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Gaspatds Ymäfokgen Erzählung vxsfewr Andre-) Jnimanuel Gadpard zeigte sein fünf undzwanzigjähriges G chtiftsjudilänm. Suchtet-lieh Tom-ni- und Laufburschen, Geichäftgfreunde, Beisnnte nnd Bet tvandte hatten sich im Frack, im Gedrock und in der Morgentoilette, wie es eben Stellung und Würde mit sich brachter schon frühzeitig eingefunden. Man wollte dem wohlwollenden Vorgesehten feine Dankbarkeit, dem intelligenten Ge ichtiftdleiter feine Verehrung, dem streb samen und gesinnnngettiichttgen Kollegen seine Hochachtung und dem lieben, alten Gadpard feine Freude dariider aus drücken, daß er sickg so famos herauf gearbeitet habe un nochfojngendlich und frich dies Ehrenfeft begehe. Die letzten der erwarteten Gäste wa ren vom Fräulein Gast-ord, des haus herrn einziger Schwester, ins Speise zinnner geführt worden, um mit Ma deira, Kaviar nnd Lachdichnitten nach der Anstrengung des Gratulierend ge stärkt zu werden. Der Indilar stand allein in seinem Atdeitszimnier etwas müde an den att dentichen Ofen gelehnt, und betrachtete mit schwankenden Gefühlen seine starke, nekviqe Rechte, ws lche im Laufe des Vor mittags von zweihundert mageren und fleischigem kalten und ichwcißigen Hän den mit biederer Derziichkeit gefchiittelt worden war. l Jininanuil Gaspard hatte srtih schon die Eltern verlor-ein illa er einund zinarizig Jahre alt war, noihdürstige Schuldildung und eiiie trübselige Lehr linggzeit hinter sich hatte, lud ihn der Heir Vormund zu Tisch ein, schenkte iiini eine KisteCigarren und einige gute Rathschliige, ging niit ihm guni Rechte anwali, ließ ihm fein kleian väterlichea Erbe auszahlen und schickte ihn seiner Wisse. Mehrere Jahre trieb sich Gag pard dann in Zoniirngluih iiiid Winter sturm, von Morgens sriih bis Abends spät ale Reisender in der Welt herum. Ost, wenn er nichts verdient hatte. ging er hungrig gu Bette, verzichtete fo gar aufs Manchem leine einzige Passion, nnd tröstete sich damit, daß sein kleines Vermögen r«nbertihrt bei dein Banquier lag. So laninielte er an den Straßenrckrm hinter Ladentischen und in Bierlneipen eine huntiarbige Gie skhäftss und Menschenlennlniß, bis er sich endlich in Berlin einen Laden mie thete und daselbst ein eigenes Tuchgei fchait eröffnete. Ein Vierteljahrhundcrt unablässiger Arbeit hatte er hinter lich; heute endlich war der Tag der Anrechnung gekommen. Drei Fabriten standen unter der Leitung des Herrn Kommerzieniatheö, ein na gelneues gelb weißes Blindchen ichillerte in seinem Knopsloch, und sein Barquier grüßte ihn stets zuerst. Der einfache Tuchhiindler war eine Periltnlichleit ge worden. Gagpcird stand noch immer ani Ofen nnd dachte darüber nach. ob es nicht das oerstiindiastewiire, sich von den Geschäf ten zurtlrtzuiieheii und in einer schnineten Van ain Wrunsee, nielche er schon seit zehn Jahreniin Beiste vor sich fab, sein Leben in Ruhe und Eliren zu beschlie« sten- Eininal in seinem Leben liatte er am schottigen Ufer der Haoel mit einer Angel in der Hand gesessen. Die Sonne ging zwischen gold- und ourpurgesäuni ten Wolken jeiiseit dre- Wassers hinter den iiedeliiinflosseneii Hügeln unter, nnd da er staunend und tiiiumend hinein schaute in die Pracht des Abendhiinniels ioie ein Kind in eiii neuest, unbekannteö Bildcrbiich, ioar er darüber eingefchla feu. Abt er iiittde nnd mit etwas Rdens inatieiiiug nach Hause lehrte« hatte er der Köchin triiiinpliiereiid einen kleinen Fisch abgeliefert, welcher gelacht sehr schlecht schmeckte. Seitdem schiviirinte er fürs Angeln. Ach, wenn er eist aiif einein lauleliiaen, schattigen Bläschen mit einer ichlanken Rate in der Hand vor seinem eigenen Häuschen sitzen iöniite, wie schön würde das sein! Ein Segelboot niiirde er sich anschaffen und» die ihm ösieia angebotene Stadtoerord netensKaiididatiir annehmen —- Ja, wenn er nur erst einen Nachfolger hatte. tin dessen Erfolgen er sich freuen lönntel »Ein Telegraiiiim Herr Kommerzien rath««, sagte Joyaiin, ioelcler zur Feier des Tages eine neue, roth - weiß ge streift-e Weste angelegt hatte, und til-ei reichte ihm oen kleinen Zettel. szrstreut pahin Gagpakd idii bin. Es war dass siebet-undiioaniigsteTelegranini« an diefe-n M- raen. Geinachlich entfal-l tete er es; dich feine Augen offnetenI sich weit, als er die wenigen Worte las: »Heriichften Glückiouiisch senden Nzchte und Neffe. Kommen morgen. Verm-n Ferk-iiiand.« Verleg-In kratzte er sich den Kopf »Koin;sel;e Geschichte, dast« inurmelte er oor sich hie. »Kenne fte ja gar nicht. Was soll ich init den Beiden anfangen? —- Rufen Sie meine Schuestei l« fagte er zu Johann. ( Maiie Geisuard war, während der» sechs J ihre ältere Bruder in der Welt herumzus, in einer billigen Pension zu erst als Zchiileiin, dann als Lehrerin bei schlechter Beipsl.»sgung herangewach sen. Vlder noch waren in Berlin die Buckst schen des Firnienfchildes nicht ge tiock iet, da nahm Jnimanuel sie zu sich. Gctieiilich liat sie ihm zur Seite g standen iii den ersten, forgeiivollen Jahren des kleines-. sicli iniiliiani empor aciieiiendeii Geschäfte. S ine Wohnung liat sie itiin in Ordnung gehalten, seine ittijze besorgt, feine siteioer geputzt, seine Biichcr geführt — allse, ohne 1e zu erinslziem oliiie eine Klage, einen Wuan laut ioecdeii zu lassen Erst seit-» dem sie voii einein eigenen Kammer-- niacscheii bedient wird und gioße Soli tairs iii den Ohren trägt, ist nicht iininer Sonnenschein in ihrer Räde. Es sind in nur leichte Wollen, welche den liäuslichen Himmel teils-ten, und wenn es einmal blitzt, to bleibt is bei harm losem Wetterleuchten; aber immerhin hat der gute Gnsuard gelernt, nach dein Wetter aiiiziifchniien und einige besänf tigende Redensarten als Blitz-Reiter bereitzulmltm Doch, sonderbar, je mehr er lie mit Geschenken überhäuft, je ge diildigcr er istre fänerliche Miene er trägt, desto häufiger zeigt ver Bari-me ter auf verönderlich. Nichtals ob sie undankbar wärt-; nein, sie ist heute noch wie vor zwanzig Jahren bereit, fiir ihn durchs Federzn gehen. Ader einmal —- es ifi schon lange her —,dn hat ein griesgiäniger Spiegel ihr ganz leite ein Wörtchen ziigifliisterl, iider das sie laut lachen inußie. Wenige Monate später