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Die rrke dentschen Lriiueu- und Wadrzcrtschri^rn. Bon Elle R e ma. Johann Christian Gottsched, der anftrnzlich viel gerühmte und nachmal- viel gelästerte Refor mator der deutschen Liiera-ur, war der Herausgeber der ersten Frauen-: Zeitschrift, die unter dem Titel „Die; Vernünffiig-n Tadlerinnen" im Jahre 172 ö zu erscheinen begann. Tie Glanzperiode unter der Regie rung Ludwigs XIV. hatte auch auf: Deutschland eine mächrige Wirkung geübt, der gallische Geist die deutschen Frauen und IlNänner völlig in seine, Fesseln geschlagen. Französische Sit- ten und Gewohnheiten, za, sogar die: französische Sprache waren allmählich heimisch in den deutschen Landen ge ! worden. In den Haushaltungen de-i Zarin inan nach französischen Rezepten! zu kochen; französische Lehrer tarnen für Sie Kinder herüber, und nach sia. : zösischen Moden Ileitete sich gan> Deutschland, Frauen mft Männer.: Alle Flugblätter und Schriften, die: gegen das Ueberhandnehmen der gal lischen Herrschaft eiferten, und die Sprachgesellschaften, welche sich gcbil-. det hatten, um das fremde Idiom aus-! zumerzen, waren machtlos gegen die herrschenden Zustände. Obwohl die deutschen Männer es in der Nachah mung fremder Sitten und Moden den Frauen mindestens gleich thaten und durchaus nicht weniger tadelnswerth waren als diese, richteten sich doch di; Protest- und Schmähschriften der Ta gcsschreiber vorzugsweise gegen das weiblichc Geschlecht, dessen Schwächen man unbarmherzig an's Licht zog und mit der Lauge beißenden Spottes be goß. Die Frau als Modesklavin, Haustochter, Gattin und Mutter mußt die schonungsloseste Kritik über sich ergehen lassen. Man spaltete und höhnte das weibliche Geschlecht; man zieh Frauen und Mädchen der Putz sucht und Plauderhaftigkeit, gab ihnen allenfalls Rathschläge, wie sie es an fangen sollten, einen Ehegatten zu be kommen und ihn durch gefälliges Aus sehen, Unterwürfigkeit und Sparsam keit zu fesseln darüber hinaus ging jedoch die Theilnahme gm weiblichen Geschick nicht. Gottsched war der Erste seiner Zeit. der das Uebel an der Wurzel auszu rotten versucht. Statt zu schimpfen und zu höhnen, wollte er mit seiner den Frauen gewidmeten Zeitschrift fördernd und veredelnd auf das weib liche Geschlecht einwirken. Er darf mit Recht als Vorkämpfer dcr Frau enbewegung angesehen werden. Die Anregung zur Herausgabe der „Vernünfftigen Tadlerinnen" hat er zweifellos von der 1724 in Hamburg erscheinenden Zeitschrift „Der Patriot" empfangen, zu deren Herausgeber er ln freundschaftlichen Beziehungen stand. Der „Patriot" wollte refor matorisch auf die deutsche Nation wir ken; er sagt in seiner Vorrede, daß er dieses Amt nicht aus Ehr- oder Geld begierde übernommen habe, und daß er für die Besoldung der Schreiber und täglichen Postgelder „aus eigenem Beutel herschicße". Das Programm des Herausgebers war ein allgemei nes. aber neben der Pflege der ver schiedensten Gebiete sollte auch der „Kinder-Zucht und des Hautzhaltens" gedacht werden. Darf Gottsched den Ruhm kür sich in Anspruch nehmen, der Herausgeber der ersten deutschen Frauenzeitschrift gewesen zu sein, so gebührt dem „Patrioten" das Ver dienst, zuerst in eine Zeitschrift das Gebiet der Frau aufgenommen zu ha ben. Es wurde hier zum erstenmal ein vornehmerer Ton, als er in den Flugschriften üblich aewesen. ange schlagen. Mit den gerügten Fehlern zugleich wurden Vorschläge zur Ab stellung der Uebelstände gebracht. Im „Patrioten" klingt zum erstenmal ein Ton von Frauenbewegung an, der in Eottsched's „Vernünfftigen Tadlerin nen" weiter klingt. Der Gedanke, männliche Autoren unter der Marke werblicher Verfasser zu den Frauen re den zu lassen, kam zuerst im „Patrio ten" zur Ausführung. Im Verlauf des ganzen 18. Jahrhunderts finden wir dieses Versteckcnspiel. Schlüpften zu Anfang des 19. Jahrhunderts und auch noch später die schreibenden Frau en hinter männliche so sehen wir in dem EntwicklunzSstadium deutscher Zeitschriften, wie d Schrift steller es mit vielem Glück unterneh men, sich in das Empfindungsleben de- Frauen zu versetzen und als solche über feministische Fragen geistvoll zu debattiren. Diese Maskerade war allerdings nicht freiwillig, sondern entwickelte sich unter dem Druck der Verhältnisse. Das 17. und 18. Jahr hundert verfügte über eine ganze Reihe geistvoller, schreibender Frauen. Aber sie befaßten sich hauptsächlich mit Sprachstudien. Uebersetzungen, Rcise teschreibungen und gefühlvollen Ro manen. Tie Behandlung von Frauen fragen. wie sie dcr „Patriot" zuerst einführt und Gottsched in seinen „Vernünfftigen Tadlerinnen" forisetz te. tvar noch zu neu, wie das ganz Zeirschriftenwesen und der Journalis mus überhaupt. Ter Herausgeber des „Patrioten" erzählt in feiner Vorrede von der „Menge von Freunden und Freundin nen, welch: nicht nur rn Hamburg, sondern auch rn anderen grossen und kleinen Städten, ja sogar in Dörfsern und Flecken, die merkwürdigsten Vor züge sowohl als Schwachheiten der