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i ist.' t,5 2 'Xi ir" kf -v Iaht? 98 tfehlen Ein Tropfen Klüt. Novelle von Juliut Mühl (time•*«!• Er ergriff nochmals ihre Hand lind fügst sie feurifl „Ein seltsames Gespräch zum Anfang/ sagte sie lach kurzer Pause »und ein solches, wie eâ upr heute nicht lieb ist ... .* »Wie/ rief er erschrocken, »Sie bereuen »Cs ist mir nicht lieb, Ihnen heute getäte ten Werth Ihrer Freundschaft für mich verrathen zu haben, wo ich mich zu Mtinem^Schmcrze in der La ge bennde...." „Sie stocken 1' frug er eifrig. „WaS ist eS, waS ist Jhn«n gesckehen? Vollenden Sie Ihre Mit 4hriltmg 1* Es kostete ihr sichtlich« Ueberwindung, ihren Satz zu vollenden, und nur mit Mühe brachte sie die Worte hervor: »Wo ich mich zu meinem Schmerze in der Lag« befinde, Ihre Freundschaft auf die Probe zu stellen, auf eine schwere Probe. »Sie lassen mich fürchten, daß Zhnen etwas Schlimmes zugestoßen ist. Hat man Sie beleidigt, angegriffen? Gilt es eine Affaire a «gleichen, tine Beleidignng rächen ich will Ihr Ritter sein. Be Sie über meinen Degen l" 1 ,K Ein bittereZ Lächeln umzog i^re Lippen. DaS ^edlt Feuer de« sonst so ernsten und fast strengen ^ManneS würde sie zu jeder andern Zeit entzückt ha Mben jetzt fuhren seine Worte bernts wie Degen M^pitzen in ihre Brust und diücktn sie im eigenen MBewußtsein nieder. Ein furchtbares, erstickendes Schamgefühl k»m über sie, o, hätte sie jetzt fhv ben und in der tönten Gruft Frieden und Schutz ^suchen könnt», fit würdt den Tod mit Entzücken begrüßt haben, der sit diesem entsetzlichen Augen» ""blickt des LcbtnS entführt hätte. Gr bat sit,x über seinen Degen zu befehlen, und sie wollte seine Bor» 'se verlangen Fest preßte sie die Hand auf das .hochttopfende Herz und sagte mit erzwungenem La chcln »50 nein, nein, ich werde Ihr kostbares Le ben nicht gcfâyrden, und Niemand hat mich beleid igt oder getreust, daß tint Sühnt nöthig wärt. Mtin Unglück ist anderer Art, fthr gemeiner Na» tut." »Ich verstehe Sit nicht, Fräultin Niger»/ »Wiedtr kämpfte fit tint Weilt mit sich, bis sie Plötzlich lebhaft sich erhob uvd, dicht vor ihn hin tretend, mit leise bebender Stimme frug: »Bin ich Ihnen j.mals gtmtin, berechnend, habsüchtig vor gekommen?" 5r starrte fit an wie ein Gespenst, und schien ent weder an der Richtigkeit seines Gehörs, oder an der Richtigkeit ihrer Sinne zu zweifeln. »Antworten Sie doch,. antworten Sie mir 1* drängte sie fast heftig. »Nein, nein denn, in GotteS Namen," stieß er hervor. »So würden Sie auch eine Bitte an Sie, die mich einem Andern gegenüber in unedlen Verdacht bringen müßte, nicht übel deuten »Gewiß nicht," sagte er verwirrt, denn eine Ah nung dämmerte in ihm auf, und er fühlte eine kal te Hand an feinem Herzen. »Nim, dann hören Sie/ fuhr sie fort, fetzte sich %nd zwang sich zur geschäftsmäßigen Kühle. »Ein «vorhergesehener Zufall, dessen Zusammenhang eheimniß bleiben muß, nöthigt mich, in größter chnelligkeit eine Summe Geldes aufzubringen. Es hängt Großes, Entsetzliches davon ab, daß ich sie rechtzeitig erhalte. Ich besitze meine Gage, aber kein Vermögen, und kenne keinen andern Ausweg, als an einen Freund mich zu wenden« Alles, was ich besitze, und meine Gage bitte ich zum Pfande für das Darlehen. Wollen Sie mtin htlfendtr Freund, mein Rttttr in der Noth wtrdtn, Herr von Nor den Cr hatte aufmerksam zugehört und sein Gesicht war ernst, fast finster geworden. Der Gedanke: -wozu braucht sie das Geld? fuhr wie ein wilder zKtrahl in feint Stele und weckte flammende Eifer Aucht. Doch blitb er äußerlich ruhig, felbstbeherrsch- Ütft frirg: »Unv'nle groflstMkWdmmt, âsnicht's befürchten: che Sie nöthig haben?« »Fünftausend Thaler/ fagftt sie zögernd. »Fünftausend Thaler," rief er unwillkürlich lau« ter »aber wozu haben denn Sie solche Summe nöthig, Fräulein?" »DaS ebtn kann und darf ichJhntn nicht sagen, es ist nicht mein Geheimniß/ fügte sie langsam hinzu, und frug nach einer kurzen Pause, da tr schwieg, während die Furien der Leidenschaften wild empört in ihm tobten und Mißtrauen aller Art weckten »Können Sie mit die Summe datleihtn, Herr von Norden?" »Nein/ erwiederte er kurz, »das heißt, wenig fitns nicht sogleich, später recht gerne, obgleich ich nicht recht einsehe.. .. doch das ist einerlei .... wie gesagt, später, jetzt kann ich es nicht möglich wachtn/ Et hatte sich bei diesen Worten erhoben, und that unwillkürlich einen Griff nach fetner Brust tasche, in welcher tr sein Taschenbuch wohl verwahrt fühlte. Angela Niger« lächelte bitter, verächtlich hattt diese Bewegung nicht übersehen und sie tier* ^Handen sie wußte, daß er in dieser Tasche zwan jigiausend Thaler bei sich trug. Ein unendlich .schmerzliches Empfinden durchzuckte sie, doch sagte sie sanftmüthig: »Ich bedaure, durch meint Bitte Ihre Stimmung verdorben zu haben lassen wir sie also aus sich beruhen, vergessen wir dieselbe." »DaS kann ich ^cht," erwiederte tr ttwas heftig, „meint Stimmung ist hin, so bald ich etwas ver» .weigern muß bald, bald, ja gewiß, gedulden Sie sich nur ich kommt lieber morgen wieder, da werde ich ruhiger sein auf morgen! auf morgen I" »Auf morgen also I" wiederholte sie kühl. Als er hinausgegangen war, blickte sie ihm noch lange schweigend nach, tint tieft Verbitterung in der Brust. Ihre dunkeln Augen leuchttttn haßer fi'tslt, während die Lippen krampfhaft znckten und zwischen den geschlossenen Zähnen die verächtlich hingeworfenen Worte vordrangen: „Und ich Thö tin glaubte, et liebte mich 1" Dritte« Kapitel Der modernt Kunstgeschmack hat es erreicht, daß der ersten Aufführung eines neuen Ballets wie ci nein weltbewegenden Ereignisse entgegengesehen wird. Alle übrigen Kunstbestrcbungen auf den weltbedentenden Brettern bleiben Schattenrisse ne ben dem Ballet, in dessen Bewunderung sich alle Schichten der Gesellschaft vereinigen. Die Residenz, in der unsere Erzählung uns fcf* feit, besaß nun gerade alle Requisiten eines vor züglichen Ballets, und die beliebtesten Tänzerinnen würben wie Göttinnen gefeiert. Unter ihnen nahm Fräulein Niger«, die plötzlich an der Hofbühnt er schienen war und im Sturmschritt alle Herzen bc siegt hatte, so ziemlich den vorzüglichsten Rang ein. Aber nicht mit durch die Virtuosität ihrer Kunst sondern auch durch ihre Schönheit und hinreißende Liebenswürdigkeit, die sie mit so bestrickendem Zau bet zu tntfalten vermochte, daß sie selbst unterihren Kolleginnen keine Feindinnen besaß, a»u geliebt Und kaum beneidet wurde. Wieder stand die Aufführung tints ltttun Ballets bevor, und seit Wochen schon trzähltt man sich von den scenischen und dekorativen Wundern, welche die Rosenfee bieten sollte. Die Spannung war eine um so größere, weil man erfuhr, daß Fräuleiu Ni gera die Partie der Rosenfee innehabe, die mit glänzenden Einzelnheiten bedacht sei. Die weiten Räume des Hauses füllten sich an diesem Abende zeitiger und schnellet als gewöhnlich und die zahllosen Stimmen braueten »vie Wogen schtvall durch das noch herrschende Halbdunkel. Auch auf der Bühne war es bereits