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If? t- wt 5 1 -Ü Der Westbote. e N HT U»ck» It# 3«|r|**|rt to* MftttMMOi B»et 4. Biliif t» BmilMiui* fivifvH V0U PhiladetPhi«.. IßF» Ar«aId. S?ti S (Bertfet8»8. Und wenn Gatlard nach langer Zeit einmal wie» der Abend» zu ihnen in daS Zimmer trat, so mach» tt sich Madame Astor immer bald außerhalb dessel .-den etwaS zu schaffen, um nicht der Kolter ausge» setzt zu sein, den Bösewicht vor Augen zu habkn, ^der mit hartem Herzen da« heiligste Gefühl ihres '^einzigen, geliebten, gute» KindeS mit Küßen treten und eS langsam dem sichern Untergange zuführen konnte, ohne daß sie, dasselbe schützend gegen ihn "'austreten dürfte. Gatlard war freundlich und auch herzlich gegen Mglaja, so wie ein Bruder gegen eine geliebte Schwester ist, doch e« war seit seiner Rückkehr nie wieder ei« Wort von Heirathen über seine Lippen -gekommen, und Aglaja war eS unmöglich, selbst ei ne Sylt« darüber zu sagen. Wohl erinnerte sie ihn wieder und wieder an die seligen Stunden, 'die sie zusammen verlebt, an die Schwüre ewiger /Liebe und Treue, welche sie gewechselt, upd an die ^ochfiieaenden Hoffnungen Wor ein dauernde? irdi sches Glück, welches sie diesem Häuschen sich hät ten schaffen wollen. Gatlard zuckte dann nur die Achseln und meinte, das Schicksal könnte der Mensch nichts thun, 'man müsse sich immer ihm fügen und sich der Lage anpassen, in welche man von ihm gestellt werde. Und Du solltest Dich ja mehr als Andere über mein Glück freuen, Aglaja, sagte er eines Abends Hu ihr, als sie an dem offenen Fenster im Mond schein faßen und Krau Astor daS Zimmer Verlässen Hat e. .-f Ja, ja, daS thue ich ja auch, Richard, mit mei nem eignen letzten Glück bin ich bereit, daS Deini ge zu erkaufen, antwortete Aglaja, indem sie seine Hand an ihre Lippen zog und dieselbe mit ihren ^Thränen benetzte. Rein, Aglaja, es muß Dich selbst auch glücklich machen, mich glücklich zu sehen, wie ich mich über alle meine Neider emporschwinge und der erste an gesehenste Mann in der Stadt werde, fiel Gatlard begeistert »in. Glücklich, Richard, ohne Dich? entgegnete da« Mädchen halblaut mit zitternder Stimme und drück U wieder ihre Lippen auf seine Hand. Gatlard verstummte für einen Augenblick, doch sammelte er sich schnell und sagte mit erzwungenem Lächeln und ihr die Hand streichend: Ich bin ja bei Dir, Aglaja, wenn Du mich aber immer mit Thränen bewirthest, so muß ich glauben, daß mein Besuch Dir keine Freude macht. WaS -samt ich dafür, daß meine Geschäfte, meine neue ^Stellung mir es nicht erlauben, Dich so oft zu se hen wie früher? Aglaja erbebte und hatte keine Antwort, sie ließ ihre Hand in ihren Schooß fallen und senkte ihr Haupt, Gatlard aber fuhr schnell leichte» ToneS fort: Sieh, ich habe Dir auch noch nicht gesagt, daß ich für meinen Freund Capitain Brooks et» neueS Schiff bauen lasse, welch« tt für «eine SUchmng ^fahren sott* Daun erzählte er ihr noch von vielen Unterneh» Gnungen, welche er zu machen beabsichtigte, und ver Dieß sie mit dem Bedauern, daß feine Zeit es ihm "nicht gestatte, länger bei ihr zu verweilen. So hielt er Aglaja hin und hielt sie fern von sich, immer hoffend, daß Madame Astor einen Macht« spruch gegen ihn thun und ihrer Tochter Verhält niß zu ihm lösen würde, doch die Frau strafte ihn nur mit ihren Blicken und mit ihrer eiligen Snt fernnng von ibm, so bald er erschien. Für ihn selbst aber war Aglaja bereit« ein über fundenes Hinderniß, mochte sie ihre Beziehung zu hm nun auch nach Belieben beibehalten, so lange ,]( wollte, von einer ehelichen Verbindung mit ihr war keine Rede mehr, und jeder Tag entfernte sie weiter von einander. Gatlard hatte sein Geschäft in der That muster haft eingerichtet und führte es mit großer Energie und Umsicht, so daß jeder Geschäftsmann in dieser Beziehung Achtung vor ihm haben mußte. Sein Comptoir war nett und sauber, zwischen seinem ge setzten, würdigen Buchhalter und seinen acht Comp toiristen wurde nie ein lautes Wort gesprochen und jeder Fremde, welcher eintrat, fügte sich unwillkür lich der feierlichen Ruhe, welche ihn dort empfing. Das anstoßende Zimmer, daS Privatgemach Gat lard's, war reich mit rothsammetne» Möbel», mit kostbarem Teppich, mit weißmarmornem Kamin und mit einer prachtvollen Bronzeuhr ausgestattet. Die größte Ordnung, die größte Genauigkeit herrschte auf dem Comptoir, sowie in den Lagerräumen und Gatlard selbst überwachte und beobachtete Alles. Der Quell seines GoldeS war und blieb aber, wie jedem Bewvhner derStadt, namentlich seinenComp toirdienern ein unerklärliches Räthsel, und mit -stummem Erstaunen sah der Buchhalter ihn jedes mal die. schwere eiserne Kiste in seinem Privatgemach Sffnen, wenn ungewöhnlich große Zahlung zu machen waren, und er das dazu nöthige Gold da »auS hervornahm und. eS ihm überlieferte. Oft leerte er bei solchen Gelegenheiten die Kiste voll ständig davon auS, und war einige Tage später wie» der eine bedeutende Zahlung zu leisten, so standen die Goldmassen dazu immer wieder in der Kiste Aufgestellt. Der Buchhalter war nicht abergläubisch, dennoch wandelte eS ihn beim Anblick des eisernen KastenS wie Zauber an, und wenn er daS Gold klingend âuch feine Finger gleiten ließ, so kam ihm oft der Wßedante, ob eS nicht einmal plötzlich, wie ein böser "tEpuf, spurlos in seiner Hand verschwinden möchte. Ueberhaupt berührte er daS Gold, welche« aus die» ser Kiste kam, gar nicht gern, —warum—das wuß te er selbst nicht, ein Gefühl (am dabei aber immer über ihn, als wäre es Tcufelsgeld, an welchem Blut od/tMglückliche Seelen klebten. Und doch kam daS Gold auf ganz natürliche Weise in die Kiste, denn Gatlard wußte eS ja recht gut, wenn solche Zahlungen zu