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Luxemburger gazette. [volume] (Dubuque, Iowa) 1871-1918, November 20, 1888, Image 1

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1 ;
Die Luxemburger Gazette,
Correspondenzen und Mittheilungen müssen
spãtestens bis Freitag Morgen, wenn sie in der
nächsten Nummer Aufnahme finden sollen, ein—
gesandt werden. —Briefe ohne Unterschrift wer—
den nicht berücksichtigt.
E Nur für die Gelder, die per registrirten Brief
oder Geldanweisung (Money Order) gesandt
werden, übernehmen wir die Verantwortlichkeit.
Alle Briefe, Correspondenzen u. s. w. adressire
an einfach:
“ LUXEMBURGER GAIETTE”,
DVBVQUE, 10WA.
Die Demokraten brauchen dieses
mal in keinem hangenden und bangenden
Zweifel üüber den Erfolg der Prsidenten—
wahl zu sein, wie bei der Wahl vor vier Jah—
ren. Der Entscheid, wie er in den einzel
nen Staaten gefallen, ist ein klarer. Har—
rison und Morton sind als Präsident und
Vice-Präsident erwählt, d. h. sie haben,
wie schon in der v. Nr. gezeigt, die Mehr—
heit der Stimmen des Wahlcollegiums.
Nimmt man aber die Volksstimmen in Be—
tracht, so stehen die beiden hinter Cleve—
land und Thurman zurück, d. h. wüürde bei
der Präsidentenwahl die Mehrheit der stim—
menden Bürger entscheiden, so wären die
Candidaten der demokratischen Partei an
der Spitze.
Haben die Demokraten nun auch in
den nãchsten vier Jahren das Ruder nicht
mehr in der Hand, so geht dadurch die
Republik noch nicht zu Grunde. Freilich
der Schlag traf sie ganz unerwartet und
hart und zwar so hart, daß sie in ihrer
Hoffnungslostgkeit geneigt waren, Alles
verloren zu geben. Von dem Schrecken
haben sie sich jedoch schnell erholt. Die
amtliche Zählung der Stimmen zeigt, daß
das Geschrei der Gegner über eine Mehr
heit im Abgeordnetenhause denn doch ver—
früüht war. Die Demokraten fassen jett
gute Hoffnung und haben gegründete Ur—
sache dazu, daß ihnen das Abgeordneten—
haus erhalten bleibt. Die Republikaner
wagen nicht mehr von 10 und 15 Stimmen
Mehrheit zu sprechen; sie geben zu, daß
noch fünf Sitze streitig sind und alle fünf
Sitze wahrscheinlich und zu guter Letzt den
Demokraten rechtmäßig zukommen. Da—
mit ist den Republikanern ein mächtig
schwerer Stein in den Weg gelegt. Sie
hatten schon gehofft, ein halbes Dutzend
neuer Staaten aus den Territorien zu bil—
den, dadurch den Senat auf ewig, und
etwas länger, republikanisch zu machen und
so Herr der Situation zu sein. Mit einem
demoklratischen Hause sind diese Plne nicht
wohi ausfũhrbar.
1
;
Besprechen wir nun die Ursachen der
demoltratischen Niederlage. Sie sind ver—
schiedener Art. Schon in unserer vorigen
Runbschau haben wir sie kurz angedeutet.
Einerseits beruhen sie auf der Politik des
Präsidenten, andererseits sind sie Ausflüsse
seiner Individualität, dritterseits beruhen
sie auf den Maßnahmen der republikani
schen Partei und der zu großen Siegeszu—
verläsfigkeit der Demokraten. Allgemein
glaubt man, daß die vom Präsidenten Cle—
veland in den Vordergrund gebrachte Tarif
frage die Hauptschuld an seiner Niederlage
sei. Betrachtet man die Sache näher, so
zeigt es sich bald, daß dem nicht so ist.
Am meisten geht die Tariffrage den Farmer
an, doch er versteht sie heute noch nicht.
