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°ysr v-1 IT I:«' •r S.I I fe pV," & •X Ä»'. w** '51 lX rf*A AV *, r'• äb te -!,• /-, -7 .jtv A Das totem MMz. 2. Fortsetzung.) Kitty war entzückt und beschwor den (Strafen, sie zum ersten Mal auf Wild Tose theilnehmen zu la^e^ Es erhob sich ein solcher Sturm desBeifalls unter i)cn Herren, daß der Graf wohl oder übel seine Zustimmung geben mußte. Sie sprang auf und küßte den Vater stürmisch. Alle ihre Bewegungen, da» erbitzte Antlitz, die blitzenden Augen verriethen eine ungezähmte Leidenschaft, welche dieHerren entzückte und für mor gen einen herrlichen Anblick versprach. 'Da steckt Rasse drin! Höheres Lob konnte in diesem Kreise Kitty nicht ge zollt werden. Hast du dein Versprechen für morgen anz vergessen? fragte Franz, als sie Ich wieder neben ihn setzte. Sie erschrak förmlich vor seiner «Stimme, die, seit man bei der Tafel saß, nicht gehört worden war. Hatte sie doch eine andere Absicht, als sie die Anordnung ihres Vaters, nach welcher Georg neben ihr zu sitzen kam, änderte und Franz zum Nachbar wählte, die Absicht, ihn vor allen anderen Gästen, besonders aber vor Georg auszuzeich nen. Warum inter'essirte er sich aber auch gar nicht für solche Dinge? Ihr zuliebe schon? Und jetzt fängt er mit t)em unglückseligen Versprechen an, in Schwarzacker einzufahren, in die häß liche Kohlengrube, in dem Augenblicke, wo ihr sehnlichster Wunsch sich erfüllt, das erste Feld reiten zu dürfen. An dererseits las sie in seinen Augen Bitte und Vorwurf. Es war der letzte Tag für immer vielleicht —Mitleid regte sich in ihr mit dem Verbannten. Offen gesagt, ja! In meinerFreude über Papas Erlaubniß, morgen mitrei ten zu dürfen, habe ich wirklich die Grube ganz vergessen. Die Grube? Was für eine Grube denn? ertönte es von allen Seiten zu gleich. Die Cousine wollte morgen mit mir in Schwarzacker einfahren, bemerkte Franz. In Schwarzacker? Kitch? In das Kohlenloch? Was soll sie denn dort? fragte Georg lachend. Na, ich denke, die Besichtigung eines so herrlichen Besitzes bietet des Jnteres fönten genug! entgegnete Franz. Aber doch nicht für eine Dame, noch dazu, wenn sie darüber ihr erstes Feld versäumen sollte! Lieber Franz, quäle doch Kitty nicht so. Sie hat absolut -keine bergmännische Veranlagung. Aber vielleicht das Verlangen und gewiß die Pflicht, als künftige Herrin von dreihundert Arbeitern sich ein Bild don ihrer Hantirung, von ihrem Wohl und Wehe zu machen! entgegnete Franz, erregt von dem Bemühen des Bruders, feinen Vorschlag in's Lächer liche zu ziehen. O weh! Wenn du so anfängst, schweige ich. Uebrigens ist ja, glaube ich, jede Debatte unnöthig. Was willst du, Kitty? sagte Georg, siegesgewiß lachend: Schwarzacker oder das Feld? Schwarzacker! erwiderte Kitty, zum allgemeinen Staunen. Georg zuckte die Achseln und lächelte spöttisch Franz zu. Dann kam ihm plötzlich der Zorn. Kannst du dafür gutstehen, daßKitty unter dem störrischen Volke, das uns •alle haßt, nichts Unangenehmes passirt, daß sie nichts Peinliches sieht oder hört? Gewiß, das kann ich sicherer, als an manchem andern Ort, erwiderte Franz, auf das unpassende Gespräch von vor hin anspielend, die Leute werden sich nur freuen über den unerwarteten Be such... So? Und die Gefahr? Kannst du auch dafür stehen? fragte Georg, är gerlich über feine Niederlage. Jedenfalls mit ruhigerem Herzen, wie du als Leiter der geplanten Schni tzeljagd. Uebrigens will ich nicht den letzten Tag meines Hierseins dir ein Vergnügen rauben, Kitty ... Der Hinweis auf den letzten Tag ent schied die Wahl Kittys völlig. Es 'bleibt dabei, ich fahre morgen ein. Am Ende ist das ja auch ein Sport! Fünfhundert Meter unter der Erde! Wer weiß, ob nicht mehrere der kühnen Herren sich das überlegen würden. Allgemeiner Widerspruch. Wir fahren alle mit ein! schlug Lieutenant von Strehlen vor. Allgemeine Acclamation. Die Zweifel Kittys, das Neue, Ab sonderliche des Vorschlages reizte. Kitty wurde seuerroth, zu spät sah sie ihren Fehler ein. Franz rechnete ge wiß nicht auf so große Gesellschaft. Ich glaube nur, erwiderte er, sichtlich peinlich berührt, daß die Herren ihre Rechnung nicht dabei finden werden. Wenn Kitty sie findet! bemerkte Georg spöttisch. Uebrigens mache ich den Vorschlag, daß wir das Nützliche, •nach meinem Btwder Franz, mit dem Angenehmen verbinden und einen ge meinsamen Ritt nach