Newspaper Page Text
s3 jvi i'f.s •'•6*! Sifi 1« ''fit a: /t h-v? jtftf .,,rr i, Iabrg S8 k' a3 Ein Tropfen Dlut^ n 'i u E« kSortsetzung.7 »Dcn fie talji'n gebracht hat, wo er jetzt steht 1* sagte Schwatz bitter und trat wieder an das Fen» w9Bie1" 1 1 1 riet Fiebig schnell und voll Interesse, 3 denn eS schien ihm plötzlich eine Quelle sehr ergieb» igen Inhalt» aufzutauchen, »Dein, Tochter ist schuld daran, daß Du außer Amtes und eigentlich etwaS heuintergekommen bist? Erzähle doch, wie ist daS zugegangen 1* „Laß das—ein andermal—es teer nur solche Rede. Aber eS ist wahr, im Elende verkommen zu -lass»» braucht sie mich nicht. Sie hat doch ein» mal Alles auf dem Gewissen und trotzdem noch im i Heben ein großes Loos gezogen. Sie ist mir Alles fâtttMfr.* »So fordere eS von ihr!* rief Fiebig, die auf- keimende Erregung des Kameraden benutzend. »Zum Teufel, ja das werde ich will ich auch 1" «So ist eS recht, alter Freund, nur keine Schwäche, während fie im Genusse schwelgt man kennt das bei.solchen Damen." »Und immer genossen hat, immer, immer. Da» von kam ja Alles her. Heute wollen wir es noch abwarten kommt nichts, so gehen wir zu ihr., 'So weit schlagen wir tins noch durch, und dann will ich sehen, ob sie ihren leiblichen Vater Auge in Auge verleugnen |oQ Des alten ManneS Angen blitzten jetzt und roll» ten wild umher, während er Heftig gestikulirend "durch die kleine Stube schritt. Fiebig lachte still tot sich hin, denn jetzt Hatte er den Alten wieder, wie er ihn haben wollte und wie eS ihm allein ge «mthlich mit ihm war. Die Deklamationen deS Schwarz hätten auch wahrscheinlich noch länger gedauert und er wurde sich mit denselben immer mehr in Wuth geredet Ha» ten, wenn nicht ein heftig polternder Schritt auf der dunklen und schmalen Treppe eine Unterbrich» ung angekündigt hätte. .Horch, Schwarz," rief Fiebig lebhaft, »was wettest Du. das ist unser Glücksbote—der Brief träger I* »Nur nicht mit leeren Händen!* erwiederte die ser drohend. Da trat er schon sie, fcirun Brief, sondern den wohlbekannten Schein aus gelbem Konzeptpapier in der Hand, der die Werthsendung verkündigte. Mit einem Blicke hatte Fiebig das gesehen und fco er kluger Weise beim Briefträger Mißtrauen ge gen so viel Glanz für diese Hülle voraussetzte, so trat er ihm schnell entgegen und frug ihn mit Nach» druck: »Bringen Sie die erwarteten fünftausend Thaler für Herrn Heinrich Schwatz?" »Herrn Heinrich Schwarz Inhalt fünftausend Thaler," las der Postbeamte vom Scheine und warf einen forschenden Blick über die Einrichtung des Dachkämmerchens. »Sind Sie selbst rr Schwarz?* »Zch bin es," sagte Schwarz und griff nach dem Scheine. »Gut/ sagte der Briefträger und gab ihm das Papier, »vergessen Sie aber Ihre Legitimations Papiere nicht, wenn Sie das Geld abholen—- sonst möchten Sie den Brief schwerlich ausgehändigt be komm«,." »Diese kann das hohe Postamt ja genießen," sagte Fiebig,-als der Briefträger fort war, »ein Glück, daß der Brief an Dich kommt, denn Du hast Paß und Heimathschein in bester Ordnung mir würde es weniger leicht werden, mich vor so fein schno bernden Beamten zu legitimiren." Schwarz machte sogleich Toilette tmd'fah daraus anständig genug aus, um seines Aeußern wegen als Empfänger von fünftausend Thalern keine Be denken zu erregen. Denn die verwüsteten und von allerlei Leidenschaften durchwühlten Gesichter sind tni derartigen Orten, wo eine Spielbank ihr Unwe sey treibt, keine Seltenheit. Schwarz präsentirte feitttn Schein, sowie die ihn legitimireiMo Papiere, uiid erhielt ohne Beanstandung de» «erthvollen Stuf ausgeliefert. Er eilte spornstreichs damit nach Hause. Sein ganzes Wesen war erregt, von neu erwachten Be Zierden und Leidenschaften durchtobt, mit lüsternen Blicken hingen seine Augen an dem kostbaren Briefe, j» er beherrschte sich kantn, ihn auf offener Straße zu cffnen, um den ersehnten Inhalt nur erst in den habgierigen Händen zu halten. »Hier 1* schrie er und stürmte in die Dachkam mer, »hier ist Geld 1 Neues Geld neues Leben, juchhei Jetzt hat die Noth ein Ende und ein lust» iges Dasein beginnt ein unschätzbares Wesen solche Tochter beim Ballet, die Tausende mit Beine schlenkern zusammenschmeißt!" Seine Hände zitterten sichtlich, als er das Cou» vert öffnete und den Inhalt hervorzog. Einen Brief warf et achtlos bei Stile und riß e Hülle von dem cingcschkssencn Päckchen. Schöne neue Kassenscheine kamen daraus hervor, ein ganzes Pa ket Hundeltthalerscheine. tzxchivarz näßte den Daumen und begann zu zäh» len. Fiedig trat mit cynischem Lächeln um die dicken Lippen daneben er sah dem Zählenden zu und saaie in kurzen Absätzen: »Donnerwetter, uo« ble Sorte das I So laß ich mir'S gefallen. Hk.b sche Bilderchen kleine Trompetenengel find es ja wohl ja ihr könnt gut in's große Horn stoßen .... Hundert Thaler hundert Thaler und nochmals hundert Thaler der Tausend, ja das fleckt, das will etwas sagen. Es ist doch eine hübsche Erfindung um das Papiergeld man kann es so geräuschlos einnehmen, was für schöne Da men beim Ballet sein Angenehmes hat, kann es eben so geräuschlos ausgeben und steckt es so bequem in die Brieftasche, daß kein spürnastger Gened'arm sehen kann, der Kerl ist eben um fünftausend Tha let schwerer geworden... »Fünfzig," sagte Schwarz, der dabei bedächtig gezählt hatte, »fünfzig Hnndertthalerfcheine .. ." »Ist gleich fünftausend Thaler, die Sache stimmt, alter ^unge, und wir können nun im frohen Be sitze die nützliche Verwendung überlegen."' »Dabei bleibt nicht viel zu übetlegen," sagte Schwarz, »wir haben neue Kräfte und müssen daâ Glück zwingen, das uns seither den Rücken wandte Doch da liegt ja auch der Brief ich will doch sehen, was Agnes schreibt." »Die Hauptsache ist, daß sie Geld geschickt hat auf das Geschreibe gebe ich nicht viel am we nigsten bei den Frauenzimmern." »Donnerwetter, was untersteht fich die drin," fuhr plötzlich Schwitz von seiner Lektüre auf, »mir, ihrem Vater, gute Lehren geben zu wollen!" »Zu dem Gelde Wie Du es ausgeben sollst," schrie Fiebig mit rohem Lachen, »nun die wird es wohl verstehen. TU er sage mal, was schreibt Dir denn die gute Tochter?" »Des Teufels Großmutter mag meine gute Tech ter sein Zch werde der Dirne wieder Respekt bei bringen. Mir, ihrem Vater und Lehrer »Schwarz, Du bist ja nicht mehr Meister der Schnfe. Lies lieber vor, was in dem Briefe steht, ich bin furchtbar neugierig auf die Weisheit vom Ballet." »Hier sende ich Dir die verlangten fünftausend Thaler/ schreibt das Mädchen, »dcch so schwer sind sie mir zu erlangen gewcrden und nur mit so großen Opfern gelingt eS mir, Tich zu retten, dag ich ittti ne Schuld an Dich für voll gelöscht erâchle. Rechne also nicht darauf, weitere Summen von mir zn er pressen, sondern beginne mit diesen beträchtlichen Mitteln ein ordentliches unfe solides Leben. DieS wünscht 1* TT.. Agnes Fiebig lachte laut auf und nahm den Brief, um