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Der westbote. [volume] (Columbus, Ohio) 1843-1871, June 15, 1865, Image 1

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Novelle vo» 8. i e th s f.
l?vrtse»«ng.)
Der SchissSmann trank sein Maß a*S. »'s hat
^ich schon manch Einer verirrt zwischen den Weiden
imt) hat die Meerlinsen für GraS angesehen," sprach
er, „der wird's auch nicht gerade an der Stirn ge
schrieben tragen, wenn er in ein paar Tagen darun
ten am faux rempart in den Weiden hängt, daß wir
Ihm den Weg gezeigt haben."
„Das ist eine ärgerliche Geschichte/ sprach düster
fctt Wirth.
Der Schisssmann lachte, es wâr' noch ärgerlicher,
wenn wir ans die Galeeren müßten Ihr wäret
Goch nicht dort, Dreisnnkener, wie ich, sonst ließet
ehr auch lieber Einen über den Rand des Nachens
schnappen, als selber an die Kette gehen wie ein
Tanzbär."
Der Wirth schauderte und tedeckte die Augen mit
der Hand.
„Lustig. lustig. Mann 1" rief der Schiffer, „wer
V sagt, muß auch lernen, und wer in der Jugend
stirbt, «ird ein um so schönerer enget."
Mit einem dumpfen fchfnftjflrtf« OeflHs in der
Stirne erwachte Rudolph aus verkürzen Ohnmacht,
welche nach dem Faustschlag des Schmugglers ihn
«gewandelt, aber es dauerte lang, bis seine betäub
en Sinne sich wieder lichteten, bis er auf den feuch
Hen Kellerstnfen, auf welchen er lag, umhertastend,
seiner Lage und der Umstände, welche dieselbe her
'Heigeführt, sich klar wurde.
«8 Er wußte sich gefangen, in der Gewalt böswilli­
Gesindels, aber er war so ermattet und erschöpft^
aß feine Bewegung den Drang verrieth sich zu be
!reien, kein Ton anzeigte, daß er noch lebe. Wil
Hen- und kraftlos lag er da, wo et hingesunken war,
starrte in die tiefe Dunkelheit hinein. Zufam
Mienhanglose Bilder und Gedanken, leere Worte in
^»einigender Wiederholung summten ihm durch den
^ßkopf, eine bleierne Schwere lastete auf seinen Li-
Sern. Ein blaufahler Blitz zuckte über den Nacht
«Jimmel hin und ließ das eiserne Kreuz in der Kel
erluke gegenüber seinem Blick erscheinen, ein ferner
Demter rollte nach.
:*j3 Rudolph schloß die Augen, das dunkle Kreuz auf
^Hellem Grunde tanzte tausendfach vervielfältigt ihm
^avot, der Donner schien ihm fort und fort zu rol-
wie der Sturz eines Wasserfalls, im Brauseu
rtâfutd Flimmern wollten ihm wieder die Sinne vcr
zzGehen.
,»ft Da tönte ein vorsichtiger Fußtritt von unten her,
tjiin leichter Schritt (am herauf, ein Frauengewand
Berührte die Stirne des Liegenden, der mit aller ihm
zjMu Gebote stehenden Willeué&^Ct die Ohnmacht von
"!?ch schüttelte.
„SEBet ist da?" fragte et*
„Still, still antwortete esl'eise, er sah im Dun-
die Umrisse einer weiblichen Gestalt, eine Hand
^Haßte die seine, und eine Stimme flüsterte ihm in's
t' iDht: „Folgt mir so leise Ihr könnt, ich mein's
"n* Wieder zuckte ein Blick über den Himmel und er
-^hellte sekundenlang den Raum hinter der Luke mit
Sem Eisenkreuze, und ließ mit Gedankenschnelle den
"Hungen Mann die Gestalt des schönen Mädchens er
'^Fennen.
Unwillkürlich faßte seine Hand fester die ihre, und
'^tieß er sich von ihr leiten die schmale Treppe hinab
Jn den feuchten niedrigen Keller. Alte, halbverges-
Märchen feiner Kmfheit kamen ihm wieder zn
wie er so tappend und unsicher seiner Führe
tin folgte, von Knaben, hinter welchen der Berg sich
»»^schloß, die durch Nacht uud Dunkelheit vordrangen
«nitis zum Mittelpunkt der Erde, geleitet von einer uu
5 jpchtbarenHand bis dahin, wo die Adern des edlenEr
,r.|es klingend aussprießen an den Wänden, wo die ge
»m^eirnen Quellen hervorspringen unter dem krystalle
,-l.Hien Throne, wo fnnkelnd von Schönheit und Edel
-z.'!«estein die Bergesfee sich herabbeugt und sieben Ta-
F-De dem Knaben schenkt, sieben Tage voll namenloser
freute und Wonne. Jeder Tag ist ein Jahrzehnt
Ltnd am achten öffnet sich wieder der Berg, und der
Jils lachender Knabe hineinging, schwankt d'rans
'^Hervor als ein müder Greis, dem von allem Reich5
^ihum nichts blieb als das bittere Heimweh nach dem
verlorenen Glück.
Ein dumpfer, rollender To» wie von an der Kcl
^lerlufe vorbeigerollten Fässern ließ das Mädchen
^jflille stehen Rudolph fühlte das Beben ihrer Hand,
meinte das angstvoll schlagende Pochen ihres Her
Kens zu hören. „Schnell, schnell," flüsterte das
Mädchen, bückt Euch Unter leeren Tonnen,
Daub
bölzern und zusammengelegten Latten wanden die
...'fiZeiden sich hindurch bis zu einer in das tiefe Dun
nvfifcel graulich hereinfchimmernden Oessnuug. Eine
"i.fiimorfche, angelehnte Thür klappte im Windzug aus
und zu, das Mädchen stieß sie auf „da hinunter,"
flüstert sie. Mechanisch gehorchte der junge Mann
und sprang aus der Oeffnung wenige Fuß tief hin
ab in einen ausgetrockneten Graben. Das Mäd
che» zog mühsam die Thüre wieder zu die breite
'a^ÄKellerluke oder Thüre, zu welchem Zwecke sie auch
««-itiflfttihet gedient haben mochte, schien jetzt seit Jahren
i^üäflußet Gebrauch und fast vergessen zu fein, das Schilf
... .im darunter liegenden Graben versteckte sie vollkoin«
men, Sumpfluft und Alter hatte» die starken Bän
der und Riegel längst so zernagt, daß es dem Mäd
chen geringere Mühe kostete, diesen Laden aufzusto
ßen, als wieder zu schließen. „In Gottes Namen
denn 1" sprach sie und sprang durch das vor der Kel
letluke wieder zusammenrauschende Schilf herab.
„Mein Engel, meine Retterin," flüsterte derjun
ge Mann, nach ihrer Hand greifend.
„Noch nicht," antworte das Mädchen. „So
sckmell und so leise als Ihr kömtt folgt mir vor
trfittâ."
Der Regen strömte noch immer herab, aber daS
Gewitter hatte nachgelassen und der Mond schien
dann und wann hinter den sich scheidenden Wolken.
