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Jahrg. S8 ir s" Ruine Wildensels. (Forlfthimg. »Nein/ hauchte daS Mädchen, indem eS Plötz Nch, wie scheu, den Kopf abwandte, ^Dir glaub tch schon Alles, was Du sagst 80es, denn Du Wist gut und brav und ich will zu Gott beten s ia§ er Dich tinfl so glücklich macht, wie Du es ver- Wlenst—" „Und liegt dos nicht in Deiner Hand, mein 4&etjt?w sagte der junge Mann, indem er sie lächelnd Hn sich zog. »Sieh' mir nur wieder so froh und ver Hauensvoll in's Auge, wie Du es früher in schwe KW Zeit gethan, und ich verlange ja nicht mehr Ohm lieben Gott, denn er hat mir da seinen Him »el schon auf Erden gegeben." Mosel litt, daß er sie an sich preßte, ja sie lehnte selbst ihr Haupt wie müde an seine Schulter Wer es war nur ein Moment dann wand sie sich Kieder, nicht hastig, aber entschlossen, aus seinem Arm und ihm voll in's Auge sehend, während in dem ihrigen eine große Thräne glänzte und es voll ständig füllte, sagte sie ernst: .Und doch muß eS sein, Bruno doch muß ich heute jetzt für tanner von Dir Abschied nehmen und kann Dir Éfcht angehören." "»Rosel, sprich nicht fei* rief Bruno ängstlich •„©eint Worte klingen wie auS einem Traume her ans so fremd und kalt, alS ob sie gar nicht aus Deiner eigenen Seele kämen, und Dein Blick hat dabei etwas so Eisiges, daß. er mir bis in's innerste Mark hineinschneidet. Was ist denn seit gestern Abend so Entsetzliches geschehen, das Du in ein paar Stunden wie verwandelt bist? Hättest Du doch endlich den Plänen Deines Bruders nachge geben?" „Den Plänen meines Bruders?" rief das Mäd Hen voller Verwirrung. .»Der Dir die Verbindung mit seinem Compag» wen, dem jungen, arroganten Menschen, aufnölh igte?" „Eine Verbindung mit dem?" sagte Rosel schau H»nd, „eher springe ich selber in den Rheins k: »Aber was sonst kann Dich so bewegt, so Deinen ganzen Sinn geändert haben?" „Frage mich nicht, Bruno, frage mich nicht mei» »et», nein auch Deinetwegen. Ich darf und kann Dir die Gründe nicht angeben, die mich zwingen, so und nicht anders zu handeln, wenn ic£ auch da» tum selber elend werden müßte. Nur Eines glaube mir: so treu wie ich Dir jetzt bin und immer irar, so treu will ich Dir ewig bleiben, aber ich werde nie heirathen. Was ich zu tragen habe, es soll al« lein geschehen, und nun leb' wohl, Bruno. Halte mich nicht zurück ein längeres Zusammensein mit Dir könnte mich wahnsinnig machen nnd zur Ver» zweiflung treiben, denn schon jetzt fühle ich es, wie die verrätherischen Worte nach den Lippen drängen. Leb' wohl schütz' Dich Gott Sie warf sich an seine Brust, umschlang ihn mit ihren Armen und preßte heiße Küsse auf seine Lippen dann riß sie sich los von ihm gewaltsam, als er sie noch läng er festhalten wollte, und floh wie ein gescheuchtes Reh den Pfad hinab, der auf die Straße führte. Bruno's erster Gedanke war freilich, ihr zu fol» gen, aber aus den Büschen heraus erkannte er unteki auf der Straße Menschen was mußten die den» ken, wenn er hinter dem fliehenden Mädchen herze eilt wäre! Da« Beste war, ihr Zeit zu lassen, daß sie die Stadt wieder allein erreichte, doch Abschied auf Lebenszeit hatte er nicht von ihr genommen und heute selber wollte er ihren Vater aufsuchen und ihm seine verbesserten Lebensaussichten vorlegen, denn von ihm ging wie er nicht anders glauben konnte jedenfalls der plötzliche Widerstand des MädchenS aus. Langsam stieg er indessen zu der lange nicht mehr besuchten Ruine empor die frische Luft da oben that ihm wohl und lange lag er dort unter der epheuumrankten Mauer und schaute träumend hin» ab auf das friedliche Bild der kleinen Stadt, die mit ihren altersgrauen Dächern und rauchenden Schornsteinen zu feinen Füßen lag. Allein es ließ ihm keine Ruhe, denn nicht freundliche Gedanken waren es, die durch seine Seele zogen. Rosel, was um Gotteswillen konnte dem sonst so charakterfesten Mädchen durch den Sinn gefahren sein, daß es plötzlich über Nacht solche Idee gefaßt und sich und ihn unglücklich machen wollte? Er stand auf und wanderte durch das alte Ge tttäuet, um der Gedanken ledig zu werden, aber es gelang ihm nicht. Selbst die steile, gefährliche Treppe stieg er hinauf vergebens. Aus der gan zen prachtvollen Aussicht heraus suchte und fand er nur das eine Haus, in dem si e wohnte, und stuf» zend stieg er die Stufen wieder hinab, um nach der eigenen Heimath zurückzukehren. Rosel hatte inzwischen lange die Stadt erreicht vnd hörte, als sie das Haus, daS sie auf demselben Wege wieder betrat, auf dem sie es verlassen hatte, daß ihr Vater auf sei und schon nach ihr gefragt habe. Er war in der Schenkstube gewesen, wo er von den zahlreich versammelten Gästen das nacht» liehe Abenteuer seiner Tochter erfuhr, und Bärbel flüsterte ihr, sobald sie nur die Küche betrat, leise zu, sie möge sich vor dem Vater in Acht nehmen, der sei „fuchswild" geworden, als er von ihrem nächt lichen Spaziergange gehört. „Es wird nicht so arg sein," hotte Rosel ruhig gesagt, während sie langsam die Treppe hinauf und in ihr Zimmer ging, um sich das etwas wirr ge wordene Haar frisch zu ordnen. ^Iaum war sie damit zu Ende, als sie ein Geräusch Thür hörte, und wie sie sich danach umdrehte, stand ihr Vater auf der Schwelle und sagte, sie sin« ster anblickend: „Höre, Rosel, was hast Du denn die Nacht für dumme Sireiche gemacht, he? Was soll denn das heißen? Schickt sich das für ein ehrbares und ge sitteus Mädchen, wie Deine Mutter Dich, wie ich Dich erzogen habe?" ^Jch, Vater?" sagte Rosel und sah den Mann Mrr und fest an. „Ja, Du!" sagte der Vater noch immer störrisch, «her ein eigenes, unbehehagliches Gefühl beschlich ihn bei dem starren Blick. »Bist Du nicht bei Nacht allein in den alien Burghof der Wildensclö gelaufen?" .Ja, Vat-r/ sagte Rosel ruhig, »ich war Msn." V »Und wann?" „In der Nacht, Vater." „Aber zu welcher Stunde?" „Bleibt sich das nicht gleich?" „Hm, ja, aber weshalb willst Du'S denn nicht agen?" „Ich will's schon sagen, Vater. Es schlug ge» rade hier unten in WeUhdm zwölf Uhr, als ich die letzten steinernen Stufen hinaufstieg." .Und blos um einen Zweig abzuschneiden?" tief de, Vater erbost aus .es ist wirtlich zu toll für ein junges Mädchen, bei Nacht den einsamen, öden Weg zu machen." „Zch war nicht allein, Vater," sagte Rosel, ohne noch ihren Blick von ihm zu «enden, an dem der seine ebenfalls wie gebannt ding. .Nicht allein?" tief der Vater schnell, „und wer war bei Dir?" „Gott!" sagte daS Mädchen, und ein schwerer Seufzer entrang sich dabei ihrer Brust. „Schnack," tief der Alte unwirsch und blickte scheu zur Seite, „das heißt den Uebermuth auf's Höchste getrieben, und wie leicht hättest Du ein Un glück nehmen können!" k.Auf der alten Burg, Vater?" lächelte Rosel, Wer die Worte klangen so unheimlich nnd der Ba tet, der sich