die mit flüchtiger Hand geschriebenen Zeilen zu be trachten. »Das muß ein propres Framnzimmer sein, sagte er, „hört, Bender, kennen wir denn der nicht einmal einen Besuch abstatten? Ich glaube, eS lohnt sich, sie kennen zu lernen und eine Flasche mit ihr auszustechen." »&(i weiß," sagte Schwarz mit einem unheim lichtn Lächeln, »wer weiß, ob uit sie nicht einmal besuchen, um uns diesen Wisch da nochmals in das Gesicht wiederholen zu lassen. Es wird wohl auch Mittel geben, das Töchterchen gefügig zu machen Aber jetzt vorwärts, Fiebig, das faika votre jeu wird wohl derweil eröffnet sein und ich bin jetzt ge rade in der Stimmung, der das Schicksal nicht widerstehen kann. Komm, komm, ich fühle eS, ich weiß eS, heule ist «ein Tag «ich cf »trd heißen va baiKjue vi j!5 Gr sah fürchterlich aus.' Seine Augen rollten, dunkle Klecken erschienen aufden gelblichen Wangen der Dämon hatte ihn mit voller Gewalt gepackt, dem er schon so schwere, tranrige Opfer gebracht hatte. Fiebig sah das mit Schrecken, daß er auch diese nette Summe ziellos auf's Spiel setzen werde, und suchte es vergeblich zu verhindern. »Laß uns wegreisen," redete et ihm vernünftig zn, und an einem kleinen, angenehmen Orte den Winter still verleben, so daß wir im Frühjahre mit neuen Kräften wiederkehren und andere Ausbeute machen können, als jetzt, wo Alles aus ist und der Winter vor der Thüre steht." Aber Schwarz befand sich in einem Delirinm, unter dessen Gewalt er vorwärts stürmen mußte. »Nichts da schrie er, »heute soll es sein, heute ist der Tag des Glücks und mit Schätzen beladen gehen wir dann den Winter nach Paris. Das ist ein Gedanke! Was schreit uns das Ende der Sai son wir sind da und die Bank soll es spüren." So stürmte er hinaus und Fiebig folgte ihm, um bei ihm zu bleiben, der jetzt auf feinem Willen be» stand, und so die Möglichkeit einer Intervention nicht ganz aus der Hand zu geben. »Höre, Schwarz," sagte er unterwegs, »Du hast nun so viel Geld und ich habe keinen Pfennig gib mir einen der schmucken Scheine, daß auch ich mein Glück versuchen kann." Schwarz sah ihn einen Augenblick groß an, wie wenn er überlegte, zog dann das Päckchen aus der Brusttasche, löste zwei Scheine davon los und gab sie dem Kameraden mit einem an Grandezza streif enden Anstände. »Hier," sagte et, »hast Du zwei von den Schei» neu, versuche auch Du Dein Heil aber wenn Du Unglück hast, so sei getrost, denn in meinen Hän den ruht unser Glück." Sie erreichten den Spielsaal, Schwarz in stürm (scher Eile. Wie gleichgültig klang neben seiner Leidenschaftlichkeit die einförmige Stimme des Bankhalters 1 Nur wenige Spieler standen um dm grünen Tisch und es handelte sich seither nur um kleine Einsätze kaum daß sich ein Goldstück mit rothverschämtem Aussehen unter den Silbetmünzeit blicken ließ. Schwarz legte sofort einen feinet blanken Hun deltthalerscheine auf. Der Bankhalter warf nur eilten halben Blick nach der ungewohnten Erscheinung und fuhr fort in seiner einförmigen Weise, Glück und Unglück aus der Karte zu verkündigen. Die Karte fiel Schwarz hatte gewonnen. Triumphirend wandte er sich zu Fiebig um ein Aussehen sprühte wieder Leidenschaftlichkeit, grausames Vergnüge». Mit bebender Hand verdoppelte er den Satz. Die Karte fiel er hatte wieder gewonnen. »Siehst Du, Fiebig das Spiel geht gut, For tuna will uns entschädigen ...." Dabei hatte er einen neuen Einsatz gewagt und wiederum gewonnen. So ging es fort, Zug um Zug. Wie im furcht baten Kampfe Panther und Tiger gegeneinander, o standen Spieler und Bankier Aller Augen hingen an dem glücklichen Schwarz, der von Mi nute zu Minute der Bank größere Verluste be leitete. Der Saal füllte sich. Die Mähr von dem, was da drinnen vorging, verbreitete sich und trieb Schaa ten Neugieriger herbei. Fiebig stand zitternd hinter des glücklichen Ka meraLen Stuhle, der fast Zug um Zug gewann, nur selten einen Einsatz verlor. Ihm schwindelte bei diesem seltsamen Treiben, das Aller Blicke auf ich zog der Haufen Geld vor Schwarz wurde immer größer und kostbarer aber wilder und glühender auch funkelte« des Spieles begehrliche Augen. ,£ore aus, Du hast genug," flüsterte Fiebig ihm zu, „behalte, was Du jetzt hast, und bringe es in Sicherheit." Schwarz lachte hell aus. âNarr," schrie er, »wer baâJälui beim Schöpse hat, soll es festhalten es soll, es muß ganz he ran und darum jetzt va banque Athemloses Schweigen folgte diesem bedeutungs vollen Worte. Ohne eine Miene zu verziehen, zählte der Ban» ft et die in der Bank befindliche Summe, während die Zuschauer mit neugieriger Spannung nähet drängten und Schwarz, hoch ausgerichtet, mit stolz herausfordernder Miene vor dem grünen Tische land. Die Summe war eine ziemlich bedeutende Schwarz zählte fein Geld dagegen sonderbarer Zufall, die beiden Summen stimmten auf den Tha ler gegen einander, als wären sie vorher abgezählt worden Dieser wunderbare Zufall schien Schwarz's Zu» vctstchilichkeit noch zn steigern, kam seinem Glauben an den Fatalismus des Glückes zu Hülfe. »So ist es recht!" tief et laut, »Alles gegen Alles es hat gerade ausgereicht." Die Stimme des Bankiers ertönte so kalt und gleichgültig wie immer alle Blicke hingen mit äußern» Spannung an dem Ende dieses intei esan. ten Kampfes die Karte fiel Schwarz hatte verloren. Wie vom Schlage betäubt taumelte er vom Tische zurück »vive la baiKjue 1" rief der Bankhalter, und die Croupiers mit ihren Haken zogen die vet lotenen Summen Schwatz's zu sich hinüber Dieser hatte Alles verloren und war jetzt gerade wieder so arm, wie vor der Ankunft deS kostbaren Briefes. Verzweiflungsvoll wühlte er in seinen Taschen, ob nicht ein Geldstück, ein Bankbillet in denselben sich versteckt habe, mit dem er noch einmal de» Kampf mit dem Glücke beginne» keime .... vergebens. Da, ein Gedanke Fiebig hatte zwei Hnndertthalerfcheine von ihm bekommen. „Hiebig, gib mit daS Geld zurück, nur einen der Scheine, die ich Dir gab ich zwinge es doch und in der nächsten Viertelstunde bin ich wieder reich." Fiebig machte ein trauriges Gesteht und log, um nur etwas von dem schönen Gelde zu retten. »Verspielt, Bruder, dort, dort habe ich auch mein Glück versucht." »Rabe" stöhnte Schwarz* JD Geld, Geld, nur einen Thaler, daß ich eine neue Angel habe für das Glück! Habe ich denn nichts, gar nichts von Werth mehr Nichts. Meine Herten, ich hade Alles verloren, nur nicht mein Glück, ein Geldstück, geben Sie mir ein Geldstück, meine Herrschaften Sic erhalten es Zehnfach zurück!" Die umstehenden Herren lachten und wandten fich von dem Natten ab, den die Bank nicht nur zum Bettler gemacht, sonder» auch zum Beiteln ge bracht hatte .... Das Schauspiel war aus, wel chee sie belustigt hatte der durchgefallene Mime interessirtc Niemanden mehr mochte er sich eine Kugel in das Gehirn jagen, wenn iynt das Fiasco nicht behagte— was kümmerte cs diese Wclt von Mussiggängern, die sich amüstreit