Newspaper Page Text
R-* 5* 4 "ki*,/" *S j1 S/ W Sri' Bilder aus Ait-Srrlm. Von Helene b. Avlerslug. »Bauwerke sind lebendige Stielen sie haben gleichfalls ein. Antlitz sie offenbaren gleichfalls eme Ab^lchr. sie sprechen gleichfalls durch evien 'Ausdruck." Hippolyte Tarne. Es ist bekannt, daß unter allen Städten Deutschlands keine ein so durchaus modernes Gepräge trägt wie Berlin. Es ist die Stadt des unauf haltsamen. Vorwärts strebens, des un unterbrochenen Werdens und Reuge staltens, und zwar in einem Matze, daß jede Spuc ihrer ehemaligen Er scheinung verschwunden zu top scheint. Von jeher ist mit dent Alten und Überlieferten rasch aufgeräumt wor den, so daß Berlin oft der Vorwurf des Unhistorischen trifft. Trotzdem bewahrt Berlin doch noch manchen wertvollen Besitz aus alter Zeit, den der Altertumsfreund auf seinen Streifzügen durch die älteren Stadtteile bald hier, bald da ent deckt. Räumlich wie zeitlich oft weit von einander getrennt, tauchen diese Spuren der Vergangenheit zuweilen ganz unerwartet vor unseren Augen auf und wirken mitten in ihrer mo dernen Umgebung meist seltsam und fremdartig, aber doch so reizvoll wie Bilder aus längst entschwundener Zeit. Wer aus dem Westen, dem neuesten Berlin, kommend, dem Zentrum der Stadt zusteuert, wird gern seinen Weg am Schloß vorüber nehmen, die fem prächtigsten Architekturwerk des genialen Schlüter. Die schöne Linden-' fflB allee, Berlins Via Triumphalis, ent lang, dann den von feierlichen Fassa den umgebenen Opernplatz und die Schloßbrücke überschreitend, erreichen wir einen Platz, der unstreitig zu den schönsten der Welt gehört. In maje stätischer Größe weitet sich der Raum, den Blick auf die königliche Residenz freigebend, die hier ihre Vorderseite dem Lustgarten zuwendet. Die monu mentale Pracht der Portale und die durch reizvolle Fensterumrahmungen und den schönen Adlerfries so vor nehm wirkende Fassade bieten einen heitersestlichen Anblick dar, der durch die ruhige Horizontallinie des flachen Daches noch mehr hervorgehoben wird. Den denkbar größten Gegensatz zu den'beiden großartigen, aber stilvol len Schloßfassaden bildet die Spree feite der Residenz. Diese Partie ge hört mit zum Interessantesten, was Berlin aus seiner früheren Zeit be sitzt, da ihre ältesten Teile bis ins Mittelalter hinaufreichen. Hier glau ben wir noch einen Hauch Mittelalter licher Romantik spüren, der uns aus den grünumwucherten Türmen und Erkern, den vielfach vor- und zurücktretenden Teilen der ganzen all mählich entstandenen Anlage entge °genweht. Die schwärzlich grauen Mauern, die sich mit dem Grün des Vorgärtchens im Wasser spiegeln, bieten einen Anblick von unaussprech Itch malerischem Reiz. Das einzige in Berlin erhaltene Privatgebäude der deutschen Renais sance ist das jetzt zum königlichen Marstall gehörige Haus in der Brei ten Straße, das, wenn auch fast völ lig erneuert, ein wertvoller Ueberrest jener Bauzeit ist. Das schöne, gut er haltene Portal mit der graziös nach außen gewendeten Freitreppe trägt über der Inschrift des Erbauers das Datum 1624, eilte Zeit tiefsten Nie derganges deutscher Kunst, was dem geschmackvollen Bau einen um so grö Heren Wert verleiht. Vom Lustgarten aus die Spree überschreitend, nähern wir Ms dem eigentlichen Zentrum, demjenigen Be reich der