leisten waren, wozu die Caffe des Buchhalters nicht ausreichte und dann trug er daS Gold selbst in der Nacht aus seinem ^Keller in die Geldkiste. Ein gleiches Ansehen, wie Gatlard sich durch sein Geschäft vor der Oeffentlichkeit erzwang, erstrebte er auch durch den Glanz, den er in seinem Privatleben nach und nach entfaltete. Sein Wohnhaus war fürstlich eingerichtet, feine Dienerschaft war zahlreich und solid fein in Schwarz gekleidet, feine Tafel war stets mit köstlichen Speisen und den feinsten Wei neu besetzt und immer waren Couverte für Freunde, die er mitbrachte, gedeckt. Diese Freunde wählte er aber nur auS der ersten Gesellschaft und bewahrte in seinem Hause, an sei nein Tisch stets gemessene Form und vornehmen Ton, nie aber artete ein Mahl bei ihm in Ausge lassenheit, in Schweigern aus. Er hielt eine prächtige Equipage mit zwei edlen englischen Rossen, ein wundervolles Cabriolet mit einem Harttraber, und zwei Vollblut-Reitpferde. Abends, wenn die Sonne ihre Glut verlor, zeig te er sich im Wagen oder zu Pferd auf den Promena den und erwiederte alle Grüße mit ernster unabhän giger Verbeugung. Die vielen Prophezeihungen, fein räthselhaftes Emporkommen bald in Schwindel ausfliegen zu sehen, fielen in Nichts zusammen, da sein jetziges geschäftliches und häusliches Leben schon ungeheu res Capital erforderte und Jedermann eS wußte, daß er nicht allein keinen Dollar Schulden hatte, sondern daß er noch immer keine Gelegenheit vor» übergehen ließ, um Capitalien vorthe»lhaf» anzu» legen. Statt der Zweifel, statt aller bösen Gerüchte und Prophezeihungen, stellte stch Bewunderung und Ach lung tin, und Gatlard begann der gefeierte, derge suchte Mann zu werden. Gr hatte stch noch um keines Menschen Gunst bemüht, denn er tvußtc nur zu gut, daß man um die seinige buhlen würde. Sehr viele alte englische Familien, welche aus der Zeit der Herrschaft England's in den Vereinig ten Staaten zurückgeblieben waren» hatten sich in Philadelphia niedergelassen und bildeten dort die WtoÄÄS111- ®u 9i HWWk^MzG! ser und eS war nicht leicht, in ihren Kreisen Zutritt zu erhalten. Unter ihnen befand sich ein Lord Rowley, dessen HauS für den Glanzpunkt der eleganten Welt galt. Er war sehr vermögend, bezog von England für fei ne früheren Dienste eine bedeutende Pension und benutzte fein Einkommen, um seinem Range gemäß zu ltben. Lord Rowley war ein Mann von einigen fünf zig Jahren und feine Gattin, welche einmal sehr schön gewesen sein mußte, hatte sich alS ange hende Vierzigerin recht gut eonservirt. Sie hatten nur e i n Kind und zwar eine Tochter von 19 Jah ren, welche Oetavia hieß und welche man in der Stadt die schöne Oetavia nannte. Und in der That war wohl nie einem Mädchen diese Bezeichnung mit größerem Recht beigelegt worden, denn sie war wnn derbar schön von ihrem Scheitel bi« auf ihre Kuß- âon einer Fülle dunkelbrauner Locken umwogt, trug sie ihr edles, stark geschnittenes griechisches Antlitz auf üppigem Nacken stolz und hoch, als schaue sie nur von Oben herab auf die Welt, um sie mit der Gluth ihrer dunkeln Augen zu erwärmen und sie an dem Schnee ihrer Pfirsichhaut und dem Jnearnat ihrer Lippen lüstern sich ergötzen zu las» sen. Sie war hoch und graziös gewachsen, ihre Formen waren voll, doch in makellosem Ebenmaß und liefen fein und zierlich in ihren kleinen reizen den Händen und Füßen aus. Oetavia war so auf fallend schön, daß, wo sie sich zeigte, die Leute ver wundert stehen blieben und sie anschauten, als hat» ten sie ihreS Gleichen noch nie gesehen. Schön war sie, wenn sie in dem offenen Wagen sich nachlässig in die seidenen Kissen zurückgelegt hatte, schön war sie, wenn sie elastischen Trittes wie auf Sprungfe dem über die Promenaden schritt und am schönsten war sie, «renn sie auf ihrem SchweißfuchS im Ga lopp dahinfprengte und die lange weiße Feder von ihrem Hute ihr, im Winde zitternd, nachflatterte. Gatlard war der schönen Oetavia schon in frühe ren Zeiten oftmals begegnet, auch er war dann ste hen geblieben und hatte sie bewundernd angeschaut, sie hatte aber den Commis nie eines Blickes ge würdigt, so sehr er sich auch in die Brust geworfen hatte. DieS war die Ursache, daß Oetavia Rowley schon seit langer Zeit Gatlard nicht gleichgültig gewesen war, daS heißt, ihre Erscheinung war ihm eine un angenehme, eine widrige gewesen, sie hatte seine E telkeit verletzt, und darum haßte er sie. Jetzt war die Zeit der Rache gekommen. Richard Gatlard, der gefeierte junge Mann, würdigte sie frineS BlickeS nicht, der junge Millionär that, als ob er nie von einer schönen Oetavia gehört, als ob er sie niemals gesehen habe. Dennoch wußte er ge nau, wann und wo sie auf den Promenaden erschien und verfehlte nie, sich dort einzustellen, um ihr zu begegnen, und fand sie dann so schön, wie er außer ihr nie im Leben Etwas gesehen hatte. Sein Blick begegnete dem ihren, aber gleichgültig, alS denke et an etwas ganz Anderes, alS sähe er sie gar nicht, und oft, wenn ihre Augen feurig und glänzend auf ihn geheftet waren, machte er mit irgend Etwas sich zu schassen, er sah nach der Uhr, betrachtete den gol denen Knopf seines Spazierstockes, oder zog sein seidenes Taschentuch hervor, um sich die Fliegen da mit abzuwehren. Mit diesen Strafen aber, die er ihr auferlegen wollte, blies er den Funken der Leidenschaft in sei» »et eigenen Brust immer mehr zur Flamme an und wenn sie dann an ihm vorübergegangen war schaute et sich jedesmal rasch um, damit er ihre schöne Ge stall mit feinem Blick umfangen könne» EinesAbendS war er auf seinem präcj^igenSchim met auf die Promenade geritten und zwar in der Hoffnung, Oetavia zu begegnen. Im Galopp, im Trab hatte er die Wege hin und her durcheilt und