Schwarzacker un vernehmen. Das heißt, wenn die Her ten Arbeiter uns dieses capitalistische Vergnügen nicht zu sehr übel nehmen. Du mußt das ja wissen, Franz! Oder wirkt schon deine Anwesenheit beruht flcitb, des Arbeiterfreundes? Nenne mich immer so, erwiderte Uranz, ich bin es auch und mutz es sein, (pprede meinem Fache, in welchem uns oHp gemeinsame Gefahr und Mühe ver bindet, vom Direktor bis zum letzten „Schlepper". Das verschiedenen Herren unbekannte Wort „Schlepper" gab Anlaß zu Fra en, die zuletzt den ganzen Betrieb um «feiert. Franz wußte überall Bescheid und BNitzte das vielgestaltige Grubenleben so i lebendig und interessant zu schildern, daß er nicht minder gespannte Zuhörer fand, wie eben Georg mit seinen Eclipse-Stakes. In dem behaglichen, jetzt von dem köstlichen Aroma des Mokka und der Havannah erfüllten Raume, in welchem eben noch Orme und St. Gatien Tri umphe feierten, wirkten die von Franz heraufbeschworenen Bilder aus der Ar beiterwelt der Grube doppelt drastisch. Diese ewig feuchten Schächte tief un ter der Erde, die Arbeit vor Ort mit ge krümmtem Rücken, in einer dumpf übel riechenden Luft oder im eisigen Wasser bis an den Gürtel! Dieses finstere Le ben, dessen Sonne, das ärmliche Gru benlicht, der tragische Tod tückisch lau ernd in allen Winkeln! Diese Männer in der Fülle der Kraft und der Gesundheit wurden unwillkür lich schweigsam. Ein peinliches Ge fühl, von dem sie sich selbst nicht Re chenfchaft geben konnten, regte sich im Innersten, die ständigheiteren Stirnen wurden ernst. Kitty hatte den Kopf auf den Arm gestützt und betrachtete Franz. Oft lief ein Frösteln durch ihre Glieder, oder sie bedeckte die Augen .mit der Hand nur Georg von Prechting tän delte gleichmüthig mit dem Messer, blickte auf die Decke und seufzte schwer auf, um sein Unbehagen zu zeigen. Du bringst ja eine recht angenehme Stimmung herein, begann er endlich. Warte doch ab bis morgen. Da kannst du uns das alles ja „ad ocolus" de monstriren. Uebrigens ist das alles nicht so schlimm, weißt du, wandte er sich an die Gräfin, die Leute wissen es ja nicht anders und finden sich in ih rer Welt ganz leidlich zurecht. Das Thörichte ist nur, sie aufklären zu wol len über eine andere, für die sie einmal nicht geschaffen sind, und ihnen den Glauben an die Erreichbarkeit dersel ben aufzudrängen. Das mag ja sein, Georg, erwiderte Kitty. Andererseits kommt es mir vor, als ob die in dieser anderen freu digen Welt Lebenden die Verpflichtung hätten, sich wenigstens in dieser dunklen, mir nach der Schilderung deines Bru ders so grauenhaften etwas umzusehen und wenn sie ihnen zu dunkel, zu grau enhaft scheint, etwas Licht hineinzu bringen und Freude! Kitty wunderte sich über sich selbst. Sie hatte bis zu dieser Stunde noch nicht an solche Dinge gedacht. Der ernste und doch so milde Blick desMan nes an ihrer Seite hatte die Worte aus dem Innersten ihrer Seele aus ihre Zunge gelegt und jetzt, nachdem sie die selben gesprochen, fühlte sie Plötzlich, daß sie ein unzerreißbares Band knüpf ten zwischen ihm und ihr. Die Augen wurden ihr feucht, als sie den Dank las in den seinigen. Georg hatte eine neue Schlappe er halten, die man ihm zu gönnen schien, dem versteckten Lächeln nach, das hier und da auf einem Mund erschien. Du bist ja heute eine solche gelehrige Schülerin, Kitty, wie soll das erst mor gen werden? sagte er, während feine Stirn sich rathete. Aber das schadet nichts, setzte er mit einem scharfen Blick auf feinen Bruder hinzu. Der erste Ritt aus der „Wildrose" wird diese klei nen Grillen aus deinem Köpfchen trei ben. Bei solchem Beruf zum Lebens genuß hat das keine Gefahr. Wer weiß, meinte Kitty, man könnte ja auch diese Welt, in der wir leben, einmal satt bekommen. Das will ich ja nicht leugnen» Oft rollt schon dagewesen! Aber na, dann trollt man sich eben gleich für immer, aber man tauscht doch nicht eine schlechtere dafür ein. Wenn sie einem etwas böte, was diese Uebersättigung aufhöbe, das Leben wieder lebenswerth machte, warum nicht? Franz setzte das Weinglas an die Lippe und trank es leer. Kitty hatte jetzt einen ganz fremden, strengen Aus druck. Zum Beispiel? fragte Georg, feinen stattlichen Schnurrbart hinausstrei chend, mit zusammengekniffenen Augen. Das weiß ich nicht, entgegnete Kitty, sichtlich verwirrt. Zum Beispiel, das Bewußtsein etwas wirklich Ersprießliches zu