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Seite 6 — OOODOOOO Die zwei Opale. Rumun von Matthias Blank. 2 (6. Fortsetzung.) Das war eine Warnung, die für den Ermordeten bestimmt, durchs Fenster geworfen wurde. Aber von wem ? Er dachte an das Grauen, mit dem der alte irische Diener von Wisnu gesprochen hatte, der an die Rache des Göten glaubte. Diese Warnung war im Zimmer gelegen; diese dunkle Ankündigung, die schüt— zen wollte. Aber die Warnung hatte noch den Zusatz: „ich sah ihn und er-- fannte ihn.“ Wer dieses Blatt hineingeworfen hatte, konnte er der Mörder sein? Und wer war der Warner? Der Inspeltor erhob sich. Die kleine Uhr schlug Mitternacht. Wi sent murmelte vor sich hin: „Für heute ist es genug. Der alte Diener muß noch mehr erzählen. Dann wird erst die schwerste Arbeit kom men. Aber ich bin sicher auf dem rechten Weg.“ „Mutter, was soll das?“ Irma Eller war eben in die Diele der Villa gekommen und sah Frau Hermine, die ihr einfaches Straßen— Heid trug und ein Seidentuch um! das weiße Haar gelegt hatte, und einen Fremden, dem sie folgte. Dieser Fremde war von untersetz ter, muskulöser Gestalt mit schwar— zem, kurzem Vollbart, der eben die Türe zur Villa hinaus öffnen wollte. Frau Eller blickte überrascht auf; dann lächelte sie und sagte harmlos: „Ach, du bist es, Irma. Es ist nichts Schlimmes.“ „Der alte Diener sagte mir, ein Herr von der Polizei — — Da unterbrach sie Frau Hermine: „Herr Kriminalkommissar Schmend“ Irma bliclte nicht zu ihm hin und fragte unruhig: „Wo willst du hin?“ Der Herr Kommissar hat einen ge schlossenen Wagen mitgebracht und mich gebeten, ihm ohne Aufsehen zu folgen.“ „Warum? Kann er nicht fragen, wenn er etwas will? Mama, was geht hier vor?“ Sie eilte zu Frau Hermine hin, umschlang sie mit beiden Armen und blickte sie bittend an. Mit sanster Gewalt suchte sich Frau Hermine freizumachen. „Du sollst dich nicht erregen, Irma.“ „Ich gehe mit dir!“ „Das ist nicht möglich, Irma, du mußt dich damit abfinden, wie ich es auch schon getan habe.“ „So sag mir doch die Wahrheit. Es geschieht hier etwas, was ich nicht wissen soll.“ Frau Eller bemühte sich zu lä— cheln. „Es fand sich ein Zeuge, der gesehen hat, daß ich in jener Un glücksnacht die Gartentüre aufsperrte und jemand eingelassen habe. Des halb holt man mich. Man sieht in mir eine Mitschuldige, die dem Mörder das Eindringen erleichterte, die ihn rief und schütte.“ „Das ist nicht wahr! So sag es doch! Wie kann ein solcher Verdacht ernst genommen werden. Das ist nicht wahr! Sagen Sie doch, Herr Kommisor. daß dies nicht denkbar 1“ Das erregte Mädchen sah den Kommissar an, der wartend an der Türe stand. Der zog die Schultern hoch und erklärte: „Ich habe nur meine Pfslicht zu tun.“ „Sie dürsen nicht — Sie dürfen meine Mutter nicht wegführen.“ Frau Hermine sage beruhigend: „Still, Kind! Der Schein spricht ge-- gen mich. Es wird sich zeigen, daß es ein Irrtum ist. Ich füge mich.“ „Wo sollst du hingebracht wer— den?“ „Es ist nichts so schlimm, daß man es nicht ertragen könnte. Der Herr Kommissar hat einen Haftbe fehl auszuführen.