wollten? Fiebig zog den ganz gebrochenen, verzweifelnd sich geberdenden Schwarz ans dem Saale. Noch unter der Thür Herten sie bereits wieder die einförmige Stimme deS Bankhalters: »Mcssiuurs, suites votre jeu l" Die Karten fielen weiter, hin übet und herüber, und neue aufregende und inte ressante Episoden, wie sie am Spieltische an der Tagesordnung sind, nahinen die Aufmerksamkeit der Badegäste gefangen nnd amüsirten sie, töte sie der Bank neue Ströme Geldes zuführten. Siebente? Kapitel. Der Kriminalrath Meding befand sich noch allein in feinem Arbeitszimmer und sah die eingegange neu Briefe und Zeitungen durch, die ihm vor Kur zem hierhergebracht worden waren, anstatt in sein 20urauvmmer. Denn der schon dein Greisenalier nahe Herr, der tüchtige und vielbeschäftigte Cyef einer Abtheilung des Kriminalgerichts, war schon seit einigen Wochen leidend, und wenn auch nicht an da« Bett, so doch an daS Zimmer gefesselt. Doch der Rnhepunkt in seinen amtlichen Arbei ten hatte nur das allernothwendigste Zettmaß in Anspruch nehmen dürfen, und schon nach drei oder vier Tagen wurde er wieder thätig, ließ sich über die laufenden Geschäfte Belicht erstatten und nahm von seinem Zimmer aus an allen Vorgängen leb haften Antheil. Am heutigen Morgen erwartete er den Assessor Reyher, welcher ihm übet die seitherigen Ergebnisse der Untersuchung übet den an Herrn von Norden begangenen Mord mittheilen sollte, die natürlich mit größtem und umfassendem Eifer angestellt wot- den war. Bei der großen Aufregung, welche dieser freche Mord, so mitten in der Stadt, hervorgerufen halte, lag es den Behörden daran, so schnell als möglich ein Resultat ihrer Bemühungen zn erzielen. Bald wurde auch der Assessor Reyher angemeldet, und der Kriminalrath gab mit dem energisch geruf enen Eintreten zugleich seinem Arbeitsstudie eine Kalbe Wendung, um zum Anhören der erwarteten Berichte bereit zu sein. »Nun," rief der alte Herr dem Assessor entgegen, »lassen Sie hören, ob Sie etwas Ordentliches her ausgebracht haben. Haben Sie, Herr Assessor?" Neyher zuckte mit den Achseln. Da et die un geduldige und jedem Umschweife feindliche Weise des allen Herrn kannte, setzte er sich und sagte: „Ich wollte eben hören, welchen Werts der Herr Rath meinen Resultaten beilegen, die sehr spärlich et» wachsen. Darf ich beginnen?" »Reseriren Sie," lautete die Antwort der Rath lauschte aufmerksam. Reyher schlug seine Akten auseinander und be-, gern Ii: »Nachdem die Leiche des Herrn von Norden aufgenommen worden war, bei deren Recognoszir» Iing sich, wie das Protokoll ausweist, evident her» ausstellte, daß derselbe nicht durch Selbstmord, son dern durch einen taubmörderischen Ueberfall umge kommen ist, und sich im Zimmer des Ermordeten, im Hause und Gatten keine auch noch so geringen Spuren vorfanden, welche zur Entdeckung des Mörders hätten fuhren können, so hielt ich es für geboten, die beiden Gärtnersleute, von denen im Anfnahmeprotokoll bereits ausführlich die Rede ist. nochmals sorgfältigen Befragungen zu unterwerfen." „Gut, gut," fiel der Rath ein, und wie fielen diese anS 1" »Ganz erfolglos. Ich hatte von Anfang an bei den beiden alten Personen den Eindruck der Un schuld empfangen, aber ich kannte meine Pflicht. Mehrmals habe ich die Leute einzeln vernommen, doch blieben sie harmlos, unbeirrt bei ihren ersten Aussagen. Auch nicht der geringste Widerspruch fand hatt. Ich versuchte alle Künste des Znquirir» ens, um sie in Verlegenheit zu bringen, und etwa Verheimlichtes hcrvotzulocken ich deutete vergeb» Itch auf Thatsachen, die ich vermuthen wollte, hin, alS ob sie ja dieselben schon zugestanden hätten aber sie berichtigten dieselben stets harmlos, als ob ich sie nur mißverstanden hätte. Denn sie meinten, alle diese Befragungen geschehen nur, um AlleS recht genau festzustellen daß auf ihnen selbst ein Ver dacht laste, ahnen sie in ihrer Harmlosigkeit nicht einmal...." Der Ktimiualrath bewegte nachdenklich be« Kopf. »Und die Vergangenheit der Leute?" »Ist fleckenlos. Der Garten ist Eigenthum deS Rentiers Willing und die Leute stehen in dessen Diensten. Schon der Vater des Gärtners stand in Diensten der Eltern des Herrn Willing, und der Sohn ist sein Nachfolger geworden. Die Frau ist auch bereits als junges Mädchen in Milling's Hans gekommen und hat dann den Gärtner geheirathet. Herr Willing erklärte mit, daß Beide fem und sei ner Familie volles Vertrauen besäßen, dessen sie sich noch niemals unwürdig gezeigt hätten er wies jede Verdächtigung der alten Leute mit einer ordentlichen Indignation zurück." »Sie haben keinen Artest der Leute verfügt?" »Nein, Herr Rath." »Gut. Was haben Sic^veitet gefunden?" »Der an Norden'S Eigenthum begangene Raub beträgt wahrscheinlich fünftausend Thaler in Hun dertthalerscheincn. Norden empfing am Tage vor der Nacht der That gegen Anweisung anfLaßmann zwanziglausend Thaler, wie Laßmann erklärt, in lauter Hundertthalerfcheinen. Dieselben waren zur Deckung eines Accepts der Frau von Norden be» stimmt, der auch präsentirt worden ist. Fünfzehn» tausend Thaler von diesem Gelde wurden aufgefnn den, und da die Privatbörse des Ermordeten nicht geplündert worden, so ist es wahrscheinlich, daß gerade fünftausend Thaler geraubt und sorgfältig von der vorhandenen Summe abgezogen wurden »Sonderbar! Ein Räuber mit bestimmten Grund sätzen, wie es scheint. Das Geld ist doch überall gehörig reeognoozirt?" »Ja. Auf die Anzeige des Staatsanwaltes ist nun gestern eine Anzeige von der Postdireetion ein» gegangen. Am Morgen nach dem Morde ist aus der Postexpedition ans der westlichen Vorstadt ein Gcldimcf abgegeben worden, dessen Inhalt mit fünftausend Thalern angegeben war." „Ah! Au wen war der Blies adressirt?" »An Hetrn Heinrich Schwarz in dem Bade 3c." Das Gewicht des Brieses ist ein so geringes ge wesen, daß der Inhalt in Scheinen von hohem Werthe bestanden haben muß. Ich habe nun fünfzig der vorgefundenen Hnndertthalerfcheine mit einem Bogen Briefpapier nnd einem fünfmal gesiegelten Convert zujannneugewogen und so ziemlich dasselbe Gewicht erhalten, welches nach den Notizen des Postamts jener Brief gehabt hat." »Das könnte eine Sput geben. Jener Heinrich Schwarz?" „Ich telegraphirte sofort nach 3c. und erhielt Antwort. Dieser Schwarz mit einem Gefährten, Namens Fiebig, ist seit mehreren Tagen ans 36 verschwunden, nachdem er cinc bedeutende Summe an der Spielbank verloren hatte." „Aha! Nur weiter." .. „Ich telegraphirte nochmals tint twlffte'Ktll» fünft. Die von Schwarz verspielte Summe soll ans lauter Hundertthalerscheincn bestanden haben, und er selbst hatte am selbigen Tage com Postainte einen Brief mit fünftausend Thalern aus der Re sidenz erhalten. Wchiji et sich gewendet hat, ist unbekannt, doch will man auch von dort aus Re cherchen anstellen." „So wüßten wir also den wahrscheinlichen Em pfängcr des hier geraubten Geldes, «ie haben doch nach allen