Allgemeine Zeituna für Wahrheit und Klahreit auf dem Politischen und Hozialen Gebiete
Jahrgang 85.
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Wochen-Rundschau.!
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0 9
Der Kongreß will sich möglichst bald
vertagen, denn gar manche seiner
Mitglieder in beiden Häuser wollen
wieder gewählt werden, haben also
diesen Sommer eine wahrscheinlich
recht heiße Campagne zu machen. Da
sind nun noch etliche Sachen zu er—
ledigen. Zuerst hieß es, die Deut
schen solltea die beschlagnahmten Gel—
der ete. zurückerhalten, die während
des Krieges unter Vertragsbruch be--
schlagnahmt u. bis jett verschlamfelt
wurden. Die Verschlampung dersel--
ben hat zu mehreren Skandalen ge
führt, aber das hat nicht geholfen.
Jetzt lag eine vom Schatzamtseer. un
terstützte Bill vom Repr. Migner vor
die Sachen, die noch da sind, den
rechtmäßigen Eigenthümern zurück zu
geben. Da springt ein Demokrat auf
und sagt Millner und Mellon machen
Geld dabei. Millner zieht sich zurück
und Mellon sagt gar nichts. Und
ein anderer Demokrat schreit, die Bill
sei der größte Diebstahl der je in den
Ver. Staaton vorgekommen sei. Uno
Alles verstummt. Die Bill wird wohl
gar nicht vorkommen. Den Farmern
wurde Hülse versprochen, es waren
drei Bills ausgearbeitet, die einem
Comite irbergeben murden, das eine
daraus machen sollte und sich nicht
einigen konnte. Ob die Herren im
Haus es fertig bringen sich zu einigen
ist eine Frage.
Wenn nan den Farmern helfen
will, dann soll zuerst verboten wer
den, in Farmprodukten zu spekuliren
Zweitens ollen die Gesetze aufgeho
ben werden, welche Mortgages auf
Farmeon oder Farmprodukte erlauben
Dritens soll die Regierung ihre
Farmlandbank oder ein ähnliches In
stitut mit eigenem Geld versorgen,
statt das Geld auf Bondausgaben zu
leihen, und es den Farmern zu 2
oder 3 Prozent Zinsen geben. Wenn
dann das hestehende Wuchergesetz auf
alle Einkonnnen auf angelegtes Geld
angewand wird, dann brauchen die
Farmer keine Hülse mehr. Sie kön—
nen sich dann organisieren und
wenn sie ehrliche und tüchtige Leiter
haben, dan werden sie weiter kom—
mon. Aber einem Bankpräsidenten
als Präsident einer Cooperativ Ge
sellschaft 815,000 jährlich zu geben,
ist Unsinn
Wonn die Regierung die Coopera—
tiv Gesellshaften beaufsichtigt, dann
ist das gut Ob aber trot der Lage
der Kongreß ein Gesetz fertig bringt,
ist zweifelhaft, obwohl viele Kongreß--
leute ihre Sitze riskieren, wenn sie
ohne ein solches Gesetz in die Cam—
pagne gehen müssen. Die Campagne
wird auch in vielen Staaten die Pro
hibition als Frage haben und dane—
ben für die Seneatorenwahl noch un
sern Beitritt zum Weltgericht.
Der Senat hat die Schuldentilg—
ungsabkommen mit Lettand, Estland
und Rumänien ratifiziert. Diese Ab
kommen sind dem engl. Abkommen
nachgebildet und enthalton nicht die
billigen Bedingungon wie das belgi
sche und italienische. Senator Reed
sagte zu dbem Abkommen mit Lett
land, es sei höchst überflüssig und
ideotisch. Aller menschlichen Vorans
sicht nach werde Lettland, lange be—
vor die 62jährige Zahlungsfrist ab
gelaufen seiz wird, aufgehört haben,
zu bestehen Lettland sei eine russi
sche Provinz gewesen und werde wie
der ein Theil Rußlands werdon.
Rußland werde sich vom Valtischen
Meer nicht abhalten lasson, ebens
wenig wie wir nach dem Golf von
Mexiko gehen würden, wenn das
dortige Kistengebiet im Besitz einer
kleinen und machtlosen Nation wäre
Man kann 180 Millionen Lente nicht
von der See fernhalten. Rußland
wird dorthin gehen und Lettland
wird verschwinden.