leisten für die Menschheit, bemerkte Franz zu Kitty. Daran dachte ich wirklich nicht, ent gegnete Kitty. Ich weiß überhaupt gar nichts von solchen Dingen, ich denke bloß, daß das Glück nicht an unsere Welt allein gebunden ist, daß es etwas gibt Sie wurde verwirrt, verlegen. Ach, ich kann mich nicht so ausdrücken. Georg hat wirklich recht, fügte sie plötz lich in leichtfertigem Tone hinzu, wer wird denn von so ernsten Dingen reden! Der Duft einer Ananasbowle drang wie ein Gruß aus dem Süden plötzlich aus dem Nebenzimmer. Sie beeilte sich, die sorgsame Wirthin zu machen, sichtlich froh, aus der Stimmung gerif sen zu werden, und bald blinkte der köstliche Trank in den zarten Gläsern. Man trank sich lachend „Glück auf" zu und der düstere Eindruck war bald vergessen. Franz selbst beteiligte sich mit einer art ihm sonst ungewohnten Lebbaitia keit an der Unterhaltung, die mit jedem Glase des feurigen Trankes mehr von der frühern Fachmäßigkeit einbüßte und nun in liebenswürdiger Willkür dahinfloß. Kitty kam es sichtlich schwer an, sich auf einen nicht mißzuverstehenden Au genwink der Engländerin, welche auch die Champagnerbowle nicht aus ihrer Zurückhaltung herauslockte, sich von der lustigen Gesellschaft zu trennen. Doch der alte Graf hiell einmal streng dar auf. Trotz aller Galanterie wollte man noch einige Stunden den verschmitzten Geistern, welche der Bowle entstiegen, freie Bahn lassen. Es wurde ohnehin schonjba und dort zischelt. und unterdrückt gelacht, ein sicheres Zeichen, daß es für die Damen Zeit war, sich zu entfernen. Kitty glühte, als sie auf ihr Zimmer kam, sie öffnete das Fenster und ließ den kühlen Nachtwind um ihre heiße Stirn streichen. Ueber dem schwarzen Buchenwald zuckte eine purpurne Lohe auf und ab und mitten aus ihr erhob sich Pinien artig eine Rauchsäule gegen den Nacht himmel das war der Athem der Grube „Schwarzacker". Sie sah die bleichen rußigen Männer aus- und niedersteigen in den dunkeln Höhlen, um die Schätze der Tiefe zu gewinnen, von denen der Reichthum ih res Hauses stammte, die reit Pferden gefüllten Ställe, die kostbaren Räume des Schlosses, jede Freude, jede Lust, die sie genoß. Nie dachte sie daran bis jetzt! Franz war daran schuld mit seinen großen Schilderungen. Wozu das? Wozu sie stören in ihrem harmlosen Glück? Und doch horchte sie ihm andächtig zu und freute sich darauf, morgen all das Elend selber zu schauen. Was sie doch alles für thörichtesZeug schwatzte man konnte ja einmal diese Welt, in der sie lebte, satt bekommen! Wo alles Freude und Licht war! Wie denn? Warum? Und die an bere bort, welche diese häßliche Rauch wolke ausstößt, könnte das bieten, was diese Ueberjattigung aufhöbe! Was dachte sie denn nur dabei? Lange starrte sie ohne klare Gedan ken in die Nacht hinaus da formte sich ihr ein sonderbares Bild! Eine kleine ärmliche Stube, ein junges Weib sitzt vor einer Lampe, arbeitend, in der Wiege neben schlummert ein Kind. Sie hörte deutlich das Ticken der Uhr an der Wand. Vergebens strengte sie sich an, wo sie die Stube und das Weib ge sehen. Da tritt ein großer Mann ein im Grubenkleid, in seiner Hand die brennende Lampe. Das junge Weib springt auf und sinkt ihm an die Brust. Er umfaßt sie, küßt sie jetzt hebt er das Haupt, Franz von Prechting! und das Weib mit den glückstrahlenden Augen an seiner Brust sie selbst, Kitty! Das Herz pochte ungestüm. Da erschallte das lärmende Gelächter der zechenden Gäste herauf das Bild verschwand und Kitty lacht hell auf mit, während sie hastig das Fenster schloß. Sie lachte noch still vor sich hin. als sie schon hinter den kostbaren Spitzen ihres Betthimmels lag mit offenen Au gen. Das wäre eine lustige Maskerade!— Die Augen schlossen sich, aber das Lä cheln blieb über die lustige Maskerade. Es war eben Sichtzeit! Das Glöck chen im Schachthause ließ seinen ge schwätzigen Ton weithin vernehmen. Auf dem schwarzen Wege, welcher zwi schen wuchernden Schutthalden vom Werk herabführte in das Arbeiterheim, drängte sich die abgelöste und die ablö sende Mannschaft. Kein Wort, kaum ein flüchtiger Gruß wurde gewechselt. Wie die schwarz in der Luft sich abhe benden gewaltigen Treibriemen, vom Mafchtnenhaufe lautlos sich kreuzend, herüberliefen in den Schachtthurm, so bewegte sich die dunkle Schaar anein ander vorüber, auf und ab in mechani scher Rücksichtslosigkeit. Die vor dem grellen Tageslicht