluqeender Stöoöhnen. Jeht faßte der Graf, dem dieses Schwei gen immer unerträglicher wurde, ein Herz, und eilte mit dem Ausrufe auf sie zu: „So bin ich endlich doch so glücklich, Sie einmal allein und ohne lästige Zeugen und Hor cher sprechen, und Ihnen das sagen zu lön nen, was ich nicht Unter in meinem glü-- henden Herzen verbergen vermag. O Fräulein o Lucie !“ Er strecte die hande aus, um sie anzufassen, taumelte aber in demselben Auenbliat. von eisigem Schauer ergriffen, zurück. Lucie, die bei dem ersten Laute, den der Graf ausstieß, zusammenschrack, sich aber schnell wieder faßte, öffnete in dem Momente, in welchem dieser den Arm um sie schlingen wollte, mit einem raschen Stoße der Hand den sonderbaren Kasten, vor dem sie saß, worauf eine durch Einbalsamirung erhal-- tene Leiche vor des Grafen scheuein Auge sichtbar wurde. Die wachsgelben vertro—- neten Hände derselben hielten, über dem weißen Todtenhemde gekreuzt, ein silbernes Kruzifix, und ein betäubender Wohlgeruch stieg nun aus dem geöffneten, von Maha oniholz zierlich gesormten Sarge auf, den Vinddaa zuvor für einen Kasten gehalten. Lucie, die jett erst, in dem Gefühle an so einsamer Sttte mit diesem Wüstlinge al— lein zu sein, das Drohende ihrer Lage er— kannte, brach fast zusammen. Schon erla gen ihre auf den htsen erigreun Augen einer abspannenden Müdigkeii, als sie ver— mittels einer höchsten Anstrengung von Willen und Würde ihre Verwirrüng desieg-- te, auf die Leiche deutete und, sich verbeu-- gend, die Worte sprach: „Herr Graf, meine Mutter!“ Auf diese Art machte Lucie durch einen Gedanken odon seltenem Zartsinne ihre Mutter, so zu sagen, zur Theilnehmerin an dem, was hier geschehen sollte. Der Graf war so überrascht, daß er kein Wort zu sprechen vermochte, denn in dem erhabenen, religiösen Gesühle: der Geist meiner Motter ist mir nahe! richtete die Jungfrau ihr Auge so strenge und würde voll auf Windheim, daß dieser den sonst so frechen Blick senlte, und mit einer stum— men Verbeugung sich entfernte, welche die ganze Größe seiner Bestürzung verrieth. Der fieberhaft glühenden Hitze, die vorhin seine Adern durchzubrennen schien, war jene eisige Kälte gefolgt, wie sie der kühne Stei— ger in der Region der Gletscher empfindet. Verstörten Blickes durcheilte er den Laub gang, in dem ein zum Gretfen dichtes Duntkel herrschte. Jetzt streiste etwas mit kaltem Hauche sein Gesicht, es rauschte über seinem Kopfe. Entsetzt blickte er auf, schaute in ein Paar flammende Augen, die über ihm schwebten, und stürzte, wie von der Wucht gewaltiger Sireiche getroffen, zusammen. Das Phantom, das er geschaut, war nichts weiter als eine Mauetreule, die ir— gendwo hier nistete, und, von seinen Trit ten aufgeschrecki, sich über seinen Kopf hin schwang. Sonderbar! so etwas hatte der Graf nie enrsunden. obgleich er schon ost beim Mondscheine Eulen und Fledermäuse schoß. Wie kam es, daß er jetzt so glühende Sliche im Gehirne und eine so eisige Schauerlälte im Herzen und in den Adern fühlte? Es mußte doch eine Macht geben, die diesem frechen verwegenen Wildfange eine so ent nervende Furcht einblasen konnte, der noch kurz zuvor so lebensglühende Wünsche ge hegt. Ja! es gab und es gibt diese Macht. Es ist die Macht des Herrn, der die beteude Unschuld vor dem erglühenden Verführer schühte, und ihm das Mark im Gebeine durch das Empfinden der Anwe—- senheit einer übernatürlichen Macht erkläl tete, vor der die seinige so winzig erschien, wie die des Schmetterlingets gegen die des Sturmwindes, bei dessen Anwesenheit die-- ser nie zu fliegen und sich aufzuschwingen vermag. ; Zum Bewußtsein zurückgekehrt, floh der Grakf, sich selbst ein Räthsel. Er stürzte durch den Garten, floh die Stiege hinauf und schleppte sich auf sein Zimmer. Ungemein erschöpst warf er sich hier auf ein Ruhebett. Er fühlte einen Schwindel, eine Art Betäubung und gestand sich unter einem wilden Fluche, daß er während die— ses Abends zum ersten Male etwas in sei— nem Leben empfand, was er geneigt sei, für die Macht eines höhern Vesens zu hal tin. An allen Gliedern ermüdet, schlief er bald ein. Dieser Schlaf aber war kein süßer, kein erquickender, denn immer sah er das ernste Teprtentln von Luciens Mut-- ter, wie er es in der