“ „Ins Gesängnis? — Mutterl“ „Sei ruhigl! Es kann nur für Stunden sein, kaum mehr als ein Tag. Ich habe ost im Daunenbett kein Auge zu schließen vermocht, warum soll ich eine Nacht nicht auch anderswo verbringen können? Ma— chen wir es uns beiden nicht zu schwer, vielleicht bin ich bald wieder da, vielleicht in einer Stunde schon.“ „Ich lann nicht daran glauben.“ „Eine Prüfung, Irma.“ Frau Hermine kühßte die Lippen des Mädchens und eilte zur Türe hin, um rasch ein Ende zu machen. Ein letzter Ruf Irmas hielt sie nicht zurück; Frau Hermine wußte, daß der Kriminalbeamte seinen Ve fehl aussühren mußte, daß nur der Schein gegen sie sprach, weil erst durch einen Zeugen ihr nächtliches Verhalten festgestellt wurde, weil sie dher darüber geschwiegen, was sie sofort hätte erzählen sollen. Daß diese Wendung kam, war ihre eigenc Schiild, die Folge ihres Schweigens und ihres Kweifels an ihrem Sohn. Es lonne nur ein Irrtum sein, de sich bald klären mußte. Schwerer noch als Frau Hermine litt Irma; sie schaute noch durch die Türe, als Frau Hermine in den ge— schlossenen Wagen stieg und mit der Hand winkte, als gelte es nur eine kurze Fahrt. Dann eilte Irma auf ihr Zimmer; dort sank sie vor der Ottomane auf die Knie und barg ihr Gesicht in ein Kissen. Doch das Weinen brachte ihr keine Ruhe. Sie sprang wieder empor; sie wollte helfen, mußte helfen. Aber was sonnte sie tun? Kannte sie einen Menschen, dem sie vertrauen durste? Im rastlosen Hasten ihrer Gedan— ken erinnerte sie sich, daß selbst in ihr einmal die Zweifel stärker als das Vertrauen gewesen waren, als sie das Gespräch in der Küche er-- lauscht hatte und dann in der Nacht der Mutter nachgeschlichen war. Und wie damals der Zweifel über sie Macht gewonnen, so war es um so begreiflicher, daß andere, die das Herz der Frau nicht kannten, um so leichter irre werden mußten. Nur einer — Alex konnte ihr hel fen. Wenn er kommen würde und sagte, ihm habe sie geöffnet, dann war Frau Hermine gerettet. Doch wo mochte er sein? Wo mochte er sich aufhalten, der nicht einmal ahn-- te, was in jener Nacht noch geschehen war? Irma fand im Hause keine Ruhe. Rastlos trieb es sie von einem Zim mer ins andere und wieder zurück, dann in die Diele und in den Gar—- ten; sie mußte fort, hinaus, um alle Ruhelosigkeit zu betäuben. Irgend ein Weg, eine Möglickkeit mußte gefunden werden, um Frau Hermine aus ihrer Schmach zu be freien. Bald war sie umgekleidet und ha— stete ziellos durch die Straßen; sie kümmerte sich weder um Yeit noch um Wege; sie hatte keine Empfin-- dung dafür, wo sie augenblietlich weilte. In den Stadtpark geriet sie; zu der Bank am Goldfsischteich tam sie; aber nur einige Kinder saßen dort; durch die Hafengasse schlenderte sie und erreichte wieder den Park. Daß es dunkelte, darauf achtete sie nicht. Sie war in ihrem ruhelosen Irren in die südliche Vorstadt ge kommen. Dort überwältigte sie so verzweifelte Müdigleit, daß sie aus— ruhen mußte; die Füße schmerzten sie. Als sie an einer kleinen Vorort wirtschaft vorüberkam, vor der ein kleiner Garten lag, in dem alte, mächtige, breitkronige Kastanien standen, die schon das farbenpräch tige Herbstkleid angelegt hatten, ging sie hinein und setzte sich. Eine Kellnerin erschien und fragte nach ihren Wünschen. Irma ließ sich ein Glas Milch bringen und starrte in das farbige Herbstlaub. Blätter fielen raschelnd zur