erbleichenden fchmu tzig gelben Flammchen, der bei jedem Schritte sich schwingenden Grubenlam Pen erhöhten das Düstere des Auftrit tes. Plötzlich stockten die Züge, die Abgelösten stießen sichtlich gerade da, wo der Weg ant engsten war, aus ein Hinderniß. Die Heraufkommenden wandten sich der Ruf „Obacht" ging nach rückwärts. Man drängte sich, reckte sich und schob sich, da tauchten Pferdeköpfe auf, eine ganze Cavalcade! Der Graf! Die Gräfin! ging es durch die Reihen. Das war noch nicht dagewesen, ge radezu eine Verletzung der Alltäglich keit, welche diese Leute wohlthätig ein schläferte, ihre Begierden tödtete. Die wenigsten hatten den Herrn der Werke ij,nd seine Tochter in der Nähe gesehen, man sprach nur immer von seinem unermeßlichen Reichthum, von der „Märchenpracht" des Schlosses. Man hatte nichts für ihn, und nichts gegen ihn, er stand völlig außer aller Gesichtskreis. Selbst die Unzufrieden nen dachten nicht daran, ihn für irgend einen Mißstand verantwortlich zu ma chen, für schlechte Löhne, Gedinge. Daran waren lediglich feine Beamten schuld, die ihn wohl selbst Übervortheil ten. Auch der allgemein sich regende Haß gegen den Tyrannen „Capital" fand an ihm kein geeignetes Object. Der Arbeiter rechnete ihn nicht zu die ser Classe, er war und blieb der „Graf". Der Vorzug der Geburt er schien den Leuten in viel milderem Licht, als der des plumpen Geldes. Ein unbewußter Idealismus sprach hier mit. Die Leute drängten sich auf die Sei ten, einen schmalen Gang frei lassend für die Reiter. Man übersah die übri gen über dem Grasen und Kitty. Ein stattlicher Herr! Sein joviales Gesicht, in dem ft ine Spur von Härle oder Stolz zu lesen war, sein sreundli cher und doch vornehmer Gruß gewann ihm alle Herzen, und erst die junge Gräfin! Sie nickte jedem zu und schwenkte von weitem schon die Hand. Und wie schön sie war, und wie sie auf dem Pferde saß! Man lachte ihr von allen Seiten in das Gesicht. Der An blick war zu lustig, und da* nagelneue Zaumzeug und die Pferde! Man dachte in diesem Augenblick nicht art Neid, an gewisse Vergleiche, unwillkürlich freute man sich an diesem frohen, schönen Bild aus einer anderen Welt, vordem sich., bei .einer Biegung rasch wieder die qualmenden, eintönigen Kohlenhalden schlossen. Na, das haben wir ja gut getroffen! bemerkte Georg von Prechting, als sie die Arbeiter glücklich passirt hatten und sich dem Schachthause näherten. Und hast du nur einen gehässigen Blick bemerkt? fragte Franz. Das haben wir wohl deiner Beglei tung zu danken, meinte Georg. Kitty kühlte mit dem Taschentuch die glühenden Wangen, noch ging ihre Brust hoch. Offen gesagt, ein bißchen bange war mir auch. Es war mir, als müßte ich vom Pferde heruntersteigen. Aber die Leute sind ja reizend! Ich glaube im mer, man muß sie sich nur näher an schauen, wir kennen sie zu wenig und sie uns. Damit hast dü alles gesagt, Kitty. Wir kennen sie zu wenig und sie uns. Wir durchforschen das Innere von Af rika und kennen eine Welt nicht, in de ren Mitte wir leben, bemerkte Franz, während er absaß und Kitty aus dem Sattel hob. Das ganze Werk gerieth in Aufre gung. Ein solcher Besuch war uner hört in den Annalen von „Schwarz acker". Der Director kam eilig aus dem Bu reau, den Herrn Grafen zu begrüßen. An der Thür der umliegenden Werk stätten drängten sich rußige Köpfe. Die jungen Herren in ihren elegan ten Reittrachten nahmen sich sonderbar aus inmitten der verbrauchten Schup pen und Baulichkeiten, der wie Amei sen hin- und hereilenden Arbeiter, des tosenden Lärmes, der aus dem Sortir hause herausdrang, der flammenden Schmiedeessen, an welchen dunkleSchat ten sich hin und her bewegten. Kitty, die in ihrem Reitkleid aus dunkelblauem Cheviot als eine tadel lose Amazone erschien, ergriff gerne den gebotenen Arm ihres Führers Franz. Ein banges Gefühl erfaßte sie jetzt schon bei den unzähligen, frem den Leuten, die sie umdrangen, dem dumpfen Rollen der Hunde, den schril len Pfiffen der Dampfpfeifen, dem Surren des großen Schwungrades im Mafchinenhause. Etwas Drohendes, Dämonisches lag für sie darin und doch Prickelndes, ihre Neugierde Reizendes. Der alte Graf begab sich auf das Bureau, er hatte eine unüberwindliche Scheu vor der Tiefe. Die Herren be gaben sich in das Ankleidezimmer, um die nöthigste Grubentoilette zu machen, während Kitty von der Frau eines Steigers in wenigen