Im farmenden Westen spielte sie eine ge
ringe Rolle in der Politik. Im Osten
und in den großen Städten, d. h. in den
Fabrikcentern, wo sie wohl verstanden
wurde, nützte sie Cleveland, das beweist
das Votum in dem fFabrikstaat par
exellenee New Jersey, dann Connecticut,
ja selbst im Bollwerk der Schutzzöllner, in
Pennsylvanien, kam die Tariffrage Cleve—
land zu gut. So z. B. war das Geschrei
über die Gefahren der freien Wolle gar
groß. Und ganz sonderbar, da wo die
Wollfabrikation am Bedeutendsten ist, in
den Staaten Rhode Island und New
Hampshire, sowie in der Stadt Phila—
delphia, haben die Republikaner erhebliche
Stimmenverluste erlitten. In Phila
delphia ist die republikanische Mehrheit von
30, 000 fũr Blaine auf 18, 000 für Harri—
son gesunken, in Rhode Jsland von 6,639
auf 3,427, in New Hampshire von 4,066
auf 2848. Also die Tariffrage ist nicht die Ur
sache des republikanischen Sieges. Sie mag
etwas dazu beigetragen haben, aber wenig.
Eine wichtigete Ursache des Abfalls von
der demokratischen Partei ist der Haß, den
die Veteranen des letzten Bürgerkrieges
Cleveland geschworen haben, weil er die
räãuberische Pensionsbill mit seinem Veto
belegte. Diesen Haß hat die republika
nische Partei durch ihr Geschrei gegen die
nur zu gerechtfertigten Pensionsvetos aus
gebeutet. Die haßerfüllten Stimmen der
j
-
erscheint jeden Dienstag und kostet unter
Voransbezahlung für die Ver. Staaten und Canada:
Jäãhrlich. · 81.
. . 82.50 | Halbjäãhrlich
Stadtabonnenten, shrlich 2.50, monatlich W Cts.
Nach Europa portofrei:
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Täührlich
Office der,„Gazette“:
Ecke der 6. und Jowa-Straße.
Bolitische Rundschau.
Inland.
Für Keht und
Herausgeber: Deutsche, Katholische Drud-Gesellschast.
Jahrgang 18.
habgierigen Prätorianergarde sind Schuld,
daß z. B. Jowa, Kansas, Minnesota -c.
so starke republikanische Mehrheiten ab—
gaben.
Eine weitere Ursache der Niederlage
Cleveland's ist das Votum der Greenback—
ler, die fast wie Ein Mann für das repu—
blikanische Ticket gestimmt. Daher kommt
auch die große Mehrheit Harrison's in
Michigan, in welchem Staate die Green—
backler bekanntlich noch am zahlreichsten
vertreten sind. Ben. Butler, der kurz vor
der Wahl in Michigan enthusiastische Re—
den zu Gunsten des republikanischen Na—
tionaltickets und des Schutzzolls hielt, hat
seine alten Anhänger von der Greenback
partei in's republikanische Lager überge—
führt, wofür ihm nach dem 4. März 1889
jedenfalls der gebührende Dank zu Theil
werden wird.
Eine weitere Ursache der Niederlage der
Demokraten in verschiedenen Staaten des
Nordens ist im Votum der Prohibitionisten
zu suchen. In der Hoffnung, daß Harri—
son die Sache der Fanatiker auf jede Weise
zu fördern strebe, ließen sie die eigene Par—
tei im Stiche und wandten sich den Repu—
blikanern zu, wie ja das Mannweib
Ellen Foster, ihr Halbgott im Unterrock, es
ihnen angerathen hatte.
Auch Cleveland's Verhalten gegen Eng
land, das Anfangs lax, dann überstramm
ward, also eine schwankende Politik, machte
ihm die Irischen abgeneigt, die ohnehin ihm
nicht grün sind.