Die Regierung hatte eine Kommis--
ston von 17 Mann nach Mexiklo ge
schielt, welche untersuchen sollten, ob
die mexikanische Regierung ihre
Pflicht thur Die Herren haben nun
berichtet, daß die mexikanische Rogie
rhg it ihrem Rechte sei, eine Kir
chenverfolgunag gebe es da nicht. Da
gegen hat sich Bischof Drossearts von
Sän Antoalo gewandt, der nahe an
der mexikanischen Grenze wohnt, und
daher ein gutes Urtheil abgeben
kann Er sagte von den 17 Herren:
„Sie wurden von Calles, Morones,
Tejada und anderen Würdigen, wel-
Arkansas Echo
Little Rock, Arkansas. Mittwoch den 5. May 1926.
che den Thron seiner rothen Majestät
sn Stadt Merxilko umgeben, einge
feift.“ Der Bischof fragt, ob der Aus
schuß die Leklagenswerthen, zerstö—
ronden Ergebnisse der mexikanischen
Sowjetregierung gesehen habe? Wü—
ste ist jetzt da, wo einst das Land voll
Milch und Honig war.
„Mexiko, das reichste Land unter
der Sonne, muß heute seine Nahr—
ungsmittel importiren oder verhun
gern“. Also ähnlich wie in Rußland.
Der am 26. April veröffentlichte
Wortlaut des russisch · deutschen
Freundschaf svertrages hat in pari--
ser diplomatischen Kreisen beträchtliche
Beunruhigung hervorgerufen. Vor
allem wird erklärt, daß es schwierig
sei, sich der Ansicht Berlins amzu—-
schließen, daß alle im Vertrag und
in den Anhangsnoten ausgedrückten
Bestimmungen sich mit den Abmach
ungen von Locarno und insbesondere
mit den Artikeln 16 und 17 des Li—
gapaktes verënbaren ließen.
Man sagt hier, daß die Deutschen
ihre Anker luvwärts und leewärts
zu gleicher Zeit auszuwerfen suchen
und daß sie, obwohl sie als Kandi
daten für den Anschluß an die Liga
sich an die Hauptbestimmungen des
Ligapaltes halten sollten, durch die
Abmachung mit den Russen mit ei—
ner der wichtigsten Klauseln des
Paktes, der die Strafen für dessen
Verletzung festsetzt, kurzen Prozeß
zu machen gedenken.
In offi dellen Kreisen ist man
der Ansicht, daß die deutsche Regie
rung sich mit der russischen zu einer
Offensive gegen den Ligapakt ver--
bündet, hat, und es wird angeregt.
daß alle Mächte Mitteleuropas ver·
langen sollten, daß die wahre Ab—-
sicht des russisch- deutschen Vertrages
aufgedeckt werde.
Die konservative französische
Prösse gibt sogar der Ansicht Aus
druck, daß Deutschland durch den
Vertragsabschluß seine Aussicht, in
den Völkerbund aufgenommen zu!
werdon, auts Spiel gesetzt habe.
Der Vertrag wird jetzt in dens
Außenämtern der alliirten Müchte
studiert und es soll demnächst hier--
iüber ein Meinungsaustausch 2:
schen London, Paris, Rom, Brüs—
sel, Prag »nd dem Generalsekreta
riat der Liga stattfinden. ;
Da es den Franzosen diesmal
nicht gelungen ist, die Deutschen in
Genf einzuseifen, so sollen sie gar!
nicht in die Liga aufgenommen wer
den. Ob die Liga ohne Deutschland!
noch irgend einen Werth hat, lüm
mert sie nicht. Italien fragt nicht
nach der Liga, es thut was es will.
Bisher hahrn England und Frank
reich die Liga beherrscht, Wie lange
sie einig bleiben können ist eine an-!
dere Frage, denn ihre Interessen ge—
hen weit auseinander.