Stadt, der sich um ihre ät testen Kirchen legt und die letzten Rette Aft-Berliner Bauten birgt. Be- reits von der Brücke aus erblicken wir auf dem Neuen Markt den stattlichen, wenn auch schmucklosen Bau der aus dem 13. Jahrhundert stammenden al ten Marienkirche, deren Silhouette sich in schlichten, ruhigen ^Linien vom klaren Himmel abhebt. Der aus grauen Feldsteinquadern errichtete et was schwerfällige Hauptbau, der rote Backsteingiebel und die in hellgrüner Patina leuchtende malerische Turm spitze schließen sich zu einer hübschen, in eigentümlichen Kontrasten stehen den Gruppe zusammen. Das Innere der Kirche, in streng gotischem Stil gehalten, wirkt mit seinen hohen Schiffen, kräftigen Pfeilern und scho nen Bogenschwingungen sehr ein drucksvoll, trotz der übersorgfältigen Renovierung der Neuzeit, die ihm den Schmelz des Altertümlichen genom men hat. Reicher Wandschmuck an Grabmälern, Epitaphien und Gemäl den, diese vielfach noch in alter Um rahmung, belebt den Raum, über den sich ein durch hohe farbige Fenster brechendes, angenehm gedämpftes Licht abreitet. Wenige Schritte von hier führen uns in die Spandauer Straße, wo uns inmitten einer nüchtern wirkenden Häuserflucht der Neuzeit ein Nach bleibsel echter, fast unberührter Früh gotik überrascht. Es ist die ehemalige Heilige-Geist-Kapelle, ein zierlicher Bau, ebenfalls aus den letzten Jahr zehnten des 13. Jahrhunderts. Zu dem pompösen Neubau der Handels- .35- Alt-Berlin: Der Krögel von der Wasserseite. Hochschule aus mächtigen grauen Quadern bildet die kleine, aus rot braunem Backstein erbaute Kapelle den denkbar größten Gegensatz. Wie ein Alt-Berlin: Hof in be Petristratze. altes Mütterchen, dessen Schönheit durch die Last der Jahre nicht gelit ten, sondern durch Ehr Würdigkeit noch an Reiz gewonnen hat, duckt sich der kleine Bau neben dem ihn hoch über ragenden Nachbar. Die Giebelseite, von einer feinbehandelten Backstein ornamentierung wie mit einem Netz werk überzogen, der Straße zugekehrt, wirkt dieses reizende Gebäude wie ein kleines altertümliches Schmuckkästlein. Nicht weit von dieser altehr wüthi^ gen Stätte gelangen wir durch tot Poststraße, auf einen stillen, baumbe pflanzten Platz. Hin steht die Niko laikirche, ihrer Gründung nach die älteste Kirche Berlins, heute jedoch äußerlich fast ein völliger Neubau, an dem nur noch wenige Teile der frühe reit Bauzeit angehören. Zwei sym metrisch und spitz emporragende Tür me verleihen dem Aeußeren eine starre Regelmäßigkeit und haben sein male risches Aussehen, wie es uns die al ten Gemälde und Stiche bis zur Mit te des vorigen Jahrhunderts überlie fett haben, sehr beeinträchtigt. Neben dem niedrigen, stumpfen Giebelab schluk der linken Seite war der Tas- save^. sruyer mu dem einen schlank üüjjieigenven* £urm zwar keine bau liche Vollendung, aber eine weit ei genartigere Wirkung gegeben. Den Platz umgibt rings ein Kranz wunderlicher alter Häuser, die, eng aneinandergeschmiegt, hinter grünem Gebüsch hervorschauen. Ein Zug stil ler Beschaulichkeit umspielt diese schmalen, anspruchslos verzierten Fassaden, die dem lärmenden Getriebe des Tages entrückt den Traum der Vergangenheit träumen. Ein paar Schritte seitab von der nahen Jüdenstraße empfangen, wir ei nen ähnlichen Eindruck der Weltakge sihiedenheit inmitten des flutenden, tosenden Großstadtlebens beim Jü denhos, einem freundlichen Plätzchen, von schlicht?