Rudolph sah, daß sie an der Hinterseite des Hauses
hinschritten, die schwarze feuchte Mauer stieg fen
sterlos und dunkel neben ihm ans, nur ein einziges
Fenster, das der Wasserablauf davor als das Kü
cheufenster bezeichnete, öffnete sich auf die Grabcu
feite durch das Fenster, von dem Rinnsteine her
ab mußte das Mädchen in den Graben gestiegen
sein, um in seinen Kerker zu gelangen. „Dank,
Dank," flüsterte er. „Haltet Euch nicht auf," ant
wertete das Mädchen, „vorwärts."
So schritten die Beiden in Regen und Nacht durch
den fast endlos scheinenden Graben. Es war ein
mühsames Wandern in dem schlammigen Boden
durch das dichte Binsen- und Schilfgeflecht, aber
endlich wurde der Boden trockener und ansteigender,
das Schilf verschwand, und die Beiden stiegen an
einer den Graben quer schließenden Mauer aus dem
selben herauf. Der Regen hatte jetzt fast ganz nach
gelassen und der Mond erhellte die Umgebung.
Bei feinem Scheine sah Rudolph in der langen
Mauer vor ihm eine kleine Thüre, in welcher der
Schlüssel steckte. „Schließt aus," sprach das Mäd
chen. Mit Mühe drehte der junge Mann den ein
gerosteten Schlüssel herum, ein knarrender Ton
schrillte durch die Nacht, die Thür sprang aus, und
der junge Mann trat ein.
Eine warme feuchte Luft wehte ihm entgegen, ein
fflst betäubender Duft von Orangenblüthen und Tu
berrofen. Palmenfächer nnd hängende Pflanzen
gewinde stiegen in phantastischen Formen vor sei
nem Äuge empor. Es war wie ein Traum, so
plötzlich aus dem feuchten Graben in die Wunder
der Trcpenwelt versetzt, und traumhaft erschien es
dem jungen Manne, fast nur wie ein Gebilde seiner
eigenen erregten Phantasie.
Rasch ging er einige Schritte vorwärts, dann
wandte er sich um nach der hinter ihm Eingetretenen.
Alle Furcht, alle Gefahr der letzten Stunde«: war
ihm vergessen vor dem Zauber dieses Momeu/s, vor
der wieder erwachten dichterischen Begeisterung.
Zwischen den riesigen Blättern einer Aloe blickte
der Mond herein, das Pflanzenhaus mit seiner sil
bernen Dämmerung füllend gerade da^in, wo das
Mädchen stand, fiel der hellste Schein Rudolph
$«rrtf jtta« wie «j^r äfcmiatMf licht ^csch«i^M,
Jahrg. ÄS
wie ein ossenbartes Wunder, und wunderbar schön
war sie, wie sie so dastand, bleich und still wie ein
Marmorbild unter dem dunklen Lanbe eines Oran
genbaumes, dessen hellweiße Blüthenzweige wie eine
Krone aus ihrem vom Regen glänzenden Haare
ruhten.
„Holde! Schone! Wo führst Du mich hin'. Wer
bist Du?" rief der junge Mann in steigender Erre
guiig seine Hände nach ihr ausstreckend.
Das Mädchen trat unter dem beleuchteten Oran
genbaume hervor in den tiefen Schatten, den die
Blätter der Aloe warfen.
„Wer ich bin?" fragte sie traurig Jeine Frage
wiederholend. „Das Kind des unglücklichen An
dreas Riedberger, des Wirthes zu den drei Funken,
aber wer seid Ihr?"
„Ein Fremder bin ich, ein Kaufn»««, und erst
feit zwei Tagen in dieser Stadt."
„Man hielt Euch für einen Officer der Dona
ne," antwortete zögernd das Mädchen. »Ihr kamt
zur bösen Stunde in unser Haus es liegt
am Wasser und allerhand wildes Volk
gebt aus uud ein warnm kamt Ihr hieher?"
rief sie mit Bitterkeit im Tone, „warum liefet Ihr
mir nach? —aber laßt's gut sein," fuhr sie ruhiger
fort und wehrte ihm zureden, „das ist geschehen, ich
habe jetzt nur noch Eines zu thun, Ihr sollt mir
schwören bei dem, was Ihr das Höchste glaubt, daß
Ihr nichts unternehme» wollt gegen meinen Va
ter, was ich auch über sei» Gewerbe denken
mag, ob ich's gut oder übel heiße, ob ich auch das
Elend, das rings um mich sich aufthut, so schwarz
und tief sehe wie Eines, ich wollte mit einem Ver
rath nur keine Brücke drüber schlagen. Denkt da
ran, daß Ihr mich nicht znr Mörderin macht, macht
mich nicht zum Werkzeug gegen meinen Vater."
„Bei allem Heiligen schwöre ich Dir Schweigen,"
rief der junge Mann. „Bei dem Ernste dieser
Stunde, bei der Gefahr, in die Du Dich für mich
begeben, schwör' ich Dir Schweigen. Aber ich will
Dich wiedersehen, laß diese Stunde nicht die letzte
sein," fuhr er flehend fort.
Das Mädchen antwortete nicht, sie öffnete die
Thüre des Gewächs Hauses, und Beide traten aus
der warmen, blumendurchdufteten Atmosphäre in
den kühlen, mächtigen Garten.
Dunkel uud massenhaft hoben Voskette und
Baumgruppen von dem Nachthinunel sich ab, das
Mondlicht fchivamni zitternd über feuchte Rasen«
flächen und Rabatten, es lugte hinein in dunkle Al
lccn und ließ sie endlos und riesenhaft erscheinen im
magischen Lichte.
„Das ist der Garten des Präfekten," sprach das
Mädchen, „der Gärtner findet seinen Weg nur zu
oft durch den Graben nach den drei Funken. Gott
gebe, daß ich ihm nicht begegne."
Rudolph schauderte, jetzt erst dachte er daran, in
welche Gefahr das Mädchen sich für ihn begeben,
welcher Gefahr sie entgegenging.
„Flieh mit mir," bat er, „ich will Dich halten
wie meine Schwester."
Das Mädchen wies seine drängende Geberde zu
rück. „Meinet Ihr, ich dürfte nur an mich denken
fragte sie, „glaubt Ihr nicht jedes Leben, so arm
es sei, es hat seine Freuden, nnd keines ist so gc
ring, es hat seine Pflichten?''•
Schweigend schritten sie hitch den dunklen Theil
dcs.Gartens bis zn einer niedrigen Hecke, hier blieb
das Mädchen stehen. „Bis dafür führ' ich Euch,"
sprach sie, „jetzt helft Euch durch mit Gott über
diese» Zaum und über deu nächste» steiget, da»»
kommt Ihr aus die Bleiche an der Sankt Radberts
kapelle, von da an's erste Fort, dort möget Ihr
warten, bis die Thore geöffnet werden, es sind nur
noch wenige Stunden bis vier Uhr."
„Und wo seh' ich Dich wieder?" bat der junge
Mann leidenschaftlich, „sag' nicht nein, sag' nicht
wozu? Jeder Gefahr will ich trotzen, Dich zu se
hen, sag' mir Deinen Namen, daß ich bei Deinem
Namen bis dahin au Dich denken kann."
„Brigitte" antwortete sie.
„Brigitte," sprach deikjunge Man« innig, ^laß
mich Dich wiedersehen!"
Sie entzog ihre Hand der seinen, und ehe er noch
einen Abschiedsgruß sprechen konnte, war sie im
dunklen Laubgang verschwunden.