schließlich war er auf der Landstraße hingeritten, bis es düster zu werden begann und er sein Pferd miß muthig wieder der Stadt zuwandte. Im Schritt lenkte er abermals auf die Promt* nade ein, und war nur kurze Zeit, die Spaziergän ger betrachtend und Grüße erwiedernd, dahin gerit ten, als er plötzlich von Weitem die Equipage Lord Rowley's auf sich zukommen sah, und Oetavia al lein in dem zurückgelegten Wagen erkannte. Es berührte ihn wie ein freudiger Schreck, eS flammte heiß in feiner Brust auf doch wieder wollte er sie ansehen, als sähe er sie nicht. Er ließ, wie in Gedanken versunken, die Zügel hängen, und gab sich nachlässig der schaukelnden Bewegung des Sattels hin, als der Wagen heran gerollt kam und et Octavia's glühendem Blick be gegnete. Ein bezauberndes Lächeln spielte um ih rtn schönen Mund, der goldig glänzende Fächer in ihrer kleinen Hand schwirrte vor ihrem Feenantlitz hin und her, und ihre vollen dunkeln Locken wog ten im Luftzug über ihrem schneeigen, leicht ver deckten Busen, als sie dicht bei Gatlard vorüber fuhr und dieser, seinem Willen getreu, mit stocken dem Athem von ihr weg auf die Brust feines Nockes sah und mit bebender Hand den Staub von demsel ben wehte. Kaum jedoch war sie vorüber, als er pfeilschnell im Sattel herumfuhr und ihr nachschaute. Wie ein zündender Blitz aber traf thu jetzt ihr Blick, denn auch sie hatte sich gerade setzend, sich nach ihm umgewandt, und ließ ihm nun dieSpitze ih res geschlossenen Fächers von ihren Lippen entgegen sinken. Fort war aller Haß, aller böser Wille aus Gat lard's Brust, den Hut von seinem Kopfe reißend, verneigte et sich tief nach ihr hin und hielt sein Pferd an, um vielleicht noch einmal, wo ihr Weg steh wände, einen Blick von ihr zu erhaschen. Der Wagen drehte sich und noch einmal sah er die Wun deraugen des Mädchens auf sich gerichtet, noch ein mal sah er den Fächer sich nach ihm herneigen. Die lange verhaltene Gliith schlug jetzt in Flam men in seiner Brust auf, Oetavia, die yhene, ge feierte Ociavia, die Tochter des angesehensten, vor nehmsten Mannes in Philadelphia, hatte ihm offen ihre Gunst zu erkennen gegeben, er hatte sie be siegt, und der Weg zu ihrem Herzen, zu ihrer Hand war ihm geöffnet! Eitelkeit, Stolz und Leidenschaft für das jchö- e, vornehme Mädchen hatten ihn gleich mächtig ergrif fen, er wollte ihr folgen und an ihr vorübersprengend, sie nochmals begrüßen, doch seine überlegende, selbst süchtige Natur hielt ihn zurück und er folgte, jetzt aber un Galopp, seiner früheren Richtung in die Stadt hinein. Seine Aufregung hatte sich auf sein Pferd übet tragen, es hob stch feurig urtet straffem Zügel und ehe gatlard daran dachte, hatte er das Hauschen der Wittwe Astor erreicht. Es lief ihm eiskalt durch die Glieder, als et Aglaja in der Hausthür stehen sah, doch zum Umwenden war es zu spat, er ließ dem Roß die Zügel, und seinen Hut ziehend und sich vor dem armen verlassenen Mädchen verbeugend, sprengte er rasch vorüber. Bald hatte er die Stra ße erreicht, in welcher das Palais Lord Rowley's stand, et lenkte, den Galopp seines Schimmels ver kürzend, in dieselbe ein, sein Auge spähete nach dem Balkon vor dem Haufe des Lords und jetzt trat Oc tavia auf denselben heraus und au die zierliche ei serne Balustrade vor. Schnaubend und die weißen Schaumflocken von dem Gebiß werfend, paradirte das edle Roß mit Gatlard vorüber, dieser schaute wonnebebend nach der schönen Oetavia hinauf, derselbe glühende Blick, dasselbe beseligende Lächeln kam ihm von ihr ent gegen, und grüßend und sich tief verbeugend, spreng» te er glücktrunken vor ihr vorüber. Wohl trat das Bild der bleichen Aglaja in der Thür des kleinen Häuschens vor Gatlard's Seele, et sah ihre Thränen, ihre krampfhaft gefalteten Hän» de, doch mit Gewalt verdrängte et es vor feinem geistigen Blick, und wandte ihn auf die schöne LordS tochter, wie sie sich im Wagen noch ihm umwandte und wie sie ihn von dem Balkon herab begrüßte. In stürmischer Aufregung langte er zu Hause an und übergab das schweißbedeckte Roß den £u* listn. Jetzt war sein Gluck gemacht auf uifd ab schütt er a^.^|i weichi^^f ich prachtvoll ausgestatteten Zimmer, in Gedanken hatte et die schöne Oetavia an feinet Seite, in Gedanken sah er sie, von seinem Artne umschlungen, in dem seidenen Sopha sitzen, in Gedanken speiste er mit ihr zu Nacht und füllte ihr Glas mit schäumendem Champagner o wie war sie schön, wie war siereizend, wel che Seligkeit wartete feiner an ihrem Herzen! Und dann welcher Triumph Über seine Neider, über Alle, die ihn als armen Commis in dem Hause Pennel's gekannt hatten, wenn er si öffentlich mit der Lordötochter an feiner Seite zeigte, wenn er aus feiner prächtigen Equipage mit ihr aus die Leute herabblickte, die von dem Staub der Straße ver» hüllt stehen blieben und den Hut vor ihnen abzo» gen! Gatlard war außer stch, «konnte sein Glück Nicht bewältigen, die Brust war ihm so voll, und es dräng te ihn, sich Luft zu machen und sich auszusprechen. Gern wäre et zuCapitän Brooks in dessen Zim mer gegangen, um ihn in fein beseligendes Geheim niß zu ziehen, doch der Egoismus ließ kein natürli ches Gefühl in ihm zur Herrschaft kommen, —wel chen Nutzen hatte er davon, wenn er sich Brooks mittheilte und war es nicht möglich, daß ein einzi, ges unüberlegtes Wort ihm Nachtheilbringen kenn te? Niemanden wollte er etwas davon sagen, und nur mit sich selbst wollte er die nöthigen Schritte zur Erreichung seines hohen Zieles übeilege»! Zwtiundzwanzigstes Kapitel. Der Lord. Die Einladung. Befangenheit. Da« triolet. Die Rosette. Hohes Vliick, Der Mor genritt. 