« Gebätzden des vorigen Jahrhunderts umgeben. Hier in der Ecke ein einfaches, aber gemütliches altes Haus mit altertümlicher Dach form und zwei Reihen hübsch um rahmtet Fettster, während eine gelän dergeschmückte Freitreppe einladend zur Haustür hinaufführt. Dicht da vor steht ein verwitterter alter Baum, der mit seinen weitvorgestreckten Ae sten in diesem stillen Winkel eine trauliche Stimmung erweckt. Es ist die älteste Akazie Berlins, die noch jährlich ihre spärliche Krone mit jun gem Grün, bedeckt. 1 Freundlich scheint die Sonne in den Hof, während wir ihn betrachten, und ein munteres Hühnervölkchen treibt sich drin umher. Eine Dreh orgel läßt ihre Weifen erschallen, und zwei kleine Mädchen wiegen sich im Walzerschritt unter dem alten Aka zienbaum, daß ihre Zöpfchen fliegen. Mitten im Herzen von Berlin und doch weitab von donnernden Stadt bahnzügen und sausenden Autos ein anmutiges Idyll. In der Klostetstraße, die aus der alten Zeit fast nur noch ihren stillen Namen besitzt, steht, der Ausmündung der Parochialstraße gegenüber, die gleichnamige Kirche, ein stattlicher Bau aus dem Uebergang zweier Jahr hunderte. Die Bauinschrift 1695— 1705 über der Tür deutet auf die Stilperiode, aus der diese barocke An läge stammt. Phantasie und Dekora tionslust haben aus strengen Formen italienischer Baukünstler hier ein ei genartiges, steifes Prunkstück geschas fen, das von feiner Umgebung auf fallend absticht. Die prächtige Fas sade wird an allen vier Ecken von großen, wie auf hohen Postamenten stehenden Vasen gekrönt, während sich der säulengeschmückte Turnt zu ei ner eleganten, auf Löwen ruhenden Pyramide zuspitzt. Im offenen Glok kenhaus hängt, das vom König Fried rich I. der Parochialkirche geschenkte Glockenspiel, vom Volksmund dte „Singuhr" genannt, zu jeder vollen Stunde langsam und feierlich die hat manischen Klänge ihrer Melodien in die Weite sendend. Haben wir bis her nur die Zeichensprache der Ver gangenheit aus ihren Denkmälern ge lesen, so ist uns nun, als ob wir eine liebe Stimme von dort vetnehmen. Hell und klar erklingt ihr „Wachet auf, ruft uns die Stimme" oder ein anderer bekannter Choral, in manchen Herzen vielleicht einen leisen Nach klang hinterlassend. In nächster Nachbarschaft, durch ein hohes Eisengjtter und eine Bogen halle von der Straße geschieden, steht halbverborgen unter dem Grün der Gebüsche eines der ältesten und wert vollsten Baudenkmäler der Stadt, die Kirche zum Grauen Kloster, ehema lige Ordenskirche der Franziskaner. Wie die anderen gotischen Bauwerke stammt auch sie vom Ende des 13. Jahrhunderts, hat jedoch äußerlich durch neuzeitliche Zubauten, wie na mentlich durch die beiden Seitentür me, einige Veränderungen erfahren. Nur der Giebel besitzt noch seine ur sprüngliche Ausgestaltung mit der einfachen, aber sehr eigenartigen Ver zierung aus gekreuzten Linien, die durch hervorstehende Steine gebildet werden. In Gedanken überfliegen wir nun! einen der Neuzeit angehörenden I Stadtteil und befinden uns im engen Straßengewirr der Spandauer Vor stydt wieder einem stillumfriedeten Gotteshause gegenüber. Eingebettet unter Grün steht hier die hübsche So phienkirche, ein Bau nachschlüterscher