tagte ein anderer Spiegel ilir etwas Aehnlich.z, ein dritter giinstis hämiichkn Beifall. Da wurde sie vort nnchdentlich nein ging zu ihrem alten vermeinen Freund, der alle Wechselfciile des Lebens iioerdauert hatte und aul dem Toilettentiich noch immer den Ehrenplah einnehm. Lange, lange un terhaiidette sie mit ihm, und als ihr Ebenbild aus seiner klaren Fläche ihr traurig gunickte, da schob sie ihn ha stig von sich und ging in eine stille Ecke und weinte — weinte, als wollte ihr das Herz brechen. Sie wußte seht, dass der größte Schah ihres Lebens dahin war, unwiderruflich dahin, aufgezehrt in dem stillen Dienst der sorgenden, sparenden Haushalteriw» Jh-e Jugend war bereits der loren, und die konnte der Bruder ihr nicht wiedergeben. Jhre seidenen Raben und wunderbaren Brillanten, ihr satini dradiertes Anlteidegiuiirer und iotettes Roiotoboudoir, der ganze bunte Füt tertram eines vornehmen Lebens schie nen ihr nichts zu sein als eine Iro nie aus ihr Schicksal, das gwecktose Leben und den einsamen Tod einer alten Jungser. Sie mochte leidlich hübsch gewesen sein damals, als tie noch tin attiins tleidchen mit ausgestreisteu Iermeln dem Bruder eigenhändig das Fiishstiick l a bringen pflegte; aber ihre Nase hatte sich mit den Jahren ebenso gugesoitztwie ihre Empfindlitbieitx die lange Figurl war sriihieitig eingetrocknet und bewegte sich in den schweren Seidentleidern mit der eckigen Gragie einer mittelalterlichen DOMAIN-b · »Du hast seinen Charakter, Janua nuck«, sagte sie seht, nachdem sie das Telegranim gelesen, »sonst mußtest du wissen, was du zu thun hast. haben unsere Vettern und Tousinen sich se um dich geküniinert, so lange du dich müh sani hast durchschlagen müssen? geht, wo du Commerzieiirath und Millionär hist, schicken sie dir ihre Batger aus den Hain-« »Aber die Kinder sind doch unschuldig an dem, was die Eltern geil-aus« »Werden schon nicht aus der Art ge schlagen seiii; sonst müßten sie zu viel Anstandsgesiihl haben , unt sich so nsir nichts, dir nichts ausgudriingem Wenn du meinen Rath befolgst, bist du morgen sür Herrn Ferdinand Gungel und Fräu lein Ver-h- Oaspard nicht zu sprechen. Verreise!·« »Unser-eni Vetter Gaspard geht es schlecht, Marie,« sagte Gaspard ernst. «Witre es da recht, seinem Kinde einen Platz an unserem Tische zu verweigern, während wir im Uebersliisse leben P« »Was hat der saubere Herr Vetter, der damals noch reich war, dir geant wortet, ais du ihn einmal iini Unter stützung gebeten? was hat deineCousine, die Frau Postrath Gungel, dir gesagt, als du sie in Stettin besuchtest imd dein Rock ein bischen schäbig war ?« Weswegen lann ich doch nicht ver gessen, daß die jungen Dinger etwas von demselben Blute in sich haben, das in meinen Adern rollt. Wir beiden al ten Leute stehen allein aus der Welt; was haben wir davon, wenn wir unse reni Groll nachhängen und ihnen nicht einmal Gelegenheit geben, zu zeigen, ob sie es ehrlich meinen? Er legte Marie die Hand aus die Schulter und blickte » ihr wehmüthig ins Auge. »Wir können die Früchte unserer Ar beit Fremden überlassen und abwarten, wer dem letzten von uns deii Stein aufs Grab sehi.« « Marie machte sich srei und ging un ruhig aiis und ab. Sie war leicht ge rührt uiid iirqctte sith, daß der Bruder ihrem saltdtiitigen Urtheil mit solchem Zeug in die Qui-re sam. »Ich möchte wissen, wozu du dir stink zig Jahre den Wind hast um die Nase vseiseii lassen,« — war sie aufgeregt, so sieleii ihr ost alte Ausdrücke aus der Z-·it ein, da sie noch selbst mit den Koch töpseii hantierte —- ,,weun du dir von Pdeinein guten Herzen den Ver stand aus den Kopf stellen läßt! — Mach. was du willst, ninitn die lieben, treuen, anhänglichen Kinder in die Arme und wart es ab, welchen Dank du ernten wirftit Damit schlug sie die Thiir zu und ging ins Speiseziinmey iim den Herren, welche iu Tisch bleiben sollten, noch ein Glas Madeira anzu bieten. . Gaepard war während des ganzen Fefiessend zeiftrent, blieb zweimal in feiner Rede stecken und wurde erst ge mitthlich, nachdem er sein tljhainpagnersl glaö ein Dutzend tnal geleert hatte. Am anderen Morgen war Fräulein Marie heftiger Kopffchrnerzen wegen auf ihr m Zimmer geblieben, und der Brit-J der mußte sich entschließen, die beiden jungen Leute allein zu empfangen. Er stand wieder iin Arbeitszimtner auf sei nem Liedlinagplatz ani Ofen; dalseii wechselte er öfter, als nöthig war, feinen Stellung, sah alle fünf Minuten nach der Uhr und lnöpfte sich den Rock auf nnd zu. Es liingelt, der Herr des Hauses richtet sich auf und nimmt eine würde velle Stellung ein. Die Thiir gebt auf, nnd als bräche ein Sonnenstrahl unter finster-ein Gxivölt hervor-, so erscheint in der dunklen Thüröffnung eine leichte, lichte, lachende Gestalt, stürzt anf den erstaunt dreinfchanenden Gaspard zu, füllt ihm um den Hals nnd ltißt ihn derzhaft ab. Ein großer junger Mann ist herangetreten. hat sich einer Hand be niächiigt und schüttelt sie kräftig. »Mein lieber-, guter Onkel," sagt Fänlcin Bist h i, nachdem Gaspard wie der zn Atheni ackotninen ist nnd sich vonl seiner Verlegrndett erholt hat —- von einem so büdsitfrn jungen Mädchen tust er noch nie geküßt worden —, »wen licl«er, gut-r Onkel, gerade so bade ich dich mir vokgssnni Zu Hause hat-en mir eine Photographie von cir, als du zwanzig Jahre ait w ist, in langem Scheßrock, mit hohen Vntctsniördernsund einem Cylinder, ach, einem Cnlinderl —- tIllter das Gesicht ist ganz dass-lee ge blieben. Du lieber, guter Ox-.lel!