3in Gurten. Die Erllärung. Die Blumen. Lord Rowley war täglich aus der Börse, immer hatte Gatlard den stillen Wunsch gehegt, daß der Mann sich mit einem Geschäft an ihn nenden möch. te, denn derselbe hatte sehr häufig Gelder von Eng land zu beziehen und Wechsel aus dort zu versau« sen, doch der Lord war stets durch anbefe Häufer bedient worden, die gern etwas an ihm verdienten und auch eine Ehre darin fanden, die Geldangele genheiten desselben zu besorgen. Hierin lag nun «ine Gelegenheit, sich Seiner Ex» eelleuz zu nähern, doch durfte dies nicht von Gatlard ausgehen, es mußte durch einen Geldmäkler einge leitet werden, und dies war leicht zu erzielen, denn Gatlard brauchte nur einen solchen zu beauftragen, ihm Wechsel auf England anzuschaffen und ihm zu sagen, er wisse, daß Lord Rowley Gelder von dort zu beziehen habe. Irgend eine Veranlassung, wo» durch er mit diesem in Unterredung kam, war hin reichend, daS Weitere wollte Gatlard dann schon herbeiführen. Er verbrachte eine schlaflose, doch glückliche Nacht, denn das Bid der schönen Oetavia verließ ihn nicht, und mit Ungeduld erwartete er am folgenden Mor gen die Börsenstnnde. Mit besonderer Aufmerksamkeit ordnete er, als dieselbe endlich erschien, seine Toilette und begab sich nach dem Börsengebände, wo er am Eingänge in die Halle von Maklern und Agenten mit Aus zeichnungen begrüßt wurde. Er trat, mit feinem rethfaffianenen Portefeuille unter dem Arm, ans fei nen Stand, wo sich sofort viele Geschäftsleute zu ihm drängten, um Aufträge von ihm zu empfangen und ihm Anerbietungen zu machen. Gatlard hat te seinen scharfen Blick durch die zahlreich versam melte geschäftige Menge gleiten lassen, ohne Lord Rowley's ansichtig zu werden und hatte verdrieß» lich schon viele Geschäfte abgeschlossen, als er Plötz lich den ersehnten Mann in die Halle eintreten sah. Lord Rowley war ein große:, wohlbeleibter Herr mit dünnem rothlichblondem Haar, sehr rein rassir» lern, glänzend rothem Gesicht, großer Nase und stets nen hellblauen Augen. Sein Begleiter führte ihn zu Gatlard und sagte, diesen freundlichst grüßend: Erlauben Sie mir, Herr Gatlard, daß ich Seine Exeellenz, den Lord Rowley, mit Ihnen bekannt mache. Ich habe längst schon gewünscht, Ihre werthe Be fauutfchaft zu machen, Herr Gatlard, nahm der Lord nach gegenseitiger Verbeugung das Wort, und darum nehme ich gern die Gelegenheit dazu wahr. Ich habe Gelder in England liegen, welche ich durch Wechsel eiiicafsircn möchte und wollte Sie fragen, ob Sie vielleicht dieser Tage dieselben gebrauche» könnten? Mit Vergnügen, Excellenz nennen Sie mir nur die Summe, welche Sie zu erhalten wünschen, und ich lasse Ihnen dieselbe sofort auszahle«. Sie kön neu mir dann gelegentlich, wenn es Ihnen gerade eenvenirt, Wechsel dafür auf England geben, erwi derte Gatlard leicht hin, doch in höflichem Tone, und fuhr dann ebenso fort: Auch ich habe schon lange auf eine Gelegenheit gehofft, persönlich mit Ihnen bekannt zu werde», und freue mich sehr, daß mir dies Glück zu Theil geworden ist. Kann ich Ihnen für die Folge in irgend einet Weife dienlich werde», so bitte ich, im mer über mich zu verfügen. Sehr gern werde ich von Ihrer Gute Gebrauch machen, fuhr der Lord sehr freundlich fort, Sie uiüf» sen mir aber auch Gelegenheit geben, Ihre Freund iichteit zu erwidern, nnd müssen mich in meinem Haufe mit Ihrem Besuche beehren. Es bedarf nur einet so ariig ertheilten Erlanbniß, um diesem meinem eigenen Wunsche zu folgen, erwiderte.Gatlard hochbeglückt und verneigte sich tief. So habe ich vielleicht heute Abend die Ehre, Sie bei mir zu sehen? Meine Damen werden sich gleich falls sehr freuen, Ihre Bekanntschaft zu machen, sag tt Lord Rowley mit einer Gegenverdcuzniig. Ich werde nicht ermangeln, mir die Ehre zu ge ben, Ercellenz, antwortete Gatlard sehr verbindlich, woraus der Lord das Gespräch auf den Aufschwung des Gtfchäftslebens in de» Ver. Staatenlenkiennd die Energie Ca- Es überraschte ihn freudig, daß der Blick des Lord's mit einem unverkennbaren Interesse dem sei »igen begegnete, während derselbe ifyn früher nie» mals bemerkt zu haben schien. RvwkTÄ trat sofort'^" tiefsten "Gcfürle ihre* Herzens darauf lesen las» sehenen Geschäftsmanne, mit wel- f™' dann aber die laèwimperten Lider senkte zu einem sehr anzes chem Gatlard befreundet war und nachdem sie we »ige Worte mit einander gewechselt hatte», kamen Beide ans ihn zugeschritten. bewunderte, mit welcher die Amerika- »er, nachdem sic sich von dem Multcrlande getrennt hätten, sich zu ein« würdigen selbstständigen großen Nation erhoben. Leute von Ihrem Werthe sind die Früchte solch' großer politischer Umgestaltungen und wo solche Männer mit ihrem Beispiel vorangehen, kann es dem Volte nicht fehlen, groß und bedeutend zu wer» den, sagte Lord Rowley schmeichelnd. Ich habe vor einigen Tagen auch das Schift betrachtet, wel cheS Sie augenblicklich bauen lassen eS giebt ein Fahrzeug, wie wir eS im alten England nicht besser, nicht ichöner hei stellen könnten. $a, auch hierin scheinen die Amerikaner uns überflügeln zu wollen in dem Bau ihrer Schooner haben sie es bereits gethan. Das Schiss wird ihnen viel kosten? Nun, doch so viel nicht, vielleicht sechszigtausend DoUarS, entgegnete Gatlard leicht hin es kommt »iir auf den Pitts nicht an, ich möchte i» ihm nur zeigen, was die Amerikaner zu liefern im Stande sind. Lord Rowley wiederholte nach längerer Unter haltung, daß es ihm seht angenehm set, Gatlard's Bekanntschaft gemacht zu haben, reichte ihm trau lich die Hand und empfahl stch ihm aus Wiedersc» heu am Äbende in seinem Hause. Kaum hatte der Lord ihn verlassen als die Mak let sich zu ihm drängten uud ihm Gefchäftecffetten vieler Är! machten und Gatlard war wohl niemals schneller zu Abschlüssen aufgelegt gewesen, als in diesem Augenblicke. Er