Zeit. Ein alter, wohlgepflegter Fischerstraße: Zum Nußbaum. Friedhof legt sich rings um die Kirche, und mit seinen hohen Bäumen, grü nen Gtäbern und blühenden Blumen wirkt er gleichsam wie ein stilles Ei land in dem brandenden Ozean deS Lebens rinashetum. Der aeschmack- volle Turmaufbau der Kirche mit der barocken, weithin sichtbaren Spitze bil det den Schmuck dieser Gegend. Alt-Berlin: Hof in der Fischerstraße. Nicht weit davon, und von dem be wegten Verkehrsleben dieses Stadt teils wenig berührt, liegt noch ein stiller Platz. Ein Hauch von Verlassenheit ruht auf ihm, und wie aus vergilbten Blättern weht es uns leise entgegen. Hier liegt Schloß Monbijou, das ehe malige Lustschlößchen verschiedener preußischer Fürstinnen, wie im Dorn röschenschlaf unter dem Grün seines alten Parkes versunken. Durch die von einer im Halbkreis gestellten Säulenhalle malerisch umrahmte Ein fahrt fällt der Blick in die grünen Parkanlagen, wo sich die langgestreck ten, schmucklosen Teile des Garten baues hinziehen, während die Stra ßensront in zierlichem Rokokostil ge halten ist. Ein ehrwürdiges Klein od jener Zeit der heiter-sorglosen Le bensfreude birgt Schloß Monbijou jetzt die Erinnerungsschätze an längst geschwundene Geschlechter. Vom bürgerlichen Privatbau frühe rer Zeit besitzt Berlin nur noch we nige, für den Freund des Altertüm lichen aber doch interessante Ueberreste. Solche finden wir jetzt hauptsächlich noch an den Armen, der Spree und in deren nächster UmHebung im Zentrum der Stadt, wo sie unseren Blick durch ihr altertümliches Aussehen fesseln. Die breit zugespitzte, von der Spree umflossene Landzunge, die sich uns entgegenstreckt, wenn wir auf der Waisenbrücke stehen, enthält einige Straßenzüge, die zu den ältesten der Stadt gehören. Da sind die Fischer und die Petristraße, die Ufer an der Friedrichsgracht und an der Fischer brücke und manche andere Gasse, in denen sich noch hier und da die letzten Reste einer wunderlichen Architektur verstecken. Hier ein großes wuchtiges Gebäude, auf einer Bogenhalle ruhend, die von kräftigen Pfeilern getragen wird. Da neben ein hohes, schmales Haus mit staffelförmig ansteigendem Dach, die zerbröckelnde Fassade auf schwerem Untergeschoß dem Wasser zugewendet. Zwischen hinein aber blicken wir in eine enge, dunkle Gasse, an deren Sei ten sich von Feuchtigkeit geschwärzte Mauermassen hinziehen. Es ist der „Krögel", von der Spreeseite gesehen. Vor ihm auf dem schmalen Uferstrei fen ist allerlei Gerümpel aufgestapelt, über dem Wäschestücke, an der Leine hängend, im Winde flattern. Dicht davor das dunkle Wasser der Spree, auf dem bedeckte Barken und Dampf schiffe liegen, deren rot- und gelbum randete Schornsteine wie bunte Flecken in der Lust stehen. Darüber die vie len! Brücken, die bald schräg, bald geriide wie Fäden über den Fluß laufen. An der nahen Fischerstraße, in der auch noch manch trauliches Haus ver älteren Zeit erhalten ist, überrascht unh unter diesen ein eigenartiger An bliif. Ganz am Ende der Straße, ettrias hinter die anderen Gebäude zu rüätretend, steht ein niederes kleines Hüttlein, ein wenig wacklig schon, abejc sauber hergerichtet und wie aus emit Spielzeugschachtel hierhin ge steh. Ein spitzaufsteigender Giebel nttfj leichtgeschweiftem Dach, einigen Grippen kleiner Fenster