lebendig. Regisseur, Jnspieienten und Ma chinenmeister be fanden sich schon in Thätigkeit, in den Garderobe zimmern füllte es sich langsam, und auch Fräulein 9!igera kam endlich gefahren, und begab sich mit Zctlchen ohne Aufenthalt in ihre Garderobe. Die Künstlerin hatte sich Tags über in einer uiv bcschreiblichcn Aufregung und Unruhe befunden, und die erste Vorstellung der Rosenfee dabei mehr» inals wit an einem Haart geschwebt. Nachdem a n Vormittage Herr von Norden sie in so auffallender Weise verlassen hyte, wollte äulein Niger« so fort die Vorstellung absagen lassen allein noch im letzten Augenblicke hattt fit Iettchen wieder zu rückgerufen, durch eine» aiidtr» Entschluß bestimmt .... Was würde er denken, glaube», wenn sie sich jtjjt plötzlich b.i der Bühne trink melden ließ! Müßte tr nicht annehmen, sie sei es um seintt willen gtworden und was konntt, durfte er noch für weitere Gedanken daran knüpfen Ihr Stolz bäumte empor sie konnte das nicht ertragen, sie mußte sich bezwingen, mußte tanzen, mußte heiter und lächelnd erscheinen, und wenn sie mit diesem Lächeln todt zu Boden stürztn sollte. Sie ließ also die Vorstellung nicht absagen, ja sit nahm sogar noch die Einladung an, nach dem Schlüsse derselben eint Künstlersoiret zu besuchen, wie solche zuweilen zum Zwecke des geselligen Verkehrs der Künstlet nnttr einander vtranstalttt wurden. Weshalb sollte fit auch ditst Einladung ausschlagen Ruht und Beruhigung gab es fur sie ja doch nicht, wenn sie auch nach Hanse gehen wollte besser also, sie stürzte sich sogleich mitteu in dit äußere Aufregung hinein, bit doch immer dit innere Stimmt mthr oder tot» niger paralysirtt. Auch währtnd des Nachmittags kam Fräulein Nigera nicht sehr zur innern Einkehr und zum stillen Nachdenken denn das erste Auf trete» in einer großen Partie bringt soviel Beweg ungen, Anfragt» und Nachrichten mit sich, daß die Stunden gleich Minute» entfliehen. Tauchte dann auch zwischendurch einmal der drohende Brief vor ihrem geistigen Auge auf und erfaßte sie der angst» volle Gedanke, woher sie jetzt die fünftausend Tha let nehmen sollte, ohne deren Lieferung die Ver« giftung ihrer Zukunft, ihres ganzen Lebens drohte: neue Eindrücke stürzten blitzgleich wieder darübet hin, und sie war noch zu keinem Richtpunkte ihres ängstlichen SotgtnS, zu keintm Entschlüsse wieder gelangt, da fuhr bereits det Theatetwagen vor, um le abzuholen. Im Theater fand sie wieder so viele neue Auf regung, daß sie gar nicht mehr zu sich selbst kam. Der Ballttmeister erschien, um noch einige Einzel heiten mit der Ballerina zu besprechen, Friseuse und Garderobiere warteten, um die wichtigen Akte der äußerlichen Verwandlung vorzunehmen, die allgemeine, fieberhafte Spannung vor einer ersten großen Aufführung beherrschte Alle so sehr, daß es Niemanden einfiel, die hochwogende Brust und das bange Seufzen der Tänzerin, während man alle die langweiligen Proceduren des Schmintens, Frist reus und Ankleidens mit ihr vornahm, auf eine an dere Rechnung, als die der allgemeinen Aufregung zu setzen. Die Gedanken der Künstlerin aber weilten tin» terdessen heute* gar nicht bei ihrer Toilette. Ihr prüfendes Auge Überwachte in dem riesengroßen Stehspiegel nicht, wie sie es sonst zu thun pflegte, die Arbeiten der dienenden Frauen, jeden Fehlet derselben streng rügend sondern es blieb von den laugen Wimpern übet schattet, während die Seele der Künstlerin sich zu einem neuen Entschluße em porrang, den sie noch heute ausführen wollte. So überraschte sie endlich die Nachricht, daß Alles bf reit fei, und daß nur noch die kostbar duftige» Ge wändet selbst, angelegt werden dürften. Das Hans hatte sich untetdeß bis zum letzten Winkel gefüllt. Schlag sieben Uhr trat die könig liche Familie in die Hofloge, und die Ouverture, ein rauschendes Orchesterstiick, dessen melodische Tanzrythmen vielversprechend klangen, ertönte.... Wenige Augenblicke später begann das Ballet, eine romantisch rührende Episode aus der Sagenwelt, mit aller feenhaften Pracht derselben ausgestattet, und in das Tanzbare übertragen. Fräulein Nigera winde gleich beim Auftreten ih ter wunderbar reizenden Erscheinung wegen mit Bei fall empfangen, der sich von Nummer zu Nummer steigerte und sie selbst in jene siegestrunkene Erreg ung versetzte, welcher sich der darstellende Künstler im Augenblicke des Triumphes schwerlich zu ent ziehen vermöchte. Da wirkt eben Alles beraubend und fast sinnverwirrend zusammen, und in dieser Erregung steigt die Begeisterung, wit durch diese dit Kunstleistung noch zu kaum geahnter Vollend» ung wächst, so daß bei einem vollen und theiln^ns vollen Haust dtr Künstler selbst gehoben erscheint, während ein kleines und theilnahmsloses Atittto# rium gleich erdrückenden Lasten die Schwingen der Begeisterung lähmt. Hievon war nun bei dem Bellet âdie Rosenfee", chts ziTÈefütchten im Gegentheils Begeisterung und Jubel stiege» nut immer mehr und erreichten nach einet großen Soloscent des dritten Aktes, in welcher Fräulein Nigera im Tanz der Rosenfee Ge legenheit erhielt, ihre ganze Grazie und virtuose Vollendung in den schwierigsten Tanzarten zu zeig en, ihren Gipfelpunkt. Immer und immer wieder zwang das Puhlikum durch stürmischen Beifall die erschöpfte Tänzerin zum Hervorkommen, und fast unerhört an diesem Orte waren die begeisternden Zurufe, welche ihr Erscheine» begrüßten. Bouquets, Kränze und Gedichte fielen wie ein huldigender Regen ihr zu Füßen nieder und erhoben sie aus den Gipfel des Triumphes. Als Fräulein Nigera endlich vor der stürmischen Begeisterung draußen in ihre Garderobe entschlüpft war, suchte sie ein Adjutant auf, um sie in die kö nigliche Loge zu bescheiden. Diese Auszeichnung, vom Könige selbst Lob und Dank für ihre Kunstleistung zu hören, war für die Niger« nichts so Ungeheuerliches mehr. Sie hatte dieselbe schon öfter erfahren, allein trotzdem hob sich jedesmal auf's Neue freudig, d« der augenblickliche Eifolg und Ruhm nirgends mehr als beim Ballet in die Wagschale fallen, und eigentlich das einzige ihm Erreichbare sind. Mit dem vertauschenden Ap plause ist daS herrliche Gebilde, welches eben noch Alle entzückte, verschwunden und dem Reiche det Erinnerungen überliefert .... wie eine Fata Mor gana taucht es wundervoll berückend auf, um, eben so wie sie, auch wieder zu entschwinden. Stolz gehoben und klopfenden Herzens folgte Fräulein Nigera dem Adjutanten in die königliche Loge, in welcher sie den König allein fand. Durch tie leise angelehnte Thür bemerkte sie die königliche Familie im Salon hinter der Loge beim Thee. Freundlich redete der König die Tänzerin an und sprach ihr wiederholt seine Zufriedenheit und feine Anerkennung übet eine Leistung aus, die wohl ge eignet sei, den Menschen der Wtiklichkeit zu ent rücken und seine Seele in jenes schöne Sagenland zu verzaubern, dessen reizendste Vertreterin |tt dar» jiijieUiii hätte. »Kaun ich/ so schloß er, »der reizenden Rosenfee einen Wunsch erfülle», so möge sie sich vertrauend an mich wenden ..." Ein Blitz in ihre Seele wurden diese Worte. Hier