Die Deutschen haben mit dem Ver
trag mit Rußland das Rechte gethan
Das bewelst schon die franz. Fritit
Deutschland muß erportiren undl
Rußland hraut den Erxport, kann
ihn aber nicht baar und auch nicht
kurzfristig bezahlen. Ein Amerika
ner Harriman, wollte gegen Sicher·
heit und hohe Zinsen das Geld da
für leihen, aber unsere Regierung
sagte nein Wir können doch denl
Handel einer anderen Nation nicht
fördern! Niun bewirbt sich Cugiand
um den Handel und Italien macht
große Anstrongungen, einen großen
Theil des russischen Handels zu erhal-·
ten. Seine Schiffe können die russi·
schen Häfen am schwarzen Meer am
leichteston «rreichen. Und Italien
swfst, Weizen und Petroleum in
Rußland billiger zu erhalten wie in
don Ver. Staaten. Und beides mitl
Waarxen zu bezahlen. Nach den Ver
Staaten kann es keine Industrie Pro
dukte wegen des Hochzolles abseten
Italien will Land um seine über—
schüssige Bwölkerung da aunf ital.
Voden anzusiedeln. Und droht es mit;
Gewalt zu nehmen, wenn man ihm
nicht freiwillig Land abtreten wirde
Es. hat fiür Juni eine allgemeine
Mobilmaching angeordnet und den
Grund nicht, angegeben. Am näch
sten passensten für Italien wäre Tu--
nis. Da sind schon ital. Kolonion,
es sind 10mal soviel Italtener in Tu
nis wie Franzosen, denen heute Tu
nis gehört, und bie es sicher nicht frei-
lwillig an Italien abtreten werden
Tunis hat doen nöthigen Ackerboden.
Tripolit hat ihn auch, aber er ist!
versandet und es fragt sich, ob die
Italiener Held und Energie genug
aufbringen, um diesen Boden wieder
ertragfhig zu machen.
Die Friedensversammlung zwischen
Franzosen Spanier und Rifioten u
Kabylen wurden am 28. April fort--
gesetzt. Nach Schluß der Verhandlun
gen begab sich ein Vertr.rer der RKiff
kabylen in einem seanz. Armeeflug
zeug nach dem Hauptquatier Abd—-el--
Krims, um diesem die endgültigen
Friedensbedingungen vorzulegoen.
Die französischen und spanischen
Delegaten erklärten sich bereit, auf
die Antwort Abd-el· Krims bis Mit
ternacht des 30. April warten zu
wollen. Sollten die Friedensbedin
gungen von den Rifkabylen nicht
angenommen werden, dann wür—-
den die Franzosen und Spanier“ am
1. Mai ihre vorbereitete Offensive
beginnen. ;
Der Stamm der Beni Wassara,
der sich im letzten Winter unterwor
fen hatte, griff am 28. April die
Franzosen an, die Verluste an Toten
und Verwundeten erlitten. Als die
Feldartillerie gegen die anstürmenden
Berber in Aktion trat, zogon sie sich
zurück Di- Franzosen und Spanier
sagen den Risioten und Berbern, dah
sie Frieden wollen. Diese sagen, ihr
könnt ja den Frieden haben, wenn
ihr uns in Ruhe laßt und euch um
eure Sachen kümmert. Die Franzo
sen sagen ja, das ist unsere Absicht
aber ihr müßt Bürgschaft stellen, daß
ihr ehrlich Frieden wollt. ;
Eigentli; sollten die Rifioten und
Berber von den Franzosen und Spa—
niern Friedensbürgschaft verlangen.
Aber wir leben in einer verkehrten
Welt.
! —-
Die Fürstenabfindungsfrage mact
in Deutschland Schwierigkeiten Die
von den Communisten cirkulirten Pe
titionen, der Staat solle die Vermö—
gen der abgesetzten Fürsten ohne Ent-
J schädigung annektieren, hatten 12,
500,000 Unterschriften und wurde da
her dem Reichstag in Gesetzform vor
gelegt, die Regierung sagte dabei, daß
sie den Vorschlag nicht billige, son
dern einen Gesetzentwurf damit vor—
lege, der eine vernünftige Entschä—
digung vorsehe. Darüber streiten
sich nun die Parteien und können sh
nicht einigen, so daß entweder die Re
gierung den Reichstag auflösen oder
errst gehen muß. Ist es nicht ti
daß es mit dem Parlamentismus so
weit gekommen ist?
sDer spanische Diktator Rivera re
giert ohne Parlament, und hat anuch
nicht die Absicht, das Parlament ein
zuberufen oder ein neues wählen zu
lassen. Und das Volk stimmt ihm zu.