Seiten hin telegraphirt?" „3a." „Wer war der Absendet des Briefes?" „Der Postbericht bezeichnet ihn als eine verschlei erte Dame." „Die Bekanntschaften und der Umgang des von Norden?" „War nicht unbedeutend, aber ganz bestimmt. Ich selbst, wie Doktor Merjr, gehören jenem Kreise an. Auch an jenem Abend, an welchem der Mord geschehen sein muß, waren wir bis auf Norden alle zu ia.Ii men. Keiner sonst fehlte, Keiner verließ den Platz vor Mitternacht. Daß Norden fehlte, schrieb man anf Rechnung des neuen Balleis, in welchem seine Frenndin, Angela Ntgera, die Hauptpartie chatte." „Also auch weibliche Bekanntschaft?" „Ja, die einzige." „Hat nicht die Gärtnersfrau ausgesagt, daß ihr die fremde Gestalt, welche ant Abend der That noch spät zn Norde» gekommen war, wie eine weibliche Fignr erschienen sei?" ,,Sie will darüber nicht mit sich selbst in's Reine gekommen fem. Bald sei ihr die Gestalt im langen schwarzen Mantel wie ein Weib, bald wie ein Mann vorgekommen. Der Kopf habe in einer Kapuze ge steck „\sm Weib hat auch den Brief auf die Post ge geben?" „Za, ein tief verschleiertes Weib." „Und Norden besaß keine Damenbckanntschasten, als die Ballettänzerin Niger»?" „Eâ ist wenigitens keine andere bekannt gewot» de», wie bei ihrem Vorhandensein schwerlich unter blieben wäre." „Haben Sie eine Vernehmung des Fräuleins Nigeta vorgenommen „Nein, Herr Rath ...." »Haben Sie sich unter der Hand nach ihrem Thun an jenem Abend erkundigt »Attch nicht. Bis jetzt weiß ich mir, daß sie zu» erst in dem »tut« Ballet die Rojenfee tankte, dann einen Besuch bei Fräulein Laßmann machte, um sich derselben im ftojtvim zu zeigen, und entlieh anf einem Künstlerfeste erschien, das bis gegen Morgen dauerte» Zch war iu meinen Erwägungen bis an dieielbe Stelle gekommen, wollte aber ohne Zhie Zustimmung nicht tu«iter gehen." »Sie müssen aber weiter g-hen." »Fräulein Nigera ist eine allgemein hochgeachtete Dame, die in den ersten Gesellschaftskreisen glänzt.' »Das schließt nicht aus „Richtet aber Scandal an, wenn sich doch nichts ergibt." „Wir thun unsere Pflicht, aber wir thun fie mit der nöthigen Rücksichtnahme doch deshalb nicht weniger gewissenhaft. Eine Vernehmung der Tan- zerin muß stattfinden Sie mögen dieselbe in möglichst salonmäßige Form kleiden. Da sie eine Freundin des Ermordeten war, kann sie eine Be ftagung im Interesse der Sacke nicht befremden. Sie können eS so darstellen und doch gründlich da bei zu Werke gehen. Ferner lassen Sie in der Um gebung der Tänzerin über dieselbe, und besonders über jenen Abend und ihr Wesen seit dem Morde nachforschen. Ist noch etwas geschehen?" „Noch etwas, das auf dieselbe Dame Bezug nimmt. Vom Postamte ist ein an Herrn von Nor den gerichteter Brief an uns abgeliefert worden, den ich in amtlicher Eigenschaft erbrochen und ge» lesen habe. Es war ein Brief von Frau von Not den an ihren Sohn, der, außer einer Anweisung über fünftausend Thaler an Herrn Laßmann, die Einwilligung der Mutter zu Norden's Verlobung mit Fräulein Angela Nigeta gibt, um welche der» selbe in einer eben so dringenden als entschiedenen Weise gebeten haben muß." Der Kriminalrath konnte sein Erstaunen über diese unerwartete Mittheilung nicht verbergen. „Soll ich Ihnen die betreffende Briefstelle vor lesen, Herr Rath?" „Ich bitte darum der Gegenstand ist aller dingS sehr interessant, und vielleicht auch für uns wichtig." „Frau von Norden schreibt: »Mein Sohn, Du kommst in Deinem Briefe mit einer Wärme auf Deine Liebe zur Tänzerin Nigera zurück,,tie mit beweist, wie ernst und wichtig Dir diese Angele qeiihett ist. Es ist für mich, eine Mutter, in deren Familie nie eine Mißheirath geschehen ist, nicht leicht, sich an den Gedanken zu gewöhnen, eine Dame von der Bühne, gerade eine Tänzerin, als Tochter, als Frau des einigen Sohnes in ihrem Hause zu empfangen. Meine Hoffnungen lauteten, Du weißt es j.t, anders, denn ich wollte unsere alte Familie mit einer eben so alten des Landes ver einigen, und Deine Braut, die ich erwählte und wünschte, sollte eine Grafenkrone tragen. Aber ich habe auch die eigene, durch Elternhand geschlossene Ehe mit Deinem Vater nicht vergessen Dn weißt es ja auch, wie freudlos und traurig sie war, die nicht die Ltebe, sondern der Familienegoismus ge schlossen hatte. Dein Vater fühlte sich unglücklich, wie ich auch, nnd er suchte auswärts die Freuden nnd die Befriedigung, welch- er im eigenen Hanse, in das die Liebe Ihn nicht fesselte, nicht fand. Un ter dein Eindrucke dieser ernsten Lehre, die ich selbst empfing, wage ich nicht, Deiner Liebe zu wider streben doch, mein Sohn, Du bist ja verständig und Menschenkenner genug, prüfe das Wesen, zu welchem Dich Dein Herz zieht, streng, strenger als jedes andere, denn sie bewegt sieh auf einem Boden, wo der höchste Triumph im Geben des Scheins statt der Wahrheit liegt, und wenn Du sie dann so er findest, daß sie Deiner und Deines Namens würdig ist, daß Du, ohne erröthen zu müssen, mit ihr vor Deine Mutter und vor Deine Ahnen treten kannst, o soll auch mir die Tochter willkommen sein, die Du wählst, und mein Segen wird Euren Bund weihen und heiligen ..." ine sehr verständige Fra», diese Frau von Norden, welche nuu tie Nachricht von dem Tode ihres Sohnes schon in Händen haben wird. Hat die Tänzerin von der Absicht des Ermordeten, fie zu ehelichen, gewußt und theilte sie seine Neigung?" „Ich kann nichts darüber sagen, sehe abet die Wichtigkeit der Frage für einen etwaigen Vcidacht gegen die Tänzerin vollkommen ein. Alles, was ich weiß, ist, daß Norden die Nigera regelmäßig Vormittags besuchte, nnd daß sie, die sonst sehr wenige Herrenbesuche empfängt nnd von der man qewiß weiß, daß selbst ein prinzlicher Anbeter kürz» lich den entschiedensten Korb erhalten hat, Nor dtti'ö Besuche stets empfing und mit einer gewissen Bevorzugung die Bouquets annahm und pflegte, welche er ihr täglich frisch brachte." Nach einer kurzen Pause des Nachdenkens sagte der Kriminalrath »Ihre ganze letzte Mittheilung, lieber Assessor, bestärkt mich nur in unserem kâeits gefaßten Beschlusse. Stellen Sie noch Heiitc eine Befragung der Tänzerin an, natürlich in ihrer Wohnung und mit der vollen Rücksichtnahme und Vorsicht, damit jede Verletzung, jede Erregung der öffentlichen Neugier und Aiifmerfamfeit vermieden wird. Suchen Sie in den von uns berührte» Purk ten Aufklärung zu bekommen das Treiben der Dame jetzt und zur Zeit des Mordes, sowie nach demselben lassen Sie durch unsern taktvollsten Po lizei Lieutenant erforschen und reseriren Sie mit wieder, sobald Neues in der Sache vorliegt." Damit war Neyher entlassen und et begab sich in sein Expeditionözimmer zurück, um daselbst noch Einiges zu erledigen und seinen Plan zu überlege», wie er gegen Mittag am Besten bei der Tänzerin rci'issircu könne. AIS et so gedankenvoll des Weges ging, erblickte et doch sogleich, wie Doktor Metjr anS einem Hanse trat, und