vorgenommen haben mochte, sie tüchtig auszuzanken, wandte seinen Aerger einer anderen Seite zu. .Der alte Narr, der Bäckermeister, hätte auch was Gcscheidteres thun kennen, als Dich da hinauf zu hetzen aber ich habe ihm meine Meinung schon gesagt. Und der Registrator war gleichfalls dabei und hat's gelitten?" .Er konnt' es nicht hindern." „Und weshalb haben sie mich nicht geweckt? rief der Alte, „ich hätt's gehindert, das sei ver sichert." .Du schliefst schon so lange, Vater," sagte daS junge Mädchen und sah ihn dabei wieder mit ihrem stechenden Blick an, .daß sie Dich gewiß nicht stö wollten." Paul Jochus blickte eine Weile sich nieder, I MW wollte noch etwas sagen, d«S war gewiß, aber et brachte es nicht über die Lippen, und sich plötzlich auf seinen Hacken herumdrehend, verließ er das Zimmer und warf die Thür in's Schloß, daß die Scheiben klirrten. Rosel kam den ganzen Tag nicht in die WitthS stube, so oft die Gäste auch nacb ihr fragten, und der Vater ließ sie auch still gewähren es war ihm selber recht, daß sie dem neugierigen Volk keine Rede stand. Er selber aber war heute desto geschäftiger in dem Raume, in dem er sich sonst nur dann und wann blicken ließ, und bediente seine Gäste auf das Sorgsamste. Ueber Mittag war die Stube ziemlich leer geworden nnd Paul Jochus hatte eben seine Mahlzeit an einem der Tische allein verzehrt und seinen Schoppen Wein dazu geirunken, als Bruno von der Haide in's Zimmer trat und, auf den Wirth zugehend, ihn um eine kurze Unterredung unter vier Augen bat. „Mein lieber Herr Von," sagte Jochus sinster, ohne von seinem Platz auszustehen, „ich glaube, roity kennen uns beide die Mühe sparen, denn ich rotijjt wahrscheinlich schon, was Ihr Begehr ist." Möglich," sagte der junge Mann ernst, „aber doch vielleicht nicht ganz. Es hat sich nämlich so viel in meinen Verhältnissen geändert, daß eine Ver ständigulig dringend geboten ist ich bitte Sie nur tun wenige Minuten Gehör, und die Entscheidung ist dann immer noch in Ihre Hand gegeben." Jochus schüttelte den Kopf. Es lag ihm indessen selbst daran, den lästig werdenden Bewerber abzu fertigen, was er hier, in offener Wirthsstube, nicht gut thun konnte darum stand er auf, trank den Rest seines Weines nnd sagte: „Na, so kommen Sie meinetwegen. Da drüben in der Stube sind wir ungestört, aber ich muh Sie von vornherein bitten, es kurz zu machen. Sie sollen dann auch nicht lange auf meine Antwort zu war ten brauchen." Damit ging er, von dem jungen Mann gefolgt, hinüber in die.gute Stube" und Bruno theilte ihm hier mit wenigen Worten nicht allein die Aussicht auf das bald zu erlangende Vermögen mit, wozu der alte Jochus ungläubig lächelnd den Kopr schüt telte, sondern auch seine gestern erhaltene Bestätig» ung als wirklicher Acinar beim hiesigen Kriminal gericht, ein Posten, der allerdings noch immer we nig genug an Gehalt einbrachte, doch eine sichere Staaisearriere in Aussicht stellte und dabei genügte, eine Fran mit mäßigen Ansprüchen zu ernähren. Das spöttische Lächeln hatte sich aus dem Gesicht des Wirths verloren, als ihm der junge Mann den Beruf nannte, dem et von jetzt ab angehören wür de, und er sagte, freundlicher, als er bis dahin noch je mit ihm gesprochen: „Ei, sieh' mal an, Attuar beim Kriminalgericht, also doch eine feste Stellung und nicht mehr das ewige Herumvagabnndiren und die Rosel ist Ihnen wirklich gut?" Bruno seufzte recht aus vollem Herzen und sagte scheu: Bis gestern Abend noch war ich fest von ihrer innigen Liebe überzeugt und glücklich in dem Ge danken, heute Morgen aber „Heute Morgen? Wo haben Sie denn das Mä del heute Morgen schon gesprochen?" „Seien Sie mir nicht böse, Herr Jochus, und auch der Rosel nicht, daß wir hinter Ihrem Rücken gehandelt, aber ich ich mußte sie sprechen, ich mußte ihr sagen, was mir auf dem Herzen lag, und da habe» wir unS heute Morgen, um neun Uhr, es war schon heller, lichter Tag und viele Menschen auf der Straße an dein alten Burgwege ge funden." .Am alten Burgweg so?" sagte der Wirth, und was meinte die Rosel da?" „Sie war ganz verändert sie sah todtenbleich aus und die Augen lagen ihr tief in den Höhlen." Sie wissen, was das tolle Mädchen die Nacht für einen Streich gespielt hat?" „Ich weiß es, jetzt wenigstens, heute Morgen noch nicht, oder ich würde sie darum gefragt haben, doch das kann sie nicht so aufgeregt haben, sie hätte mir es sonst gewiß gestanden." .Und was sagte sie weiter?" fragte der Wirth, aufmerksam werdend. .Daß sie mir nicht mehr angehören könne und daß wir uns auf Nimmerwiedersehen trennen müs sen." „Hm, und hatten Sie ihr vorher von Ihrer festen Anstellung gesagt?" „Alles, aber ich konnte mir ihr sonderbares Be nehmen nicht erklären, sie erschrak »ielwehte darüber, anstatt daß sie sich gefreut hätte." „Sie erschrak?" „Ich kann mich getäuscht haben, jedenfalls befand sie sich in einer fürchterlichen Aufregung und versi cherte mit unter heißen Thränen, das sie mir die Ursache ihres Betragens nicht erklären könne noch dürfe." „Nicht dürfe hm," brummte Jochus, „das ist allerdings wunderbar, und gestern Abend sagte sie nichts davon?" .Keine Silbe, sie war ganz Liebe und Vertrauen und tröstete mich selber auf die Zukunft, der wir ruhig entgegenhatren müßten." Der Wirth ging zur Thür, öffnete sie halb und rief nach Bärbel, der er den Auftrag gab, Rosel herunter zu schicken, der Herr von Haide sei da. In dessen stand Bruno am Fenster und ftatre hinaus, wählend der Wirth mit untergeschlagenen Atmen im Zimmer aus und ab ging Jedoch das Mävel kam nicht wieder und den Beiden wurde die Zeit laug. Endlich, als der Wirth schon noch einmal nach ihr rufen wollte, streckte die Bärbel den Kopf tut Thüre herein und sagte: „Sie will nicht," drückte sie dann in's Schloß und ging wieder an ihre Arbeit. .Sie will nicht?" wiederholte Paul Jochi» et* staunt und blieb mitten in der Stube stehen. Bruno hatte sich rasch umgeblickt, als sich die Thür öffnete jetzt seufzte er aus tiefstet Brust und flüsterte: .Ich habe es gleich gedacht Gott nur weiß, was sie plötzlich gegen mich eingenommen haben kann ich begreife eS nicht." .Und hat sie Ihnen gar keinen Grund angege bcn?" fragte der Wirth plötzlich und blieb vor dem jungen Manne stehen, „besinnen Sie sich einmal, gar keinen i£iinf nach irgend einer Richtung?" „Keinen," sagte dieser kopfschüttelnd, „keinen we nigstens, den ich verstanden habe oder verstehen konnte, denn ihre Worte klangen dunkel und un heimlich sie könnte und dürfte mir nicht mehr sa gen, als daß wir scheiden müßten scheiden fiir immer das war Alles." „Hm," brummte Jochus, dessen Gesicht eine dü* stere Färbung angenommen hatte, mit fest zusa n mengezogenen Brauen, „weiß der Henker, was dem Madchen durch den Kopf gefahren scin kann, denn eigenwillig ist sie, wie der helle