kaufte unO verkaufte für große Summen und zwar mit einet Heiterkeit, die Allen auffiel, weil sie gewohnt waren, bei ihtn auf viele Bedenken, Schwierigkeiten und Bedingungen zu stoßen. Nach abgemachten Geschäften bat Gatlard meh rere (einet anwesenden Freunde zum Mittagsesscn zu sich und ging in sehr heiterer Aiaune mit ihnen nach seinem Hause. Allen fiel bei Tafel seine un» gewöhnlich frohe Stimmung auf, er ließ feinen be sten Champagner reichen uud brachte selbst mehrere scherzhafte Toaste auS. Nach Tisch ab« ließ «[fei# neu Wagen anspannen und fuhr mit feinen Gästen in das Land nach einet Kasseewirthschaft, wo sie ebm so munter den Nachmittag verbrachten. Er mußte die Zeit bis zum Abend tödten, denn seine Sehnsucht nach der schönen Oetavia ließ "ihm keine Ruhe. Es war düster, als er in fein HauS zurückkehrte und eilig feine Toilette für feinett ^Besuch bei Lord Rowley ordnete. Bei feinem sehr feinen schwarzen Anzug kam daS blendende Weiß seines Busenstreifs und feiner sau» bet gefalteten Manschetten recht zur Geltung, fein von Natur etivaS dünnes Haar war sorgfältig ge kräuselt und am Goldfinget seiner Linken blitzte ein sehr kostbarer Solitär in einem Ringe. Gatlard stand vor dem großen Stehspiegel und betrachtete sich mit Zufriedenheit, als die Equipage vorfuhr. Schnell goß er noch Parfüm auf fein schneeiges Batisttuch, warf noch einen flüchtigen Blick in den Spiegel und befand sich wenige Au genblicke später, seinesSieges gewiß, in seiner präch« tigen Karosse auf dem Wege zu der bezaubernden Oetavia Rowley. Kaum hielt fein Wagen vor dem Palais deS Lords an, als die Thür aufflog und ein in Schwarz ge kleidetet schwarzer Diener auf der weißen Marmor» treppe herabsptang, um sich vor Gatlard, dessen Be dientet bereits den Schlag für ihn geöffnet hatte, zu verneigen. Zehn Uhr! rief Gatlard flüchtig feinem Kutscher zu und schritt die Stufen hinan in den luftigen Cot tidor und dort nach der breiten, mit Teppich beleg» ten Treppe. Trotz des Bewußtseins der hohen mächtigen Stel» lung, die er jetzt in der Welt einnah/n, wandelte ihm, als et die Treppe hinaufstieg, ein Gefühl von Befangenheit, von Unbedeutendheit an, es war ihm, als gehöre er nicht hierher, als schmuggle er sich in eine Gesellschaftssphäte,in welche einzutreten et nicht berechtigt fei et sah sich im Geiste ohne die geraub» ten Schätze als unbedeutenden, tiamen» und werth losen Commis Pennel'S. Doch der Augenblick der Schwäche war schnell vorüber. Millionär! tief er sich in Gedanken zu, warf sich in die Brust und trat festen Schrines dutch die sich vor ihm öffnende» Flügelthüren stolz in den Saal ein. Lord Rowley kam ihm mit großer Artigkeit ent gegen, ergriff seine Hand und sagte: Ich freue mich unendlich, Sie in meinem Hause willkommen zu heißen und hoffe, daß unsre Bekannt schaft eine recht dauernde freundschaftliche Beziehung zwischen uns herbeiführen möge. Dann geleitete er ihn nach dem Sopha, aus wel chem seine Gattin und seine Tochter sich erhoben und den Gast mit vornehmer Haltung, doch unter» kennbat angenehm durch sein Erscheine» berührt, erwarteten. Lady Rowley, meine Gattin, Oetavia, meine Tochter Herr Gatlard, sagte der Lord, sich gegen die Damen und gegen diesen verneigend, worauf Alle sich gegenseitig verbeugten und Lady Rowley dann, zu Gatlard gewandt, das Wort nahm und sagte: Wir müssen unserm Schicksal grollen, daß es uns Ihre Bekanntschaft so lange vorenthalten hat, Herr Gatlard. Ich habe die größere Ursache dazu, meine Gnä» dige, denn mir ist dadurch hohes Glück vorenthal ten worden, antwortete Gallard, sich abermals ver neigend und wandte seinen aufglänzenden Blick zu Ociavia, die für einen Moment den Spiegel ihrer dimkein Augen ihm entgegenhielt, als wolle sie ihm und wie verschämt vor sich tuederfchaute. Setzen wir uns, verehrtet' Herr Gatlard, unter» brach Lord Rowley schnell die eingetretene Pause und dessen Gattin begann, auf das Srpha sinkend, die Unterhaltung mit Erwähnung ihrer theuern al» ten Heimath, mit England, indem sie Vergleiche zwischen dort und Amerika zog. Das Gespräch wurde seht lebhaft, Gatlard schwärmte für Amerika und stellte es hoch über Eng land, während Lady Rowley diesem den Vorzug gab und nach einer eingetretenen kurzen Pause wie der das Wort nahm und sagte: Es ist schön hier, das ist wahr, die Natur ist hier jünger, großartiger, reicher, als in unserm Vater land, doch die Gesellschaft ist nicht so geläutert, nicht so classificilt, wie bei uns, es ist hier ein Zusam menfließen aller Qualitäten und mir das Materi elle, das Aeußere gilt, der Mann wird nicht nach feinem innern Werth gewürdigt. Man wird leicht ängstlich und zu vorsichtig in der Wahl feines Um» gaiigcs und versäumt dadurch häufig, mit den vor» trefflichsten, den erhabensten Peisöulichkeite» in nä here Beziehung zu irrten. Um so fester aber schließt man sich auch einander an, wenn man das Glück hat, mit solchen edlen Charakteren bekannt zu werden, fiel Lord Rowley mit einet leichten Verbeugung gegen Gatlard ein, worauf dieser geschmeichelt und selbstgefällig sagte: Hierin liegt aber auch eine triftige Enifchuldi» gniig dafür, daß man oft zögert, sich den wahrhaft Höchstftehenden der Gesellschaft zu nähern, ohne mit Sicherheit auf eine freundliche Aufnahme bei ih nen hoffen zu dürfen. Nein, für die Erfüllung eines wirklich warnten Wunsches wagt man schon Etwaö, bemerkte Oeta via mit einem gefühlvollen Blicke und süßem Lä chilii, zumal wenn man, aus gleichem Vaterland stammend, sich in der Fremde trifft. Je heißer der Wunsch, Fräulein, um so größer das Bangen, ihn nicht etfüllf zu sehen, entgegnete Gatlard begeistert und hing mit Wonne au Octa via's fchivännciifchtn Augen. Lady