eilte auf denselben zu. Durfte er doch Hussen, von demselben Nachricht über die still geliebte Hermine zu empfangen, deren be orglichtr Gesundheitszustand ihn seit mehreren Wochen um so schwerer ängstigte, weil es ihm un ter diesen Verhältnissen doppelt schwer und selten wurde, das theure Mädchen zu sehen und sein Herz an einem verstandnißvollen Gruße ihrer schönen Augen zu erlaben. Rcyher hatte sich auch nicht getäuscht, Merx war bereits tti Laßmann's Hause gewesen und hatte nut Günstiges zu berichten. »Es ist wunderbar," sagte er, »welchen heilsamen Einfluß zuweilen freudige Gemüthsbewegungen ausüben, und wie sie die vorher stockende Lebens thäiigkeit ganz wnndersain beleben. Ich hegte neu lich nicht geringe Besotgniß für daS theure Kind und verschrieb ihr Medizin, Stille und Slnbenanf enthalt da kommt plötzlich der Moâje Bruder aus London herüber weg ist Vorsicht und Ruhe, ant selbigen Tage fährt sie mit ihm zu ihrer Buseu freuudin, dee Nigeta, und lacht mit Recht meine Befürchtungen aus, denn sie blüht wie eine Maien» tose." Um die freudige Bewegung feines Herzens bet dieser Nachricht etwas zu verbergen, sagte Rcyher heiter spottend: „Siehst Du, solche Weiöheitökrä» tuet seid ihr weise» Schüler Aeseulap's nun, daß euch die Wahrheit unter den Händen durchgeht. Ich erinnere mich noch heute mit Vergnügen daran, wie meine nun allerdings verstorbene Großmutter ihren Arzt auslachte, der am Tage vorher für die Nacht ihren Tod in Aussicht gestellt hatte." »O," erwiederte Merjc, „derartigen Irrthum, welcher immer nur auf's Neue das Stückwerk menschlichen Wissens bezeugt, erträgt der Arzt gern ich konnte mir kein besseres Geschick wünschen, als daß alle meine aufgegebenen Kranken zu neuer Le benskraft erwachte»." »Siehst Du zuweilen HetminenS Bruder, was ist er für tut Mensch »Ein glatter, hübscher Junge, der stets fein fri sirt ist und wie aus dem Modejonrnal geschnitten aussieht, dabei aber angenehm und liebenswürdig, und der sich auch nicht umsonst in der großen Welt umgesehen hat. llebrigens hat er sich sofort ver» liebt und Noiden's Stelle ersetzt." „Norden's Stelle? Was meinst Du damit?" »Nun, er hat sich beim ersten Anblick sterblich in die Nigera verliebt und läuft täglich zu ihr, tri sonst Norden hinging. Seine Schwester ist be kanntlich auch in die Tänzerin vernarrt, nnd des halb entzückt über den guten Geschmack ihres Be» derö der alte Laßmann heißt natürlich gut, wa( seine Hermine gut heißt, auch weitn es einmal »ich ganz nach seinem Geschmacke ist. Da tum in letz ter Zeit Hkirathcn mit Künstlerinnen selbst in dei höchsten Kreisen vorgekommen sind, so schmeichelt I es ihm wohl sogar, wenn sein Sohn die als Schön» heit und Künstlerin gleich gefeierte Angela heim« fiihtt kurzum dieselbe ivird verzogen und fe* titt, und in Laßmann's sonst so stillem Hanse kannst Dn neuerdings alle Tage Gesellschaft finden, bei, der Hertniue eisrig beflissen ist, der Freundin die Rolle der Königin zn sichern." "Reyher seufzte im Stillen, wenn et der Glück» lichen gedachte, die dort mit dem geliebten Mädchen zusammen sein dursten. Hinsichtlich seiner hatte sich der alte Laßmann seiner Tochter Wünschen durchaus nicht so sügsarn gezeigt, wie der Doktor behauptete im Gegentheil, et wollte von einer Liebe des armen Assessors zu seiner Tochter durchaus nichts wissen. Mit Heimine war es freilich auch etwas Anderes, als mit feinem Sohne Adolfs der, wenn er auch eine Baronin heirathete, derselben doch seinen Namen gab und selbst im Rangrsticht erl)Öht wurde, wahrend Hermtuc mit ihrem fürstlichen Vermögen leicht Baronin oder Gräfin werden konnte.... Um nur etwas zu sagen, antwortete Reyher auf die lange Schilderung: „Gibt denn die Nigera dem jungen Laßmann Hoffnung »Ja, wenn man das nicht Hoffnung geben heißt: alle Besuche, Bouquets, Vergnügungen und Festi» thäten annehmen und sich gleichsam selbst hinein stürzen die Tänzerin soll ganz verändert sein gegen früher." »Ob sie eigentlich Norden geliebt hat »Sie ihn, oder et sie? das Letztere glaube ich sicher, denn er war sehr für sie eingenommen und zn ehrenhaft, tun Hintergedanken zn hegen daß sie auch ihn geliebt hat, erscheint mir jetzt sehr zwei felhaft denn Norden war doch entschieden nicht ein Mann, den man um tints so jungen Lassen willen, wie Laßmann es ist, in acht Tagen vergißt." »Sie denki vielleicht an eine Partie Norden war eine recht gute, aber Laßmann wahrscheinlich eine noch bessere, die sich sogleich wieder darbietet." »DaS mag sein. Dennoch glaube ich, daß ihr Norden'S Tod seht unangenehm gekommen ist, denn ich weiß es aus Aeußerungen ihrer Zofe, daß die Sache mit ihm ziemlich reif geresen sein mußte. Und Frau von Norden es ist doch ein schönes Ding um die gnädige Frau." »Du kannst Recht haben," sagte Reyher und gab dem Freunde die Hand, denn et stand vor dem Ge» rich'sgebände. »Ich erfahre heute vielleicht noch Näheres darüber." Damit sprang er die Stufen hinauf, um sich für den Besuch bei Angela Nigera vorzubereiten. Achte« Kapital. Angela Nigera spielte ein neues Salonstück, daß die Pianoforteklänge tauschend durch ihre ganze Wohnung tönten. Der elegante Flügel, welcher früher fast immer unberührt gestanden hatte und höchstens einmal ge öffnet worden war, wenn bei der Tänzerin selbst ein Geselllchaftsabend stattfand, wurde jetzt gar nicht mehr geschlossen. Jede Stunde, wenn sie nicht ent weder Besuch hatte oder Besuch machte, oder auf Spaziergängen sich befand, brachte sie am Flügel zu und entlockte demselben heitere, rauschende Wev sen, daß es immer klang, wie in athemlofer Haft. In den ersten Tagen hatte sich Jettchen diese Uj wandlnng ihrer Gebieterin, die es sonst meist liebte, ihre Zeit im thatloseu Träumen, höchstens mit ei nem Buche in der Hand, zu verbringen, gat nicht erkläre» können. Weit diese unmittelbar nach Nor dens Ermordung eingetreten war, nach welcher An gela von einer nie tastenden, fieberhaften Ungeduld vermehrt schien, glaubte die kluge Kamm^zcfe zu» erst, ihre Herrin wolle den schrecklichen Eindruck, welchen die Nachricht von der Ermordung des treu» en Frenndeö auf fie gemacht hatte, mit diesem äu» ßeni Geräusch übertäuben doch wurde sie bald et» ncs Bessern belehrt. Hin dieselbe Zeit war ja auch der junge Laß mann eingetroffen und Jettchen wurde baid inne, wem diese miiitfalisehen Studien Angela's galten. Anstatt Norden'S kam jetzt Laßmann Vormittags zum Besuch anstatt Not* den's schickte jetzt Laßrnann kostbare Bouquets, die in eleganten Vasen gepflegt wurden, mit Laßmann und Hermiue fuhr die Tänzerin aus, mit Laßmaun ging sie fast allabendlich in Gesellschaft, ftineHuld igttngen nahm sie willig entgegen und schien den Augenblick seines Kommens nicht erwarten zu kon nett für ihn erklangen dann auch alle diese rau schenden Melodiken wieder, weil er ein leidenschaft licher Verehrer der Musik war, ohne doch selbst musi kalisch zu