Teufel, und man hat oft seine liebe Noth mit ihr. Aber lassen Sie mich mit ihr reden, Herr von Haide, und ich denke, wenn Sie die Anstellung bekommen wir wollen einmal sehen, eS macht sich ja vielleicht doch noch Alles und das Mädel vergißt vielleicht biS da« hin auch die Grille»." „Wenn wir sie nur jetzt bewegen könnten, mich noch einmal anzuhören 1" „Jetzt ist nichts zn machen," sagte Jochus topf schüttelnd, „erst muß ich selber noch einmal mit ihr sprechen. Sie kommen dann vielleicht einmal wte der vor oder ich schicke auch zu Ihnen hinüber „Sollte es nicht am Ende mit ihrem nächtlichen Gang in Verbindung stehen?" warf Bruno ein „ich würde mir gar nichts weilet darüber gedacht haben, aber „Ach was," lachte der Alte, doch das Hachen klang etwas gezwungen, „sie ist ja keiner Mcnschenseele unterwegs begegnet, na. und daß ihr kein Gespenst erschienen ist, ich dächte, darüber brauchten wir Zwei uns nicht zu beunruhigen. Ein dummer Streich war's immer, nnd ich habe ihr auch schon tüchtig den Text darüber gelesen, denn für ein junges Mä del paßt es sich nicht, auf solche Art zn prahlen und bei Nacht und Nebel in der Welt herumzulaufen." .Sie hatten sie geneckt," sagte der junge Mann, .und bei ihrem Ehrgefühl gepackt sonst hätte sie'« auch sicher nicht gethan." „Nun, es ist jetzt vorbei," sagte der Vater, „und nicht mehr zu ändern, geschieht aber hoffentlich nicht wieder." .Und Sie wollen'mkt ihr reden, Herr Jochus?" „Ich habe es Ihnen versprochen, heute noch, oder wenn es heute nicht gehen sollte, spätestens morgen früh. Wir wollen sehen, was sich thun läßt, ein merkwürdiges Mädel ist's freilich, Herr Attuar, â»nd einen Trotzkopf hat sie, wie (et*« Zweit»." „Aber Rosel ist so gut, so brav „Das ist sie, ja," sagte Jochus und sah vor sich aus den Boden nieder, „gerade wie ihre selige M»t ttt, deren ganzen Charakter sie auch geerbt hat ar me Clara, wenn sie leben geblieben wäre!" »Ich gehe jetzt. Herr Jochus, brach der junge Mann ab, „und überlasse Ihnen das W-itere. Wenn Sie mit aber erlauben, frage ich morgen Abend, falls ich zurück sein sollte, bei Ihnen an, denn ich muß heute noch nach Hellenhof ans das Obergericht und weiß nicht, ob ich bis dahin wieder hier sein kann." Der Wirth antwortete ihm nicht er nickte nur, ganz in seine Gedanken vertieft, leise vor sich hin, ja, er bemerkte faum, wie irr junge Mattn das Haus verließ. n e s K a i e Vater und Tochter. Mosel hielt sich den ganzen Tag auf ihrem Zim mer. Sie sei nicht recht wohl, ließ sie dem Batet sagen, der später noch einmal Bärbel zu ihr hinauf schickte. Gegen Abend kam ein Arbeiter und brachte die beiden großen Orangenstöcke vom Bäckermeister BoUharz. Rosel nahm aber die Stöcke nicht an sie wollte sie nicht haben und beauftragte den Mann, der sie brachte, sie hinüber zum Registrator zu sah ren, der auch ein großer Blumenfreund war. Er sollte nur eine Empfehlung von ihr ausrichten, sie bäte ihn, die Stöcke, ihr zum Andenkrn, zu be halten. Paul JochuS hatte indessen keine Ruhe unten im Haus. Bald saß er, ganz gegen seine Gewohnheit, in der Wirthsftube hinter einem Schoppen Wein, bald lief er hinaus zu seiner Kelter, um nach der Arbeit zu sehen. Einmal war er auch sogar schon ans dem Weg nach Hellenhof gewesen, aber wieder umgekehrt, tenn das eigenthümliche Benehmen des Mädchens ging ihm im Kops hernm, und et mußte mit ihr sprechen, um endlich zu erfahren, was es eigentlich bedeut?. Hätte er ein gutes Gewissen gehabt, so würde es ihn wohl wenig gekümmert haben, denn er ließ ja sonst Rosel immer ziemlich unbekümmert ihren et» genen Weg gehen, aber so quälten ihn tolle und. wie er sich noch immer einreden wellte, unmögliche Vermuthungen, quälte ihn ein unb.stimmter Ver dacht, und über den mußte er mit sich noch in's Reine kommen, denn die Gewißheit war immer noch besser, als dieser drückende Zweifel, der ihn nicht mehr ruhen und rasten ließ. Entschlossen kehrte et nach Hanse zurück und stieg ohne Weiteres an das et klopfte „Wer ist da?" w. i „Ich bin'ö, Reset? ich muß ein Wort mit Dir sprechen." .Mir ist nicht recht wohl, Vater, der Kopf brennt mir so." .Ich geh' gleich wieder fort, aber ich muß Dir etwas sagen." Einen Moment war Alles ruhig, dann wurde der Riegel zurückgeschoben, und Rosel stand, ihren Va tec erwartend, mitten in der Stube. Sie war völlig angekleidet, hatte auch nicht auf dem Bett gelegen, was vollständig unberührt in dem kleinen Alkoven stand, aber sie sah leichenblaß aus, und die Angen waren ihr noch vom vielen Weinen roth Der Vater streckte ihr die Hand entgegen, die sie zögernd nahm, und sagte dann mit mehr Herzlich keit im Ton, als er lange zu ihr gesprochen „Was fehlt Dir, Kind? Wenn Du krank bist, weshalb schließest Du Dich ein und lässest nicht Je manden zn Dir, der Dich pflegen kann?" „Ich bin mcht krank, Vater." „Aber Du sagtest selber, daß Du Kopfschmerzen hättest, nnd siehst recht blaß und leidend aus. Viel leicht steckt Dir etwas Anderes in den Gliedern und ich will lieber nach Doetot Bauet hinüberschicken, damit der einmal nachsieht." „Nein, Vater," sagte das junge Mädchen be stimmt, „das ist nicht nöthig, der aöoetor kann mir nicht helfen." „Der Doctor kann Dir nicht helfen? und wer sonst?" Das Mädchen schwieg und sah scheu vor sich auf den Boden nieder, endlich sagte es so leise, daß die Worte kaum zum Ohr de.? Vaters drangen: „Kein Mensch kann mir helfen, Vater." .Hm 1 das ist eigenthümlich," brummte der Wirth, der nicht recht wußte, was er darauf erwie dem sollte. Er nahm seinen Hut, den er bis jetzt noch aufbehalten, nnd stellte ihn auf den Tisch, .kein Mensch kann Dir helfen? das wär' ja das wär' ja was recht Cnrioses, wenn Einem et,pas fehlte, ohne daß man sterbenskrank ist, und Einem kein Mensch helfen könnte. Darf ich's denn erfahren, oder weißt Du's am Ende selber nicht, Rosel, und. hast Dir ain Ende eine tolle Schrulle in den Kopf gesetzt V Das Mädchen schwieg wieder e6 war augen scheinlich, daß sie im Innern mit sich rang, und mit der rechten Hand hielt sie ihr Herz, als ob es ihr weh thäte. „Ich will Dir was sagen, Rosel," fuhr der Vater, dem das Schweigen peinlich wurde, fort, ,(da§ Du den Weg gestern Nacht gemacht, war ein dummer Streich Du hast Dich dabei erkältet, aus der heißen Stube in die kalte Nachtluft mit Deinem dünnen Kleid und dann nachher noch die Ausregung dazu, dort hinein in das alte, öde Gemäuer zu gehen, von dem so viele Mordgeschichten erzahlt werden, das Alles mußte.Dich angreifen, und das Gescyeidteste wäre gewesen. Du hattest Dich gleich zu Bett ge legt nnd wann zugedeckt und lieber den Tag darin ausgehalten. A et was ich Dir sagen wollte, heute Mittag war war der junge Herr Von bei mir, Du weißt schon. Weshalb bist Du nicht herunter gekommen, als ich Dich rufen ließ?" „Weil ich schon Abschied »jn ihm genommen habe, Vater," sagte leise die Tochter. „Du hast Abschied von ihm genommen?" fragte der Wirth erstaunt, „aber um Gotteowillen, wcs halb denn? Da mag ein Anderer aus dem Mädel klug werden! Gestern Abend wart Ihr ein Herz und eine Seele, und heute Morgen „Dazwischen lag die Nacht, Vater!" „Die Nacht? und was hat er da gethan? Bist Du ihm draußen auf Deinem Weg begegnet?" fragte der Wirth rasch. Auf die rasche Frage deS Vaters, ob Rosel auf dem nächtlichen Wege nach der Burg Bruno begeg net sei, antwortete |ic: „Nein, Vater seit gestern Abend habe ich ihn erst heute Morgen um neun Uhr wieder auf dem Wege gesehen. Aber ich begreife Dich selber nicht. Gestern grolltest Du ihm noch und warst böse, daß ich nur mit ihm gesprochen, und heute scheinst Du Deinen Sinn geändert zn haben. Wie kommt das?" „Weil ich mein Kind keinem adligen Hungerlei der zur Frau geben wollte." sagte der Wirth finster. „Die Sache hat sich indessen jetzt geändert und et hat, wenn ich auch_TÜr die Geschichte mit der Pro zeßsache keinen Pfifferling geben möchte, eine feste und anständige Stellung im Leben bekommen. Wärst Du ihm also noch so gut gewesen, wie ich friterr glanbie, so .Und weißt Du, Vater, welche Stellung et be kommen hat?" fragte das Mädchen und sah ihren Vaier ernst und forschend an. „Nun, gewiß weiß ich's." erwiederte dieser, durch den Blick fast wieder außer Fassung gebracht. „Beim Kriminalamt." „Ja wohl, und tu tun er da tüchtig ist. so kann er's auch rasch vorwärts bringen. Der Gehalt wird freilich nicht so übermäßig hoch sein, aber lieber Gott, wo man erst einmal sieht, daß wirklich eine feste Grundlage da ist, kann man auch schon eher ein wenig nachhelfen." „Und weißt Du auch, Vater," flüsterte Rosel, indem sie auf ihn zuschritt und ihre Hand ans seinen Arm legte, .daß ich, wenn ich wirklich seine Frau würde, auch fein Geheimniß vor ihm haben dürste und möchte?" „Rosel!" tief der Vater erschreckt, indem er dem großen, angstvollen Blick seines Kindes kaum zu begegnen wagte, „was sollen all' die dunklen Re den? Heraus mit der Sprache I Du hast etwas auf dem Herzen, und ich will und muß es wissen. ,,Eö ist vielleicht auch besser so," nickte das arme Mädchen leise vor sich hin, ,,Du mußt es wirklich wissen, denn mit dann ist noch Hoffnung möglich, itsnn überhaupt „Aber was ist Dir nur V Columbus, O., Donnerstag, 1 Zun» 1871 „So höre, Vater. Kurz vor Mitternacht stieg ich aus die Ruine hinauf, ich sollte zum Zeichen, daß ich oben gewesen, einen der im Burghof seist aus getriebenen Schößlinge mit herunter bringen. Ich ging zu dem alten steinernen Tisch, der dort in der Mitte steht, und gerade, als ich darunter kauerte, um meine Aufgabe zu erfüllen, hörte ich plötzlich Stimmen nnd zwei Männer mein Brnder nnd jener fremde Mensch betraten den innern Raum. Angst und Bestürzung, was die dahin geführt, lie ßen mich für einen Augenblick nicht zu mit selber kommen, ich wußte nicht gleich, sollte ich vortreten, sollte ich mich verborgen halten „Dein Brnder?" sagte Paul JochuS wie et staunt, aber er selber fühlte, daß jeder Blutstropfen fein Antlitz verlassen haben mußte. „Gleich darauf kamst Du," fuhr das Mädchen jetzt in furchtbarer Erregung fort, „ich verstand ans Deinen Werten, daß Du schon lange auf die Bei den gewartet, und dann verschwandet Ihr znsam men hinter der Mauer." „Und dann?" sagte der Vater, doch et wußte kaum, was er sprach, denn seine entsetzlichste Ahn ung war zur Wahrheit geworden. „Dann folgte ich Euch," fuhr das Mädchen leise fort und durchlebte in diesem Augenblick noch einmal das ganze Entsetzen jener gräßlichen Stunde, „im Dunkeln tappte ich meine Bahn. Tief im Boden drin hörte ich Stimmen, steile Felsstufen erreichte ich, die ich niederkletterte, ein abschüssiger, schlüpf riger Weg lag vor mit und schon verließ mich der Much, in dieser Finsterniß weiter vorwärts zu dringen, wo ich jeden Moment in irgend ein graus iges Gewölbe hinabstürzen konnte da entdeckte ich dicht vor mir an der Wand einen Lichtschimmer, ich wagte mich noch die wenigen Schritte weiter vor und sah dann durch eine Oeffnung, die ein heraus gebrochener Stein gelassen. O Vater, Vater, was um des Allerbanncrs willen hast Du gethan! Was habe ich verschuldet, daß ich das Alles für Euch tra gen muß?" „Ich weiß nicht, wovon Du sprichst, was Du gesehen, gehört haben willst," stammelte der Mann. „ThorichieS Kind, tie Aufregung in dem alten Ge» mäuet hat Dir die Besinnung geraubt wer weiß denn, wen die Lust getrieben, da oben in bet alten Burg um Mitternacht herumzuwandeln und Ge, spenster zu spielen ich habe in meinem Bett gele gen und der Franz sieht mit wahrhaftig auch nicht |o aus, als ob et sich eine Nacht Schlaf abstehlen würde, um da oben in dem alten Gemäuer spazie» ren zn gehen." Rosel sah den Vater einen Augenblick fest und starr an. Konnte sie sich geirrt haben? Wie im Flug schoß der Gedanke durch ihre Seele, aber es war auch nur ein Moment. Im nächsten schon fühlte sie mit furchtbarer Sicherheit die Wahrheit des Geschehenen, und sich in leidenschaftlicher Heft igkeit an des Vatcrö Brust werfend, rief sie aus: „Vater, lieber, bester Vater, noch ist es vielleicht Zeit rette Dich selbst, rette Deinen Sohn vor je nein nichtswürdigen Verführer, der Euch in sein Netz gezogen!" Der Mann hatte fast unbewußt seinen Arm um sie geschlungen und hielt sie fest an sich gepreßt. Sie wollte das Antlitz zu ihm erheben, allein et hinderte es. Nicht jetzt durfte sie ihm in's Auge sehen, wo Schreck, Angst und Trotz um die Oberherrschaft kämpften, '&bct er vermochte es nicht über sich, dem eigenen Kind gegenüber eine wirkliHe Schuld ein zugestehen, nur Zeit wollte er gewinnen, um sich zn sammeln, um jede Spur der Ueberraschuug aus sei nen Zügen zu verwischen, und dann erst, als er we nigstens glaubte, daß ihm das gelungen, ließ er sie los und sagte freundlich, ja herzlich:' .Du biit wirklich krank, mein armes Kind, ernst lich krank, und ich muß darauf bestehen, daß Du Dich in Dein Bett legst, Du sprichst wahrhaftig wie in Ficberphantasieen." Rosel richtete sich auf und sah ihren Batet start an. .Also bist Du's wirklich nicht gewesen, Vater?" sagte sie dann, und ein eisiges Lächeln zuckte um ihre Lippen, .den ich in der Nacht oben in der alten Ruine gesehen habe?" „Aber, liebes Herz, was soll ich Dir das noch zehnmal betheuern," sagte der Wirth, „ich habe die ganze Nacht geschlafen." „Und der Franz auch nicht „Gewiß nicht, und wenn er oben gewesen wäre, so hätte er.doch nie etwas Böses dort im Sinn ge habt." .Gott sei Dank!" sprach das Mädchen mit ei nein aus tiefstem Herzen heraufgeholten Seufzet, „dann ist eine große Last von meiner Seele genom men und ich kann mir Ruhe vor meinem Gewissen schaffen. Jetzt darf ich auch wieder fröhlich sein