« Und damit wird er noch einmal abge küßt »Es dauert nicht lange-, fo iülilt sich der liebe, gute Onkel zwischen Nichte nnd Neffen ganz behaglich. Man plandett nnd lacht, ali- tenue man sich feit Jah ren; die Nichte bot Hut nnd Jacke ab geleqh der Nrsse taucht eine von des Onkcls besten Ctgorren, und ver Onkel wiegt sich lächean im Schnufelitnhi. »Und nun, Herr Feroinand Gangel,« tagte er nach längerer Pause, welche keineswegs die Gemüthltchteit gestört hatte, »erzähle mir mal, was du treibst nnd welche Pläne du dir file die Zukunft gemacht hast« »Mein Gott, ich gehöre zu den Leu-; ten, die ihren Beruf verfehlt habenJ Der Vater hatte mich für eine gelehrte Laufbahn bestimmt und steckte mich in entGymnasinnn ttlls ich Unter-primu nekway wurde er plötzlich wegen ge wisser Unregelmäßigkeitem die in feinem Blieeau vorgekommen waren, pensio 1-.i1t, nnd mit dem Studium war es uns: das Geld fehlte. Mein Vater wollte mich ins Poftfach stecken, u dem er tetbtt to schöne Erfolse errungen hatt-; aber ich weigerte mich, denn ich glaubte mich stir Höher-s bestimmt. Wir entzweiten uns; ich ging in die Welt hinaus, lernte Hunger und Kälte kennen und wurde schließlich einer von den hunderttausenden Ge säiifiireiiendem welche bald amerikani« « i es Pölclsleilch over Olivenöl aus Fiichthcan, bald den neuesten Tement oder den allerweitsten Pfropfenzieher der staunenden Menschheit als höchste Errungenschaft der Neuzeit anbieten Geld, mich zu etaliliren, habe ich nicht, ! und somit wird es wohl die nächsten dreißig vierzig Jahre init niir so wei tergehen, hie ich zu blind, zn taub oder zu schwach dazu bin. Was dahinter liegt — wer wird sich jetzt darüber den Kon zerbrechenl Augenblicklich hin ich in Berlin. um einen Markt süe Zucker zu eröffnen, der aus Steinlohlens theer gewonnen wird.« Das kam alles so ungezwungen und schneidig, mit so natürlichem Dumor heraus, daß Onkel Gaspert ganz ge rührt ihm wohlwollend aus die Schulter klopfte. »Unglücksmenfch, willst Du uns dergiftenk Nein, so kann das nicht weitergehent Bill mal sehen, was Isich unt-ich thun saße- Ierdinand stand auf und sagte mit Würde: »Ich bin nicht hergekommen, um mir die Proteltion des ferrn Kom merzienraths zu erbeiieln, ondern um dem Onkel zu seinem Jubilauin zu gra tuliereni« Der Onkel machte große Augen. »Freut mich iehr, daß du so unabhängi gen Sinn hast; aber setz’ dich nur ruhig wieder hin und erfchreck’ mir die Bertha nicht mit deiner Heftigkeit -—Woher kennt ihr euch?« fragte er jeßt das junge Mädchen. »O, wir haben als Kinder zusammen gespielt; damals waren die Eltern noch reich, und« — in den Schoß blickend — E »es war bestimmt, daß wir uns heirathen sollten. Später hat das Unglück die Freundschaft zu schanden gemacht; aber Ferdinand inachte doch aus seinen Rei sen osters in Stettin Halt. So hat er uns auch von deinem Judiläum erzählt u. daß ei- dich bei dieser Gelegenheit be suchen wolle. Jch hatte kaum je etwasT oon dem reichen Onkel in Berlin ge hört: aber da habe ich die alte Photo graphie heivoraesucht, und die hat mir so gnt gefallen, daß ich die größte Lust bekam, mitzureisen-· Jetzt ist Gaspard ausgestanden und geht im Zimmer umher. »Das war brav von dir, mein Kind; sollst auch so bald nicht wieder fortkommen. Mußt erst einsehen, daß du recht gehabt hast, dem alten, ehrlichen Gesicht zu trauen.« Bertha tritt zu ihm beranund legt ihre kleine, weiche Hand aus seinen Atm. »Noch mir den Abschied nicht zu schwer, Onkelchent Muß ich doch morgen ischon wieder abreisen. Du hast den ater vergessen; er war sehr gegen meinen Besuch, und ich habe seierlichst ver sprechen müssen, in achtundvierzig Stun den wieder zuriick zu sein.« Onteichen antworiet nicht, sondernI sieh-. zum Fenster hinaus und trommelt aus den Fensterscheibem Dann wendet! er sich zu Ferdinand: »Willst du auchi gleich wieder sort?« »Ja, leider, meine Gefchiifte zwingen mich daiu. Du mußt es am besten wis sen, daß ein Geschäftsreifender keineZeit vertrödeln dars.« Gasoard giebt einem uttgliicklichen Fußl.ssen, das ihm in den Weg gerathen ist, einen heftigen Tritt. »Natürlich, natiirlichi Jhr seid sehr pslichtgetreue junge Leute. — Wir wollen zum Essen gehen. Es ist Zeit«. Seitdem Nichte und Neffe, getreu ihrem Wort, wieder alsgereift waren, schien die schöne, heschauliche Ruhe, welche in der geräumigen Etage gegen über dem alten, schattigen Logengarten herrschte, siir den Dauöheern ihren Reiz verloren zu haben. Von Tag zu Tag ging e-: früher fort und lehrte später heim, bis er wieder, wie in den Ta gen seines jugendlichen Feuer eifers, der erste und der lehte im; Geschäft war; selbst sein Mittagessen nahm er schließlich öfterr in einem Refiaurant in der Nähe seiner Bureaus ein. Dabei brachte ihn jeht jede kleine Mißhelligieit aus dem Häuschen, und Buchhalter und Commis, welche unter der immer gleichen Sonne seines Wohl wollens rund und rosig geworden waren, hatten plötzlich gelernt, hei seinem Tritt zu zittern. Kam er nach Hause, so war er mtide, unruhig und reizhay die» Suppe war versalzen, die Sauce ver-’ brannt, der Kasse ungenießbar-, die Cigarre nicht zu rauchen. Fiiiulein Marie nahm sich dies alles sehr zu hergen. Es war das erste Mah leitdem sie siir ihren Bruder den Haus stand führte, daß dieser den Appetiti verloren hatte. Daher ließ sie sichi öfters, als man bislang gewohnt war, in der Küche sehen, und daher mußte auch die alte Franziska zum erstenmal» harte Worte von ihr hören. Sie griss in! ihrer Verzweiflung sogar selbst zum! Kochlöffel, aher es half nicht-. s Man war erstaunt, den Derrn Kam-« merzienrath so oft im Klub anzutreffen, den er sonst nur bei besonderen Veranlas sungen aus Pflichtgefühl betreten hatte.· Bei Hiller hatte er einen StammtischJ und cie Kellner des Münchener hofbriin -tannten· ihn heim Namen. Eines schönen Tages verirrte er sich bis in ein Specialitittentheater. Aber die Verrentungen der fchweißtriefenden, pomadisierten Athleten, der sinnlose Singsang der alteu Souhretten in ihren albern-en Kostilmen trieden ihn nach einer halben Stunde verzweifelt zur Thitr hinaus und nach Hause. « , Die Schwester, welche sich auf einen einsamen Abend schon gefaßt gemacht hatte. sprang aus ihrer Ecke auf, in det iie einen Bulwec’schen Roman zum sechs ten Mal las, nnd eilte ihm entgegen; er hatte sie schon daran gewöhnt, site jede Gunst dankbar zu sein. Dut, Stock nnd Mantel wurden ihm abgenommen, der Lehnstuhl vor dein Kamin wurde zurecht gerückt, die Abendzeitungen daneben ge legt. Sie stand mehrere Minuten, auf ein freundliches Wort wartend, hinter ihm, dann gsng sie hinaus in die Küche. Das Abendbrod war zu Ende, der Bruder hatte die Dummermohonnaise, welche Marie eigenhändig für ihn derei tet hatte, mit Verachtung von fich ge wiefen; sie fühlte sich beleidigt nnd un glücktich nahm sie den Buliverfchen «Ro man wieder auf und feste sich damit in den Eiter hinter den Vorhang. Gaspard kostete seinen Kassee und feste ihn wie der weg, zündete sich eine Cigarre an nnd warf sie ins Jenes-, trank einen Cognae, dann noch einen und ging mit heftigen Schritten im Zimmer auf und ab. Als er zehn- oder zwdifmal dicht vor dem Erker umgekehrt war, ohne dafz sich etwas geregt hatte. trat er mit einer scharfen Wendung hinter den Vor hang und machte vor·1einer Schwester fHalL »Mariel« Sie blsckte aus. »Nun ?