feitt. Jeltchcn hatte scharf beobachtet und glaubte ge nug gesehen zu haben. Wenn Adolf Laßmann kam und mit feurigen Aitgcit schon im Vorzimmer die Thür deS Salonâ zu durchdringen suchte, tti dem sie weilte w^nii er der lächelnden Zafe, die ihm den Mantel abnahm, ein fürstliches Doueeur in die Hand gleiten ließ und dabei mit leise vidieren der Stimme nach Angela fragte, so spitzte Jettchen lächelnd ihr pfiffiges Mtiitbchen und dachte still: wie sehnsuchtsvoll er ist, aber drinnen steht eine, die nicht minder sehnsuchtsvoll feiner wartet .... Und we»» sie da»» Adolf's jugendlich-elastisches, stürmisches, feuriges Wesen im Geiste mit dem ruh igen, gemessenen Norden verglich, der nut seinem Bouq et in dec Hand immer beinahe steif der Thüre zugeschritten war, so mußte sie, selbst von der goldenen Hebertcdiutgsfunst abgesehen, beken nen, daß derselbe eher der Man» sei, et» Herz zn erobern, als Norden. Den gediegenen ManneS werih Norden's hatte die Zofe, welche nur das Aeitßerliche schätzte, nicht zu beurtheilen vermocht, und sie gab ihrer Gebietetin im Stilleu ganz Recht, daß sieben daß dieses lich entstandenen Liete der ganze Grund für ihre innere Umwandlung läge, davon war Jettchen völ» lig überzeugt. in Sie selbst stand sich ganz vortrefflich dabei, denn außer dem goldenen Lohne, den Adolf ihr gar ver schwenderisch spendete, hatte auch sie in dessen seh muck em Diener ein zärtliches Herz entdeckt, dem das ihrige warm entgegenschlug. Dieser Dienet mußte täglich Bestellungen und Einladungen übet Mitteln, so daß auch für die beiden dienenden We sen die süßen Stunden regelmäßig abfielen. I» denselben sprachen sie dann nicht nur von sich selbst, sondern auch von der Liebe ihrer Herrschaften zu einander, aus deren Blüthe sie die Blüthe des eig enen Glückes erhofften und jeder konnte duselve seines Theils nicht feurig gen.15 ausmalen. Dabei wußte Irischen freilich nicht, daß Adolf Laßmann wieder durch feinen Dienet ertiuithtgeiide Winke, ans Jettchens Mittheilungen geschöpft, erhielt, und diesen antrieb, Jettchen glühende Schilderungen von seiner Leidenschaft zu entwerfen, die durch diese der Herrin zugehen sollten. Ftit das Ziel stellte Adolf seinem Dienet das Glück ait Jettchens Seite in seinem Hanse in Aussicht. So sollte ein Keil den andern treiben, und es gelang dieses auch ge ttisseruiaßeit, um so mehr, da Jettchen bemerkte, wie ihrer Gebieterin bei der Toilette tie Lobspiüche und Plaudereien über Adolf Laßmann durchaus nicht unangenehm waren. Heute hatte Angela bereits wieder seit ein paar Stunden tie Wohnung mir rauschenden Melodieen erfüllt, als am Votzimmer geläutet wurde. Ei» Blick auf die Uhr bewies Jettchen, daß es Laßmann noch nicht feilt könne, also mußte es wohl sein Die net fein, uud Sonnenschein flog übet ihr Gesicht Sie hatte richtig vermuthet, und es muß zugc standen werden, daß die schlanke und elegante Er schetnnng Heinrichs, tic sich in der dunkelblau und weißen Livree vortrefflich ausnahm, Jcttchcii's Ge schmack Ehre machte. Heinrich machte eine tiefe und eetemoniöse Ver beugung und sagte: „Man Herr läßt sich dem Fräulein Nigera gehorsamst empfehlen und ihr die ses Bouquet zu Fü^eu legen „Gut," sagte Jetlcheu leichthin und legte das Bouquet auf de» Tisch, „wir danken schön und las sen uns wieder empfehle».... Und tum, komm' mir ordentlich herein, denn meine Dame spielt schon seit zwei Stunden wie eine Fnrie und Dein Herr wird auch nicht sogleich kommen." »Na," sagte Heinrich, „lange wird et heute nicht ausbleiben es geht etwas Wichtiges vor ..." .»Was denn, Heinrich, was ist den» geschehen?" »Meuchen, ich habe heute etwaZ gehoit, etwas Famoses." »Liebet Heinrich, rede doch, waS denn? Will sich Dein Herr erklären?" „Nichts Geriiigeres, Jettchen, und was das Schönste ist, mit seines Vaters voller Einwillig uiig. wie ich heute Morgen durch daS Schlüsselloch deutlich erlauscht habe. Heute noch wird er ihr seine Hand anbieten nun, was meinst Du, Jettchen, wird sie dieselbe annehmen?" »Ob, Heinrich! Sie liebt ihn wie närrisch, das kann ein Kind begrei en pass' auf, wir werden bald Hochzeit erleben ...." »Unddaim?" frug Heinrich mit erhöhter Stimme. »Dann könnten wir am Ente auch welche mach en," sagte sie leise und blickte wie verlegen auf ihre Z Schürze. Et aber umarmte#u»t küßte sie stürmisch und hätte sie wohl auch so *ald nicht losgelassen, wenn nicht die Wanduhr schnarrend dazwischen ge schlagen hätte. »Och muß fort," rief er jetzt, »sonst trifft mich mein Herr noch hier und es gut ein Donnerwettet. Gté nur gleich das Bouquet hinein." Mit schnellem Abschied entfernte sich der glück* liche Liebhaber, um seinem tm Platz zu machen, Plötz-fc(ci(,c der ein solcher werden wollte, und Jettchen trug das Bouquet zu ihrer Gebieterin. Heinrich's Befürchtung wäre beinahe eingetroffen, denn schon nach wenigen Minuten erschien Herr Laßmann selbst mit strahlendem Gesicht gleich da rauf trat et in den Salon, wo Angela sich bei sei ner Meldnng'vom Flügel erhoben hatte. Sie kam ihm lächelnd entgegen, und während et mit Lei» denschaft ihre Hand küßte, sagte sie: „Ihre Grüße eilte» Ihnen schon voraus und erfreuten meine Seele durch Duft und Farben^chmelz wie soll ich Ihnen für so viel Aufmerksamkeit jemals danken können?" »O thun Sie es sogleich, indem Sie mir gestat ten, für immer uud allezeit Ihr Diener zu bleiben, und indem Sie mir das Recht geben, Ihr ganzes Leben zu verschönern." So benutzte et sogleich ihre ersten GtußeSwotte, um ein Gestandniß anzubringen, das ihm wie Feuer im Herzen brannte. Angela blickte ihn verwundert an sie begriff wohl diese Plötzlichkeit nicht sogleich. »Wie soll ich Sie verstehen, Hett Laßmann sagte sie stockend. »Dag Lie mir das Recht gewähren, Ihnen meine hettfe, unbändige Liebe zu weihen, Sie meine.holde, theure Braut zu nennen l" »Hm Laßmann .... Sie erschrecken mich „Äch hoffe, nicht im schlimmen Sinne. Dder hätte ich mich so schwer geirrt, dürfte ich nicht da rauf rechnen, ein wenig Theilnahme, ein wenig Liebe bei Ihnen zu finden? O schon längst, jeden Tag, wenn die Töne unter Ihren Händen.auf tauschten und Alles mir wie Seele und Empfind, nng entgegeuklaug, freundliche Geister mir aus ih nen wie glückgewährend zu winken schienen hätte ich Ihnen zn Füßen stürzen und anbetend rufen mögen: Jeh liebe Dich! Bei mein, 0 fei mein, An gela, holdseliger Enget meines Lebens!" Wahrheit des Empfindens leuchtete aus seinen strahlenden Augen, ans tiefe» wie verklärten Zn gen, als er unwillkürlich vor ihr niedersank und die Arme flehend nach ihr ausstreckte auch ihre Au gen wurden feucht, ihre Gedanken waten trunken von dem süpen, betauschenden Tone, und im ersten Augenblicke des Selbstvergessens nach trüben, stürm# bewegten Tagen sank eS wie eine Centn erlast von ihrem Herzen, ja des Glückâ hochseliges Empfinden, das sie so laiige nicht mehr gekannt hatte, durchbebte sie mit seinen Wontieschanern ... Ein Augenblick des Glückes, in dem sie fast unbewußt sich ihm zu neigte, in seilte Atme sank, die sie umschlangen, an feine Brust sich lehnte, wie ein gehetztes Wild, und, seine Küsse erwiedernd, einen Moment des Lebens feierte, der sie über die Erde in überirdische Welten erhob .... Aber auch der schönste Traum 'endet, und mit dem Erwachen tritt die Wirklichkeit wieder in ihre Rechte. So auch hier. Angela Nigera befand sich nicht mehr in jenen schwärmerischen Falterjahren, wo man das Leben noch für einen einzigen Traum halt, ans dem es an der Brust des Geliebten kein Erwachen gibt, sie kannte Welt und Menschen. Mit dem Rufe: „O mein Gott I" riß sie sich von dem seligen Junglinge loa und zog sich vor ihm zu rück, der sie erschrocken anblickte. »Was ist Dir, Geliebte frug et voll Sorge, »was erschreckte Dich?" „Was habe ich gethan! Adels,1* Sie überrasch ten mich, ein schwaches Weib, daS ich Ihren Wor ten Gehör gab, Ihren Wünsche» mich nicht ver schloß. Hernimc, Ihr Vater, Sie werden mich für eine Undankbare halten, die, daS Gastrecht ver» letzend, den Sohn des Hanfes in ihr Netz zog...." Aber Adolf lachte und zog sie nur auf's Neue in feine Arme, indem er rief: »Mein Vater keimt und billigt meine Ltebe er weiß es, daß und warum ich hier bin und meine Schwester? Hermine ge rade war es, deren Wort und Zustimmung nur den Muth gegeben, dem kühnen Ziele zuzustreben, wel ches ich in meinen Annen halte." Da gab sich denn mit einem freudigen: »Ist's möglich O dann ist Alles gut," auch Angela's sorgliches Bedenke» zufrieden, und sie wehrte dem ungestümen Liebhabet nicht länget, der nicht müde wurde, fie im Arm zu halte» uud abwechselnd ihre Lippen, Augen und Hände zu küssen. Jettchen unterbrach dieses süße Kosen seht unan genehm mit der Meldung des Assessors Reyher. Dennoch, so allein mit Laßmann, wagte es Angela doch nicht, Jenen abweisen zu lassen, um nicht ihr holdes Geheimniß im ersten Augenblicke der Die nerin preiszugeben, die neugierig genug umher blickte. »Was kann Der' wolle« 7" frug Angel«, von plötzlicher Unruhe befallen. Rcyher ist ja wohl der Anbeter HermiuenS er wird um Deine Protection ihr bitten wollen, I«»gn lud.man „„j wi-Dich Hnmi: u,b. 9i,m, der «all set, und daß i'^dufer so Dir, sei's zur H. V ft, sei's zum Schutze." Aber Angela's Unruhe wurde durch -se Erklär ung nicht beseitigt ja sie begann eben Adolf zu bitten, doch liebet in das Nebenzimmer zu treten und sie mit Rcyher allein zn lassen eine drohende Aengstigung vor etwas längst Gcfütchtetcui, aber nuu beseitigt Geglaubtem, hatte sie ergriffen da war Reyher schon da und verbeugte sich höflich. Laßmann ging ihm en gegen und reichte dem wohlbekannten jungen Manne die Hand, gegen dessen Schwägerschaft er in tiefe Augenblicke am wenigsten etwas einzuwenden hatte Angela ver mochte es kaum, sich zn erheben und doch fühlte, erkannte sie ganz genau, daß von ihrer Haltung in diesem Augenblicke nicht nur ihr nettes, glänzendes Glück, sondern Alles, bis auf Freiheit und Leben, abhing .... „Ich komme mit einem Micaten Auftrage zu Ihnen, Fräulein, als Mitglied des Kriminalge» richte, lttit Sie in einer Angelegenheit zn befragen, die Sie nicht ohne Erschütterung gelassen habe» wird. Sie ziehe» doch wohl diese Befragung in fctaeetteftae Weise vor?" (Fortsetzung folgt.) Humoristisches. ffrieflShumot. Aus dem Laznreth zu Gera erzählt man folgende Geschichte: Ein gefangener Franzose hat Unterricht in der deutschen Sprache genommen und ziemliche Fortschritte gemacht, so dab cc bereits zur Lektüre klassischer deutscher Dicktet uberge.iun^eit i|t. Der £chrer wählte für den litt» tenicht den Chor der batmyerzigen Bruder im,.Tell" „Nasch tritt der Tod den Menschen an, es ist ihm leine Frist ge^ebenr." e e Berstehen Sie die erste Zeile dieses Chors? a n z o s e a i k v e s e e e e n s s i oftmals bald. e e U n i e z w e i e Z e i e a n z o s e I k v e s e e Man hat ihm »ixzu frefe 'gegeben. I n e u s a n a s i k e i n e A n i i n o n Gesellschaft «ebilbet, welche jetzt schon über fünfzig tausend Frauen und Jungfrauen zu Mitgliedern zahlt. IfèS ist nickt metjr als recht und billig, bay. nachdem der deutsche Zopf gefallen, der französtjche Haarbeutel nachfolgt. Der Bursche eines Offiziers brachte seinem Herrn eines Morgensein Paar Stiefel in's Zimmer, von denen der eine einen langen Schaft, der anbete über einen furzen hatte. Zum Teufel, Kferl, was machst Du denn? Du bringst mir ja zweierlei Stiefel zum Anziehen! Ja. weife der Kuckuck. Herr Lieutenant, erwiderte ruhig der Vuriche, its babe mit auch schon gewundert, aber was dos ollertuflfte ist, das ist, daß draußen noch ein solches Paar steht! u e o s A s e i n a e i k a n i s e e i s t licher jungst seinen Gemtmdemttgliebern den Bot« st,lag machte. Dampfheizung in der Kirche einzu« führen, bemerkte eine alte Dame: Aber mein Gott, der DamvNessel wird doch nicht unter unsern Sitzen angebracht rotrde 11 Gott wahre, antwortete der Geistliche, unter der Kanzel wird Platz für ihn fein. Nun, tröstete sich die fromme Dame, einen unbe schreiblichen Üjlick christlicher Nächstenliebe auf ihren Seelsorger werfend, nun, dann werden wir minde stens den Trost haben, dafe ein guter Mann vor uns gen Htmmel stiegt. Ein Correspondent au8 Stockholm schreibt, bnfo nicht weniger als 50 Personen in dem Verdacht stehen, den Röntg von Schweden, der trank darnie der liegt, vergiftet zu haben. Man sann indessen bis jetzt Niemand der Schuld übe« fuhren. Die Kü iiigin starb dekantUUch eist vor kaum zwei Wochen. Ro. 35. Die Situation in uud vor Paris hat stch in den letzten Tagen nicht wesentlich verfa* bert. Die Regierung in Versailles ist immer noch geneigt, ferneres Blutvergießen zu vermeiden, trifft aber zu gleicher Zeit die umfassendsten Vorbereitun gen für den bevorstehenden Angriff auf Ports. Mar schall McMahon hat das Obercommando über die auf 80,000 Mann geschätzte Armee übernommen Gen. L'Ädmirault bestätigt die Belagerungstruppen auf der Westseite, Cessey diejenigen auf der Süd feite, und Gen. Vinoy ein Reservecorps, welches zu einem Handstreich gegen die Porte Maillot bestimmt sein soll. Thiers hatte dies in einer offiziellen an die Präfecten der Departements gerichteten Prokla mation betn Lande mitgetheilt und gleichzeitig ver sichert, dafe zwischen der Regierung und der Natio nalversammlung daS vollständigste Einvernehmen herrsche und alle nöthigen Maßregeln zur raschen Unterdrückung der Pariser Insurrektion getroffen worden seien. Die Insurgenten stehen jetzt unter.dem Oberbe fehl eines polnischen Flüchtlings, des Grasen Dom browski, welcher ungemeine Energie an den Tag legt und deshalb auch seht populär ist. Unter seiner Leitung haben sie das von den Kanonen des Mont Valerien eingeschossene Thor Maillot wieder gesperrt, Kanonen zur Vertheidigung desselben aufgefahren und Barrikaden in allen von diesem Thore in daß