und es kann noch Alles gut werden." Damit ging sie zu ihrem Kleiderschrank, nahm Hut und Tuch her aus und warf sich das letztere um. „Und wohin willst Du noch heute Abend, Ro sel fragte der Vater scheu. „Auf's Kriminalamt, Vater," sagte ruhig daS Mädchen. „Auf's kriminalamt?" rief Jochus erschreckt, „aber der Bruno ist ja noch gar nicht oben und heute erst auf's Ooergenchi gegangen. Vor morgen Abend kann et, wie et mit auch sagte, nicht zurück fein." „Ich will auch nicht znm Bruno," erwiederte daS junge Madchen fest, indem sein Blick wieder den Vater traf, „sondern nur eine Anzeige oben macheu, die wichtig genug ist „Eine Anzeige, Rosel?" fragte der Wirth be stürzt. .Za, Vater, dtobeit auf der Ruine nämlich treibt eine Bande von Falschmünzern ihr Wesen. Gestern Nachts habe ich sie belauscht nnd ihre Maschine ge sehen und ihre Reben gehört ich geh' dann gleich selber mit hinauf und zeig' ihnen den Platz, ivo's hinabgeht, daß sie gar nicht mehr fehlen können dort finden sie daS ganze Nest." „Rosel," rief der Vater in Todesangst, .misch' ©ichjiicht in solche Geschichten 1 Was weißt Du von Falschmünzern und derlei Dingen, und wenn Du auf's Gericht mit einer solchen Klage kommst, glaubst Du denn nicht, daß es Dich und uns Alle in Ungelegeiiheiten bringen könnt« „Keinen unschuldigen Menschen, Vater, sei ver sichert," sagte das Mäochen ruhig. .Die Verbrecher mögen sich in Acht nehmen, aber uns kann nichts geschehen." „Und rottin trenn Dein Bruder Franz nun doch—" stotterte der Mann, „in jugendlichem Leicht sinn vielleicht verführt .Vater!" schrie Rosel mit einem herzzerreißen den Ton des Jammers. „ich sag' es ja nicht," sprach dieser erschreckt, „aber die Möglichkeit liegt doch vot und Du ächtest doch Deinen eigenen Bruder nicht Unglück (ich machen?" „So soll ich nicht gehen?" „Nimm rZrit," sagte Paul JochuS, auf einen Tag kommt's ja nicht an, ich will noch heute Abend nach Hattenhof hinüber und mit Franz sprechen, ich kann ntir's nicht den kni, abet wit dürfen auch nicht die Möglichkeit außer Acht lassen. Morgen früh sage ich Dir dann Antwort, Rosel. Nicht wahr, bis dahin redest Du mit Niemandem dar über „Nein, Vater," erwiederte das junge Mädchen, indem eS sein Tuch abwarf und wie gebrochen auf einen Stuhl sank. „Ich hätte auch heute zu Nie mand cm davon geredet," setzte sie fast tonlos hinzu, „es war eine leere Drohung, denn ich will keine Vatctmördcnn werden." „Rosel!" rief der alte Man» und wollte auf sie zueilen, allein sie streckte abwehrend den Arm ge gen ihn ans. „Laß mich, Vater, laß mich allein mit meinen Gedanken, geh' zu Franz, geh' so rasch Dich Deine Füße trage», und bitt' ihn um meinet-, um seiner seligen Mutter willen, daß er die Genossenschaft mit jenem Menschen aufgebe." Sie hatte das Gesicht mit ihren Händen bedeckt und ijz ganzer Körper zitterte. Der Vater stand vor ihr, et hätte noch so gern zu ihr gesprochen, doch et vermochte es nicht. Die Zunge klebte ihm am Gaumen, der Angstschweiß trat ihm auf die Stun, und scheu und zerknirscht nahm et seinen Hut und verließ das Zimmer. S e s e s K a i e Pie Verabredung. Paul Jochns eilte wirklich, so rasch ihn seine Füße trugen, nach Hellenhof hinüber, denn, waS er schon seit heute Morgen im Geheimen befürchtet, war geschehen und es galt nun die Folgen der mög» lichen Entdeckung von ihren Hauptern abzuwenden. Er traf auch feine beiden Bundesgenossen, den Sohn und d.'ssen Compagnon, zu Hause, aber in anderer Stimmung, als et selber sich befand. Jubelnd sprangen ihm die beiden jungen Minner entgegen, denn sie hatten ihn schon von oben kommen sehen und ihm geöffnet, und wie sie nur erst wieder die beiden schweren Riegel vorgeschoben, um von fei* nem Unberufenen gestört zu werden, führten sie ihn in ihr kleines, abseit gelegenes und für besondere Zwecke bestimmtes Arbeitszimmer hinauf. Ja, in ihrer Ausgelassenheit bemerkten sie nicht einmal das niedergeschlagene Weftn des Alten, den sie Über Haupt nicht zu Worte kommen ließen. „Ca, sieh' her, Vater," rief Franz ihm entgegen, indem et ihm zwei Fimfundzwanzig-Thalerfcheine vorhielt, „der eme ist ächt, der andere unächt nun sage selber, welches ter ächte ist." .Welches der ächte ist, weiß ich nicht," erwiederte der Wirth, während er nur einen fluchtigen Blick auf die beiden Scheine warf, „aber so viel weiß ich, daß wir entdeckt und verrathen sind und auch die letzte Spur unserer Thä-igkeit vertilgen müssen, so lauge es noch Zeit ist." „Alle Teufel!" rief Brendel, der junge Berli «et aus, inveß Franz den Vater erschreckt anstarrte. „Haben Sie einen unserer Unterhändler erwischt? Gewiß den holzkèpsigen Meier." „Nein," sagte der Wirth, „cie Polizei weiß zum Glück noch nichts von unserer Arbeit, oder ich hatte vielleicht nicht einmal Gelegenheit bekommen, Euch zu warnen, aber von anderer Seite sind wir beob achter worden „Von anderer Seite?" sagte Franz erstaunt. „Das versteh' ich nicht.* »Rosel ist hinter unser Geheimniß aefommeft." „Rcf.l V „Na," niesle Brendel, .wenn erst ein Frauen zimmer darum weiß, dann wär'S freilich Zeit, daß wir einpackten." „Aber, u?ie um Gottes willen ist das möglich?" Paul Jochus erzählte den ihm in der gespannt esten Erwartung zuhörenden jungen Leuten die Er» lebnisse der gestrigen Nacht und seine heutige Un» terreduug mit der Tochter, verschwieg ihnen auch nicht, daß sie die Hand des jungen Adligen ausge schlagen hatte, weil et von jetzt ab beim Kriminal» amte angestellt sei und sie vor ihrem künftigen Manne kein Geheimniß haben könne und wolle. „Bah!" rief Franz verächtlich, „wenn weitet Niemand darum weiß, alö Rosel, so hat's noch keine Gefahr. Daß die uns nicht verräth, ist sicher, und jetzt wahrhaftig können wir die Sache nicht ausgeben, wo wir gerade Alles erreicht haben, was wir wollen. Die Banknoten sind so vorzüglich ausgefallen, daß sie der Finanzminister selber nicht von den ächten unterscheiden sollte. Wir wissen jetzt, daß wit's machen können, und sollen nun mit diesem Bewußtsein die Flinte in's Korn werfen, weil meine eigene Schwester Mitwisserin geworden ist? ($8 wäre reimt Wahnsinn, wenn wir'6 thä ten." „Du kennst die Rosel nicht," sagte der Vater ernst, sie grämt und härmt sich jetzt schon die Seele aus dem Leibe." „Aber sie darf uns nicht verrathen," rief Franz rasch, „denn sie hat seibet die Früchte unserer Ar beit mitgenossen, also Theil an dem Betrug genom men. Daß sie deshalb dem langweiligen Jungen, dem Herrn von der Haide, den Laufpaß gegeben, war das Gescheiteste, was sie thun konnte, und wenn sie erst erfährt, daß wir eine Dame ans ihr machen können, wird sie selber mit der Sache ein» verstanden sein." Paul Jochus schüttelte den Kopf er kannte das Mädchen besser. „Das wird sie nicht, Franz," sagte er entschieden, „ich glaube, sie trüge lieber Hunger und