war Hülfe, hier mußte Hülfe fem. Der Kö nig war großmüthig, freigebig, er liebte Kunst und Künstler, hatte schon mancher Primadonna kostbare Bitten erfüllt, und für manchen Tenoristen die nun» met versiegenden Schulden bezahlt .... et hielt auch auf sie, hatte sie den Stern des Ballets genannt, sollte et also nicht auch für sie thun, was er für die Ander» so ftcigvbig gethan, wen» sie ihm er klärte, daß ihr Lebensgluck, ihre Zukunft auf dem Spiel stände? Gewiß 1 Es uiußie gewagt werden und sogleich, denn dieser Augenblick des Glückes kam so schnell nicht wieder .... Schon hatte sie das Wort auf der Zunge, schon beugten sich die Kniee vor der Majestät, die ihr zur gnadenspendenden Gottheit werden sollte, und ihre seele schwang sich hoffnungsvoll empor: da wurde die Thür znm Salon weit geöffnet und der König wandte sich weg, um feiner Gemahlin entgegen zu gehen, die der Tänzerin ebenfalls ein paat freund» liche Worte sagen wollte .... Der Augenblick des Glückes war univiedttbrinz lich vorbei. Fräulein N gtra h?tte kaum noch, waS die KL nigui voll Halb zu ihr igte, sie nahm mechanisch das Bouquet, das di» hohe Frau ihr darreichte, dankte mit unverständlichen Worten und verneigte sich wie im Traume tief zur Erde, als sie das Zeichen der Entlassung erhielt, und das Königspaac sich in den Thecsalon zurückzog. Zu ihr war es ploylich wieder Nacht geworden, und eine tiefe Verzweiflung hatte sie erfaßt, als sie so plötzlich von der Sonnen» höhe der Hoffnung in den tioiilosen Abgrund sich geschmettert fand. Ihre leidenschaftliche Natur er» Nitz selchen jähen Wechsel nur unter furchtbaren Stürmen, und ein solcher war mit orkanischer Wuth in Angela Nigera losgebrochen, als sie durch die Korridore nach der Bühne zutückschwaukte, um ihre Partie zu Ende zu tanzen ... »Sende sie umgehend, oder Du hast zu allem An dem auch noch einen Mord auf dem Geirissen/ Diese schauderhaften Worte hatten sich ihrer Seele tief eingegraben, sie tanzten mit ihr, vor ihr, stet ihr, wie blinkende Sch verterspitzen an schwachen Haarfäcen sie wußie selbst nicht, wie ihr noch geschah waS noch geschah, und wie endlich diese fürchterliche Votj elluiig noch zu Ende kam. Das Ballet war endlich aus, die Nigera hatte dem Hervorrufe des enthusiaSmirten Publikums noch verschiedene Male Folge geleistet und war jetzt end Itch von ihrer Pflicht frei geworden, deren Erfüll ung ihr noch niemals so fürchterlich geworden war als heute. Sie entkleidete sich nicht in der Garderobe, son dern schlug einen dunkeln Mantel um sich, der bis an die Füße niederreichte. So verließ sie das Haus. Jettchen mußte im Theaterwage» nach Hanse fahren, sie selbst aber winkte eine Droschke herbei und btfahl: Zum Bankier Laßmann." Das Haus des reichen GeldmanneS befand sich, wie schon früher erwähnt wn^de, nahe am Ausgange der Stadt, der Garten aber reichte hinter demselben bis zur belebtesten Promenade außerhalb der Stadt, die mit kleinen Villen und Gartcnpavillons besät war, welche meistens zu Vorderhäusern gehörten, welche auf det andern Seite an eine Straße der Stadt gren,ten. Ein hohes Eisengitter trennte auch Laßmann's wohlgepflegten Garten von dtr mit Bäumen bepflanzten Promenade. Fräulein Nigera schritt durch die hell erleuchtete Einfahrt deâ großen Hanfes, diebreiten Steinstnfen in das zweite Stockwerk empor. Sie ging absicht» lich langsam und sah sich erwartungsvoll um, als solle sich jeden Augenblick eine der vielen Thüren öffne» und der Bankier in Person heraus# und ihr entgegentrete» .... Sie wartete vergeblich und langte, trotz ihres langsame» Vorschreitens, endlich an Herminens Thür an, ohne dem Bankier begegnet zu sein. Vielleicht beafnd er sich bei seiner leidenden Tochter, an der sei» Herz gerade in solchen Zeiten, wenn er einmal mit ihrem Verluste bedroht ward, am zärt. lichsten hing Fräulein Nigera trat in das Zimmer. Hermine Laßmann war allein und eilte der Freundin, die sie offen bat sehnlich erwartet hatte, mit lebhaftem Entzücken entgegen. »Da bist Du ja »och!" jubelte sie froh, »und ich fürchtete schon, Du hättest bei allen Deinen Trium phen die atme Einsame vergessen, die Dich auch noch einmal so schön sehen wollte." »Wie konntest Du das denken, Hetntine ant wortete die Tänzerin vorwurfsvoll „habe ich Dir je ein Versprechen vergessen V nein, nein, vergib mein Mißtrauen, Angela 1" »Mit Freuden, Kind aber durch wen hortest Dit denn schon, daß ich Triumphe gefeiert hätte? Durch Deinen Vater vielleicht „Ach nein, der ist nicht im Theater gewesen. Ich hörte auch noch gar nichts, aber wenn Du auftrittst, so »st es selbstverständlich, daß Du Triumphe feierst Wet könnte Deinem Liebreiz und Deinet Kunst widerstehen ...." „Schmeichlerin! Schäme Dich, mich so eitel machen zu wollen." „Sei nur gut und lege Mantel und Kapuhon ab, damit ich all, die Herrlichkeit besehen kann, und dann erzähle 1" Der Mantel fiel und ein Ah der Bewunderung entfuhr den Lippen des bleichen Mädchens, als sie die schönei$reuii&in in ihrer Fecnpracht vor sich sah, die hier in dem Wohngemache einen ganz an» dem, befremdlicher» Eindruck erzielte, als zwischen den Dekorationen der Bühne. »Wie schön ei wie schön l" rief Hermine und ging beschauend rund um die Künstlerin, die ihr Entzücken ruhig gewähren ließ. „Und das Balle, hat gefallen, und Du bist natürlich unzählige Mal, gerufen und mit Lorbeeren überhäuft worden?" »Du hast es errathen, Hermine. Unter den Kränzen und Bouquets, die einen ganzen Hcbekorb füllten, befand sich wohl auch einiger Lorbeer, und das Hervorrufen wollte kein Ende nehmen. Ich hatte efl wahrhaftig satt, immer wieder hervorzu kommen, mich zu verneigen und verbindlich zu lä (Hein übrigens bin ich auch zum Könige gerufen worden, und die Majestäten haben mit seht freund liche Worte gesagt ..»/ „O Du Glückskind, Angela Dann hat also'das Ballet seht gefallen!" „Freilich, dem Entzücken des Publikums nach zu urtheilen. Du wirft also schon eine Weile warten müssen, che Du den Gemtß auch erhältst, denn jetzt wird es sicher die Festvorstellung zum Geburtstage des Prinzen Bernhard, und bis dahin nicht wieder gegeben werden." »Aber wie schon Du aussiehst, Angela! Ich mochte Dich nur so auf der prächtigen Bühne und in diesem Meere von Licht gesehen haben ..." »Und dann erst unter dem Zauber des Magne siumlichtes fiel die Nigera lachend ein „es muß etwas Außerordentliches gewesen sein! Doch jetzt hast Du mich gesehen und ich will wieder ein packen." »Du willst doch nicht fortgehen t* »Ich muß leider, meine Liebe. fÖtan erwartet mich noch in einer Soiree, und vorher muß ich mich doch noch umkleiden/ „Ach, daS ist grausam ich dachte, Du solltest mir Gesellschaft leisten." „Bist Du denn ganz allein? Ich hoffte Deinen Vater hier zu finden/ „Nein, der ist in Gesellschaft bei Baron M, deshalb konnte er auch nicht in das Ballet kommen. Ich glaube, es handelt sich um ein großes Etablis sement auf den Besitzungen des Barons und das Geschäft, Du weißt ja, das geht bei Papa Al» lern vor." Das unbefangene, bleiche Mädchen bemerkte nichts davon, trie