Der Hauptschlag fiel in New York und
dort benutzten die Republikaner schlau die
alte römische Demagogenlehre: PDivide et
impera Theile und herrsche. Wie das
zuging, erklärt ein Wechselblatt so: Das
ganze demokratische Staatsticket im Em—
pirestaat, von dem Gouverneurs-Candida—-
ten an bis herad auf die drei Appellations
richter, wurde mit einer Mehrheit von
20, 000—30, 000 Stimmen erwählt, wäh—
rend Cleveland in demselben Staate
11,000 Stimmen weniger erhielt, als Har—
rison. Ein kleines Rechenexempel wird
den Hergang veranschaulichen. Die bei—
den demokratischen Mayors·Candidaten der
Stadt erhielten: Grant 107,537 und
Hewitt 68,134, also beide zusammen 175,--
671 Stimmen, mehr als es in New York
demokratische Stimmgeber gibt. Der repu—
blikanische Mayors·Candidat, Erhardt, er
hielt nur 67,721 Stimmen, d. h. bedeu
tend weniger, als es in New York Repu—
blikaner gibt. Ferner erwäge man, daß
Grant und Hewitt zusammen 107,950
Stimmen mehr erhielten als Erhardt, wäh—
rend Cleveland nur rund 57,000 mehr
bekam, als Harrison, und mindestens
20,000 weniger, als Cleveland's hoff—-
nungsvolle Freunde in der Stadt New
York fũr ihn beansprucht hatten. Woher
das Minder Erhardt's? ODaher, daß
etliche 25,000 Republikaner ihn verscha
cherten, um so viele Stimmen für Harrison
zu gewinnen. Woher das Minder Cleve—
land's? Daher, daß die Demokraten
25,000 Clevelandstimmen hingaben, um
dafür die gleiche Anzahl für Grant und
Hewitt einzutauschen. Es genügte, daß
die Hewitt-Leute den Schacher begannen,
um die Grant·Leute gewissermaßen zu
zwingen, ebenfalls zu demselben ihre Zu—
flucht zu nehmen.
So ist der Staat New York den Demo—-
kraten nicht durch die Tariffrage, noch durch
die Beliebtheit Harrison's, sondern dadurch
verloren gegangen, daß es den Gegnern
gelang, die geschlossenen Reihen derselben
zu spalten: zwei einander todtfeindliche
dNe tratshe Mayorscandidaten aufzustel
en
In ähnlicher Weise ist der von Alters
her demokratische Staat Delaware verloren
gegangen.
Auch die Beliebtheit Harrison's hat ihn
nicht zum Präsidenten gewählt. Seine
lãcherlich geringe Stimmenmehrheit in In
diana ist noch nicht 'mal ein anständiges
Complimentäãr-Votum. Im Gegentheil,
Harrison muß ein geradezu unbeliebter
Mann gewesen sein. Die Hauptgewinne,
die er in seinem Heimathsstaate machte,
sind in den vom Temperenzfanatismus an—-
gekränkelten Landdistricten gemacht worden.
In seinem eigenen County erlitt er eine
Niederlage, unb in seinem eigenen Wahl—-
bezirk erhielt er zwei Stimmen weniger als
VBlaine in 1884.
27
—H& r —— -
-
0
3 ——
Dubuque, Jowa, Dienstag, den 20. November 1888.
Zum Schluß vergesse man nicht Cleve—
land's Mugwumperei. Zu Tausenden ließ
er die Republikaner in den Officen, da—
durch machte er die Demokraten unzufrie—
den und gleichgiltig, und so hatte er dadurch
zwei Gegner statt des einen. Die Repu—
blikaner in den Aemtern arbeiteten gegen
ihn, die Anhänger der eigenen Partei
wenn auch nicht gegen ihn doch auch
nicht für ihn, als es galt. Er sah nicht
ein, daß daß das Civildienstgesetz blos eine
Falle für ihn war. Alle diese Ursachen
trugen zur Niederlage der demokratischen
Partei mit Cleveland an der Spitze bei.
Ausland.
Vom politischen Himmel
Europa's ist nicht viel Wichtiges zu
berichten. Das Ergebniß der preußischen
Landtagswahlen ist nun sicher festgestellt.
Conservative 133, Freiconservative 64,
Centrum 98, Nationalliberale 87, Frei—
sinnige 29, Polen 13, Dänen 2, Welfen
2. Mit Ausnahme von Berlin, wo etliche
Abgeordnete wiedergewählt wurden, haben
die stark mit jüdischen Elementen durch—
setzten Freisinnigen fast überall Einbuße
erlitten, so namentlich in Frankfurt a. d.