und zwei schiifen Bodenluken bildet dir Front. Ncien der Haustür führt ein Ver schKg direkt in den Keller hinab, und in fier Ecke, schräg zur Straße, steht ein! grüngestrichener Gitterzaun, das Götze von einem alten Baum, der denj Hause seinen Namen gibt, be schertet. Es ist das Gasthaus „Zum Nusbaum", das uns samt seiner Um gebing wie aus dem Dorf hierher versetzt erscheint. is Eigenartigste an Alt-Berliner itt findet sich jedoch nicht mehr den Straßen der Stadt, allen ar, sondern es verbirgt sich hin iett alten Häusern in den Innen t, auf deren malerischen Anlagen vorragenden Stockwerken und eÄrhäuschen, Ballonen, Balustra und Treppen noch ein Rest ro tischen Schimmers liegt, wie wir sonst hier vergebliche suchen. $ I« De«tschlands nördlich stem tzorf. Den West- und Süddeutschen be deuten die Ostprovinzen in jeder Hin sicht Sibirien. Voreingenommenhei ten stützen sich meist auf Unkenntnis der Dinge. Ich schätze mich glück lich, meine. Ansichten über das ehema lige Land der alten „Pruzzen", in der sie heute noch als Littauer sitzen, durch einen Besuch wesentlich verbes sert zu haben. Gegenüber den stachen Rübengefilden und abwechslungslosen, welligen Feldbreiten mancher uns nä her gelegenen Gegenden Deutschlands erscheint das Land landschaftlich reiz voll, mag man e£ nun in der Seen platte durchqueren, wo dunkle Wasser spiegel zwischen weiten Wäldern träu men, mag man den Reiz der Bern steinküste oder der Hafflandschaft auf sich wirken lassen, in den Niederungen breite Ströme fließen sehen und hohe gotische Backsteinbauten bewundern, oder „hinterwärts von Memel" dem nördlichsten Dorfe Deutschlands zu steuern. Einst wirkte dies Dorf so traurig arm, daß, der Sage nach, ein nach Rußland durchreisender Preußenkönig dem Posthalter eine bezügliche Bemer kung machte. Der Mann verteidigte seine Heimat und sagte: „Majestät, ich bin hier noch immer satt gewor den." Davon hat die nördlichste Poststation des Königreichs den Na men Jmmersatt, das zugehörige arme •Wiu., -'"V TiNijtiW» '•j** Wachthäuschen der Grenzkosaken. Dorf aber nannte sich von da ab selbstironisch Nimmersatt. Es besteht heute aus einer Anzahl sehr zerstreut, oft dicht anoer Grenze liegender Fi scher- und Bauernhäuser mit etwa 350 meist lettischen Einwohnern. Die Häuser sind fast durchweg strohgedeckte Lehmhütten oder Blockhäuser. Sie schauen aber im allgemeinen etwas besser aus, als viele Hütten, die ich «wfy/A'V W f/ auf der zweistündigen Wanderung von der Kleinbahn-Station Deutsch Grottingen nach Nimmersatt verein zelt am Wege liegen sah. Das Acker land ist ziemlich .fruchtbar und nur stellenweise, meist dicht bei der See, sandig und wenig ergiebig. Man will wissen, daß mancher Bauer, der da mit Weib und Kind in seinem einstök kigen Häuschen sitzt, aus dem oft ge nug noch der Rauch, nachdem er die Windmühle bei 'Nimmersatt. Wohnung ordentlich eingeschwärzt hat, statt durch einen Schornstein, am Gie^lloch hinausspaziert, mit seinen struppigen Pferchen mehr aus seinem J&L-y „-f ., A Lande herausholt und auf die hohe Kante legt, als mancher.Gutsbesitzer. Das kommt nicht zum wenigsten von seinen sehr geringen Kulturansprü chen. asSufc,—— •xwA»- ^*ifc\l!IL. .. \w* 3 Grenze zwischen Nimmersatt und Polangen. In Ninlmersatt ist aus kleinen An sängen eine sehr stattliche deutsche Wirtschaft mit Gasthaus als „Kur Haus" entstanden. 