Menschen mit ihren Umständen ver zeichnen und ihm sofort, jeder nach feiner Ahrt einen Abriß davon zu senden." Weiter sagt er: „Den mei sten von diesen meinen Kunüschafftrrn und Kundschaffterinnen zahle ich jährlich für sohchen Fleiß e:ne ansehn liche Erkenntlichkeit, sie bey manchen auf vier bis sechshundert Thaler bin an käuftt; viele aber geben sich diese Mure ohne allen Eigennutz und bloß zum gemeinen Besten." Was die „Kundsch-Efterinnen" anbelangt, die der Herausgeber des „Parrioten" er wähln, so durften sie nicht allzu zahl reich aewesen sein, wenn sie üb-rhaup! vorhanden waren. Aber der Schein eibäch;: Mitarbeiterschaft sollte beim .Patrioten" eben'- wie später in der. „Vernünfftigen Taülrrinnen" aufrcckch erhalten bleiben. Es mag wohl Frau en gegeben haben, die- sich in Briefen an den Herausgeber über Kindererzic bring und Hauswirthschaftliches äu ßerten; regelreck Journalistinnen warrv es jedoch trinesfalls. Die er haltenen Briefe wurden von dem Her ausgeber „überarheitc!", was von die sem Zu wiederboftcn Malen rwäbnt wird. Im „Patricken" spielt die Mäbchcncrziehung eine groß? Rolle; so heißt es an einer Stelle: „wir geben -ns durchgängig viel weniger Mute. unser, Töchier wohl aufzubringen, als unsere Söhne und glauben zudem, daß wir Recht darin haben. Wir meynen, die Wissenschafften seyn dem Frauenzimmer nichts nütze: es werde dieselben nach seiner natürlichen Schwachheit mißbrauchen, und lassen deßwegen mit Fleiß unsere Tochter in der dickes Unwissenheit aufwachsen. Dieses Betragen hakte ich sür so un verantwortlich und eine reifte Vorstel lung dagegen für so unentbehrlich, daß ich mir vorbehalte, ein besonderes Stück meiner Papiere dazu anzuwen den." Das thut dcr Hergusgebcr auch in einer der späteren Nummern des „Pa trioten"< Er kleidet seine Unzufrie denheit mit der Erziehung der Mäd chen in eine sehr gefällige Form ein, die niemanden verletzen kann. Er giebt vor, daß eine reiche Dame sich gefun den habe, die ihr vieles Geld zur Er richtung einer Akademie für Mädchen verwenden wolle. Ter .Herausgeber dcs „Patrioten" erzählt: „Ich habe vielfältig darauf gesonnen, wie dem allgemcynen Uebel in der Mädchener ziehung abzuhelfen sey, und mit ver schiedenen meiner Freundinnen gerat schlaget. Unter andern bin ich auf eine eigene, für die Töchter anzulegende Academic gefallen, und ist eine gewisse sehr reiche, aber unbecrbteKaufmanns wittwc entschlossen, auf ihre und an derer Freunde Unkosten dergleichen zu errichten, auch ihr gantzes Vermögen zu lünfstiger Unterhaltung davon zu vermachen. Sie gedenket, einen gros sen Pallas! errichten zu lassen und in demselben, ausser den z den ordent lichen Versammlungen nöthigen Zim mern auch eine eigene Conditvrey und Fraucnbibliothek anzulegen." Nun folgt ein ausführliches Pro gramm, wie die Schülerinnen oder. wie sie auch genannt werden, „Studentin nen" wechselweise in der Küche, den Speise- undKlcider-Kammern beichäs tigt werden sollen. Aber Sprachen, vor allen Dingen ein „zierliches Teutsch, Zeichnungslnnst, Music, Be redsamkeit, die Vernunft!, Natur- und Sittenlehre, Rechnen und Meß tunst, Erd- und Himmclbeschrcibung". sowie die Geschichte ihres Vaterlandes, sollen die Schülerinnen ebenfalls er lernen. Dieser schöne Plan verwirklichte sich natürlich nicht; aber er ist bedeutsam als Anfang einerFrauenbewcgung, der zudem noch von einen. Manne ausging. Interessant zu lesen sind die Sta tuten, die an dieser geplanten Akade mir eingeführt werden sollten. Sie werfen manches Streiflicht auf die Zu stände der damaligen Zeit im Allge meinen, und im speziellen auf-die Mo dethorheiten des weiblichen Geschlechts. So heißt es in einem dcrParagraphen: „Niemand unterstehe sich, bey Straffe dciNarrenkappe, sich zu schmincken oder Schönheitsflecken zu legen.", Auch „sich gar zu enge zu schnüren und die Füsse zu sehr einzupressen", x soll ebenfalls verboten sein. Weiterhin: „Keine Sm dcntin soll ihre Brust weiter als aufs allerhöchst eine Handbreit, und ihre Schulter nicht tiefer als eine halbe Handbreit entblösset haben." Diese letztere Aorschrift hat ihren Grund in der übermäßigen Tekollciierung der Frauenkleider nach französischem Mu ster. die den hohen Taillen der spa nischen Tracht gefolgt war. Merlwür dig erscheint ein Verbot aus einer Zeit, daDeutschland vollkommen unter fran zösischen! Einfluß stand: „KcinemMit Gliede der Academic ist es erlaubt,-sich des Schnupf-Tabais z bedienen." Der Mode wird im „Patrioten" nur vorübergehend Erwähnung gethan; es sind vorzugsweise ihre Auswüchse, die die Kritik des Herausgebers hervorru fen. Er sagt unter anderem: „Zuerst wird mein Garten Messer sich an die Reiff und Unterröcke macken, die sich so entsetzlich ausgebreitet haben, daß sie den obersten Theilen ihrWachsthum benehmen und der Kopfs, die Brust, ja auch gar der Rücken unseres Frauen zimmers seit der Zeit ziemlich nackt geworden." Mit diesen wenigen Worten wird die Reifrockmode gegei Belt, die ebenfalls von Frankreich nach Deutschland