Kapelle im Schreine geschaut. Er stöhnte, und seine Glieder krampften sich. Plotzlich neigte sich auch die Gestalt des von Eschenau in sein Traumleben herein. Sie war blutbesudelt, und um den Hals derselben hing Hassans Lasso. ; Mehr als die Augen der Eule im Garten erschreckte ihn der starre Blick des von Esche— nau. Etr erschien ihm wie im Tode ver glast. Das war« ciehr, als er ertragen konnte. Er schwang sich mit einem ragen Rucke aus dem Bette, und sein heulendes Angstgeschrri durchdrang alle Gemächer des Jagdschlosses. Die Thurmuhr verkündete Mitternacht, und als der Graf, bei dem leßzten Schlage aus dem Traume erwachend, die Augen aufschlug, erblickte er den Baron und mehrere Diener um ihn versammett. Mit bestürztet Miene umstanden sie den am Boden Liegenden, der sich mühsam von den Teppichen aufraffte, zu lächeln ver— suchte und in erzwungenem Scherze sagte: „Schwere Träume kommen von dicdem Blut morgen werde ich mich zur Ader lassen.“ (dortsehung folgt.) Boshaft. Herrin, zur Köchin gewendet: „Da Sie ungezogen gegen mich waren, lkönnen Sie ngeret hier ist Ihr Lohn!“ Köchin: „Ganz recht!“ (sie wirft dem Hunde einen Dollar hin.) „Da, Hel tor, hast Du auch Deinen Lohn!“ Herrin: „Was heißt das?“ Köchin: „Der Hund hat den Dollar redlich verdient; seit ich bei Ihnen bin, hab' jch leinen Teller gespult; die hab' ih immer vom Heltor ablecken las en.“ Ein in literarischen Kreisen nicht unbelannter Herr wurde dem Papste vor gestellt. Der heilige Vater sprach ihn mit den Worten an: „Sie sind Amerilaner; sind Sie Katholil oder Protestant ?“ „Hei liger Vater,“ antwortete unser Freund, „ich bin weder Katholik, noch Protestant; ich bin Journalist.“ Seine Heiligleit wendete sich lachend zu dem Nächststehen den. Heid auf der Hut! Der Erfolg, dessen sich die Hamburger Fami—- lien-Nedizinen und das St./ Jalobs Oel er freuen, bewog gewisse Leute Mixtuten auf den Martkt zu bringen und unter dem Vorwande an zupreisen, daß es „ganz dasselbe“ oder „gerade so aut“ oder „von ähnlicher W tunt sei u. s.w., wie Dr. August Koö-- nig's Hamburger Familien-Medizinen oder das Si. Jalobs Oei. Seid daher auf der Hut! Lasset euch nicht bewegen andere Medizinen zu kaufen, als solche, welche die Privat Steuermarke und dit Namensunterschrift der Herren A. Voge ler u. Co. tragen. Gegen Rheumatismus gebrauche gi 582 5 - 2 114 ; C ; 1 —— Aus Schwarzwaãlder Fichtennadeln Sewonnen. Gegen alle ‘chmerzen, welche ein äußerliches Mittel benöthigen. Gegen äusßerliche Verletzungen. Braudwunden, Frostbeulen, Brühungen, Schnittwunden, aufgesprungene Hände, geshwollene Brüste. Gegen innerliche Verletzungen. Bersouchungen. Quetschungen, Berren ungen und Hexenschuß. Gegen Nheumatismus, Neuralgia und alle damit verbundenen Leiden, Reißen im Gesichte. Gliederreißen, Kreuzweh, üdenschmerzeu, Zahnweh, Ohrenweh, Gelenkschmerzen, Kopfweh, gegen Gicht. Ferner gegen alle Gebrechen, welchen unsere Hausthiere unterworfen sind, als Verstopfung, shweres Urin ten, Colit, Bein rterl Shrudden und Fußfäule, Klauen jüule bei eo Nierenwürmer bei Schweinen. Schwielige Flechten (Sweeney), Warzen, Epizotit, Stauchungen und Quet-- shungen, offent Wunden Lahmheit, Huf— geshwulst Windgallen, Kronen-- eshwüre, gelhrolent Euter, Ausfbruch ü. Genid--Fisteln. Fisteln, Salenders uud Malenders, Naude und Beulen. Eine ajge St. Jakobs Oel kostet 50 Cts., (fünf Flaschen $2), st in jeder Apothele zu ha— ben oder wird bei Bestellung von nicht weniger ats Bʒ, frei nach allen Theilen der Ver. Staa—- ten versandt. Man adressire: ; A. Vogeler 8 Co., Baltimore, Md. 13 Ir Augustsioenigs k D 7l ; 1 1— 1— —/ 4 2 2 ———— D F —— 1 —1 M nMm 8 1 L ; Gegen alle Krankheiten des Magens, der Keber, des Anterleibes. Gegen * Vollblütigleit, Bleichsucht, Sqywermuihintelt Uevelleiten, opf- un Luerrrlhuerer xl aud vi und Gelbsucht. Dispepsia Gegen Gicht, gallige, remittirende und intermittirende Fieber. Haunt-Krankheiten. Ausschlge, Schwären, Salzfluß: Haltet Cuer Blut rein und die Gesandhelt Eures Organismus wind die Folge sein. Die Flasche „Hamburger Tropsfen“ lostet 50 Cents, oder fünf dlaschen zwei Dollars, sind in allen Apothelen haben, oder werden bei Beselonge von 85.00 lostenfrei ver sandt durch „Vogeler & Co., Baltimore, Md.