betroffen die Künstlerin durch diese unerwünschte Nachricht wurde. So schwand wieder eine Hoffnung, und sie sollte unverrichteter Sache nach Hause gehen Die neble Gesinnung des Gtldmanncs war ihre Stütze geblieben, und sie hatte nur nothgedrungen nachholen wollen, was sie am Morgen versäumte, indem sie sich an einem Spiegclbilde falschen Höffens festklammerte. Der fatale Zufall, welcher den Bankier gerade heute außer Haufe führte, zerstörte nun wieder Alles. Doch damit nicht genug. Da die Nigera sch lieg, so ftibrHer,nine fort: „Ich mag es gar nicht leiden, daß Papa ausgeht, wenn ich leidend bin, und nun will er morgen gar in aller Frühe mit dem Baron verreisen und mchtere Tage wegbleiben. Es ist schrecklich, was dieses leidige Geschäft Alles ofor» fcert, und ich will nur fcoh fein, wenn mein Bruder erst wieder hier ist. Ach ja, das sagte ich Dir ja noch nicht, mein B.udet kommt aus London zurück, er hat es mid heute geschrieben da kannst Du Dir den Jubel denken!" »DaS glaube ich," sagte Angela, dié nur müh» fact ihre Fassung bewahrte, „d»S wird eine große Freude gebe». Nun mache nur, daß Du hübsch ge sund toi ist und Tich recht an ihm ergötzen kannst/ »Ja, das will ich thun. Freilich, mit den Ballen wird es in diesem Jahre nichts, das hat mir Dok tor Merjr schon angekündigt. Um so mehr wollen wir in daS Thealer geben und selbst Gesellschaften geben und £it mußt immer dabei sein. O, Dn niui meinen Bruder kennen lernen und et Dich, Ihr seid Beide so frohe» mid resoluten Tempera ments, Ihr paßt zu einander." »Gewiß/ sagte Angela, »das muß sehr schon werden. Nun, schone Dich nur gut, mein Kind, und lebe für heute wohl I" Sie schlug den Mantel wieder um sich und zog den Kapuchoii übet den Kops. Schnell nahm sie Abschied und ging. Sie schwankte ein wenig im Korridor, und es sah aus, als ob ihr das Weiter« schreiten schwer würde. So ging sie die Treppe» hinunter, um zn ihrer Droschke zu gelangen. Da fesselte sie plötzlich ein Licht, welches sie vom Trep penabfatz ans durch das ferne Eifengitter des Gar tens schimmern sah. Das Licht kam aus einer -kleinen Villa, die sie wohl kannte. Und gerate jetzt, gerade hier i'chinimertc es ihr entgegen war das ein Stern der Hoffnung, der aus tiefster Nacht ver heißungsvoll für sie aufdämmerte? Es erschien so. Wie ein Blitz hatte das Licht in ihr gezündet, ihre Augen leuchteten ans in düster feurigem Glänze, eine Art von Zuversicht kam über sie und schnellte sie gleichsam empor. Kein Bedenken mehr, kein Zögern! Dort winkle Verheißung, Rettung, Sieg die Bitte eines schwindsüchtigen Kindes, die sie heute und gerade so als Rotensee hierher geführt hatte, war kein blinder Zufall gewesen erfaßte sie nun das S.hicksal beim Schöpfe und das still lä chelnde Gli'tek bei der flüchtigen Schwinge werde sie für sich filbst die Fee, die Wunder thut und Se Gitterthür zu öffnen, die hinaus in die Promenade führte. Die Künstlergefelljchaft war schon längst beisam men, und die allgemeine Heiterkeit bereits auf einen hohen Grad gestiegen, als endlich auch Fräulein Nigera, stolz und strahlend wie eine Königin, in derselben anlangte. Stürmischer Jubel begrüßte sie, doch mußte sie auch de» Vorwurf hören, daß sie, die Königin des Festes, so langt ausgeblieben sei. Fräulein Nigera war in außerordentlicher Stirn tmuig. Ihre großen, dunkeln Augen wetteiferten mit dem Glänze der Lichtet, von ihren Wangen strahlte die Lust und ihre Lippen lächelten Entzücke». Wie spendete sie Geist und Witz nach allen Seiten, in Wahrheit wie eine Königin deS Festes Fast unheimlich konnte diese ungeheure und unerschöpf liche Heiterkeit wirken »Entschuldigung, meine Freunde," bat sie „ich hatte einer krausen Freundin versprochen, mich ihr als Rosenfee zu zeigen dann mußte ich erst iii meine Wohnung, um mich umzukleiden, und so mag wohl ein Stündchen hingegangen fein. Jetzt aber bin ich ganz die Ihrige." Der Ehrenplatz war für sie aufgehoben worden, und als sie denselben eingenommen hatte und ein ^pitzglaS voll köimchen Champagners vor ihr schäumte, da nahte die Primadonna von der großen Oper mit^ einem vollen, u^igen Rosenkränze. »Der Rosenfee!" rief sie und drückte ihn der Tän zerin aus das Haupt, und die Gesellschaft brach in einstimmigen Zubel aus, ließ die Gläser mit dem perlenden Naß aneinander klingen, und leerte sie zu Ehren det Rosenfee, der triumphreichen Königin des Abends. Der Morgen dämmerte schon, als daS rauschende Kniistleisest zu Ende ging und dit müfctn Gas flammen erloschen, wie die müden Augen det Gäste sich endlich zur Ruhe schloffen. Um neun Uhr MorgenS begann Doktor Merjt tie ärztlichen Besuche bei feinen vornehmen Pa tienten. Da et am vergangene» Tage Fräulein Hermine Laßmann etwas seht angegriffen gefunden hatte und, wie schon aus feinen Mittheilungen an den befreundeten Assessor yteyher hervorging, Grund hatte, ernstliche Besorgnisse für dieselbe zu hegen, so sprach er zuerst im Hanse des Bankiers vor, der solche ärztliche Aufmerksamkeit für fein einziges Tochterchen mit glänzenden Dankbeweisen zu loh neu verstand. ^Merx traf Hermine wohlauf, vorzüglich heiteret Stimmung und schon in Toilette. »Ei, ei, mein Fräulein, so früh auf und frisch auf, und das Alles ohne »tztlicht Erlaubniß l" rief er scherzhaft drohend. „Za, lieber Doktor, ich bin wieder ganz gesund und es bleibt wahrhaftig keine Zeit zum Kranksein. Gestern schreibt mein Bruder, daß er uns besuche» will, und heute bekomme ich die telegraphische Nach ncht, daß er seinem Bliese aus dem Fnße nachfolge, und jede» Augenblick" hier eintreffen kann. Und mein Vater ist heute früh verreist, da wir Adolph höchstens in acht Tagen erwarten zu dürfen mein ten. So liegt nun die ganze Last des Empfanges auf mir, und alle Hände sind in Bewegung, um nur ein klein wenig Vorbereitungen zu treffen." »Eine so angenehme Ueberrafchung...." begann der Arzt, aber das Fräulein fiel ihm lachend in die Rede: »Muß für jede wohlgeordnete Häuslichkeit die traurigste Revolution mit sich bringen. Bei unserer guten Wirthschafterin, die in Allem so rich tig und sicher, aber auch so bedächtig wie ein Uhr werk geht, soll nun mit einem Male Alles über Hals und Kops geschehen ich furchte, sie hat jttzt schon ganz den Kopf verloren." »Ihnen aber, Fräulein, leuchtet die Freude ans den Augen, und ich begreife das wohl, wenn der so lange entbehrte Bruder eintrifft ...." »Ach ja, Herr Doktor, freudenvoll bin ich, so voll inneren Jubcis!" »Aber, wollte ich hittzirfügtn, bedenken Sie auch Ihren Zustand daß nicht nach kurzer Aufregung cine um so schlimmere Reaction folge. Ihre Ner ven fordern eine gewisse Gleichmäßigkeit der stirn« mutig, die auch in der Freude nicht zu seht über schritten werden darf." »Sie reden auch so geschäftsmäßig kalt, als ob die Ankunft meines Brnderö ein Ereigniß fei, das im hundertjährigen Kalender verzeichnet stände!" schmollte Herniine »soll ich die Freude auf die Goldwage legen W„Ti?iiii Sie es immerhin, mein Fräulein, denn ich spreche nur zu I em Äohle und bi:te Sie, mir recht genaue Beachtung zu schenken." »Ich will gehorchen, Doctor, obgleich Sie mich mit Ihren Verordnungen noch um jedes Vergnüge» bringen werden. Sie habe» gewiß gestern auch die Rosenfee gesehen?