Forschend stand er still, er hörte die Glasthür des
Gewächshauses zufalle», hörte wieder den knarren»
den Ton von der Thür in der Mauer her, dann
blieb es still. Vor sein geistiges Auge trat das
muthvolle, schöne Mädchen, das ihn gerettet, das
jetzt allein in der Nacht durch den schilfigen Gra
ben hinschritt, der Gefahr entgegen, vielleicht der
Mißhandlung.
„Brigitte! Brigitte!" rief er wehmüthig und
entzückt, aber mir der Nachtwind gab Antwort, der
durch die Kronen der hohen Ahorne und Rüstern
rauschte.
Er stieg über den Zaun und über den folgenden,
dalag ein offener Plan vor ihm, mit leeren Wäsche
seilen an Stangen befestigt und weiterhin mit lang
ausgestreckten Stücken weislich schimmernder Lein
wand belegt, ein kleines, halbzerfallenes Kirchlein
unter Weiden und Erlen, das mußte die Bleiche bei
Sankt Radbert fem. Von dem nahen Fort tönte
der taktmäßige Schritt der Wache. Rudolph trat
näher. „Wer da!" rief der Soldat herab, und aus
der niedrigen, tabakerfüllten Wachtstnbe trat ein
Sergeant.
Auf dessen Frage berichtete Rudolph, daß er ein
Fremder fei und beim Spazierengehen sich verspätet
und verirrt habe, „Kommt mit 'rein," sprach der
gutmüthige Soldat, „halt', Ihr sehet nit übel aus,
habt HhrMnch taftat im K rotten
loch baden'l"
4.
Ungeduldig erwartete Rudolph den nächsten
Donnerstag, er hatte sich jetzt so weit in der Umge
gend der Stadt orientirt, daß er die Bleiche bei
Sankt Radbert leicht finden konnte. So gefähr
lich ihm durch fein nächtliches Abenteuer diese Um
gezend erschienen war. um so harmloser und freund
licher erschien dieser Garlenkoniplex mit den stillen,
üb et fciischten Kanälen bei Tage.
Endlich war der T^onnerstag da, und sogleich
»ach dem Schlüsse der morgendlichen Conipioirstnn
den machte sich Rudolph auf den Weg, das Mab
chen wiederzufinden, deren Bild bei Tag und bei
Nacht aus feinen Gedanken nicht geivichen.
Die Bleiche mit ihren flatternden Leinen stücken
lag hell im Sonnenglanze vor ihm, die wenigen
Bleicherinnen, welche über Mittag geblieben, hatten
sich in d?n Schatten der Weiden zusammengesetzt,
theils plaudernd, theils schlafend, Brigitte war nicht
unter ihnen.
Langsam schritt der junge Mann, von dem neu
gierigen Blick der jungen Biirgvrétochter und Mägde
gefolgt, an dem Rande des Wassers hin bis zn der
etwas abseits gelegenen Kapelle. Die Thüre, die
gegen das Wasser führte, stand offen, Rudolph sah
hinein, es war kühl und dämmerig in dem leeren
Raume, welcher anscheinend schon lange keinen
Gottesdienst mehr gesehen hatte er wollte vorüber
gehen, da fesselte eine Gestalt seine Aufmerksamkeit,
welche, ihm den Rücken zugekehrt, auf einer der
Sinsen des nackten Altares saß jetzt wandte sie,
vom Geräusch seiner Schritte aufmerksam gemacht,
den Kopf, es war Brigitte.
Mit einem Ausrufe deö höchsten Entzückens stürz»
tc Rudolph auf sie zu, fast vor ihr auf die Kniee
ruhig stand sie auf, ruhig hieß sie ihn willkommen,
aber doch lag etwas in ihrem Blick, in der rasch
vorüberfliegendcn Rothe ihrer Wangen, das die
Frende verkündete, welche sich nicht aussprach.
Rudolph wollte wissen, wie sie zurückgekommen,
wie es ihr ergangen, sie aber schien jeder Erin
neruttg an diese Nacht ausweichen zit wollen, mit
einer abwehrenden Handbewegung sprach sie: „Es
hat sich gut gewendet, —tedet mir nicht mehr da
von."
Aber er wollte zu ihr r&fn, und da er nicht von
seinem Danke zu ihr reden sollte, so redete er ihr
von seinem Vater, dem sie den Sohn gerettet, von
seiner Heimat, von seiner verklärten Mutter, die
des Himmels Dank ihr erwerben müßte für die
^•,=r
Mit gesenkten Augen und im Schooße gefalteten
Händen hörte das Mädchen zu, ihr Schweigen ließ
auch den jungen Mann verstummen. „Ich la»g
we/le Euch, Brigitte?" fragte er.
„Nein, nein", antwortete sie rasch und hob die
glänzenden Augen zu ihm empor, „sprecht weiter,
Ihr thut mir wohl damit, das ist mir, wie wenn ich
in einen bellen Garten hineinsehe, oder ich höre eine
freundliche Musik."
„Armes Mädchen!" sprach er leise vor sich hin
er hatte es nicht bedacht, wie groß der Kontrast ihr
erscheinen müsse zwischen den Seine» und seinem
Leben uud zwischen dem ihrigen.
Sie hatte den leisen Aiterns gehört, ein schmerz
liches Lächeln glitt über ihre schönen, ernsten Züge.
„Es gehen nur die Wenigsten leicht dutch's Leben,"
sprach ste, „und meinet Ihr, wenn Einer einen
schweren Bündel schleppt im Staub und der Hitze weiter Nichts mehr seit fast
nnd er hält eine Weile inne, um über den Zcinn am
Weg in einen Garten voll Blumen und Früchte zn
schauen, es müßte nur Neid sein, was er empfindet?
seinen Theil Freude daran gehabt
er hat auch
Rudolph sah sie staunend an, die Schönheit, das
Treffende des von ihr so schlicht gebrauchten Bildes
berührten ihn in wunderbarer Weise, er konnte ihr
nichts Schmeichelhaftes darauf sagen, es wäre ihm
wie eine Profanation erschienen.
So schwieg er. Das Wasser des Kanals plät
scherte leise an das mit Tausenden von Bachvergitz
meinnichten umsäumte Ufer, ein linder Südwind
strich durch die Weiden und Pappeln über die Ka
pelle, und ließ die schwankenden Zweige leise kür
rend anschlagen an die wenigen übrig gebliebenen
Scheiben der schmalen Bogenfenster. Das Mäd
chen schwieg und verfolgte mit den Augen die hu#
scheuten Schatten der Zweige am Boden.
Rudolph ließ feine Blicke in dem kleinen Raume
umherglciten, in welchem er nnd das Mädchen in
der Stille des Mittags faßen. Es war ein schlich
tes, altes Kapellchenj arm nnd dürftig hatte es
wohl nie den Prunk und Pomp der kctholifchen
Kirche gesehen, die frommen Waller nnd Beter ge
wiß nie in großer Anzahl. Jetzt aber war jeder,
auch der dürftigste Schntnck verschwunden, Waller
uud Beter fanden weder Kreuz «och Bild mehr in
dem öden Rannt, der mir noch dem Bleichhüter als
Wächterhäuschen und als gelegentlicher Aufbe
walnnngsort für über Nacht zurückgebliebene Wä
fche diente.