« »Marie,« brachte er nach kurzem Stocken verlegen heraus, »du kannst mir » einen Gefallen thun.« »So ?« Gaspard wurde noch verlegener. «Schreibe, bitte, an Bertha und lade sie zu einein längeren Besuche ein.« »Und weshalb ?« »Ich denke, wir sind ihr die kleine Aufmerksamkeit schuldig.« «Narrensvosseni Gar nichts bist du ihr schuldig. Sei wenigstens ehrlich und sage die Wahrheit l« Bertha war drei Monate im Hause ihres Onkels, und noch dachte Niemand an eine Abreise. Marie hatte aller dings einigemal bei ihr ungefragt, ab sich der Vater in Stettin nicht nach sei ner einzigen Tochter sehne, aber nur ein lachendes: »Er wird sich schon zu trösten wissen!« zur Antwort erhalten. Man lebte sehr gemüthlich und ver gnüglich beim Herrn Kommerzienrath Da die alte Wohnung in der Stadt zu eng geworden wur, hatte er eine präch tige Billa mit weiten-, schattigem Gar ten in der Thiergartenstraße bezogen. Um die Einweihung des neuen Dauses und zugleich die Anwesenheit seiner Nichte würdig zu seiern, hatte Gaspard ein großes Diner gegeben, über welches seine alten Geschäftssteunde sich noch Wochen nachher mit bewunderndem Staunen unterhielten. Mehrere der neugeladenen Gäste sahen sich veranlaßt, ihre Besuche zu wiederholen, und wur den zu zwanglosen kleinen Abendgesell· schasten eingeladen. Gaspard hat die Gardinenschnur er saszt und dreht sie in den Fingern hin und her. »Nun denn —- sei mir nicht böse, Marie — ich weiß nicht, woher es kommt. aber ich —- langweile mich.« Marie legt ihr Buch ruhig hin und blickt zum Fenster hinaus. »Das ist nur natürlich- mich alte Schachtel kennst du in- und auswendig, wir haben uns Neues nicht mehr zu sagen. Du bist ein Mann und brauchst Abwechselung Wann wünschest du, daß sie herkommt?« Gaspard setzt sich vertraulich neben sie und schiebt vertraulich seinen Arm durch den ihrigen. »Sieh mal, Marie- s chen, so mußt du das nicht aufsassen. Du weißt, wie lieb ich dich hebe, wie dankbar ich dir bin, und daß ich mir ein! Leben ohne dich gar nicht denken kann» Aber wir werden alt, und so ein bißchen; Jugend und Heiterkeit thut uns beiden( noth.« Marie macht fich frei und fteht auf.; »Gewiß.« Mit ängstlicher Bitte sieht er zu ihr auf «Bertba ifi ein liebes Mädchen. Auch dir wirb ihre Anwesenheit Freude machen, fobald du nur dein Vorurtheil überwunden hast.« »Das wird sich finden; jedenfalls werde«ich ihr schreiben —- fogleich. Willst du den Brief erst lefen7« »Aber Marie ?« » »Ganz wie du beliebft. Gute Nacht i« Jhr Bruder wollte fie zurückhalten, aber sie wich ihm aus und ging schnel ler, als fie gewohnt war, zur Thür hinan-. H Gagpard warf sich mit einem Seufzer? in den nächsten Lehnstuhl, starrte ge dankenlos vor fich hin, griff dann nach feinem verfchmähten Waffee und stürzte ihn hinunter, zündete fich noch eine Cigarre an, zerrte einigemal nervös an feinem spät-lichem grauen Backenbart, frückie fich mit einem Seufzer in eine be queme Stellung, ließ seine Augen den leicht-en Dampfwotken nachfchweifen, welche fich in den Arabesken der Decke verloren, und blickte hinauf, zwischen den fich erneuenden Wolkengebilden hin durch, nach den Rebenranten und En geldidpfchen — zurückdenkend an die nrbeitsvollq einförmige Vergangenheit, spielend mit bunten Traumbildern einer lebendfrohem buntbewegten Zukunft —- bis die Cigarre herabgebrannt war und er aufftehend das glühende Enbchen in den Kamin warf. »Sonderbar«, mur melte er vor fich hin, »ich glaube, fie ift eiferftichtig«. Gisvards gesellschaftliche Stellung hatte sich offenbar gehoben; denn selbst einige Herren von der GardeiKavallerie gaben ihre Karten bei Fräulein Marie ab und ließen sich des Herrn Kommer zienraths Champagner gut schmecken. Für solche Ehren war der brave Tuch fabrilant nicht unempfänglich; nur wußte er nicht, ob er sich mehr über die Huldi gungen, welche man seinem schönen Gaste, oder die, welche inan seiner guten Tafel darbrachte, freuen sollte. Die Vorbe reitungen zu jeder neuen Gesellschaft brachten ihm dieselbe angenehme Aufre gnng. Seine Rolle als Wirth einer auserlesenen Gesellschaft nahm er sehr ernst; und wie die Zahl der kkonen- und titelgeschinückten Karten sich in der gro ßen Majolikaschale mehrte, glaubte er zu bemerken, daß er eigentlich zum Gesellschaftsmenschen wie geschossen sei. Bei allen Premieren konnte inan On kel und Nichte in einer Loge sehen, wäh rend im Hintergrunde neben den kurzen Rocken und hohen Kragen der eleganten Kaufmannsjugend die verschiedenstens Uniforinen auftauchten, welche sich alle buldigend zu der schlankem vor nehmen Erscheinung vor ihnen nie derbeugten. Aber Bertha nahm die Ausmerksamkeiten und Schmeichel worte hin, als ob sie währendihres gan zen Lebens nichts anderes gekannt hätte; und wenn sie in Gesellschaften oder ini Theaterfoyer von Verehrer-n umringt war, glitten ihre Blicke immer wieder gleichgültig über die lächelnden, bewun dernden Mienen der jungen Herren hin iveg zu einem breiten, biederen Gesicht, ioelches schmunzelnd ihren Triumphen zuschaute. Der Onkel war voller Dankbarkeit gegen seine Nichte. War sie es nicht, welche ihn in dieses neue Leben einge führt, in deren Nähe ihm das Verständ niß fiir neue cFreuden, neue Geniisse auf gegangen war ? Aber am zufriedensten und heitersten war er doch, wenn er ganz allem mit Berthchen am traulichen Kaminfeuer sitzen und über ihre lusti gen Schnurren lachen oder die Wünsche und Neigungen des kleinen Weiber kopfes in allem Ernste discutieen konnte. Sie war eine verständige junge Dame und zeigte auch großes Interesse siir sein Geschäft. Es schien ihr Spaß zu machen, sich von seinen »Gewiniisten erzählen zu lassen und niit « den großen Zahlen zu spielen, denn ihre shellen, grauen Augen glänzten dabei sund die rothen Lippen öffneten sich und «'zeigten die blendende Reihe kleiner Ver