Erde. In ihrem Grübeln vernahm sie die Klänge eines Klaviers aus einem ofsenen Fenster der Gartenwirtschast. Das Klavier war abgebraucht, aber der hier spielte, besaß einen weichen Anschlag und eine staunenswerte Technik. Irma lauschte, und allmäh— lich wurde sie frei von den beklem menden Sorgen und Aengsten. Sie, die selbst eine ausgezeichnete musi kalische Ausbildung erhalten hatte, sann über dieses Spiel nach; manch mal erinnerten sie einzelne Stellen an Brahms, an Pfitner, dann eini ge Sätze an Grieg, aber doch waren es eigene Phantasien. Wie sie nun lauschte, da niclte ihr die Kellnerin zu und sagte: „Nicht wahr, er spielt gut. Das ist unser neuer Gesangsmeister von der Lie dertafel; die Herren kommen ja im· mer später; der Herr ist meist schon eine Stunde früher da und spielt für sich allein.“ Zerstreut hörte Irma zu. „Er spielt gut, ja. „Dabei braucht er nicht einmal Noten.“ „Wie heißt er?“ „Wir nennen ihn Kerr Aler. Wie er sonst heißt, das weiß ich nicht.“ Als Irma diesen Namen höoörte, horchte sie auf. Alex! Sollte es mög lich sein, daß der Zufall sie hierher gesührte hatte, um ihn wiederzufin— den? „Wer ist dieser Herr Aler?“ „Es scheint ihm bisher nicht gut gegangen zu sein. Er sieht ärnuich aus, und er ist gewiß ein Künstler. Ich verstehe ja nicht viel davon, aber das hört man doch heraus.“ Da stand Irma auf; sie mußte ihn sehen. Der kleine Garten war bald durch quert; ein Flur, eine Türe, dann konnte sie in das Zimmer sehen, in dem der Spieler, der ihr den Rücken zuwandte, am Klavier saß. Beim Geräusch ihrer Schritte wandte er sich um; sie erlannte so—- fort dies hagere Gesicht mit der ho— hen Stirne, mit den großen, dunk— len Augen und den starken Knochen willsten über den Brauen. Aber auch er hatte sie erkannt; die Nel Ae verstummte, und er sprang auf. „Sie? Sie finde ich hier?“ e- Schicksal will es, Herr Mar tini.“ Da furchten sich seine Brauen. „Woher lennen Sie diesen Namen?“ „Ich weiß alles! Ich lomme eben hrecht, um Ihnen zu sagen, wie Ihre NMutter um lAhretwillen in Angsi Arkansas Echo Mittwoch den 12. Mai 1926 lebte, wie sie um Fhretwillen gelit ten hatte, und wie sie jetzt wieder um Ihretwillen die bitterste Schmach er-- duldet.“ „Um meinetwillen?“ „da. Wissen Sie denn nicht, was hin der Nacht geschah, in der die Mut ter Ihnen heimlich öffnete?“ „Auch das wissen Sie? Was soll da geschehen sein?“ „Ju der gleichen Nacht ist in der Villa der Mann Ihrer Mutter er mordet worden.“ „Mein Gott — ich — ich wollte eben hinaus, als er die Treppe em por kam. Ich mußte mich in ein Zimmer stehlen, in dem ich mich hinter einem Vorhang verkroch. Und da trat er in den gleichen Raum, in dem es allerdinas dunkel war. Aber er blieb nicht dort, er ging durch eine zweite Tür in das nächste Zim mer, so daß ich unbemerlt wieder hinauskam. Aber in den da habe ich erst das Verzweifelte und Beschämende meiner Lage empsun· den und er — was sagen Sie — man hat ihn in der Nacht ermor-- det?“ „In dem Zimmer, in das Sie ihn gehen sahen.“ Alex zuckte zusammen; er fuhr sich mit der Hand über' die Stirne und rief: „Jett ahne ich erst alles! Und auf mich muß der Verdacht fal len. Ist es nicht so? Und die Mut-- ter selbst fürchtete es — denn ich — ich gelte nicht viel mehr als ein Lump —“ Hastig unterbrach sie ihn: „Das ist nicht wahr! Sie sollen diese hähß— lichen Selstanklagen nicht immer wiederholen. Ich habe es nicht ge glaubt; vom ersten Augenblick an hielt ich sie nicht für wahr.