herübergekommen war. Gottsched beklagt bitter die Rückstän digkeit der deutschen Frauen aus schön geistigem Gebiet. „Ich brenne vor Neid," schreibt er, „wenn ich die fran zösischen Gedichte der Madame Des houliers leie und dabei denke, daß Deutschland noch nicht aufzuweiien habe, was man den Franzosen in die sem Stücke entgegensetzen könnte." Der Zufall fügte es, daß Gottsched zehn Jahre, nachdem er diesen Ausspruch gethan, einer Frau die Hand zumßun de für's Leben reichte, die mit den fran zösischen Dichterinnen recht wohl mit eifern konnte und die sich in der deut schen Literatur einen unsterblichen Na men errungen hätte, auch wenn sie nicht von dem Geschick zur Le.densge fährtin des Leipziger Professors Jo hann Christian Gottsched auscrsehen worden wäre. Luise Adelgunde Vik toria Gottsched darf mit Recht die erste und auf lange Zeit hinaus die beite Journalistin Deutschlands genannt werden. Für die Mitarbeiterschaft an der, „Vernünfftigen Tadkerinnen" konnte sie noch nicht in Frage kommen. Spater war sie ihrem Gatten an sei nen Zeitschriften eine eifrige Gehilfin und Mitarbeiterin. Gottsched sprach sich in einer Vorrede über die Zwecke und Ziele seiner Zeitschrift folgender maßen aus: „Der Hauptzweck, den man in Verfertigung folgender Blät ter vor Augen bat. besteht darin, dem Frauenzimmer einen nützlichen Zeit vertreib zu machen. Daher wird soft durchaebends von der Gesehnamtert und Tugend des schönen Geschlechts auf eine solch Art gegandelr werden, die zu gleicher Zeit belustigen und be lehren tönn." Lonntagsbote, Milwaukee, Sonntag, <. Mai, IWI. Ter Mangel an weidlicherMiiarbei ierfchaft war dcr schwache Punkt, an dem Zemchrift kränkle, wie aus -seinem Adschiedswort hervor geht. das- er an den Leserlreis der „Vernünfftigen Tadlennnen" richtet, nachdem er den Entschluß gefaßt hat te, ihr Erscheinen einzustellen. Gott sched batte geglaubt, besser auf die Frauen wirken zu können, wenn An gehörige ihres eigenen GesckleLts zu ihnen rederen; aber da cS noch keine Journalistinnen gab, mußte er zu dem selben Ausweg greifen wie der „Pa triot", dessen Mnarbcitcr unter ange nommenen weiblichen Pseudonym schrieben. Das Beispiel, das Gott sched mit den „VerniinfftigenTadlerw nen" gegeben, wirfte in Deutschland nicht bahnbreckend, wie man hätte ver muthen dürfen. Eine spezielle Zeit schrift von der Tendenz der Gottsched'- schen erschien im Laufe des 18. Jahr-; Hunderts nickt mehr, wenn auck in sei ner zweiten Hälfte zahlreiche, dein schö nen Geschleckt gewidmete Wochen schriften herausgegeben wurden, die jedoch an den Ernst und die hohe Ten denz der „Vernünfftigen Tadlerinnen"! nicht heranreichen. Sie sind fast aus nahmslos oberflächlicher, spielerischer Natur; jeder Anklang an eine Frauen bewegung isi daraus geschwunden. 1742 kam in Dresden eine Wochen schrift mit dem Titel „Die Braut, Wöchentlich, an das Licht gestellct" her- - : aus, die sich indessen nur mit dem Brauisiand von Mann und Frau be schäftigte und in Form von Briefen ! über allerhand Erfahrungen auf die sein Gebiet berichtete. 1769 beginnt -in Leipzig einc allen tugendhaften Frauenzimmern gewidmete Wochen ! schrift „Tberesie und Eleonore" zu er scheinen. Die beiden .Frauenzimmer" verbreiten sich in ihren Blättern vor ' wiegend irt'er Fehler. Vorläge und. Le ; bensbedingungkn des weiblichen Ge schlechts. aber es laßt sich vermuthen, daß auch diele Zeiftckrift von männ lichen Vers.-.ssern geschrieben wurde. Geschichtliche Aufsätze wechseln mit Dialogen rührseligen Inhalts ab. mit Aphorismen und Briefen über alle möglichen Themata, die immer wieder das weibliche Geschlecht zm Mittel punkt haben. Ein Jahr hindurch er scheint zur selben Zeit iu Wittenberg unter dem Titel „Der Frau Mutter vmiidkorb eine Wochenschrift, die sich ! an alle Mieenatinuen wendet, welche entweder schon Mütter gewesen sind ! oder dercinitMultcr z werden Luit haben. Der Inhalt der Wochenschrift deckt sich wenig mit dem Titel. Er de -'sieht aus Liebesgeschichten. Epigram , men und ganz ncttcn, artigen Poesien. > Von 177? —80. also für damaligcVer hällniye eine sehr lange Zeit, erickeint die „Akademie dcr Grazien", der iln terhallung des schönen Geschlechts ge widmet. Belehrende Auflätze, Thea terstücke und Gedichte wechseln in bun ter Reihenfolge ab. 1782 kommt in Straßburg das „Magazin sürFrauen .immer" heraus; dcr Herausgeber - präsentiert dem Lesepublikum zum er ! wen 'Nal eine weibliche Mitarbeiterin, j die in Wahrheit auch einc ist: Sophie j Laroche, die Verfasserin des „Fräu leins von Sternheim", welrse veripro ! chen batte, der neuen Zeitschrift Bei träge zu liefern. Zu Ende des 18. : Jahrhunderts konnte von einem Man ' gcl an Journalistinnen nicht mehr die Rede sein; die Frauen schrieben be reits flott, wenn auch meistens unter männlichen Pierdonymen. für Zeit i ichriften; einzelne Damen bethätigten sich soaar schon in dem vcrantwvrtli chen Amt der Redaktrice. Das „Ma gazin für Frauenzimmer" stand auf einem etwas höheren Niveau als