Rowley gewahrte mit großem Wohlgefal len den Eindruck, welchen ihre Xochter ans Gatlard machte, hielt cS aber für zweckmäßig, die Fortsetzung dieser Gefühlsäußerungen den Beiden für urgtstör« tere Augenblicke zu bewahren und sagte: Sic zeigen in Allein einen vortresslicheiiGefchmack, Herr Gatlard,wir haben mit Vergnügen Ihre Equi page bewundert. Besonders reizend finde ich jhr Cabriolet, der Harttraber den Sie darin fahre», würde in England 'Aussehen machen. Ein eapitales Pferd, in der That, bemerkte Lord Ro.rley. Ich habe Sie schon oft darum beneidet, wenn Sie Abends auf der Promenade so stolz an mir vorü bcrsaustcn, fiel Oetavia ein, ich ziehe ein Cabriolet überhaupt einer änliche bei Weitem vor, man sitzt freier und niejjt mehr die frische Luft. Es steht jecen Augenblick zu Ihrer Verfügung, Fräulein Oetavia, betrachten Sie es als Ji?r Ei genthum, entgegnete (Satlard rasch. Sie wissen recht gut, Herr Gailard, daß ich es nicht wagen würde, die Leitung eines so mnthigen Rosses selbst zu übernehmen, fuhr Octavia weniger laut fort. So müßien Sie zugleich über meine Dienste ver fugen, Fräulein, und mich doppelt dadurch beglü cken, erwiederte Gatlard mit strahlendem Blick. DaS thut ich mit Freude und Dank, einem so ans» gezeichneten iHoffelentet vertraue ich mich mehr wie gern an. Ich werde Sie beim Worte halten, ant wortete Oetavia, und winkte Gatlard mit ihren schönen Augen verstohlen ihren Dank zu. Da trat ein schwarz« Dienet ein und meldete, daß das Abendessen aufgetragen fei. So will ich zur Probe mich sogleich einmal Ihrer Führung überlassen, sagte Oetavia scherzend, indem sie aufstand |und Gailarb'S Arm nahm, während Lord Rowley feinet Gat in den feinigen bot. Dieser war zur Seite getreten und wollte Gatlard vorangehen lassen, doch Oetavia sagte mit übermü thig heiterm Tone: Dem Alter die Ehre, Papa wir folgen nach, worauf der Lord feine Gattin aus dem «aale führ» te, während Oetavia, die Falten ihrer Robe ord» nend, einige Augenblicke zögerte, und dann mit Gat lard folgte, indem sie halblaut sagte: Morgen Abend sollen Sie mich fahren, Sie grau» sanier iVtann, ich muß Sie dasür bestrafen, daß Sie so lange Zeit immer, wen» wir uns begegneten, thaten, als ob Sie mich nicht sähen, alS ob ich nicht des Ansehens werth wäre, biS ich endlich that, waS ich eigentlich nicht hätte thitn sollen biS ich Ihnen durch meinen Fächer meiner Seele Grüße zusandte O, warten Sie nur, Sie hartherziger Mensch Aber, himmlische Oetavia, Sie thun mit Unrecht, fiel ihr Gatlard verlegen und in Glück erbebend, in daS Wort, und ergriff ihre Hand, Oetavia aber entzog sie ihm, nachdem sie seinen Druck leise erwi dert hatte, und flüsterte: Still jetzt! Ich sollte eigentlich gar nicht so gut gegen Sie sein ein schwaches Mädchenherz so auf die Folter zu spannen I Gatlard wußte nicht, wie ihm geschah, in den wenigen Augenblicken hatte das schöne Mädchen alles Fremde zwischen ihnen weggeräumt, in seiner Seligkeit preßte tt ihren Arm an seine Stuft, und ihr leichter Gegendruck fuht ihm wie elektrisches Feuer durch die Nerven. Sie müssen mich bitten, morgen Abend mit Ih nen auszufahren, flüsterte Oetavia ihrem wonne« trunkenen Begleitet noch zu, alS sie durch den lan gen Corridor geeilt wa^en und dem Elternpaar nach in den Speisesaal traten. Dort waten die Jalousieen geschlossen und die schweren tothfeibenen Vorhänge herabgelassen, um das letzte Tageslicht aus dem Saale zu verbannen und dem Kerzenlicht aus den schweren silbernen Kandelabern und aus dem Kronleuchter volle Gel tung zu verschaffen. Blitz und Glanz, wohin daS Auge sich wandte, doch die Tafel fesselte den Blick mit dem Reichthum von prächtig gearbeitetem Silberzeug, welches auf ihr zur Schau gestellt war. Ein Aufsatz nament lich von getriebenem Silber, in welchem frische Blumen prangten, war ein wahteS Kunstwnk, »nd als Gatlard's Auge darauf ruhte, fiel ihm ein ähn liches, noch bei Weitem kostbareres Geräth ein, welches er zwischen des Grasen Louveneourt'S Schä tzen besaß. Wozu hielt et jetzt noch die Meisterwerke der Kunst in feinem Kellet verschlossen, dachte er, sie sollten morgen in feinen Zimmern, auf seiner Tafel para« diren, dann hatte Niemand in Philadelphia etwaS so SchöneS der Art aufzuweisen. Die Speisen waren köstlich und so war der Wein der feinste Madeira, der beste Champagner wurde gereicht, der Lord, sowie dessen Gattin, munterten den Gast zum Trinken auf, und die schöne Oetavia erwiderte den Toast, de» Gatlard auf ihr Wohl ausbrachte. Ich sollte eigentlich auch Ihren schönen Harttra» bet lebe« lassen, den Sie mit so viel Artigkeit zu meiner Verfügung stellten, sagte sie in heiterm Scherz zu Gatlard, worauf ihre Mutter, jedoch mit wohlgefälligem Lächeln, ihr mit dem Finger droh te und sagte: Aber, Oetavia, man muß feinen Freunden nicht lästig werden! Erst dann, Fräulein, dürfen wir ans daS Wohl «gehen deS Rosses ein Glas leeren, nachdem es sich in Ihrem Dienste als tüchtig bewährt hat, und um dies recht bald möglich zu machen, so wage ich die Bitte, morgen Abend Sie zur Spazierfahrt abho len zu dürfe», nahm Gatlard jetzt daS Wort und verneigte sich höflich. Wenn eS wirklich Ihr Ernst ist, und Sie mich ehrlich versichern, daß es Ihnen kein Opfer ist, so viel Ihrer kostbaren Zeit mit zu schenken, so nehme ich es mit großer Freude an, antwortete Oetavia mit einem seelenvollen Blick und fügte mit einem tiefen Athemzug noch hinzu Habe ich doch so oft, wenn ich Si^ vorüber stiegen sah,.de» heimlichen Wunsch gehegt, einmal in diesem Kabriolet ja ich will es Ihne» gestehen au Ihrer Seite zu sitzen Nun hören Sie nur daS KlnH an, Herr Gatlard, das nennt man doch ein offenes Bekenntniß, fiel Lady Rowley lächelnd ein, wandte