“ „Sie — ja, Sie sind anders — aber ich bin doch nicht wert, daß Sie gut von mir denken.“ „Sie sollen nicht so häßliche Wor— te brauchen. Ihre Mutter hat es auch nicht geglaubt, aber weil sie ge schwiegen hat, weil sie Ihren Namen nicht preisgeben wollte, deshalb hat man sie heute verhaftet — weil die Mutter schweigen zu müssen glaubte um Ihretwillen. „Wie kann ich ihr helfen?“ „Sie müssen mitgehen, Sie müs sen erklären, daß sie Ihnen öffnete.“ f„Ja. Ich gehe mitl Ich kann nicht mehr hier bleiben. Aber Sie — wer sind Sie, daß Sie so viel wissen?“ Die Tochter — die Stiestochter Ihrer Mutter. Mir hat sie alles Leid geklagt — und ich habe Sie nicht verurteilen können —“ „Bin ich noch so viel Vertrauen wert?“ „Beweisen Sie es! Erst gilt es die Mutter zu retten.“ „Ich komme mit. Und ich kann alles erklären, was ich erlebte.“ Er folgte, oahne daran zu denken, daß er damit seinen mühsam gewon—- nenen Erwerb verscherzte. Die Verhaftete blieb auf alle Fra gen bei der Erklärung, daß sie in der Nacht eine Unterredung mit ih—- rem Sohne aus erster Ehe gehabt habe, die deshalb heimlich stattfand, weil niemand von ihm etwas wissen sollte. Und weil sie wußte, daß ihr Sohn den Mord nicht begangen ha ben konnte, und weil sie ihn nicht zwecklos in die Untersuchung ziehen wollte, deshalb sei es ihr nicht nötig erschienen, davon zu sprechen. Der Staatsanwalt hatte für die Abendstunde dieses Tages den Kri— minalkommissar Schmend in seine Privatwohnung bestellt, um sich alles noch berichten zu lassen. Doktor Hen— ning trug einen Hausrock mit bun—- ten Schnüren und helle Lederschuhe; er lehnte in einem Stuhl und sah den Raunchringen einer Zigarette nach. Gleichgültig erllärte er: „Das ist eine Ausrede, wie wir sie immer zu hören bekommen. Weshalb durfte von diesem Sohn aus erster Ehe nie mand wissen? Und wenn sie wirklich überzeugt war, daß der Eingelassene völlig unbeteiligt sei, dann konnte sie doch daüber sprechen.“ „Sie hielt es nicht für nötig, da es sich nur darum handelte, den Mörder zu entdeclken, und ihr Sohn lonnte doch nicht als verdächtig gel ten.“ „Da hat sie das Gegenteil von dem getan, was kluge Menschen ge— wählt haben würden. Machte sie kei nen Versuch, etwas zu verbergen, als sie Fhnen folgte? „Nein. Sie blieb ruhiger, als ich dachte.“ „Sie haben sich den Namen und die Adresse dieses Sohnes aus erster Ehe geben lassen? Haben Sie die sen nicht am Abend noch aufgesucht und befragt?“ „Das konnte ich nicht, denn sie wußte nicht, wo er zu finden sei, sie konnte seine Wohnung nicht ange ben.“ Mit ironischem Lächeln antwortete Doktor Henning: „Damit sind wir bei dem großen Unbekannten, von dem alle Angeklagten erzählen. Den Sohn aus erster Ehe will sie einge lassen haben, von dem sie nun nicht einmal anzugeben vermag, wo er zu suchen sein soll. Mir scheint, daß wir ihn finden müssen. Dann haben wir den Mörder. Es ist gut, daß Sie den Haftbefehl sofort vollzogen, denn sicher würde sie thn gewarnt haten. Ich will mir morgen die Verhastete vorflihren lassen, um zu hören, was sie nir von dem unbekannten Sohn zu erzählen weiß.