Minuten in einen strammen Hauerjungen verwandelt wurde. Sie vergaß ganz ihre Bangigkeit über dem drolligen Anblick im Spiegel. Die schwarze Filzkappe auf den wider spenstigen, hinaufgebundenen Zöpfen kleidete sie vortrefflich und rasch hatte sie ihrem kleinen (Sollegen, der sie durch das Fenster beobachtete, die charakteri stischen Bewegungen abgelauscht, das absichtlich geschwärzte Gesicht vollendete die Verwandlung. Als die Herren in ihren Leinenanzü gen aus dem Ankleidezimmer traten, gingen sie achtlos an dem frechen Jun gen vorüber, der, die Daumen in die weiten Taschen gehakt, mit gespreizten Beinen vor ihnen stand und sie an grinste. Als jetzt Franz herauskam mit der brennenden Lampe, im abgenutzten Ar beitskleide, nach feiner Gewohnheit et was vornübergebeugt, da stutzte Kitty und vergaß ihre Rolle. So sah sie ihn gestern Nacht in dem sonderbaren Bilde, über welches sie so lachen mußte ge rade so! und es war ihr, als müsse sie thun, was sie gestern gethan, ihn umfassen, ihn halten ihn ... Franz fiel das sonderbare Wesen des Jungen aus, er trat auf ihn zu, da reichte sie ihm eine kleine schneeweiße Hand. Kennst du deinen Cvllegen nicht ein mal? Kitty! Franz dämpfte noch zu rechter Zeit seinen überraschten Ausruf. Niemand achtete auf den schmutzigen Jungen, der mit Franz sprach. Jetzt gehören wir ganz zusammen! Freut dich das? Franz drückte innig ihre Hand. Ich werde es dir nie vergessen, Kitty. Man rief nach Kitty, man fragte Franz nach der Comtesse. Da trat der Hauerjunge vor. Gentlemen, I am ready! Die Heiterkeit war groß. Man war jetzt schon Franz dankbar für die famose Idee, über die man sich gestern geärgert. Comtesse Kitty als Hauer junge das war eine Pikanterie, gegen welche eine Schnitzeljagd verschwinden mußte. Selbst Georg von Prechting impo nirte die Idee, er hatte Kitty noch nie solche Schmeicheleien gesagt, und was die vollendete Amazone bis jetzt noch nicht bewirkt, brachte der Hauerjunge zu Stande. Es stieg der Gedanke aus in Georg, daß es höchste Zeit sei, dieses reizende Geschöpf einzuheimsen. Der Beamte führte die Gesellschaft zu dem Fördergerüst. Eine Gruppe Arbeiter wartete eben aus dem Fahr stuhl. Zitternd, in hastiger Eile, aber völlig lautlos glitten die schwarzen Seile aus und ab, an denen die eisernen Fahrgerüste hingen, nur die Lichtblitze im abgeschliffenen Geflecht ließen über Haupt die Bewegung erkennen. Kitty drückte sich ängstlich an Hranz, auf die schwarze Schachtöffnung deu tend, aus der ein kalter Wind herauf zog. Da hinunter? O wie schauerlich! Auch die Herren wurden schweigsam, trotz ihres oft bewährten Muthes. Das Ungewohnte, die Schauer der Tiefe lie ßen einen kalten Strom den Rücken hin unterrieseln. Jetzt drang ein leiser Lichtschimmer herauf und lief übet die von feuchtem Schleim üderzogem Verzimmerung des Schachtes, und" plötzlich' wie eine" Er scheinung stieg ver Förderkorb in die Höhe mit seinen dicht gedrängten schwarzen Insassen, in der gelben Be leuchtung der Grubenlampen. Ein Klingelzeichen, derKorb schnapp te ein. Die Männer traten heraus, die durchnäßten Kleider klebten an den mageren Körpern. Jetzt hieß es ein steigen! Kitty mußte alle ihre Energie zusammennehmen ohne Franz an ih rer Seite, das fühlte sie, hätte sie es nie vermocht. Auch die schlechten Witze der Herren klangen gezwungen. Georg war der einzige, der eine solche Fahrt schon mitgemacht. Das Gitter legte sich vor den Ein gang. Der Mann am Signal gab das Zeicben. Ein Schwung nach aus wärts, der Kitty einen Schrei entlockte, dann schoß das Gefährt mit rasender Schnelligkeit abwärts. Das triefende Zimmerwerk schien auswärts zu slie hen, Wasser rieselte an den Wänden, von unten herauf ein dumpfes Rollen und Brausen. Kittn schloß die Augen und klarn merte sich an Franz. Jetzt war es herrlich, als ob sie mit ihm auf- und davonflöge! Es ist gleich vorüber! trösteteFranz. O, wie schade! erwiderte sie wie traumverloren. Mit einem elastischen Schwung hielt der Korb. Eine niedere gewölbte Halle nahm die Gesellschaft auf. An einem Pfeiler hing ein großes Crucifix, an dessen Stamm eine rothe Ampel brannte. Dem Ernst des Ortes konnte sich nie mand entziehen. Kitty betrachtete jetzt die Arbeiter, welche die gefüllten Hunde auf Schie nen zum Förderkorb schoben, mit einer gewissen Ehrfurcht. Dem Beamten folgend, beging man die nächste Strecke. Sie war sauber