die 'anderen genannten Zeitschriften, aber ! einen wesentlichen Fortschritt seitGot! Ached's „Vernünfftigen Tadlerinnen" bedeutet auch jenes nicht. Das in Leip zig 1796 erscheinende Journal sür Frauenzimmer ..Eughrosrne", das laut - Borrede „zur Bildung des Herzens s und des Geschmacks, zur Beförderung nützlicher Kenntnisse und Unterhat l tung" beitragen soll, läßt dagegen ei nen bemertenSwerihen Fortschritt, eine s gewisse Vertiefung erkennen. Es ist ! nicht mehr so spielerischen Tones ge i halten, und bietet den Frauen neben s besserer belletristischer Lektüre geschicht liche Aufsätze und philosophische Ao handlung-m, die möglichst da Jnicr . cffengebict des weiblichen Geschlechts s berücksichtigen. Im Jahre 1798 er ! scheint dann das „Taschenbuch fiirDa , men", das von Huber., Lafontaine, ! Pfessel und Salzer herausgegeben i wurde und sich der Mitarbeiterschaft > SckMer's und Go-the's rühmen - durfte. Hier rst ein hoher Aufschwung unoertennbar: man befand sich bereits vor der Jahrhundertwende, die einen j wichtigen Werkstein in der Entwicklung ! der dcut'ckcn Literatur darstellt. Aber ! der leüe wehende Hauch einer künftigen'Frauenbewegung war ver , raulcht, für Deutschland wenigstens. : In Frankreich krachten die stürmischen Tage der Revolution einc allgemeine ! Erregung der Gemüther, die sich auch auf die Frauen erstreckte und sie neue Rechte fordern ließ. Ganz getrennt von den Frauenzeit schriften entwickelten sich dir Modejou rnale. Mode- und Trachtenbücher gab es bereits zun: Beginn des 17. Jahr- l Hunderts in Menge, auch Schmäh und! Spottschriften aus die Mode und ihre' Sklaven; aber periodisch erscheinende Schriften, die sich mit der herrschenden Mode beschäftigen, tauchten erst in der zweiten Hälfte de 18. Jahrhundert auf. Als erstes Modejournal wird vielfach der Mercure gelant" genannt,! der in Frankreich auf Anregung Lud wigs X'l V. im Jabre 1077 zu enckei-l nen begann. Ater wenn hier einc Zeit schrift sür Mode geplant war. io wur de sie sehr bald ihrem eigentlichen Pro gramm unlrcu und verlor sich auf an dere Gebiert, die von allem, nur nicht von der Mod: handeln. Von der deutschen Mode- und Ga lonleriezeftutih", die im Jahre 1758 erschienen sein soll und in allen ein schläqigrn Litecaturberichten erwähnt wird, existier! kein Ercemplar mehr; es findet sich auch nirgend- ein zeitge nössi'cker Hinweis aus die'c Zeitschrift, ft) daß die Ansiabme. sie sei überhaupt gar nicht erschienen, nicht ungerechrser ftat rein düste. Als Modejournal von Bedeutung ist das „Journal an- Da me et de Wodes" zu erwähnen, das von 1786 —1848 erschien, und den Text z,vr.s;"-aLiq. französisch und deutscy. brachte. Der erste Pla* imier den Mc dezeitschriften jedoch, d-e >, der zwe ien Halste des achtzehmen Jahrhun derts erschienen, gebüsn dem „Jour nal des Luxus und her Moden", in Weimar bei Bertuch vcricgt, das bis in die erste Hälfte dcs , Jahrhun derts bestand. Diese Zentrist, welche ein Alter von 31 Jahre eftcm e. bie tet ein interessantes S. cgclbild der damaligen Epoche. Da Journal b bandelte die Mode in populärem und wissenschaftlichem Sin:,: und ist dir erste deutsche Modezeit'ckrm. die auch fortlaufend Abbildungen der neuesten Erscheinungen auf den iedie'e der Mode bringt, während man sich zuvor mit einfachen Titelbildern lwgnügt batte. Das „Journal des L u und der Hoden" krackte jedock , uck Rezensio nen der Tbeaterausfübru wen in allen größeren Städten und interessante Plauderbriefe aus aller : o. Hier wird nach lärm tzause zum erstenmal wieder ein H : Vor kiins tigcn Frauenbewegung R rtbar. und zwar webt er on Frautreick nach Deutschland herüber. > ,n; vor dem Ausbruch der Revolution, im Jahre 1789, veröffentlichte da, Journal des Luxus und der Moden t-emerken werthe „Klaaen und Bitten des sckö ncn Geschlechts an den iexiaen franzö sischen Reichstag", in denen di: Pa men die Väter und Säht: de-- Staat:- vor allem um das Siimmrccht und die Redefreiheit ersuchten, loetck letztere sie sich allerdincis schon aus ei:e„erMoL:- vollkommenheit genommen batten. Zu Beginn des 19. Faluhunderts finden wir in Deuiia'amd bereits Frauenzeitschriften in Hülle und Fülle. Die deutsche Literatur batte -ihr Eniwicklungsktadiu! überwun den. Goethe und Sckiller hatten der Welt schon unsterbliche Werke ! aeschentt eine neue Zeit war für Teiftschland bertinaebrock-cn, die hoben Aufschwung und Befr.