“ : Gauz ruhig blieb Doltor Henning indessen doch nicht, als der Komm sar Schmend gegangen war. : Der Hastbesehl beschäftigte ihn lebhafter, als er es wünschte. Hatte er nicht doch zu rasch gehandelt? Aber warum hatte sie gesch wiegen? Warum hatte sie sich zu dieser Er klärung erst nötigen lassen? Wenn sie sich frei gefühlt hätte, würde sie gewiß nicht geschwiegen haben. Eben so bedentlich schien es, daß sie als Mutter nicht wissen sollte, wo ihr Sohn wohnte. Das hatte sie gewiß nur angegeben, damit er nicht ent deckt werden konnte. Wer mochte die—- ser Sohn aus erster Ehe sein, der heimlich zu ihr ins Haus kam? Er hatte vielleicht eine Vergangenheit, die eine solche Tat selbstverständlich machte. Damit war ihr Schweigen am ehesten erklärlich; sie hatte den eigenen Sohn nicht verraten wollen. Das war die Lösung, und Wisent s würde sich nun bald überzeugen müs sen, daß mit Ueberlegen und Zö—- gern nichts erreicht zu werden ver mochte, daß rasches, entschlossenes Zugreifen eher zum Erfolg fahren würde. Da trat nach kurzem Anpochen seine Zimmervermieterin ein und er klärte auf seinen fragenden Blick: „Herr Doktor, eine junge Dame ist da, die zu Ihnen will. Ich wollte erst fragen, ob ich sie auch hereinfüh— ren soll.“ „Natürlich. Es ist zwar spät, aber. . . — Er zog die Schultern hoch und erhob sich. Die Vermieterin ging lei-- se hinaus, und Doktor Henning be gann hin und her zu gehen. Wer konnte zu ihm kommen? Eine junge Dame? Sollte jemand noch einen Rat wünschen, oder konnte „Sabine!“ / Er rief ihren Namen, da er an sie in diesem Augenblick dachte. Sie stand unter der Türe. „Frank!“ Er eilte zu ihr hin und begrüßte sie mit aller Zärtlichkeit eines Ver liebten; aber nur Sekunden waren es, dann wurde er stutzig, sah sie aufmerksam an und fragte: „Wie siehst du aus? Deine Augen sind rot und verweint, du blickst mich so ver— stört an. Was ist geschehen, daß du so spät noch kommst?“ „Frank — ich mußte koömmen, ich konnte es nicht mehr ertragen.“ „Ich verstehe dich nicht! Setz dich, erhole dich und dann erzähle.“ „Ich — ich bin nicht müde. Ich will nur fragen, ist die Frau, da der du gesprochen, verhaftet wor den?“ „da. Vor lkaum einer halben Stunde brachte mir der Kommissar den Bericht. Aber was macht dich so unruhig? Du kennst sie doch nicht. „Nein. ich habe sie nie gesehen, ich weiß auch nichts von ihr, aber sie ist unschuldig, Frank, glaube es mir doch, sie ist schuldlos.“ „Wie willst du das wissen? Du redest so sonderbar.“ „Hast du mir nicht gesagt, wer den Opal besitt, muß auch die Tat begangen haben?“ Allerdings.. . . .“ „Ich — ich habe den Opal ge— sehen — die Frau muß unschuldig sein.“ „Du hast den Stein gesehen? — da? — aber wo? — Was bedeutet das?“ Mein — mein Onklel hat den Opal — ich sah ihn in seiner Hand — aber ich konnte den Mut nidtht finden, dir alles zu gestehen. Ich kann es nicht ertragen, daß eine Schuldlose in den furchtbaren Ver— dacht geraten soll.“ „Dein Onkel? — Wie ist das möglich?“ „Ich überraschte ihn. — Du hast mir den Opal so genan beschrieben, und ich erkannte ihn in seiner Hand trogdem er ihn zu verbergen suchte.“ „Dein Onkel? Hast du dich nicht getäuscht, Sabine?