ausgezimmert und erlaubte den aufrech ten Gang. Das „Glück auf" der ent gegenkommenden Arbeiter wurde „um fono" beantwortet. Hier in der Tiefe von fünfhundert Meter unter dem Getriebe der Erden bewohner machte sich ein Gefühl natür licher Zusammengehörigkeit geltend, über das man oben im Licht gelacht hätte. Kitty machte die sonderbarsten Be obachtungen. So fiel es ihr auf, daß alle die Cavaliere in ihren schmutzigen Grubenanzügen, mit ihrer gebückten Haltung, dem schleppenden Gang, sich äußerlich in nichts von den Arbeitern unterschieden, deren eckiger, unschöner, ihr Auge verletzender Anblick ihr stets so peinlich war. Das gab ihr, die, ih rer ganzen Entwicklung zufolge, in den letzteren eine besondere, von der Natur selbst minder bevorzugte Rasse erblickte, viel zu denken. Donnerartiges Rollen drang immer näher. Sie drängte sich enger an Franz. Ein Pferd, in dem engen Raum bei dem Licht der Lampen :ie sengroß erscheinend, war vor einen gan zen Zug gefüllter Kohlenhunde ge spannt, der sich, wie eine schwarze schil lernde Schlange auf den Schienen, in der Mitte der Strecke, ihren Windungen folgend, dahinbewegte. Sie dachte der „Wildrose" in ihrer mit Porzellanta feln ausgelegten „Box" und der übrigen edeln Rosse im väterlichen Stalle und verglich deren Schicksal mit dem des ar men, zu ewiger Nacht und Finsterniß verurtheilten Geschöpfes. Ueberall ein willkürliches Schicksal, das allen Lebenden von Geburt aus zu getheilt schien. Warum? Nach wel chem Recht? Zu welchem Ziel? Sie schauerte bci dem Gedanken, daß es auch sie anders hätte treffen können. Der Beamte bog in einen Schacht ab. Kohlengasgeschroängerte Luft hemmte den Athem und jedes Aufrichten des Kopses wurde mit einer Beule bestraft. Franz erklärte Kitty den Ausbau des Gesteins, die (Schichtenlagerungen, die Verzimmerung. Plötzlich sahen sie sich allein. Die übrige Gesellschaft war wohl in einen Seitenschacht oder einen Abbau verschwunden. Kitty lachte darüber. Jetzt können wir allein umherkriechen! Laß sie nur laufen! Das ist ja reizend! Ties un ter der Erde wie einst vor Jahren oben im Buschwerk des Parkes, bei Hellem Sonnenlicht Komm, Franz, ich will ja gar nicht, daß wir sie finden. Sie zog ihn seit wärts in einen finsteren Gang. Und wenn wir uns verirren? Ich bin hier nicht so bekannt wie zu Hause, erwiderte Franz zagend. A pah, dann irren wir halt einige Stunden umher! Wir kommen früh genug wieder in die langweilige Ober welt. So sprichst du! Kitty, und du liebst sie ja so. Heute einmal nicht! Heute liebe ich die Unterwelt, in der ich dein Kamerad sein darf, jeder Etikette zum Trotz. Beide einfache Arbeiter, weiter nichts. Könntest du dich denn in diese Lage hineindenken, ohne Entsetzen? fragte Franz. Warum nicht? Allerdings, du sprachst gestern auch davon, doch knüpftest du eine Bedin gung daran. Welche denn? fragte Kitty. Wenn sie dir etwas besonderes bie ten würde, etwas, was dir die andere Welt nicht bietet, so sagtest du. Ach ja,# ich erinnere mich und jetzt weiß ich, was ich meinte mit dem Be sonderen! Wirklich Kitty? Franz wandte sich plötzlich und beleuchtete mit der Lampe ihr Antlitz. Sie lächelte spitzbübisch unter der Filzkappe hervor, die ihr schief auf dem blonden Gelock saß. Einen guten Kameraden! Das Lä cheln verschwand. Wie du, Franz, setzte sie dann innig hinzu. %im lachte kurz auf und marschirte weNer. Ein kleines gelbes Sternchen tauchte auf, in blauem Dunst erstrah lend, unendlich ferne scheinbar. Franz beschleunigte seine Tritte, er fürchtete jetzt die Einsamkeit mit Kitty, deren Haupt sich jeden Augenblick auf seine Schulter legte, wenn es galt, sich tiefer zu bücken. Der dumpfe Schlag einer Hacke, das Rascheln und Riefeln sich lösender Koh len wurde laut. Der Gang wurde im mer enger, die Lust immer dicker. Sie kamen „vor Ort", wie der Bergmann den Platz der Arbeit nennt. Ein bär tiger Mann lag seitwärts gebeugt in einer Höhlung des Gesteins und löste in dieser Stellung mit der Spitzhacke die Kohlen. Die Flamme des Lämpchens, welches von der niederen Wölbung her abhing, trieb ihr Lichtfpiel in den flam menden Kohlenwandungen der Höhle. Das war ein Märchen für Kitty, dieser lichterfüllte Ausschnitt inmitten der nächtlichen Umgebung. Ein won niges Gefühl durchschauerte sie, das sie an die Kinderstube erinnerte, und sie legte die Hand aus die Schulter ihres Begleiters. Sieh