* »freilich, mein Fräulein 1 Ein solches Ereigniß Ihre schöne Freundin war als Rosenfee pompös und sah wundervoll aus." »Ich weiß es ja, Doktor, ich habe sie ja gesehen/ »Sie, mein Fräulein?" »Freilich l" tief sie lachend. »Wie unvorsichtig! So waren Sie doch im The ater es konnte Ihnen de» unberechenbarste» Nach» theil bringen." Sie lachte silbern und hell, als sie de» Zorn ih res gewissenhaften ArzteS sah und blieb äußerst ver gni'tgt dabei. Lache» Sie auch noch! Ja, Sie könne» auch lachen, daß Sie nicht im Fieber im Bette liegen Over können vielmehr Gott danken, daß et Ihrem Leichtsinn so schonend umgeht. Verzeihen Sie, Fräulein Laßmani', aber ts ist wahrhaftig so/ »Aber Doktor, hören Sie doch nur auf!" rief sie vor Lachen fast atheinloö, „Sie ereifern sich ganz im nütz, ich war ja gar nicht im Theater, sondern Angela war hier. Im vollen Kostüme ist sie zu mir gikomaitn, will ich nicht in das Theater gehen durfte und das Ballet wahrscheinlich erst zum Ge burtstage des Prinzen Bernhard wiederholt werde» soll." Nun lachte der Arzt doch auch mit, sagte aber: „Es wäre auch unverantwortlich gewesen, wen» Sit meine Anordnungen so vernachlässigt hatten ...." Herminens Ka-iimerjniigfer uituri-rach ihn mit der Mittheilung, daß ein Herr thu sehr eilig zu sprechen wünsche. »Ge.oiß ein schwerer Krankheitsfall!" sagte Her mine voll Theilnahme, »tcnnst Du den Herrn, Julie,?" »Ja, es ist dec Herr Assssor Reyher, der schon eine Weile tra ißen wäret, er jfatn gleich nach dem Herrn Doktor, den er ints Hans gehen sah/ »Reyher!" rief Hermine erschrocken und doch zu» gleich tief errothend, indem sie zur Thüre eilte, »warum kommen Sie nicht herein, Herr 'Assessor, um Gottes willen, ist Ihnen ein Unglück geschehen »Mit selbst nicht, Fräulei» Laßmann, Gott sei Dank, aber ein Unglück doch, und deshalb suchte ich nit inen Freund ans, den ich in Jyr HanS treten sah. Es ist ein Mord verübt worden, wie eben auf de ni Amte gemeldet wurde. Unsere Liener find be reits hingegangen und ich wollte nur den Doktor als Gaichtsarzt mitnehmen." „Ein Mord sagte Hetmine erbleichend, während der Doktor feinem Freunde einen vor wurfsvollen, seht verständlichen Blick zuwarf. ,,Wer ist denn ermordet, reden Sie, Herr 'Assessor, wenn Sie es wissen!" „Ich weiß es noch nicht, Fräulein Laßmann, draußen vor der Sadt soll es fchehen fei» ich weiß auch gar nicht, ob eS ein wirklicher Mord ...." ,,Freilich, eS wird eine jener alten Geschichten fein, wo zwei sich prügeln und der Eine Mord schreit und zur Polizei schick'," fiel Merx mit leich tem Lachen ein. ,,Komm nur, eS gi.l vielleicht ein Stückchen Haut zuzunähen. Fräulein, ängtigen Sie sich nicht, sondern denken èie an den Druder, der gleich vorfahren kann der Nordbaynzug muß eben angekommen fein. Wünsche viele Freude beim Wiedersehen, aber Vorsicht, Fraulei» Laßmann, und nun, Adieu V gen aus dem unerschöpften Zauberborne spendet... Zimmer einer Nervenkcanren ^soich ein verliebtet Anstatt durch tieH.iueslur nach der Liraße, eilte 'Mansch befiel doch nicht ein Quentchen Veritaud. die Tänzerin flüchtige» Fußes durch Hof un5 Gar-! Doch nun rede, waâ ist eigentlich geschehen tm deS Bankiers, wo sie wohl verstand, Vie eisernes mS»6 Unglaublichste. Mit selbst tanzt Alles Reyher verneigte sich voll sichtbarer Verlegenheit tief vor dem still giliebten Mädchen und folgte Mei.r, der schnell den Korridor durchschritt. „Heupferd!" sagte Letzterer auf det Treppe, „kommt man den» mit Motdgefchichien tu das mit its Vcslkifrn vor den Augen Norden ist in der Nacht ermordet worden l" „Bist Du wahnsinnig geworden?" fuhr der Doktor auf. ,,Norden unser Herr von Norden, der Mann mit den zwanzigtausend Thalern, mit dem wir gestern noch über Mord und Tod gescherzt haben?" „Derselbe^ Daß wir to mit ihm scherzten, ist eben, was die Sache so fiircsnbar macht. In se ntm Zimmer ist er heute Morgen todt gefunden worden. Seine Wirthin kam wie eine Wahnstn» nige auf das Amt, und ist mit ein paar Ditntrn fcfion hinaus. Ich suchtt Dich ttst auf, um nicht ohnt Arzt zu kommen." „Das ist allerdings ein furchtbares Zusammen» treffen. Doch, Droschke, heda I wir wollen sehen, daß wir schnell hingelangen. Meine Beine sind so schwer geworden, der Schrecken liegt wie Blei in ihnen." Eine schnelle Fahrt brachte die beiden Freunde in die Promenade, die sich weit um die Stadt herum dehnende Ziyrfce der Residenz. Neben dem chaus ftrteii Fahrwege für Equipagen und Reiter der schönenJ&Jclt liefen zwei mit doppelten Lindenreihen besetzte Fnßpcomenaden^entlang, hinter denen wie der durch eiserne Gitter abgeschlossene Gärten la gen. Gartenhauses und Pavillons in allen mög lichen geschmackvollen ofcir barocken Formen guck ten aus diesen Gärten hervor, die ans der Stadtfeite zu Wohnhäusern in der Parallelstraße gehörten, auf der andern Seite selbstständig bestanden, ver» miethet wurdtn. oder vornehmen Familien alsVil leggiaturen dienten. Es gehörte in der Residenz gewissermaßen zum guten Tone, wenn man im Sommer nicht einen langem Badeaufenthalt nahm, wenigstens in einem Promenadegarten zu wohnen, und auch Fremde, die auf kürzere oder längere Zeit in der Residenz Aufenthalt nahmen, mietheten sich gern in einem der vakanten Pavillons ein. Vor dem eisernen Gitterthore eines dieser Gär» ten, in welchem man einen (seinen Pavillon im ja panesischen Style erblickte, hielt die Droschke an. Diesen Pavillon hatte vor einigen Wochen Herr von Norden gemiethet und wohnte ganz allein in' demselben. In tintm ebenfalls im Ganen gelege nen Haufe wohnte die Gärtnerfamilie, deren Obhut der Garten übergeben war die Frau des Gärt» nets besorgte zugleich Nordens Aufwartung. Sie war es auch gewesen, die am Morgen mit der Schreckensnachricht auf dasKiiininalamt gekommen war: Herr von Norden läge ermordet auf seinem Zimmer. In Begleitung zweier Diener deS Amtes, welche fofort die Wache am Verbrechensorte zu übernehmen hatten, war sie kurz vor den beiden Herren wieder nach Haufe gelangt und kam ihnen jetzt schon wieder weinend entgegen, um ihnen Füh ren n zu feilt. Die Gerichtsdienet hielten den Pavillon in Wache. Die beiden Männer traten ein und durch die aus ihren Angeln gehobene Thür in das kleine zierliche Gemach, das in freundlicher Weife ausgestattet war, dabei aber durch eine gewisse sorglose Unord nung unter flüchtig tcuütztcn Gegenständen deutlich die Junggesellen wirthschaft erkennen ließ. Wenn man durch die Thür trat, so hatte man zur linken Hand zwei Fenster, die nach dem Gat ten und der Promenade Hinanslagen gegenüber die Thür in das Schlafzimmer, zur Rechten aber an der langen Wand ein elegantes Sopha mit Plüschüberzug, zu dein passende Lehnstühle zu Sei ten des runden Tisches vor dem Sopha standen. Vor dem Sopha lag ein dicker Teppich. Eine Kom mode, ein Spiegeltisch, ein Sckreiät, der zwischen Fenster und Schlaszimmerthür stand, und mehrere