sich dann aber z» Oetavia, und sagte: So Etwas denkt man wohl, aber «au sagt eS nicht, meine Tochter! Was man denken darf, darf man auch sage», antwortete Oetavia mit kindlich »»befangenem To ne, woraus ihre Mutter sich mit de» Worte» zu Gatlard wandte: Sie verziehen unsre Oetavia. Herr Gatlard, und haben es sich selbst zuzuschreiben, wen», sie Ihnen lästig wird. Das wurde die schönste, süßeste Last sein, die mit im Leben auferlegt werden könnte, antwortete die« ser, außer sich vor Wonne, und fuhr zu Oeiavia ge wandt fort: So darf ich also auf daS Glück rechnen? Mit taufend Freuden und taufend Dank nehme ich Ihr Anerbieten an, und wetde die Stunden biS morgen Abend zählen, entgegnete Oetavia mit an scheinend unschuldiger Kindlichkeit, und in demsel ben heitern Tone wurde die Unterhaltung fortgesetzt bis Gatlard »ach der Uhr sah und halb erschrocken sagte: Mein Himmel, eS ist ja elf Uhr ich muß um Verzeihung bitten, so lange von Ihrer Freundlich» keit Gebrauch gemacht zu haben, die Stunden sind mir aber wie Minuten verflogen. Wir sind Ihre Schuldner für den heitern glück lichen Abend, den Sie und bereiteten, verehrtest« Freund entgegnete der Lord, ergriss dann fein Glas und erhob cS gegen Gatlard mit den Worten: Unsern Dank mit der Bitte um recht häufige Wiederholung Ihres lieben Besuchs, Herr Gat» lard! Alle standen auf, verneigten sich gegenseitig und leerten die überschäumenden Glaser. Dann sprach Gatlard seinen Dank für daS hohe Glück, welches ihm hier zu Theil geworden war, aus und empfahl sich, indem er zuerst Lady Row ley und dann deren schöner Tochter die Hand kiißte, welche letztere ihm die feinige wieder leise drückte. Lord Rowley begleitete ihn an die Thür, bat noch mal8 um recht baldige Wiederholung feines Besu ches und empfahl sich ihm mit einet höflichen Ver beugung. Gatlard eilte wonnetrunken die Treppe hinab auS dem Hanse, wo seine Equipage feinet harrte, als et aber die Marmorstufen betrat, schaute et übet sich nach dem Oalfcn hinauf, und o —Entzucken— Oeiavia neigte sich über d..S Eifengeländ« zu ihm nieder, winkte mit ihrem Batisttuch, und flüsterte zu ihm herab: Morgen Abe«^l Gatlard war auf« sich, er erhob die Hände nach der Zauberin über sich, und rief leise hinauf: Mein Glück mein Alles I .Dann sprang et die Marmortreppe hinunter und in den Wagen hinein, die Pferde setzten sich in Trab und Gatlard winkte mit seinem Batisttuch aus dem Schlage nach dem Balkon hinauf. Wie im Traume erreichte er seine Wohnung, wie im Traume trat et in sein Zimmer und bliev dort in Gedanken unbeweglich stehen. Ist's möglich in s Wahrheit ist'S wirklich fein Traum 7 rief er plötzlich aus und schlug seine Hände zusammen, indem er nun sti'irmis.yen Schrit tes in dem Zimutet auf und niederging. Das Glück war so unerwartet, so urplötzlich Übet ihn gekommen, daß er es nicht zu fassen, zu über winden vermochte. Oetavia, die kindliche, unfchul dige, gefeierte Schönheit, die Tochier des vornehm» steu tl/iannes in der Stadt, liebte ihn, wollte fein werden, darüber war kein Zweifel, wie hätte sie sonst in jener Weife zu ihm reden, wie hätte sie ihm sonst so warn« die Hand drücken können 'l lind ,morgen Abend" hatte sie ihm noch von dem Balkon herab zugeflüstert! Welch' Glück, welche Seligkeit harrte (etner morgen Abend I Ware nur die Nacht schon herum I Es war »ach zwei Uhr, als Gatlard sei» Lager suchte, um noch einige Stunden zu ruhen, wen» auch der Schlaf feinen Augeu noch fern war. Den noch fchluinmeite et mit dem Bilde des reizenden MävchenS ein und nahm es mit in die Traumwelt hinüber, und sein erster Gedanke, alS et am folgen» den Morgen erwachte, war sie, die schöne, die be zaubernde Oeiavia. Es war noch früh, detMorgen war kühl »»der» #16 DER WESTBOTE. Tum: TWO No. 18, frischend, vielleicht hatte auch Oetavia ihr Lager schon verlassen, vielleicht war sie am offenen Fenster auf dem Balkon vielleicht auch in dem Gat te» neben dem Hau«, wo Gatlard'sie schon einige Male hinter dem eisernen Staket bei den Blumen gesehen hatte. Gr zog hastig die Schelle und rief dem eintretenden Diener zu: De» Schimmel satteln schnell I Dann machte er rasch Toilette, ergriff Hut und Reitgerte, als da« Pferd auch schon vorgeführt wur de und er hinauSeilte und sich in den Sattel schwang. Fort sprengte er durch die erquickende Morgen-' kühle, und hatte bald die Straße erreicht, in welcher Lord Rowley's Palai» stand, ör hielt daS Roß in Galopp, damit dessen laute Husschläge vielleicht zu dem Ohr Oetavia'S dringen und sie an daS Fen stet rufen möchten. .Vergebens aber schweifte sein Auge bei Annäherung an das Haus vor dessen Fen sterreihen hin, die Ersehnte war nicht da. In im met kürzerem Galopp erreichte er daS Palais »nd spähete nach den Fenstern hinauf, da wurde fei» Bitck zur Seite d,S Gebäude« nach dem Sifengitter vor dem Garten gezogen, durch welch,« ihn eine weiße Gestalt entgegenlfuchtete. Ja, sie war es, die Göttliche, die «rsehnte, der Schimmel war parirt und Gatlard hielt dicht an dem Gitter vor Oetavia. O Himmel, wie Habe ich mich erschrocken! rief sie halblaut, und hüllte sich festet in ihr schneewei jjt«, luftiges Morgengewand, daß Sie mich so in dieser nachlässigen Toilette überraschen müssen. In der Sie womöglich noch schöner, noch liebli cher sind, als in Ihren Prachtanzügen, fiel Gatlard stürmisch ein. Ach Sie machen sich über mich lustig, ich sehe ja so wüst aus, fuhr Oetavia fort, und warf die wo gende Lecken fülle ihres schönen Hauptes zurück. Wie konnte ich aber denken, daß Sie schon so früh Denken, süßeste Oetavia? entgegnete Gatlard in größter Aufregung, haben Sie denn nicht geahnt, nicht gefühlt, daß ich hierherkommen mnßte, daß mich die Sehnsucht nach