nur, Franz! Sieh nur! lispelte sie und ihre Lippen streiften fein Ohr. Er ergriff schweigend ihre Hand. So standen sie lange, bis der Arbeiter sich etwas erhob. Die nackte ruß- und schweißbedeckte Brust glänzte. Er wischte sich mit dem Rücken der Hand die triefende Stirn. Dieser Anblick weckte Kitty aus ih rem Traume vom verwunschenen Schloß, dem sie sich erlösend nahte mit ihrem Ritter da war nichts als rauhe Wirklichkeit. Mit gespannter Neugierde betrachtete sie die jetzt wieder zusammengekauert Gestalt, wie etwas Unbegreifliches, Fa belhaftes! Glück auf! rief Franz. Der Mann sah erstaunt auf und er widerte den Gruß. Was wollt ihr denn da? Er hielt sie offenbar für Arbeiter. Kitty war jetzt stolz darauf und drückte die Kappe weit in da? Gesicht. Wir haben uns vergangen. Wo kommt man denn da euf Strecke 16? fragte Franz. Der Mann gab die Richtung an. Rasten wir ein wenig, meinte Kitty. £)er Mann betrachtete sich bei dem weiften Ton der Stimme die Ankömm littge näher. Ah so, ihr gehört zu den Herrschaf ten? Haben gerade nach euch gefragt. Dabei schob er diensteifrig das Gestein zurecht, zu einem bequemen Sitz. Das Fräulein Gräfin, nicht wahr? Das ist schön, daß Sie sich auch einmal zu uns herunter trauen. Ist gar nicht so übel da, was? Ein Schluck Schnaps gefällig? Dabei bot er die irdene Flasche. Kitty setzte sie muthig an die Lippen, um keinen Preis hätte sie den Mann kränken wollen. Das häßliche Getränk trieb ihr das Wasser in die Augen, ver zerrte ihre Züge, trotz aller Kraftan strengung, diese Wirkung zu verbergen. Franz fragte nach dem Verdienst. Drei Mark täglich, im Durchschnitt!— Nach der Familie. Eine Frau mit sechs Kindern. DerMann faßte Zutrauen zu Franz, als et erfuhr, daß er einen Bergmann vor sich habe, und wurde in seiner schwerfälligen Weise gesprächig. (Fortsetzung folgt.) E i n N i o Kurgast: „Giebt eS in dem Wald auch Wild." Wirth: „Früher hauste eine Hirsch familte darinnen, doch kam einmal lin Kurgast, der ein leidenschaftlicher ^äger war: der hat so lange auf die Éhtere geschossen, bis sie alle —aus gewandert sind." S e s s n i Sie: „Du, Alter, jetzt reden sie im Reichstag so viel von „Freiheit" und „Selbstständigkeit". Sag' 'male was ist das: „selbstständig"?" Er: „Ja, weißt, Alte, „selbststän dig", das ist eben Einer, der seilten eignen Hausschlüssel und keine Frau daheim hat!- E in un a s s e lbe. Sie: „Ich begreife nicht, wie Je mand den Caviar lieben kann. Das ist ein ganz korrumpirter Geschmack." Er: „Nein, es ist ein kultivirter Geschmack." Sie: Na, das ist ja eilt und das selbe." W i s s e n s a i e E k u n Mrs. Knowsy „Wie kommt efr, Doktor daß Leute, welche vollkom mene Wracks sind, oft länger leben, als Andere, die stark und kräftig sind?" Doktor: „Well, die Anderen sterben eben früher." Ia, Kuchen! Tramp: „Haben Sie daS Rezept für diesen Pie, Madame?" Mrs. A.: „Ja, wollen Sie eine Abschrift davon haben?" Tramp: „Nein, Madame, aber ich möchte das Original zerstören." E i n n e u e s S i e (Mama tritt in's Zimmer. Kurt hat seinen jüngeren Bruder auf den Boden gelegt und schlägt heftig aus ihm herum.) Mama: „Um's Him melswillen, was macht ihr hiert" Kurt: „Wir spielen bloß Klavier. Ich hämmere aus Karl herum und er wimmert!" E i n S e k i e A.: „Wie machen Sie es denn. H,irr Direktor, wenn Sie in Ihrem Bureau ungestört bleiben wollen?" B.: "Sehr einfach ich setze meine Schwiegermutter w'G Borzim «KI." re'W Der Weg zur glttdtlidjttt Ehs. Das Dichterwort: „Die meist«! glücklichen Ehen werden seufzend ge schloffen, die meisten unglücklichen im Rausche des Entzückens" enthält, mag es auch paradox klingen, ein gut Stück Wahrheit. Wenn ein grüner Junge sich auf einem Ball, im Thea ter ober in einer Gesellschaft in ent hübsches Gesicht verliebt und sich nut ihm verlobt und verheirathet, so fra-» gen wir ängstlich, wie werden die Be» den ihr Nest bauen, wie werden sie sich durch das Lebenslabyrinth hindurch arbeiten. Wenn aber ein grüner Junge ein Mädchen begehrenswerth findet und mit jugendlicher Begeiste rung sich eine Lebensstellung erringt um seiner Liebe ein Heim schaffen zw können, wenn er sich ferner bemüht, ihr Wesen zu ergründen und sich mit Hilfe erfahrener Menschen über dis wichtigste Lebensfrage, die Heirath, klar wird und dann heirathet, so gebe« wir dem jungen Paar unseren Segel» mit auf den Weg und erfreuen uns. an