'Sie ist sogar zweistöckig, und das will etwas besa gen, wo selbst in der Hauptstadt der Gegend, in Memel, das einstöckig^ Haus noch vielfach die Oberhand hat. Es läßt sich gut und billig in diesem Kurhause leben und im Sommer ist es immer voll von Gästen, denn es besitzt einen über einen Kilometer langen Kiefernwald und die zugehö rige Küste, die eine herrliche Dünen bildung aufweist und einen wunder baren flachen Strand aus dem fein sten Sande hat. Tennenfest und breit umgürtet er das Meer. Ich habe mich' trotz des schneidenden Frühlingslüftchens zwei Tagelang be seiigt umhergetrieben, zwischen den schützenden Dünen herumfaulenzend, und es war mir in meiner absoluten Einsamkeit, als seien Meer und Küste mein eigen. Ich habe dem Schrei de? Seevögel gelauscht, habe die Sonne ins Meer versinken sehen, sah Fischet* Hütten und Windmühlen am Dünen rand stehen und fühlte mich bewegt beim Anblick des nüchternen Ziegel fchuppens am Strande, der sich rot abhebt vor dunkelm Kieferngebüsch. Dieser kahle Schuppen mit seinem Inhalt aus-Strandwagen und Boot und Raketenkanone, das man alles durch »die Fenster betrachten kann, spricht nämlich von erhabener, men schenbrüderlicher Hilfsbereitschaft: es ist die letzte deutsche Station det Ge sellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Nicht gar weit von dem Rettungs bootschuppen heben sich hell vor dem dunkeln Kiefernwalde von Polangen, dem nahen, russischen Seebade, zwei etwa drei Meter höhe Steinobelisken ab. Der eine trägt den preußischen, der andere den doppelköpfigen russi scheu Adler. So blicken sie steif und stumm aufs Meer hinaus, schauen sich an, wer mag sagen, ob trutzig oder sreundnachbarschastlich, diese .'lifo" WW.'tiz. AM,.. .. \\V 'I In Nimmersatt. Grenzsteine, Hoheitszeichen der beiden militärgewaltigsten Staaten dieser Erde. Fünfzig Schritte weiter jen feits des verfallenen Grenzdrahtzau nes und der weißköpfigen Markte* rungssteine, die aus Sand und Ge strllpp in langer Reihe Hervorlugen, steht auf vier rohen Baumstämmen eine einer Wildkanzel nicht unähnliche Holzhütte mit einer durch eine Leiter zu besteigenden Plattform vor ihr. Wie eine dunkle Silhouette hebt sich darauf die Gestalt eines spähenden Grenz-Kosaken vor dem Himmel ab. Er hält Ausschau nach Schmugglern und den schrecklichen Uebeltätern, die es sich etwa einfallen lassen könnten, ohne Paß die Grenze des heiligen Rußland zu überschreiten. Dem Ar men würde es übel ergehen, Verhaf tung wäre das mindeste. Darum hat die preußische Regierung vorsorglich vor der Grenze drunten am Strande einen großen Stein errichtet mit der bezeichnenden Aufschrift: „War nung! Grenze!" Wer sich übrigens für 20 Pfennige emen Grenzpaß mit der Bestätigung, daß er eine unver dächtige Person sei, verschafft, der kann sich „drüben" einmal umsehen und gewiß recht lehrhafte Vergleiche ziehen. Aber auch, wenn er diesseits der Grenze bleibt, offenbart sich ihm ein Stückchen Rußland in den schaf pelzbekleideten Bauern, die auf schwachen,' mit zähen HalbponieS be spannten Wägelchen schwere Kiefern stämme nach den Memeler Schneide mühlen führen. Uebethaupt bietet der Grenzverkehr viel Buntes und Interessantes. :W. Schulte vom Brühl. Kit* 1 1 ff'» 1