Der Kalkbewurf war von der Wand gefallen und
ließ die rauhen Feldsteine sehen, aus welchen das
Kirchlein aufgeführt war, uur über dein zertrüm
mertcn Altare befand sich ein behauener Stein mit
der rohen Btldwerkarbeit des elften Jahrhunderts.
Ein sich bäumender und zttrückschnappender Fisch
trug auf seinem Rücken ein Kreitz, an welchem die
Dornenkrone, die Nägel, der Kelch nnd das Schwert
hingen, darüber war noch eine nur halb erkennbare
Hand und die Reste einer verschwundenen Inschrift
zu sehen. Das symbolische Bild fesselte die Auf
merkfamkeit des jungen Mannes, und ohne zu über
legen, ob er an die junge Wäscherin die archäologi
fche Frage richten dürfte, fragte er Brigitten, was
es bedeute. Sie wandte sich ruhig um. „das ist St.
Radbert's Zeichen," sprach sie. „Der soll ein Heid
nischer Fischer gewesen sein und da gewohnt haben,
wie alles Volk ringsum im Heidenthnm lag. Zu
dein ist ein christlicher Mann gekommen aus Frank
reich, ein Heiliger, und wollt ihn unterweisen im
Christenthum. Der Radbert aber lachte über den
todten Gott, und jagte den Priester mit Hohn und
Schimpf davon, wie der ihm sagte, die Steine wür
deu aufstehen und die Fische den Namen Jesu pre
digen. Am selben Tage aber fing er einen großen
Hecht im Garn, und wie er ihm den Kopf ans einem
Stein zerschlug, fiel das ganze Leiden Christi ihm
entgegen. Da glaubte der Radbert und baute sich
hier eine Zelle uud unterwies die Fischer im Worte
Gottes. D'rnrn heißt die Gegend hier die Rad
bertsau. Die Leute siud lutherisch geworden hier
herum, dem St. Radbert wird schon lange keine
Messe mehr gelesen, aber jedes Kind kennt ihn noch."
„Wie schön, wie schön!" rief der junge Mann,
aber sein Ausruf galt mehr dem Rei^e, an diesem
Orte und ans diesem Munde die alte Sage zu hö
ren, als dieser selbst.
Das Mädchen lächelte. „Der Fisch hat nur das
Leiden gepredigt," sprach sie, wir haben einen Stein
hier, der predigt Leben und Leiden und n'ie man daö
Leiden erträgt. So est ich's kann, laß ich mir pre
digeii von dein alten Sinnlilde ans dein Münster,
das spricht eine Sprach, die ich verstcbe."
Der junge Mann sprang aus, er ^'aßte ihre Hand.
„Brigitte," sprach er, „was ich Euch sagen möchte,
dafür fehlen mir die Worte, ich komme mir arm und
trocken vor Ench gegenüber, ich habe todte Bnchsta
ben, Ihr habt im Bnche der lebendigen gelesen. Laßt
wich wiederkommen, gewährt mir die Gunst."
Sie neigte das Haupt. „Glaubet mir, ich bin
dankbar dafür, wenn Eines mit mir reden will an
ders wie ich's gewohnt bin. Aber kommet nicht zu
oft, ich habe mir mich, um meinen guten Ruf zu
bewahren, und jetzt muO ich wieder an die Arbeit."
Sie stand auf und reichte ihm nochmals die Hand,
unwillkürlich beugte der jnnge Mann sich nieder, um
diese feste Hand zu küssen, sie aber, mit dunkler Nö
the übergoHeu,4»tM sie ^11* -Das isi nicht Brauch
bei uns l*~
5.
Oester und immer öfter kam der pinge Mann nach
der Bleiche
Von
St. Radbert, die Vergißmeinnicht
am.Vvaiialitfec waren längst verblüht, Gras und
Wiesenblumen waren gefallen unter den Sensen der
Mäher, die Trauben begannen schon sich zu färbe» in
de» Gärten der Radbensau, aus welchen statt des
Flieders und der Rosen, Mulueii und Dahlien her
übergrüßten, und immer war das Wort der Liebe
zwischen den Beiden noch nicht gesprochen worden.
Das Unglück und die Verkommenheit ihres Hau
fco hatte wie ein Schatten auf der Seele des Mäd
chens gelegen, es hatte sie ernst und streng gmtacht,
ihren Iahren voran. Jetzt trat das Glück an sie
heran in seiner schönsten Geüalt, und sie gab sich
seinem Zauber mit ganzer Seele hin. Sie schien
jünger, kindlicher zn werden, ihre Reden waren nicht
mehr so überdacht, so ernst, ihr Blick war munter
und ihre Stimme klingender geworden.
Die Strenge, mit welcher sie ihren guten Ruf be
wachte, war weicher geworden, ja sie ging Rudolph
1 v' V ,, -c
L.,
in ten «Kl*«» r« hn «inarttl«, hi -.»
v,,
Rudolph gab sich diesem schönen, stillen Liebes
K an fitaie Ii flfgcn. I tc wollte sie herausreißen, seine Blume, feine Braut,
Ueber die Verhältnisse zu Hause sprach sie nur äu
ßerst ungern nnd nie über die Nacht, in welcher sie
sich kennen gelernt. Von ihrer Mutter sprach sie,
DO» der ergebenen Dulderin, mit SVehmuth und
Liebe, in der traurigen Vorahnung des ta tigen
Scheidens. Aber sie war so jung, das Gliick war
zum erstenmale an sie herangetreten, ihr Seelen
frühling war so kurz erst angebrochen, daß die Weh
lunth nur wie ein Schattenwölkchen an ihrem hellen
Himmel hinzog.
.. V TO y Wege wissen, Brigitten zu befreien.
hm.fm.hn
ten und Liebenswerthesten gewor-
Inbegriff des Besten und Liebenswertheste
den. Die ehrfürchtige Scheu, welche ihn im An
sänge in ihrer Gegenwart beklommen hielt, war ver
schwunden. Mit Entzücken sah er, wie das Mäd
chen feinem reichen Wissen, feinem gebildeten Gei sie
Bewunderung und Aufmerksamkeit schenkte. Die
Grenzen ihres Wissens waren enge, aber ihre Bil
dungssähigkeit, ihre Empfänglichkeit, war dan'trittn
so größer. Jedes wußte um die Liebe des Andern
uud um die eigene, und als endlich das Wort sich
dazu fand, war es, als wäre es schon lange geredet.
„Brigitte", sprach Rudolph, „Du wirst mein Weib
sei» was ich vom Glück erwarte liegt in Deiner
Hand. Mein Vater wird einwilligen, er will mein
Glück, und dann, Geliebte, schau' vorwärts einem
freien Leben entgegen! Halte den Kopf hoch, daß
Jeder mit Bewunderung uud Staunen nach meinem
ichöiien, edlen Weibe sieht. Gib mir Deine Hand,
sie soll fest ruhen in der meinen für alle Ze t."
Sie reichte ihm beide Hände, sie sah ihn an mit
einem strahlenden festen Blick, dann senkte sie das
Haupt nnd sprach leise und innig: „Ich will mein
demüchiK^ttls Gottes uud Deiner Hand neh
estbote.
Kolumbus, O., Douuesâag. 15. Juni 18 65, Ro. 43.
men und dafür danken mein Leben lang."