feinem Glück. Ilm aber zu diesem Glück zu gelangen, gehört Zeit dazu: und das für Liebende widerwärtige Wort Geduld. Geduld ist der Fels, an dem die Leidenschaften der Liebe erst zerschellen müssen, der Prüfsteins der Ehe. Jeder denkende Mensch ge braucht Zeit und Nachdenken, selbst in dem von Nervosität untergrabenen Amerika, will er eine wichtige Frag« erledigen es ist eigentlich, daß über die wichtigste Lebensfrage, die Heirath, oft eine übermüthige Laune, „eil» Rausch des Entzückens", eine Sinnen liebe entscheidet, eine Frage, von dec die Exstinz, das Glück nicht zweier Menschen allein, sondern einer ganzer» Generation abhängen mag. In bei» meisten Fällen ist die Liebe wie ein wildes Pferd, das mit feinem Reiter durchgeht. Das sprudelnde Herz läßt den ruhigen Geist garnicht zu Worte kommen« über den Gegenwart Witt» die Zukunft, das nüchterne Leben, bett ganze Kampf um's Dasein vergessen, „Jugend kennt keine Tugend", und sie kennt auch nicht die Geduld, sie kennt kein Ueberlegen, kein „Wenn" unb „Aber". Unüberlegtes Handeln er zeugt jedoch in den meisten Fällen Un glück, und wie mit jeder Lebensfrage verhält es sich so mit der Ehe. AuS dieser Wahrheit ist darum nur die eine Lehre zu ziehen, nicht zu jung zu hei rathen und sich vorher volle Klarheit über die Wichtigkeit dieser Frage zu verschaffen, denn „jung gefreit, hat Mancher bereut" scheint mit ei» viel richtigeres Wort. In das Kapitel der Ueberlegung ge hört vor Allem, daß man sich nach den Familienverhältniiss en der geliebten Person erkundigt. Was sind oder wa reit die Eltern, wie sieht's im Eltern hause aus, wie gehen Eltern und Kin der mit einander um? Oder man streckt seine Fühlhörner unter den Ver wandten, Freunden und Nachbarn der Geliebten aus und sammelt sich aus dem Gerede einen Extrakt, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen, denn in allem Klatsch liegt neben Lüge manche Wahrheit. Aber vor allen Dingen sollte sich ein liebendes Paar offenherzig begegnen. „So bin ich und das werde ich Dir in der Ehe sein" sollte Einer den Andern klar fühlen lassen und bei Beiden zum klaren Be wußtsein heranreifen, bevor sie den oft verhängnisvollen Sprung in ein dunk les Leben wagen: Offenheit erzeugt Vertrauen, und Vertrauen Liebe. Nicht die, welche in den Flitterwochen wie eine SeifenbÄfe verweht, sondern eine treue, aufopfernde Liebe bis zum. Tod, ja, die darüber hinaus durch ihre gutenThaten in anderen Menschen weiterlebt, und mit ihrem Hauche auf die Nachwelt veredelnd wirkt. Wie Grillparzer so schön sagt: „Das eben ist der Liebe Zauber» macht, Daß sie veredelt, was ihr Hauch be» rührt, Der Sonne ähnlich, deren goldener I Strahl Gewitterwolken selbst in Gold vev» wandelt." Ohne diese Liebe sollte ein Mann nicht seine Hand zum Lebensbunde dem Mädchen anbieten, oder sich ein. Mädchen nach der Heirath sehnen. Ohne diese ist kein wahres Eheglück möglich, wohl ein Nebeneinandergehen» nicht aber ein Ineinander-Ausgehen, wohl ein Gedankenverkehr, nicht aber ein Gedankenleben. Aus der wahren Liebe sprießt eine Tugend nach der an* deren hervor, wie Früchte am Baum, und machen die Ehe zu einer nützlichen, edlen Institution sie umgiebt die Ehe mit einem Glorienschein, der durch sei ne Strahlen Mit- und Nachwelt be rührt, sie streut Rosen auf den oft stei nichten Lebensweg. Es gibt Männer, die in ihrer frühen Jugend zum Ueberkochen heiß geliebt haben, die für ihre „erste Liebe" durch'â Feuer ^gegangen wären, denen jeder Augenblick ihres Daseins mit ihr: Le ben und ohne sie: Tod bedeutete wie schauen diese Männer auf ihren Ju gendtraum in einer nüchternen Stunde des späteren Lebens zurück, nachdem alle Leidenschaft verfolgen und das Le ben seine Furchen durch bittere Erfah rungen gezogen hat? In vielen Fäl len die Pessimisten sagen in den meisten erwies sich das herrliche Bild als Phantom, als Zerrbild ihrer Phantasie, in wenigen Fällen blieb eS treu und wahr und begleitete sie, wie die Sonne, erheiternd und wärmend dutch's Leben. In manchem Falle, wo die erste Liebe noch rechtzeitig ali Wahn, entdeckt, vor einer „zweiten" verschwand, preist man sich glüctHd^ vor dem Irrthum einer jugendliche» Begeisterung bewahrt geblieben zu fein. I Es ist und bleibt eben eine unumstöß liche Wahrheit, daß Herz ohne GeiA keine Lebensfrage entscheiden darf. 1 ,'fl li \n\n JRomon von Anton v. Perfâll. Z w e i e s a i e