Ihnen mit unwtderstehli cher Gewalt hierher trieb Oetavia schaute ihn einen Augenblick mit tiefin nigstem, sinnenden Augen an, dann sagte sie, wie wenn sie jede Scheu, jede Bangigkeit überwunden hätte: Ja, ja, warum soll ich eS Ihnen nicht sagen, ja ich habe an Sie gedacht, habe gehofft, daß Sie kom men würden, wenn ich auch zu solcher Hoffnung nicht berechtigt war. O, was lassen Sie mich al les thun ich glaube, ich müßte Ihnen den letzten Gedanken meiner Seele ausplaudern 1 Und meine ganze Seele dafür erhalten, angebe« tete Oetavia 1 entgegnete Gatlard, sich neben dem Hals seines Rosses zu ihr hinneigend. Wissen Sie wohl, was Sie thu», Gatlard? sag te Oetavia ernst, doch mild »nd schwärmerisch zu ihm aufblickend, es wäre bös von Ihnen, wenn Sie mit einem unerfahrenen Mädcher.herzen spielten, welches in sein« Unschuld keine Waffen zu seinem Schutze hat. Nein, nein, geliebte Oetavia, nicht spielen könn te ich mit einem solchen Herzen, Ihr Eigenthum bin und bleibe ich mit meinem ganzen Sinn, mit Allem, was ich bin und was ich habe, und rufe Sie um Erbarmen an, nicht mit mit, mit meinem wahrsten, innigsten Gefühle zu spiele»! Ach ja, Gatlard, Sie sind gut, sonst hätte ich Jh. nen auch ja nicht so gut sein müssen, antwortete Oeiavia, sah mit einem Seligkeit strahlenden Blick zu ihm auf, und fuhr dann mit wonnigem Lächeln fort: Run warten Sie, ich pflücke Ihnen einen Strauß zum Andenke» an diesen Augenblick, worau' ste mit fliegendem Gewände in den Garteq? sprang, und schnell ein Bouquet Do» Rosen und Borthen brach. Nehmen Sie, Gatlard, mit diesen Blumen gebe ich Ihnen meine Seele mich selbst 1 sagte sie, wieder an das Gitter tretend, und streckte ihre Hand mit den Blumen und ihren schneeigen, wundervolle» Arm aus dem Steimel ihres GewandeS zwischen den Elsenstangen nach ihm hin. Gatlard nahn die Blumen und wollte seine» Dank stammeln, doch Oetavia sp'rana mit de» Worten: Heute Abend! davon und verschwand i* näch sten Äugenblick hinter dem Hause. Gatlard wandte sein Pferd und fetzte ei die Stra ße hinab in Galopp, et hielt die Blumen in feiner Hand, sie schauten ihn an, wie der vertrocknete Strauß, welche,, Aglaja ihm einst bei feiner Gene sung vom gelben Fieber gebunden hatte. Sie ka men ihm centnerschieer vor, »nd er hätte sie von sich werfen mögen, doch wieder schauten die Zauber«», gen Oetavza's zwischen ihnen hnauS, und ihre letz ten Worte »Heute Abend- klangen wieder in seinem Ohr. Vergessen war Aglaja, vergessen ihr vertrockneter. Strauß, und nur daS Bild Oetavia'S, wie sie ne ben ihm im Cabriolet sitzen würde, stand ihm vor der Seele. So sprengte er dahin auS der Stadt und langte auf schaumbedecktem Roß nach einem weiten Umweg wieder z» Hause an, wo er die Blu men sorgfältig in eine Vase stellte und ihnen Was ser gab. Schnell hatte tt gestühstückt und eilte dann nach seinem Comptoir«, wo er viele Arbeit vorfand. Ei ne große Menge von Briefen harrte seiner Unter schrift, et durchlas sie flüchtig und zeichnete seinen Namen darunter, während die Augen Oetavia's vor ihm auf den, Papier tanzten, er machte sich Notizen für die Börse, et sprach mit dem Buchhalter über zu machende Zahlungen und fällige Forderungen, er las die Börsenberichte von New 8)ork wohin et aber auch bückte, wovon er auch sprach, iinnwt trat der Augenblick in seine Gedanken, wo Oetavia zu ihtn in das Cabriolet steigen würde. 'Sie war ein füßer, unschuldiger, kindlicher Engel, pit «nieim Leben einem Andern begegnet war, und fühlte, daß die Schaale des Glücke« zu« UedeestrSme» ihn gefüllt war. ZweinndzwanzigsteS Kapitel. Der unschuldige Engel. Der geheime Liebhaber. Die Spazierfahrt. Ewige Treue—Seelenschmerz.—Da» Begegne». Da« Verleugnen Theilnahme^ Zeitungsartikel. Die Berlobutig. Wahrend Gatlard sich'uun ist 'dem zaubernd kindlich* feine Zukunft einen Himmel sW^Mn träamte, saß die» se in leichter Morgentoilette in einen Schaukelstuhl Hingegossen hinter dem Hause unter der weinum rankten Veranda, und neben ihr auf einem Sessel, die Haiiv auf ihrem Stuhlarm, faß ein junger Eng. lauter, Namens Taknall, welcher mit ihren Eltern» sehr befreundet war und sich schon feit einem Jahre zu feinem Vergnügen in Amerika aufhielt. Gr war Hausfreund, war weitläufig mit Ludy Rowley's Familie verwandt und galt in Philadelphia für ei» neu Lebemann, der feine sehr bedeutenden Einkünf te benutzte, um die Welt und die Mensche» kennen zu lernen, und mit sich zu amüftrtn. Er war ein schöner, hochgewachsener Jüngling mit blondem Haar, einet Udlernase und frischer, jugendlicher Gesichtsfarbe und befaß in hohem Grade die Gabe, sich überhaupt, namentlich aber bei dem schönen Geschlecht, beliebt z» machen. Aber süße Oetavia, ich bitte Dich tu» aller Hei ligen Willen, Du wolltest Dich an diesen Gecken, an diesen ordinäre» Emporkömmling, der noch vo so kurzer Zeit elend« Commis bei dem alten Pen nd war, verkaufen? ES ist ja nicht möglich, sagte Toto»!* «»«6(1« und «griff Oetavia's (Fortsetzung f»I«t.) Unerschütterliche Treue. Warum hängt dasPublikum mit einer felsenfesten Treue an „froof land's deutschen! Bitters"? Weil feit läng« al* Jahren dasselbe sich als Medizin bewährt und sich einen glorreichen Name» verschafft hat. Schlechte Verdauung, nervöse Schwachheit, Leberlrankheilen, äjftction der Nieren, körperliche Schwächen weröen durch die alterative, kräftigende und temigeude Wir tun« de« Bitters in das Reich der Fabeln gezaubert, während .tzoofland's deutsches Tonic/ welches nur reine stärkende Stoffe enthält, wahre Wunder tttut* Zu saufen bei allen Apothekern. 14 Dec. 1« hw ». 5*1—-* \n\n Jaheg 98, wmbus, O., Donnerstag, SS December 1ST O, IBIIf *ARB FIESER PUBLISHERS. dofhm per year, invariably In âdranoe.