“ „Nein. Zu deutlich sah ich es und auch seinen Schreck. Dann ist er anch in jener Nacht fort gewesen....“ „Setze dich! Du mußt mir alles genau erzählen.“ Als Sabine ruhiger geworden war, berichtete sie ausführlich, wie sie den Onkel überrascht hatte, wie er sie dann mit einem Krystall zu täuschen versuchte, wie er aber doch verlegen war und sich von dem Tage ab noch mehr absperrte. Sie erzählte, daß Buchar in der Nacht, in der das Verbrechen begangen wurde, erst um ein Uhr zurückkam, und daß ihn von jener Nacht an die gesteigerte, krank— hafste Furcht noch stärker quälte. Schließlich ertlärte Doktor Hen ning: „In dieser Nacht darsst du nicht mehr zurück.“ „Wo soll ich aber hin?“ „Ich bringe dich zu meiner Tante, die dich gerne aufnimmt.“ „Aber was wird morgen gesche hen?“ „Ich werde in der ersten Morgen stunde die Polizei verständigen.“ „Es liegt so schwer auf mir; er mir so viel Gutes getan. — Frank — lannst du mich trotzdem — lieben, wenn ich auch die Nich t... Sie vollendete nicht; sie konnte es hes nicht, denn Doltor Henning verschloß ihren Mund mit seinen Lippen. „Wie lannst du l L Bire ich dich sonst zu meiner Tante brin ig rio len Schuld ist es doch nicht.“ h „Das war meine größte Furcht! „Sie war grundlos. Kennst du die Liebe so wenig?“ „Verzeih!“ —— Ibhr Gesicht war wie in Glut ge taucht. — Die Nacht war dunkler als sonst, denn tief niederhängende Woltken hatten den Himmel vollständig üdber zogen; kein Stern war zu sehen. Auch der Mond stand hinter dichtem Gewölk. — LOüster zeichnete sich die „Z3wingburg“ mit den Baumtkronen gegen den Nachthimmel ab. Men schenleer und still war es auf der Straße. Keines Menschen Auge er—- spähte die Gestalt, die aus dem Dun kel heraus über die Straße huschte und an der Mauer entlang schlich. Wieder war es still; im Wind knarrte irgendwo ein Fenster. Da tauchte ein Schatten oben auf der Mauer empor und wandte sich gewandt zwischen den Spiten mit den Widerhaken durch. Keine der Doggen, die sonst frei im Garten streisten, schlug an; sie schienen in dieser Nacht im Haus zu sein. Ein Sprung! Und die duntle Ge-- stalt verschwand in der Tiese. Ein jeimes Ohr konnte nur wenig spter ein abgedämpstes, raschelndes Sägen hören, das so tlang, ois raspelte eine feine, scharfe Feile an Gitter stäben; aber es war unbestimmbar, woher der Ton kcan. Das Dunkel undurchdringlich. In kurzen Zwischenräumen folgten Pausen; Rascheln einer Feile verstärkte sich. Dann blieb es lange still. Eine JFensterscheibe brach; es war ein abgedämpfster, ersticlter Laut. „ In dem einen Zimmer der Burg. in dem das Eindrücken eines Fen— sters zu hören war, herrschte gleich salls undurchdringliche Finsternis. Aber gegen das etwas hellere Fen ster zeichnete sich eine Gestalt ab. 3wei Fensterflügel wurden geöfsnet; dann vergrößerte sich der Schatten, die Umrisse eines Kopfes, breiter Schultern waren zu erkennen. Die Gestalt drüclte sich herein. Lautlos blieb alles. Die Schritte des Man—- nes waren unhoörbar. Wohin bewegte er sich? — Nichts war zu erkennen, da die Gestalt in der Dunkelheit des Rau—- mes völlig verschwand. Da zuckte das grelle Licht einer Glühbirne auf, daß die Augen davon geblendet wurden. Und in dem Augenblick