Rohrstühle bildeten das übrige Meublement des Ge maches. An der Klappe des Sekretärs steckte ei» Schlüssel,' sonst waren alle Behälter verschlossen. Dieses sind die einfachen Umrisse des Zimmers, in welchem den beiden jungen Männern tili ergreif ender Anblick wurde. Attf dem Sopha faß Herr von Norden in eine Ecke gelehnt, den einen Atm auf die Lehne singend. Sein Kopf war hintenüber gesunken, das Gesicht krampfhaft verzerrt, die Lippen schienen wie zum Aufschrei geöffnet. Die rechte Hand war in den Schooß gesunken und mit dem Blute befleckt, das ttichlich aus einet kleinen dieieckigen Wunde ge flossen, die durch das weiße Oberhemd mitten in das Herz gedrungen und den Ermordeten sofort ge» tÖttct haben mußte, ohne daß derselbe zu einer Be wegung oder zum Aufschrei gelangt war. Der Ermordete faß im fammtnen Hausrocke da und hielt in der aufgestützten rechten Hand noch krampfhaft eine angerauchte Cigarre. Das Blut aus der Wunde war reichlich über Hemd, Schlafrock und Beinkleider auf den Teppich niedergelassen, doch war dasselbe bereits ganz geronnen und getrock net, so daß kein Zweifel blieb, der Mord war schon vor vielen Stunden verübt worden. Auf dem Tische stand eine Schirmlampe, daneben lagen ein paar Bücher, Uhr, Börse und Cigarren Etui ferner die silberne Scheide eines seinen Sti lets aii silberner Kette, und die feine, dreieckige Klinge vom feinsten Stahl niu angetrocknetem Blute befleckt. Mit dieser Waffe war ohne Zweifel dtr MJtd geschehen, und der Mördtr hatte sie wieder auf den Tisch gelegt, vielleicht um den Glauben an einen Selbstmord zu erwecken. Oder war es ein solcher frug man sich unwill kürlich bei dem seltsamen, furchtbar friedlichen An blicke, der nicht die geringste Unordnung vom Schau platze eines Mordes oder Kampfes nachwies. Die beiden Männer betrachteten mit einander den sich ihnen bietenden Anblick, doch ohne irgend einen der Gegenstände zu berühren. Ihre Beobachtungen theilten sie sich kurz mit Merx legte der Leiche die Hand auf die Brust, die eisig kalt und start war, wodurch der letzte Zweifel schwand, od sie wirklich vor einer Leiche standen. Während die beiden noch sich mit bloßer Beob» achtung begnügten und der K.iminalassessor mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit jeden Gegenstand prüf te, als ob er einen Kettfaden zur Entdeckung des Thäters in ihm suche, langte auch der von dem Vor falle unterrichtete Staatsanwalt mit einem Gehilfen im Gartenhaufe an. Die Herrin begrüßten sich, und Reyhet theilte dem Staatsanwälte kurz und bündig seine seither igen Beobachtungen und Vermuthungen mit. Jetzt war es an der Zeit, das Protokoll aufzu» nehmen. Einige eingedrungene Neugierige wurden durch die Diener entfernt, weicht an» Eingänge Wache hielten, nur der Gärtner und feint Fan blieben muick. »Ich bitte Sie, Herr Assessor/ nahm der Staats anwalt das Wort, »die Untersuchung an Ort und Stelle sogleich vorzunehmen, mein Herr Gehülfe wird sogleich protokoUiren." So geschah es. Der Staatsanwalt nahm am Fenster Platz und Reyher begann mit dem Diktat der Einleitung zum Protokoll, der Benachrichtigung durch die Gärtnersfrau, der Aufnahme des vorge fundenen Schauplatzes, wobei det Staatsanwalt mit kundigem Auge die Richtigkeit jedes einzelnen Sages pruste. Zuerst wurde dit Lagt deS Hauses und deS Zim mers geschildert, dann der vorliegende Thatbestand des Vormundes genauestens aufgenommen. Dabei richtete der Staatsanwalt an den anwe senden Gärtner die Frage: »befindet sich in diese n Zimmer noch Alles gcuati in demselben Zustande, wie er bei Entdeckung des hier voiltegeudeu Mordes gefunden wurde?" „Ja, Herr Staatsanwalt/ antwortete der Gart ntr, ein einreichet, alteret Mann, »eä hatte Niemand von unÄ das Herz gehabt, mir irgend etwas zu be rühren. Als der Schreckeneius meinet Frau mich herbeirief, die den Herrn durch das Fenster so sitzen sah, da habe ich die Stubenthür ausgehoben, um zu sehen, ob noch etwas zu helfen sei als ich abet sah, daß AUcd aus sei, da babe ich daS HauS ver schlossen und meine Frau auf das Amt geschickt, um Anzeige zu machen/ „Du Leiche ist von Niemanden berührt und nichts in ihrer Stellung verändert root den frug dtr Staatsanwalt weiter. »Sprechen Sie ehrlich, denn die volle Wahrheit ist hier von großer Wichtig keit!" „Kein Mensch hat dit Leicht berührt/ betheuerte der Gärtner. »Ich sah ja aus den ersten Bück ge nug und schauderte davor. Berühren haue ich den Haut nicht mögen. Sehen Sie, Herr Siaatsan walt, die ganze Sache hat sich folgendermaßen zu getragen ... »lassen itit t$s jetzt, lieber Mann," unterbrach ihn der Staatsanwalt, »über das Weitste werden Sie später befragt werden/ NfMlip- Dit Gättnetsleutt' wurden unterdessen in ihre Wohnung geschickt, während dit GerichtSherreiß mit den Untersuchungen fortfuhrtn und jeden Ge genstand sorgsam beachteten. Allein es fand sich im Zimmer nicht dit geringste Spur, weicht auf einen gewaltsamen Mord hindeutete. Alle im Zimmer befindlichen Möbel, dtntn jetzt dit Aufmerksamkeit zugewendet wurde, wartn vtr schlossen, mir det Schreibstktttät nicht, an dessen Klappe der Schlüssel steckte. Reyher öffnete den Sekretär. In tintm offenen Fache lagen mehrere Schlüssel wohlgeordnet neben einander. ES waren die Schlüssel zu den Schub» laden in Kommode und Tischen. Als dieselben ge öffnet wurden, fand man in ihnen Alles in muster hafter Ordnung ein einziger Blick genügte, daß hier dit wühltndt Hand tints DitbtS nicht gewal tet hattt. Da entdeckte das Auge des Staatsanwalts bin ten in dem offenen Fache^ des Sekretärs noch einen kleinen Schlüssel, der offenbar eilig hineing/rooifeit worden war. Es war ein kleiner Schlüssel mit künstlich verziertem Griffe, grrade wie der, welche? in der Klappe des Sekretärs steckte die Vermuth» ung lag also auf der Hand, daß et zu dem kleinen Schräiikchen im Innern deS Sekretärs paffen möge. 9icyher jnobirte den Schlüssel et paßte genau, abet das Schtänkche» war gar nicht verschlossen er probirte den Verschluß, bet sich vortrefflich in Ordnung befand. In dem Schräiikchen lag nichts als ein ledernes Taichen'Portefeuille mit Verschluß. Auch dieses Portefeuille war offen. Reyher faltete dasselbe aus einander. In einer Tasche desselben steckten Briefe und Papiere, in einer andern ein Paket Kassen scheine, die mit einem Bande umschlungen waren, auf dem „20,000 Thaler" stand. Reyhet zählte das Geld vor den Augen des Staatsanwalts und des Doktors Metjr ts wartn.tinhundtttfiinfzig Hunbertthaleifchcine. »Fünfzehntaufend Thaltr," sagte dtr Staats anwalt. »Einhundttlfünfzig mal Hnndttt/ fügte sHrx hinzu, »das stimmt vollkommen macht fünfzehn tausend Thaler." Reyher betrachtete dit Envtloppt dts GtldpaketS und sagte: »Auf diesem Bande stehen zwanzigtan fend Thaler angeschrieben und so viel mag auch in der Enveloppe Platz gesunden haben. Fünftausend Thaler sind davon genommen." »Auf zivanzigtausend Thaler gab ja Norden ge stern Vormittag auch die Summe an, welche er bei Laßmann erhoben halte," fügte der Do#ktot hinzu. »Aber meine Herren/ fagtt der