-una von der > französischen Herrschaft t rachte. Der Lq?rn,n-Sluk u, Krrli. r ist wirklich ein „Ereigiiiß" dieser vor Kurzem in Berlin begründete Frauen Klub. Wenn sich alle wertschgue'ideii Ideen verwirklichen, die auf unernaiivnaler Basis fußend, in ihm einen Zusam meiischluß aller auf geistigen Gebieten schassenden Frauen anstreben, kann sein Bestehen von großer Tragweite für den Aufschwung literarischer, wis senschaftlicher und lünstlenscher Frauenarbeit werden. Die Aussichten. dazu sind günstige; da Wnuerhalb : jähr ist zu Ende und die Begründe rinnen sehen mit Befriedigung auf ihr Werk. Bereits im Herbst I:- -i wurde dab- Interesse werterer Kreise für das U terneymen durch einen in Berlin gehal tenen Vortrag der jungen englischen Schriftstellerin Miß Constance Smed len geweckt und damit dasselbe nicht er kalte. schlossen sich alsbald eine Anzahl hervorragender deutscher Frauen zu einerVrreinigung zusammen, die einen Aufruf Vließ und weichte Anhänger in nen der neuen Ideen ward. Miß Smedlcy ist die Begründerin dee im Juni 1904 zu London eröffne te Lyzeum-Klubs, der in der kurzen Zeit seiner Bestehens zu einer glänzen den Stellung gelangt ist und bereits über 3000 Mitglieder zählt. Er be sitzt ein opulentes Klubhaus in Picca dilly, einem der elegantesten Tb-eile der englischen Hauptstadt, dessen behagliche Räume so fleißig freguentirt werden, daß dasDienstpersonul schon auf etwas über vierzig Personen erhöht werde mußte. TaS Jnteieffanteste ist aber doch das „Bureau", das bereits erfolg reiche Arbeit geleistet hat und da wick tige Unterscheidungsmoment des Ly zcum-Klub von anderen Institutionen ähnlicher Art bildet. Durch dieses Bureau werden die internatlonalen Be ziehungen der geistig arbeitenden Frauenwelt geknüpft. Es oeranstal tet Ausstellungen von Malereien, Skulpturen und kunstgewerblichen Ar beiten, es vermittelt literarische Ange bote des In und Auslandes, Ueber setzungen und Verla lekoiitrglic, sowie für wissenschaftliche Arbeiten, Bezie Hungen zuArchiven. Bibliotheken, M seen. bemüht sich jede Auslunfl zu ver schaffen, die für Beruf oder Studium nothwendig wird Dem Beispiele de Londoner Klubs entsprechend ist auck derßerliner, bezw. deutsche Lyzeum Kl -b begründet und organisiert. Pari Rom sollen fol gen, später nach Bciarf olle größeren Städte der alten und neuen Welt sich anschließen, denn nur dadurch, daß überall ein Mittelpunkt, eine Zentral stelle geschaffen wird, kann sich der internationale Ei-orakter des Unter nehmens. kann sick Eine Wirksamkeit voll und ersprieß! entfalten. Man tan e den deutschen Frauen nicht nachsagen, daß sie sich der Anre gung dieser neuen vielvrri "reckenden Idee verschlossen b.i: en. Frauen aller Kreise, aller Ricl Wien mühen sich voll Eifer, das Unierrrehiiien nach be sten Kräfte zu sö.-snn, Namen von gutem Klang steh:: an der Spitze, allen voran der R me der Dichterin auf dem Königsthron. Königin Eli sabeth von Romäid-n hat das Protek torat übernommen. Zuerst hieß es av ein Klubheim schaffen, behaglich atz gemüthlich, so wohl prakirfchen o ästhetischen An sprächen genügend Man bat auch eine glückliche Wahl ge ifen, sowohl was die Lage in der-er ftrnteit-n Gegend des Westens unweit der Potsdamer Brücke, als auch w: Ausstattung und Organisation ,anbc incft. Reitaura tionSräuine. Leie und Spielzimmer hat man in Berlin inaft bei Einrich tung von Frauen Klubs kennen und schätzrn gelernt. E Vorzug des Ly zeum-Klubs ist sein großer Saal mit Bühne für VeranßZtungen aller Art Konzerte, Vorwage, Distulsions abeadr, Theateraufiübrungen und mit Beginn der schönen Jahreszeit dürste kn Garten zu x'nem besonderen Anziehungspunkte werden. Ein weiterer Vorzug sind ferner die Gast- und Logierzimmer. die zu län gerem oder türzerem Aufenthalt an auswärtige oder eiwlMinische Mitglie der versehen werden sollen. Da die Lvzeum Klub Organisation überall die gleiche Einrichtung anstrebt und die nationale Mitgl'-dschcift zu gleich die internationale einschließt, sv eegirbt sich bicraiis auf Reisen eine ganz besondere Annehmlichkeit, indem Utwrall da, wo Lyzeum Kludkäu'cr er richtet sind, ein kongeniales „Milieu" die Damen aufnimmt. Erhöbt wird' die Anneb.niichtcir noch dadurch, daß man eine Liste von Klubmitgliedern aller Länder führ:, die sich erboten ha ben. fremden Mirgliedern beim Be suche ihrer Stad: mir Rath und That zur Seite zu sichen. Die Mitgliedschaft des Klubs steht Frauen jeder Nationalität offen, wclcke: das acklzeynic Lebensjahr erreicht ha ben. und cs werden „orde,licht und „außerordentliche Mitglieder unter schieden. Zu den ersteren zählen alle Frauen, welche eine selbständige Lite ratur. Journalistik, Wissenschaft, bil ! dender Kunst und Kunstgewerbe oder Musik veröffentlicht oder öffentlich ausacstelll haben, als Elftere werden ausübende Künstlerinnen von Bede taug aufgenommen, sowie solche Frauen, die durch lebhaftes IntcressL und Bethätigung an geistigen tünstle rischen und gemeinnützigen Bestrebn gen als wünfchenswe.ibc Mitglieder erscheinen, Puck Töchtern solcher Frauen oder Gattinnen und Töchtern solcher Männer, die sich in Literatur,! Kunst, Wissenschaft oder im cfscntli cken Leben ausgezeichnet haben, ge währt man Zutun, und Frauen, die auf einer deiitschen wissenschaftlichen Hochschule studieren, leimen als bo schlierende Mitglieder bcilreteu. Man hat schon Feste gefeiert im Lv>,euni Klub. Nach den Erösfnungs Zeremonien, bei denen die Besucher na i türlich ein starter Wissensdrang be - seelte, brachte zu Beginn de Januar ein Fcstesßn die eigentliche EröGiuing der Winlersaison. Es bekam einen de sonders feierlichen