war der Raum von Gestalten belebt, Gestal-- ten, die in einem wütenden Ringen ineinander verschlungen waren. Keu chendes Atmen, stummes Kämpfen. Plötzlich ein gellender Schrei wie der Ruf eines wilden Tieres. - Dann verlöschte das Licht wieder, und die Dunlelheit zog ihren un-- durchdringlichen Schleier über die Vorgänge in dæxsem Raum. Mit eiligen Schritten betrat Staatsanwalt Doltor Henning in den ersten Morgenstunden das Dienstzimmer der polizeilichen Kri minalabeilung. Die Schutzleute, die noch vom Nachtdienst anwesend wa—- ren, ertannten ihn. „Ist ein Kommissar oder ein In speltor hier, der eben dienstfrei ist. Es gilt eine besonders eilige Sache.“ Ein Wachtmeister gab Antwort. „Herr Inspeltor Wisent ist da; er hat in dieser Nacht schwere Arbeit ge-- leistet und ist eben zurückgetommen.“ Doltor Henning zuckte mit den Schultern. Dieser glnspeltor war ihm nicht erwünscht, da er ihm jett schon das Zugeständnis machen mußte, daß er sich in dem Verdachte gegen Frau Hermine Eller geirrt hatte und nun die Verhastung des wirklich Schuldi-- gen verlangen mußte, der nach den Aussagen von Sabine nur Arnold Vuchar sein lonnte. Er hatie zu Hause bereits den Hastbeehl und den Auftrag zu einer Haussuchung ausgefüllt, um nach dem Opal zu faluden, den Sabine ertannt hatte. Da es nicht zu ändern war, ließ sich Doltor Henning in das Dienst zimmer des Inspetors führen. Nach einer kurzen Vegrüßung er klärte Doktor Henning: „Ich mnß Ihnen sagen, daß sich der Verdacht gegen Frau Hermine Eller als unbe gründet erwiesen hat.“ Der Inspeltor lächelte unmerklich als er erwiderte: „Das ist mir nicht mehr unbelannt.“ „Der Opal hat sich gefunden; rich tigir gesagt, ich weiß, wer ihn be— sitt.“ (Schluß folgthh. — Witwe (die einen Diener sucht): IFch suche also jemand, der alle groben Arbeiten im Hanse be—- sorgt, Gänge läuft, nie widerspricht und auf den Winkl gehorcht! Vewerber: Madame, täten Sie da! nicht bessor, Sie verheirateten sich?! —Sehrrichtig. „LWar um sind die Fische siunnn?“ — fragte ein Student seinen Kamera den. „Dumme Frage!“ — war die Antwort, „red' du einmal, wenn du das Maul im Wasser hast!“ Gummischuhe. Von Paul Schüler. „Sie sind weg,“ sagte Herr kus und fuhr fort, in er zer ging den Fußboden abzusuchen „Meine auch,“ sagte ich und schob die Mäntel zur Seite, um bessec lehen en unen - „Waren sie neu?“ sragte er mer den Blick auf die Erde i „Ganz neu“, gestand ich, „geslern erst „Dann können Sie sich freili nicht wundern“, meinte tae rra Dicke und hielt im Suchen inne, um ein wenig zu verschnaufen; „nene Gummischuhe kommen immer weg.“ „Man kann doch keine alten kau fen“, versetzte ich, „ach, ich war so zufrieden mit ihnen! Es war das erste Mal, daß ich welche gefunden hatte, die paßten.“ „da ja,“ niclte Herr Petilus. „Gummischuhe, die man lauft, imuia — st pas sen nie. Entweder sie schlottern ei. nem um die Füße, sodaß man sih nur schleichend fortbewegen kanm oder sie sind so knapp, daß man sie nicht anbetommt. Und wenn man sie glücklich an hat, dann gehen sie nicht wieder ab.“ : „dch sehe, wir verstehen uns“, sagte ich und gab Herrn Pettkus die Hand; „meine letten drüclten ganz entsetlich. dch hatte sie auf der R.ise mit und war ordentlich froh, als ich bei der Rückkehr merkte, daß ich sie im Zuge hatte stehen lassen.