0., Altona, Görlitz, Breslau, Königs—
berg -c. Die ihnen entgangenen Sitze fie
len fast überall den Nationalliberalen zu.
In der Partei soll in Folge dieser Nieder—
lage viel Unzufriedenheit herrschen, man
hält eine Reorganisation und einen Wechsel
der Füührer für geboten. Sogar die,Voss.
Ztg.“ schrieb, die Partei müüsse wohl die
Frage prũfen, ob ihre Organisation, Lei—
tung, Programm und Taktik auch den Be—-
dürfnissen der Zeit und den Wünschen der
Wähler entsprechen. Die freisinnigen
Organe sind dagegen der Ansicht, das Re—
sultat der Wahlen entbinde sie von jeder
Verantwortlichkeit, die Partei habe eine
feste und beharrliche, abwartende Haltung
anzunehmen.
Die unsäglich einfältigen
Berichte, welche die liberale Presse noch
immer üũber den Besuch des Kaisers im
Vatilan bringt und commentirt fallen,
nach und nach in ihr Nichts zusammen.
Auch mit den schlechten Beziehungen, die
zwischen dem Vatikan und Deutschland
existiren sollen, ist's am Ende und der an
gesagte Rücktritt u. Schlözers ist auch nicht
wahr.
Der baierischen Staatsregierung eben--
so wie den andern katholischen Mächten
wurde die Note des Vatikans zugestellt, in
welcher Papst Leo XIII. erklärt, daß durch
de i Besuch des deutschen Kaisers in Rom
die deutsche Frage als nicht berührt erachtet
werden könne. Der hl. Vater werde nie
aufhören, wie zuvor, gegen die mißliche
Lage des hl. Stuhles zu protestiren und an
alle Katholiken die Bitte zu richten, unauf—
hörlich dahin zu wirken, daß die römische
Frage gelöst werde. Nach der „F. Z 3.“
soll sodann Cardinalst ratssekretr Ram—
polla an die Nuntien eine zweite Note ge—
sandt haben, welche nur eine Umschreibung
der letzten Rede des Papstes an die neapo—
litanischen Pilger ist und Verwahrung ein—
legt gegen die im Quirinal gewechselten
Trinksprüche, in welchen Rom die Haupt—
stadt Italiens genannt wurde. Am Schluß
heißt es, der Besuch des deutschen Kaisers in
Ren möge weder den katholischen noch den
protestantischen Fürsten als Präcedenzfall
gelten, da der Papst die traurige Erfah—
rung gemacht habe, daß derartige Ereignisse
jedesmal zu Ungunsten des Vatikans aus.
gebeutet würden.
König Karl von Württemberg hat
auf das dringende Verlangen des Minister—
präsider.ten von Mittnacht, der sich zu ihm
nach Nizza begab, in die Eutfernung seiner
beiden amerikanischen Freunde, des Dr.
Woodcock und des Zahnarztes Hendry, ge
willigt. Dieselben haben Nizza bereits
verlassen und sich nach London begeben.
Man versichert, daß der ãltere amerikanische
Günstling des Königs, Baron Jackson, der
mit Bewilligung des Ministeriums eine
Anstellung erhalten und nur einen beschei
denen Gehalt beziehe, mit seinen beiden
Landsleuten im Grunde gar nichts zu
schaffen gehabt und weder an dem Hokus—
pokus, den sie mit dem König getrieben,
Antheil genommen, noch, wie diese, auf
königliche Kosten in großem Luxus geleht.
In Frankreich hat das Verfassungs-
Revisions· Comite mit 6 gegen 4 Stimmen
xemburg
beschlossen, die Einberufung einer con—
stituirenden Versammlung zu
beantragen, welche die Revision vorzuneh—
men hätte.
Auf einem Royalisten-Bankett zu Mar—
seille läugnete, der Marquis sde Breteuil,
daß die Monarchisten in irgend welcher
Verbindung mit Boulanger ständen. Der
Name Boulanger bezeichne eben nur eine
vom allgemeinen Stimmrecht angenommene
Verurtheilung der bestehenden Zustände
und drücke das Verlangen nach einer besse—-
ren Zukunft aus. Ein Sieg Boulangers
wüũrde durchaus nicht den Krieg bedeuten.