Solange or· gnt regiert, wird das
Voltk ihn nicht stören.
In Italien hat Mussolini dem
Parlament ein Scheinleben r
es muß beschließen was er will. Und
das Tolle ist, daß der franz. Premier
Briand sagt, das ist recht, jedes Volt
soll die Regierung haben, die es ü
ben will (ansgenommen Deutschland)
Die engl Diplomaten haben —
vise zu knakon. Die hohen Herren
haben sich bisher in ihren Stellungen
sehr sest und sicher gefithlt. Das brit
|Weltreich war in ihren Händen, und
sie verfügten. Aber Chamberlains
Politit in Loearno und Genf hat in
Süd Afrika und Canada die Leute
nicht gleichgiltig gelassen. Die Ca—
laadter habenschon im Weltkrieg nur
sehr zögernd die Verwendung ihrer
Eidrten in Europa gestattet, und in
elnem kiinstigon Kriege würden siel
swohl entschieden nein sagen. n
Falle sich die engl. Politik gegen die
Vee Staaten wenden würde, könnten
ldie Canadier im eigenen Interesse
nicht mitmachen und würden sich un
abhanaia erklären. In Sür Afrila
steht es ähnlich. Die Bande, welche
das brit. Reich zusammen halten sint
sehr locker. In Fndien sind die Eng
länder wieder oben, weil Mohamme-l
daner und Inder sich wieder bekämp
fen. Diese Lage liegt der englischen
Insicht über die Welt Friedensaus
sichten zu Grunde.
Die Fran:osen haben sich endlich be
quemt, die Forderung unserer Schul ·
dentilgungsommission anzunehmen,
Frankreich zahlt jhrlich 30,000,000
in den ersten Fahren und dann seat
die jährliche Zahlung bis 125,000,
090 in den letzten 10 Jahren. Jn
62 Jahren siiid dann 50 Progzent der
Schuld und Interessen bezahlt. Das
amerikanische Volk z hlt die andern
50 Prozent. Caillaux hatte 40 Pro—-
nt geboten.
In England begann am 1. Mai
der allgemeine Streik der Kohlengrä—
ber. Der König proklamirte den Zu--
stand einer allgemeinen nationalen
Noth, als Resultat des Streiks. Die
Proklamation stellte alle Beschaffung
fung und Vertheilung von Nahrungs—
mitteln unter Regierungskontrolle u.
wer damit in Conflikt kommt, wird
vor Gericht gestellt. Die Regierung
unternimmt unter der Proklamation
die Verantwortung für Beschaffung
Nahrung, Wasser, Heizung. Licht und
Transport. Die Proklamation hat
große Erregung verursacht, die noch
vermehrt wurde, als Soldaten in die
Bergwerksd strikte geschickt wurden.
Der Trades Union Kongreß erklär
te darauf einen Generalstreik, der
Montag Abend beginnen sollte. Es
soll nur die allernöthigste Comunika
tion aufrecht gehalten werden. Alle
Transport Arbeiter sollen am Mon—-
tag Abend an den Ausstand gehen.
Ebenso Eisenarbeiter, chemische und
Metall Arbeiter, Bauarbeiter ete.
Diese Arbeiter zähren 3,703,440. Da--
zu kommen die Million Kohlengräber
England hat Kohlen und Nahrungs
mittel für einen Monat im Vorrath.
Der Leiter der Arbeiter Partei, Ram
say MeDonald, sagte zu den Regier
ungsmaßnahmen: „Die Grubenarbei
ter haben das Schwert nicht gezogen,
die Regierung that es, und es wird
gesagt, dafߜ die vom Schweert leben,
durch das Schwert umkommen sollen“
Die Aeußerung zeigt die 2
und den Ernst der Lage.
In der Tschechoslowakei scheint es
zu einer gründlichen Aenderung zu
kommen. Die Nationalistische Partei
der Tschechon ist gespalten und der
frühere Kriegsminister Strikony will
don bisherigen Leiter der tschechischen
Politik aus den Amte drängen.