Staatsanwalt, ifdas ist kein Grund für i Arn a!)me, daß fünftau» send Thaler geraubt seien. Sollte ein Raubmör der fünfzehntaufend Thaler liegen lassen und sich nur genan ein Viertel der vorhandenen Summe abzäh len? Das wäre ein seltsames Exemplar. Ich glaube eher, daß Herr von Norden selbst schon von dem Gelde siinstaitsend Thaler genommen hat —et ver brauchte ja wohl viel Geld?" Reyhet durchblätterte eifrig die Briefe und Pa piere aus dem Portefeuille. »(ft würde eine so bedcuctndt Summe sicher nicht ohnt Quittung oder Nachweis ausgegeben haben, aber unter diesen Papieren btfindtl sich nichts Dtr artigts." »Dort liegt die Geldtasche Nordtn's," trwähntt Mtrjr, »wollen die Herren sie nicht untersuchen?" »Der Herr Doktor hat Recht sie kann uns vielleicht übet den Verbleib des Geldes sicheren Aus schluß geben," erklärte der Staatsanwalt. Ney yet schüttelte den Inhalt des Geldtäschchens auf den Tisch. Derselbe war nicht unbedeutend, da er vorwiegend aus Goldstücken bestand, doch im met nicht geeignet, über den Verbleib von fünftem» send Thalern Ausschluß zu geben. Papiergeld tnt hielt die Tasche nichts ebensowenig eine Quittung, tintn Wechsel oder dtrgleichen. i »Keinen Aufschluß," sagte der Staatsanwalt, „und dennoch glaube ich w finden noch eine Spur über den Verbleib des Geldes/ i »Ich hoffe sie bereits zu besitzen," rief Reyhet, plötzlich, indem er aus dem für Kassenscheine be-^ stimmten Behälter des Geldtäschchens einen kleinst Schlüssel zog. Gespannt folgten ihm die Blicke der beiden Wiänner, welche feine plötzliche Erregt heit nicht sogleich begriffen. Reyher probirte den Schlüssel an dem Schlosse des Portefeuilles er schloß bequem. Dann un» tersuchte er das Schloß, nahm ein Federmesser zu Hülfe und hob damit tine kleine Metallzunge aus der Ocffuung. »Hier ist der Beweis, daß ein Raub geschehen fein muß," sagte et dann zum 6taalsainualte. „Ueberzeugen Sie sich, dieses kleine Schloß ist nicht mit dem Schlüssel geöffnet, sondern gewaltsam aus gesprengt worden, wobei das schlienende Zünglein abgebrochen ist. Das Portefeuille ist doch offenbar nicht von Norden selbst, sondern zum Zwecke deS Raubes aufgebrochen worden. Der Mörder hat i nicht Zeit gehabt, den Schlüssel zu suchen, hat sich aber jedenfalls deshalb mit einem kleinen Theile des vorhandenen Geldes begnügt, lim nicht nur den Verdacht selbst von sich abzulenken, sondern vielleicht' auch den Glauben an einen geschehenen Selbstmord zu erwecken. Jedenfalls hat kèine ungeschickte Hand hier gewirthschaftet weder hat eine solche dem Manne dort das Herz durchbohrt, daß et nicht ein mal zum Aufschrei kam, noch hat eine solche den Raub begangen, au dem ich garnicht mehr zweifle." I Die beiden Männer blickten voll Erstaunen auf die vor ihnen ausgebreiteten Beweisstücke, welche allerdings auf einen begangene» Raubmord deute ten. Denn daß det Räuber deâ Geldes und der Mörder des Herrn von Norden eine und dieselbe Person sein mußten, konnte unter diesen Umständen kaum zweifelhaft et scheinen. (gortfeeung folgt») Tie Friedenèkommijsion in Brüssel, welche aus Den Herren von Balan und Arnim für Deutschland und Declerc und Koulard für Frans reich besteht, hielt am 28. im dortigen französischen Gejaribisit) iftcfyotel eine erste, wie es scheint nur formelle Sitzung ab. Es wurden die fltgenseituicn Vollmachten ausgetauscht und Vorbereitungen fur weitere Zusammenkünfte getroffen. Die beiderseit igen Gesandten können se bstoerftiin. I ch nur nach Instructionen handeln, die sie für jeden streitigen tfail von Beilin und Versailles einzuholen haben. Aua, steht,Ii die 'Frieöenöbebinjungen sowohl in •Zetrcff der Giöfee des abzutretenden Gebietes und her Höhe und Zahlungstermine der Kriegèenlschak) Uuingen fest. Zn Bezug auf die Gränze, welche Deutschland von Frankreich in Zukunft trennen wird, herrscht aber nod) eine Ungewißheit an zwei Pu: k ten. Die Rückgabe Belsens an Frankreich und Ab tretung der Gemeinden *'j6sru«a Chenes und Di Dille an den nuiimeijs: beutiae Stadtkreis fluch behaupten.ttiugsprecher, Bi?maik habe einen ganzen deutjä e Ltslnkt un rLuxemburger Grän ze, durch den noch obenein die Ei|e.uohn führe, ver gessen in die deutscheGranzlinie etnziischli^en. Dies ist offenbar niDtS als eine müßige 6 finditng, den noch aber tv.rd die Äommt'iton bei der Gtänztegu» Itmtifl noch auf einige Schwierigkeiten stoßen. Dieselben erscheinen indessen unbedeutend im Ver gleich zu der ihr gestellten Ausgabe, die Art una Weise der Abzahlung der Kriegsentschädigungen zu ord licn. Da von den feitgesttllicn öüOu Millionen der Werth der i^tjeilb-hnen Ujii Elsaß und Lo.hi:igen und noch andere Dinge abgezogen werden sollen, da es überhaupt im gegenwärtigen Augenblicke und bei den in Paus herrschenden Zuständen ganz mibe faretfitch ist, wo gratis eict) das Gelo hernehmen will, auch nur i ie ersle hamc jJiilluroe zu bezahlen, um die e.tschen Truppen m5 ien nördlichen und öst lichen rioas von Paus- loszuwerden, so wird jeden falls eine geraume ^it vergehen, bi3 mit Zahlung der legten auch iöeifurt wieder frei wird. Die Kom mission or nicht sich daher mit ihren Arbeiten nicht aCz ifeyr z ubftet'.en und kann vom neutralen Vo de ie Belsens aus die Entwicklung oder richtiger g^. sagt die ste n..e Verwicklung bet innern Verhält nisse otaiifteufr'i mit Ruhe verfolgen. S i n e n w e n n a n e s e i n a z u u u n E ren gebracht hat, zahlt itch. Das beweist nicht nur daè fürstliche Einkommen einet WiÜson, sondern auch daS Honorar anderer tätiger und Sängerinnen, die öcm Publikum bekannt sein werden. Frau Parcpa tRosa bekommt $500 per Abend, was freilich oergu chen mit den $iuuo Gold der Nilsson armselig er scheint, die jtellogg die PhtllippS, SoUU, Le ha ic 8-0, Verger der mit der Million fang, $15t Maria Orainatd $6J, giau Bishop $t5U bis :c. Singer, rote Castle uno andere, die uuf tue Dau et einer Saison engagirt sind, tveroen per UiJoa, bezahlt und verdienen vielleicht SlOuO per Monas Dirigenten verdienen ungefähr die ^aljtt diese. Summe. Ro. 33. Ven ZI. März. In Paris wurde am 28. d. Mts. vor dem Hotel de Ville die Commune pucoclamirt. Eine mit rothem Tuche ausgeschlagene Vlatform nahm die Mitglie der des Central. Committee's und die Redner auf, ei ne große bewaffnete Menschenmenge füllte den Platz. Die rothe ^ahne wehte in der ganzen Stadt. Um zu verstehen,was das Wort Commune meint,braucht man nicht erst die blutigen Blätter der Geschichte fr», herer Revolutionen nachzuschlagen. Das Journal officiell der gegenwärtigen Gewalt Haber erklärt uns de«lich den Zweck der ganzen PS. belrevolte. Die Municipalität bet HaupKadt soll in Verbindung mit bener. der nächstgrößten Städte Lyon unhJ^arfcillt die Regierung Frankreichs bil den, damn die Deputirten derselben nicht wieder von denen der Landdistrikte überstimmt werden könnten. Der Begriff Commune stellt daher den Grttnbjjpfc fest, daß in einer Republik nicht die Majorität, son dem die Minorität regieren solle. Dieser Grundsatz war denn auch am letzten Sonntag in Paris bei den willkürlich angeordneten