Kummer, als die Schuld an etwas Derartigem." .Für so dumm hab' ich sie nicht gehalten," sagte Franz verächtlich „aber eS bleibt sich gleich, wie sie darübet denkt, verrathen kann und darr sie uns uicht und wird sie auch nicht, wenigstens nicht in der er sten Zeit, denn auf die Länge möchte ich selber kei nem Weibermund vertrauen. Haben wir aber nur vierzehn Tage Zeit, so sind wir mit Allem fertig und brauchen nicht mehr zu arbeiten, und dann laß es unsere Sorge scin, uns aus dem Weg zu halten. Hier ist der Absatz der Noten in Masse ja doch nicht so leicht." „Wenn wir nur unsere Werkstätte wo anders hin verlegen und sie glauben machen konnten, Laß wir es aufgegeben haben." Cas geht nicht," sagte Franz entschlossen, „und wo fänden wir wohl einen passenderen Platz? In deß der ausgebrochene Stein muß heule Abend noch ersetzt werden, und würben wir selbst verrathen, so weißt Du doch, daß sie uns da unten nie erwischen können, denn den versteckten Ausgang kennt Nie mand außer uns." Der Wirth stand unschlüssig am Tisch und be ttachtete fast unbewußt das ihm vorgelegte Falsisi cat. Es trat in der That meisterhaft gearbeitet und et selber nicht im Stande, die ächte Note von der unächten zu unterscheiden. Selbst das Papier ließ nichts zu wünschen übrig, und er zweifelte keinen Augenblick daran, daß sie von den Noten eine Masse auf den Markt werfen könnten, ehe eine Entdeckung möglich würde. Und selbst dann wer wollte wissen und verrathen, woher es stammte aber Rosel Er konnte den Blick nicht vergessen, mildem sie ihn angesehen er konnte die Worte nicht ans dem Gedächtniß bringen „was hab' ich verschul det, daß ich das Alles für Euch tragen muß und er mußte auch des Versprechens gedenken, das er ihrer sterbenden Mutter gegeben Sein Blick flog über das betrügerische Papier hin in's Leere und andere Bilder tauchten vor ihm auf. „Nun, was sagst Du, Vater?" fragte Franz trinmvhirend, „kann es etwas Vollendeteres geben? Die österreichischen Noten lassen sich mit diesen gar nicht vergleichen, und doch hahen sie drei volle Mo nate gebraucht, bis sie nur dahinter kamen. War's nicht reine Sunde, diesen Vortheil aus der Hand zu geben?" Brendel hatte indessen mit untergeschlagenen Armen und zusammengezogenen Brauen am Fen ster gestanden nnd hinaus gestarrt. Jetzt sagte er finster: „Ich will Dir etwas sagen, Franz, je länget ich übet die Geschichte nachdenke, desto weniger gefällt sie mir. Deine Schwester mag mich nicht leiden, so viel ist sicher Gott weiß, aus welchem Grunde, denn eine so abschreckende Larve trage ich doch nicht mit mir herum aber deutlich genug hat sie'«) we nigstens gezeigt. Wenn |u also wirklich Jemanden verräth, so bin ich das, und unter diesen Umstän den „Aber sie kann Dich doch nicht allein verrathen, ohne ihren Vater und Bruder mit preiszugeben,' tief Franz heftig aus, „und beim ewigen Gott, wenn die Dirne wahnsinnig genug wäre, daS zn thun „Sie wird Euch nicht geradezu verrathen," sagte Brendel sinster, „aber eS wird auf andere Weise an den Tag kommen, verlaßt Euch daraus." „Und ein Vermögen, das vor uns aus dem ge deckten Tische liegt, sollen wir aus reinem Muth» willen von uns stoßen fuhr Franz auf. „Vielleicht doch nicht ganz," erwiederte Brendel .wir wissen jetzt, wie die Sache gemacht wird, und haben alles Nöthige daju es gilt also mir einen anderen Schauplatz zu suchen, aus dem wir das Be gonnene beenden können." „Und wie wollen wir alle Pressen und Jnstru mente tranépo.titen, ohne Verdacht zu erregen? Weißt Du noch, welche Mühe und Arbeit es uns gefouet hat, das Alles heimlich in die Ruine zu schaffen? und viel schwieriger wäre eS jetzt, es von da wieder wegzubringen." „Das weiß ich Alles und ich wollte liebet, daß die Mamsell doch es ist Deine Schwester und damit abgemacht Du kann es mir übrigens nicht verdenken, daß ich lieber in Amerika oder sonst in einer hübschen Gegend, als im Zuchthaus sitze, und das blüht uns, sobald wir erwischt weiden." „Das hat uns geblüht, solange wir die Arbeit begannen," sagte Franz verächtlich, „aber sei nicht thöricht und folg' nur dies eine Mal meinem Rath. Rciel hat einen Trotzkopf, ich weiß es, und ist da bei vom Vater so verzogen, daß sie gewöhnlich thut, was sie eben will sonst wäre sie aifch wahrhaftig nicht Nachts zur Ruine hinaufgegangen, aber sie ist auch klug genug, um zu wissen, wie weit sie geh en darf. Was sie nicht sagen will, behält die schon für sich. Der Vater muß jetzt schon mit ihr sprechen er mag ihr meinetwegen versichern, wir hätten die Geschichte aufgegeben, brauchten aber etwa vierzehn Tage Zeit, um all' die Spuren unserer früheren Arbeiten fortzuschaffen und zu vertilgen, wornach wir Beiden dann nach Amerika auswandern wür den. Daß sie dann den Mund hält, darauf könnt Ihr Euch verlassen, und bis dahin sind wir mit Al lem fertig und haben unser Schäfchen im Trock enen." „Das könnte gehen," sagte Brendel nachdenkend, „und was meinen Sie dazu, Jochus?" „Ich glaube, der Franz hat Recht," nickte fort Wirth, dem die Aussicht auf einen so raschen und reichen Gewinn zu verlockend entgegenwirkte, „da rauf vorbereitet ist sie überdies schon, denn ich habe ihr ja gesagt, daß ich nur deshalb zu Dir hinüber, ginge, Franz, um Dich davon abzubringen." „Aber glaubt Ihr denn auch gewiß, daß wir in vierzehn Tagen mit der ganzen Arbeit fertig wer den „Sicher, vielleicht noch früher," nickte Brendel, „denn die Nächte werden jetzt von Tag zu Tag länger, und sowie ein wenig rauhes Wettet einsetzt, sind wir dort oben ganz sicher vor Störung." „Gut dabeibleibt's!" rief Jochus nach kurzem Besinnen, denn et hatte in dem Forträumen der Werkzeuge jetzt auch eine vollständige Entschuldig ung, wenn Rosel seine Abwesenheit von daheim ja noch bemerken seilte. „Sind denn die Votbereit» ungen soweit getroffen, daß wir gleich an die Arbeit gehen können „Daran fehlt's nicht," nickte Franz, „verschaffe uns nur noch bis morgen Abend die hier auf Dem Zettel bemerkten Gegenstände, die Du dann gleich mit auf die Burg hinaufbringen kannst." „Und sollen wir uns also morgen Abend dort wieder treffen sagte Brendel, der feine Bedenken nicht vollständig abgeschüttelt zu haben schien. „Jedenfalls," rief Franz, „denn Zeit dürfe,, wit nun auch nicht mehr versäumen jede Stunde ist kostbar." „Meinetwegen denn," gab Brendel seine Zu stiirjmtnig, „aber so recht behaglich fühle ich mich nicht mehr hier, das kann ich Euch gestehen, und am allerliebsten versucht' ich mein Glück an einer an deren Stelle. Wenn Jhr's freilich nicht anders ha» den wollt, so können wir uns auch einmal ein paar Wochen auf eine Weiberzunge verlassen, denn än dern läßt sich die Sache doch nicht mehr, dann abet hält mich auch nichts mehr in der Nachbarschaft und ich will Gott danken, wenn ich den Rhein erst ge» fund hinter