Stumm kielten die Liebenden sich umfangen, (Ii
IVar es in St. Radbert's alter Kapelle, ein tc:h.
Strahl der sinkenden Septembersonne stahl sich zwi
schen den lichteren Baumzweigen hinein,
roth schim
merte die Dornenkrone, Kreuz und Kelch im Mar»
tyrium, das Licht schien herabzusinken ans der offe
neu Hand wie ein flüssiger Tropfen, jetzt ver
glomm cö, und Alles lag wieder im fahlen Gran.
„Mein Freund, mein Freund, auf Wiedersehen I*
rief mit Jubelton das Mädchen.
„Leb wohl, Du süße Braut rief Rudolph ....
Die Oktobernebel spannten lange Schleier über
die Bleiche am Kanal. Brigitte war nicht mehr
erschienen seit jenem seligen Septemberabend. Sie
war an das Bett der immer kränker gewordenen
Mutter gefesselt, das hatte Rudolph erfahren, aber
Vier
Wochen
So viel
er konnte, streifte er in der Nähe der Radbertsan um
her, immer in der Hoffnung, sie wieder zu sehen und
immer vergebens.
Unmuthig kehrte er so eines Abends von einem
vergeblichen Gange nach Hanse es ärgerte ihn, daß
Brigitte il'n so ganz ohne alle Kunde ließ die
schiveren Pflichten, die sie zn erfüllen hatte an einem
hoffnungslosen Krankenbett, die bösen Verhältnisse
ihres Hanscs brachte er heute nicht genug in Anschlag.
Wohl mußte er sich sagen, daß er der Liebe des Mäd
che Ii 8 sicher sei, aber das genügte ihm nicht, er woll
te mehr.als das bloße Bewußtsein des Geliebtwer
dens.
In dieser ärgerlichen Stimmung fiel ihm eine
Einladnngskarte seines Principals in die Hände.
Er tmißte sich gestehen, daß er diese mit seinem Va
ter befreundete Familie mehr als billig vernachläs«
sigt habe, ganz seiner Liebe zu Brigitte» lebend.
Er sagte sich, er müsse hingehen, ohne es sich recht
zu gestehen, daß es auch das Bedürfniß nach Ab
wechSlnng und Zerstreuung sei, das ihn hinführe.
Das Haus des Kaufmanns war eines der ä!te
sten uud renomiitesten der Stadt, seine Gesellschaft
ten waren die bedeutendsten. Alte deutsche Bürger
feste batten sich mit französischer Leichtigkeit gepaart,
seit Generationen überkommener Wohlstand, eine
maßvolle, freundliche Bildung vereinigten sich, um
das Leben in diesem Hanfe zu einem behaglichen zn
machen.
Auch Rudolph fühlte sich in den ihm gewohnten,
aber feit Langem gemiedenen Gesellschaftskreisen bald
wieder heimisch. Durfte er sich auch sagen, daß set
lie der anwesenden Mädchen an Schönheit der Ge
statt, an Würde des Ausdrucks Brigitte nur im
Entferntesten erreichte, so sprach auf der andern Sei
te die Lebensgewandtheit nnd die Fähigkeit, sich über
Nichts angenehm zu unterhalten, zu Gunsten der
jungen Damen. Er dachte sich Brigitte in diese
äle. Es wäre kein Rahmen gewesen für sie. sie
hätte körperlich und geistig zu königlich hinansge
ragt über di.se Umgebung, sie wäre eine Fremde
d'rin gewesen, um es immer zu bleiben.
Mademoiselle Sophie, die Tochter des Hauses,
s.iß neben ihm, sie sprach über allerhand hübsche
£üige, hübsch und nichtssagend, wie ihre ganze klei
re, zierliche Person es war. Zerstreut hörte er zu,
seine Hanptausmerksamkeit war dem Gespräche von
in paar älteren Herren zugewandt, welche unweit
von ihm saßen.
„Wie gesagt, mein Lieber," sprach der eine von
diesen, ein ältlicher Herr in Halbuniform, „es kom
men Seencn bei solchen Gelegenheiten vor, welchen
auch die kälteste Praxis kaum gewachsen ist. —Zum
Beispiel heute Morgen, man hat ein Schmug
gel- und Diebsnest ausgehoben."
„O," entgegnete der Andere, „das ist mir sehr in
teressant, Herr Poli eipräfekt, erzählen Sie."
Der Angeredete legte die Karten nieder und ließ
feine Dose herumgehen. „Die Geschichte hat ttnS
viel zu schaffen gemacht, es kostete Muhe, da anzu
kommen, indessen wurden die Beweise so dringend,
daß wir heute Morgen um fünf Uhr mit einem
Handstreich das ganze Nest aushoben. Ilm sechs
Uhr wurde mit Meldung gemacht uud kam ich hin.
Man fiatte etwa vier bis fünf Männer in flagranti
ertappt und arretirt. Natürlich ist die ganze Haus
gencssenfchaft der Mitwissenfchaft schuldig, also ein
zuveben. yVeincii, Geschrei und Bethcnernngen
kommen bei solchen Gclgenheiteii immer vor, das ist
nichts Neues. Da war es anders. Eine im letz
ten Stadium der Schwindsucht liegende Frau lag
im Verscheiden, et» junges Mädchen von wahrhaft
königlicher Schönheit tiiieete an ihrem Bette, und
hielt ihre kalte, feuchte Hand, ein Gensd'arm stand
daneben, er hatte den Befehl, das Mädchen zu arre
tireit. Da trat ich ein, das Mädchen wandte sich
um. „Schonung, mein Herr, für die Todesstunde 1"
rief sie. „Es ist das Sterbebett meiner Mutter 1"
Ich ließ den Gensd'arm vor der Thüre Wache hal
ten und trat selbst heraus. Nach einer halben Stun
de öffnete das Mädchen die Thüre, sie war bleich wie
ein Gespenst. „Ich bin bereit!" sprach sie. Der
Gensd'arm wollte ihr die Handschellen anlegen, da
flog sie zurück wie ein Pfeil. „Mutter!" schrie sie,
sich auf die Leiche stürzend, „Mittler, ich kann nicht
mehr!" Ich hob sie auf, ich redete ihr z«, «och ein
mal warf sie sich ans die Leiche, überdeckte sie mitih
ren Küssen, und der Ton, in welchem sie „Lebe
wohl sprach, verdirbt mir den ganzen Abend."
Der Pclizeitnatin nahm die Karten wieder auf,
die anderen Herren schüttelten bedauernd die Hänp
ter, Rudolph faß da wie in halber Erstarrung.
„Wo war das?" fragte der alte Kaufherr.
„In einem verrufenen Wirthshaus draußen in
der Radbertsau, in den drei Funken. Ein gewisser
Nikolaus Riedberger, ein herabgckommener Mann,
treibt dort das Schmuggel- und Dicbshchlerzc
fchäft."
„In der Radbertsan, in den drei Funken," diese
Worte fielen wie glühende Tropfen in die Seele Ru
dolph's.
Die Wände schienen ihm zu schwanken und die
Trümmer auf ihn herabzustürzen, die Lichter von den
vergoldeten Girandolen brannten ttiib nnd nebel
haft vor seinen Augen, kalte Schweißtropfen traten
ihm auf die Stiru, uud der Name Brigitte bohrte
wie et» Dolch sich ihm in's Herz.