“ „Gummischuhe sind ein charalter. loses Gesindel,“ ertlärte Herr Pett kus. „So anhänglich Stiesel sind, so treulos sind Gummischuhe. Sie lie ben die Abwechslung, und sie verlas sen ihren Besiter gerade dann, wenn er sie am notigsten braucht. Darum verstehe ich nicht, wie es überhaupt noch Leute gibt, die sich Gummi— schuhe kaufen können.“ „Ja, laufen Sie sich denn Ibhre Gummischuhe nicht?“ fragte ich. „Nee“, lachte Pettkus, „das habe ich längst aufgegeben.“ „Na, und die Gummischuhe, die Sie jett suchen?“ „Die gehören mir gar nicht. Ddas sind ein Paar vertauschte.“ „Haben Sie wenigstens Glück ge habt bei dem Geschäft?“ „Es geht an. Sie waren jeden falls nicht so abgetragen wie die vo rigen. Man bessert sich so langsam herauf, lieber Herr. Und ich wäre heute schon viel weiter, wenn man mir nicht vor einiger Zeit ein faurh hingestellt hätte, die geradezu schefe. waren. Das ist ja eben das Schlim me bei der Sache. Hat man sich glc. lich herausgearbeitet und ein Paar gefunden, die nach etwas aussehen, dann lommt einer und vertauscht sie.“ „Glauben Sie denn“, fragte ich betlommen, „daß immer nur die guten Gummischuhe vertauscht wer den?“ „Nur die guten“, rief Pettlkus mit Ueberzeugung. Ich fühlte, wie mein Glaube an die Menschheit ins Won ken geriet. „Was wollen Sie?“ fuhr er fort, „Gummischuhe sind vogel frei. Auf diesem Gebiete herrscht eine absolute Anarchie. Wieviel Menschen besiten überhaupt noch eigene Gum mischuhe ? Es sind ja alles vertausch· te. Infelge der üblen Erfahrungen, die jeder von uns mit seinen Gum mischuhen gemacht, hat sich ein allge meines Gewohnheitsunrecht heraus gebildet. Und die Gesetze über Eigen tum und Diebstahl sind für Gummt schuhe genau so aufgehoben, wie sie für Regenschirme und Bücher ausge· haben sind.“ „Sie lassen mich da in einen 1 grund menschlicher Bosheit bliclen“, rief ich und fuhr fort, nach den Flüchtlingen zu sahnden. Anch Herr Pettkus suchte weiter mit dem Et folge, daß sein Schädel mit dem mer nigen in empfindlicher Weise zusam menprallte. Gleichzeitig griff jeder von uns nach einem von zwei Schu hen, die als Paar nebeneinander standen. M „dlch habe einen“, rief ich eifria und rieb mir den Kopf. 17 „dlch auch, sagte er und rieb sich die Stirn. „Dann wird ja der andere auch nicht weit sein“, meinte ich, Aber Pelttus schüttelte wehmiütig dat Haupt. . „Haben Sie 'ne Ahnung! Ten an dern werden wir niemals mwieder sehen. Dieser Fall gehört zu den völlig hoffnungslosen. Denn da ist jemand weggegangen, der zwei vet· schiedene Schuhe angezogen hat: meinen Linken und Ihren nßechten. Das ist einer von jenen Halunken, die sich kein Gewissen daraus ma chen, gleich zwei Gummischuhbesiger auf einmal unglücklich zu machen. „So eine Gemeinheit“, sagte ih mit Ueberzengung. „Nun kann ich wieder von un ansangen“, seufzte Herr Pettlus. suchte ihn zu trösten. „Ich bin be reit“, ertlarte ich, „zu Ihren Gun sten auf die Gummischnhe u zichten, die der unbelannte tu ʒseinerseits znrlclgelassen habe muß.“ ; „Muß?“ meinte Pettlkus skeptisch „wenner nun gar keine besessen hat?“ o —— ——— — Es ist dem Mann eine Chre, von Hader bleiben; die gerne ha dern, sind allzumal Narren.