sleiizähnr. Jedoch allmählich sprach man weniger davon, denn Gasvard lebte sich "in ein glückliches Schlaraffenleben hin ein, und es wurde ihm immer schwerer, sich von seinem lieben Lehnstuhl in der Kaminecke zu trennen. Wozu hatte er sich auch fünfundzwanzig Jahre so red zlich gequält und sich ein so tüchtiges Personal herangezogen, wenn er nicht vie Maschine ein-Zeit lang sich selbst überlassen konnte? Nur Marie störte ihn itn Genusse sei nes neuen Lebend. Sie war oft nicht wohl, und wenn sie sich dann wieder sehen ließ, siel ihr verschlossenen Wesen wie ein kaltes Sturzdad auf die gliicks ; liche Laune der beiden anderen. —- ! Der Weihnachtsadend war herange »lonnnen. und Bruder, Schwester und Nichte uniftanden den buntfchimi mernden Tannenbauni, während ein jedes feine Geschenke musterte. D tha stieß einen Ruf der Uebmnfåkung land des Entzücken nach deni an- Hderen aus, Onkel und Tante hatten lsich in erfinderischer Grdsiwuih über zdoten. Gaspard traten fest Thritnen in die Augen, als sie den fürstlichen ISchnIuch welchen er ftir sie ausgesucht unt Den blendend weißen Hals legte und Arm in Urin unt thn nor den Spiegel first. Marie reichte der ihr etwas be fangen Dankenden kühl die Band und wandte sich zu den Dienstboten, welche noch mehr verlegen als glücklich in einer Ecke standen. Ganz versteckt unter Büchern, Mad-» pen, Schalen und Decken sindet Gan-s pard ein kleines, Ipdey weichetcissenj wie gemacht, u in der fchliifrigen Nachmittagdstunde fein Daupt darauf zu betten. Arabesken in Gold und Seide, wie sie die Feenhiinde orientali icher Stickerinnen hervorzuzaubern lie ben, glänzen darauf. »Ach, gerade was ich mir gewänscht habe i« Er wendet sich zu Bertha. »Hast du....?« Sie» nickt. »Und gar felber....?« Sie; nickt wieder mit kindlich schelmischeuif Lächeln. »Ist es möglicht« , » »Onkel, es war ja fiir dicht« i ! Dad gute, alte Gesicht ist wie ner litirt von der unerwarteten Freude. Liedenoll legt er seinen Arm um die ;schlar.k-: Gestalt und will sie an sich ziehen; ader das Mädchen weicht mit einer schnellen Bewegung zurück. »Warum nicht?« fragt sie überrascht und gekränkt. Nachdenklich läßt sie die Glieder des neuen Haldbanded durch die Finger gleiten, dann fagt sie mit einein kleinen, ichnippischen Knix: »Der Herr Onkel sind noch viel zu jung«. Mit weit gedffneten Augen, als habe nian ihm die wunderbarste Enthüllung gemacht, starrt er feine Nichte an. Wie er aber dem unbefangenen Blick begeg net, der sich anf feine zerstörten Züge heftet, da erröthet er wie ein auf Ad wegen ertappter Schulknabe und wendet sich fort. Das Mädchen spielt wieder nnt ihrem glitzernden Halsdand und lächelt still vor fich hin. Es klingelt. »Ferdi!« ruft Bertha freudig aus und eilt dem jungen Manne entgegen, welcher im Reiieanzug in der Thitr er .scheint; doch mit einem nnwilltlirlicheu Blick auf Gaepard hält sie in der Mitte des Zimmers inne, läßt den Vetter herantreten und reicht ihm mit einem »rnhigen: »Gutes! Tag, Ferdinand!« die Hand. ; »Ja, siehst du, lieber Onkel,« sagt sdieser, nachdem die erste Begrüßung vorüber, »Wir Wandervögel haben auch Augenblicke, wo wir uns nach dem Frie den eines Heime sehnen. Denke dir, es sind jetzt sieben Jahre her, daß ich unter keinem Weihnachtdbautn gestan-; den dabe.« i »An-ter Menschl« meinte Gagpard mit innigem Mitgeslihl. »Aber wahr haftig. hier sollst du ein waunes Plätz chen finden! Hast uns zwar schnell ver lassen und dich lange nicht um uns ge kiiminert. Aber das ist alle-s vergeben und vergessen, wenn du das Versäumte jetzt nachholen willst l« »Ja, das werde ich,« sagt der Neffe, indem er sichs am Kamin bequem macht, »und von Herzen gern.« j »Braoo, brav-M ruft der Onkel. I »Meine mineraiische Zuckersabrik ist ,näinlich in die Briiche gegangen; na, und einige Wochen wird’s wohl dauern, bis ich eine neue Stellung gefunden bebe.« Hut-ruht das ist der Augenblick! Mit strahlendein Gesicht stellt sich Gaspard svor den jungen Mann hin. »Nein, die Hollst du noch deute haben! Und jetzt wird keine Weigerung angenommeni Verstanden, junger Mann ? Ich brauche einen Abtheilungtches, das mußt du werden« Der Nesse springt auf. »Aber Onkel. . . . « . »Am Ade-i Ich habe keine sein-I der, ibr beide, du nnd Beetho, seid meine nächsten Verwandten. Es ist meine Pflicht und mein Recht, daß ich für Euch sorge, io gut ich kann-« Bertha ift neben ihn getreten und bat feine Hand ergriffen, Ierdinand macht ein feier liches Gesicht. »Tröfte dich nur,« fährt! Gadpard fort, »sollft dir dein Brod red lich verdienen. Faulenzer giebt’g bei mir nicht. Na, willst du ?- Lurze Panie. Marie, welche sich un bemerkt in den Hintexzrund zurückgezos gen hatte, horcht auf. Ferdinand hebt den Kopf. »Unter einer Bedingung-« «Bedingung!« »Ja, du mußt mir dein Ehrenwort geben, daß, sobald ich meine Stelle nicht ebenso gut ausfülle, wie ed der beste meiner Vorgänger gethan, du mich augenblicklich zum Tempel hinauejagst.« Er lächelt, und der Onkel lacht dazu aus voller Kehle. »Gut, mein Junge, ich verspreche ep. Aber du wirft einen schweren Stand haben. Wollburg war dein Vorgänger — großartiger Mensch, der alte Wall barg· Na, du wirft ihn ja kennen lernen.« Ferdinand’s selbstbewußte Würde hat etwas nachgelassen Er dankt dem Onkel mit lebhaften Worten. Beriha hörl den beiden andiichtig zu, nur ganz ber golzlen huscht ein Lächeln über ihr Ge cht. »Nun, Berlhchen,« sagt Onkel Gas pard und steckt ihre kleine, weiche Hand durch seinen Arm, »du kannst dich such über den Familieitzuwachs sreiienz so ein Vetter ilt nicht zu verachten.« Und da sie schweigt, sieht er schmunzelnd von einein zum anderen. »Na, mein Fräulein, nur nicht schüchternl Sag ihm nur« was du ans deni Herzen bastl« Sie reicht Ferdinand die Hund« aber der Blick bleibt dabei auf den Boden geheftet, und in der leichten Bewegung des Kopfes liegt etwas we Trotz oder Unwillen; gegen wen? viclleicht weiß sie es selber nicht. »Ich freue mich sehr auf das Zusammensein und wünsche dir Glück « Das ist alles. Die Worte glei ten lqgsam und ausdruckblod voniyren Lippen. Ferdinand behält die widerstrebenden Finger in seineni festen Griff. »Ich danke dir.