mit habe." »Da geht unser neugebackener Acinar," lachte Franz, der einen Blick durch das mit grünem Draht tietstellte Fenster geworfen hatte, „wenn der wüßte, was hier gebraut wird, welch' glanzende Empfehl ung könnte et sich damit beim Krimiiialamte ver schaffen!" „Spotte Du auch noch 1" sagte Brendel, wäh rend er neben ihn trat „und wie sich der Lump spreizt, als ob er schon Juftizminister wäre! Laus Du mit nur einmal in den Weg, wenn mir erst die Füße nicht mehr gebunden sind 1" /,Det thut feinen Schaden," lachte Franz, „wenn sie Alle so unschuldig wären, könnten wit uns getrost hier häuslich niederlassen. Ueberhaupt dürfen wir uns über unsere Polizei nicht beklagen )te scheint wirklich froh zu fein, wenn man sie nur selbst zufrieden laßt." Jochns hatte feinen Hut schon wieder genommen, um nach Hanse zurückzukehren, aber er blieb noch in der Ä?tube stehen und sah selbst dem vorübergeh enden jungen Manne nach, bis dieser oben in der Straße veischwand. ,,Hast Du den Zettel, Vater?" ,/Ja ich werde es besorgen. Um wie viel Uhr treffen wir zusammen?" „Nicht später als neun," sagte Franz, „das Papier ist schon oben und wir können dann gleich beginnen. Also sprich mit der Rosel, sag' ihr mei nettvegen, wir wären zu Kreuz gekrochen und ver sprächen, eâ nicht wieder zu thun," lachte er bittet vor sich hin, „es wär' auch nur erst ein Versuch gewesen na, Du wirst's schon macheu." Paul JochuS erwiederte nichts daS Gute, das noch in ihm lebte, die Erinnerung an Rosel's ver storbene Mutter, arbeitete noch in ihm, aber die Gier nach Geld war mächtiger und wich keinem Schatten mehr. Et mußte, wie er sich einredete, daâ Begonnene nun auch durchführen, und wählend er ohne Abschied das Haus verließ, legte er sich im Geiste schon die Lüge zurecht, mit der ersein eigenes Kind beschwichtigen wollte nicht um sie zu be ruhige» und ihr den Frieden wiederzugeben, son dern um seine eigenen schlechten Handlungen sicher zu stellen und die Entdeckung von sich abzuwenden. Wie trübe verbrachte indtsseu die arme Rosel da heim die Zeit! Wie schwer, wie entsetzlich schwer war ihr das Herz heute, wo gerate Alles hatte gut sein können, wo endlich ihr heißes Gebet erhört worden, wo der Geliebte eine feste Stellung strung en hatte und sie Beide dem Ziel ihrer Wünsche näher waren! Durste sie jetzt noch daran denken, ihm jemals anzugehören? Dazu hatte sich die stolze Familie viell» cht herbeigelassen, dem jungen Mann die Vcrhmathung mit einem braven, unbe scholtenen Bürgersmädchen zu gestatten. Aber hätte ste, die Tochter eines Verbrechers, es wagen dürfen, in das ehrbare Hans einzutreten, hätte sie es wagen dürfen, sich Bruno's Muiter an das Herz zu legen und ihr den theueren Namen zu geben, der ihre ganze Seele füllte? nie! Wie eine Ausgestoß ene kam sie sich selber fror, so rein von Schuld sie ihr eigenes Herz auch wußte, abet wenn sie auch nichts weitet gesündigt hatte, so war sie doch die stillschweigende Mitwisserin jener so furchtbaren chuld, die in ihrer Brust vergraben bleiben mußte, denn konnte sie den eigenen Vater den Bruder in's Zuchthaus liefern? (Fortsetzung folgt.) Wie Situation in Frankreich. Die Stadt in Im Häudm der Berfailttsten. e n 2 6 a i Die neuesten Nachrichten aus Paris lauten ent seylich. Nachdem die Regierungstruppen bis Mon tag Abend unter fortwährendem Kämpfen in die Stadt eingerückt waren, machten sie am Dienstag örgen den Versuch, in's Innere derselben vor zudringen, stießen ober auf grötzern Widerstand, als sie erwartet haben mochten. Jede Straße und fast je'ies Gebäude wurde hartnäckig vertheidigt. Be sonders um das Viereck, auf welchem die Tuilerien und das Louvre stehen drehte sich der heiße Kampf des Tages. Die Tuilerien wurden von den Jnsur genten als Festung benutzt, jeder Zugang zu bensei» den war verbarrifadirt und die Fenster wurden als Schießscharten benutzt, aus welchen Tod und Ver derben in die Reihen der anstürmenden Truppen ge schleudert werden konnten. Daher kam es, daß trotz der energischen Beschießung dieses mächtigen Gebäu» des die Einnahme desselben am Dienstag nicht gelang und die Insurgenten am Abend dieses Tages noch sämmtliche Distrikte zwischen Belleville, den Tuilk rien und dem Vendome-Platz in Besitz hatten. Erst am Mittwoch Morgen gelang es, durch Ein nahme des Vendome Platz's, die Tuilerien unhalt bar zu machen ein erneuerter Angriff auf dieselben fand zwar immer noch verzweifelten Widerstand, et» diittc aber mit der Besetzung des Vierecks und der Gefangennahme eines großen Theiles der Besatzung Leider war aber das Gebäude in Flammen gerathen u id brannte gänzlich nieder. Damit war der Wider stand der Insurgenten in diesem Theil der Stadt tc» toi gebrochen und dieselben zogen sick in nördlicher und nordöstlicher Richtung zurück. Im Süden der Stadt hielten sie zwar noch das Fort Bicetre nebst mehreren Schanzen, und alle umliegenden Distrikte besetzt, allein abgeschnitten von aller Verbindung konnten sie sich auch hier nicht mehr halten und muß ten sich bald auf Gnade und Ungnade ergeben. Am Mittwoch Abend wurde auch noch das Hotel de V ifle eingenommen, jedoch soll auch dieser Pracht bau in Brand gerathen oder gefleckt und vollständig zerstört worden sein. Die Kommunisten zogen sich, vollständig entmuthigt und in voller Auflösung be Wo, 41« griffen, gegen Belleville und Pantin zurück und biet müssen am Donnerstag die letzten Kämpfe stattge funden haben, welche mit der gänzlichen Spren gung und Gefangennahme der Ueberreste der Insur genten geendet zu haben scheinen wenigstens meldet eine Depesche vom Donnnstag Abend, daß die Kam» pfe eingestellt und die Versaillisten vollständig im Besitz der Stadt^eien. Gen. Dombrowski soll ver mundet sein und sich nach St. Denis unter die Ob* Hut der Deutschen geflüchtet haben, wo et jedenfalls besser aufgehoben sein wird, als wenn er den Ver saillisten in die Hände gefallen wäre. Wenn man den Schilderungen der Corresponden ten über die Scenen in Paris während des viertägi gen Straßenkamvfes Glauben schenken darf, so müs sen dieselben wahrhaft haarsträubend gewesen sein. Die (Kommunisten kämpften mit dem Muth der 58er» zweiflung, aber, wie es scheint, ohne regelmäßiges System und darum ohne entsprechende Wirkung. Sie sahen sich allmälig. aber unaufhaltsam aus je der Straße und aus jedem wichtigen Punkte heraus geworfen un8, als wollten sie sich für ihre Niederlage rächen, steckten die Wahnsinnigen alle die Hauptge bäude, aus denen sie vertrieben wurden, vor ihrem Abzüge in Brand, zu welchem Zwecke ste schon zum Voraus große Vorräthe von Petroleum in Bereit schaft gehalten haben sollen. So berichten wenig stens die meisten Korrespondenten, während eine De pesche von St. Denis vom Donnerstag Abend be hauptet, daß alle Feuersbrünste von den Brandae schössen