Er stand auf, er war bleich, er schwankte, ,3h*
nen ist unwohl fragte Sophie.
Er murmelte etwas, er wußte selbst nicht was, et
stürzte hinaus, über Stiegen und Kuttidcr, ohne
Mantel und Hut, er wußte selbst nicht wohin
Draußen in der küi'Ien Oktobernaât kam er wie«
sj
yri
ilu.i„,G.,m,zmß
1
Sr bin,
seine Königin
Tausend abenteitt'ilichc Gedanken kreuzten sich in
seinem Hirn. Halbiodt kam et nach Hause und
warf sich angekleidet auf's Bett.
Verzweifelnd, stöhnend lag er da bis zum anbre
chenden Morgen, Brigitte im Gefängniß! Ein
Strom von Thränen löete endlich die SLital feiner
Brust, und er konnte ruhiger darüber denken.
Er beschloß, sich feinem Prineipale zu vertrauen
der würdige welterfahrene Mann mußte Mittel nnd
Sc»»,-z niih imt taä C°mp!«ir ze.
ö-f
schlossen. Der Kausberr empfing den aufgeregte»
jungen Mann väterlich uud liebevoll. Ruhig hörte
er die leidenschaftliche Erzählung desselben an, ruhig
ließ er einen erneuten Ausbruch des Schmerzes an
sich vorübergehen, durch Nichts sein Staunen uud
setti Mißfalle» verrathend.
Er war *u sehr Menschenkenner, zu erfahren, um
nicht zu wisse«, das jetzt kein Einreden, keine Vor
stellnngeit fruchten würden. Er begnügte sich da
mit, Rudolph zu versichern, daß er alle Schritte
thu» wolle, bat ihn aber dringend, darüber zu schwei
gen nnd nichts Unvorsichtiges zu unternehmen, ja,
er machte dieses zur Bedingung feiner Hülfe.
Mißmuthig ging der Kaufherr nach Rudolph's
Weggang im Zimmer auf nnd ab. „Phantasterei
en," murmelte er vor sich hin, der junge Mann hat
noch eine gute Schule zu durchlaufen, bis er das
Haus Gottfried Steiner und Co. würdig repräsen
tirt. Man hat dem Knaben zu viel besonderen Wil«
le» gelassen."
Aber obschon von seinem Standpunkte aus der
"Ttf nfowffosjf Wses Liebesverhältmß als eine be-
bäuerliche Verirrung ansehen mußte, war er doch zu
viel Ehrenmann, tun sein Versprechen in Betreff
Bligitteus nicht halten zu sollen.
Nach einigen Tagen ließ er Rudolph wieder auf
fein Zimmer bitten die Niedergeschlagenheit und
Blässe des jungen Mannes thaten ihm weh, und er
nahm sich vor zu dem Sohne des Freundes wie zu
dem eigenen zu sprechen.
Zuerst theilte er ihm mit, daß eS unmöglich fei,
sich mit der in Untersuchungshaft Befindlichen in's
Einvernehmen zu setzen, die Instruktionen in diesem
Betreff seien in letzter Zeit erneuert worden, und
überdieß sei Nikolaus Riedberger so schlecht beleu
mundet, es liege noch so viel Gravirendes gegen ihn
vor, daß die Gerichte eine vollständige Absperrung
feiner und seiner Tochter für geboten hielten.
„Aber Herr Wagner, Brigitte ist rein wie die
Sonne 1" rief Rudolph.
Der Kaufmann zuckte die Achseln. „Ich werde
mich freuen, wird es bewiesen, wir haben darüber
nicht zu entscheiden. Sie aber, junger Mann, hö
ren Sie mich an, es spricht ein erfahrener Mattn
mit Ihnen. Sie haben in gefahrvoller Situation
ein Mädchen keinen gelernt, das durch feinen Muth
uud Entschlossenheit Ihren Dank verdiente. Un
terbrechen Sie mich nicht! Sie meinen mehr als
Dank, auch das will ich gelten lassen Sie sind jung
und das Mädchen ist schön. Ich ivill ihr alle guten
Eigenschaften zugestehen, aber gestehen Sie mir auch
das zu, daß es unmöglich ist, sich in solcher Umge
bung ganz rein zu halten."
Rudolph fuhr auf. „Ich versichere Sie bei meiner
Ehre, das Mädchen ist eine der Edelsten ihres Ge
fchlechts."
„Sie hielten sie wenigstens dafür," antwortete der
Kaufherr. „Aber können Sie sagen, wie viel Ihre
eigene Phantasie dem Wunderbilde lieh? Können
Sie unterscheiden, was auf deu Reiz und die Neu
heit der Umgebung zu rechnen ist? Ju dieser
Umgebung mag Ihre Geliebte eine Pretiosa sein,
aber in anderer?"
Rudolph bedeckte seine Stirne mit der Hand, es
wühlte wie tausend Messer in seinem Hirn.
„Sie haben diesem Mädchen die Ehe versprochen/
fuhr der Kaufherr fort „das spricht für Ihr reines
Empfinden, für Ihre Unverdorbenheit, Ihre Jugend,
aber nicht für Ihre Ueberlegung. Glauben Sie
glücklich zu werden Glaube» Sie das Mädchen
glücklich zu machen?"
„Bei Gott, ja!" rief Rudolph wann.
„Sie glauben es jetzt, weil Sie nicht wissen, daß
diese klaffenden, sozialen Risse sich nicht so leicht
ineinander nieten, weil Sie diese Unterschiede mit
dem Auge der Jugend und des Dichters betrachten.
Setzen Sie das Mädchen in Ihre Umgebungen
itiid Sie werde» erschreckend inne werden, welche
Kontraste sich da aufthu» Sie werden es peinlich
und bitter empfinden und ist das Mädchen so, wie
Sie sagen, ist sie feinfühlend genug, es zu empfin
den, glauben Sie, daß die Mißachtung ihrer Umge
bung ihr Glück vermehren wird
„Niemand wird Brigitte» die Achtung versagen!"
tief Rudolph.
„Täuschen Sie sich nicht," entgegnete ernst der
Kaufherr. „Sie wollen Ihre Gattin ans der vertu»
fensten Schenke, aus dem Gefängniß holen, Sie
könnten der öffentlichen Meinung nicht wehre«, dar
über zu urtheilen. Und wie unschuldig auch dieses
Mädchen sei» mag, das Gefängniß drückt ihr einen
Makel auf, welchen Ihre Gattin nicht tragen dürfte,
und Sie selbst mögen sich wohl prüfen, ob Sie den»
selben ertragen können."
Rudolph stöhnte laut aus, es war ihm, als schnei
de ein unbarmherziges Seeirmesset in sei» tiefstes
Leben und Lieben.
„Lassen Sie mich!" tief «r. „Sie haben ein
Recht, von Ihrem Standpunkt« aus so zu reden,
aber meine Liebe und mein Glaube an das Mädchen
haben auch ihre heilige» Rechte."
Der Kaufmann stand auf. „Sie haben bis jetzt
nur die Stimme Ihrer Liebe gehört, hören Sie jetzt
auch die der Vernunft in Ihnen."
Rudolph ging er versuchte es jetzt selbst, zu Bri
gitten zu dringen, es war unmöglich.