Innere der Stadt führenden Straßen errichtet, auch den Seineübergang bei ASnieres behauptet und ei nen Theil des Dorfes Neuilly wieder in Befitz ge nommen. Die deutschen Behörden sehen diesem Treiben im mernoch mit stoischer Ruhe zu und scheinen keine Lust zu haben, sich in den häuslichen Zwist der Franzosen zu mischen, so lange die Friedensstipulationen nicht gefährdet stnd. Am Dienstag traf in Versailles eine Deputation aus Paris ein, um sich über die Bedingungen zu er kundigen, unter welchen Thiers geneigt wäre, mit den Insurgenten Frieden zu machen. Thiers soll alS unerläßliche Vorbedingung aller Unterhandlun gen das Niederlegen der Waffen seitens der Pariser genannt, zugleich aber angedeutet haben, daß im Falle der unbedingten Unterwerfung Gnade geübt und daS Recht der Pariser Bevölkerung zur selbst ständigen Verwaltung der Stadt anerkannt werden würd'. Die Deputation ist nach der Stadt zurück gekehrt, ein Resultat der Sendung hat sich indeß« noch nicht gezeigt. V Weiteren Aufschluß geben nachfolgende Telegraphische Berichte. Paris. 11. April, Abends. Gestern «Gntn bete ein Sergeant der Nationalgarde in St. Denis einen deutschen Soldaten. Ein Konflikt zwischen Fratuofen und Deutschen erfolgte und einige Mit» fllieöer der Commune erschienen bald mit einer Par* iamentätflaage, die Deutschen erkannten dieselbe aber nicht an. Der Confltkt wurde aber doch bald beige legt. Versailles, 11. Ävril. Die Insurgenten ha den verlangt, daß die Kirche ihnen 1 Million Franks zahle und drohen, den Erzbischof von Parti zu er morden, wenn die Zahlung nicht erfolgt. Favre sagte in einer Rede, die er in der National versammlung hielt, sämmtliche auswärtigen Mächte hätten ihrer Sympathie mit der Versailles als der einzig rechtmätzl^en Regierung Frankreichs Ausdruck verliehen. Ebenso babe der deutsche Aewaltungs beamte in Frankreich, Gen. Fabrici, die ihm von Seiten der Commune gemachten Anerbietungen aus geschlagen, da er überzeugt sei. daß dieselbe fich in Kurzem der Macht der Regierung werde fugen müs sen. Die Insurgenten haben das Silbergeschirr aus dem Departement des Auswärtigen fortgenom men. London. 12. April. Das Echo meldet au6 Köln, daß die französischen Gefangenen in Abthei lungen zu 1000 Mann täglich aus Deutschland nach Frankreich abreisen und fugt hinzu, daß nur solche Truppen, die für die Versailler Regierung günstig gestimmt sind, entlassen werden. Berlin, 12. April. Die offijielle Zeitung von heute sagt, daß Deutschland nur tn dem Falle in die innern Anaelea^ngeiten Frankreichs eingreifen wird, wenn die Kt'i-gskosten nicht ordentlich bezahlt ntt» den. Paris, 12. April. D?r Pfarrer von Ntitre Dame, der Lore und Abbe Miguel. Vikar von St. Ph'lltppe. wurden arretirt, der letztere, während er dem Bischof einen Besuch abstattete. Die Verbindung zwischen St. Denis und PgriS ist noch ni*t unterbrochen. Das offizielle Journal von Versailles sagt, daß DombrowSky während der Pariser Belagerung als deutscher Spion fun girt hade. Paris, 13 April. Der Theil der Versailler Truppen, weichet die südlichen Forts angriff und zu rückaeschlagen wurde, hat ganz bedeutende Verlufte an Todten und Verwundeten erlitten. V er sailles, 13. April. Gestern Morgen ver ließen die Garnisonen von St. Omer nnd ArraS ih re Standquartiere, um sich nach Versailles zu bege ben. Die Nationalversammlung ist sehr erbittert über die Unthätigkeit der Truppen bei Valerien. Bei Chatillon stnt) zwei neue Batterien zur Beschießung von Isst) errichtet. Thiers sägt in einem vom 12. d. M. datirten Cir kular, die Situation habe stch nicht wesentlich geän dert. Die Regierung werde zur geeigneten Zeit han deln und tue SiegcS-Nachrichten der tzommnnisten feien einfach erlogen. „Die Kommunisten haben gar keine Grundsätze, sagt Thiers weiter, und es wird uns gelingen, sie ohne Blutvergießen zu überwälti gen. Es sind Delegaten von Paris hier angekom men und wir haben sie empfangen, nicht als Commu nisten, sondern als Republikaner. Wir haben den selben auf ihre Fragen geantwortet, daß Niemand die Republik bedrohe, als Meuchelmörder. DaS Le ben der Insurgenten wird verschont werden, aber die jetzt von der Commune in Paris unterhaltenen Ar beiter müssen an ihre Arbeit zurückkehren und die Secession muß unterdrückt weroeti. gerade wie dièS in Amerika der Fall war.- u Unser Büchertifch» .Home and Health." Unter diesem Titel erscheint bei W. R. DePuy und Bruder, 805 Broad way. N. A eine populär gehaltene, der Gesund hettët)siege gewidmete Monatsschrift, die wir Den jenigen unserer Leser, welche englisch lesen können, angelegentlichst empfehlen. Das vor uns liegende Avrilheft weift folgenden Inhalt auf: „Ueber die Pflege der Zähne," „Die Gesundheit im Haufe," „Baden und Ääder," „Ueber das Aufziehen der Kin de-r," „Festes Schnüren" (illuftnrt) „Bright'S Krank heit," „Was haben wir im Krankenzimmer zu tlzun?" Dabei enthält jedes Heft noch eine Anzahl einfacher und praktischer Recepte. Der SubscripttondpreiS deträgt blos $i.5o per Jahr. Jllusttirte Welt. Da« 8te Heft dieser Be liebten Zeitschrift und die neuesten Nummern de« Berliner Benar erhielten wir durch die Theo da Id'scke Buchhandlung in Cincinnati. Vom Leipziger Daheim erhielten wir die neue ste Nummer durch die General-Agenten Stemon Brothers in Fort Wayne. Zwei Personen erfroren. Omaha» April Letzten Montag wurde eine Gesellschaft Leu te, welche auf einer Rundreise waren, um Liinöereien in Augenschein zu nehmen. 120 Meilen westlich von hier, von einem Sturme ubersallen. Drei der Leute suchten Zuflucht in einer Hütte, während die beiden anderen mich einer Meile ent fernten Scheune aufbrachen, um daselbst ihre Pferde unterzustellen. Der ihnen entgegenwehende Sturm zwang fie je doch fast fortwährend die Augen geschlossen zu hat ten und Beide verloren den Weg. Der Eine ge langte schließlich nach langer Irrfahrt nach einem Haufe. Den Anderen fand man am nächsten Mor gen erfroren. Sein Name war Henry Bennett. In derselben Nacht erfror auch eine Indianerin. Die Kohlenardeiter in Pennsylva» nien. WilkeSbarre, Pa., 12 April. Jn Sctan ton ist alles ruhig, zum Theil wohl deshalb, weil die Arbeiter gestern von ihren Führern den Rath erhiel ten, zu Hause zu bleiben. Die Miliz ist noch am Orte und wird wohl noch bis zur Wiederaufnahme der Arbeit bort bleiben. Zwei bei den Krawallen beteiligte Personen wurden verhaftet und unter Burgschaft gestellt. Haftbefehle fur eine Anzahl Ru berer wurden ausgefertigt. Die Arbeiter Haben be schlossen, nicht eher an die Arbeit zu gehen, als bis die Lohnfrage erledigt ist. Die Einsetzung eines Schiedsgerichts findet unter den Kohlenarbeuern die ser Gegend lerne besondere BlUiguNt!. ahrscheut lich wird man sich bald über den üohn verstaubten, und die Arbeit dürfte in vier bis fünf Tagen wieder ausgenommen werden. St. \n\n Lovelle von Julius Mühl »er. Columbus» O., Donnerstag, SO. April 1871.