Außerdem haben die Slowaken den
Tschechen Kampf angesagt, sie wollen
volle Autonomie. Ihr Leiter Hlinka
will für Einhaltung der Verträge
auftreten, nach denen sowohl Slova
ken wie Ruthenen volle Autonomie
haben solln Eine dem Ministerium
überreichte Denkschrift, die ein ehe
maliger Minister verfaßt hat, dessen
Name aber nicht genannt wird,
schlißt mit folgendem Paragraphen:
„Die Tschechen brauchen nach Lo
cearno Frankreich nicht mehr. Eben—-
sowenig brauchen sie Rußland, weil
dessen Weg zum WMittelländischen
Meer über die zerstückelte österrei
chisch-ungarrische Monarchie frei ist.
Wenn Rußland auf das ruthenische
Gebiet refloektiert, kann es dieses
auch ohne die tchechssche Vermitt—-
lung haben. Die Tschechen müssen
alle Gebiet- mit Fremdvölkern und
alle jene Gebiete, die strategisch
nicht zu halten sind, aufgeben. Sie
müssen jegliche Großmannssucht las
son und ans dem rein tschechischen
Gebiete und dem Gebiete der
Ichechofreundlichsen Slowaklen eine
östliche Schweiz bilden. Wenn Be—
nesch auch weiterhin in der Außen
politik freie Hand gelassen werden
sollte, würde seine Großmachtmanie
das Land verderben. “
In der dugoslovaklei ist eine Aen
derung eingetreten. Der neue Pre
mier Usunonitsch hatte erklärt, er kön
ne Raditsch nicht im Ministerium
brauchen. Kaditsch hatte durch starke
Angrifse den König bewegen wollen,
allo Minister, die mit Patschitsch zu
sammen gearbeitet hatten, fallen zu
lassen. In Folge dessen machte ihm
der neue Premier das obige Kompli
ment. Trotzdem mußte er bald seimn
Kabinet reorganisieren. Und am 30
April reorganisierte er nochmal und
nahm Raditsch als Unterrichtsminister
anuf. Die. Ceuschchin, das Belgrader
Parlament ist am 5. Mai zusammen
gotreten und soll untersuchen, ob der
Sohn des früheren Premiers Pat·
schitsch, Rada und noch ein Vorwand-·
ter der Cligue auf unrechtmäßige
Weise Geld gemacht hahen. Es han·
delt sich um Mill. Dinar.
Trotz des Schuldentilgungsabkom
mens von Frankreich mit den Ver.
Staaten ist der franz. Franes noch
weiter gefallen und zwar unter 30.
Der belgische Frane ist auch gefallen,
und das mag in Belgien einen Mini
ster Wechsel zur Folge haben.
Die Franzosen sitzen trotdem noch
auf dem hohen Roß. So sagte Bou
evur, der -ls Vertreter der Soziali
sten ein paar Wochon in Polen war,
daß Polen unbedingt einen Sit im
großen Rath der Liga haben solle u
daß seine Armee internationale Be
deutung habe.
Am besten aber kommt der franz
Stolz in den den Rifioten vorgeleg
ton Friedensbedingungen zum Aus.
druck. Die Friedensbedingungen sind
folgende:
1. Als unerläßliche Vorbedin
gung des Friedensschlusses müssen
alle Stämme im Rifgebiet die Waf
fen strecken. Damit ist die For.
derung einer staatlichen Unabhän—
gigkeit des Rifgebietes von vorn—
herein ausgeschaltet.
2. Den Rifstämmen soll eine ge
wisse Autonomie garantirt wer
don, ähnlich derjenigen, deren sich
die füdmarokkanischen Stämme er—
freuen. Auch soll ihnen das Recht
eingeräumt werden, zur Aufrecht
erhaltung der Ordnung eine be—
waffnete Miliz zu halten. Die
Ausbeutung der Minenschätze des
Rifgebietes durch fremde Konzes
sionäre, hleibt der französischen
bezw. spanischen Protektoratsherr
schaft überlassen.