Die Monarchisten würden sein Vorgehen
beobachten und schnell gegen ihn auftreten,
wenn er gefährlich würde.
Gelegentlich des fünfundzwanzig
jährigen Regierungsjubiläums des Königs
von Dänemark ist der Zwiespalt zwischen
König und Unterhaus der Gesetzgebung
wieder zum Ausbruch gekommen. In der
Sitzung des Folkething vom 14. Novem—-
ber erklärte dessen Präsident, daß es in
Folge der politischen Streitigkeiten unmög—-
lich sein werde, andern Tags dem König
Christian zur Feier des 25. Jahrestages
seines Regierungsantritts eine Glüde—
wunsch-Adresse zu überreichen. Nach die—
ser Ankündigung erhob sich die Rechte und
verließ den Sitzungssaal.
Am 13. November hat der König
Karl von Rumänien persönlich die Kam—
mern eröffnet. Er bemerkte, daß die aus—
wärtigen Beziehungen des Königreichs un
bedingt zufriedenstellend seien und zwar als
ine Folge der vorsichtigen Politik, welche
l daion worden sei. Alle Parteien
seien bestrebt, Rumänien zu einem macht
dollen Elemente des Friedens und der Si—
qgerheit zu machen. Diese Haltung sei die
richtige, und solange sie beobachtet werde,
werde sie eine sichere Gewähr dafür sein,
daß Rumänien das Vertrauen der europãi—
en Großmächte genieße und sich der
sn seiner Nachbarn auf der
alkan- Halbinsel erfreue.
Felegraphische Depesqhen.
Berlin, 12. Nov. Ein heute Abend
erschienenes Bulletin ũüber das Befinden
des vom Schlage gerührten Herzogs Max
in Baiern berichtet, daß die Bewußtlosig--
keit und die Lähmungserscheinungen noch
fortdauern. Die Athmung des Kranken
ist schwierig und sein Zustand ist sehr be—
denklich. Er hat bereits die hl. Sterbe—
sakramente erhalten.
Hamburg, 13. Nov. Heute wurde
Karl Schurz anläßlich seiner Abreise nach
Amerika ein glänzendes Abschiedsfest ver
anstaltet. Der preußische Gesandte v.
Kusserow, die Präsidenten des Senats, der
Handelskammer urd der Dampfergesell—
schaften, sowie viele andere hervorragende
Persönlichkeiten gaben Schurz zum enoe
pfer das Geleit.
Berlin, 18. Nov. Der Gesund—
Feirtenstant des Gesandten Pendleton hat
ch gebessert; er geht in Urlaub n Nizza.
Sch!oß Liebenwerda bei Halle ist heute
niedergebraunt. Ein Arzt, seine Frau, ein
Kind und zwei Dienstboten sind bei dem
Brande umgekommen.
Bismarck bemerkte heute bei dem Em—
pfange von Abordnungen deutscher Hand—-
erker-Glden, daß ihr erfahrener Beistand
Erlasse von den Handwerkerstand be—
ireffenden Gesetzen nothwendig sei. Er
laube, daß eine Aenderung in den sozialen
esetzen, namentlich derer, welche sich auf
enterrersiherunter beziehen, dringend
nöthig sei, um die Gilden in den Stand zu
etzen, Geldmittel für die Krankenkassen zu
eschaffen. Drei Gildenvorsteher blieben
ei Bismarck zu Tische.
Stuttgart, 138. Nov. Die, Stutt—
arter Zeitung“ stellt heute in Abrede, daß
Lr Woodcock, alias Baron Savage; einer
der amerikanischen Günstlinge des Königs
don Württemberg, von dem König entlas--
L worden ist. Er hat vielmehr, wie das
latt sagt, seine Stellung freiwillig auf—
teben. Der König werde sich stets der
enste erinnern, die ihm während seiner
Krankheit im Jahre 1884 Dr. Woodcock
leistet habe. Daß Dr. Woodcock sich an
iritualistischen Treiben betheiligt habe,
urde als eine unwahre Nachrede bezeich—
net.