Anstrich durch di: An!vesenl>eit des englische Botschaf > ters. der in seinen Begrüßungsworten nicht versäumte, auf die Bedeutsamkeit de: sich hier knüpfende internationa len, zunächst aber englisch deutsck>en, Beziehungen hinzuweisen. Diesem i Feste sind andere gcsolgi und die vom Klub veranstalteten musikalisch dekla motorischen Abende haben freundliche Beachtung gefunden, Abc: das wichtigste Moment bleibt , doch auch beim deutschen Lozeum K,lub die Arbeit des „Bureaus". Der in ternationale Charakter der Organisa tion ermöglicht eö, daß sich dieselbe nicht nur aus das luland beschrankt, sondern auf jedes Land ausdehnt, in dem ein Lyzeum Klub besteht oder Le ' stehen wird. Die Verschiedenheit L:r einzclnei- Ländcr in der praltischen Behandlung literarischer Angelegenheiten macht im- Allgemeinen das Anknüpfe interna - tianalcr Beziehungen zu einer ziemlich schwierigen Sache. Diese Verbindung wird nun durch da Bureau des Lu zeiim Klubs hergestellt, das eine mög lichst vollständige Liste der Namen und Adressen von Verlegern aller Länder führt, mit genauer Angabe der veson deren Eigenart des Verlages, der Ho norcirv.dingungku usw. Desgleichen liegt eine Liste vo vertrauenswürdi gen literarischen Argumenten des In und Auslandes aus. Ganz besondere Berücksichtigung sin den Uebersetzungen. und um die Arbei ten des Lyzeum-Klubs aus diesem Ge biet zu besonders wrrlhoollcn zu ma chen. überträgt man allen sich zur Nebersetzuug eines Buches meidenden Mitgliedern denselben Abschnitt zur Probeübeisetzung. Wer die Ausgabe am gelungensten löst. erhält die Arbeit zuerkannt. Alle derartigen Erftschei düngen trifft eine literarische Kom Mission, deren Vorsitz für Berlin Frau Gabriele Reuter führt. Auch ein eige -ner Lyzeum-Verlag für Werke von Klubmitgliedern ist geplant, und c hat sich z. B. das englische Bureau be reits das Uebersetzungsrecht je eines Buches von Gabriele Reuter, Ossip Sckubrn, Marie von Bunsen uiidElara Viebiq gesichert. Die dem Klub angehörenden Künst lerinnen erfahren nicht mindere För derung als die Schriftstellerinnen, Wie bereits erwähnt, veranstaltet er selbst Ausstellungen in verschiedenster Form: Nationale, welche nur die Werke deut scher'Künstlerinnen umfassen, be w. englischer, französischer, aber auch in ternationale, die von den Mitgliedern aller.Klubs beschickt werden. Außer der unterhält er eine ständige lunstge werbliche Ausstellung und Verkaufs stelle, die auch dem Publikum zugäng lick ist. Für diese Ausstellungen ge hen in bestimmten Zwischenräumen Sendungen von einem Klub zum an deren ab. Für kunstgewerbliche Entwürfe jeder Art, die sich zum Angebot an Fabriken eignen, z. B. Tapeten, Webereien, Tö pfereien, hat das Lyzeum-Bureau noch eine besondere Niederlage, die in di : rekter Verbindung mit solchen Fabri-l ken steht. Bei beschränktem Raum eine umsas sende Beschreibung der Thätigkeit des Lyzeum-Bureaus zu geben ist unmög : lick, um io mehr als mit dem zuneh inendem Wachsthum des Klubs sich immer neue Felder der Thätigkeit aus thun werden. Ein besonders intercssanies Ereig niß war die im Dezemlrer 191>5, veran staltete Spitzennusstellung, welche dar Interesse weitester Kreise aul das neue Unternehmen lenkte. Ta waren ich! nur reizvolle Gebilde der Aeuzeit zu bewundern, sondern aus Sammet und hinter Glasscheibe präsentier' sich. antike Schätzt aus exklusiven Prioarbe sitz. Selbst fürsiliche Damen hatten, inn der Sache zu dienen der Ertrag der Ausstellung sollt dem Klub zugute lvmwen alte sorgfäfth gehütete Fa mPienschätze zur Tchautzrestellt. Iw Januar wieder gab es in den Ausstellungsräumen tünstlerische Ge wänder der bekannten Kunstgewerb lerin Else Lppeler-Legbaird zu bewun dern. So wird in buntem Wechsel stets Neues. Anregendes geboren, was für die „schassenden" Frauen von größter Wichtigkeit und Bedeutung, nicht min der wichtig wie der Mittelpunkt und Zusammenschluß, den sie in den mit vornehm künstlerischem Geschmack ein gerichteten Räumen finden. Es ist Len Mitgliedern feder-ekt gestattet, - Geiste rn die Gesellschaft und Rc letzterc zum Veranstaltn kleiner Pri vat Festlichkeiten zu miethen, lind hierbei uinersckeidet sich der Lvzeum Klub wieder von anderen, daß er sei nen Mitgliedern gestattet, auch Herren als Gäste einzuführen. Trotz des n Grund inlernationa len Charakter der Organisation trägt jeder Klckb sein ausgesproch-n nationales Gepräge und der Berliner ist ein durchaus deutscher Klub. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß er mit der Zeit an Bedeursan ieiz für Deutschland größer wird als cs der Londoner Klub für England 'ein kann, ist doch das Klubceben der Frauen bei uns noch nickt annähernd so weit entwickelt wie in England. In jedem Falle ns; man dem groß artigen Unternehmen, das die gebil deten Frauen der ganzen Welt einan der aber bringen und ihnen nutzen soll von Herzen ein ersprießliches Ge deihen wünschen. Rose Julien. Seltsame Reiselust:,me. Unter den Passagieren, die im Au gust vorigen Jahres den Atlantischen Ozean auf den. Dampfe. „Kroonlo. and" durchkreuzten, befand sich eine Dame, deren ganze Garderobe in einem Ball lostüm bestand. Sonst hatte sie noch Pier Flaschen mit Mineralwasser untft eine Waschschüssel bei sich. Wo n ihr Balllostii, auch Morgens nicht am Platze war, so war es doch Abend-, wenn sie die Anwesenden im Salon durch Spie und Gesang erfreute, durchaus geeignet. Bei ihrer Ankunft in New Avrk stellte es sich heraus, daß st, geistesgestört war. u -d die Behörde brachte sie sofort in einer Anstalt un tcr. In einem Frackanzug fuhr einmal John Oxenford. ein bekannter engli scher Kritiker der „Times", nach Ame rika. Er hätte sich während e::er Ge sellschaft mit seiner Frau entzweit, verließ plötzlich daS HauS. bestieg den nächsten Zug nach Southampton und stürzte an Bord eines Dampfers, der gerade im Begriff war, nach New-Po . k zu fahren. Erst als daS Sckift unter wezs war, bemerkte er. welck seltsame Ralle er in seinem Fracka zug spielen mußte, den abzulegen er in der Eile des Aufbruchs gavz vergessen hatte. Es ließ sich dagegen indessen nichts >ua chen, und erst bei seiner Ankunft in New Mort te'egraphirte er an de Ver leger der „Times", er möchte ihm das nöthige Geld für die Rückreise und für eine neuen Anzug schicken. Lxcnsords Kostüm war indessen noch nicht so grotesk wie das eines ihm befreundeten Kollegen, der als italienischer Bandst aus einem Mas keuball ein Telegramm erhielt, da ihn nach Paris an das Sterbebett seines Oheims rief. Es war leine Zeit. um das Kostüm zu wechseln, eine Droschke brachte ihn gerade noch zum Zuge nach Dover, und erst an Bord des Schiffes konnte er sich von einem Matrosen einen Mantel leihen, unter dem e: sein seltsames Pftrskenlostüm einigermaßen verbarg. Ein bekannter englischer Schauspik !er der zu Anfang des 19. Jahrh derts wirkte, eine gewisser Bensley, dessen bedeuttndste'Rolle der Malvolio in Shakespeares „Was ihr wollt" war, ging eine Weite ein, er wolle, als Olivin Hkudhofmeistet verkleidet, von London nach Dort reisen. Nach den Bestimmungen der Welte mutzte die Reise aus einem Pferde stattfinden, damit auch recht viele Menschen das seltsame Kostüm zu sehen bekamen. Mehr als einmal wurde er vom Pub likum zurückgehalten, doch als man ihn erkannte, und sich auch der Grund sei es seltsamen Verhaltens mehr und weh: verbreitete, ließ.man ihn unbehel ligt weiterziehen. Vor einigen Jahren verpflichtete sich ein gewisser Lcnoir, in einer Tonne, aus der nur sein Kopf, seine Arme und seine Beine hervorragten, von Paris nach Bahonne zu wandern. Den groß ten Theil der Reise legte er ungehin dert zurück, bis er in Bordeaur von einem vor ihm scheuenden Pferde ange rau, > und so schwer verletzt wurde, daß er aus die Fortsetzung seiner Wände rung verzichten mußte. In einem noch ungewöhnlicheren Kostüm mußte kürzlich ein Wiener: Antiguitciteni-sammler reizen, der in ei er benachbarien Stadt eine alte Rit ter üsiung gekauft hatte. Er ließ sie sich anlegen, um sich zn überzeugen, ob sie auch vollständig sei. Beim Ablegen aber versagten die verrosteten Schar nier:. >ird es blieb ihm, da die Zeit drangt, nichts übrig: er mußte, zrls Ritter verkleidet, zum großen Ergötzen der Reisenden und Eisenbahnbeamtcn nach Wien zurückfahren. Opfer der Mode. Aus London wird berichtet: Die heutige Mode beceiet allen Freunden der gefiederten Welt wieder lebhafte Sorge, da die Bogclfedern immer mehr und immer mannigfacher n ihr Ver wendung finden. Man braucht die Fe dern nicht nur zur Garnirung von Hü te- und Toque, sondern trägt sie so gar auf dem Haar zur Gescllschafts toilette. Tie Nachfrage nach Vogelke dern ist daher heute wieder ebenso start wie in den schlimmsten Zeiten, etwa in den Tagen Georgs I V.. als jede elegante T-ame einen Paradies vogel aus dem Turban trug. So brach ts auch die letzte Federauktion in Lon don am 13. Februar nicht weniger als 8508 Paradiesvögel zur Versteigerung, die fast alle ihren Käufer fanden, ebenso wie 327 Pack Federn vom Flußadler, von denen Ift-5 aus Ostindien stamm ten. Verschiedene Vogelarien sind daher in Gefahr gerathen, ganz ausgerottet zu werden. In Florida giebt es fast gar keine weißen Reiher mehr. und wenn das Eintreten der amerikanischen Audubon-Griellschaft für diesen Vogel richt- von Erfolg begleitet ist, so wird er in kurzer Zeit zweifellos völlig aus sterben. Diesen Zuständen sucht nun in England die „Königliche Gesellschaft für Vogelschutz" ein Ende zu bereiten, urd sie hatte soeben die Genugthuung, in der Königin Alexandra eine einftuß reiche Helferin zu gewinnen, die ihr ihre Thmpathien auisprechen ließ und 5 sich bereit erklärte, die Ziele der Gesell schaft, soweit dies in ihrer Mach stä-'de. voll zu unterstützen. Tie Gesell sckast bemüht sich besonders, die klei nen weißen Reiher, die Paradiesvögel und dieLeierschwäuze, die in erschrecken dem Maß der Eitelkeit der Tanzen zum Opfer falle, vor dem völligen Untergänge zu schützen. Eine Reihe von weiblichen Mitgliedern, darunter dir angesehensten