3. Außer der den Rifioten zu—
gestandene, Miliz soll niemand in
dem ganzen Gebiet das Recht zum
Waffentragen besitzen. Das ganze
Arsenal das an Kanonen, Geweh—
ren und Maschinengewehren im
Rif aufgehäuft wurde, muß
geliefert werden.
4. Ihre Scheiks dürfen die
Stämme selbst wählen, die Wahl
muß aber vom Sultan von Ma—
rofko bestätigt werden.
5. Wd l Krim muß das Rif
gebiet verlassen. Doch wird ihm
eine entsprechende Entschädigung
zugebilligt
6. Vollkommene Amnestie für
alle, die an den Kampf sich be—
theiligten
7. VBedingungsloser gegenseiti
ger Austausch der Kriegsgefan--
genen.
Den Unterhändlern wurde bis 3
Mai Zeit zur Annahme der Beding
ungen gegrben. Wenn nicht ange—
nommen, soll der Krieg sofort wieder
losgehen Wer gibt den Franzosen
und Spaniern das Recht, das ihnen
proklamirt·s Selbstbestimmungsrecht
der Völker 'o zu vergewaltigen, wie
es in diesen Bedingungen geschieht?
Am besten wäre mit wiedereröff
nung des Krieges den Italienern ge
dient. Denn es steht noch langt nicht
fest, daß Franzosen und Spanier in
das Rif eindringen können. Wenn
Abd-el-Krimn keine Aussicht auf Er—
folg hätte, würde er klein beigeben.
Die Weltwirthschafts Konferenz.
In Genf tagt seit Ende April eine
Versammlung von Gelehrten und
Sachwerständigen aller Länder, welche
den Rahmen für die im nächsten Jah
re tagende Weltwirthschafts Konfe—
renz liefern soll. Erst wenn klar ge
stellt ist, ws und bis zu welchei
Ansdehnung und weshalb verhandelt
worden kann, wird eine solchr Wirth—
hastskons·renz Erfolg haben kön
non. Es bandelt sich darum, die
Hindernisse wegzuräumen, welche den
Verkehr mit einander hemmen. Ge—
rade der Versailler Frieden hat durch
das Schaffen neuer Staaten und das
Zerschlagen Oesterreichs schlimme Ver
kehrsstörungen geschaffen. Indessen
haben heut- anch verbissene Nationa
listen erlennen müssen, daß hohe Zölle
dem Staat. der sie auflegt mehr Scha
den wie Nutzen bringen. Auch die
Bahnwerbindungen solton durchgäng
ig sein und viele Hindernisse beseitigt
werden. Diese Themate werden wohl
von der Konferenz in genane Ueber--
sicht gebracht werden. so daß sich e
gibt, was gerändert werden sollte.
Die ouropäischen Gruppen der
Deleaaten treten dafür ein, daß die
We Prthschafts onferenz schon in
diesem Jahre, wenn möglich im Ot
tober, einberufen werde. Andere
Delegaten sind die Ansicht, daß ein!
einjähriges Studium der Probleme
Jurch behudere Ausschüsse unbe
dingt nothwendig sei, um der eigent·
lichen Konsferenz einen vollen Er—
folg zu sichern.
Die ametlkantschen Delegaten,
der früher- Ackerbaukekretär David
F. Houston, A, W. Gilbert von
Voston und Professor Allyn Young
von Harvard, erklären, daß sie, da
die Voereinigten Staaten in den Ve
rathungen keine Sonderinteressen
verfolgen, warten wollen, bis die
europätschen Staaten ihre Pro—
bleme, die studiert werden sollen,
gehoörig formuliert haben werden.
Dann wallen die Amerikaner : mit
Uummer 18
den anderen an der Lösung der
Fragen energisch zusammenarbei
en,
Mittlerweile ist Arthur W. Gil—
bert zum Obmann der Gruppe, die
die landwirthschastlichen Probleme
studieren will, erwäh.t worden;
Professor Houng ist Obmann des
Unterausschusses zur Prüfung der
Handel und Vermarktungspro—
bleme und Antonio Carlos Ribeiro
De Andrade, der unlängst zum
Präsidenten des brasilianischen
Staates Minas Gerges erwhlt
wurde, wird die Arbeiten des wich
tigen Untrrausschusses für Wäh—-
rungs- und Finanzprobleme leiten.