Der Kaufherr hatte es inzwischen für seine Pflicht
gehalten, Rudolph's Vater von diesem Verhältnisse
seines Sobnes in Kenntniß zu setze«, und der alte
I Herr Gottfried Steiner reiste unverzüglich auf diese
I ihn wenig erbauende Mittheilung hin ab. Rudolph
I hatte seine Tage inzwischen in qualvoller Aufgeregt
I heit verbracht. Brigittens edle Erscheinung hatte
noch nicht ihren Reiz für ihn verloren, ja, sie erschien
ihm durch die Abwesenheit noch idealer, noch ver
geistigtet et erinnerte sich ihrer in all' den schönen
Momenten, in welchen sie sein Entzücken gewesen
an das Gefängniß, an die Vcrhörsiube wollte er nicht
denken. So bildete sich ihm eine ideale Gestylt, ge
trennt von der Wirklichkeit.
Die Untersuchung schleppte sich lange hin, es wa
ten schon übet zwei Monate seitdem verflossen, und
Weihnachten stand vor der Thür, als Rudolph's
Vater in dcm befreundeten Haiisemiilangtc.
Er fand den Sohn seht verändert, das jugend
krä'tige Wesen schien wie erlahmt, der wochenlan»
gen Aufregung war eine tiefe Ermüdung gefolgt.
Gottfried Steiner konnte nur mit Bitterkeit an die
ses junge Weib denken, welches so unheilvoll in das
Leben seines Sohnes getrete». Er wollte keine mil
de Anschaun' der Sache gelten lasse», er ließ dem
Mädchen keine Gerechtigkeit widerfahren. Alles
wandte er an, jede Vorstellung, die ganze Macht der
väterlich u Autorität, am Ende die Bitte die
Bitte, seines Alters zu schonen und wenigstens bei
seinen Lebzeiten an keinen solchen ihn entehrenden
Bund zn denken Rudolph gehörte nicht zu den
starken Natitreii, erschöpft gab er nach.
Sein Vater, zufrieden, wenigstens so viel erreicht
zu haben, beschloß, ihu mit in die Heimath zn neh
men.
„Du bist krank, Rudolph," sprach er, „werde erst
wieder gesund dann handle, für das Mädchen wird
Freund Wagner Sorge tragen."
Der Wei.iachlSabend vereinigte die Glieder bet
Familie des Kaufherrn um den geschmückten Baum,
auch Rudolph und fein Vater waren anwesend.
Ersterer, der gegen seinen Willen, gekommen war,
blaß uud gedrückt, Letzterer heitct und wohlgelaunt.
Fortsetziinq folgt.
E i n e i e n i e N a u E t
ch i n n g. In Westpoint beobachtete man am
17 d. ein eigenthümliches Phänomen die Cadet
ten hielten an diesem Tage ein Bataillonsetereiren
eS war sehr warm, der Himmel, dicht bewölkt, droh
te mit einem Gewitter. Die Gewehre wurden im
linken Arm getragen, als sich eine tief gehende
schwarze Wolle gerade über den Köpsen der Solds
te» befand, sah man plötzlich einen eigenthümlich
hellen Schein nnd hörte einen Knall, welcher dem
Erplodiren einer Bombe täuschend ähnlich war.
In demselben Augenblicke flogen die Gewehre aus
den Händen der Erereirenden und jeder suhlte ei
nen stärkeren oder schwächeren Schlag in feinem
linken Arme. Einige waren für mehrere Augen
blicke wie betäubt und Einer blieb sogar beinahe 15
Minuten besinnungslos, so daß man schon furchte
te, der Blitzstrahl habe ihm das Leben geraubt.
Oberst Black, welcher die Abtheilung kommandirte,
mar ebenfalls getroffen, fein Pferd war auf die Knie
geworfen worden. Als ^rnnd dieses außerge
wöhnlichen Ereignisses nimmt man an, daß die in
der tief gehenden Wolke schlummernde Eleetrieirät
durch die Spitzen von über zweihundert Bajonetten,
welche gen Himmel gerichtet waren, angezogen
wurde. Wäre der Truppenkörper kleiner gewesen,
so hätte der Blitzstrahl gewiß ernstlicheren Schaden
angerichM.
W a v e v i k e 5 o è o u n i An
Bear Creek, 7 Meilen von stier, ist eine Gesellschaft
von New Engländern bei einer Tiefe von 600 Fnß
auf eine Cel Quelle gestoßen. Aus der Quelle strö
men im Durchschnitt jede Minute 30 Gallonen,
wovon der zehnte Theil reines Oel ist. Das be
zahlt sich uud ohne Zweifel wird in dieser Gegend
das 57elfieber von neuem ausbrechen.
DER WESTBOTE.
lEINIABD FIESIS.
XT7Sr^D3XZSXUB.
'7 'f't TERMBl
Der Kaiser und die Kaiserin von Mexico.
Der New Uorket Herald veröffentlicht eine fRti»
he von Correfpondenzen auS Mexieo, denen Fol?
gendes entnommen ist:
Der Haushalt und Hof deS Kaisers ist aus An
gehörigen aller Nationen zusammengesetzt. $r
selbst ist ein großer Mann, mit hellblauen Augen,
schönem Haar, doch ein bischen kahl am Vorderkopf
und sehr langem Backenbart. Er liebt die schöne»
Künste, ist ein großer Freund der Poesie, hegt eine
Abneigung gegen Uniformen und überhaupt Solda
ten, haßt alle Weiter in der Welt, seine eigene Ge
mahlin nicht ausgeschlossen und wählt seine Diener
stets unter Italienern.
Die Kaiserin ist eine schlanke, stattliche Dame,
man kann jedoch ihre Gesichtszüge nicht sein nen*
nen. Sie ist eine Freundin von Bällen und allen
möglichen Festen, sitzt gut zu Pferde, ist jedoch feit
einiger Zeit etwas traurig gewesen, da der Kaiset
sie nicht gut behandelt. Wenn in vollem Staate
und mit Diamanten blitzend, wird sie meistens seht
roth im Gesicht, eine Wirkung, die bei einem jun
gen Landmädchen ganz niedlich fein würde, die je
doch bei einer Kaiserin weniger zu wünschen ist.
Das Kaiserpaar lebt meistens im Schlosse von
Chapnltepee, das eine Stunde von der Stadt ent
scrnt ist, nur bei der Gelegenheit von großen Fe
sten schlafen sie im Palaste in der Stadt.