« »Donnerwetter, nennt sich jdad En tbusiasmut?» sährt Gaspard dazwi schen. »An deiner Stelle, Ferdinanb, freute ich dem Mai-ei längst einen nich-: »tigen Kuß gegeben.« z , Bertda muß reizbar sein, denn ein zorniger Blick streift den Onkel. Ueber- Imiithig lacht der Vetter aus und geht aus iie zu. »Onkel, mit deiner Erlaub niß.« , »Nein, neinl« stößt sie erschrocken fheraus und flüchtet zu Tante Marie, »welche noch immer still in der Ecke sitzt. i Gan-m freut nch königlich nvek sei snen gelungenen Scherz. »Ist eine. tvählerische Dame, unser Fräulein BerihaJ hat ihren Onkel vorhin nicht besser behandelt. Na, getheiktes Leid ;— du weißt ja!« . Ferdinand tritt zu den beiden Damen. »Und du, Taute, sagst mir gar nichts P« »Ich hasse, dasz du deine Pflicht thun wirst.« s . I ( Die Landpartie war zu Ende, man rüstete sich zur Heimtehr. Es war ein prächtiges, von der Gunst des Bettersi und der Laune der Gäste getrageness Fest gewesen, und alle umringten Derrn l Kommerzienralh Gaspard und seine charmante Nichte, um ihnen ein Kompli ment zu machen und den pflichtschuldigen Dank abzustatten. Gaspard, im seschen Tauristenanzuge, strahlend von Lebenskraft und Lebens freude, bnt Bertho den Arm und führte sie über den weichen Rasen an die Coach, welche reisefertig aus der Landstraße hielt. Bertha sireichelte noch einmal ihre Lieblinge, die beiden Führpferde, und steckte jedem eine frische Blume an die Rosette. Dann trat sie an die kleine Leiter nnd war flink wie ein Reh aus ihrem Platze neben dem Grasen Da moos, welcher die Zügel führte. Gas pard und ein unternehmender Geheim rath langten ziemlich athemlos oben an, mehrere Damen klommen unter Schwie rigkeiten aus das hohe Gefährt, während sie ihre Verlegenheit unter Lachen ver bargen, und junge Leute, Oisiziere in weißen Westen nnd elegante. Reserendare mit hellen Schuhen sprangen von rechts und links hinaus. Ein heller Ton aus dem Signalhorn, ein Knall mit der Peitsche, und fortging es zwiichea den ’Kiesern, Fichten und Buchen des lieben, gemütblichen Grunewalds hindurch, Die Anstandsdamen, einige Backsiichr. Iwelche nach nicht aus dem Bannireise des mütterlichen Auges entlassen tout-n den« und korpulente ältere Herren folg- Jten in Landauern und Viktoriasz aber Tbald wurden sie zurückgelassen. « Von einem Hügel hatte man unbe schränkte Aussicht aus das weite Thal decken der Haveiseen. Die Sonne hatte sich mit einem Nebelschleier umhüllt und durchbrach nur mit einzelnen Lichtgarben das zarte Gewebe ihres purpurfließenden Geivandes. Von ihrem Antlitz strahlte zein iiesglühendes, gesättigtes Roth, die Farbe der König-. Sie sah so seierlich, iso groß, so mächtig aus wie eine der» Welt eiiriickte Majestät. Die Berge lagerten zu ihren Füßen wie die Ba sallen des Königreichs der Lüfte, von den Wiesen stieg der Abendduft als Opfer danipf empor. Die stilldunkle Fläche der Seen dehnte sich aus, bis sie mit dem fernen Dunst der Erde und den schweifenden Wolken des Himmels zu träumerischen Oebilden eines Feenlandes zerfloß. Dunkel war das Wasser zu den Füßen des Beschauers, schweigend und tief. Feuiig glühende Strahlen zogen darüber hin, und uner gründlich erschien zwischen ihrer leuch tenden Bahn das Geheimniß der Tiefe. »Das ist schöns« sagte Bertha, in dem sie sich ein wenig zu Ferdinand, welcher hinter ihr saß, zurückveugtr. »Ich denke an das Glück,« sfliisterte er, »welches mit seinem Flammenlicht unser traurig- finsteres Leben erleuchtet«. Ja, so muß es sein!« antwortete sie nachdenklich und schaute hinein in das purpurumsiiuinte Feuermeey bis sie ge blendet die Augen schloß. Ein allgemeines »Du-l« unterbrach die von den jungen Damen mit leisem Kichern, von den Herren mit über müthiger Heiterkeit geführte Unterhal tung. Der liebenswürdige Gras parirte seinen Viereszug schnell mit vollendeter Elegaiiz und wandte sich zur übrigen Gesellschaft um. »Das war der Aus bruch urwüchfiger Empfindung. Und da behauptet man noch, daß es in unserer Gesellschaft keine unverdorbenen Ge müther gabel« Aber die Landauec mit den Anstandsi danien kamen in Sicht. »Vorwärts« ries nian von der hintersten Bank, wo eine hübsche und reiche Blondine zwis schen zwei jungen Lieutenants saß. »Vorwärts!«· ries auch Gaspard, dessen Laune durch kalten Champagner, hübsche Frauen und die slotte Fahrt bis zur Begeisterung gestiegen war; und vor wäris ging es im scharfen Trab den Hügel hinab. Als man in die Chaussee einvog, verschärsle der Führer das Tempo noch mehr; die feurigen Jucker gehorchten willig der geübten hand. Gras Dawvos beugte sich nieder zu sei ner Nachbarin. »Famose Pferde hat Jhr Herr Onkel, gnädiges Fräulein! Solches Gespann vor sich und solche Gesellschaft neben sich, das ist das größte Glück, welches ich lenne.« »Seien Sie nicht ungerecht gegen die armen Pferde, Herr Groll« »Ohl meine Gnådigste —« Vertha lach·e und brachte geschickt ihren Sonnetijchirm zwischen sich und ihren Nachbar. Man erreichte einen im Thalgrunde schtuninternden Waldsee, inmitten eines Kranzes daher Buchen, unter deren dich ten Kronen ein kleines Försterhaus sich verbarg. —- Die Sonne ist verschwun den, nur leichte rosa Rcslexe spielen aus dein WasserspiegeL Bertha berührte leise Ferdinandg Arm und deutet hinab aus die in tiefen Schatten getauchten Laub-nassen, aus das verschwiegene Jägerhetm, welches sich in dem sriedensi stillen Wasser spiegelt. »Aber das ist noch schöner.« Jerdinand sieht ihr voll ins Auge. »Ja«, antwortete er mit leiser Stimme, »wenn man den Kampf hinter sich, das Glück erobert hat, dann mag’s gut sein, es hier zu bergen in unbelauschter Ein samleit.