Pesth, 13. Nov. Das Unterhaus
des ungarischen Reichstages nahm heute
die Regierungsvorlage betreh der Um—
nandlun der ungarischen Anleihen mit
großer Mehrheit an.
Wien, 18. Nov. Die Nachricht von
dem Morbversuch auf Fürst Qadriqt von
irqe.
der hi. Ka
t
Deutschland.
Oesterreich-Ungarn.
Redaklteur: Nicholas Gonner.
Nummer 904.
Bulgarien entbehrt bis jetzt noch immer der
Bestätigung. Die hiesige Familie hat
keine Mittheilung über einen solchen Vor—
gang erhalten.
Kaiser Franz Joseph wird den vierzigsten
Jahrestag seiner Thronbesteigung mit sei—
ner Gemahlin in stiller Zurückgezogenheit
in Schloß Miramare bei Triest feiern.
Im Reichstag ist ein Gesetzentwurf ein—
gebracht worden, nach dem der Ankauf
roßer Güter zu dem Zweck, sie in kleine
Padecnhofe aufzulösen, verboten sein soll.
Wien, 15. Nov. Der Kaiser Franz
Joseph hat den König von Schweden zum
Ehreninhaber des 10. Infanterie - Regi—
ments und den König von Dänemark zum
Ehreninhaber des 75. Infanterie - Regi—-
ments ernannt.
Belgien.
Brüssel, 14. Nov. In der Frede—
rick· Grube bei Dour in der Provinz Hen—-
negau haben schlagende Wetter 32 Ärbeiter
etödtet; von allen zur Zeit des Unglücks
srües in der Grube befindlich gewesenen
Personen sind nur drei, und zwar mehr
oder weniger schwer verletzt, mit dem Leben
davon gek-mmen.
Dänemark.
Kopenhagen, 14. Nov. Das deut—
sche Panzerschiff „Kaiser“, mit dem Prin—
zen Heinrich von Preußen an Bord, ist
beim Einlaufen in den hiesigen Hafen heute
Morgen auf den Grund gefahren. Der
Prinz wurde an der Landungsbrücke von
dem König Christian, dem Kronprinzen
Friedrich und anderen dänischen Prinzen
empfangen.
Kopenhagen, 15. Nov. Der heu—
tige fünfundzwanzigste Jahrestag der
Thronbesteigung des Königs Christian
wurde mit Glockengelääute und Artillerie—
Saloen eingeleitet.
Der König empfing heute Morgen das
diplomatische Corps und die besonderes
Abgesandten, welche ihm die Glüückwünsche
ihrer betreffenden Herrscher darbrachten
und wohnte späãter einem Festgottesdienste
in der Marienkirche bei. Heute Abend
fand bei dent Kronprinzen ein Gala-Gast—-
mahl statt.
Nachmittags fand durch die Hauptstra-
Ben der Stadt ein großartiger Festzug der
Gewerke und sonstiger Körperschaften statt,
an welchem rmer 25,000 Personen
theilnahmen und welchen das Königspaar
vom Balkon des Schlosses aus in Äugen—
schein nahm. Nach dem Festmahle bei dem
Kronprinzen fuhr das Königspaar durch
die Vnen der Stadt und besichtigte die
Illumination. Ein Empfang bei den
Majestäten in dem Schlosse von Friedens
borg bildete den Schluß der Festlichkeiten.
Das Wetter war prãchtig.
Vatikan.
Rom, 12. Nov. Der „Osservatore
Romano“ führt in einem Artikel aus, wie
wichtig es für Europa sei, in der Person
des Papstes einen Schiedsrichter zn besiz—
zen; der Papst könne jedoch das schieds—
richterliche Amt lolen- ernstlich nicht über—
nehmen, als bis er wieder in die Reihe der
weltlichen Herrscher mit voller Freiheit ein--
getreten sei.
Rom, 14. Nov. Der Papst hat Mon—
signore Persico zum Vikar der Basilika von
St. Peter, in Anerkennung seiner in Ir
land geleisteten Dienste eingesetzt. Dies
ist sicher nur die erste Stufe auf dem Weg
zu höheren Ehrenstellen.