Municipalwahlen zur glot teichen Geltung gekommen. Von 330,000 registririen Wählern hatten nur 130, 000 mitbestimmt. Die besitzenden Klassen hatten sich der Abstimmung eflthalten. Der Pöbel der Haupt, stadt Hatte also des Feld frei. ES konnte daher nicht ausbleiben, daß fast alle Wahlen im Sinne der Ro then ausfiel«. Wehe dwien, welche ihnen an der Wahlurne entgegengetreten Dören. Dies nennt man in Paris die Kommune, d. h. daS Ideal einer focia listisch-demokratischen Republik. Unter den erwählten Mitgliedern des Communal» rathes sind nur die Herten Blanqui, Flourens, Py alt, Delescluze und Gambon auch in weiteren Krei sen bekannt. Zur besseren Bewachung der genann ten Behörde ist ein aus 12 Mitgliedern bestehender Wohlfahrts-Ausschuß unter dem Vorsitze des vielge nannten Mechanikers Assy entstanden, der Garibaldi zum Ehrenpräsidenten ernannt hat. Gegenwärtig herrscht Ruhe in Paris, aber es scheint die Ruhe vor dem Sturm zu sein denn auf beiden Seiten wird gerüstet für einen Kampf, in welchem sich die Söhne der „großen Nation" gegenseitig selbst aufzureiben trachten, während die deutschen Sieger noch vor den Thoren der Hauptstadt stehen. Schon haben die Freiheitshelden in Paris begon nen, solche Männer, welche im Verdacht stehen, bet rothen Republik ungünstig gesinnt zu sein, zu pro» feribiren. EwVetdächliger ist zum Tode verurtheilt worden und (Mk' Duval, der Oberbefehlshaber, hat Auftrag erhallen, alle Feinde der neuen Ordnung ausfindig zu machen und vor das Tribunal zu brin gen. Die Schreckensherrschaft ist also inaugurirt und die Guillotine wird ohne Zweifel stark in Re quisition kommen, wenn n$t die Thiers'sche Regie rung doch noch die Oberhand, bekommt, wozu au genbUcklich wenig Aussicht vorhanden ist. Zwar find in den Provinzen keine Auffände vorgekommen, und die Unruhen in Marseille, sowie die Erhebung in Algier sollen unterdrückt sein, allein es wird sich fragen, ob man sich auf die Treue der Leute, die man gegen die Insurgenten in Paris führen wird, »er lassen kann. Eine Depesche von Versailles meldet den Abschluß eines Separatvertrages, nach welchem die Deutschen Paris abermals besetzen und später ekne größere fran zösische Truppenmacht in der Stadt stationirt werden solle. Wir möchten dieser Nachricht nicht unbedingt Glauben schenken, allein möglich ist es immerhin, daß Thiers im Bewußtsein seiner Unmacht sich für den Fall, daß der bevorstehende Angriff auf die Stadt erfolglos sein sollte, die Unterstützung der deutschen Truppen zu sichern gesucht hat. Die Situation ist kritisch genug und ein Einschreiten der Deutschen mag zuletzt doch nothwendig werden, da unter den jetzigen Zuständen d|e getreue Ausführung der Frie densbedingungen seht problematisch geworden ist. Wir sehen der Entwickelung mit Spannung entge gen. Die Friedens-Commission hat sich in Brüssel ver sammelt, wird aber, so lange die Ordnung in PaiiS nicht wieder hergestellt ist, wahrscheinlich sehr lang same Fortschritte machen. e e a i s e e i e V e s a i e s 2 7 i z i e s i e e u e a n die National-Versammlung eine kurze beredte An sprache und legte dann einen feierlichen Eid ab, dad er die Republik nicht verrathen werde. o n o n 2 8 z i e o u n e w u e e stern Nachmittag um 4 Uhr aus dem Platze vor dem Hotel de Ville proklamirt. Die Mitglieder des Communal-Rathes hielten von einer mit rothem Tuch bedeckten Tribune aus Reben, welche jedoch auf eine ganz geringe Entfernung hin vollständig unverständlich waren. Die Zugänge zum Platze waren von enormen Hausen National Gardi sten dicht besetzt, welche von Zeit zu Zeit ihre Mützen auf den Spitzen der Bajonnett« schwenkten und die Rept b.ik hoch leben liefcep. Es waren aus dem Platze 00 Kanonen ausgefahren und ab und zu wurden Artillerie-Salven abgefeuert. Es sind Dekrete erlassM worden zur Formirung von 25 Bataillonen Infanterie, 20 Batterien Artil lerie und 15 Mitrailleuieivltiatterien. Die Natio nal Garden sollen Frcs. per Tag erhalten. Gen. Duval organisirt die Artillerie und schwere Infan terie und Bergeret die Kavallerie. Beide sind er mächtigt, nach Belieben Requisitionen auszuschrei ben. Goughter, ein Mitglied des Committees, ist Commandeur der Kanonen Boote auf der ^eine. Floatens hat resignirt. Volgramm ist suspendirt worden und Garibaldi hat man das Ober-Comman do über die National-Garden angeboten, doch weiß man noch nicht, ob er dasselbe annehmen wird. Die Bank von Frankreich hat ben Insurgenten weitere 500.000 Francs vorgestreckt. Der Post Di' rektor weigerte sich, dem vom Committee als seinen Nachfolger Ernannten sein Amt abzutreten. V e s a i e s 2 9 z i e e i e u n a ein Circular an die Prëfekten geschickt mit der Anzei gt, d.ig uie Ruhe tu Xiyvii arid Toulouse wieder her* gestellt sei und daß der Versuch einer Insurrektion in Mcreiile, Marbomtc und St. Etienne fehlgeschla-« gen sti. e n e a a n z y a w i e e S s e i n e I n surrektions Committee versprechen müssen, daß er lortan nur ge-gen auswärtige Feinde kämpfen wolle. Admiral Soisscl ist unter Verkleidung nach Ver sailles gekommen, nachdem seine Truppen ihn im Stich gelassen hatten. D'.e preußischen Vorposten sind von Vincennes arS bis an die. Thore v»n Paris vorgeschoben worden. e i n 2 z i s a k a s i i e Pariser Central Committee in Correspondenz gesetzt. Letzteres behauptet, daß die Thiers'sche Regierung in keiner Weis- vom Lande unterstützt werde und Daß et« ne Neuwahl für die National-Versammlung nöthig sei. Das Committee erbietet sich indessen, in weni gen Tagen einen Theil der Kriegskosten abzuzahlen. BiSmarcl's Antwort lautet günstig. Man glaubt hier allgemein, daß die Herstellung des Kaiserreichs durch die kaiserliche Armee unoer» meidltch sei. V e s a i e s 2 0 z V i n o y i s e s Com Gnardo? über die Armee enthoben uno dasselbe dem Gen Barn! übertragen worden. Di« Regierung hat nach einer Consultation mit Ducrot is den Generälen Chanzy und Trochu über» lassen, einen Plan zum Angriffe auf Parts auSzuat betten. »Cri du Peuple" und „Frangais" melden beide, bau Gen. L'Auemono den Arabtr-AufslanO in Al' gier vollständig unterdrückt hat. V e s a i e s 3 z i e A s s e e a e i ns löiü zur Einberufung eines General Rathes pas fiit. Thiers zeigte in der Assemble an, daß einem soeben abgeschlossenen Separat Verlrag zusoige, wettete deutsche Gruppen in Pur s eingehen uno die fran zösischen Truppen in der Stadt verhältntßmaßig ver stärkt toeroen sollen. o n o n 2 0 z E i n e S e z i a e e s e aus Versailles meldet, daß es gestern floend zunschiH ben Insurgenten und RegteiutigS Truppen auf dir Struth von Versailles nach Paris zu einem iboipo» ftengesecht kam. I n i a e i a s o a s i k e s e s i a u s e dteseS tfruijiutjres mit einer religiösen tfettr in den verschiedenen ifirchen am Sonntag und einem Volts fest an deal daraus folgenden Montag und Diens tag begangen und der Ueberschuß Dom Ertrug Festes zur Errichtung eines tauy*6stt Friesen» denkmals verwendet werden. \n\n Etil um bus, O.» Monnerstag, 6. April 1871, V i e e s K a i e Die Situation in Europa.