Das Studium- oder Arbeitszimmer deS Kaisers
ist mit allen möglichenArten vonKnnstgegenständen,
Statuetten, Gemälden und Seltenheiten aitsge»
schmückt. DasStudium derKaiserin ist im Roceo
eostyl, die Stühle sind mit dunkelgrünem Damast,
mit einet Borte von Silber bedeckt. Die Kaiserin
arbeitet mehr als der Kaiser. Ihre Talente sind
auch ohne Zweifel denen ihres Geniahls weit übet»
legen. Sie ist sehr ehrgeizig und liebt ihren Platz
als Kaiserin ganz außerordentlich. -Die meisten
der offiziellen Petitionen und Briefe, die vom Cabi
net in das Studium des Kaifers gesandt werden,
kommen mit ihrer Unterschrift zurück und mit ge
nauer Angabe der Schritte, die gethan werden sol
ten. Um sechs Uhr Morgens erhebt sie sich und
reitet in Begleitung einiget Adjutanten bis 7 oder
8 Uhr aus. Von da bis halb zehn Uhr widmet sie
sich den Cabinets*Angelegenheiten. Um halb zehn
Uhr wird das Frühstück servirt und dann laßt sie
sieh von der Baronin Magdeburg die Zeitungen
vorlesen. Es ist die einzige deutsche Hofdame, die
in Mejrieo geblieben ist, alle übrigen sind mit Ein
fchluß der Gräfin Zichy nach Oesterreich zurückge
kehrt. Die Baronin Magdeburg ist eine intelli
gente und sehr interessante Dame, die einzige Freun
din der Kaiserin, denn da die merikanischen Damen,
die zum Hofe'geböreu, so furchtbar unwissend sind,
so ist es unmöglich, mit ihnen zu verkehren. Von
2 bis 5 Uhr beschäftigt sich die Kaiserin mit Schrei
ben. Um 6 Uhr speist sie und falls es nicht ein
Staatsdiner ist, werden immer nur 4 oder 5 Perfo»
Ii en eingeladen. Damen werden nie zu diesen Pri
vatdiners hinzugezogen. Nach der Mahlzeit wer
den Cigarren herumgereicht und dann raucht der
Kaiser und unterhält sich mit einem Jeden der Au»
wesenden ohne irgend welche Ceremonie. Der Rest
des Abends wird mit einer Panhie Whist oder
L'ombre verbracht.
Das Cabinet des Kaisets ist in zwei Theile ge
theilt, von denen der eine politisch, der andere milt
tärisch ist. Der Chef der politischen Sektion ist
Fclir Eloins, ein Belgier, ehemals Kammerdiener
des Königs Leopold von Belgien. Der König
sandte ihn als Mentor für Marimilian mit hin
aus, allein der Mentor hat sich wie ein Dummkopf
benommen. Ohne ein Wort Belgisch, Spanisch
oder Deutsch zu verstehen, ist er der Chef des Cabi
nets eines deutschen Fürsten, der über ein Volk
herrscht, das keine andere Sprache als die spanische
versteht. Das Seltsamste dabei ist, daß Herr
Cloins seht ausgebracht wird, wenn ein armer
Mexikaner ihn nicht verstehen kann. Der Chef der
militärischen Sektion ist Herr de Loysel, ein Oberst
vom Generalstab der französischen Armee und ist
ci» sehr begabter und höflicher Offizier.
Die Adjutanten des Kaisers sind vier junge Mexi
faner. Dieselben sind ohne alle Erziehung. Sie
stehen, mit den Händen in der Tasche, müßig um»
her, selbst während der Kaiset ihnen Befehle er»
theilt sie benehmen sich in der That so tölpisch, daß
ein österreichischer Lieutenant beauftragt worden
ist, sie einzudrillen. Oberkammerherr des KaiferS
ist der Graf Karl von Bombelles, natürlicher Sohn
des Erzherzogs Karl von Oesterreich. Er ist ein
schmächtiger, dünner, kleiner Bursche mit Säbelbei
neu und etiler so enormen Nase, daß ein Jeder ihn
als einen ächten Nachkommen von Rudolph von
Habsburg erkennen kann.
Manchmal läßt et sich's einfallen, sich in Poli»
tif einzumischen allein der Horizont seines Den»
kens ist ei» sehr beschränkter. Man erzählt sich von
ihm, daß er einmal einen Amerikaner gefragt habe,
warum der Norden keine Sklaverei in Ohio geflat#
teil wolle und als ihm darauf erklärt ward, daß eß
sich nicht um Ohio, sondern um die Zulassung der
Sklaverei in den Territorien handle, soll et ge
sagt haben: „O ja, Sie haben allerdings Recht!»
Ich meinte auch die Territorien von Conneetieut.*
Der wahre Kaiser von Mexico ist aber bis jetzß
der Marschall Bazaine. Gr kümmert sich um feine
Gesetze, die Juarez oder Maximilian ertheilt hat.
Mißfällt ihm Jemand, so bestraft er ihn, chne da
bei irgend welche Rücksicht auf den Kaiser zu it eh#
men. Er lacht über die Spielpuppe Maximilian»
Er ist der Oberbefehlshaber des französisch mexi»
fanifchen Heeres. Er regiert Mexiko und ertheil!
den Ministern Maximilians seine Befehle direkt!»
Gemäß dem Vertrag des Generals Miramon tnii
der französischen Intervention ist der fraiuöftiche
Offizier stets der Höhere im Commando. So ha»
be ich den General Calderon feine Befehle von ei«
nem österreichischen Lieutenant und den General
Miramon die ('einigen von einem französischen Ea»
pitän empfangen gesehen.
Das französische Heer ist jetzt nicht stärket als
15,000 Mann, während vor 2 Jahren 45,000
Mann in Meriec kämpften. Die österreichische»
Truppen zählen 6000 Mann, die belgischen 3009
und das regelmäßige mexikanische Corps 35,000
Mann. Die Fremdenlegion der französischen Ar»
mee, die'sechstausend Mann zählt, soll sechs Iah«
in Mexieo bleiben und zwar unabhängig von Frank»
reich. Die österreichische Legion, die jetzt sechste
tausend Mann zählt, wird aus 16,000 Mann er»
höht werden, wenn der Kaiset vov Oesterteich An
Werbungen in seinen Staaten gestattet.
Die Franzosen werden stets von den besagte»
Pures als Feinde angesehen und vvn den Conserva»
dores so lange gehaßt werden, als sie nicht ihr93er»
sprechen, die klerikale Partei wieder zur Macht z»
bringen, erfüllen. Bis jetzt ist das Gegentheil ge»
schehen. DaS Eigenthum des Clerns ist confiseiff
und die Conservadores sind völlig von allen Aett*
tern ausgeschlossen. Die Pures nehmen die ihnclt
angebotenen Stellen in der Hoffnung an, daß
Frankreich früher oder später Maximilian verlasse»
wird und dann werden sie es ganz in ihretMacht
ben, wieder eine Revolution zu machen et»
Ding, das dem Charakter der Mexikaner so sehr ent»
spricht.
Die Maschinerie der Stadtregierung bewegt sich
wie zuvor unter dein altenMnnicipalsystem sie besitzt
die nnbeschränfte Verwaltung und Verwendung der
tadtgelder, ohne irgend Jemanden darüber Re*
chenschast ablegen zu müssen. Nach neun Uhr sind
die Straßen fast ganz verödet. Dieselben werd»
erträglich gut mit Oellampen, die bald dem G«G
Platz machen werden, erleuchtet.
Wie viele europäische Städte bietet Mexieo bit
äußersten Gegensätze des Reichthums und der Ar
muth dat. Bettelei ist dort zu einem System ge
bracht. Lahme, Blinde und Krüppel fallen Einem
fortwährend in jedem Stadium anwidernder Esel»
haftigfeU in den Weg und schreien Einen in d«
kläglichsten Tönen im Namen der heiligsten Per»
fonlichfeiten in» und außerhalb deS Himmels um
eine Gabe an. Dagegen zeigt Metico auf der an
deren Seite einen ganz enormen Reichthum, der IM
allen Mitteln des Comforts und LuxuS, wie sie M»
das civilstrte Leben kennt, verschwendet wird."

$ 1,00 pw year, Invariably ta «drtiM-

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