Frankreich.
Paris, 13. Nov. Die Königin von
Lera hat heute Pasteur's Laborato
rium einen Besuch abgestattet.
Paris, 13. Nov. Gerũchtweise ver
lautet hier, daß deutsche Grenzwächter
heute auf drei französische Jäger geschossen
und einen derselben erschossen eervel
Paris, 14. Nov. Der Ausschuß der
Deputirtenkammer zur Vorberathung der
detsasungorevision da sich in einem heute
gefaßten Beschlusse für die Aufhebung des
Senats und des Präsidentenamtes erklärt.
(Und was dann ? —Red.)
Das Pasteur'sche Institut wurde heute
unter Betheiligung des Präsidenten Car—
not, mehrerer Minister, der auswrtigen
Gesandten und der hier weilenden assishen
Großfüürsten eroõffnet.
Paris, 15. Nov. Die Regierungs-
Gewehrfabrik in Chatellerault im Depar
tement Vienne ist abgebrannt. In Folge
dessen wird die Herstellung von Lebel·Ge
wehren eine Zeit lang eine Unterbrechung
erleiden mũüssen. Man glaubt, daß das
Feuer durch Zufall entstanden ist. Der
Brandschaden wird auf 8200, 000 geschätzt.
Menschen sind bei dem Brande nicht ver—
unglüückt.
Großbritannien.
London, 18. Nov. Die Polizei hezt
die Zuversicht, daß sie bei ihrer Suche nach
dem Mörder von Whitechapel sich auf der
richtigen Spur befindet. Zwei Personen
sind gefunden worden, welche den Mann
esehen haben, der die zuletzt ermordete
v-r in der Mordnacht in ihr
Zimmer begleitet hat. Ihre Beschreibun
gen des Mannes stimmen in allen Bezie
hungen überein.
Preise der Anzeigen.
Jeder Zoll der Spalte per Jahr.. . . .· $12.00
„, „„ Monate ; 7.00
“ “ „ „83 Monate d 5.00
Für jede Zeile Brevier, oder deren Raum, das
erstemal 10 Cents, die nächstenmale 5 Cents.
Heiraths- und Todescszeigen mit Spruch
1:50, ohne Spruch SI.OO. zeig
Auswärtige Anzeigen müssen vorausbezahlt werden.
Anzeigen für Picnics, Lotterien, Glücksspielt
-e., die dem Geiste der kath. Kirche zuwider, fin
den keine Aufnahme.
Anzeigen sende man spätestens
Montag Morgen ein.
Job-Arbeiten aller Art prompt und
billig ausgeführt.
Office der, Gazette“:
Ecke der 6. und Jowa-Straße—-
London, 13. Nov. Die Königin
geht zum Empfang der Kaiserin Friedrich
am nächsten Montag nach Port Victoria.
Cardinal Manning und andere englisch
katholischen Prälaten haben dem Papst
einen Protest gegen die kirchenfeindlichen
Gesetze, welche die italienische Regierüng
erlassen hat, übersandt.
London, 18. Nov. In der heutigen
Nachmittagssitgung des Unterhauses er
klärte der Minister des Innern Matthews,
daß der Rücktritt des Polizeichefs Warren
lediglich seiner Weigerung zuzuschreiben sei,
sich der Regel, daß kein Beamter Handlun
gen der Regierung öffentlich tadeln dürfe,
zu unterwerfen. Warren habe in seinem
Entlassungsgesuch geschrieben, daß er, wenn
er jene Regel gekannt hätte, niemals den
Posten als Polizeichef angenommen hätte.
Die heftigen Regengüsse der letzten Tage
haben in vielen Bezirken Englands Ueber
schwemmungen verursacht.
London, 14. Nov. Die Kohlengru
benbesitzer in Lanarkshire haben die Ar—-
beitslöhne um fünf Prozent erhöht. Der
Handelsausschuß hat den Jutespinnerei-
Besitzern in Dundee zu einer ähnlichen
Lohnerhöhung gerathen.