der Versaillisten herrührten. Sei dem wie ihm wolle, am Mittwoch brannte die Stadt an sechs verschiedenen Punkten auf einmal und man befürch tete, daß der größte Theil derselben dem entfesselten Elemente zum Opfer fallen werde. Indessen gelang es bis Donnerstag Abend, des Feuers Herr zu wer den. Von bekannten und hervorragenden Gebäu den, die zerstört wurden, sind zu nennen: Die Tui lerien, mit einem Theil des Louvre, (die in dem letz teren aufbewahrtenKunstschätze sollen gerettet sein) das Palais Roy^l das Finanzministerium daS Palais des Staatsrathes am Quai d'Orsay und wie es scheint, auch das Hotel de Bille, der Palast der Ehrenlegion, verschiedene Gesandtschafts^HotelS und Kirchen. Mehrere der Führer der Kommunisten sollen schon am Mittwoch gefangen und sofort standrechtlich er schössen worden sein. Nach andern wird gefahndet und auch ihnen droht ein gleiches Schicksal, wenn sie gefunden werden. Die deutschen Soldaten sollen Befehl erhalten haben, die fliehenden Insurgenten am Ueberschreiten ihrer Linien zu hindern, wodurch denselben jede Möglichkeit des Entkommens abge schnitten ist. Die Scenen in den Straßen spotteten jeder Be schreibung. Hunderte von Verwundeten und Tod ten lagen ungepflegt und unbeeidigt da und wurden häufig unter den Trümmern der einstürzenden Ge bäude begraben. In vielen Fällen verweigerten die Regierungstruppen jeden Pardon und machten AlleS nieder, was ihnen in den Weg kam besonders fan den die auf Seite der Insurgenten kämpfenden frit deren Linientruppen keine Schonung. Der Men schenfreund muß schaudern vor dem Bilde, welches die Hauptstadt der großen Nation, die so gerne als Trägerin der Civilisation gelten möchte, in den letzten Tagen dargeboten hat. Während die „deutschen Barbaren" mit seltener Schonung aufge treten sind und jede unnütze Zerstörung vermieden haben, zeichnen sich die Franzosen seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges durch ihre Schonungslosigkeit und unvernünftiges Wüthen gegen ihr eigenes Fleisch und Blut aus. Wie würden diese Horden erst in Deutschland gehaust haben, wenn es ihnen gelungen wäre, ihren beabsichtigten Ausflug nach Berlin aus zuführen? Von Versailles kommt unter'm 24. d. Mts. noch die empörende Naricht, daß in der Dienstags Nacht der Erzbisckof Darboy, und mit ihm 10 als Geiseln gefangen gehaltene Personen und etwa 50 Priester im Mazas Gefängniß in kaltem Blute hingeichlach» tet worden seien. Di Nachricht ist fast zu bestimmt, um in Zweifel gezogen werden zu können, doch mock ten wir, um der Ehre der Menschheit willen, annch* men, daß dieselbe aus einem Irrthum beruhte. Let der läßt sich aber von dem vertierten Pöbel des „Centrums der Civilisation" auch dieses Gräßliche glauben. Gottlob, daß die blutige Insurrektion endlich un terdrückt und daß auch Frankreich nun den Frieden und die Ruhe zu erwarten berecktigt ist. welche es zu seiner Erholung von den schrecklichen Kämpfen unv Niârlagen so sehr bedarf. e e a i s e e i e Sfrttd on, 24. Mai. Thiers ist unermüdlich da» mit beschäftigt, Lebensmittel für Paris herbeizu schaffen. Eine Depesche des „Telegraph" sagt, daß die aus wärtigen Mächte ihre Repräsentanten angewiesen ha ben, die Insurgenten nicht zu beschützen. Es heißt, daß Washburne mit den übrigen Diplomaten sich nicht verständige. Bellioray, der Kriegsminister der Commune, wur de gestern getödtet. S e n i S, 24. Mai.—Nach kurzer Ruhe wur de gestern der Kampf wieder aufgenommen und wahr te die ganze Nacht hindurch. Die Truppen der Ge neräle Douai und Binoy umgaben die Tuilerien, da» Louvre und den Vendomeplatz. Ein heftiger Kampf entspann sich und nur Zoll für Zoll wichen die Re bellen zurück. Bei Tagesanbruch waren die obigen Plätze noch von den Kommunisten besetzt. Die Tui lerien sind durch die einschlagenden Bomben schwer beschädigt ein gemeinsamer Angriff der Truppen beginnt soeben. Abends. Das war ein schreckli cher Tag fur Paris. Die Stadt brannte an vielen Stellen und die Zerstörung eines großen Theile? der centralen und östlichen Distrikte scheint unvermeidlich. Die Kommunisten hielten noch alle Distrikt? zwischen dem Vendomeplatze, den Tuilerien und Belleville be setzt. Die Truppen werden durch Schüsse aus but Fenstern und von den Barrikaden und durch Mi trailleuse-Feuer niedergemäht, aber dringen dennoch beständig vor. Das Gemetzel ist furchtbar. Paris, 24. Mai. Um 5 Uhr Nachmittags nah men die Versailler Truppen das Opernhaus. DaS Volk vertheilt feine Weine und Geld unter die Sol daten und die Weiber umarmen sie unser dem Ruf „Vive la Ligue." Die Soldaten fraterniftren mit dem Volk, halten jedoch sonst eine bewundernswür dige Disciplin aufrecht. Während die Versaill-r Truppen dte Barricaden zu umgehen und zu unter mtntren suchen, verbreiten die Insurgenten Tod uub Verderben über Paris. N e w Y o k 2 5 a i E i n e S e i a e e s e aus Parts meldet die Einzelheiten der gestttaea Schrcckensscenen. Der Kampf auf dem Boulevard Haußmann und dem Faubourg St. Hon ore war äu ßerst heftig und viele Häuser liegen voller Todten und Verwundeten von beiden Parteien. Ein anderer Correspondent telegraphirt am Mitt woch Abend aus Paris ..Der Vendome-Platz wurde Beute früh um 4 Uhr erobert. Dte Insurgenten leisteten an der Rue Ho» nore energischen Widerstand. Das PalaiZ Ret)/*! wurde von den Insurgenten, ehe sie sich zurückzogen, in Brand gesteckt. Da die Eroberung des Vendome Platzes die Tuilerien unhaltbar machte, wurden die selben von den Insurgenten mit Petroleum getränkt und dann in Brand gesteckt. Die Insurgenten käm pfen noch immer verzweifelt. Jn den östlichen Vorstädten herrscht großer Jubel und überall weht die Tricolorc. Die Strafen sind ruhig und die RegierungS-Truppen-benehmen sich gut. Die Jagd auf die Führer der Commune hat begonnen und die Polizei durchsucht Häuser, Zimmer und Keller. Parts ist in dichten Rauch eingehüllt und hat ent» setzUch gelitten. Die Straßen sind mit Blut de schmiert und von Trümmern bedeckt." o n o n 2 5 a i v24 Uhr früh. -Die späte sten Dkpeichen aus Paris melden, daß du» Palais Luxembourg wirklich die Lust gesprengt ist. Man ^at nur ein Drittel des Louvre zu retten vermocht. Beim Hotel de Ville und am Endpunkte der Nord a n w i n o i e e k a s a s a Mahon hat sein Hauptquartier nach dem Vendome Platze verlegt. o n o n 2 5 a i E i n e S e z i a l- e e s e der „Daily News" meldet, Gen. Vinoy bat nach Ver sailles telegraphirt, daß das Hotel de Ville von ni nen Truppen besetzt worden ist. (Die Nachricht von der Zerstörung demselben wäre demnach unbegrün bet.) Dele-clusc ist verhaftet. In der Rue St. Antoine. am^oulevard Monlrouge und in Belleville holten i e i i i u y e n e n n o i e S a n o e i s i e «Führer kämpfen. \n\n EqSHIung von Friedrich ©tifläiet. E n s e z i e I e n è i n a i s