« Ohne Antwort wendet das Mädchen sich fort und blickt vor sich hinaus aus die gerade Linie der Landstraße. Während das mächtige Gefährt über die Charlottenburger Chanssee und die Siegesallee unter der überraschten Bes tounderung des Feiertaggpudlilumö dahinrasselte, blieb Bertha in Gedanken versunken, und alle Liebenstriirdigkeit ihres Nachbars vermochte ihr nur ein silbige Worte zu entlocken. Nur wenn Gadpatd, angeseuert von den heiteren Neckereien der Jugend, ihr ein glück liches Scherzwort zuries, lächelte sie freundlich, dankbar zu ihm hin. Es war schon dunkel, als man vor der V lla des Kotnmerzienraths in der Thiergartcnstraße hielt. Ein Sträuben nnd Lachen, ein Klettern und Springen, ein Scherg, ein Abfchiedswortz ein Hän dedruck, ein Drängen an der san-thür, ein Gruß, ein Hoch, noch ein Hochl —- Dak Tdor fällt zu, die Pferde springen an, der Wagen rasselt davon, nnd alles ifi still nnd leer me zuvor. » Onkel, Nichte und Reffe stehen in deins hellerlenchteten Borzinmien Der Onkel breitet die Urtne aut, als wollte er erst die Nichte und dann die ganze Welt »nur-innern »Ich glaube, dak war der fchönste Tag meines Lebens«, ruft er mit seiner guten, wohl tönenden Stimme. »Es ist doch nie zu spät, jung Ja feinl —- Und dns verdanke ich dir allein, Bertda —- serthcy du bist ein PrachtiniidelF Tante Marie erfcheint in der Zink- Inerthttr; sie ist nicht mitgefahren, weil sie wieder über Kopfschinerzen klagte und überhaupt, tvie sie sagte, fitr der artige Vergnügt-tigen keinen Sinn habe. Noch steht sie blaß ank. »Vertda, ein Brief für dich aus Stettin« ist-Mermis folgt ) Heut-- und e,s.:audwittt)- Umsicht-. Ungetiefer an sitt-einstwe- Das beste Schnhmittel gegen Unge ziefer ist, wie bei Mensch und Thier-, auch bei den Pflanzen, Reinlichkeit, frische Luft und entsprechende Pflege. Bei weichhaarigen und wolligen Pflan zentheilen wir öfteres Abblirsien mit einein weichen Pinsel, bei glatten Blät tern Waschen mittelst eines weichen Schmammes und kamt-armen Wassers ’niihlich sein. Bei starken Oleandern, spummibaumen u. a. kann auch soge nannte Schmiersetfe mit verwendet wer den. Auch Tabakabsud und Tabakrauch thun gute Dienste, sind aber mit Bor ! ficht anzuwenden. s sur Krankennsieae - Jede Frau, ohne Unterschied, kommt in die Lage Kranke zu pfle en. Zur Krankeapflege gehört Selåtderkeuk nung, volle Hingabe, Geduld, Sanft niuth und pracktische Umsicht. Handelt( es sich um ernstere Krankheitsfalle, so! verlosse man sich nicht auf SelbsthtilfeJ sondern ziehe sofort einen erfahrenenJ Arzt gu Kaido-Jeder Kranke und jede« Krankheit muß anders behandelt und abgemattet werden. Die Pslegende soll Wniit Herz und Verstand ertragen, wie ; sie die Undehaglichkeiten und Schmerzen ; lindern und dem Leidenden cheinahme und Unterstützung zu Theil werden hassen kam-. Die ekztcicheu Vorschein-u fmiifsen mit größter Gewissenhaftigkeit « ausgeführt werden. Bis gu einem gewis » in Grade gehe man auf die Phantasien nd Stimmungen des Kranken ein, ohne ihn dabei zu bestärken. Manche Patien ten wollen bedauert, andere aufgerichtet und zur Geduld ermahnt werdet-. —- Speisen und Getränke müssen troh ihrer Einfachheit dem Kranken in appetitli cher Form dargereicht werden, denn Pa tienten sind grillig und tadelsiichtig. Speisenreste dürfen nicht oan einer Mahlzeit zur anderen im Krankenzim mer stehen bleiben, weil dem Patienten durch den Anblick derselben leicht der Genuß verleidet wird. —- Jin Kranken zimmer muß immer fiir frische Luft ge sorgt, es müssen täglich, mit der nöthi gen Vorficht, die Fenster geöffnet wer den, Raucherpuloer oder Essen-sen sind nicht zu empfehlen, hingegen 2—3 große Zwiebeln in Scheiben geschnitten, auf einen Teller auf den Fußboden gestellt, follen alle schlechten Dünste aus der Luft aussangen, müssen aber alle 6—8 Stunden erneuert werden. —- Lausche dem Kranken den geringsten Wunsch ab, noch ehe er ihn ausspricht; lege und schiebe ihm die Kissen bequem zurecht, wenn er die Lage andern mill. Lerne überhaupt die richtigen Dandgrisse zu allen Verrichtungen, damit die Hilfe eine wohtthuende und verständige sei. fließenden-. ! Um im Frühjahr zeitig einen erfri-) fchenden Salat und zugleich einen hubsz fchen griinen Baum zu haben, möchte ich obigen Kressenbaum empfehlen. Man nimmt ein rundes Stück Holz, läßt es zurecht hauen in Form eines stumper Zuckerhutes, 1s—-1d cm unteren Durch messer und 28—80 em hoch. So vor gerichtet überzieht man den Kloß dop-; pelt mit alten gemafchenen und zurecht-l genäbten Strumpf-Ibfällen, als Fuß-I linge u. f. w. und befeftigt diefelbenz unten am Rande mit einigen Stiften (der Boden feldft braucht keine Rolle) Für d Gent Kressenfamen weicht man einige Stunden in lauwarmes Wasser; hierdurch entsteht ein Brei, den man mit einem Messer auf die angefeuchtete Wolle des Kloßes streicht. Oben auf die Sviße des Moses einen Vildernagel halb hineingelchlagen, erleichtert das Anfassem Nun stellt man den Baum auf einen tiefen größeren Teller oder Blumenunterfaß, libergießt mit einem Löffel täglich zweimal den Samen und wird fehr bald die Freude haben, das Bäumchen griinen zu iehen. man le Todfvftantem Häufig kommt es vor, daß die Topf pflanzen durchaus nicht gedeihen wollen. Dies kann zweierlei Urfache haben: ent weder ift die Tooferde durch vieles Gie ßen oerfäuert, es hat fich die fogenannte »Duntusfäure« gebildet, oder es fitzen im Wurzeldallen der Pflanze Würmer. Ja beiden Fällen ift es das befie Mittel, durch die Töpfe heißes Wasser zu gie ßen; die Würmer werden durch dasselbe getödtet und die Humnsfäure ift dann verfchwunden, wenn das ablaufende Wasser eine klare Farbe zeigt. Dem Sauerwerden der Erde beugt man übri gens dadurch vor, daß man den Topf pflanzen nicht zu viel Erde giebt: die Masse thut’g nicht, fondern die richtige Mifchung Was ift beim Einkauf von Kleefaat tu beachtet-? Jn diefer Zeit werden die Kleefaniens Eisiläufe gemacht. Jeder Landwirth »weiß, wie viel davon abhängt, gute Waake einzukaufen. Nicht allein, daß er reell behandelt wird, fondern vor allen Dingen, daß das Feld, welches befäet wird, auch dicht mit guten Pflan zen bestanden ift und gute Futterernte erzielt wird. Je besser der Same, defto sicherer und gittßer die Ernte. Wir wollen daher kurz darauf hinwei fen, welche Punkte der Landwirth bei sent Einkauf der Kleefaat zu beachten at. 1) DieAuswahl desSaniens. Je nach den Bodenderhälinissen und nach dem Zweck der Ausfaah ob zu Mähefutter oder Weide, wird man fich zu einer bestimmten Sorte entfchließen. Jn der Regel wird der Rothllee vorge zogen, weil eran gutem, auch leichte reni Boden unter einigermaßen günsti gen Verhältnissen auch gut gedeiht und reichen Ertrag liefert. In manchen Wirtbschasten zieht man eine Mischnng verschiedener Mee- und Grassanien nor, besonders auf Boden, der dem Klee nicht besonders zufagt oder toenn