Der britische Dampfer „Black Watch“
ist am 12. d. M. unter 36 Grad nördlicher
Breite und 19 Grad östlicher Länge im
mitelländischen Meere gescheitert. Er war
am 20. Oktober nach Odessa abgegangen
und befand sich zur Zeit des Unglücksfalles
auf der Ratbt Ueber das Schicksal
seiner Mannschaft ist nichts bekannt ge
worden.
Dublin, 15. Nov. Den irischen ka
tholischen Bischöfen ist ein neuer päpstlicher
Erlaß zugegangen, worin sie angewiesen
werden, die Anordnungen des früheren Er—
lasses, nämlich die Verdammung des Feld
zugsplanes und des Boycotts, streng
durchzuführen. Auch sollen sie die Priester
anweisen, gegen die politische Wählerei zu
predigen und ihnen jede Betheiligung an
der „Feldzugs“- und Bevert Bewe
u untersagen; vielmehr sollen sie ut
Bimer mit allen ihnen zu Gebote ste
henden Mitteln unterdrücken.
Rußland.
London, 12. Nov. Die geschiedene
Königin von Serbien hat die Hetrrschaft
Kutno bei Warschau für 1,800, 000 Rubel
(etwa 1,200,000) gekauft.
St. Petersburg, 14. Nov. Ein
soeben erlassener Ukas verstärkt das füünfte
Armeecorps im westlichen Rußland um
zwei Divisionen.
Gutunterrichtete Personen hierselbst ver
werfen die Anbentuns gewisser Blätter,
daß Rußland eine uulherurs an den
Vatikan anstrebe, welche eine Italien feind
liche Politik und eine neue Erkaltung der
Beziehungen zwischen Veutschland und dem
Vatikan zur Folge haben würde.
Sie behaupten, daß das Bestehen vie
ler Fragen, über welche Rußland mit sei—
nen hlrcihen katholischen Unterthanen
und dem 27: verschiedener Ansicht ist,
die Nothwenbigkeit eines modus vivendi,
welchen Rußland zwar suche, der aber we
der in seinem Concordat noch in einer poli
tischen Vereinbarung zu bestehen brauche,
erklärt.
Kronstadt, 16. Nov. Stumilioe
Dampfer haben den hiesigen Hafen verlas
sen, um der Sperre durch das Eis zu ent
ehen; die jetzt hier befindlichen Segel—-
soe werden im Hafen überwintern.
Das „Journal de St. Petersbourg“ be
spricht die Aeußerungen des Pariser „Ma—
tin“ bezüglich eines franzöfisch-russischen
Bunduised folgendermaßen: „Es gibt auch
für das Recht, Unterstellungen zu machen,
Grenzen. Rußland Vunscht lheis zu
sehen, daß Frankreich seine berechtigte
Stellung unter den Nationen wieder er
lange, was zur Erhaltung des Gleichge—
wichts in Europa sogar nothwendig ist,
aber es ist davon rerennt daß der Lide
sowohl im Interesse Rußland's als Frank
reich's liegt. Deßhalb können solche Un
terstellungen der Sache, die man vertheidi
gen will, nur schaden.
Serbien.
Belgrad, 13. Nov. Eine Bande
von dreißig bewaffneten Türken lernl
heute den serbischen Ort Reiski. ie
Bauern sammelten sich und leisteten den
Tüuũrken in blutigem Kampfe eine u
sene Gegenwehr. Auf beiden Seiten blie
ben Todte auf der Walstatt.
Australien.
Melbourne, 16. Nov. In der Ge
setgebung wurde heute die Frage erörtert,
ob die Colonien bei der Bescduna der
Gouverneurstellen ein Wort mitzusprechen
hätten. Der Ministerpräsident wies nach,
daß die Verfassung der Koönigin das aus
schließliche Recht der Einsetzung der Gou—-
verneure verleihe und die Koönigin dem
Rathe der dem Parlament verantwortlichen
Minister folge. Je weniger Anspr—che die
Colonien oder Einsetung
von Beamten erhöben, desto besser würde
es für die Colonien sein. Die Erklãrung
des Ministers wurde mit Beifall aufge
nommen. Mehrere Abgeordnete ieten
sich in derselben Weise, wie der Minister
aus.

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