Angehörigen der engli schen Gesellschaft, wie die Herzogin von Tomerser, die Marquise von TweedLate, haben die Verpflichtung auf sich genommen, nur Straußenfe dern und Federn von solchen Vögeln, die zu Nahrun-gszweckea gclödtet ne, den, zu tragen. Viel verioricht man sich auch-von der neuen Liga für Voael schutz in Frankreich: gerade auf die französische Hauptstadt, als das Zen trum dieser Mode, muß der Angriff der Vogelfreunde gerichtet werden, unk die eleganten Pariserinnen, die in die sen Fragen tonangebend sind, haben bis!.:r trotz aller Vorstellungen liart iwütig an ihrer Vorliebe für Vogelfe dern festgehalten. Hvffenttich gelingt et den vereinten Bemühungen sv vielei einflußreicher Vereine, birr wenigsten! eiwas Wandel zu schassen. Ack ei Trinkgeld. Ter russische Millionär Iwanow reiste im Ausland, nur von einem Diener begleitet. Reugier bewog ihe-, eines Tages auch Monaco zu besuchen, um sich anzusehen, wie die Spieler aller mögliihenß'alioiialitäten im Rou- ItUespiel ihr Glück versuchten. Unter den Spiele, n befand sich auch ein eng lischer Lord, der jedesmal äußerst phlegmatisch ei vn Louisdor setzte. Verspielte er, sv schob er seinen Louis dor ruhig de: Eroupier zu; gewann er. so wandte er sich mit noch mehr Ruhe a seinen hinrcr ihm stehender, Diener niit den Aorten: „John. nimm dir's als Trinkgeld!" Iwanow war entzückt ob solcher Kaltblütigkeit, beschloß aber sofort den Lord zu überbieten. Oh e sich lang zu besinnen, begab er sich zum Erou zier nd rief zum allgemeinen Er staune,, „Va baugue!" Die Aufregung war großartig, da derartige Sätze nur s,hr selten vorkommen. Der Eroupier entkernte sich. um sich mit dee Leitung des Kasinos zu berathen, und lehrt, schließlich mit dem 8.-ichcid zurück, dar Angl bot sei a genommen. Das Glück lächelte dein Russen, dein er gewann. Kreidebleich stellte de, Eroupier die mit Gold gefüllten Sack auf die Tafel, als Iwanow sich plotzlick a seinen > ammeedirii-r wandte, und auf die vor ihn, liegenden Scksiiße wei send. kaltblütig sagte: „Wasil, nimm dir's als Trick eld!" Ter elektrische Widerstund von Bär luen. Ueber interessante Versuche berichtet Ernst Dorn i der physikalischen Zeit schrift. Er hat verschiedene Bäume hinsichtlich der Grenze des Wiberltan ' des untersuch:, den sie dem Durchgänge vo elektrischem Strom entgegensetzen, und dabei außerordentlich verschieden Werthe gefunden, z. B. bei eineiiißiri!- bäum 6447 Ohm und bei einer Pappel 86 Ohm. Außerdem zeigte es sich, daß die Größe des Widerstandes von der herrschendenTeinperatur abhängig war. Da sich bekanntlich der Blitz, d. h. die atmosplsiirischen elekrrisckun Einladun gen. stet den Weg des geringste Wi derstandes aussucht, so ist in den vor genommenen Untersuchungen ein An halt gegeben, warum er gewisse Baum gattungen, speziell die Pappel, so sehr bevorzugt. Wer also bei einem Gewit ter sich durchaus unter einen Baum stellen will und die Wahl hat, der stelle sich lieber ifter einen Birnbaum oder eine Buche, die auch sehr hohen Wider stand ausweist, denn unter eine Pappet- Stehen beide nebeneinander, so ist mit an Gewißheit grenzender Wahlschein lichtest anzunehmen, daß der Blitz stet . die Pappel bevorzugen wird. Wruigsteuc- etwas. Nönig IR-org UI. von Großbritai uii'ii uud Irland nabln, als er beroits da,, Üiraii boillcgou linkte. bei dem t'einmiteii eiiglisckc-u (R-igenkünsiler Salviiiv Uttlereicht. Tas Wellen des tvniglickou Lck ülers sck<it mm besser gonu-seu zu sei als sein ~rönn nen. Man kann das aus einer renn !>,re Standpauke eiikiielmic. dir Salomo bei dein König hielt: „DK'Geigenspieler werden in drei riiassen eingetlwilt. Ter ersten lasse sind diejenigen zuzuzählcm, ivel ä,e überhaupt nicht spiele können: der veilen jene. die schlecht spielen; der drillen svdann diejenigen, welche gut spielen. Majestät haben es glücklich säiün bis zur zweiten Klasse gebracht." , — ,- Eingegangen. Gläubiger: „Was führt Tie zu mir? Sie wollen wohl endlich 'mal Ihre Schulden zahlen?" Schuldner: „Im Gegentheil! Sie sollen gestern im Wirthshaus reno mirt haben, das-, ich Ihnen sechshun dert Mart schuldig bin. Es sind aber nur fünsbundertzwölf. und da möcht' ich freundlich Kilten, daß Sie mir di achtundachtzig Mart noch herauszah len!" (sin schlechtes Gewissen. Her Fiserl läßt sich in einem faulen Pro zeß von dem Rechtsanwalt Schlüpfer vertreten, dem er den Auftrag ertheilt, ihm sofort vom Ausgang des Prozes ses Mittheilung zu geben. Schlupf.-: telegraphnt, als der Prozeß zu Gun sten des Fiserl entschieden war, an diesen: „Tie gereckte Sache ha! ge siegt," woraus Fiferl zurückdcpeschirt: „Bitte, sofort Berufung einlegen." Wenn .... „Sie haben im Rausche rukestörenden Lärm verübt; weil Sie aber noch nie vorbestraft sind, will ich Tie nur zu drei Mark oder zu einem Tag Hart verurtheilen!" ~J' danl' schön. Herr Richter; aber ich hab' ja teinen Pfennia Geld mehr!" „Da sehen Sie jetzt: Härten Sir sich nicht betrunken, wie schön kvnntsn Sie nun Ihre drei Mark Straf tz lenl"