Nachdem in der Situng am
Dienstag der deutsche Delegat Dr.
Trendelenburg die Unmöglichkeit
einer gedeihlichen Entwicklung der
Fortdauer der gegenseitigen Ab—-
sperrung, insbesondere der nach
dem Kriege neugeschaffenen Staa
ten, betont und darauf hingewiesen
hatte, daß mit den Zollmauern, die
die Mächte aufgerichtet haben, in—-
tbernationaler Güteraustauschbezie
hungen größeren Umfanges nicht
geflogen werden können, knüpfte
in hder gestigen Sitzung der fran
zösische Arbeiterführer Jauhaux an
diesen Gedanken an und trat für
die Schaffung einer europäischen
Zollunion -in. ·Er sagte, die wirth
schaftliche Zusanmmengehörigkeit der
europischen Staaten, ihre gegen
seitige Abhängigkeit sei nie so tief
empfunden worden, wie seit der
Zeit, da die neuen politischen Gren
zen in Europa zu einer wirthschaft
lichen Bedeutung gelangt seien. Die
Erkenntniß daß die die neuen politi--
schen Scheidelinien nicht mit den
Grenzen der organisch herausge
bildeten Volkswirthschaften zusam—-
monfallen, haben die Ueberzeugung
gereift, daß ein wahrer Wirthschafts
frieden nur durch Schaffung eines
großen Wirthschaftsraumes gesichert
werden könne, innerhalb dessen
Grenzen sich alle Wirthschaftsmög
lichkeiten norfinden und ausgleichen
würden.
In der Zeit vor dem Kriege sei
Handelspolitik mit Zollpolitik gleich
bedeutend gewesen. In der Nach
kriegszeit lei aber die Handelspoli
tik durch die Währungsschwankung
gen, die Ueberweisungsschwierigkei
ten, die Verkehrshindernisse, die
Ein— und Ausfuhrverbote, die Um--
satzsteuern und durch die Eisonbahn—-
krise verwicelt geworden, da alle
diese neu aufgetauchten Probleme
Hemmnisse darstellen, die in ihren
Wirtunen den höchsten Zollschutz
übersteigen.
Jouhaur sagte, der Europische
Zollverein würde durch Abschaffung
der Zölle Verbilligung bringen
Verbilligung aber schaffe erhöhte
Kaufkraft; diese erzeuge Absater
weiterung; Absatzerweiterung zwin—-
ge zur Produktionserhöhung, die
Wohlstand und Reichthum der Völker
zur nothwendigen Folge habe. Die
Forderung nach einem europischen
Zollverein beruhe auf der Einsicht,
daß sich die wirthschaftliche Noth mit
don einzelstaatlichen Machtmitteln
imtcht meistern lasse und daß der
hochentwicl ·lten Technik und Wirth--
schaft der Gegenwart ein staatlich
wirthschaftliches Größebedürfnis vom
Wirthschaftsraume Enuropas ent—-
spreche
Aristide Briand hat in der fran
wöstischen Karmnnmter Mussolini verthei
digt. Das Italien Mussolinis ver
suche lediglich, seinen berechtigten
Ehrgeiz zu befriedigen, den Frieden
Enropas hedrohe es nicht, sag
te er; die Italiener seien ein
großes Volk Au! die Schrift--
leitung das in schwerer Zeit
an Frankreichs Seite gestanden,
was man nicht vergessen dürfe.
Frankreich könne sich nicht gestatten,
andern Völkern zu rathen, wie sie ih
re Regierung einrichten sollten, wenn
Italien einemn Diktator haben wolle,
sei das seino Sache. So, so! Nun,
wir möchten das Geschrei nicht hören,
das sich an der Setne erheben würde,
wenn—nun sagen wir einmal —
wonn Deutichland sich einen Dilta
tor zulegen wollte. Und was ver
steht der leitende. Minister Frankl
rëchs eigentlich untor berechtigtem
Ehrgeiz Italiens? Will er damit
vielleicht den Rauh Südtirols u. die
gransame Unterdrückung der dortigen
deutschen VBevöllkerung rechtfertigen?
Möglich wäre das schon. Auch in die
sem Falle hackt eine Krähe der andern
fein Auge aus.