Kleetaat durch den Winter oder durch Ungsziefer vernichtet ist, oder wenigstens Lücke-i zeigt. Man wählt dann in der Regel Tbinsotbeegras, englisches nnd italieni stches Raygras ans. Diese Magras culturen sind außerordentlich zu eint-sed len, z. V. 10 Pfund Rotbllee, 2 Pfund Thisnotdee, 10 Pfund Raygraser, it Pfund Honigs und Knaulicras wird vielfach entpsoblen Man taufe aber nie Gemische. sondern die Samen einzeln und ntische selbst. Bei der Auswahl des Santens aber achte nton 2) Auf diekeimfitbiqteit der Camentbrnen Landwirthe, welche nicht selbst die Untersuchung auf Keinssiibigkeit vorneh- Inen sonnen oder wollen, mögen sich von den fändlern die Iarantie der seien sttbig eit geben lassen, oder in controb stationen noch einnial untersuchen lat sen. Die Landlente lassen sich in dir ier Beziehung noch su leicht täuschen, denn oft totanit es nor, daß alter nnd irilcherttleeiatnen durcheinander qeniengt wird. Z) Die Reinheit des Saaten niuß beachtet werden. Nicht allein, das der Same möglichst frei iind rein sein soll von Unkraut lliinereien, sondern vor Allein auch sree von solchen Beimischnngen, welche das Saatakgituin wohl schwerer, aber un brquch er machen. Nicht selten sin det man zwischen dem Samen kleine ver arbeitete, angemalte Steinchen, Kleeties. Ebenso sehr soll man ans das Vorhan densein der Ileeseide achten. Wo sich auch nur einige Seideisrner in der Probe befinden, ist Oesahe, daß iin gan zen Samenqnantiim grosse Mengen vor-· banden sind, welche demnächst aus dem Kleeselbe reichlichen Schaden bringen können. Wer sich dagegen nicht vorher schlich muß im Sommer lible Erfah rungen machen. Endlich achte man auch daranl, daß man die Kleesarteiy welche man verlangt, ohne Zumischiing einei landern Sorte erhält. Nicht selten wird fsteinkleesamen unter Rothtleesameii ge »iiiischt nnd als Roählleesamen oertaust. Man hat auch hier nnd da angesangem Watte überfähriae Saatwaaren zit schwe. Iseln lind dadurch einerseits die haltbar ileiy andererseits die schone dunkelgrün aelbe Farbe zii eihalten oder wieder yherznstellem Dieses Verfahren lsi aber ;der Keimsähiqleit nachtheilig. Die :Keimläbigkeit leidet schon so wie so Thurch die einjährige Aufbewahrung. Beispiele ergeben, daß geschweselier Rothklee nitr 58 Prot. Keimsähigkeit aufwies. Zins-eilen kann man das Schweseln mit der Lape an dein aiislies geiiden Staub erkennen und daran, daß die Körper nach Vehandeln mit Schwe seltohlenstoss ein blankes Mislehen an nehme-. Eine chemische Untersuchung ergab bei geschweselten Kleesamen et hehlich mehr Schwesel, als bei nicht ge schweseltem Rothkler. Der »Jtalie« werden Ein zelheiten über das Leben des Prinzen und der Prinzessin von Battenbeilg ssras und cräfin Darienau) in Mai land gemeldet, das zu den bescheidensten und einsachfien gehört. Wenn das Wet ter schön ist, machen sie des Morgens eine Bromenode in den öffentlichen Gar-ten, lehren uin die Stunde des Dei jeuners nach dein Hotel zurück und blei ben bis 4 Uhr in ihrem, iin ersten Stock werle gelegenen spinnen-end Sie be suchen sast alle Tage den schweizerischen consuh herrn cranier und wenn sie nicht mit der Familie desselben aussah ren, unterhalten sie sich bis 6 Uhr niit Musik Un den Tagen, da schlechtes Wetter herrscht, schickt here cranier stets seinen sagen in das Dotel Nanin und läßt ihn zur Verfügung des Brin zen und 'oer Prinzessin, nni eine belie bige Pronienade zu machen. Ist Ibend besuchen sie nur selten das Theater-. Sie waren nur ein einziges Mal ini Theater Dolla soaln und einmal ini Dal Var-no. Im Lö. März sollten sie sich ins Thea ter Manzoni begeben, zogen es aber ini lehteu Augenblick dor, zu hause zu blei ben. Der Prinz sucht noch tniiner eine lleine Wohnung in einein Prioathanse. Dieser Tage schlug nian ihni den Inlaus von stillen ani Eoniersee und in Drianza bor, aber er lehnte es jedesmal ab. Ins Sö. März unternahm das junge Ehe paar eine Bageopronienade aus den Bastionerr. Zur Frage der Rückkehr der Königin Natalie nach Serbien schreibt ein Belgrader Derichtersiatter unterm W. März: Die Frage, ob Kö nigin Ratalie bald nach Serbien zurück kehrenwerde oder nicht, beschäftigt hier alle Kreise und es ist eine lebhafte Agi tation für die Rückkehr der Königin be merkbar, welche aber zumeist von den heimlichen Gegnern der Regentschaft und des radicalen plinisteriuins geschürt und geleitet wird. Die Regenten und das -Ministeriuni nehmen in dieser Frage die Stellung ein, daß die gelehlichen Vater- Trechte König Milan’s aus die Erziehung ;des niiuderjöhrigin Königs Alexander jin oolleni Umfang gewahrt werden. Es Isteht dein König Milan das Recht zu, zu !bestiniinen, ob und wann König Alexan der die Königin Natalie besuchen konne; Irr hat nun festgesetzt, daß zn den Ferien stets einige Zeit der jugendliche König Alexander bei siner Mutter ini Aus lande verweilen könne. Wenn durch ein Hierherlominen der Königin Natalie in diesen Festsetzungen ein Eingriff statt finden würde, so ist König Milan ent schlossen, seine Baterrechte energisch zu wahren. Königin Natalie würde somit, wenn sie aus ihrem anfänglich, lurz nach der Thronentsagung König Milan’s ge faßten Entschluß, nach Serbien zu koni nien, beharren sollte, einen Familien zioist ini königlichen hause herbeiführen, der auch das Land und Voll beunruhi« ,gen könnte. Jn Erwägung dieser Uni -stiinde haben viele Freunde der Königin ENatalie in Serbien ihr den Rath er- Liheilh jetzt nicht hierherzuloninicn und sich nicht zum Weil,euge von Leuten Fherzugebem welche ihr Kommen nur be nuhen wollen, uni im Lande Unruhe her vorzurufen. Auch von Rußland wurde der gleiche Wunsch ausgesprochen, wie ja auch König Alexander selbst seine Mut ter gebeten hat, jeht nicht nach Serbäen zu kommen. Man hofft deshalb, Köni gin Natalie werde diesen Ralhfchlägen Gehör schenken. Die Regentschast hit in ihren amtlichen Eorrespondenzen den oollen königlichen Titel der Königin N r talie wieder in Anwendung gebracht und auch das Ministerium gebraucht densel ben. Der früher nach der Ehejcheidung übliche Titel »Madame Natalie de Keschlo« wird nicht mehr angewendet. In den Bureaus und in ben Schulsiilen zurt das Bildt-iß Königin Nataliens jeht wieder die Wande.